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1. Vorlesung: Die philosophische Rede von Gott
1. Der Name »Gott«:
- Namen oder Begriffe (nomina) bezeichnen etwas Vielgestaltiges auf
vielfache Weise
- Nomina können univok, äquivok, analog sein
- Nomina können im eigentlichen Sinn oder in übertragener Redeweise
gebraucht werden
- Nomina können Unterschiedlichstes bezeichnen; sie können stehen:
für extramentale Dinge und Realitäten,
für intramentale Gegenstände oder Erfahrungen,
für eigene Vorstellungen,
für Ideen,
für Abstraktionen,
für Projektionen,
etc.
- wofür steht der Name »Gott«, was bezeichnet er?
Lexikondefinition 1: Meyer, Bd. 3
Lexikondefinition 2: Brockhaus, Bd. 9
- die Theoriegesättigtheit dieser Definitionen
- zugleich die Schwierigkeit, von Gott zu reden
2. eine grundlegende Entscheidung:
a) Von welchem Gottes-Begriff wollen wir den Ausgang nehmen?
- Wir nehmen den Ausgang von der eigentlichen Redeweise.
- Der Gottes-Begriff als Gegenstand der natürlichen Vernunft.
- Die Vernunft kann dem Gottes-Begriff nicht entkommen.
- Die Vernunft findet diesen Begriff im Denken vor.
- Die Unmöglichkeit, den Gottes-Begriff aus dem Denken zu eliminieren
(obgleich er stets angefochten ist, in der Kritik steht hinsichtlich seines
quid und quia).
- Der Gottes-Begriff als eine Denk-Erfahrung.
b) Was für eine Denkerfahrung liegt dem Gottes-Begriff zugrunde?
- die Projektionsthese: Lexikondefinition 3: Europäische Enzyklopädie zu
Philosophie und Wissenschaften, Band 2, S. 474
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- Kontingenzbewältigung: Lexikondefinition 4: Lexikon der Religionen
(edd. König / Waldenfels)
- eine philosophische Primärerfahrung: die Frage nach Gott fällt zusammen
mit der Frage nach der Fundierung und der Selbstvergewisserung unseres
Denkens
- eine »vernünftige« Redeweise von Gott (-> die Frage nach der
Bedeutung)
c) Was bezeichnet der Name »Gott«?
- »id quo maius cogitari nequit« (Anselm von Canterbury)
- »jenes höhere Wesen, das wir verehren« (Bur-Malottke / Böll)
- »Dieu d’Abraham, d’Isaac et de Jacob« – »Dieu des philosophes
et savants« (Pascal)
3. Theo-Logie:
- vom Mythos zum Logos?
Lexikondefinition 5: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 3, Sp. 721
Lexikondefinition 6: Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie,
Bd. 1, S. 796
- Die Theologie entsteht etwa zeitgleich wie die Philosophie.
- Wie die Philosophie die Weisheit, so unterzieht die Theologie die
Religion der Kritik.
- Sie ist das reflexive Moment in der Religion:
- an die Stelle von Personennamen tritt das Abstraktum Gott / das Göttliche
- die Möglichkeit einer “natürlichen Theologie”
- das Aufschließen der mit “Gott” bezeichneten Wirklichkeit im “Logos”,
d.h. durch den Begriff, durch die begriffliche Durchdringung, durch ein
Fragen nach den Gründen (“logon didonai” als Geschäft der Philosophie)
- die Frage nach Gott fällt zusammen mit der Frage nach der Fundierung
und der Selbstvergewisserung unseres Denkens:
- Philosophieren als fragender Vollzug
- Philosophieren als radikales Fragen
- das radikale Fragen als Wurzel der “ersten Philosophie” (Metaphysik)
- das radikale Fragen als Kern der Metaphysikkritik
- die existentielle Dimension radikalen Fragens (-> Denkerfahrung)
- das radikale Fagen der philosophischen Theologie
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4. Philosophische Theologie
- Was ist philosophische Theologie?
- im Gegenüber zur Religionswissenschaft: Klimkeit (in: Lexikon der
Religionen): “Die Religionswissenschaft hat die Aufgabe, die Fülle
derhistorisch gewordenen Religionen geschichtlich zu erforschen,
verstehend darzustellen und systematisch zu untersuchen”.
- im Gegenüber zur Religionsphilosophie:
William L. Rowe, Philosophy of Religion (Introduction)
- im Gegenüber zu einer Philosophie der Offenbarung:
der erweiterte Anspruch von Schelling und Hegel
- Wilhelm Weischedel: Der Gott der Philosophen. Grundlegung einer
philosophischen Theologie im Zeitalter des Nihilismus
- die philosophische Theologie als historisches Projekt in der Krise
- die Nihilismusthese (Nietzsche, Heidegger)
- diese These ist in mehrfacher Weise zeitbedingt: mit Blick auf die
gegenwärtige Situation der Philosophie und auch im interkulturellen
Vergleich
- eine philosophische Theologie, wie wir sie verstehen wollen, beschränkt
die Frage nicht auf den Gottesbeweis und schließt das Verhältnis zur
religiösen Erfahrung ein
- philosophische Theologie ist gleichwohl als “episteme” von religiöser
Erfahrung fundamental unterschieden
5. Zur Vorlesung:
a) die zugrundeliegende These:
»Gott« soll als ein Begriff gelten, der eine denkerische Primärerfahrung
artikuliert, den die Vernunft in sich auffindet (nicht erfindet), der sich aber
gleichwohl einer einfachen homologen Redeweise entzieht, weil im
Gottes-Begriff eine Grenz-Erfahrung der Vernunft benannt wird, der die
Vernunft nicht entkommen kann, ohne ihr definitorisch Herr zu werden. Es
geht folglich nicht um eine extrinsische Beurteilung eines Phänomens,
sondern um die Frage, wie Gott von der Vernunft als notwendige
Vorstellung gedacht werden kann und unter welchem Begriff das
geschieht: als eine ursprüngliche Fragestellung, welche mit der Philosophie
selbst sogleich erscheint, als Frage nach dem Ursprung, dem inneren
Prinzip in theoretischer und praktischer Hinsicht. Die Gottes-Frage gehört
somit zur Selbstverständigung darüber, was Philosophie sein soll. Das
zeigt sich gerade auch dort, wo diese Frage ausgegrenzt und
ausgeschlossen wird, oder in ihrer Geltung eingegrenzt wird.
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b) zur Vorgehensweise:
- die Frage nach dem Ursprung der Theologie als Frage nach dem Anfang
im doppelten Sinne: historisch im Rückgang auf die Ursprünge
philosophischer Theologie (als Teil philosophischer Selbstverständigung),
und darüber hinaus als Selbstvergewisserung und Selbstverständigung im
Denken (als stets neu zu vollziehende Aufgabe)
- die notwendige Verschränkung von historischer und systematischer
Annäherung: die “longue durée” der “großen Fragen” und die
Notwendigkeit der jeweiligen Aneignung
- die Entwicklung unserer Fragestellung anhand exemplarischer Stationen
der Denkgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart
- hierbei werden wichtige Themen behandelt, die mit der Gottes-Frage
verbunden sind, etwa:
die Grenzen und die Reichweite vernünftiger Erkenntnis
die Frage der menschlichen Vollendung und Glückseligkeit
die Frage nach dem Ursprung der Wirklichkeit
die Frage nach dem Bösen
die Theodizeefrage
Religionskritik
Mystik
c) die Aktualität der Gottes-Frage:
- latenter Materialismus und religiöser Fundamentalismus
- interkulturelle Herausforderungen einer Weltkultur
- Toleranz ist mehr als ein verständnisloses Nebeneinander
- die Instanz der Vernunft: die Gottes-Frage als regulative Idee
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