Titel Technische Vernunft. Kants Zweckbegriff und das Problem einer Kulturphilosophie Abstract Dass Kants Philosophie für die philosophische Reflexion der kulturellen Welt des Menschen unzureichend sei, ist ein philosophiehistorisch gut belegbares und bis heute gängiges Vorurteil. Erst etwa ein Jahrhundert nach Kants Tod haben vor allem der (südwestdeutsche) Neukantianismus, W. Dilthey und E. Cassirer ausführliche Überlegungen angestellt, die im expliziten Anschluss an kantisch zu nennende Philosopheme auf eine philosophische Behandlung des Kulturellen zielen. Mit Blick auf die Philosophie Kants erscheint bei diesen Versuchen zumindest zweierlei fragwürdig: einerseits die Richtigkeit der den kulturphilosophischen Überlegungen zugrunde liegenden Inanspruchnahme kantischer Philosopheme und andererseits die These, Kants Philosophie sei für eine angemessene philosophische Behandlung des Kulturellen ungeeignet oder zumindest ergänzungsbedürftig. Das Dissertationsvorhaben geht der zweiten der beiden Fragwürdigkeiten nach. Sie wird allerdings nicht mittels einer expliziten Auseinandersetzung mit den genannten Versuchen und den mit ihnen einhergehenden Problemstellungen und Maßstäben thematisiert. Im Vordergrund steht auch nicht, ob Kants Philosophie alle mit dem Entwurf einer Kulturphilosophie zusammenhängenden Probleme zu lösen vermag. Im Vordergrund steht vielmehr die Frage, ob und inwiefern eine Qualifikation des Kulturbegriffs für die philosophische Reflexion unter den Maßgaben der Philosophie Kants gelingen kann. Ihre Beantwortung wird sich demnach allein an kantische Lehrstücke halten. Die zur Beantwortung der aufgeworfenen Frage und mit der vorliegenden Untersuchung zu entwickelnde These lautet: Eine Kulturphilosophie nach Maßgabe sowohl des kantischen Kulturbegriffs als auch des kantischen Philosophiebegriffs ist als Theorie technischer Vernunft möglich und durchführbar. Diese ist als diejenige philosophische Doktrin zu bestimmen, die die notwendigen Bedingungen a priori der Möglichkeit der Erkenntnis von technischem Entwerfen und Handeln sowie seinen Produkten zum Gegenstand hat. Als solche ist sie eine gemischt-apriorische Lehre, da sie eine bzw. zwei empirische Tatsache(n) voraussetzt: erstens – als Theorie rein technischer Vernunft – das Vorkommen (diskursiv) denkender Wesen mit heautonomer Urteilskraft und zweitens – als Theorie technisch-praktischer Vernunft – das Vorkommen derartiger Wesen, die zudem durch ein begrifflich bestimmbares Begehrungsvermögen ausgezeichnet sind. Im Zentrum der kantischen Theorie technischer Vernunft steht demnach der Zweckbegriff. Insofern der gesamte durch den Zweckbegriff konstituierte Gegenstandsbereich als die kulturelle Welt des Menschen bezeichnet werden kann, ist derjenige Teil der Philosophie, der die spezifische Bestimmtheit der menschlichen Vernunft als technischer Vernunft sowie die Konstitution der kulturellen Welt zum Thema hat, als Kulturphilosophie zu bestimmen. Die Bestätigung der oben genannten These erfolgt in vier Kapiteln. Während die ersten beiden Kapitel vorrangig werkimmanente Probleme erörtern, die einerseits das Verhältnis von Kants Kulturbegriff und Philosophiebegriff, andererseits Kants verschiedene Bestimmungen des Zweckbegriffs betreffen, sind die beiden letzten Kapitel der systematischen Aufbereitung und Lösung der sich um den kantischen Zweckbegriff gruppierenden Probleme gewidmet. Die Arbeit erbringt damit den Nachweis, dass eine kantische Kulturphilosophie zumindest in ihren Grundzügen rekonstruierbar und in ihrem Gehalt auch heute noch diskussionswürdig ist. Laufzeit: seit 2008 Abgabe: 10/2011 Disputation: voraussichtlich 04/2012 Kontakt: [email protected]