ISRAEL aktuell Dienstag, 17. März 2015 Donnerstag, 19. März 2015 Ergebnisse der Wahlen der 20. Knesset Die Knesset, das Parlament des Staates Israel Die Knesset (כנסת, hebräisch für Versammlung) ist das Einkammerparlament des Staates Israel. Es besteht aus 120 Abgeordneten, die für eine Legislaturperiode von vier Jahren nach dem Verhältniswahlrecht (Proporz) bei einer Sperrklausel von 3,25 Prozent gewählt werden. Die Knesset trat am 14. Februar 1949 zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Die Wahl zur letzten, der 19. Knesset fand am 22. Januar 2013 statt. Als Knesset wird auch das Parlamentsgebäude in Jerusalem, der Sitz der Knesset, bezeichnet Am Dienstag, 17. März, haben die Israelis ihr Parlament, die Knesset, für die 20. Legislaturperiode gewählt (mehr zu den Parlamentswahlen in Israel). Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu (Likud-Partei) und seinem Herausforderer Jitzchak Herzog (Zionistisches Lager), das Netanjahu letztlich mit einem erheblichen Vorsprung von 6 Sitzen im 120-köpfigen Parlament für sich entscheiden konnte. Dies obwohl Umfragen bis zum Wahltag dem Zionistischen Lager einen Vorsprung von mehreren Sitzen prognostiziert hatten. Bild: Blick in eine Wahlkabine mit den aufgelegten Wahllisten Staatspräsident Reuven Rivlin (links) wählt, ebenso der Vorsitzende der Likud-Partei sowie amtierende (und mutmasslich neue) Ministerpräsident, Benjamin Netanjahu. Nach der Auszählung aller Stimmen veröffentlichte das Zentrale Wahlkomitee die abschliessenden vorläufigen Ergebnisse. Das ist auch der Beginn des Prozesses zur Koalitionsbildung. Staatspräsident Reuven Rivlin wird die Vorsitzenden der Parteien um ihre Empfehlung für den zukünftigen Ministerpräsidenten bitten. Er wird dann die Aufgabe zur Bildung einer neuen Regierung dem Knesset-Abgeordneten übertragen, dem die besten Chancen auf die Bildung einer stabilen Koalition eingeräumt werden. Sitzverteilung der 20. Knesset Partei Vorsitz Likud Benjamin Netanjahu Zionistisches Lager Arbeiterpartei HaTnua HaMachaneh haZioni Mifleget haAwoda haIsra’elit Die Bewegung Anzahl Sitze 30 24 Jitzchak Herzog Zipi Livni Vereinigte arabische. Liste Reshima Aravit Meuhedet Balad Ra'am-Ta'al Hadash Ayman Odeh 13 Zukunftspartei Jesch Atid «Es gibt eine Zukunft» Jair Lapid 11 Kulanu «Wir alle» Mosche Kachlon 10 Das Jüdische Heim Bajit Jehudi Naftali Bennett 8 Schas Arjeh Deri kurz für Shomrei Sfarad, «Sephardische Tora-Wächter» 7 Vereinigt. Thora-Judentum Jahadut HaTorah HaMeukhedet Ja’acov Litzman 6 Unser Zuhause Israel Avigdor Liberman 6 Zehava Gal-On 5 Merez «Energie» Israel Beiteinu Diese Grafik zeigt das Parteienspektrum von links bis rechts. Nach der Auszählung aller Stimmen ergeben sich noch zwei Änderungen: Merez gewann einen zusätzlichen Sitz (5 statt 4) Vereinigte Arabische List verlor einen Sitz (13 statt 14) Stimmbeteiligung 4‘253‘336 der insgesamt 5‘881‘696 Wahlberechtigten nahmen an der Wahl teil. Dies entspricht einer Stimmbeteiligung von 73,3 Prozent, das beste Ergebnis gegenüber den letzten vier Wahlen (die 71.8 Prozent auf der Grafik ergaben sich aus den provisorischen Zahlen vor der vollständigen Auszählung). Frauenanteil 28 Frauen (23.3 Prozent)wurden in das Parlament gewählt, die höchste Zahl seit Gründung des Staates. Bereits vor zwei Jahren war diese Zahl von 23 auf 27 gestiegen. Acht der 24 Sitze des Zionistischen Lagers gehen an Frauen. Beim Likud sind es 6 von 30. Von der Arabischen Liste ziehen 2 Frauen ins Parlament ein. Vertretung der Minderheiten Auch die Zahl der in die Knesset gewählten arabischen Staatsbürger (17 gegenüber 12 in der 19. Knesset) ist bemerkenswert. Sie ist zweifellos auf den Zusammenschluss der drei arabischen Parteien zu einer gemeinsamen Liste zurückzuführen. Die arabischen Abgeordneten bilden die drittstärkste Fraktion. Anderseits sank die Zahl der Gewählten von orthodoxen Parteien von 39 auf 25. Grosse Zahl an «Sabras» und an neuen Abgeordneten 96 der 120 Abgeordneten des neu gewählten Parlaments sind «Sabras». Sabra (auf Hebräisch Tzabar, Plural Tzabarim) bedeutet «Kaktusfeige» und steht sinnbildlich für in Israel geborene Bürger, im Gegensatz zu den Eingewanderten. Sie werden als Menschen mit einem etwas stacheligen Äusseren und einem weichen und süssen Innern charkterisiert. 41 der 120 Sitze werden von erstmals gewählten Parlamentariern und Parlamentarierinnen besetzt. 9 Abgeordnete leben im Westjordanland. 22 sind aus dem nördlichen Teil Israels, 8 aus dem Süden, je 16 aus Tel Aviv und Jerusalem. Da die Limite für den Einzug in die Knesset von 2 auf 3.25 Prozent angehoben wurde, sind weniger Parteien vertreten, nämlich 10, die tiefste Zahl seit 1992. Mehr Details (englisch) Die Favoriten der Wahl Benjamin («Bibi») Netanjahu (Bild links) wurde am 21. Oktober 1949 als einer von drei Söhnen von Zila geb. Segal und Benzion Netanjahu in Tel Aviv geboren. Sein Vater war Professor für jüdische Geschichte und Herausgeber der Encyclopaedia Hebraica. Sein älterer Bruder Jonathan kam im Jahre 1976 bei der Operation Entebbe als Einsatzkommandant der Spezialeinheit Sajeret Maktal ums Leben und gilt in Israel als Kriegsheld. Sein jüngerer Bruder Iddo ist Radiologe und Schriftsteller. Er wie auch Benjamin dienten ebenfalls in der Sajeret Maktal. Netanjahu ist in dritter Ehe verheiratet; aus erster mit Miriam Weizmann (1972-1978) hat er eine Tochter, Noa. Von 1981-1984 war er mit Fleur Cates verheiratet. Mit seiner heutigen Sarah (verheiratet seit 1991) hat er zwei Kinder. Obwohl er in Israel geboren ist, wuchs er in Cheltenham im US-Bundesstaat Pennsylvania auf, wo er auch seinen High Scool-Abschluss machte. Er studierte u.a. an der Harvard University. Dies erklärt sein tadelloses Englisch, gepaart mit einer ausserordentlichen Rhetorik-Gabe. Benjamin Netanjahu war erstmals von Mai 1996 bis Mai 1999 israelischer Ministerpräsident. Von 2002 bis 2003 bekleidete er das Amt des Aussenministers. 2003 wurde er Finanzminister, das Amt legte er Mitte 2005 aus Protest gegen die Siedlungspolitik der Scharon-Regierung nieder. Nach den Wahlen zur 18. Knesset am 10. Februar 2009, bei denen der Likud knapp hinter Kadima folgte (27 zu 28 Mandate), wurde er von Präsident Schimon Peres mit der Regierungsbildung beauftragt. Am 31. März 2009 übernahm Netanjahu das Amt des Ministerpräsidenten zum zweiten Mal und auch in der 19. Knesset (2013 bis jetzt) war er in einer dritten Amtszeit Ministerpräsident. Jitzchak («Buji») Herzog (Bild rechts) wurde am 22. September 1960 als Sohn von Chaim Herzog (späterer Staatspräsdent) in Tel Aviv geboren. Sein Grossvater war Isaak HaLevy-Herzog, der erste irische Grossrabiner und spätere askenasische Oberrabbiner von Palästina und Israel. Sein Onkel war der israelische Aussenminister Abba Eban. Herzog studierte Jura an der Universität Tel Aviv sowie an der Cornell University. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Herzog lebt in Tel Aviv. Im vorigen Jahrzehnt war Herzog 2005 Minister für Wohnungs- und Bauwesen, 2006 Tourismusminister und 2007 Minister für Sozialwesen und Minister für Diasporaangelegenheiten und den Kampf gegen den Antisemitismus. Sieger und Verlierer Der Wahlsieger, Benjamin Netanjahu (links) – und die Zweiten: Zipi Livni und Jitzchak Herzog Jitzchak Herzog hat den Wahlsieger Benjamin Netanjahu am Morgen nach dem Wahltag angerufen und zum Sieg der Likud-Partei beglückwünscht. Er und die Vorsitzende der HaTnua-Partei, Zipi Livni (Justizministerin bis Dezember 2014 in der abtretenden Regierung), die zusammen mit der Liste «Zionistisches Lager» angetreten waren, traten vor die Presse. Sie erklärten: «Das Zionistische Lager ist weiterhin eine Alternative zu Netanjahus rechtem Likud. Wir werden trotz der Wahlniederlage nicht aufhören, für Israel zu kämpfen. Wir werden den Kampf für die Werte, in die wir glauben, anführen. Wir werden für die soziale Gerechtigkeit für Israels Bürger, für diplomatische Perspektiven, Gleichheit und Demokratie kämpfen, für ein jüdisches und demokratisches, gerechtes und sicheres Land kämpfen.» Herzog und Livni werden in dieser Legislatur als Oppositionsführer fungieren. Am Mittwochmorgen gaben sie bekannt, dass einer Regierung Netanjahu nicht beitreten werden. Staatspräsident Rivlin hatte bereits vor dem Wahltag den Wunsch geäussert, Likud und Zionistisches Lager mögen eine Einheitsregierung, eine grosse Koalition, bilden. Schöner Zustupf zum Sackgeld für arme Soldaten Das Wahlkomitee hat sich für Armeeangehörige aus ärmlichen Verhältnissen für den Wahltag etwas Besonderes einfallen lassen: Soldatinnen und Soldaten, die in einem Wahlbüro am Empfang tätig waren, erhielten dafür 1‘000 NIS (250 CHF), das Doppelte eines Monatssoldes und das für die Arbeit eines einzigen Tages. Die meisten der Betroffenen können von solch einem Betrag nur träumen. Die Armee hat sich diese Initiative gut überlegt. Schliesslich hat ihr der IDF-Personalchef, Hagai Topolensky, zugestimmt. Die Einheitskommandanten wurden aufgerufen, Armee-Angehörige aus armen Familien für den Job zu melden. Rund 5‘500 Soldaten durchliefen ein Ausscheidungsverfahren. Mit ihnen wurden u.a. Gespräche geführt. 4‘000 Soldatinnen und Soldaten wurden ausgewählt und zu einem «Spezialurlaub» abkommandiert. Sie stellten rund ein Drittel der Empfangsfunktionäre in den Wahllokalen, wo sie die Identität der Wähler zu überprüfen und sie zu registrieren hatten. «Ich werde 1‘000 Schekel an einem einzigen Tag verdienen. Es ist unglaublich», erzählte ein Soldat. «Mein Kommandant fragte mich und ich realisierte, welch grossartige Gelegenheit das war, viel Geld zu verdienen und erst noch einen Beitrag zum demokratischen Prozess zu leisten.» Die Bezahlung erhielten sie direkt vom Wahlkomitee und nicht von der Armee. Zum Schluss: Die israelische Landeshymne (in der Jerusalemer Strassenbahn gesungen) Die Landeshymne kann man überall singen, auch in der Strassenbahn. KOLture Shok und Im Tirtzu organisierten sozusagen als Einstimmung zu den Wahlen am Sonntag einen «Flashmob» in der Jerusalemer Strassenbahn. Video Gesellschaft Schweiz-Israel Rolf Koch Vizepräsident und Webmaster GSI national Sekretär GSI-Sektion Zentralschweiz Postfach 2802 CH 6002 Luzern Tel. +41 (0)41 360 14 27 [email protected] [email protected] www.Schweiz-Israel.ch