5. Vorlesung (PC I, WS 2002/03) Inhalt: - Modell des idealen Gases Kinetische Gastheorie (Modell des idealen Gases) Vorbetrachtung nach Boltzmann zur Maxwell'schen Geschwindigkeitsverteilung I. Modell des idealen Gases: Eines der Hauptanliegen der physikalischen Chemie ist die Beschreibung von Materie, ihrer Eigenschaften wie Aggregatzustände oder enthaltene Energie und die Abhängigkeiten dieser Eigenschaften untereinander. Eine der ersten und auch einfachsten Herangehensweisen an dieses Problem ist das Modell des idealen Gases. Dieses Modell stellt folgende Bedingungen an die zu beschreibende Materie bzw. trifft die folgenden Näherungen: - Ein ideales Gas besteht aus Teilchen, die keinerlei Wechselwirkungen miteinander eingehen Die Teilchen des idealen Gases haben kein Volumen Bei dem Konzept des idealen Gases ist zu berücksichtigen, dass wegen der fehlenden Wechselwirkung keine Kondensation auftritt, was einer von vielen Schwachpunkten dieses Modells ist, jedoch wird es wegen seiner Einfachheit oft verwendet. Die Gasgesetze, auf denen das Konzept des idealen Gases beruht, lassen sich zur sogenannten „idealen Gasgleichung“ zusammenfassen, die lautet : PV nRT P: Druck des Gases V: Volumen des Gases n: Stoffmenge in mol R: Universelle Gaskonstante T: Temperatur in K II. Kinetische Gastheorie: Wie oben zu sehen ist, betrachtet die ideale Gasgleichung nur makroskopische Größen, geht aber nicht auf mikroskopische Zusammenhänge ein. Nun betrachten wir, wie ausgehend von dem atomaren Konzept der Materie trotzdem das makroskopische Verhalten eines idealen Gases erklärt werden kann. Stellen wir uns vor, wir hätten einen Würfel, gefüllt mit idealem Gas. Als Erstes betrachten wir die Stoffmenge des idealen Gases n . Unter Zuhilfenahme der Avogadro´schen Zahl NA= 6.022 10 23 sind wir in der Lage, die Anzahl der Atome nach der Beziehung N n N A zu berechnen. Um dem Verhalten eines idealen Gases gerecht zu werden, müssen wir folgende im ersten Abschnitt eingeführte Modellannahmen bedenken: - keine Wechselwirkung zwischen den Molekülen die Ausdehnung der Atome ist null Als nächstes werden wir ausgehend von der Bewegung der Atome den Druck berechnen, den diese das Gas auf die Gefäßwand ausüben. Hierzu machen wir folgende Überlegung: y-Richtung Fläche A vx Moleküle reflektieren bei ihrer Bewegung durch den Raum an der Wand, dies führt zu einer Kraft auf die Wand: vy v -vx Druck P vy Kraft F Fläche A x-Richtung Daraus ergibt sich nun die Frage: Welche Kraft üben die Moleküle auf die Wand aus? Um diese Frage beantworten zu können überlegen wir uns, dass alle Teilchen im Zeitraum t , die die Geschwindigkeitskomponente vx haben, die Wand erreichen, wenn sie sich innerhalb des Abstandes sx = vxt von der Wand befinden (die Teilchen außerhalb des Bereiches sx können innerhalb von t die Wand nicht erreichen), d. h. alle Teilchen im Volumen Avxt (A: Wandfläche). Nun ist es wichtig zu wissen, wie viele Teilchen sich im Volumen befinden, um die Frage beantworten zu können zu können; wir multiplizieren mit der Teilchendichte N . Daraus folgt: Die Anzahl der Teilchen, die im Zeitintervall t die Wand erreichen, ist V 1 N A v x t 2 V (der Faktor 1 2 berücksichtigt, dass die Hälfte der Moleküle im Volumen in die andere Richtung fliegt) Jedes dieser Moleküle hat den Impuls mvx in x-Richtung, nach dem Wandstoß hat es den Impuls mvx. Da der Impulserhaltungssatz gilt, wird also ein Impuls 2mvx von jedem Molekül auf die Wand übertragen. Gesamter Impulsübertrag auf die Wand in Zeit t: p x , ges 2 m v x 1N A v x t 2V Des Weiteren gilt: Impulsübertrag beim Stoß p = Kraft F·* Stoßdauer dt Kraft F Impulsüber trag beim Stoß dp Stoßdauer dt In Kombination mit der vorherigen Gleichung ergibt das: p x , ges Fges t 2 m v x Fges: Kraft, die im Mittel während 1N A v x t 2V t effektiv auf die Wand wirkt; muß aus den a Impulsübergängen F dt i 1 i (i = 1,...,a: Alle Stöße, die sich in t ereignen) und den Pausen zwischen i den Stößen errechnet werden. Kraft auf Wand Fges m v x Druck auf Wand p ges Fges A N A vx V m N 2 vx V Die untenstehende Skizze fasst unsere bis jetzt gewonnen Erkenntnisse zusammen: vx Geschwindigkeitsänderung beim Stoß: v x v x 2v x vy -vx vy Betrag der Änderung: = 2|vx| Impulsänderung des Moleküls beim Stoß: = 2 m|vx| Wegen Impulserhaltungssatz: Impulsübertrag auf die Wand: = 2 m|vx| Druck: P m v x2 P V n v x2 m N A n NA V (N = NA* n) (Boyle-Mariotte ist damit gültig, d.h. p*v = konst.) Weil sich erwartungsgemäß nicht alle Moleküle mit derselben Geschwindigkeit in x-Richtung bewegen, gehen wir nun zu dem über alle Moleküle gemittelten Wert von v x über, der mit v x bezeichnet wird. (Wichtig: das ist nicht das Quadrat der gemittelten Geschwindigkeit, sondern der Mittelwert der quadrierten Geschwindigkeit! Grund für den Unterschied: Mittelt man zuerst, so addiert man Bewegungen nach links und rechts bzw. positiv und negativ direkt – da alle Bewegungsrichtungen gleich wahrscheinlich sind, wäre <v> = 0). Somit erhalten wir nun: 2 2 P V n v 2x m N A Im weiteren Verlauf wollen wir berücksichtigen, dass das Quadrat der Geschwindigkeit sich als Summe der Quadrate der Geschwindigkeitskomponenten ergibt, wie es unten dargestellt ist. v 2 v 2x v 2y v 2z wegen v 2 v 2x v 2y v 2z v 2x v 2y v 2z v 2x ergibt sich 1 v2 3 Setzen wir dieses Ergebnis nun ein, so folgt daraus die Gleichung: 1 2 1 2 P V n v 2 m N A n N A m v 2 E kin 3 3 2 3 Anzahl Moleküle mittlere kinetische Energie eines Moleküls kinetische Energie aller Moleküle, d.h. des ganzen Systems Selten wir jetzt die ideale Gasgleichung ein, so ergibt sich: 2 1 P V n RT n N A m v 2 3 2 kin. Energie eines Mols Wenn man sich diese Gleichung genauer anschaut, ergibt sich, dass T proportional zur kinetischen Energie ist. Bezogen auf ein Mol Gas ergibt sich somit: 2 Ekin N A R T 3 R 2 Ekin N A Joule 8.314 3 T mol K Umgedreht kann man die kinetische Energie eines idealen Gases aus der Temperatur berechnen als 3 Ekin n R T 2 Da ein ideales Teilchen 3 Freiheitsgrade der kinetischen Energie hat (d.h. es kann sich in drei Raumrichtungen bewegen), erhält man also eine Energie von 1 n R T pro Freiheitsgrad. 2 III. Vorbetrachtung zur Maxwell'schen Geschwindigkeitsverteilung Bisher wurde Mittelwert v betrachtet, zusätzlich ist es jedoch interressant zu ermitteln, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Geschwindigkeit eines Teilchen mit der Masse m auftritt. Bei eindimensionaler Bewegung in x-Richtung gilt nach Boltzmann für die Wahrscheinlichkeit f(vx) einer Geschwindigkeit vx ohne Beweis folgende Beziehung: 2 1/ 2 m f v x 2k B T Nominierungsfaktor, so dass 1 0 f v x dv x 2 ; d. h. f v dx 1 x m v 2x exp 2k B T E kin k BT Boltzmann-Faktor exp