WTO: VON GENF NACH HONGKONG... BESSER VERSTEHEN, BESSER REAGIEREN! DIE FRAKTION DER VEREINIGTEN EUROPÄISCHEN LINKEN - NORDISCHE GRÜNE LINKE Inhaltsverzeichnis Einführung Kleines Glossar 1. Die WTO: von Marrakesch nach Hongkong 1.1. Vorgeschichte 1.2. Das Verhandlungsprogramm von Doha 2. Die Landwirtschaftsverhandlung 3. Die Öffnung des Marktes für nichtlandwirtschaftliche Produkte 4. Die Umsetzung des GATS 5. Die anderen Themenbereiche 5.1. Geistige Eigentumsrechte (TRIPS) 5.2. Das Thema Baumwolle 6. Aussichten vor der Ministerkonferenz in Hongkong 6.1. Die WTO-Ministerkonferenzen 6.2. Hongkong : ein weiteres Cancún oder ein Fortschritt des DohaProgramms? 7. Die Position der Fraktion GUE/NGL zu den WTO-Verhandlungen Einführung von Francis WURTZ, Vorsitzender der Fraktion GUE/NGL Hongkong: Besser verstehen, besser reagieren! Seit Seattle 1999 war die Fraktion der „Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke“ bei allen großen WTO-Zusammenkünften mit ihrer Kritik an der Globalisierung dabei. Selbstverständlich wird sie auch bei der WTO-Ministerkonferenz im Dezember in Hongkong anwesend sein. Um die Vorbereitungen dieser Sitzung aufmerksam zu verfolgen und um möglichst gut dazu beizutragen, den Europäern zu verdeutlichen, was auf dem Spiel steht, erschien es uns sinnvoll, vom 17. bis 20. Oktober 2005 nach Genf zu fahren - vor der Konferenz in Hongkong. Dort haben wir sowohl mit Verantwortlichen der WTO gesprochen als auch mit Vertretern von Entwicklungsländern, sozialen Bewegungen und wichtigen NRO, die dort vertreten sind. In dieser Broschüre stellen wir Ihnen die Zusammenfassung der Schlussfolgerungen vor, die aus all diesen Konsultationen gezogen wurden. Wenige Wochen vor Hongkong war es uns wichtig, dass diese Broschüre deutlich erklärt, worum es geht. Sie soll ein Mitreden der Bürgerinnen und Bürger in einer Debatte ermöglichen, deren Begrifflichkeiten heute von den europäischen Behörden karikiert werden. So hat beispielsweise der britische EU-Ratsvorsitz in der Darstellung seiner „Prioritäten“ bis zum Ende des Jahres keinen Hehl daraus gemacht, dass für ihn ein Forcieren des Freien Welthandels das Zeichen für seine Entschlossenheit ist, „für Ergebnisse“ zu arbeiten – was nichts anderes ist als eine Täuschung: Zehn Jahre WTO haben die Welt nicht gerechter, sondern ungerechter gemacht. „Die Bedürftigsten sind in der Tat diejenigen, die am meisten verlieren“, so die richtige Feststellung von Carine Smaller vom Institute for Agriculture and Trade Policy. Tatsächlich soll mit diesem Verweis auf „Entwicklung“ (sprich: dank Freihandel) vor allem verhindert werden, dass die Länder der südlichen Halbkugel, von denen einige viel auf Export setzen, andere wiederum schlicht und einfach nichts zu verkaufen haben, gegenüber den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union eine gemeinsame Front bilden. Ziele: Eine erneute Niederlage wie in Seattle und Cancún soll um jeden Preis vermieden und die Öffnung der viel versprechendsten Märkte für die großen Industrieund Dienstleistungskonzerne soll endlich erreicht werden. Die Tragödien von Lampedusa, Ceuta und Melilla haben die europäische Öffentlichkeit vor Schreck erzittern lassen und die dringende Notwendigkeit einer umfassenden Neuorientierung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen 2 der EU und den Ländern des Südens bekräftigt. Statt sich hinter der Suche nach einem Mächtekompromiss mit den Vereinigten Staaten zu verbergen würde die EU eine echte Rolle – nämlich die eines neuartigen weltweiten Akteurs –spielen, wenn sie an einer dauerhaften Allianz mit den Ländern der südlichen Hemisphäre arbeiten würde, die sich wünschen, dass in den internationalen Beziehungen andere Regeln entstehen: solidarischere, demokratischere und verantwortungsvollere Regeln. Eine solche Allianz führt in meinen Augen keineswegs dazu, dass die legitimen Interessen der europäischen Völker aufgegeben werden. Beispielsweise ist es im landwirtschaftlichen Bereich richtig und notwendig, die echte europäische bäuerliche Landwirtschaft zu verteidigen, das Recht auf garantierte einträgliche Preise, den Grundsatz der „Lebensmittelsouveränität“, die Wahrung der „sozialen, ökologischen, und territorialen Multifunktionalität“ der Landwirtschaft… Bekämpft werden müssen der Produktivismus, dessen erste Opfer die Bauern selbst sind, Dumping-Praktiken, die die zerbrechliche Wirtschaft des Südens destabilisieren und ihre Abhängigkeit noch größer machen; und eine Liberalisierung um jeden Preis, die nur darauf abzielt, großen multinationalen Konzernen den Zugang zu Boden, Saatgut, Wasser und zu den Märkten für Waren und Dienstleistungen zu öffnen! Unsere Fraktion sieht einen Bedarf sowohl an einer Erweiterung als auch einer Vertiefung der politischen Debatte darüber, was bei diesem großen, undurchsichtigen globalen Schachern für die Zukunft unserer Gesellschaften und der ganzen Welt auf dem Spiel steht. Diese Broschüre möchte genau dazu einen - wenn auch bescheidenen – Beitrag leisten. Wir haben weder den Anspruch, alle Fragen zu antworten, noch DIE Wahrheit zu besitzen, aber wir hoffen, dass wir durch diese Broschüre mithelfen, die Debatte, das Nachdenken und das konkrete Handeln zu fördern. 3 Kleines Glossar AKP: Länder Afrikas, der Karibik und des Pazifiks. Biopiraterie: Ein Patent nicht auf eine Erfindung (Beitrag der Kreativität des Menschen), sondern auf eine Entdeckung (wenn man etwas zu Kenntnis nimmt, was bereits besteht). Zum Beispiel: die Patentierung einer Pflanzensorte aufgrund ihrer heilenden oder nahrhaften Eigenschaften, ohne dass die geringste genetische Veränderung, die ein Patent rechtfertigen würde, vorgenommen wurde. Green Box: Stützungsmaßnahmen für die landwirtschaftliche Produktion, die keine Handelsverzerrungen auslösen und daher ohne Einschränkung zulässig sind. Blue Box: . Orange Box: globale Unterstützungsmaßnahmen für die landwirtschaftliche Produktion, die als handelsverzerrend gelten und daher zu den Reduzierungsverpflichtungen gehören. Spitzenzölle: relative hohe Zölle auf „sensible“ Produkte, die gewöhnlich in einem Kontext angewendet werden, in dem die Zölle niedrig sind. FIPs, (“Five Interested Parties”): die Fünfergruppe von Ländern, die vom Thema Landwirtschaft betroffen sind: eine von der EU, den USA und Australien geleitete Gruppe, die Indien und Brasilien von den Bündnissen ablenken soll, denen diese beiden Länder ebenfalls angehören. G10: Eine Gruppe von 10 Ländern, die Nettoimporteure von Agrarerzeugnissen sind: Bulgarien, Korea, Island, Israel, Japan, Liechtenstein, Mauritius, Norwegen, Schweiz und Taiwan. G20: Ursprünglich eine Gruppe von 20 Ländern, die sich vor der Konferenz von Cancún zusammengeschlossen haben, um zu verhindern, dass eine vorab zwischen der EU und den USA getroffene, die Interessen dieser 20 Länder völlig falsch einschätzende Einigung in der WTO zur Regel wird, und um einen Spielraum für eine Agrarverhandlung zu behalten, die die Anliegen dieser Länder berücksichtigt: Südafrika, Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, China, Kuba, Ägypten, Indien, Indonesien, Mexiko, Nigeria, Pakistan, Paraguay, Philippinen, Tansania, Thailand, Venezuela, Simbabwe. Auf Druck der USA hat sich Guatemala aus dieser Gruppe zurückgezogen. Brasilien und Indien gelten als führend in dieser Gruppe, der insbesondere Schwellenländer angehören. G33: eine Gruppe, der bei ihrer Gründung 33 Länder angehörten, heute 42. Die G33 sind Entwicklungsländer, deren Anliegen insbesondere die Auswirkung der Liberalisierung auf Kleinbauern ist: Antigua und Barbuda, Barbados, Belize, Benin, Botswana, China, Kongo, Südkorea, Elfenbeinküste, Kuba, Dominikanische Republik, Granada, Guayana, Haiti, 4 Honduras, Indien, Indonesien, Jamaika, Kenia, Madagaskar, Mauritius, Mongolei, Mosambik, Nicaragua, Nigeria, Pakistan, Panama, Peru, Philippinen, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und Grenadinen, Senegal, Sri Lanka, Surinam, Tansania, Trinidad und Tobago, Türkei, Uganda, Venezuela, Sambia, Simbabwe. Diese Länder sind besonders besorgt, dass man die Besonderheit ihrer jeweiligen Lage berücksichtigt und widersetzen sich gegen jegliche lineare Formel. G90: G90: Diese Gruppe umfasst die AKP-Staaten, die LDCs (Least Developed Countries) und die Länder der Afrikanischen Union. Sie bemüht sich, die Punkte hervorzuheben, die diesen drei Gruppen gemeinsam sind, und diese zu fördern. Sie will die in den Abkommen von Marrakesch vorgesehene Flexibilität schützen, insbesondere die gesonderte und präferenzierte Behandlung. Cairns-Gruppe: Länder, die Agrarerzeugnisse exportieren, die weder interne Beihilfen, noch Ausfuhrsubventionen gewähren: Südafrika, Argentinien, Australien, Bolivien, Brasilien, Kanada, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Fidschi-Inseln, Guatemala, Indonesien, Malaysia, Neuseeland, Paraguay, Philippinen, Thailand, Uruguay. LDC-Länder: Least Developed Countries, die am wenigsten entwickelten Länder. Dies sind nach einer Klassifikation des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (PNUD) die ärmsten Länder der Welt. 1. Die WTO: von Marrakesch nach Hongkong 1.1. Vorgeschichte - Im Jahre 1994 wird das „Abkommen von Marrakesch“ von 123 Regierungen unterzeichnet. Sie heben die WTO, die Nachfolgeorganisation des GATT, aus der Taufe, die mit umfassender Macht ausgestattet wird, was sie zur einflussreichsten internationalen Institution der Welt macht. Das Abkommen enthält auf einigen Gebieten (Landwirtschaft, geistige Eigentumsrechte, Dienstleistungen…) Bestimmungen, die nur indirekt mit dem Handel zu tun haben, die der WTO aber die Möglichkeit geben, in alle Bereiche des täglichen Lebens einzugreifen. Nach dem Willen der westlichen Regierungen ist die neoliberale Globalisierung von nun an im Gange. - Nach seiner Ratifizierung durch die nationalen Parlamente tritt im Jahre 1995 das „Abkommen von Marrakesch“ in Kraft. - Im Jahre 1996 verlangen die Industrieländer die Eröffnung einer neuen Verhandlungsrunde zur Liberalisierung der Praktiken bei Investitionen, im öffentlichen Auftragswesen, im Wettbewerb und für Handelserleichterungen. Auf der WTO-Ministerkonferenz in Singapur sind die Entwicklungsländer gegen diese Forderung. 5 - 1999 wollen die reichen Länder eine äußerst ehrgeizige Verhandlungsrunde einführen, die „Jahrtausendrunde“. Die Entwicklungsländer lehnen dies auf der WTO-Ministerkonferenz in Seattle ab. Die Zusage, die Auswirkung der Ergebnisse des Abkommens von Marrakesch auf die am wenigsten entwickelten Länder und die Entwicklungsländer zu untersuchen, wird nicht eingehalten. - Auf der WTO-Ministerkonferenz in Doha 2001 setzen die Industrieländer gegen die WTO-Regeln verstoßende Praktiken ein und nutzen dabei den Zusammenhang nach dem 11. September aus; es gelingt ihnen, den Beginn einer Verhandlungsrunde durchzusetzen, die sie „die Doha-EntwicklungsAgenda“ nennen. Dieses Programm enthält insbesondere die in Singapur abgelehnten Themen. Mehr denn je erscheint die WTO als eine Institution, in der die Machtverhältnisse Vorrang haben vor Rechtsnormen. Von 2001 bis 2003 sind die Verhandlungen des Doha-Programms in allen Themen blockiert: bei den Themen, die die Entwicklungsländer interessieren, weil die reichen Länder nicht akzeptieren, den Erwartungen des Südens zu entsprechen, und bei denen, die die reichen Länder interessieren, weil die Entwicklungsländer sich dem Protektionismus des Nordens widersetzen. - Im Jahre 2003 wird keine Blockade ausgeräumt, die Ministerkonferenz von Cancún scheitert. - Nachdem sie die Entwicklungsländer erfolgreich gespalten haben, gelingt den reichen Ländern im Juli 2004 bei einer Sitzung des Allgemeinen Rates der WTO (der Instanz, der die Botschafter der Mitgliedstaaten angehören und die eine Befugnis hat, die der Ministerkonferenz entspricht; an diesem Gremium können die Minister teilnehmen, wenn sie es wünschen), ein Abkommen über einen Rahmen für die Wiederbelebung der Verhandlungen. Dieses so genannte „Juli-Rahmenankommen“ betrifft hauptsächlich vier Themen: die Landwirtschaft, die nichtlandwirtschaftlichen Güter (NAMA), die Dienstleistungen sowie Fragen der Entwicklung. Das Ziel besteht darin, innerhalb eines Jahres ein Abkommen zu erreichen, das „dem nahe kommt", was bei diesen vier Themen erforderlich ist. - Im Juli 2005 wird dieses Abkommen nicht erreicht, weil die westlichen Forderungen nicht durch ausreichend umfangreiche Anstrengungen ausgeglichen werden, die günstig für die Entwicklungsländer wären. 1.2. Das Verhandlungsprogramm „Entwicklungsrunde"? von Doha Am 14. November 2001 hat die Ministerkonferenz sechs Texte angenommen: - eine Ministererklärung mit einem Verhandlungsprogramm zu 21 Themen; 6 - eine Erklärung über das Abkommen über die Rechte an geistigem Eigentum und das öffentliche Gesundheitswesen, die die Frage des Zugangs zu Medikamenten behandelt; - eine Reihe von Entscheidungen bezüglich 14 Punkte zur Umsetzung der bestehenden Abkommen; - ein Dokument über bestimmte Verlängerungen, die im Abkommen über die Subventionen vorgesehen sind; - eine Freistellung für die Länder der Europäischen Union und der AfrikaKaribik-Pazifik-Gruppe für bestimmte im Widerspruch zu den WTO-Regeln stehende Zollbestimmungen, die im Cotonou-Abkommen zwischen der Europäischen Union und den AKP-Staaten enthalten sind; - eine Ausnahme bezüglich der geltenden Übergangsregelung der Europäischen Union für die Einfuhr von Bananen. Seit vier Jahren ist jedes dieser Dokumente die Basis für die Verhandlungen, die alle das gleiche Ziel verfolgen: Die Stärkung des Freihandels durch ein Durchsetzen der Öffnung der Märkte. Abgesehen von den Rechten an geistigem Eigentum, bei denen die reichen Länder dominieren (97% der Patente werden in den westlichen Ländern angemeldet) und protektionistische Regeln auferlegen, ist die Technik jeweils die selbe: Deregulierung. Es kann nicht genug betont werden, dass die WTO entgegen der herrschenden Meinung - den weltweiten Handel nicht reguliert, sondern die Aktivitäten der nationalen, regionalen und lokalen öffentlichen Hand dereguliert. Die Erklärung stärkt den Glauben an die Tugenden eines absoluten Freihandels - ein echtes Dogma, dessen Umsetzung automatisch zu Wachstum und Entwicklung führen soll. Bezüglich der Bekämpfung der Armut - seit kurzem eine Art Gebetsmühle der Institutionen (Weltbank, internationaler Währungsfonds und WTO) - die doch am meisten zur Zunahme dieser Armut beigetragen haben, folgen dann lyrische Formulierungen. Im Text heißt es: „Die meisten Mitglieder der WTO sind Entwicklungsländer. Wir zielen darauf ab, ihre Bedürfnisse und ihre Interessen ins Zentrum des Arbeitsprogramms zu stellen, das in der vorliegenden Erklärung verabschiedet wurde.“ Wer wird vom Programm von Doha profitieren? „Wird das Abkommen in erster Linie den Entwicklungsländer zugute kommen? William Cline vom Institute for International Economics, einem wichtigen amerikanischen Think Tank, schätzt den Anteil der Entwicklungsländer am Gesamtgewinn aufgrund der Liberalisierung auf 20%, den der reichen Ländern hingegen auf 80%.“ Le Monde, 18. Oktober 2005. 7 Die wichtigsten Punkte des Verhandlungsprogramms 1. Landwirtschaft: Das Abkommen über die Landwirtschaft ist unbestritten das symbolträchtigste aller WTO-Abkommen. An ihm werden die Ungleichheit, die Unausgewogenheit und die Schädlichkeit dieser Abkommen am deutlichsten sichtbar. Es erlegt der Mehrheit der Weltbevölkerung Vorschriften auf, von denen sich die reichen Länder befreit haben. Es sorgt im ländlichen Raum der reichen Länder für ein agroindustrielles Modell, dessen „Leistungen“ bei der Vernichtung landwirtschaftlicher Betriebe, der Abschaffung von Arbeitsplätzen, der Verschlechterung der Umweltsituation und der Gesundheitsgefährdung außergewöhnlich sind. Dieses Abkommen ist die Negation der bäuerlichen Landwirtschaft an sich als Idee der nachhaltigen Bewirtschaftung. Dabei ist diese unbedingt erforderlich, um nachfolgenden Generationen eine Welt zu hinterlassen, die mindestens ebenso lebenswert wie die Welt ist, die wir geerbt haben. Es ist das Ergebnis eines Kompromisses zwischen den beiden wirtschaftlichen Supermächten – der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten – und wurde dem Rest der Welt von diesen aufgezwungen. Zielsetzung dieses Abkommens über die Landwirtschaft ist es nicht, eine allen Völkern zugängliche, ausreichende und hochwertige Versorgung zu gewährleisten und dabei noch für ein annehmbares Einkommen der Landwirte zu sorgen. Das Ziel ist es noch weniger, die Nahrungsmittelsouveränität zu gewährleisten, also das Recht eines jeden Volkes auf freie Wahl des Nahrungsmittelzugangs einschließlich der Möglichkeit zu wählen, welchen Importen es zustimmt und welche es ablehnt. Ziel ist die Maximierung des Nahrungsgüterhandels zum ausschließlichen Profit der Agroindustrie. Man wird verstehen, dass die Entwicklungsländer diesem Abkommen über die Landwirtschaft einen wachsenden Widerstand entgegensetzen werden, denn sie sind es, die in immer stärkerem Maße dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte aus Europa oder den Vereinigten Staaten auf ihren Märkten ausgesetzt sind, und dies zu Preisen, die unter denen für den örtlichen Reis oder den örtlichen Weizen liegen. Auf ihren Druck hin haben sich die Minister in Doha verpflichtet, „ohne die Verhandlungsergebnisse vorwegnehmen zu wollen, (...) globale Verhandlungen mit dem Ziel substanzieller Verbesserungen beim Marktzugang, der Verringerung aller Arten von Exportsubventionen im Hinblick auf ihre schrittweise Rücknahme und wesentlicher Verringerungen innerer Beihilfen, die eine Handelsverzerrung bewirken. Wir kommen überein, dass die Sonder- und Vorzugsbehandlung der Entwicklungsländer Bestandteil aller Verhandlungen sein wird und in die Liste der Zugeständnisse und Verpflichtungen aufgenommen wird ..." Ein Datum war für die Umsetzung dieser Absichten vorgeschlagen worden, wurde aber auf Intervention der Europäischen Union gestrichen und durch die Formel „vorbehaltlich des Ergebnisses der Verhandlungen" ersetzt. Das Programm von Doha sah vor, dass die Modalitäten für die neuen Verpflichtungen bis zum 31. März 2003 festgelegt werden sollten. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde kein Abkommen getroffen. 8 „Es wird oft vergessen, dass die Europäische Union als weltgrößter Exporteur weiterverarbeiteter landwirtschaftlicher Erzeugnisse in hohem Maße offensive Interessen verfolgt.“ Carlos Troyan, Botschafter der Europäischen Union, Genf, den 26. Mai 2005 2. GATS. Die Umsetzung des Allgemeinen Abkommens über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services) ist Gegenstand einer ganzen Reihe aufeinander folgender Verhandlungen. Einer dieser Verhandlungsabschnitte begann im Februar 2000 und soll mit der in Doha eröffneten Verhandlungsrunde beendet werden. Die Europäische Union vertrat durch den damaligen Kommissar für Handel, Pascal Lamy, den Standpunkt, dass die Benennung der Staaten, die ihren Dienstleistungssektor zu liberalisieren haben, viel zu wenig war. Andererseits ließ er keine Gelegenheit ungenutzt zu erklären, dass kein Staat verpflichtet sei, gegen seinen Willen eine Dienstleistungstätigkeit zu liberalisieren. Gestärkt durch das weit reichende Mandat, das ihm die europäischen Regierungen übertragen hatten, erreichte Pascal Lamy eine Modifizierung der Anwendungsvorschriften für das GATS. Die Konferenz von Doha entschied, dass jedes Land jedem anderen Land eine Liste mit den Dienstleistungen übermitteln soll, die es in einen Liberalisierungsprozess eingebunden sehen möchte (die so genannten „Forderungen“, engl.: „requests“). Ebenso soll jede Regierung eine Liste mit den Dienstleistungen, die sie zu liberalisieren gedenkt, die so genannten „Angebote“, an die anderen Staaten übermitteln. 3. Abkommen über die Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS = TradeRelated Aspects of Intellectual Property Rights): Diese ausgeklügelte Form des Eigentumsrechtes steht im Gegensatz zur Anwendung zweier Grundrechte: des Rechts auf Gesundheit und des Rechts der Völker auf Selbstbestimmung über ihre natürlichen Ressourcen, also von Rechten, die in internationalen Instrumenten verankert sind und die von allen Staaten verabschiedet und ratifiziert wurden. Hinsichtlich des Rechts auf Gesundheit und seiner Anwendung durch das Recht auf Zugang zur Grundversorgung mit Medikamenten wurde infolge der Bemühungen der in diesem Kampf geschlossen auftretenden Entwicklungsländer eine abweichende Erklärung zu dieser, wie sie zu Recht bezeichnet wird, „Frage von Leben und Tod“ verabschiedet. Die Erklärung von Doha stellt die Auswirkungen des Patentrechts auf die Medikamentenpreise fest. Der Text von Doha über „TRIPS und die öffentliche Gesundheit“ stellt einen bemerkenswerten politischen Fortschritt dar, aber er findet keine juristische Anwendung. Die durch die Patente bei der öffentlichen Gesundheit und der Bekämpfung von Epidemien verursachten Probleme wurden benannt und anerkannt. Die Staaten haben ihren Willen bekundet, dass die Anwendung des TRIPSAbkommens nicht dem Recht der WTO-Mitgliedsstaaten zuwiderlaufen soll, geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung des Zugangs zur Grundversorgung mit Medikamenten zu ergreifen. Sie haben das Moratorium über das In-Kraft-Treten des TRIPS für die am wenigsten entwickelten Länder um zehn Jahre verlängert. Aber sie haben abgelehnt, 9 Verpflichtungen einzugehen oder zwingende Entscheidungen zu treffen. Sie verwiesen die Frage des Imports generischer Medikamente auf andere Verhandlungen, die im August 2003 zu einem zeitlich beschränkten Abkommen führten (siehe unten, Kapitel 5, andere Themenbereiche). Hinsichtlich des Rechts der Völker auf Selbstbestimmung über ihre natürlichen Ressourcen und der Bekämpfung der Biopiraterie und der Patentierung von Leben gibt die Erklärung die Anweisung, „das Verhältnis zwischen dem TRIPS-Abkommen und der Konvention über die biologische Diversität, den Schutz traditionellen Wissens, der Folklore und anderer neuer Entwicklungen" zu prüfen. Auch wenn diese Formulierung nicht, wie von den Entwicklungsländern gefordert, den Weg für eine Neuverhandlung des TRIPS-Abkommens frei macht, so wird damit auch nicht der Diskussion ein Ende gesetzt, wie es die Europäische Union gefordert hat. 4. Marktzugang für nichtlandwirtschaftliche Produkte (Thema besser bekannt unter der englischen Abkürzung NAMA). Der Beschluss, diese Frage zu verhandeln, wurde ohne die ausdrückliche Zustimmung der Entwicklungsländer gefasst. Hinter der Formulierung der Überschrift verbirgt sich der Wunsch, industriellen Gütern aus den reichen Ländern einen Zugang auf die Märkte des Rests der Welt zu ermöglichen, und dies ohne tarifäre Schranken oder Vorschriften. Eine solche Marktöffnung wird zu einem unmittelbaren Wettbewerb zu gleichen Bedingungen zwischen den Unternehmen der reichen Länder und denen der Entwicklungsländer führen. Das Ergebnis dieses Wettbewerbes ist schon im Voraus absehbar. Das Programm von Doha bezieht alle Themenbereiche in die Verhandlungen mit ein: Verringerung und sogar Abschaffung der Zölle, der Höchstgrenzen für Zölle sowie nichttarifärer Handelsmaßnahmen (Gesetze und Verordnungen). Im Text heißt es: „Die Palette der verhandelten Produkte ist vollständig und a priori ohne Ausnahme.“ Da die Mehrzahl der Entwicklungsländer ihre Kontrollmaßnahmen für Direktimporte abgeschafft hat (nur die reichen Länder haben ihre Maßnahmen erhalten), verbleiben diesen Ländern praktisch nur noch die Zolltarife als Schutzinstrument für ihren industriellen Sektor. Mehrere Studien haben bewiesen, dass eine rasche Verringerung der Zölle auf industrielle Güter sehr negative Auswirkungen auf die industrielle Entwicklung mehrerer afrikanischer Länder hätte. 5. Investition, Wettbewerb, öffentliches Beschaffungswesen und Handelserleichterung. Seit dem Jahr 1999 hat die Europäische Union infolge des Scheiterns des bei der OECD ausgehandelten multilateralen Abkommens über Investitionen (AMI) zahllose Anstrengungen unternommen, um diese vier schon in Singapur vorgeschlagenen und daher „Singapur-Themen“ genannten Punkte in eine multilaterale Verhandlungsrunde einzubringen. Sie hat keinen Versuch unterlassen, diese Themen in das Verhandlungsprogramm von Doha aufnehmen zu lassen. In den beiden Jahren nach der Doha-Konferenz war ein regelrechter Kampf zwischen den Ländern des Südens und der Europäischen Union über diese Themen zu beobachten. In Cancún war die uneinsichtige Haltung der Europäer in diesen Fragen eine der Ursachen für das Scheitern der Konferenz. 10 6. Regeln: Verschiedene Abkommen der WTO übertragen dieser die Aufgabe, „Disziplinen“ auszuarbeiten. Hinter diesem Begriff verbergen sich Listen von durch die Staaten verabschiedeten Gesetzen und Verordnungen, die als Handelshemmnisse angesehen werden. Die Ausarbeitung von „Disziplinen“ ist somit ein wichtiger Schritt. Er ermöglicht weit reichende Eingriffe in die Politik der Einzelstaaten. Zu den anvisierten Praktiken zählen die Subventionen und die Anti-Dumping-Bestimmungen (Verkauf eines Produktes im Ausland zu einem billigeren Preis als auf dem nationalen Markt). Zudem fordert die Minister-Erklärung, dass diese Verhandlungen den Subventionen im Bereich Fischfang eine besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Das Programm von Doha sieht Verhandlungen mit dem Ziel einer Klärung und Verbesserung der „Disziplinen“ in den Bereichen Subventionen und Anti-Dumping-Bestimmungen vor. Diese wurden von der Mehrzahl der Entwicklungsländer oft als Beispiele für die Ungerechtigkeit und die Unausgewogenheit der WTO-Abkommen ins Feld geführt. Die Verhandlungen über die Anti-Dumping-Bestimmungen haben kaum Fortschritte erzielt. Die der WTO von den reichen Ländern aufgedrängte Definition von Dumping ist die Grundlage eines echten Betruges: Als Dumping werden Exportsubventionen bezeichnet, aber nicht die internen Subventionen, mit denen die nationalen Preise gesenkt und dann Exporte zu Preisen unter den Herstellungskosten ermöglicht werden. 7. Regionale und bilaterale Handelsabkommen: Eine Abschwächung der multilateralen Abkommen durch diese Abkommen soll verhindert werden. Die Befürchtung der reichen Länder ist, dass solche Abkommen die Tragweite der WTO-Abkommen einschränken, indem eine Definition von Handel beschlossen wird, die näher an der des GATT-Abkommens liegt als die außerordentlich weite Auslegung der WTO. Dagegen verlangen die Entwicklungsländer auf dieser Ebene eine Flexibilisierung. Die zwischen Entwicklungsländern getroffenen regionalen Handelsabkommen müssen ihrer Meinung nach einen exakten Rahmen vorgeben, der ihnen die Verwaltung der einzelnen Schritte und ihre Kontrolle ermöglicht. 8. GATT 1994: Es geht um Abkommen, die im Rahmen des früheren GATT bis 1994 vereinbart wurden. Die Verhandlungen müssen die Umsetzung bestehender Bestimmungen insbesondere im Bereich Subventionen (z. B. Fischfang) sowie die Verfahren und die Disziplinen hinsichtlich der regionalen Handelsabkommen einschließen. Es wird kein Abkommen getroffen. 9. Umweltschutz: Die Verhandlungen betreffen das Verhältnis zwischen den WTO-Regeln und den multilateralen Umweltschutzabkommen (MEA). Sie werden jedoch für die Länder, die diese Abkommen nicht unterzeichnen, nicht bindend sein. Die USA können also nach freien Stücken handeln und anderen Ländern die Regeln aufzwingen, die sie für sich selbst ablehnen. Schlimmer noch ist, dass die Formulierung dieser Bestimmung einen stillschweigenden Vorrang der WTO-Regeln vor allen anderen Regeln des internationalen Rechts und eine Aufforderung zum Nichtbeitritt zu den 11 Umweltschutzabkommen ausdrückt. Die Erklärung kündigt auch an, dass die Verhandlungen zum Thema Umweltschutz „die Verringerung oder Abschaffung tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse für Umweltgüter und -dienstleistungen" einschließen werden. Der Weg für die Privatisierung öffentlicher Umweltdienstleistungen (Wasser, Energieversorgung, Abfallbeseitigung usw.) ist geebnet. Dagegen wird das Thema Vorschriften für die Etikettierung zu Umweltschutzzwecken an eine Arbeitsgruppe verwiesen. Das vorrangige Thema der nachhaltigen Entwicklung scheint der Ausweitung des Freihandels keine Grenzen zu setzen. 10. Umsetzung. Hierbei geht es genau genommen nicht um Verhandlungen zu neuen Themenbereichen, sondern um die Anwendungsbestimmungen der bereits bestehenden Abkommen. Diese Forderung wurde geschlossen von den Entwicklungsländern vorgebracht, die es gerne gesehen hätten, wenn die Arbeiten zur Umsetzung der Abkommen von Marrakesch und ihre Auswirkungen möglicherweise eine Überarbeitung der bestehenden Abkommen nach sich gezogen hätten. Dies wurde nicht erreicht. 11. Sonder- und Vorzugsbehandlung (SDT = Special and Differential Treatment): Hier geht es um einen Komplex von Bestimmungen, die in verschiedenen WTO-Abkommen verankert sind und die die Notwendigkeit vorbringen, die Besonderheiten der Entwicklungsländer zu berücksichtigen. Diese Bestimmungen sind bis heute nur Absichtserklärungen geblieben. Ihre Umsetzung war niemals vorrangige Sorge der reichen Länder. Daher haben die Entwicklungsländer das In-Kraft-Treten dieser Bestimmungen mit der Umsetzung der bereits bestehenden Abkommen verbunden. Vor Doha haben sie zwei Dokumente vorgelegt, in denen sie eine ganze Reihe von konkreten Vorschlägen machen und fordern, dass diese verhandelt werden, bevor über irgendwelche neuen Themen verhandelt wird. In Doha haben die Industrieländer Verhandlungen über diese Bestimmungen zugestimmt, um die grundsätzliche Einwilligung der Entwicklungsländer für eine neue Verhandlungsrunde zu erhalten. Trotz guter, von den reichen Ländern angekündigter Absichten wurde kein Abkommen erzielt. Nach neuerlichen Versuchen wurden die offiziellen Verhandlungen ausgesetzt. 12. Reform des Ausschusses für die Schlichtung von Streitigkeiten (DSB = Dispute Settlement Body). Hierbei geht es um die der WTO übertragene Rechtsprechungsbefugnis. Ein Staat kann gegen einen anderen Staat, der eine WTO-Regel nicht einhält, Klage erheben, wobei einzig Fragen des Handelswettbewerbes Berücksichtigung finden. Von einem Land zum Schutz der öffentlichen Gesundheit oder der Umwelt (z. B. Verbot von hormonbehandeltem Rindfleisch oder Verbot genetisch veränderter Organismen (GVO)) oder zur Begünstigung eines Rechtsstatus ergriffene Maßnahmen (z. B. Monopol der öffentlichen Hand bei der Wasserversorgung) werden als protektionistisch und als Einschränkung der Handelsfreiheit angesehen. Die Richter in der ersten Instanz sind keine 12 ordentlichen Richter, sondern von Fall zu Fall ernannte „Fachleute“. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Fundamentale Rechtsgrundsätze hinsichtlich der Unabhängigkeit von Gerichtsverfahren (Unabsetzbarkeit der Richter, öffentliche Verfahren) werden somit lächerlich gemacht. Mit dem Vorschlag zur Reform des DSB kündigt das Programm von Doha die einzige Verhandlung über ein bestehendes Abkommen und über die Arbeitsweise der WTO an. Im Unterschied zu den anderen Themen der neuen Verhandlungsrunde hätten diese Verhandlungen im Mai 2003 abgeschlossen werden sollen. Es kam zu keinem Ergebnis, obwohl dieses „Gericht“ der WTO – auch bei den Verfechtern des Neoliberalismus – große Kritik hervorruft. Es wird klar, dass das Programm von Doha durch einen Katalog von genauen Vorschlägen, die den Erwartungen der reichen Länder entsprechen, und durch allgemeine Absichtserklärungen gekennzeichnet ist, in denen keine Rede von der Eröffnung von Verhandlungen über von den Entwicklungsländern vorgebrachte Themenbereiche ist. Dies erklärt, warum in den zwei Jahren nach der Doha-Konferenz keinerlei Fortschritte bei den Verhandlungen erzielt und in der Folge auf der Ministerkonferenz von Cancún keine neuen Beschlüsse gefasst wurden. Getauft als „Doha-Agenda für Entwicklung“ kündigt dieses Programm alles an, nur keine Entwicklungspolitik. Verhandlungen zugunsten von Entwicklungspolitik? „Alle unsere Länder werden die beträchtlichsten Gewinne durch einen besseren Marktzugang bei Dienstleistungen und industriellen Gütern erzielen (...) die Gewinne für Europa werden gewaltig sein.“ Peter Mandelson, EU-Kommissar, Le Monde, 18. Oktober 2005 2. Landwirtschaftsverhandlungen: Lagebeschreibung Seit Cancún ist in dieses Thema ein wenig Bewegung gekommen. Die Verhandlungen umfassen drei „Säulen“: die Exportsubventionen, die inneren Beihilfen und den Marktzugang, sprich die Höhe der Zölle und der Importquoten. - Exportsubventionen: Entgegenkommen und Blockadehaltung 13 -- Die EU hat sich verpflichtet, für die Beendigung des schrittweisen Abbaus der Exportsubventionen ein glaubhaftes Datum zu nennen; weitere Verpflichtungen werden hinsichtlich der Exportkredite erwartet. Bei den staatlichen Handelsunternehmen und der Nahrungsmittelhilfe bleibt sie jedoch bei ihrer Blockadehaltung. -- Die USA nehmen beim Thema Kommerzialisierung der Nahrungsmittelhilfe weiterhin eine Blockadehaltung ein. - Innere Beihilfen: totale Blockadehaltung -- Orange box: EU, USA und Japan verschleppen jeweils auf ihre eigene Art und Weise Verhandlungen über die Verringerung ihrer Beihilfen. -- Blue box: EU und USA sperren sich gegen Gespräche über die vereinbarte Ausweitung der Bewilligungskriterien für diese Art von Beihilfen. -- Green box: allseitige Blockadehaltung; eine Verschärfung der Kriterien zur Vermeidung von Beihilfen, die nicht den durch diese Box vorgesehenen Bestimmungen entsprechen, hat aus unterschiedlichen Beweggründen identische Reaktionen zur Folge: EU und USA lehnen dies zur Bewahrung ihrer derzeit geleisteten Beihilfen ab; die Entwicklungsländer möchten einen bestimmten Bestand zur Unterstützung ihrer unterschiedlichen Landwirtschaftssektoren erhalten. - Marktzugang: teilweises Entgegenkommen -- Die G20 haben eine Formel für die Verringerung der Zolltarife und der Quoten zur Begrenzung der Importhöhe vorgelegt. Diese Formel wurde als zukünftige Gesprächsgrundlage angenommen. Sie liegt zwischen der von der EU und den G10 vertretenen und der von den USA, Neuseeland und Australien vorgeschlagenen Formel. -- Die G33 haben eine Liste mit speziellen Produkten und Konsumgütern vorgelegt, die von einer bedeutenden Verringerung der Zolltarife ausgenommen werden sollen. Ebenso haben sie einen besonderen Schutzmechanismus vorgeschlagen, der den Ländern dieser Gruppe eine Anhebung der Zolltarife zum Schutz gegen Dumpingpreise ermöglichen soll. Die G33 wurden aufgefordert, Kriterien für die Auswahl dieser speziellen Produkte unter Bezugnahme auf die Nahrungsmittelsicherheit und die Entwicklung des ländlichen Raumes vorzulegen. 3. Die Öffnung des Marktes für nichtlandwirtschaftliche Produkte Die Verhandlungen über den Zugang zum Markt nichtlandwirtschaftlicher Produkte drehen sich um eine Formel für die Verringerung der Zolltarife. Eine überwältigende Mehrheit der Entwicklungsländer, die einer Verhandlung dieser Frage in Cancún starken Widerstand entgegengesetzt hatten, war jetzt gezwungen, an einem Konsens über die Anwendung einer Verringerungsformel mitzuwirken. Denn die Industrieländer und einige Schwellenländer haben die Gespräche trotz des fehlenden und laut den WTO-Regeln erforderlichen Konsens fortgesetzt. 14 Die Formel, die die Industrieländer durchsetzen wollen, würde auf alle Produkte angewandt und würde die höchsten Zolltarife in stärkerem Maße verringern als die niedrigsten. Diese Formel würde die Entwicklungsländer, die höhere Zolltarife als die Industrieländer beibehalten haben und die daraus beträchtliche Mittel schöpfen, benachteiligen. Abweichende Formeln mit von Fall zu Fall unterschiedlichen Koeffizienten wurden vorgeschlagen. Alle Gespräche haben seitdem diese Koeffizienten zum Inhalt. Indessen gestalten sich die Verhandlungen durch Vorschläge zur Abschaffung „nichttarifärer Handelshemmnisse“, also dem Verbot einiger, den Marktzugang erschwerender einzelstaatlicher Vorschriften, schwieriger. Die G90 haben klargestellt, dass die Beschlüsse vom Juli 2004 hinsichtlich der Marktöffnung für industrielle Güter nicht mit dem im Programm von Doha festgeschriebenen Grundsatz vereinbar sind. Diese befreien die Entwicklungsländer von der Verpflichtung, ihre Märkte im gleichen Maße wie die Industrieländer zu öffnen. Diese Länder haben daran erinnert, dass ihre Zolltarife schon immer ein wichtiges Instrument ihrer Industriepolitik dargestellt haben. Diese Länder fechten die Studien, die ihnen einen beträchtlichen Nutzen durch die Liberalisierung vorhersagen, an. Sie behaupten, dass es sich hierbei mehr um einen Glaubensakt als um eine stichhaltige Prognose über die Auswirkungen der Globalisierung handele. Die Öffnung der Märkte für nichtlandwirtschaftliche Produkte ist das Musterbeispiel für eine gegen die Entwicklungspolitik gerichtete Initiative. 4. Die Umsetzung des GATS Man muss sich in Erinnerung rufen, dass es die beiden wirtschaftlichen Supermächte waren, die den anderen Ländern die meisten und die weitest reichenden Forderungen übermittelt haben. Die USA haben an 149 Länder Forderungen gestellt und die Europäische Kommission mit der Zustimmung der Regierungen der Mitgliedsstaaten Forderungen an 109 Länder. Außer wenn es um die Entwicklung europäischer Unternehmen geht, wird der offizielle Diskurs der Europäischen Union über eine so genannte „Agenda für Entwicklung“ durch die Initiativen eben dieser Kommission konterkariert. Sie hat auf den jeweiligen Empfänger zugeschnittene Listen mit Dienstleistungen, die sie in diesen Ländern privatisiert sehen möchte, an 109 Länder verschickt, d. h. mit den Dienstleistungen, die diese Länder für den Wettbewerb mit europäischen Dienstleistern öffnen und die nicht mehr durch einzelstaatliche Gesetzte und Vorschriften geschützt werden sollen. Solange diese Listen geheim waren, waren diesbezüglich von der Kommission und einigen Ministern beschwichtigende Äußerungen zu hören wie z. B. „Es gibt keinerlei Forderungen an die ärmsten Länder“, „Wir werden niemals die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen fordern“ oder „Das Recht der Einzelstaaten zur Regelung des Dienstleistungssektors bleibt unangetastet“. Bauend auf die Komplexität 15 der Texte und die Undurchsichtigkeit der Verfahren wagte Pascal Lamy, damals Mitglied der Europäischen Kommission, gar die Behauptung, dass „die Verhandlungen der WTO den Handel mit Dienstleistungen betreffen und nicht die Regulierung dieser Dienstleistungen an sich“. Der Wille zur Täuschung der öffentlichen Meinung über die Mittel und Möglichkeiten des GATS entsprechen dem finanziellen Volumen, das durch seine Umsetzung auf dem Spiel steht. Diese 109 Forderungen sind seit Februar 2003 bekannt. Von den 109 Ländern sind 94 als Entwicklungsländer eingestuft. Von diesen wiederum gelten 41 als „Länder mit geringen Staatseinnahmen“ und 30 zählen zu den „am wenigsten entwickelten Ländern (LDC)“. Einige Beispiele für Vorschriften, deren Abschaffung von der Europäischen Union verlangt wird - Bolivien: Verpflichtung für ausländische Investoren zur Errichtung einer Filiale im Land selbst, wenn sie Handelsgeschäfte ausführen wollen; - Botsuana: botsuanischen Staatsangehörigen gewährter Vorrang, falls von Ausländern gehaltene Vermögenswerte zu erwerben sind; öffentliches Monopol bei der Bewirtschaftung des Wassers; - Brasilien: Einschränkung von Auslandstransfers bei von ausländischen Unternehmen im Land erwirtschaftetem Kapital; - Kamerun: Verpflichtung zur Schaffung eines Arbeitsplatzes bei jeder Investition in Höhe von mehr als 10.000 Euro; - Chile: Verpflichtung für Investoren, zu 85 % chilenische Mitarbeiter zu beschäftigen, und Verpflichtung für ausländische Investoren, das im Land investierte Kapital mindestens für drei Jahre im Land zu halten; - Chile und Mexiko: Verbot für Ausländer, Ländereien entlang der Küsten zu besitzen; - Kuba und Indonesien: auf 49 % beschränkte ausländische Beteiligung an gemischten Gesellschaften oder Gemeinschaftsunternehmen; - Ägypten: öffentliche Monopole bei der Wasser- und Energieversorgung, im Verkehrswesen und im Bausektor; - Honduras: öffentliches Monopol bei der Bewirtschaftung des Wassers; - Jordanien: Verpflichtung für ausländische Reiseveranstalter, bei touristischen Rundfahrten auf örtliche Dienstleister zurückzugreifen; - Kenia: Beschränkung ausländischer Investitionen auf 30 % im Bereich Telekommunikation; - Indien: Verpflichtung für ausländische Reiseveranstalter, mit einem entsprechenden Unternehmen vor Ort zusammenzuarbeiten, damit die indischen Behörden bei strafbaren Handlungen einen Verantwortlichen bestimmen können; - Malaysia: Beschränkung der Beteiligung ausländischer Aktionäre an Versicherungsgesellschaften auf 51 %; Kriterien für die Sendung von Werbebotschaften in Rundfunk und Fernsehen; 16 - Taiwan: für ausländische Unternehmen Verbot des Erwerbs oder der Pacht von Ländereien, die für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, als Weideland, zur Jagd, zur Salzgewinnung oder zum Bergbau genutzt werden; - Thailand: Vorschriften für die Ansiedelung von Großbetrieben des Einzelhandels; - Tunesien: öffentliches Monopol bei der Bewirtschaftung des Wassers. Drei Themen ragen aus den laufenden Verhandlungen heraus: die Frage der Angebote, der Disziplinen und der Modus 4. a) Die Angebote: Bis zum 27. Juni 2005 haben 68 Staaten (wenn man die EU als ein einziges Zollgebiet betrachtet, was der Definition von Staat laut WTO entspricht) Erstangebote vorgelegt. Überarbeitete (erweiterte) Angebote wurden von 25 Staaten, darunter 11 Entwicklungsländer, vorgelegt. Der Druck der EU ist riesig. Sie wird von den USA, Kanada und der Schweiz unterstützt. Nachdem sie in größter Heimlichkeit ihre eigenen Forderungen und ihre Angebote nach oben korrigiert hat, und dies zum zweiten Mal seit Beginn der Verhandlungen, hat die EU vorgeschlagen, den Ablauf der Verhandlungen zu ändern. In Doha hatte sie diesen Mechanismus von Forderungen und Angeboten vorgeschlagen. Dieser Mechanismus erbrachte jedoch nicht die gewünschten Ergebnisse. Einzig die Angebote der Industrieländer sind beträchtlich. Die anderen Staaten der WTO verzichteten auf eine Abgabe bzw. legten einige wenige und nicht weit reichende Liberalisierungsangebote vor. Im Juni 2005 schlug die EU ein so genanntes „Benchmark-System“ vor: Jedem Staat wird eine Mindesthöhe für qualitative Verpflichtungen (Liberalisierungsgrad) und quantitative Verpflichtungen (Anzahl der einbezogenen Untersektoren) auferlegt. Die Europäische Kommission hat danach den Begriff „Benchmark“ in „common baseline“, also „gemeinsame Grundlinie“ für die Verhandlungen abgeändert. Von nun besteht für jeden Staat eine doppelte Verpflichtung: - mindestens Eingehen eines Minimums an spezifischen Verpflichtungen in einer Reihe von in einer Liste genannten Sektoren, - für jeden einbezogenen Sektor oder Unter-Sektor Angabe eines MindestLiberalisierungsgrades in jeder der vier Dienstleistungsarten, wobei dieser Mindest-Grad den Sektoren nach genauestens aufzuführen ist. Sollte dieser Vorschlag der Europäischen Kommission von der WTO verabschiedet werden, wird man feststellen können, dass Sektoren oder Unter-Sektoren, die sich in der von der WTO festgelegten Liste befinden, die aber derzeit nicht in der europäischen Angebotsliste auftauchen (z. B. die Sektoren Kultur, Rundfunk und Fernsehen, wobei es naiv wäre zu glauben, dass die USA sie nicht in die Minimalliste einschließen) oder die 17 dort auftauchen, dies allerdings mit Ausnahmebewilligungen (z. B. für Modus 3, der Beschränkungen bei ausländischen Beteiligungen am Unternehmenskapital zulässt), dann wäre die Kommission daraufhin in einer ausreichend starken Position, um von den EU-Mitgliedern eine neue Ausweitung der Angebote zu fordern, um sich an die neuen Beschlüsse der WTO, die sie selbst angeregt hat, anzupassen! „Wir müssen diesem Unglück, das sich in der ganzen Welt immer mehr ausbreitet, entgegentreten: der CocaColisierung des Wassers ..." Riccardo Petrella, (anlässlich der Anhörung zum Thema Wasser, veranstaltet am 27. September 2005 von der Fraktion GUE/NGL im Europäischen Parlament) Die Europäische Kommission verfolgt in Wirklichkeit das Ziel der Abschaffung aller im GATS festgesetzten Spielräume. Dies kommt der Abschaffung des Konzepts der „Positivliste" (Recht eines Staates, das GATS nur in dem einen oder anderen Sektor oder nur teilweise anzuwenden; besondere Spielräume für Entwicklungsländer) gleich. Es ist nicht verwunderlich, dass dies von der Europäischen Union ausgeht, denn dies ist für den europäischen Raum ebenso eines der Ziele des BolkesteinVorschlages. b) Der Bereich der Regeln (Disziplinen): Man verhandelt über die Praktiken im öffentlichen Beschaffungswesen, über einzelstaatliche Gesetze und Vorschriften (Bedingungen für Qualität, Verfahren, Lizenzbewilligung, technische Normen), über die Subventionen und die einzelstaatlichen Schutzmaßnahmen (ein Mechanismus des GATT-Abkommens, der die Schließung eines Marktes erlaubt, wenn die Menge der Importe negative Auswirkungen nach sich zieht). Verhandlungsfortschritte wurden hauptsächlich im Bereich einzelstaatliche Gesetze und Vorschriften („domestic regulation“) erzielt, wobei die Industrieländer versuchten, die ihren Investoren auferlegten Beschränkungen zu verringern. Hierbei diente die NAFTA als Vorlage. Es ist bekannt, dass dieses Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko die Gleichsetzung von Rechtsvorschriften zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt, die nach dem In-Kraft-Treten der NAFTA verabschiedet wurden, mit „enteignungsgleichen Beschlüssen" ermöglicht hat. Die USA haben im Übrigen vorgeschlagen, dass ein Staat sich gegen das In-Kraft-Treten eines einzelstaatlichen Gesetzes sperren kann, wenn es ein nichttarifäres 18 Handelshemmnis darstellt, und dass dieser Staat den Fall dem Ausschuss für die Schlichtung von Streitigkeiten der WTO vorbringen kann. Mehrere Entwicklungsländer haben dagegen vorgeschlagen, dass das Recht eines jeden Staates zur Regulierung und Bestimmung der von ihm gewünschten Verpflichtungen universeller Dienste bestätigt wird. c) Modus 4: Hier geht es um das Einreise- und Aufenthaltsrecht natürlicher Personen. Bei seiner umfassendsten Anwendung kann ein Arbeitgeber im Dienstleistungsbereich vorübergehend Arbeitskräfte aus einem anderen Mitgliedsstaat der WTO einsetzen. Hierbei gelten die Tarifbestimmungen, das Arbeitsrecht und die Sozialversicherungsbestimmungen ihres Herkunftslandes. Eine Umsetzung dieser Bestimmung des GATS würde der Legalisierung heute illegaler Praktiken gleichkommen. Einige Entwicklungsländer (Bangladesch, Indien, Pakistan, die Philippinen) fordern dies. Sie hoffen dadurch, dass sich für Berufe mit qualifizierten und hoch qualifizierten Arbeitnehmern (freiberufliche Dienstleistungen) Möglichkeiten für die Anwendung des Modus 4 eröffnen. Die EU hat den Vorschlag der „Bolkestein-Richtlinie“ diesbezüglich ausdrücklich als positives Element dargestellt. Der Modus 4 wirft eine grundsätzliche Frage auf: Müssen die Rechte von Arbeitern und insbesondere von Wanderarbeitnehmern durch Handelsabkommen oder durch die Bestimmungen der Internationalen Arbeitsorganisation und der internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen geregelt werden. Ein Wanderarbeitnehmer, sei er dies auch nur vorübergehend, hat Rechte. Das Überschreiten einer Grenze lässt diese Rechte nicht verwirken. Der Modus 4 verneint diese Rechte, denn er verwandelt menschliche Wesen in „Produktionsfaktoren", die wie ein Gut behandelt werden, das gekauft oder verkauft werden kann. Die Art und Weise, wie Wanderarbeitnehmer mancherorts bereits jetzt behandelt werden, lässt erahnen, wie es ihnen nach einer Umsetzung des Modus 4 ergehen wird. 5. Die anderen Themenbereiche 5.1 Die Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS): Die beiden Hauptfragen, die dieses Abkommen aufwirft, sind weiterhin in der Schwebe: die Frage der Medikamente (Artikel 30 und 31) und die Frage der Patentierung von Leben (Artikel 27, 3b): 5.1.1 Der Zugang zu Medikamenten Das Abkommen vom 30. August 2003 brachte in der dramatischen Frage des Zugangs zu den wichtigsten Medikamenten, d. h. beim Grundrecht jedes Menschen auf Zugang zu medizinischer Versorgung, keine Lösung. Es hat das TRIPS-Abkommen, das das Patentrecht insbesondere im Bereich Medikamente vereinheitlicht, verallgemeinert und ausweitet, in keiner Weise modifiziert. Als ob ein Medikament eine Ware wie jede andere sei, als ob ein Medikament in erster Linie der Rendite der Pharmaunternehmen 19 dienen müsste oder als ob ein Medikament den Regeln des Marktes unterliegen müsste. Zudem verrät dieses Abkommen die „Erklärung von Doha über das TRIPS und die öffentliche Gesundheit“, in der dem Wunsch Ausdruck verliehen wird, dass das TRIPS „die Mitglieder nicht daran hindert, Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zu ergreifen“ und die bestätigt, dass „dieses Abkommen derart ausgelegt und umgesetzt werden kann und sollte, dass es das Recht der WTO-Mitglieder zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und insbesondere zur Förderung des Zugangs zu Medikamenten für alle unterstützt.“ Die Erklärung kündigte Verhandlungen mit der großen Mehrheit der massiv von zahlreichen tödlichen Krankheiten betroffenen Länder an, in denen es keine pharmazeutische Industrie gibt und die auf so genannte „ParallelImporte“ (Recht zum Import von Medikamenten aus dem Land, in dem sie am billigsten sind, ohne Zustimmung des Patentinhabers) zurückgreifen können müssen. Diese Verhandlungen ließen die Europäische Union die Tragweite des in Doha verabschiedeten Textes rückgängig machen; die Vereinigten Staaten und die Schweiz, die die Erklärung von Doha nur widerwillig und unter Verweis auf ihre fehlende Rechtskraft angenommen hatten, fechten weiterhin die darin enthaltenen Grundsätze an. Der Block der westlichen Länder hat sich bemüht, die Definition von Ländern mit Produktionskapazität, Ländern ohne Produktionskapazität oder mit schwerer Gesundheitskrise einzuengen, und lange Zeit wurden die Gespräche über eine eingeschränkte Liste von behandlungswürdigen Krankheiten geführt. Die Erklärung von Doha hält fest, dass „jedes Mitglied berechtigt ist, obligatorische Lizenzen zu erteilen (Herstellung generischer Medikamente ohne die Zustimmung des Patentinhabers), und es frei die Beweggründe für die Erteilung solcher Lizenzen bestimmen kann." Weiter heißt es: „Jedes Mitgliedsland hat das Recht zu bestimmen, was eine nationale Notlage ist oder andere Umstände äußerster Not." In dem zwei Jahre später getroffenen Abkommen wurden diese Rechte durch eine Verpflichtung zur Begründung der Inanspruchnahme obligatorischer Lizenzen oder von Parallel-Importen und durch die Verpflichtung zum Nachweis einer Krisensituation ersetzt. Schon bei seiner Unterzeichnung wurde dieses Abkommen als nicht praktikabel kritisiert. Denn in ihm wurden Bedingungen festgeschrieben, die nicht umsetzbar sind. 2005 wie 2003 sterben täglich zehntausende Menschen, weil sie keinen Zugang zu den von ihnen benötigten Medikamenten haben. Die von den reichen Ländern den Ländern des Südens mit Produktionskapazität (Südafrika, Brasilien, Indien, Thailand usw.) gestellten Bedingungen für den Export generischer Medikamente in andere, Not leidende Länder des Südens: a) Das Land, das generische Medikamente importieren möchte, muss den Nachweis einer Gesundheitsnotlage erbringen; 20 b) jeder Mitgliedsstaat der WTO kann die Stichhaltigkeit der vom anfordernden Land vorgebrachten Argumente anfechten; c) das anfordernde Land muss den Nachweis erbringen, dass es keine eigenen Produktionskapazitäten besitzt; d) das anfordernde Land muss der WTO die Bezeichnung und die Menge der zu importierenden Medikamente mitteilen; e) das anfordernde Land muss sehr ausgeklügelte Zoll- und Verwaltungsmaßnahmen ergreifen, die jedweden Reexport der importierten generischen Medikamente in westliche Länder verhindern sollen; diese Forderung ist angesichts fehlender menschlicher Ressourcen, institutioneller und administrativer Schwächen und der finanziellen Armut einiger Länder nicht umsetzbar; f) das liefernde Land kann dieses Abkommen nicht „als Instrument der Industrie- und Handelspolitik" verwenden; dieses Verbot könnte möglicherweise in einem von den multinationalen Pharmakonzernen provozierten Konflikt angeführt werden, wohingegen ein Land, das die obligatorische Lizenz in Anspruch nimmt, sich gezwungenermaßen einer Monopolsituation ausgesetzt sähe; wie können gesundheitspolitische Bedürfnisse und eine Industrie- und Handelsstrategie zur Medikamentenversorgung unterschieden werden? g) Das produzierende Land muss die obligatorische Lizenz auf die Medikamententypen und die Mengen beschränken, die vom anfordernden Land gewünscht werden; diese Informationen (Medikamententypen und Mengen) müssen jedem Mitgliedsstaat der WTO vom produzierenden Land zur Kenntnis gebracht werden; h) die Inanspruchnahme von Parallel-Importen ist auf „außerordentliche Umstände" beschränkt; dieser Ausdruck ist gleichzusetzen mit dem Begriff der – punktuellen – Nothilfe, die man von – dauerhafterer – Entwicklungshilfe unterscheidet. Dies engt die Freiheit der Länder ohne pharmazeutische Produktionskapazität zum Import von Medikamenten zu Niedrigpreisen stark ein, sofern sie nicht von einer gesundheitlichen Notlage betroffen sind. Diese Einschränkung steht in völligem Widerspruch zur Erklärung von Doha, in der von „öffentlicher Gesundheit" die Rede war. Wenn man sich diesen Wust an Bedingungen anschaut, muss man sich in Erinnerung rufen, worum es eigentlich geht: die Versorgung von kranken Menschen mit Medikamenten, die sie zu ihrer Behandlung benötigen. Es liegt auf der Hand, dass man hierbei nicht dem Recht auf medizinische Versorgung, sondern dem Recht auf Profit absoluten Vorrang einräumt. Das Abkommen vom 30. August 2003 sah Verhandlungen zur Überarbeitung der Artikel des TRIPS vor. Nichts hat sich in dieser Sache bewegt. 5.1.2 Die Patentierung von Leben und die Biopiraterie Artikel 27.3b: Die Länder des Südens fordern unaufhörlich eine Überarbeitung dieses Artikels, was von den Industrieländern rundweg abgelehnt wird. Dennoch sieht der Wortlaut ebendieses Artikels vor, dass 21 „die Bestimmungen des vorliegenden Absatzes vier Jahre nach dem InKraft-Treten des Abkommens über die WTO einer erneuten Prüfung unterzogen werden sollen." Zudem legt Artikel 71 alle zwei Jahre eine Überarbeitung dieses Artikels fest. Das waren die Zugeständnisse an die Entwicklungsländer, damit sie das TRIPS-Abkommen bei den Verhandlungen der Uruguay-Runde unterstützen. Vier Jahre danach in Seattle haben die reichen Länder jede Überarbeitung von Artikel 27.3b abgelehnt, denn sie verweigern die Anwendung von Artikel 71, wenn es um mehr geht als die einfache Prüfung der Umsetzung des Abkommens. Nichts hat sich seit Seattle verändert. 5.2. Das Thema Baumwolle Baumwolle stellt für die Mehrzahl der afrikanischen Länder südlich der Sahara eine lebenswichtige Ressource dar: Benin (75 % der Exporterlöse), Burkina Faso (60 % der Exporterlöse und mehr als ein Drittel des BIP), Mali (die Hälfte der Devisenressourcen), Tschad (wichtigstes Exportgut). Darüber hinaus macht das aus den Samen gewonnene Öl den Großteil des in Burkina Faso, Mali, Tschad und Togo verbrauchten Speiseöls aus, und in der Elfenbeinküste und Kamerun einen bedeutenden Anteil davon. Ganz zu schweigen von der Viehfütterung mit Nebenprodukten aus der Baumwollproduktion. Aber die afrikanischen Baumwollexporte sind dem Wettbewerb mit europäischer und amerikanischer Baumwolle ausgesetzt. Die USA subventionieren ihre Baumwollexporte mit 4 Milliarden Dollar jährlich. Die Europäische Union verwendet hierauf 700 Mio. Euro. Kein afrikanisches Land kann seine Baumwollexporte in diesem Umfang stützen, sodass der Preis für afrikanische Baumwolle auf dem Weltmarkt höher ist als der für Baumwolle aus den USA oder Europa. Auf der Ministerkonferenz von Cancún haben Benin, Burkina Faso, Mali und der Tschad dieses Problem mit Unterstützung anderer afrikanischer Länder zur Sprache gebracht und gefordert, dass die WTO-Regeln, die solche Exportsubventionen untersagen, eingehalten werden. Dies wurde von den USA, die diese Länder ihrerseits zu einer Diversifizierung ihrer Agrarproduktion aufforderten, strikt ablehnend beschieden. Seitdem wurde auf einer Vielzahl von Treffen zu diesem Thema kein Fortschritt erzielt. Im Rahmen des im Juli 2004 getroffenen Abkommens wurde das Thema Baumwolle in die Handelsverhandlungen mit einbezogen: „Der Allgemeine Rat erkennt die Bedeutung von Baumwolle für eine bestimmte Anzahl von Ländern und ihre lebenswichtige Bedeutung für die Entwicklungsländer und insbesondere die LDC an.“ Bis heute wurde jedoch keine Lösung gefunden, obwohl es um die Einhaltung der WTO-Regeln geht. Denn es geht um ihre Einhaltung durch die reichsten Länder! Dies blockiert jede Lösung! 6. Aussichten vor der Ministerkonferenz in Hongkong 22 Bei einer Verhandlung in der WTO vor einer Ministerkonferenz gibt es eine Reihe von Praktiken, die man kennen muss, wenn man verstehen will, wie ein Abkommen bisweilen trotz des Widerstandes mehrerer Staaten ungeachtet der Konsensregel erzielt werden kann. 6.1. Die WTO-Ministerkonferenzen Die Ministerkonferenz ist das höchste Organ der WTO. Sie besteht aus den Ministern für Außenhandel der 148 Mitgliedstaaten und ist befugt, sich über alle Themen zu einigen. Sie tritt mindestens alle zwei Jahre zusammen. Bisher fand sie jedes Mal an einem anderen Ort statt. Nach Singapur im Jahre 1996 war es Genf im Jahre 1998, dann Seattle im Jahre 1999, Doha im Jahre 2001 und Cancún 2003. Im Dezember 2005 wird es Hongkong sein. Jede Entscheidung erfordert den impliziten Konsens der Staaten. Die Vorbereitung und der Verlauf dieser Konferenz werden manipuliert, und die Demokratie kommt in keiner Weise zum Zuge. Aus diesem Grund fordern zahlreiche Länder der südlichen Hemisphäre neue Regeln, die garantieren sollen, dass die Vorbereitung und der Verlauf der Ministerkonferenz transparent ablaufen, nicht diskriminierend und vorhersehbar sind. Die Vorbereitung einer Ministerkonferenz sind seit Doha immer wieder von dem selben Phänomen geprägt: Der Standpunkt der Industrieländer soll durchgesetzt und die Erwartungen der Länder der südlichen Hemisphäre sollen verdrängt werden. Die vorbereitenden Dokumente für die Konferenz werden vom Generaldirektor oder vom Präsidenten des Allgemeinen Rates (d. h. der ständigen Versammlung der Botschafter bei der WTO) ausgearbeitet oder von beiden, wenn diese sich einig sind. Diese Dokumente sind gekennzeichnet durch eine allgemeine Leitlinie, die im Sinne der Erwartungen der Industrieländer günstig ist. Die meisten Anträge der Entwicklungsländer sind in diesen Dokumenten nicht enthalten - auch nicht in Klammern, wie das bis Seattle üblich war. Der Entwurf einer aus den Arbeiten mehrerer Verhandlungsgruppen hervorgehenden Minister-Erklärung ist schließlich das Ergebnis von informellen Sitzungen entweder auf der Ebene der Botschafter oder der Minister, von denen zahlreiche Entwicklungsländer trotz ihres ausdrücklichen Antrags auf Teilnahme ausgeschlossen werden. Anschließend sendet der Generaldirektor oder der Präsident des Allgemeinen Rates - kraft seines Amtes und auf seine persönliche Verantwortung - diesen Entwurf einer Minister-Erklärung, der absolut nicht durch Konsens des Allgemeinen Rates entstanden ist, an die Ministerkonferenz. Die Konferenz kann dann auf der Grundlage eines Textes beginnen, der im Wesentlichen den reichsten Ländern passt. Während der eigentlichen Ministerkonferenz finden auf Anweisung der Europäischen Union und der USA informelle Sitzungen statt, bei denen einige Minister ausgeschlossen sind. Manchmal wird ihnen nur unter der Bedingung Zugang gewährt, dass sie von Experten begleitet werden - nicht 23 einmal ihre Botschafter in Genf – während Europäer und Amerikaner über ihre Juristenteams verfügen. Manchmal werden einige zugelassen, unter der Bedingung, dass sie stillschweigen. Es kommt auch vor, dass die Minister aus dem Süden gebeten werden, abwechselnd den Vertreter der Europäischen Union oder den der USA zu besuchen. Zusagen und Bedrohungen wechseln sich ab. 15 Länder haben aus diesen Praktiken ihre Schlüsse gezogen und eine Reihe von Vorschlägen gemacht, damit die Vorbereitung und der Verlauf künftiger Ministerkonferenzen nicht mehr von dieser Art Machtmissbrauch gekennzeichnet sind. Sie verlangen, dass die bei informellen Sitzungen angenommenen Entscheidungen als nichtig und in keinem Fall als Teil des formellen Vorbereitungsprozesses angesehen werden. Sie fordern eine Reihe von technischen Reformen, die alle Mitgliedstaaten in alle Phasen der Vorbereitung der Ministerkonferenz in vollem Umfang einbinden sollen, und nach denen es künftig nicht mehr zulässig sein soll, dem Vertreter eines Mitgliedstaates die Teilnahme an einer WTO-Sitzung zu verbieten. Insbesondere fordern sie, dass der Erklärungsentwurf und die der Konferenz vorzulegende Tagesordnung durch einen Konsens im Allgemeinen Rat entstehen sollen. Für den Fall, dass kein solcher Konsens zustande kommt, sollen der Konferenz die verschiedenen formulierten Optionen vorgelegt werden. Schließlich verlangen sie, dass die Ministerkonferenz systematisch am Sitz der WTO in Genf stattfinden soll, was die Teilnahme der Entwicklungsländer wesentlich vereinfachen würde. Diese Vorschläge bekämpfen Europäische Union und USA, die diesen Ländern ansonsten in Sachen Demokratie und Rechtstaatlichkeit gerne große Lektionen erteilen. 6.2. Hongkong: ein weiteres Cancún oder ein Fortschritt des Doha-Programms? Am 19. und 20. Oktober war eine Sitzung des Allgemeinen Rates geplant. Sie wurde angekündigt als entscheidend für die gute Vorbereitung der Konferenz von Hongkong. Diese Sitzung ist am 19. Oktober mittags ohne eine Entscheidung zu Ende gegangen. Wenn nicht bei mehreren Themen eine deutliche Lösung gefunden wird, lässt der Stand der Dinge bei den laufenden Verhandlungen sechs Wochen vor der Konferenz von Hongkong vermuten, dass auch ein erneutes Cancún nicht auszuschließen ist. Landwirtschaft Als Vorbereitung für die Gespräche über die anderen Themen fordern die Vereinigten Staaten von den Europäern Zugeständnisse bei der Landwirtschaft. Die Europäer wollen ihrerseits Zugeständnisse bei der Landwirtschaft im Austausch gegen eine Marktöffnung für industrielle Güter und Dienstleistungen. Die europäische Position steht gänzlich in Widerspruch zu dem Grundsatz des Abkommens von Marrakesch, der in der Erklärung von Doha wiederholt wurde, bezüglich des Rechts der ärmsten 24 Länder, für die Vorteile, die sie erhalten keine Gegenleistung bringen zu müssen. Die amerikanischen und europäischen Vorschläge sind nur leere Versprechen gemessen an den Forderungen zur Beendigung des unlauteren Wettbewerbs, den die beiden Wirtschaftssupermächte gegenüber den Landwirten in aller Welt betreiben. Die europäischen Vorschläge entsprechen auch nicht den legitimen Forderungen der bäuerlichen Landwirtschaft in Europa. Zu den amerikanischen und europäischen Vorschlägen erklärte ein Delegierter der AKP-Gruppe nach der letzten Sitzung des Allgemeinen Rates der WTO am 19. Oktober: „Ich bin enttäuscht von dem, was uns als Zugeständnis dargestellt wird.“ Einer seiner Kollegen sprach das Jahr 2010 an, bis zu dem die USA ihre Exportsubventionen einstellen wollen, und fügte hinzu: „Wie können wir zufrieden sein, wenn wir noch weitere fünf Jahre Exportsubventionen ertragen müssen?“ nichtlandwirtschaftliche Güter (NAMA) Der Präsident der Verhandlungsgruppe wünscht nach eigener Aussage konkrete Zahlen über die Modalitäten der Senkung der Zolltarife nach einzelnen Ländern. Man kann vermuten, dass er entweder versuchen wird, ein Abkommen zu erzielen oder auch darauf zu verzichten und einen Text für den Entwurf der Minister-Erklärung ausarbeiten wird, der solche Zahlen enthält. Dienstleistungen Von Australien, Kanada, Südkorea, Japan, Neuseeland, der Schweiz und Taiwan wurden ähnlich Vorschläge wie von der Europäischen Union vorgelegt. Die Europäische Union, die ihre Niederlage von Cancún in den Bereichen Investitionen und öffentliches Beschaffungswesens nicht akzeptiert hat, bezieht diese Punkte in die Bereiche ein, die Gegenstand von Minimallisten sein müssten. Jetzt wird auf die Entwicklungsländer großer Druck ausgeübt, damit sie akzeptieren, quantitative und qualitative Zielsetzungen ins Verfahren von Angebot und Nachfrage zu integrieren. In einem Versuch, die LDC von den anderen Entwicklungsländer zu trennen, werden Vorschläge gemacht, um diese zeitweilig freizustellen. Der Präsident der Verhandlungsgruppe über Dienstleistungen hat betont, dass 23 Entwicklungsländer immer noch kein Angebot vorgelegt haben. Er bedauert die meist unzulängliche Qualität der Angebote. Daraus lässt sich schließen, dass er den Vorschlag unterstützt, dass jedem Land eine quantitative und qualitative Minimallisten auferlegt werden soll. Tatsächlich hat der Präsident ungeachtet des Widerstands zahlreicher Entwicklungsländer gegen diese Minimallisten erklärt, dass er keine echte Opposition festgestellt habe; das von ihm ausgearbeitete Kapitel im Vorentwurf der Minister-Erklärung über Dienstleistungen berücksichtigt 25 dies auch nicht. Er hat sogar hinzugefügt, dass mit einem in Hongkong geschlossenen Abkommen über diese Listen im Frühjahr 2006 mit der „Jagd auf Dienstleistungen" begonnen werden könne. Baumwolle Beim Thema Baumwolle ist kein neues Element hinzugekommen. Die jüngsten amerikanischen und europäischen Vorschläge zum Thema Landwirtschaft ignorieren das Problem. Die Furcht, dass diese Länder mit leeren Hände aus Hongkong zurückkehren, ist groß. Und das werden sie nicht akzeptieren - sie haben es erklärt. Arzneimittel Die Präsidentin des Allgemeinen Rates hat bedauert, dass bei diesen Themen keine Fortschritte gemacht wurden, sie war jedoch der Ansicht, dass das Abkommen von 2003 eine Freistellung darstellt, die immer noch gelte… Keinerlei Hinweis auf die absolute Unwirksamkeit dieser Freistellung. Bananen Die Übergangsregelung der Europäischen Union für das autonome Zolltarifkontingent für die Einfuhr von Bananen aus AKPLändern wurde mit einer Entscheidung in Doha bestätigt. Hier garantiert ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und den Bananen erzeugenden AKP-Ländern Bananenkontingente zu besonderen Zollbedingungen. Dies steht im Widerspruch zu den WTO-Abkommen. Die USA sowie einige Länder in Asien und Lateinamerika, die Bananen erzeugen, haben diesen Punkt zur Sprache gebracht. Schließlich hat die Konferenz von Doha eine Ausnahmeregelung für 750.000 Tonnen Bananen akzeptiert. Diese Ausnahmeregelung läuft am 31. Dezember 2005 aus. Fragen im Zusammenhang mit Entwicklung Die G90-Länder möchten in erster Linie sicherstellen, dass der Entwicklungsaspekt Kernstück der Verhandlungen bleibt. Ein Botschafter dieser Länder erklärte am Rande des Allgemeinen Rates in Genf: „Diese Verhandlungsrunde scheint viel mehr eine Runde für den Marktzugang als eine Runde für die Entwicklung zu sein.“ Die G90 hoffen dennoch, bei drei Themen ihre Forderungen durchsetzen zu können: a) dass die im Abkommen von Marrakesch verankerte Flexibilität zugunsten der LDC geschützt wird; 26 b) dass diese Länder die Möglichkeit bekommen, am Handel teilzunehmen; c) dass die Produkte, die sie exportieren, Zugang zum Markt der reichen Länder bekommen. Dennoch beobachten sie, dass an die Stelle der entwicklungsfreundlichen Rhetorik des Doha-Programms nun der feste Willen der reichen Länder getreten ist, die Märkte der ganzen Welt für ihre Unternehmen zu öffnen. Wem nutzt also der Zugang zum Markt? Ein afrikanischer Botschafter hat es so ausgedrückt: „Was bringt uns ein Zugang zum Markt, wenn wir nichts zu verkaufen haben?“ „[…] die am wenigsten entwickelten Länder […] (brauchen) Verpflichtungen und Zugeständnisse nur in dem Maße einzugehen bzw. einzuräumen, wie es mit ihrer jeweiligen Entwicklung, den Erfordernissen ihrer Finanzen und ihres Handels oder ihren verwaltungstechnischen und institutionellen Möglichkeiten vereinbar ist. “ Abkommen von Marrakesch, 1994. 7. Die Position der Fraktion GUE/NGL zu den WTOVerhandlungen Für die Fraktion GUE/NGL ist klar: EU-Handelskommissar Peter Mandelson setzt mit großem Eifer die Aktion seiner Vorgänger Leon Brittan und Pascal Lamy fort. Eine Erklärung sind zum einen seine persönlichen Überzeugungen („Wir sind alle Thatcheristen", schrieb er in der Times vom 10. Juni 2002), aber auch die Unterstützung der 25 Regierungen, die krampfhaft an der Strategie der Eroberung der Märkte und der Liberalisierung um jeden Preis festhalten. Diese Strategie wird deutlich bei der WTO, aber auch in den Freihandelsverträgen, die die EU mit den AKPLändern (Abkommen über wirtschaftliche Partnerschaft) oder mit anderen Regionen (Lateinamerika, Mittelmeer…) zu unterzeichnen versucht. Sie äußert sich insbesondere in dem massiven Versuch, Dienstleistungen zu liberalisieren – wie etwa in der „Bolkestein-Richtlinie“ - und darin, dass die Zölle für nichtlandwirtschaftliche Güter (NAMA) systematisch gesenkt werden sollen, was noch über das Programm von Doha hinausgeht. Die Fraktion GUE/NGL lehnt diese Orientierung ab. Sie steht in direktem Zusammenhang mit einer Strategie der Senkung der Lohnkosten und der sozialen Standards, mit Unternehmensverlagerungen und der Liberalisierung der öffentlichen Dienste und bedeutet soviel wie die Zerstörung der Umwelt 27 und die Verarmung der Kultur in der Europäischen Union und in den Entwicklungsländern. Das Mandat der Europäischen Kommission ändern Jedes Einwirken auf die WTO-Verhandlungen ist folglich abhängig von einem überarbeiteten Mandat, das die Regierungen dem EUHandelskommissar erteilen, wie die Fraktion GUE/NGL seit vielen Jahren fordert. Dieses Mandat ist im Jahre 1999 vor Seattle verabschiedet, nach Cancún im Dezember 2003 im Wesentlichen bestätigt und am 15. Juni 2005 präzisiert worden. Es ist ein Mandat, das den Erwartungen der transnationalen Unternehmen entspricht. Es lässt sich zu einer Formel zusammenfassen: Soviel zu deregulieren wie es notwendig ist, um einen möglichst uneingeschränkten Zugang zum Markt zu ermöglichen. Nach dem Scheitern von Seattle und Cancún, nach den massiven Protesten von Gewerkschaften und Globalisierungskritikern in Europa und weltweit und den Einwänden gegen die europäische Vorschläge, die die Länder des Südens seit Jahren wiederholen, und angesichts von sozialen und Umweltschäden, Pandemien, Entwicklungsproblemen, die weltweit dramatische Ausmaße annehmen, muss die Europäische Union ihre Verhandlungsposition neu bewerten und feststellen, dass das Mandat des Unterhändlers nicht mehr geeignet ist. Andere Prioritäten aufzeigen: Soziales, Entwicklung, Umwelt, kulturelle Vielfalt, Global Governance Das neue Mandat der Europäischen Union, das die Fraktion GUE/NGL vorschlägt, soll nicht versuchen, die Obsessionen der großen europäischen Konzerne zu befriedigen, die den großen Bossen in Europa den Zugang zu den Märkten der Entwicklungsländer öffnen wollen, sondern besser Antworten finden auf echte Fragen, die den Bürgern in Europa unter den Nägeln brennen: Beschäftigung, Unternehmensabwanderung, Deindustrialisierung, der Rückgang der sozialen Standards, das Problem der Nahrungsmittelsicherheit, die Kommerzialisierung der Kultur sowie die großen Zivilisationsprobleme wie die Fragen der Entwicklung und insbesondere des Hungers, AIDS und andere Pandemien. Die Europäische Union muss aufhören, den Mythos aufrecht zu erhalten, nach dem die umfassende Öffnung der Märkte zu Entwicklung führt. Sie muss akzeptieren, dass die Länder selbst entscheiden, anhand welcher Kriterien sie sich entwickeln und wie schnell sie ihre Grenzen öffnen wollen - je nach Entwicklungsstand der verschiedenen Wirtschaftssektoren - und mit welchen Partnern sie zusammenarbeiten wollen. Dazu gehört, dass kein Druck mehr ausgeübt wird bei den WTO-Verhandlungen bzw. in Form der mehrfachen Konditionalität, die parallel dazu von den internationalen Finanzinstituten aufgedrängt wird. Erinnern wir uns daran, dass die EU und die Vereinigten Staaten in diesen Institutionen über absolute Mehrheiten 28 verfügen, und dass diese Institutionen nach wie vor jede Entwicklung blockieren können insbesondere mit dem Schuldenmechanismus, den die Fraktion GUE/NGL für unanständig und gesetzeswidrig hält, und dessen bedingungslose Abschaffung sie fordert. Die Global Governance demokratisieren Die parlamentarische Fraktion GUE/NGL unterstützt zunächst die Entwicklungsländer und insbesondere die G33, die eine Demokratisierung der internen Verfahren der WTO fordern. Es ist notwendig, dass ein genauer Zeitplan für die bis Ende der Doha-Runde (Dezember 2006) zu verhandelnden Themen erstellt wird. In diesem soll eine globale, transparente und alle Mitgliedstaaten umfassende Methodik enthalten sein; gestrichen werden sollen diverse undemokratische Praktiken, wie z.B.: - die Verhandlung im kleinen Kreise (Green room, etc…) von Texten, die anschließend zur Annahme oder Ablehnung vorgelegt werden; - die Angewohnheit, diejenigen, die die Vorschläge der Industrieländer ablehnen, zu beschuldigen, das Doha-Programm zu zerstören, oder gar zur Bekämpfung des Terrorismus nicht beizutragen; Die WTO muss in vollem Umfang ins System der Vereinten Nationen integriert und die Kohärenz zwischen den Zielsetzungen der WTO und denen der anderen Organisationen dieses Systems muss garantiert werden. Es empfiehlt sich, eine Hierarchie der Normen des internationalen Rechts zu erstellen, die den drei internationalen Instrumenten (Menschenrechte, bürgerliche und politische Rechte, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) sowie den Umweltnormen und anderen Übereinkommen, insbesondere dem Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau eine herausragende Stellung einräumt. Außerdem sollte der WTO die Rechtspersönlichkeit entzogen werden, die sie als einzige internationale Organisation hat. Beim Internationalen Gerichtshof sollte eine Kammer geschaffen werden, die für die Themen der Institutionen mit Rechtssetzungsbefugnis (IAO, WHO, WTO, IPO, UNESCO) zuständig ist, sich aus qualifizierten Richtern zusammensetzt und unter Beachtung der Unabhängigkeit der Justiz arbeitet. Die Liberalisierungen stoppen Was die Verhandlungen über die nichtlandwirtschaftlichen Güter (NAMA) anbelangt, verlangt die Fraktion GUE/NGL, dass mit dem Druck aufgehört wird, der für einen massiven Rückgang des Schutzes ausgeübt wurde, und dass der Schutz der neuen Industrien als ein Bestandteil des Rechts auf Entwicklung anerkannt wird. Fertigerzeugnissen aus Entwicklungsländern müsste ein größerer Zugang zu unseren Märkten eingeräumt werden, damit ihre verarbeitenden Industrien unterstützt und ihre nationalen und regionalen Märkte gestärkt werden, und diese Länder nicht nur auf die Rolle der Rohstofflieferanten beschränkt werden. 29 Das neue Problem der massiven Einfuhren chinesischer Textilien zeigt auch, dass ein gewisses Schutzniveau notwendig ist, um ein Überleben der Industrieproduktion zu ermöglichen, insbesondere angesichts fehlender Mechanismen, die zumindest die Anwendung von IAO-Übereinkommen zwingend machen, aber auch um bei der Einführung und Anwendung adäquater sozialer und ökologischer Standards Fortschritte zu machen. Die Fraktion GUE/NGL ist gegen Liberalisierungen, die zum Verschwinden ganzer Wirtschaftsbereiche und zum Verlust von Millionen von Arbeitsplätzen in Europa und anderswo führen, wie dies in der Textilindustrie sowie in einigen anderen Gewerbezweigen (Schuhindustrie, Kraftfahrzeugbau, Eisen- und Stahlindustrie…) der Fall ist. Sie ist ebenfalls der Ansicht, dass die Liberalisierung der Märkte zwischen sehr ungleichen Partnern oder ohne jegliche Harmonisierung der sozialen, Steuer- und Umweltvorschriften einen sozialen Rückschritt verursacht, der nicht akzeptiert werden kann. Oftmals sind es außerdem europäische Investoren, die von Liberalisierungsmaßnahmen profitieren, die den europäischen Markt überschwemmen, wenn sie ihre Aktivitäten verlagern, um ihren sozialen und ökologischen Verpflichtungen zu entgehen. Man weiß zum Beispiel, dass diese europäischen Investoren bei 60 Prozent der chinesischen Firmen, die nach Europa exportieren, mitbeteiligt sind. Die Fraktion GUE/NGL hat wiederholt gefordert, dass Unternehmen, die auslagern, keinen Zugang mehr zur finanziellen Unterstützung der Europäischen Union haben sollen. Die Aktivität multinationaler Unternehmen kontrollieren Anstatt nur einfache Verhaltenskodizes vorzuschlagen, damit die multinationalen Unternehmen die internationalen sozialen, ökologischen und Menschenrechts-Normen einhalten, muss sich die Europäische Union als weltweite Handelsmacht dafür einsetzen, dass diese Normen - so wie die Handelsnormen der WTO - verbindlich und von Sanktionen begleitet werden. Die Verstärkung des Handelsverkehrs der Europäischen Union soll zunächst mit regionalen Gruppen oder Ländern erfolgen, die fortschrittliche soziale und ökologische Gesetzgebungen haben und nicht mit denjenigen, die ihre Märkte deregulieren, wie dies derzeit der Fall ist. Initiativen wie etwa die Verhandlung einer Sozialcharta für Nord- und Südamerika im Rahmen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) auf Initiative Venezuelas müssen gefördert werden. Andere Initiativen wie z.B. der Gerechte Handel müssten ebenfalls von der Europäischen Union mehr unterstützt und in den internationalen WTO-Verhandlungen bevorzugt werden. Die öffentlichen Dienste stärken Unsere parlamentarische Fraktion ist gegen die Liberalisierung von Dienstleistungen, die nur für multinationale Unternehmen Priorität hat. Die 30 meisten Entwicklungsländer sind ebenso wie die europäischen Bürger dagegen. Zumindest sollte jedes Land in diesem Bereich frei entscheiden können. Für die parlamentarische Fraktion GUE/NGL ist die Stärkung der öffentlichen Dienste für Entwicklung und soziale Gerechtigkeit entscheidend. Deshalb ist unsere Fraktion gegen das GATS. Es bedarf zumindest einer Neuverhandlung des GATS, damit darin auch die Definition der öffentlichen Dienste einbezogen werden kann und diese von jedem Handelsabkommen ausgeschlossen werden. In jedem Fall muss die EU einen ausdrücklichen Ausschluss der bereiche Gesundheit, Bildung, Kultur (darunter auch die audiovisuellen Medien) und Umwelt (darunter auch die Verwaltung des Wassers) von der Nomenklatur der Dienste fordern, für die GATS gilt. Die Sicherheit der Nahrungsmittel für alle garantieren Im Bereich der Landwirtschaft fordert die Fraktion GUE/NGL das Recht auf Nahrungsmittelsouveränität und Lebensmittelsicherheit als absolute Prioritäten. Zunächst fordert sie die sofortige Abschaffung von Exportsubventionen auf Agrarerzeugnisse ohne Gegenleistungen durch die Europäische Union und die anderen Industrieländer. Sie setzt sich dafür ein, dass die GAP demokratisiert wird, und dass sie, anstatt das Agro-Business und die großen Betriebe zu unterstützen, dazu dient, eine echte nachhaltige Landwirtschaft zu fördern und nur den echten Landwirten und der Verteidigung der sozialen, ökologischen und territorialen Funktionen der Landwirtschaft zugute kommt. Sie fordert für jedes Land das Recht, seine Souveränität und seine Sicherheit der Nahrungsmittel zu garantieren und ist der Ansicht, dass die Landwirtschaft nicht von einer Instanz reguliert werden kann, die wie die WTO nur mit einer kommerziellen Logik arbeitet. Die Preise für Agrarerzeugnisse und Rohstoffe stabilisieren Die GUE-Fraktion ist der Ansicht, dass sich die Europäische Union nicht unter dem Vorwand, sich gemäß der WTO zu verhalten, nacheinander alle Mechanismen zur Preisstabilisierung für Rohstoffe (Stabex, Sysmin, GMO für Zucker, Bananenmarkt…) demontieren, sondern diese vielmehr stärken sollte, um auf die Entwicklungszielsetzungen hinzuwirken, die in der Präambel des Abkommens von Marrakesch verkündet wurden, und/oder weitere solcher Mechanismen einführen sollte. Es müssen neue Initiativen ergriffen werden, um einen gerechten und stabilen Preis für die Rohstoffe zu garantieren, und um für Erzeugnisse wie Baumwolle und Zucker den Zugang zu den Märkten der Industrieländer zu einem fairen Preis zu garantieren, was unbedingt eine Kontrolle des Angebots dieser Erzeugnisse impliziert. Der Rückgang der Rohstoffpreise für die Erzeuger und der Anstieg der Gewinne der Händler und des Vertriebs machen ein Eingreifen der öffentlichen Behörden dringend notwendig, um gegen diese Ungerechtigkeit vorzugehen. 31 Die EU muss die WTO verpflichten, regionale Abkommen zu respektieren und zu ermutigen, die den Handel zwischen Ländern mit ähnlichen Wirtschaften fördern und eine ausgewogene Stärkung der nationalen und regionalen Märkte ermöglichen. Die WTO müsste auch dazu dienen, interregionale Abkommen zu schließen, die darauf abzielen, die Rohstoffpreise zu verbessern und zu stabilisieren. Den Zugang zu Arzneimitteln erlauben, Epidemien eindämmen Die Fraktion GUE/NGL geht davon aus, dass die Europäische Union eine Reform des Abkommen über die Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS) vorschlagen muss, um Biopiraterie und Patente auf Leben zu stoppen und zu verhindern, dass diese weiterhin die Bekämpfung von Epidemien wie AIDS, Tuberkulose, Malaria, Vogelgrippe usw. behindern. Das Überleben von Millionen Menschen ist wichtiger als die skandalösen Gewinne einiger großer Pharma-Labors. Die in Doha gewährten Ausnahmen, die bis zu einer Reform der Abkommen vorübergehend sein mussten, haben nicht zu den erwarteten Lösungen geführt. In ihrer jetzigen Form erlauben die TRIPSAbkommen keine wirksame Bekämpfung der Epidemien. Sie sind außerdem ein Hemmnis für den Technologietransfer an Entwicklungsländer und schaden dem freien Zugang zu traditionellem Saatgut für Bauern und stärkt gleichzeitig die Position der Erzeuger von GVO und sterilem Saatgut. Das Vorsorgeprinzip anwenden Im Zusammenhang mit der Verbreitung von GVO sowie mit anderen Fragen wie etwa der Einfuhr von Hormonfleisch oder Umweltthemen verlangt die Fraktion GUE/NGL, dass das Vorsorgeprinzip flächendeckend angewendet werden soll, das jedem Land die Möglichkeit gibt, die für das öffentliche Gesundheitswesen oder für die Umwelt zweifelhafte Verbreitung von Erzeugnissen auf seinem Hoheitsgebiet abzulehnen. Das Wasser und die anderen weltweiten öffentlichen Güter aus dem Bereich des Marktes ausschließen Die Fraktion GUE/NGL ist dafür, dass verschiedene für das Überleben der Menschheit entscheidende Bereiche vom Geltungsbereich der WTO und des internationalen Handels ausgeschlossen werden. Dies gilt für Wasser, das dringend zum weltweit öffentlichen Gut erklärt werden und aus dem Bereich des Marktes ausgeschlossen werden muss, aber auch für den Zugang zu Land, Gesundheit, Bildung, Kultur und Energie. Schlussfolgerung 32 Die internationalen Welthandelsverhandlungen haben heute einen direkten Einfluss auf das tägliche Leben und bisweilen auf das Überleben eines jeden Einzelnen. Diese neoliberale Politik zu stoppen ist Aufgabe von uns allen. Die WTO-Ministerkonferenz in Hongkong ist ein neuer Versuch, die Liberalisierung zu beschleunigen. Verschiedene wichtige Errungenschaften wie z. B. die Ablehnung der europäischen Verfassung, deren Ergebnis eine Bekräftigung und Beschleunigung des Neoliberalismus in der EU gewesen wäre, die jüngst erfolgte Verabschiedung des UNESCO-Übereinkommens zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen, die Volksabstimmung Uruguays gegen die Privatisierung des Wassers oder das Schachmattsetzen der WTO in Seattle oder in Cancún, sind wichtige Schritte, um diese Politik zu bremsen und Alternativen vorzuschlagen. Die Fraktion GUE/NGL hat sich dazu gemeinsam mit den progressiven Kräften der verschiedenen Kontinente und Seite an Seite mit der sozialen Bewegung in vollem Umfang verpflichtet. Für weitere Informationen hier einige nützliche Weblinks: Die WTO: http://www.wto.org TWN: www.twnside.org.sg VIA CAMPESINA: http://www.viacampesina.org ATTAC: http://www.attac.org ESSF: http://europe-solidaire.org FOE: http://www.foeeurope.org FOGS: http://www.focusweb.org IATP: http://www.iatp.org IFG: http://www.ifg.org OWINFS: http://www.ourworldisnotforsale.org PSI: http://www.world-psi.org S2B: http://www.s2bnetwork.org South Centre: http://www.southcentre.org URFIG: http://www.urfig.org Die Fraktion GUE/NGL: http://www.guengl.org Diese Broschüre wurde erstellt von Raoul Marc Jennar und Paul-Emile Dupret. 33 Kontakt: Fraktion GUE/NGL Paul-Emile Dupret, Berater für Handelsfragen Tel. : +32 2 2842067 Fax: +32 2 284 1774 [email protected] 34