Pariser Sinfonien

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LEITUNG: MICHI GAIGG
LINZ • AUSTRIA
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Pariser Sinfonien
Johann Stamitz (1717-1757)
Sinfonie Es-Dur op. 11 Nr. 5 (1754/55)
aus: VI Sinfonie a piu istrumenti intitolate La Melodia Germanica (Paris, Venier 1758)
für 2 Klarinetten, 2 Hörner, Streicher und B.c.
Fastoso allegro – Andante – Menuetto – Gigue. Presto assai
Johann Sebastian (Jean Sébastien) Demar (1763-1832)
Concerto pour le Violon op. 32 (Orléans, Demar & Paris, Benoît Pollet um 1805)
für Violine solo, Flöte, 2 Klarinetten oder Oboen, 2 Fagotte, 2 Hörner und Streicher
Allegro assai - Adagio – Pollacca moderatro. Rondo allegro
oder
Concerto pour la Clarinette (Paris, Imbault, 1795)
für Klarinette solo, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner und Streicher
Allegro brillante - Siciliana moderato - Rondo
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Sinfonie D-Dur KV 297 (1778) „Pariser Sinfonie“
(in der Fassung des Erstdrucks, Paris, Sieber zw. 1782 & 1788)
für Flöte, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten, Pauken und Streicher
Allegro vivace – Andante - Allegro
oder
Joseph Haydn (1732-1809)
Sinfonie Nr. 87 A-Dur Hob. I:87 (1785)
für Flöte, 2 Oboen, 2 Fagotte, 2 Hörner und Streicher
Vivace – Adagio – Menuetto - Finale. Vivace
Midori Seiler, Violine oder Wolfgang Meyer, Klarinette
L’Orfeo Barockorchester
Leitung: Michi Gaigg
Orchesterbesetzung: Fl., 2 Ob., 2 Klar., 2 Hr., 2 Fg., 2 Trp., Pk., Str. 55322 (= 29)
Änderungen vorbehalten!
Das enorme Ansehen, welches das Ensemble der Mannheimer Kapelle ab Mitte des 18.
Jahrhunderts genießen durfte, war nicht nur ein Verdienst jener Musikschriftsteller und gelehrten von Charles Burney über Leopold Mozart bis hin zu Christian Friedrich Daniel
Schubart, die in geradezu überschwänglicher Weise ihrem Umfeld bzw. der Nachwelt von der
Qualität berichterstatteten mit der am Hofe des pfälzischen Kurfürsten Carl Theoder musiziert
wurde. Vielmehr war es zunächst die Reise eines Mannes an die Ufer der Seine, die ihm und
seinen Mitstreitern Tor und Tür im internationalen Musikleben und -geschäft öffneten: Im
Sommer 1754 gewährte der Fürst seinem aus Böhmen stammenden Instrumental-Music-Director
Johann Stamitz einen längeren Urlaub, den dieser dazu nutzte, seine bisherigen Kontakte in
Paris auszubauen und daselbst als Violinvirtuose und Orchesterleiter mit eigenen Kompositionen
zu glänzen. Bereits 1751 war in den Concerts spirituel, einer weit über die Grenzen Frankreichs
hinaus berühmten Konzertreihe die in den Tuilerien abgehalten wurde, eine seiner Sinfonien
aufgeführt worden, der nun – dreieinhalb Jahre später – eine ganze Reihe begeisternder
Auftritte folgenden sollten. Neben den Concerts spirituel verfügte Stamitz zu Paris auch über
ein festes musikalische Standbein, hatte ihn doch kurzerhand der Generalsteuerpächter und
einflussreiche Musikmäzen Alexandre Jean-Joseph le Riche de la Pouplinière zum Leiter seines
Privatorchesters gemacht, dem bis ein Jahr zuvor noch kein geringerer als Jean-Philippe
Rameau vorgestanden war. Offenbar hielt La Pouplinière zu jener Zeit zwei Klarinettisten in
seinen Diensten und Stamitz dazu anregten, die damals noch recht neuartigen Instrumente
(nachträglich) einigen seiner für bzw. in Paris geschriebenen Sinfonien hinzuzufügen.
Im Sommer 1777 hatte der 21-jährige Wolfgang Amadeus Mozart, zum ersten Mal nicht mehr
unter der umsichtigen Begleitung seines Vaters, sondern der seiner Mutter, seine bis dahin wohl
wichtigste Reise angetreten. Sie führte ihn über München zunächst nach Mannheim, dem nach
Wien wichtigsten Zentrum der Opern- vor allem aber der Instrumentalmusik im
deutschsprachigen Raum, wo Mozart das berühmte Mannheimer Orchester kennen lernen und
viele künstlerisch und persönlich wertvolle Bekanntschaften schließen konnte. Erst im März des
folgenden Jahres reisten Mutter und Sohn weiter nach Paris. Mozarts Pariser Aufenthalt stand
unter keinem guten Stern: Er konnte als Komponist weder den gewünschten Erfolg erringen,
noch festen Fuß in der französischen Metropole fassen. Die schwerste Schlag war der Tod der
Mutter am 3. Juli; äußerste materielle Not zwang ihn im September 1778 zur Rückkehr nach
Salzburg. Anfang Juni hatte er im Auftrag des Leiters der Pariser Concerts spirituel, Le Gros,
eine Symphonie in D-Dur komponiert. Die Uraufführung fand am 18. Juni statt und verlief
zufriedenstellend, wie Mozart seinen Vater in Salzburg unterrichtet.
Die „Pariser Symphonie“ ist das Dokument einer Übergangsphase: Einerseits kein Jugendwerk
mehr wird sie andererseits durch spätere Werke übertroffen. Es ist ein Werk von großem
äußerem Prunk und verschwenderischem Einfallsreichtum, wo sich manche neue Wege
anbahnen. Sie ist übrigens auch die erste Symphonie, in der Mozart Klarinetten verwendet,
eingebettet in ein ungewöhnlich großes Bläserensemble, das sicher vom Auftraggeber bestimmt
worden war.
Zum Mannheimer Johann Stamitz und zu Joseph Haydn, die mit ihren Pariser Sinfonien
Musikgeschichte schrieben, gesellt sich mit seinem einst im Solopart von einer gewissen
Madame L'Archer uraufgeführten Concerto pour le Violon in der Person des Johann Sebastian
(Jean-Sébastien) Demar ein unbedingt wieder zu entdeckender komponierender Grenzgänger,
der sich in der Zeit des ersten französischen Kaiserreichs (Empire) einen hervorragenden Ruf besonders im Bereich der konzertanten Musik - erwerben konnte.
Demar wurde am 29. Juni 1763 im fränkischen Gauaschach geboren. Er entstammt einer
Musikerfamilie, sein Vater war Musiklehrer, sein Bruder Joseph als Geiger in der Kapelle des
Großherzogs von Würzburg tätig. Demar studierte bei Franz Xaver Richter in Straßburg und
wurde dann Organist und Musiklehrer in Weißenburg (Unterelsaß). Später reiste er nach Wien,
wo er sich von Haydn in der Komposition fortbilden ließ. Um 1788 kam Demar nach Paris und
ließ sich 1789, kurz vor Ausbruch der Revolution als Musiklehrer in Orléans nieder. 1806
gründete er dort die Société des Concerts par Abonnement, welche er selbst leitete und eine
bedeutende Rolle im kulturellen Leben der Stadt einnahm. Ebenso leitete Demar über Jahre
hinweg die musikalische Ausbildung der Garde Nationale. 1815 wurde er Organist an der Kirche
Saint-Paterne. Zugleich wirkte er als Mitglied der Société des belles lettres und der
Freimaurerloge Saint-Jean. Am 25. Juli 1832 starb Demar in Orléans.
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