Lehrbuch: http://books.google.de/books?id=QDN495LD3jwC&pg=PA762&lpg=PA762&dq=Huber++Psychiatrie&source=bl&ots=Og20zvkSsC&sig=KdyJqap_Xi81WMrzwQ6_5AYt6nU&hl=d e&ei=tFweS_mfJdPF_gaM1d3kDA&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=5&ved=0C BoQ6AEwBA#v=twopage&q=&f=false Psychiatrie ein vertiefender Exkurs (Nebenfachvorlesung WiSe 2009/2010) Prüfung: Drei offene Fragen; 2 Stunden Zeit Vorlesung 1 : 20.10.09 Grundlagen des diagnostischen Gesprächs – Exploration Grundlagen der Psychiatrie: Gespräch und Beobachtung Diagnosen: Persönlichkeitsspezifisch; unterschiedliche diagnostische Angehensweisen Behandlung: richtet sich nach der Diagnose => erst Diagnose danach Therapie (oft ist es schwierig eine passende Diagnose zu finden) 1.Voraussetzungen zum Gespräch: Raumgestaltung: - Bereich wählen in dem Andere anwesend sind (vor allem am Anfang einer Therapie; unkomplizierter bei mehr Erfahrung; Ausraster der Patienten müssen eingeplant werden) - Distanzgefühl achten! => bei jedem Menschen unterschiedlich angemessene Distanz - Gegenüber sitzen, nebeneinander oder über Eck (oft wichtig um den gesamten Körper beobachten zu können) => Distanz muss in den Möbeln veränderbar sein Aufzeichnung: - Bei neuem Patient keine Aufnahmen => Natürliches Klima soll beibehalten werden - Mitschriften sind wichtig! => Nachvollziehung des Krankheitsbildes; - Nachweis, falls Patient Schaden davongetragen hat (z.B. Frage nach Suizidalität) - Z.B.: Frage: (Jetzt) => Wie geht es Ihnen jetzt? Antwort: „Es geht“ - Bei Mitschriften darauf achten, wie Patient darauf reagiert - Erklärungen wichtig, was/ warum mitgeschrieben wird Zustimmung des Patienten: - Auch im Gespräch kann der Patient verletzt werden, muss Einwilligungsfähig sein => vor Gesprächsbeginn muss dem Patienten erklärt werden, was man für Ziele im Gespräch hat => spricht der Patient, kommt dies einer Zustimmung gleich - Falls der Patient nicht sprechen will: Herausfinden ob der Patient für sich selbst oder für Andere eine Gefahr darstellt => Diagnose trotzdem finden, durch andere Art mit dem Patienten zu kommunizieren - Gesprächsführung: - Eine Frage – eine Antwort! einfache, kurze, gut verständliche Fragen, einfache Worte (für alle verständlich), eindeutig formuliert nicht jede lange Exploration ist gut, jede gute Exploration ist lang => Zeit nehmen! (vor allem im Erstgespräch) ca. 1 Stunde bei Erstuntersuchung - - spricht der Patient sehr viel; kein Ende des Gesprächs => deutet auf inneren Druck und Zwang hin => Zeit nehmen! Kann in anderen Situationen helfen; verschafft z.B. Vertrauen etc. eine offene, ungerichtete Frage ist besser => möglichst weite Antwortmöglichkeiten, erst später konkreter werden z.B. „Was steht im Vordergrund?“ Bei Stocken des Patienten: Gedanken des Patienten wieder aufgreifen => Patient kann so den gerade geführten Gedanken auch wieder aufnehmen; Schlüsselworte => Wichtige Wendungen immer wieder aufgreifen (z.B. Saaleufer => Suizidgedanken?), auf Körpersprache achten 2. Struktur der Exploration: - - - Aktueller Zustand: - „Wie ist es jetzt?“ => unklare Fragen oft sind in den ersten Worten die wichtigsten Themen versteckt Achtung: Was wird nicht ausgesprochen? Wo wird ausgewichen? Bei offensichtlichen Widersprüchen (Patient krank, sagt trotzdem es geht ihm gut) => kann auch später noch häufiger vorkommen => muss gedeutet werden Suizidalität befragen: „Wie ist der Lebenswille?“ => bei komplexer Antwort weiterfragen => „Besteht das Leid, sich selbst etwas antun zu wollen?“ => Handlungen oder konkrete Vorstellungen?; „Anderen ein Leid anzutun?“ => Aggressivität Verlauf: - Vorgeschichte und Verlauf der Krankheit beachten => enorm wichtig! Kommt Krankheit von Ereignis B oder geht Ereignis B aus vorher bereits bestehender Krankheit A hervor? Gab es früher schon Anzeichen von Krankheit A? Z.B. Waren schon als Kind Ängste vorhanden?, artiges/schwieriges Kind etc. Biographie: - Wie ist der Mensch in seinem sozialen Verhalten? Z.B. häufig wechselnde Partnerschaften, Berufe, schwierige Freundschaften; Ängste etc. Gedächtnisprüfung! => unverfängliche Daten abfragen z.B. Hochzeitsdatum, Geburtstage der Kinder => Patient muss nachrechen; Rechnung richtig? => unverfänglich, nicht so stark beschämend für den Patienten => Rechnung kann erheblich sein für den Befund Familienanamnese: - Seelische/ Psychische Krankheiten innerhalb der erblichen Verwandtschaft => Nur bei Nachweis, kann dies zur Diagnose herangezogen werden 3. Körperliche Untersuchung: Körperliche Untersuchung: - Internistisch: z.B. Blutdruck (Bluthochdruck => Alkohol?); Niere; Leber (vergrößert?); allgemeiner Zustand; Abmagerung (Magersucht erst erkennbar bei freigemachtem Körper; sonst oft Vertuschung); Vernachlässigungen des Körpers und der Kleidung? – Arme und Beine: Narben? => Suizidversuch; - gerötetes Gesicht => Alkoholiker? Neurologisch: - Kopf (Augenbewegungen, Pupillengröße etc.); - Motorik (Kraftprüfung z.B. Handdrücken, Reflexe => Differenzen beobachten => können z.B. auf psychogene Lähmung hindeuten => Beobachtungen in „unbeobachteten Situationen“ durchführen; - Sensorik: Schmerzprüfungen z.B. Nadelstiche; Berührungen; - Koordination: Gang, Nachfolgebewegungen, Stand, Zeigeversuche, Zeigefinger-NaseVersuch - Vegetativ, toxische Untersuchung: - Schlaf; - Appetit (Magersucht etc.); toxisch => Sucht; => viele Lügen bei toxischer Anamnese z.B. „Wann zuletzt Alkohol“? => Antwort z.B. gestern deutet auf Alkoholproblem hin „Wann war die letzte Abstinenz“? 14 tägige Einnahme von Suchtmitteln => Wie viel/Wie häufig? 4. Befund und Diagnose, Abschlussgespräch: - Diagnose: - Bei unklarer Diagnose, eher offen lassen Befunde so darlegen, dass der Patient sie für sich annehmen kann, versteht etc. => für weitere Therapie enorm wichtig => Krankheit muss hierfür anerkannt sein Oft mehrere Diagnosen möglich; erst das schwerste (in der Therapie wird auch dementsprechend vorgegangen) z.B. Suizidalität, Depression, Angststörung… 2.Vorlesung: 27.10.2009 Testuntersuchungen in der Psychiatrie: (siehe Testbögen) 1. 2. 3. 4. Grundsätze der Testpsychologie Mini-Mental-Status-Test (MMST) Münchner Alkoholismus Test (MALT) Beck-Depressions-Inventar (BDI) 1. Grundsätze der Testpsychologie: Verhaltensuntersuchungen z.B. in der Inneren Medizin (z.B. Zahlenverbindungstest => Schnelligkeit => sagt etw. über Gehirnleistung aus), Notfallmedizin… - Problem: Es soll mit den Patienten gesprochen werden; Exploration => Danach überlegen ob Fragebogen angebracht; falls andere Reihenfolge: Patient fühlt sich nicht ernst genommen Eine Diagnose aus einem Gespräch heraus ist viel sicherer und stabiler; Tests sind vieldeutiger z.B. kann eine Sehschwäche oder Hirnschädigungen in solche Tests mit rein spielen; manchmal kann auch ganz auf Tests verzichtet werden Jedoch sind sie Wichtig in: - der Forschung z.B. Medikamente => Zahlen und Statistiken werden benötigt - bei der klinischen Arbeit: hier sind versch. Items wirklich wichtig Tests: Gütekriterien: (Wolfran et. al) - Validität: Zuverlässigkeit des Tests; in Psychiatrie kein Referenzinstrument => Kann nur aus der Einsichtigkeit und anderer Tests überprüft werden - Reliabilität: durch Wiederholungen desselben Tests sollten immer wieder gleiche Ergebnisse hervor kommen => Unterschiede dürfen nicht besonders groß sein; mind. 70 % müssen übereinstimmen - Spezifität + Sensitivität: Test soll trennen können zwischen gesunden und kranken Menschen; falsch positiv oder negativ => richtig bewerten (falsch positiver: Kranker erscheint gesund; falsch negativer: Gesunder erscheint krank) 5Phasen: 1. Klinik => Materialsammlung 2. Filtern für Testfragen 3. Überprüfen nach Reliabilität, Validität… 4. Abgespeckte Version an der alten Stichprobe testen 5. Validierung an großer Stichprobe 2. Mini-Mental-Status-Test (MMST) - Überwiegend in Heimen oder Geriatrie => Gedächtnisgestörte => Stärke der Gedächtnisstörung herausfinden Kurzes, leicht einsetzbares, allgemeines Verfahren, dass auch von Nicht-Fachleuten durchgeführt werden kann Durchführung: 10 – 15 Minuten Derzeitiger Zustand, nicht Verlauf wird erfragt Im Gespräch; Gütekriterien sind wissenschaftlich bearbeitet Objektivität: 0,83 (andere Untersucher, zu 83% gleiche Ergebnisse) Reliabilität: 0.8/ 0.9 Validität: 0.6 – 0.8 Normwerte: 30 = Gesamtzahl => Gesunder; 30-24 = leicht Kranker; 0 = schwer beeinträchtigt Bewertung: 0 = nicht bestanden; 1 = bestanden 3. Münchner Alkoholismus Test (MALT) – (Feuerlein 1977) - Voraussetzung: klinische Diagnose für Alkoholismus Untersuchung: Abstinenz, Kontrollverlust, Behandlungsbedürftigkeit, soziale Beziehungen Fragebogen muss beantwortet werden => Aus 1000 wurden 250 Items gewählt und dann wurde der Test durch eine Studie überprüft (Gesund vs. Krank) Höchste Punktzahl: Krankhaft!; es gibt aber auch gewisse Überschneidungen zwischen Kranken und Gesunden 24 Eigenbeurteilungen (jeweils 1 Punkt) 7 Fremdbeurteilungen z.B. durch Arzt ( jeweils 4 Punkte) Validität: 0,85 Reliabilität: 0.94 4. Beck-Depressions-Inventar (BDI) von Hamilton 1960 - Prüfung depressiver Störungen (Häufig bei Medikamentenforschung) 21 Symptomkomplexe / Einzelkomplexe in versch. Schweregraden Punkte zw. 0 und 64 => Schweregrad der Depression Voraussetzung: Erwachsener, Depression diagnostiziert Freie Exploration (Interviewer kodiert), zuverlässiger bei häufigerer Durchführung Objektivität: 0.7; Reliabilität nach 4 Tagen: 80 % Problem: Körperliche Phänomene: z.B. Antriebslosigkeit von Schlaganfall oder Depression? Grenzen: unter 15 keine Depression; assymptomatisch; über 20 symptomatisch 3.Vorlesung: 3.11.2009 Grundlagen des therapeutischen Gesprächs: 1. Klassische Gesprächsformen: a) das analytische Gespräch b) das dynamische Gespräch c) das freie Gespräch 2. Begleiten und Lindern 3. Bestimmte Gesprächssituationen 1. Gespräch: Diagnostischer Anteil (suche nach Sachverhalten) + therapeutischer Anteil (auf Patienten eingehen) => Schwerpunkte setzen a) Analytisches Gespräch: Patient und Therapeut haben keinen visuellen Kontakt => Patient liegt, Therapeut sitz seitlich => Patient soll frei assoziieren; erzählt was ihm gerade einfällt; Therapeut sorgt dafür, dass der Gesprächsfluss nicht stockt, gibt gewisse Hinweise - Dauer: 1 Stunde - Häufigkeit: mehrere/ ein Gespräch pro Woche => Langfristig! - Aufgabe des Therapeuten: deuten, interpretieren, Zusammenhänge auftun… => Patient zur Änderung im Wesen führen => Änderung, Verbesserung, Erleichterung kommt vom Patient selbst! Therapeut unterstützt nur - Geeignet für: ambulant betreuungsfähige Patienten - Theoretische Überlegungen: Besserung kommt durch bewusst-werden seelischer Konflikte; gelingt erst über längere Zeit - Warum genau sie wirkt, ist etwas unklar b)dynamisches Gespräch: => etwas Beschleunigendes - mehrere Patienten (8-10) + ein Therapeut - Es wird im Kreis gesessen => alle können miteinander in Kontakt treten, alle sind gleich, visueller und verbaler Kontakt möglich - Dauer: 1 Stunde; Häufigkeit: mehrere / eine Sitzung pro Tag - Geeignet für: stationäre / ambulante Patienten => 4-6 Wochen; ambulant länger; Gut bei Patienten mit Angststörung, Depression… Nicht bei Paranoia => bringt zu viele Spannungen in die Gruppe - Aufgabe des Therapeuten: Dynamik fördern => Katalysator; Meinungen miteinander konfrontieren, Gespräche fördern/ regulieren => Gruppe muss miteinander arbeiten; => Vergleiche, Besonderheiten, Gemeinsamkeiten herausarbeiten => Änderungen hervorrufen; Versuch Beruhigung und Besserung beizuführen - Theoretische Überlegungen: Fehlverhalten kann in der Gruppe erkannt und verändert werden c) freies Gespräch: - keine äußere Form/ Ort vorgegeben; kann überall stattfinden z.B. Krankenbett, freies Feld… - Zweiersituation, manchmal auch mit Angehörigen - Dauer: sehr unterschiedlich => Form sehr variabel; kann 1malig sein oder auch häufiger - Patient soll Gesprächsstoff frei wählen => Therapeut ermutigt, mit Vorsicht sollte kommentiert werden, Zurückhaltung! => sorgt für Entlastung des Patienten und innere Ruhe - Geeignet für: Alle Patienten möglich, auch Gezwungene => Ähnlichkeiten zwischen den einzelnen Formen 2. Begleiten und Lindern: => wichtigste Bestandteile eines Gesprächs - - - - - Begleiten: - kann viel vom Therapeut abverlangen Patient kann nicht immer gesund werden => Therapeut kann nicht immer heilen => keine Genesungsgarantie!!! Aber: Patient erwartet dies meist auch nicht Patient muss jedoch die Bemühungen des Therapeuten sehen können => Hilfe! Pflicht des Therapeuten Patient merkt ob der Therapeut sich bemüht, deshalb: Zeit investieren, eigene Person zurückstellen Bemühung: Patienten ins Gesunde führen, Aber: der Wille des Patienten führt nicht immer ins Gesunde => Therapeut muss versuchen herauszufinden, was Patient will => nur sprechen? Stationäre Aufnahme? Krankmeldung? => Suchtkranke z.B. suchen selten direkt Hilfe Das Einverständnis des Patienten ist Pflicht!!! Patient erhofft sich immer Besserung, aber was wenn er nicht dazu befähigt ist? Was passiert wenn er nicht behandelt wird? Welche mögliche Therapie? Therapeut muss sich stets überlegen: Wie weit will ich dem Wille des Patienten folgen? Was ist vernünftig? => eigene Meinung muss begründbar sein und Ansicht muss vertreten werden Was wenn Patient nicht will (nicht so will wie Therapeut)? – Therapeut muss es akzeptieren! ; Nichts dem Patient vorwerfen; Patient ist der Hilflose, ihm nicht irgendwelche Schäden vorwerfen; auch wenn der Patient die Therapie ablehnt, versichern er kann immer wieder zurückkommen Verantwortung: geteilt zwischen beiden Seiten => Jeder Mensch hat gewissen Teil Lebensrisiko, sonst wäre ihm völlig die Freiheit genommen => gewisses Risiko kann nicht genommen werden (auch nicht vom Therapeut) Wenn das Risiko zu groß ist: Patienten schützen, Risiko nehmen z.B. bei Suizidalität => richtiges Maß finden => oft kommt es auch zu anderen Einschätzungen der Situation zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. Dankbarkeit im Nachhinein für Einweisung in geschlossene Abteilung) => Komplikationen müssen gemeinsam getragen werden z.B. bei Entscheidung über Einweisung in geschlossene Abteilung bei erhöhter Suizidalität wird die Verantwortung z.T. vom Patienten, Familie und Therapeut getragen Lindern: von Phänomenen => einzelne seelische Krankheiten; Diagnose des Zustandes (vor jedem Gespräch) z.B.: Minderwertigkeitsgefühl und Leid lindern, Mitgefühl, Hoffnung geben (nicht zu viel!), auf verschiedene Ängste einzeln eingehen => viel darüber sprechen wirkt entängstigend - Beispiel: Paranoider Patient: falsche Welt ist ihm nicht bewusst => Wahn lindern (nicht Realität nahe legen) => jedoch nicht direkt auf seine Welt eingehen => Wahn nicht bestätigen, aber auch nicht zu stark an Wirklichkeit festhalten => verschiedene Vorgehensweisen möglich 3.Bestimmte Gesprächssituationen: Schuld: eigene auf andere verteilen etc. - Therapeut ist kein Richter! Wahrheit? Schuld ist hier nicht prüfbar; nicht entschuldbar etc.; Schuld bleibt bestehen - Patient möchte sich mit Schuld auseinandersetzen! => hilfreich; Patient muss Schuld tragen => Patient wird dies eher akzeptieren; Patient hat oft auch andere Ansichten zur Schuld etc. Distanz: im Gespräch: Patienten oft distanzlos z.B. wollen Therapeut duzen => beim ersten Gespräch zurückweisen => Distanz bewahren - plötzliches Schimpfen etc. muss nicht übergangen werden z.B.: „Scheiße sagt man nicht“ => Patient fühlt sich wahrgenommen, merkt er muss etwas an sich und seiner Art ändern - Beschwerden über andere Mediziner, Psychologen etc. dürfen nicht kommentiert werden! Aggression: z.B. im Rausch => Distanz beibehalten nicht zu nah an Patient herantreten z.B. möglicher Faustschlag etc. kann so verhindert werden; Auch bei Unbekannten Patienten: immer dafür sorgen, dass Andere in der Nähe sind (zur Hilfe in Notsituation) - Versuch Patient zu sprechen zu bringen, im Gespräch entgegenkommen, Forderungen akzeptieren, aber gewisse Bedingungen beibehalten - Kompliziert: z.B. Nachstellen oder sexuelle Belästigungen durch Patienten => Therapeut muss sich hier abgrenzen!! Weinen: Beachten des Weinens: Schluchzen? Tränen? Z.B. Taschentuch reichen => Beachtung des Patienten und seiner Lage, Patient fühlt sich wahrgenommen => nicht herunterreden; manchmal hilft auch das Thema zu wechseln, wenn das Weinen z.B. für Patient nicht förderlich oder unangenehm => aus Traurigkeit herausholen Rat geben: z.B. Scheidung? => Wie sind die Überlegungen des Patienten? Würde der Patient es alleine durchstehen? => Rat vorsichtig geben; Stütze sein, vernünftiges mit begleiten, Entscheidungen im Miteinander; Aber: Bei fachlichem Rat muss eine Entscheidung durch den Therapeut getroffen werden (z.B. welches Medikament soll verabreicht werden?) Arbeit mit Angehörigen: - wichtigster Eingeweihter / Verbündeter im Kampf gegen die Krankheit => Krankheit kann z.B. aber auch erblich sein => Angehörige können genauso psychisch kompliziert sein => Verläufe können sehr unterschiedlich sein ( in einem Fall bei dem die Angehörigen mit einbezogen werden) Bei Niederlage in der Therapie nicht mutlos werden!!! Gespräche mit anderen suchen (Therapeuten) Immer alles Ansichtssache 4.Vorlesung: 10.11.2009 Grundlagen der Psychopharmakotherapie 1. Historischer Abriss 2. Pharmakologische und klinischpraktische Gesichtspunkte 3. Rote Liste und Beipackzettel: Neuroleptika Thymoleptika Benzodiazepine Andere Medikamente - 1. Seit ungefähr 5000 Jahren gibt es bereits Psyhopharmaka; vor ungefähr 3000 Jahren wurde eine Statue erbaut, die die Gewinnung von Opium darstellt; Opium wurde schon damals zur Ruhigstellung von Patienten genützt Moderne Pharmakologie: Justus v. Liebich entdeckte Chloralhydrat => leicht sedierend, macht süchtig => Schlafmittel 1860: Paraldehyd => Schlafmittel 1880: Somnifen => Sulfinyl – Harnstoffe entdeckt von Klaesi (Schweizer Psychiater) 50er/60er Jahre: Chlorpromazin 1962: Haloperidol ( v. Janzen) 1963: Antidepressiva, Benzodiazepine, Diazepan Ab 1990: Neue / Atypische Medikamente 2. Wie kommt ein Medikament auf den Markt? => Zufälliges Entdecken einer bestimmten Eigenschaft eines Stoffs (z.B. Blutdruckmittel haben eine beruhigende Wirkung) => Strukturuntersuchungen => unterschiedliche Medikamente mit teilweise unterschiedlichen Wirkungen => Tierexperiment (ethisch vertretbar?) => klinische Experimente am Menschen (oft die Forscher selbst) - für eine klinische Erprobung ist eine enorm große Stichprobe nötig => Nebenwirkungen? - internationale Prüfung => extreme Kosten! - Z.T. können auch erst nach Jahren erhöhte Nebenwirkungen gezeigt werden z.B. 1970 Clozapin / Leponex => Todesfälle: Blutbildung zerstört, keine Blutplättchenbildung - trotz internationalen Studien: Problem zwischen Hersteller und Arzt: Unterschiedliche Ansichten vom Medikament - Calabrese: Antidementinum => Medikament, dass die Demenz aufhält ; ADAS cop - Medikamententests: Siehe Zeichnung in Aufschrieben Wirkung von Medikamenten: - Transmitterhypothese: Medikament ersetzt Stoffe im Gehirn, die zuvor aus dem Gleichgewicht gekommen sind => dagegen spricht: z.B. nur Serotonin oder Adrenalin Gabe erzielt keine Wirkung - Nächste Hypothese: Stoff ersetzt nicht Transmitter, sondern schädigt z.T. gewisse Gehirnstrukturen => kann zur Besserung führen - Andere Hypothese: unterschiedliche Transmitter / Psychopharmaka, die unter unterschiedlichen Transmittersystemen funktionieren, zeigen gleiche Wirkung Klinisch-praktische Grundlagen: - erst sprechen, Tagesstruktur gliedern, erst dann Medikament => wichtig, aber nicht tragende Säule - Medikament = Körperverletzung => Zustimmung des Patienten wird benötigt; z.T. gewünscht, gleichgültig, süchtig, z.T. instinktiv/ wahnhafte Ablehnung - Gegen den Willen Medikamentengabe sehr strittig; wenn Patient nicht urteilsfähig => - - Medikamentengabe nie ambulant! Auch bei fixierten Patienten: immer mit ihnen sprechen! Präparat „Lichtenstein“ => Placebo => ohne das Wissen des Patienten, Vertrauensmissbrauch => Möglichkeit: Medikamentenstudie mit Möglichkeit einen Placebo zu bekommen => Patient ist eingeweiht uns entscheidet selbst Was muss beobachtet werden bei Medikamentengabe? : - Diagnose: Medikation muss passen; - Off-label Behandlungen: Medikamente werden außerhalb ihrem beschriebenen Wirkkreis verwendet z.B.: Medikament gegen Unruhe, wirkt auch bei Schizophrenie => eigenes Risiko, entgegen der Vorschriften und Erprobungen des Herstellers; - Gegenanzeichen: Bei bestimmten Bedingungen darf ein Medikament nicht gegeben werden z.B. unter Alkoholeinfluss, Toxikation; - Anwendungsbeschränkungen: fürs Herz verträglich? Blutbild riskant? …; - Nebenwirkungen: unerwünschte Wirkungen z.B. Traumveränderungen, Impotenz, Gehirnstörungen meist reversibel; - Wechselwirkungen: Manche Psychopharmaka erwirken Wechselwirkungen, häufig gebunden an Cytochrom P450 (Enzym); Abbau von verschiedenen Medikamenten nicht mehr möglich => Anstauung von zu großen Mengen an bestimmten Stoffen; - Schwangerschaft; - Toxikologie: ab wann ist ein Medikament giftig? Manche Medikamente sind schon in geringer Dosis giftig => Achtung bie Suizid gefährdeten; Gibt es ein Gegengift?; - Preis 3. Rote Liste und Beipackzettel: - die Rote Liste enthält fast alle Medikamente auf dem Markt Anwendung im klinischen Alltag: - höchste Wirkung, mögliche Nebenwirkungen, Unverträglichkeit, Allergien, Dosis (Hauptwirkung) => „anschleichen“ wenige, geringe Dosen => bei Nebenwirkungen schneller Ausstieg möglich; bei älteren Patienten geringere Dosis, höhere möglichen Nebenwirkungen - Dauer: - bei absetzen: Krankheit kann wieder ausbrechen => Gedanken für und gegen Medikament nachgehen, Symptomatik muss beobachtet werden! - Hohe Anzahl von Wirkstoffen: auf wenige Medikamente beschränken, diese jedoch sehr gut kennen - Alle Medikamente sind ungefähr gleichwertig - Nach Möglichkeit nur ein Medikament anwenden, Nebenwirkungen gering / übersichtlich halten; höchstens drei Medikamente gleichzeitig - Wirkung, Nebenwirkung und Verabreichungsart mit Patient besprechen! - Preis: Tagesration: grob 3-5 € => in Deutschland täglich ungefähr 6-8 Mio. € für Psychopharmaka - Medikamentengruppen: Neuroleptika: => gegen Unruhe, Wahn, Sinnestäuschungen, Schlafstörungen, Schizophrenie 27 chem. Substanzen unter 115 verschiedenen Namen Anwendungen bei ca. 4 Symptomen Gegenanzeichen: ca. 8 z.B. Asthma… Anwendungsbeschränkungen: 30 Etwa 60 mögliche Nebenwirkungen Beispiel: Haloperidol (alt) / Seroquel z.B. bei Manie, Tick, Delirium, erbrechen, akute psychotische Syndrone; unterschiedliche Indikationen; Paliperidon (neu): nur Schizophrenie => Gefahr bei bedrohlichen Situationen, z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Atmung, Leber, Blut => alte Medikamente weniger schädlich bei Herzproblemen und nach Schlaganfall, dafür neue weniger schädlich bei: Atmung, Leber, Blut => Immer auf einzelne Schädigungen der Patienten achten! - Thymoleptika: Antidepressiva 26 verschiedene chemische Substanzen, unter 226 Namen im Handel Anwendung bei ca. 1-2 Indikationen z.B. Depression und Angst Gegenanzeichen: ca. 6; etwa 53 Nebenwirkungen Beispiel: Anafranil (alt) z.B. bei Depression, Zwangsstörung, Phobien, Schmerzbehandlungen, Panikstörungen; Mirtazapin (neu): Depressive Erkrankungen => bei breiterem Spektrum eher dieses Medikament; Vergleich Schädigungstendenzen: (alt/neu): Herz: 91/85; Atmung: 25/28; Leber: 100/92; Blut: 82/42; Suizid: 58/78; Schlaganfall: 16/0 - Benzodiazepine: Spannung, Angst, Schlafstörungen 13 chemische Substanzen, 58 verschiedene Präparate 3 Anwendungen, 10 Gegenanzeichen: Atemstillstand, Muskelspannungen…), hohes Suchtpotenzial Beispiel: Diazepam (Faustan, Valium) (alt) z.B. bei Spannungszustände, erhöhter Muskeltonus, chirurgische Eingriffe, Angst…; Alprazolam (neu) bei Angstzuständen => Nebenwirkungen: Atmung, Leber in 100 Fällen beeinträchtigt, ansonsten relativ niedrig; Prophilaktika (vorbeugend): Licium, verschiedene Antineuroleptika, Carbamazepin, Valproinsäure - Zusatzinfos: Kaufrausch = Zeichen für Manie Risperdal: Neuroleptika => hauptsächlich bei Manie 5.Vorlesung: 17.11.2009 Die triadische Psychiatrie – Kritik eines Konzeptes 1. Die historische Entwicklung der triadischen Psychiatrie 2. Die Elemente der triadischen Psychiatrie und ihre Veränderungen in der ICD 10 (10. internationale Klassifikation) 1. Die historische Entwicklung der triadischen Psychiatrie: - Erste Systematisierungen psychischer Krankheit im römischen Recht: Psychisch Kranke => niedrigere Strafe deshalb Klassifizierungen: - Furiosi = Rasende (heute z.B. manisch) - Mente capti = Verblödete (z.B. Hieb auf Kopf im Krieg) - Dementes = Toren (Demenz) von Geburt an eingeschränkt - Renaissance: Zacchia 1621 - Fatuitas = Geistesschwäche - Phrenitis = Wahn (Seelisches liegt in der Brust) - Insania = Verlust des Verstandes (z.B. durch Unfall) - Griesinger 1845: Depression, Manie (Tobsucht und Wahnsinn), Schwächezustand (Demenz), Blödsinn (Schwachsinn => Heute noch im Gesetz) - Cullen 1787: Neurose (Erkrankung der Nerven nicht entzündlicher Art) => z.B. Parkinson, Epilepsie… => sehr weiter Begriff - Ende des 19. Jh.: Freud und Charcot => Organische Anteile raus aus Neurose, nur noch psychotisch; Freud sagt: Sie entsteht in der Kindheit, ist ein Konflikt zwischen dem Ich und dem ES, eher leichtes Bild - 1841: Canstatt: Psychose = Körperlich, erblich, schwerer Verlauf - 1845: Feuchtersleben: gleich wie Canstatt - um 1900: Kreapelin: Dementia präcox: schwere Krankheit, körperlich bedingt, genetisch; Hauptsyptome: Verblödung => Verlust des Verstandes; Vorläufer des Schizophreniebegriffs - Zirkuläres (Manie) Irresein (Depression) => Später Zyklotonie von Schneider - Weygandt: Unterschiedliche Verläufe => eventuell nicht nur Depression/Gehobene Stimmung und psychometrische Hemmung/ Erregung, sondern auch Mischformen möglich! - 1911: Bleuler: Schizophrenie: Verblödung gehört nicht in den Ansatz; Spaltung der einzelnen seelischen Bereiche; Grundsymptome: 1. Assoziationsstörung => psychische Sprachblockade; 2. Affektstörung => Paratomie = Gefühl wie aus der Spur; 3. Ambivalenz: Gleichzeitig Gefühle, die sich widersprechen z.B. Hass und Liebe zugleich für eine Person; - 4 Klinische Bilder der Schizophrenie: 1. paranoide, halluzinatorische => Wahn und Sinnestäuschung; 2. katatonische => Bewegungsstörungen; 3. Hebephrenie => Jugendliche psychische Erkrankungen z.B. albern etc.; 4.Simplex => einfach, versandet, kein Interesse mehr - 1890, Koch: Psychopathie – Persönlichkeitsstörung: Psychopathische Minderwertigkeiten, Wahn, Depression, Halluzination => keine klare Abgrenzung - 1925, Schneider: psychopathische Persönlichkeiten - 10 Bilder: Psychopathy: Hyperthymi (= Manisch, leichtere Form), deprssive Störung, Astheneische Störung (zu depressiv, Somatisierung), Stimmungslabile Störung (manisch, depressiv), Explosive Störung, Selbstunsichere Störung, Fanatische Störung, Geltungsbedürftige Störung, Gemütlose Störung => dissoziale Störungen; geht zurück auf: moral insanity (aus englischer Lehre) => fanatisches, unsoziales Verhalten => Persönlichkeitsstörungen keine Krankheiten => in der Psyche begründet, Spielarten des normalen psychischen Seins => Abgrenzung Psychopathie und Psychose - Selbst leiden, oder andere darunter leiden lassen => Persönlichkeitsstörung; Trennung nicht möglich! - 1917: Bleuler: Organische Psychosyndrome (unspezifisch => z.B. Schlaganfall, Hirntumor, Vergiftung, Entzündung, Unfallschlag) => nachweisliche Schädigung des Gehirns Psychosyndrome: Gedächtnisstörung, Delieren, Dammerzustand, Angst - 30er Jahr: aufgegriffen von Scheid 2.Triadische Psychiatrie: - organische Psychosen => Hirnschädigungen (einschließlich Alkoholfolgen) - endogene Psychosen => eventuell Hirnschäden ( Schizophrenie und Zyklothymie = Depression und Manie) - Neurosen und Persönlichkeitsabartigkeiten => keine Hirnschädigungen nachweisbar (einschließlich Sucht, Sexualstörungen, Reaktionen „Spielarten der Persönlichkeit“) - Lennert: bei 30 – 40 % aller Schizophren Kranker ändert sich die Diagnose im laufe der Zeit, z.B. kommt Depression, Manie, etc. dazu. Das Bild ändert sich. Endogene Formen müssen verschiedene Ausdrucksformen haben, Teil der einzelnen Prozesse => Einheitspsychose => einheitlicher Ursprung (über 100 Jahre) - Schepank: Konkordanzraten bei Zwillingen: Umwelt / Genetik Diskonkordante 1. EE Konkordan te 109 2. ZE 46 117 75 Konkordanz = Übereinstimmungen 1. 59,24% Übereinstimmungen: 100 EE und einer hat eine Neurose, dann hat der Zwilling zu 59% auch eine => Neurose ist nicht nur Umwelt bedingt, sondern kann auch genetisch bedingt sein 2. 28,22% => Bei verschiedenen Krankheiten erkennbar. ICD 10: - bis 1980 ICD 9, danach Erweiterung zu ICD 10. => triadische Formen aufgelöst, übernommen etc. F0: Organisch psychische Schädigungen => z.B. Hirnschädigung F1: Störung durch psychotrope Substanzen => z.B. Rausch, Gedächtnisstörung etc. => durch Drogenkonsum F2: Schizophrenie => endogene Störung F3: Affektive Störung => endogene Störung F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störung F5: Verhaltensauffälligkeiten F6: Persönlichkeitsstörungen F7: Intelligenzminderung (von Kindheit an) => z.B. Komplikationen bei der Geburt => triadische Psychiatrie z.T. erhalten Diadisches System: Hypothese: klare Trennung von Depression, Manie etc. nicht möglich => -konstitutionelle Störung (nach Schweregrad) => z.B. Paranoya leichter, mittlerer oder schwerer Form - Schädigungsbedingte Störungen (durch Hirnschäden, reine Gedanken oder Vigilanzzustand) - Kombination beider mit der Sonderform der Reaktion => schlecht einordbar; nicht durch Schädigung sondern durch Wahrnehmung 6.Vorlesung: 24.11.2009 Was muss eine psychiatrische Diagnose leisten? 1. Elemente der psychiatrischen Diagnose a) Lokalisation b) Symptom / Syndrom c) Verlauf, Ursache 2. Eigenschaften einer Diagnose 3. Erarbeitung einer Diagnose Arbeit von Möbius; Mit der Diagnose verständigen sich Ärzte, Patienten, Angehörige, Mitarbeiter etc. „Die Götter haben die Diagnose vor die Therapie gesetzt“ => Erst Diagnose, dann Therapie! => Diagnose ist etwas sehr wichtiges, das weitere Vorgehen darauf aufbauen 1. Elemente der psychiatrischen Diagnose a) Lokalisation: z.B. Niereninsuffizienz => Niere Alle seelischen Störungen liegen im Gehirn = Lokalisation => wurde schon zu viel früherer Zeit angenommen b) Symptom / Syndrom: Symptom: Kleinster Baustein einer Diagnose, beschreibend erfasst, nicht deutend bewertet => z.B. Antriebsarmut + Suizidalität + vermindertes Selbstwertgefühl => Depression => nach Gespür Einzelteile zusammensetzen Syndrom: Symptomkomplex => Annäherung an Diagnose Mehrere Symptome => Syndrom => Diagnose - Birnbaum: Ermessenssache, wie die einzelnen Symptome zu einer Diagnose zusammengesetzt werden; aus Erfahrung heraus, kein Vergleichsparameter vorhanden etc. - Unschärfe: Einzelsymptome können nicht immer klar voneinander getrennt/abgegrenzt werden z.B. Unruhe, Aggression => können in fast alle Krankheitsdiagnose mit eingebaut werden => Spekulation, nicht klar fassbar c) Verknüpfung von Verlauf und Ursache: 3 Verlaufstypen: 1. Spontanverlauf: (am häufigsten) Beginn, Zunahme und Abnahme ohne besonderen Anlass; auch endogener, konstitutioneller oder ideopatischer Verlauf genannt => Konstitutionelle nimmt Schwankungen und die Wesensart des Patienten mit rein 2. Schädigungsbedingte Verläufe: Schäden von außen => enden Bsp.: Alkoholisches Delirium: beginnt in bestimmten Ausmaß der Alkoholsucht, wenn es einmal ausgelöst wurde Bsp.: Rausch => Auslösen von Phänomenen => Abklingn unabhängig davon, ob Rauschmittel noch im Körper vorhanden, oder nicht - Dosis- Wirkungs-Beziehung: Je Stärker die Schädigung, desto stärker die Wirkung / der Verlauf - Residualsymptomatik: Bsp.: Schlaganfall: Erholung der geschädigten Zellen => Schaden konnte „repariert“ werden vs. Bleibender Schaden; kompensatorische Regulation = Andere Hirnregionen übernehmen die Aufgaben der geschädigten Zellen; Wenn der Schaden zu groß und schwerwiegend: Restschaden bleibt bestehen 3. Physikalische Veränderung, z.B. Nachricht erhalten über schlimmen Unfall etc. => Wahrnehmung von bestürzender Nachricht; hier ist keine Dosis-Wikungs-Beziehung möglich, da jeder Mensch anders reagiert - Zeitlichen Verlauf im Bezug auf bestimmte Ereignisse Kann Ursache auf Verlauf bezogen werden? - Conditio sine qua non = Bedingung ohne die es nicht geht: Bsp.: Erdbeben, danach schwere Depression => war Erdbeben der Auslöser/Ursache für die Depression? => Wenn ich das Erdbeben wegdenken kann und die Depression dennoch weiterhin besteht, war diese nicht die Ursache => Eigenständigkeit! - Zusatzgedanke: Wenn Therapie gut gewirkt hat, heißt dies im Umkehrschluss nicht automatisch, dass die Diagnose somit begründet war - Aus der Diagnose müssen auch rückwärts die Symptome, Ursachen und der Verlauf erkannt werden können 2. Eigenschaften einer Diagnose: 1. Verständlichkeit: für Patienten und Behandelnden z.B. gut gelungen bei Depression (setzt sich zusammen aus pressare = Bedrückung) auch gut bei Angststörung: Enge in Angst - kompliziert: Fachbegriffe z.B. Borderline Persönlichkeitsstörung => hierunter versteht jeder etw. anderes, einzige Gemeinsamkeit: sich körperliche Leiden zufügen => im ICD 10 nachschauen: emotionale Instabilität, unklares eigenes Selbstbild, unbeständige Beziehungen, Androhung von Suizid und Selbstverletzungen, Verlauf bereits in Kindheit jedoch sollte die Störung nicht vor dem 16ten Lebensjahr diagnostiziert werden. Bsp.: Helfersyndrom: keine Diagnose => in keinem Lehrbuch oder ICD 10 zu finden 1977: Schmitt- Bauer: „erfunden“ = - soziale Hilfe wird zur starren Form - naive Motivation für helfende Berufe (Arzt, Psychologe…) die zur Überforderung und Enttäuschung führt 2. Dem klinischen Wissen nicht entgegenstehen: Bsp.: Entzugssyndrom/-störungen: z.B. Halluzination etc. => gleiche Symptomatik kann auch ohne Entzug im Rausch gezeigt werden => entgegen klinischem Wissen Bsp.: Störung durch Alkohol: => hier kann z.B. nur Lebererkrankung oder Gedächtnisstörung etc. erkannt werden; richtiger: Alkohol durch Störung => innere Störung die zum Alkoholismus führt; Störung also vor Alkohol 3. Keine Eigennamen enthalten: z.B. Morbus Bleuler = Schizophrenie Morbus / Mb. = Krankheit => solche Dinge entwickeln Eigenleben Bsp.: Morbus Wernicke: nur bei drei Patienten von Wernicke selbst untersucht; => sehr unterschiedliche Symptome im heutigen Verständnis 4. Nicht diskriminierend sein => Patient soll Diagnose annehmen können, akzeptieren, Wahrheit sagen, nicht täuschen Bsp.: Demenz => in Klinik nur bei sehr schweren Verläufen, nicht leicht erkennbar => besser: Gedächtnisstörung Bsp.: histerische (diskriminierend) / histronische („Schauspieler“ => nicht korrekt, noch diskriminierender) Störung 3.Erarbeitung der Diagnose: Möglichst viele Symptome erfassen => entscheidende herausgreifen => Spekulation - Danach richten, was Patient wichtig ist, oft im ersten Explorationsgespräch erkennbar, wenn Patient frei heraus erzählt, dazu sollte die eigene Beobachtung des Patienten mit rein spielen - Aufmerksamkeit: Gestörte Wachheit, Gedächtnisstörung => Schädigungen des Gehirns abklären - Mehrere Symptome in eine Diagnose? => höchstens drei verschiedene Diagnosen - Bsp.: Angststörung, Depressivität, leichte Sucht; oder: Depression mit ängstlicher Färbung - Verläufe und Wichtigkeit der einzelnen Symptome beachten! - Nach Bedrohlichkeit behandeln - Eigene Unsicherheit im Bezug auf die Diagnose dem Patient ruhig mitteilen; Verlauf muss beobachtet werden 7.Vorlesung: 01.Dezember 2009 Die Lokaldiagnose in der Psychiatrie: 1. Der neurologische Grundgedanke von Zentren. Läsionsbefunde. 2. Psychiatrische Versuche zur Lokalisation: a) - die Laboralisation (WADA) b) - die Leukotomie (Präfrontaler Cortex) c) - Halluzinationen bei Läsion der "primären Sinneszentren" d) - Volumenbestimmung 1. Der neurologische Grundgedanke von Zentren. Läsionsbefunde. Grundgedanke: psychische Prozesse im Gehirn sind von Bedeutung > neurologischer Grundgedanke: linke Hemisphäre: Sprachverlust + Störungen in der rechten Körperhälfte etc. => Ursprung der Schädigung => Lokalisation des zuständigen Bereichs Historischer Abriss: > Gall: Entwicklung von Hirnlandkarten > Brodmann: Brodmann-Areale => Zellverbände mit unterschiedlichen Funktionen > Pfeiffer: 1916: missgebildetes Kind; ohne Großhirn geboren; es waren nur der Hirnstamm und Gewebe vorhanden; dennoch war das Kind für kurze Zeit lebensfähig Beispiel: Normaler Körper, normale Bewegungen, normale Haut und Tonus, Schmerzreaktionen möglich > Gauper 1926: ähnlicher Fall, bei dem das Kind länger überlebte; Tag-Nacht-Rythmus, Gähnen, Lächeln, Saugen, Lutschen etc. war bei diesem Kind zu beobachten => Komplexe Funktionen des Körpers sind auch ohne Großhirn möglich! > Ehwald 1954: schwach begabter Mensch: Pneuencephalogramm: Luft wird über das Rückenmark ins Gehirn gesendet => Luftgefüllte Räume können über das Röntgenbild erkannt werden > Basser 1962: Kinder mit schweren Hirnschäden, deren linke Hemisphäre (Sprachbereich) entfernt wurde (wegen Epilepsie) => Hemisphärektomie => Nachuntersuchungen zeigten: die Sprache verschlechterte sich bei keinem der Kinder Fall 28: einem 12 jährigen wurde ebenfalls die linke Hemisphäre entfernt; postoperativ war die Sprachfähigkeit verschwunden, nach 2 Jahren war bereits eine Verbesserung zu erkennen und nach 4 Jahren waren keine Beeinträchtigungen mehr zu erkennen. > Willson 1970: In 20 Fällen wurde die linke Hemisphäre und in 30 Fällen die rechte entfernt. => 80 % hatten keine Sprachstörungen > Borgstein 2002: Computertomographie: kleines 3 jähriges Mädchen; linke Hemisphäre wurde entfernt; im Alter von 7 waren keine Beeinträchtigungen zu erkennen => Grundgedanke dahinter: Werden Zellen zerstört, fallen ihre Funktionen aus => es muss jedoch nicht heißen das der zerstörte Bereich das Zentrum war, vllt. ist an dieser Stelle nur eine Störung der Weiterleitung geschehen => das würde beispielsweise heißen: Im Sprachzentrum sitz nicht die Sprache, sondern hier kann sie nur gestört werden => Bei gesunden Zellen, die nun durch die Störung oder Entfernung von anderen Zellen neue Aufgaben mit übernehmen müssen, können Störungen in ihrem ursprünglichen Aufgabenfeld auftreten => Hirnfunktionen sind variabel => Andere Areale können ausgefallene Funktionen übernehmen 2. Psychiatrische Versuche zur Lokalisation: a) - die Laboralisation (WADA) (1960) Durchführung: Die Halsschlagader wird punktiert, ein Beruhigungsmittel wird gespritzt, dadurch kann erst eine einzelne Hemisphäre lahmgelegt werden => später auch der ganze Körper => einzelne Funktionen können überprüft werden > Lee 1988: 92 Patienten, bei denen nacheinander die linke und rechte Grotis punktiert wurde => 5 waren direkt danach psychisch auffällig; ähnlich wie bei Rausch; bei einem Patient konnte dies auf beiden Seiten ausgelöst werden, bei 3 nur rechts und bei einem nur links > Kurthem 1991: 80 Patienten => 4 auffällige; Rauschzustand b) - die Leukotomie (Präfrontaler Cortex) aus den 30er Jahren von Moniz => weiße Substanz (Leitungsbahnen) im Gehirn werden zerschnitten => Therapieform - weiße Substanz des Frontalhirns wird entfernt, zur Therapie z.B. von Ängsten oder Zwängen; sehr häufig durchgeführt > Mc Lardy 1949: 5 Patienten denen fast die gesamte weiße Substanz im Frontalhirn entfernt wurde: gute Besserung der Symptome (Vorwiegend Schizophrenie, Depression etc.) => klang dann aber nach ca. 10 Monaten wieder ab, danach erschien wieder die selbe seelische Erkrankung wie zuvor (waren alles sehr schwere Patienten) => Das Zusammenwachsen von frontalen Strukturen hat keinen Einfluss => Frontale Funktionen haben bei Depressionen etc. keinen großen Einfluss > Häfner 1957: Frontalhirnsyndrom: gezogener Schluss: bestimmte psychische Leistungen können nicht auf psychische Erkrankungen bezogen werden; betroffen hierbei z.B.: Planungsvermögen, Durchhaltevermögen etc. => Ist mehr die Quantität oder die Art der zerstörten Zellen entscheidend? => Laut Häfner die Quantität c) - Halluzinationen bei Läsion der "primären Sinneszentren" >Berger: Halluzinationen trotz Zerstörungen im entsprechenden Feld möglich; Patient: Felder im Hinterhaupt zerstört = primäre Sehrinde => Patient ist blind, hat trotzdem Halluzinationen im Bezug aufs Sehen => Halluzinationen können nicht dort entstehen! > Dirx 1999: Halluzinationen hängen mit primärer Hörrinde zusammen => fMRT wurde eingesetzt => es kam zu Signalveränderungen in diesem Bereich bei Zuständen des halluzinierens d) Volumenbestimmung: > Jakoby 20er Jahre: Schizophrene Patienten: erweiterte Hohlräume im Gehirn; die Größe bestimmter Hirnareale korreliert mit bestimmten seelischen Phänomenen (z.B. Sucht, Zwang, dissoziales Verhalten, Depression etc.) => bis heute gibt es hierzu jedoch noch keine genaueren Befunde => sehr schwere Messungen > Lemke: Experiment: Fotographie der Gesichtern von Kranken - im Vergleich zu Gesunden Gesund: Mund eher schmallippig, Augen geöffnet => verschiedene Störungen haben symmetrische Lähmungen => Symmetrische Lokalisation => Neurologische Erkenntnisse dürfen nicht automatisch auf psychiatrische Schlüsse bezogen werden! 1. Das gesamte Gehirn muss für Tod erklärt werden => keine direkte Lokalisation möglich 2. Störungen im Hirn: Vigilanz und Gedächtnisstörung => psychische Störungen sind anders 3. Halluzinationen sind auch in primären Hirnfeldern möglich 4. Symptome entstehen in nicht geschädigten Arealen 5. Regelkreise: nicht Gefühle ableitbar => Rückschlüsse sind nicht möglich FAZIT: Bei Lokalisation besteht alles nur aus Hypothesen; daher kann man keine direkten Rückschlüsse daraus ziehen! 8.Vorlesung: 08.12.2009 : Die Differentialdiagnose in der Psychiatrie 1. Die Differentialdiagnose der konstitutionell bedingten psychiatrischen Störungen - a) 7 Formen der Angst - b) Gleichzeitigkeit und Übergänge - c) Differentialdiagnose und Differentialtypologie 2. Die Differentialdiagnose der schädigungsbedingten psychischen Störungen - a) 6 Schädigungsarten - b) Vigilanz und Gedächtnis 3. Die Differentialdiagnose der Kombinationen konstitutionell, schädigungsbedingter und erlebnisbedingter psychischer Störungen Differentialdiagnose: Abgrenzung zwischen verschiedenen Krankheitsbildern: 2 große Probleme (nicht gesichertes Wissen): 1. Wesensart des Patienten (konstitutionell) 2. Schädigungsbedingte Störung 3. Kombination aus 1. und 2. 1. Die Differentialdiagnose der konstitutionell bedingten psychiatrischen Störungen - a) 7 Formen der Angst: Nach ICD X (1993): F 40: Phobische Störung: - Agoraphobie - soziale Phobie - spezifische Phobie F 41: sonstige Angststörungen: - Panikstörung - generalisierte Angststörung - Angst und depressive Störung, gemischt - sonstige gemischte Angststörungen 1. Differentialdiagnose der Furcht und Angst: Phobie: aus dem griechischen; klinischer Begriff, abgegrenzt zur Angst; Furcht - Agoraphobie: Mensch im leeren Raum; Bestimmte Kriterien: 1. Furcht = primäres Symptom Problem: Aus Bedrohung heraus kann sich eine Angst entwickeln; Wahn + Furcht kann komorbid sein; aus Kausalgedanke miteinander verbunden Wahn =/=> X Phobie Mensch der beides in sich hat X= Andere Ursache für Wahn / Phobie 2. Differentialdiagnose von Manie und Sozialstörung: Agoraphobie: Wenn mindestens 2 von 4 Kriterien zutreffen: 1. Angst in Menschenmengen 2. Angst vor Reisen in weite Entfernungen 3. Angst vor Reisen alleine 4. Angst vor freien/ großen Plätzen Meidung dieser Situationen Soziale Phobie: Antrophobie = Wenn Kontakt zu anderen Menschen schwer fällt/ vermieden wird; abzutrennen zu Agoraphobie Weitere Phobien (mit offenem Verlauf): - Höhenangst - Klaustrophobie - Prüfungsangst - Angst vor Tieren - Krankheitsfurcht - Verarmungsangst….. => Schwer abtrennbar zu Wahn => Furcht kann jeden Bereich des Lebens betreffen - c) Differentialdiagnose und Differentialtypologie Angstformen/ - Angststörungen: - Panik: früher: reserviert für Situationen, wenn Menschenmassen in Aufregung/ Panik geraten z.B. Todtreten eines Menschen. - Heute: Schwere Angst, Anfallsartig, beim einzelnen Individuum oft grundlos, aus sich heraus, z.T. plötzlich verschwindend und plötzlich auftretend => Verlaufselement - Körperliche Kriterien: Herzbeschwerden, Kreislaufprobleme… - Generalisierte Angststörung: ganzer Mensch ist davon erfüllt, Herzklopfen, Schwindel etc, offener Verlauf, nur über Verlauf der Panik abgrenzbar => keine differentielle Trennung zu Phobie - Angst und depressive Störung: bei schwerer Diagnose; kann am Anfang langsam, schleichend verlaufen; am Anfang schwer zu trennen - Verschiedene Formen können zur gleichen Zeit, im gleichen Menschen auftreten => Differentialdiagnose schwer zu erstellen und nicht sinnvoll zu trennen - Differentialtypologie: Es gibt verschiedene Menschentypen, die zu bestimmten Angstformen neigen. - Angst und Furcht/ Phobie sollten nicht getrennt werden. => Sie haben alle etwas Gemeinsames => Wahrscheinlich gibt es nicht verschiedene Krankheiten, sondern verschiedene Typen von Menschen. - b) Gleichzeitigkeit und Übergänge (Problem!): Bsp.: Dissoziale Störung und Manie - Dissoziale Störung äußert sich durch: Fehlverhalten, Aggression, Erregung, schnelle Wechsel, Herablassende Haltung zu anderen, Schuldzuweisung auf andere, soziale Kompliziertheit, Hochgefühle bei Dissozialität - Manie äußert sich durch: Starkes Selbstbewusstsein, große Versprechungen, Gereiztheit, Aggressivität, kann in verschiedenen Lebensaltern auftreten, viel Energie, Aufgedrehtheit => wahnhafte Überhöhung => Beide Störungsbilder ähneln sich, sind kaum trennbar, ein klares Trennungsmerkmal ist kaum erkennbar Übergang: Bsp.: vom Wahn zu Zwang Beispiel eines Patienten: hatte Wahnvorstellungen, dass ihm ein Mord angehängt werden sollte => Wahn legte sich nach einiger Zeit => Zwangsgedanke entstand daraus => Er hatte nun Zwangsgedanken, dass er ein Mörder ist FAZIT: Konstitutionell bedingte Definitionen lassen sich nur unscharf voneinander trennen => diese Unschärfe sollte nie vergessen werden 2. Die Differentialdiagnose der schädigungsbedingten psychischen Störungen 1. 2. 3. 4. 5. 6. a) 6 Schädigungsarten: Toxisch: z.B. Alkohol, Stoffwechselbedingtes Leberversagen Entzündungen z.B. Infektionen Traumatisches Ereignis (Körperlich) z.B. Schädel-Hirn-Trauma Degenerative Schädigung: Hirnteile geben ihre Funktion auf z.B. Alzheimer Raumfordernde Prozesse z.B. durch Tumor Cergovasguläre Schädigung (Durchblutungsstörung) z.B. Schlaganfall > Zuordnung? Einmündung in zwei klinische Bilder: Vigilanz und Gedächtnisstörung - b) Vigilanz und Gedächtnis : Am Patient sieht man nur die Folgen, nicht die Ursachen! - plötzliches Ereignis spricht eher für: Durchblutungsstörung allmähliches Ereignis spricht eher für: Tumor / Raumforderung Kasuistik hierzu: Patient geb.1949, männl., nur Vorname konnte genannt werden, keine Schmerzen, Unruhe, Sinnestäuschungen, empfand sein Gedächtnis als gut. > Lag im Bett, wirkte teilnahmslos, krank, beeinträchtigt in Vigilanz => Vigilanz und Gedächtnis beeinträchtigt > Vor 10 Jahren begannen seine Kopfschmerzen => Tumor in Hypophyse gewachsen; wurde entfernt, danach war der Patient stark verlangsamt, mit schwerer Unruhe => durch die Entfernung der Hypophyse kam es zu Hormonveränderungen, diese wurden medikamentös eingestellt; danach kam es zur starken Verlangsamung des Patienten Hier gibt es 4-5 Erklärungsmöglichkeiten; alles ist miteinander vermischt. 3. Die Differentialdiagnose der Kombinationen konstitutionell, schädigungsbedingter und erlebnisbedingter psychischer Störungen: Kausuistik: - junge Frau, hatte Verkehrsunfall bei dem ihr 1-jähriges Kind verstarb; verschiedene Frakturen; Blutungen im Gehirn; stand während des Unfalls unter Drogeneinfluss - ihr körperlicher Zustand verbesserte sich - plötzlich entwickelte sich eine Höhenangst und eine Angst allein in einem Raum zu sein - dennoch war sie positiv und zukunftsorientiert eingestellt - es stellte sich heraus, dass sie schon mit 2 Jahren panische Angst vor Ärzten und Spritzen hatte - Es wurde herausgefunden, dass sie vor 4 Jahren an Depressionen litt und davor viel gekifft hatte, außerdem litt sie an Halluzinationen - Sie wirkte unruhig und hatte schnelle Stimmungsschwankungen - Viele Schädigungsformen können in Betracht gezogen werden: - Sucht; - früher mittlere Depression; - vermutlich soziale Störung; - aktuell Angststörung; - Gedächtnisstörung (durch Schädeltrauma); - Stimmungsschwankungen nicht erklärbar Keine deutliche Trennung möglich Schwierige Ereignisse häufiger bei seelisch komplizierten Menschen Anforderungen an eine gute Differentialdiagnose: - Klinische Bilder trennen; Verläufe beobachten; Ursache (oft nicht erkennbar) Vorlesung 10 5.1.10 Thema: Forensische Psychiatrie: der 20 §StGB - Forensik leitet sich von Forum (=öffentlicher Platz) ab Befasst sich mit Rechtsproblemen In der Forensik gibt es Überschneidungen zwischen Juristen und Ärzten, Therapeuten, Psychologen Wichtigstes: diagnostisches Gebiet und Gutachten 1.diagnostischer Anteil Vorgehen: 1. Seelische Störung bezogen auf Gutachtensfrage 2. Minderung von Fähigkeiten unabhängig von seelischen Störungen 3. Kausale Beziehung herstellen, um zu schauen, ob Minderung von Fähigkeiten durch seelische Störung begründet ist 2.therapeutischer Anteil - im Maßregelvollzug wird behandelt und therapiert. Hier treffen viele Berufsfelder (Therapeut, Ärzte, Juristen…) aufeinander 3.beratende Funktion -anderen Ärzten Rat geben oder Deutung/Anwendung von Gesetzeswerken Wichtigste Gesetzeswerke Strafrecht: -StGB -StPo (Strafprozessordung) Bürgerliches Recht: -BGB -FGG (freiwilliges Gerichtsbarkeitsgesetz)- Wann wird Gutachter tätig? -ZPO -Psych. KG – Wann Patient gegen Willen in Klinik kommt usw. Sozialrecht: -SGB 1-12 Wichtig vorallem 5 (Kranker), 6 (Erwerbsunfähigkeit) und 7 1. § 20 StGB und § 21 StGB § 20 1.Teil - Prüfen, ob jemand ohne Schuld ist Schuld wird nicht eigenständig, sondern über eine Negation definiert Was ist Schuld? - Unrecht Tun reicht nicht zur Schuld, sondern muss vorwerfbar sein und daraus resultiert Schuld Inwieweit ist ein Mensch schuldfähig? - o Determinismus: Mensch ist festgelegt im Handeln, d.h. er lernt auch nicht aus Fehlern (am Tun nicht schuldhaft) o Indeterminismus: Mensch ist nicht festgelegt und besitzt innere Freiheit Nach heutiger Annahme sind beide nicht bewiesen, doch das Schuldrecht in Deutschland geht von dem Indeterminismus aus Unter Umständen des Krankseins ist die Vorwerfbarkeit des Tuns oft nicht gerechtfertigt § 20 2.Teil - 4 diagnostische Kategorien: seelische Störung, tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn und Abartigkeit finden im klinischen Alltag kaum Verwendung. Histor. Hintergrund: Juristen sagen, dass Diagnose vor der Tat bestehen muss Kategorien haben Problematik: Krankhaft es gibt auch nicht krankhafte seelische Störungen Bsp. dissoziale PSK Diagnosen gehen mit Schweregrad einher Bsp. Schizophrenie ist eine schwere Krankheit, dagegen hat eine Persönlichkeitsstörung nicht so einen großen Schweregrad. Es ist nicht gerechtfertigt so zu urteilen, weil die Krankheiten in schwerem oder leichten Ausmaß vorkommen können. Es muss betrachtet werden, ob die Krankheit schwer oder leicht ausgeprägt ist Gesetz geht dabei nicht so vor In das Gutachten wird aufgenommen: Krankhafte seelische Störungen - Konstitutionell bedingte Störungen: Schizophrenie, Paranoia.. Schädigungsbedingte und Vigilanzstörungen, wenn sie schwer ausgeprägt sind Mischung aus konstitutionell und schädigungsbedingten Störungen: Rausch, Dämmerzustand Problem: Zum Bsp. muss nicht jeder manische Mensch zur Straftat kommen, es gibt auch Straftäter die nicht manisch sind konstitutionell bedingte Störungen gehen nicht zwingend mit Straffälligkeit einher, auch nicht wenn sie sehr schwer sind Komorbiditäten? Bsp. Straffällig geworden & Wahnsymptomatik Tief greifende Bewusstseinsstörung - Bewusstsein darf nicht mit Wachheit gleichgesetzt werden Gesetzgeber fordert tief greifende Bewusstseinsstörung, denn leichte Bewusstseinsstörung kann beispielsweise schon nach 1h Uni auftauchen Affekthandlung o Bewusstsein engt sich durch Erregung ein o Geschieht unvorbereitet aus Umständen heraus o Übermüdung, Alkoholisierung o Tat wird nicht herbeigeführt, sondern erlitten o Starke, innere Erregung o Physiolog. Reaktionen: blasse Haut, Schweißausbrüche, Zittern am Körper o Kurzer Handlungsablauf gehört dazu o Tun ist nicht bewusst. Betroffene reflektiert nicht und somit ist Handlung nicht bewusst o Unbeachtet äusserer Umstände o Erinnerung im Nachhinein gestört wichtiges, aber weiches Kriterium, weil jeder kann sagen, dass er keine Erinnerung mehr hat um Strafe zu mindern Schwachsinn - Alter Begriff, umgangssprachlich Betroffene ist schwachen Sinnes Anlagebedingt oder durch Hirnschädigung verursacht (keine Trennung) Gesetz setzt schweren Schwachsinn voraus Abartigkeit - - Problem: Trennung von Krankheit und Abartigkeit (gibt bestimmte Übergänge) Verlauf, Prognose ist wichtiges Krankheitskriterium Ähnliche Familienanamnesen verschiedene seelische Störungen in gleichen Prozentsätzen Ursprünglich statistischer Begriff etw. ist nicht häufig Oft dissoziale PSK o Süchtiger Mensch (auch in krankhafter seelischer Störung) o Dissoziale PSK o Sexualstörungen o Monomanie (Kleptomanie, Pyromanie, Poriomanie, Kaufsucht/Spielsucht) eine Abartigkeit kann nicht schwerer als eine andere sein § 21 - - Prüfung Minderung von Fähigkeiten unabhängig von Krankheit Hätte Straftäter während seine Tat als unrecht empfunden? Unterbricht Täter die Handlung? Einsicht in Unrecht Drohung der Betroffenen Unrecht des Tuns bewusst Verbergen Unrechtsbewusstsein Unrechtsbewusstsein nicht erhalten nicht weiter prüfen Unrechtsbewusstsein erhalten prüfen, ob Steuerungsunfähigkeit (Hätte der Betroffene auch anders handeln können?) Steuerungsunfähigkeit: - Handlung ungeordnet -Handlungsablauf geordnet, wenn Ziel in Sicht Verknüpfung von Diagnosen und Unfähigkeiten Gedankliche Prüfung: seelische Störung wegdenken- Entfällt Unfähigkeit? Dann ist Kausalzusammenhang daWegdenken einen Kausalfaktors. Entfallen andere Bedingungen auch, dann Kausalzusammenhang da § 61 - Ohne Schuld, keine Strafe 11. Vorlesung: Prognose im Gutachten - Prognose in der Klinik (12.Januar.2010) 1. Prognostische Fehler 2. Einfluss auf die Prognosestellung - Einflüsse des Gutachters - Eigenschaften des Begutachteten - Aktueller Zustand - Betrachtung der Vergangenheit - Möglichkeiten der Zukunft 3. Fallvorstellung 1. Prognostische Fehler: >Die Prognose stellt einen sehr wichtigen Aspekt in der psychiatrischen Arbeit dar. > Im Strafrecht: § 63 + 64 => Maßregelvollzug § 66 § 125 A STGB § 154 => vorzeitige Entlassung > Auch in der Klinik: Sozialstörung => ist eine seelische Störung; Kriterien im Strafrecht sind auch übertragbar auf andere seelische Störungen > Prognostische Fehler: - Richtig positiv: Ergebnisteil tritt ein; Prognose war richtig - Richtig negativ: Ergebnisteil tritt nicht ein; Prognose war richtig - Falsch positiv: Ergebnisteil tritt ein; Prognose war falsch; Beispiel: Starftäter soll verurteilt werden; Tat kann wieder eintreten, es kommt jedoch nicht zu einem Rückfall => Prognose zu Lasten des Betroffenen (Straftäter) - Falsch negativ: Ergebnisteil tritt nicht ein, Prognose war falsch; Beispiel: Straftäter soll verurteilt werden; Prognose: Täter wird nicht rückfällig => Aber: wird doch rückfällig => Prognose zu Lasten der Allgemeinheit => Man irrt sich immer wieder, nähere Prognosen, für die nahe Zukunft sind einfacher als die Vorhersage von weit in der Zukunft liegenden Ereignissen => Prognosen sind z.T. unzuverlässsig > Eine Prognose funktioniert besser als der Zufall, wenn sie in mehr als 50 % der Fälle richtig liegt => schwer! 2. Einfluss auf die Prognosestellung: - Einflüsse des Gutachters: - Alter, Erfahrung, Genauigkeit, Sorfalt, Unvoreingenommenheit, Geschlecht (Männer sind unsicherer bei Gefährlichkeitseinschätzung von Frauen und umgekehrt) - Begutachteter selbst: - Alter, Geschlecht (z.B. bei Gewalt- und Sexualdelikten ist die Prognose nach dem 40.ten Lebensjahr positiver) Prinzipiell haben Männer negativere Prognosen, als Frauen Aufteilung nach: 1. Aktueller Zustand 2. Vergangenheit 3. Zukunft 1. Aktueller Zustand: - Alter, Geschlecht - Ausprägung des gestörten Sozialverhaltens - Wille zum erneuten Delikt => eher rückfällig - Einsicht in die eigene Schuld: Bei geringer Einsicht => eher rückfällig (geringere prognostische Kraft) - Wille zur Hilfe: Therapiewilligkeit => bessere Prognose (höhere prognostische Kraft) - Ausprägungen begleitender seelischer Störungen: Beispiel: Sucht kann zu Delinquenz, Wahn etc. führen => Prognose bei aktuell bestehenden Störungen schlechter 2. Vergangenheit: - Familienanamnese: Bei Auffälligkeit der Familienanamnese von Straftätern => eher rückfällig => schlechtere Prognose (geringe prognostische Kraft) - Frühes Einsetzen der Delinquenz / seelischen Störung: frühes Einsetzun + über langen Zeitraum anhaltendes Fehlverhalten => schlechte Prognose (höhere prognostische Kraft) - Widerruf früherer Bewährungsauflagen/ Rückfall in Bewährungszeit: schlechte Prognose - Regelbrechen im Strafvollzug: schlechte Prognose - Fluchtneigung: schlechte Prognose - Zeit des Unentdecktseins: Keine Straftaten => bessere Prognose - Basisrate des Delikts: Basisrate = Anzahl Rückfälliger Anzahl der Straftäter Beispiel: 100 Pädophile; nach 10 Jahren werden 50 wieder rückfällig Basisraten (Untersuchung von Beck): 108.000 Straftäter über 3 Jahre untersucht (Alle Strafttaten) => 41,4% wurden wieder rückfällig - Zu Sexualdelikten: (Viele versch. Untersuchungen) => häufig um ca. 50% Rückfall - Kastration drückt die Rückfallquote auf ca. 3% => Ist in Deutschland nur im Einverständnis mit dem Täter vom Gericht zu verlangen - Basisraten sind immer abhängig vom entsprechenden Land und den zugehörigen Gesetzen (kompliziert damit umzugehen) => Basisraten müssen regelmäßig erneuert werden => geben nur eine ungefähre Sicherheit Ausgangsdelikt: Mord Raub Drogendelikt Einbruch Basisrate: 6,6% 19,6% 24,8% 31,9% - Basisraten steigen mit den Jahren an (Je länger der Zeitraum, in dem der Täter straffrei war, desto höher die Wsk., dass er rückfällig wird) Je größer der Zeitraum, desto größer die Basisrate => Einfluss auf Prognose! (leichtere Voraussicht auf die nahe Zukunft) - Unspezifische Vorhersage besser als Spezifische (genaue Verbrechensart) - Seelische Störung in ihrem frühen Verlauf => bei schwerem Verlauf: negative Prognose Schwankungen => eher positive Prognose 3. Zukunft: - Wiederholbarkeit der Tat: Wiederherstellbar der bestimmten Konstellation => Negative Prognose - Möglichkeiten zur Lebensgestaltung und Wille => z.B. Arbeit => bei positiven Möglichkeiten => positive Prognose - Wohnen: Familie, Verband etc. Positive Prognose - Soziale Kontrolle: vorhanden => positive Prognose - Weitere Therapie => ambulante Betreuung etc. => positivere Prognose Es bleibt: Prognosen sind schwierig zu stellen, vor allem wenn sie in die weite Zukunft reichen sollen. 12. Vorlesung 26.01.2010 Einwilligungsfähigkeit und Bevollmächtigung 1. die freie Willensbestimmung 2. Die Nichtigkeit einer Willensbestimmung §105 BGB " Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig" §104 BGB "Geschäftsunfähig ist, wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat; wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist." 3. Einwilligungsunfähigkeit als Sonderfall 4. Bevollmächtigung und Betreuung 1. Die freie Willenbestimmung: Bürgerliches Recht => Der menschliche Wille steht im Zentrum Willensbestimmung: Lust auf Gegenstand (Kant) Grenze der Vernunft Willensbestimmungen im Bereich der Freiheit (durch nichts gehindert innerhalb der Vernunft) Willensbestimmungen nicht im Bereich der Freiheit Bestimmtes Feld wird rausgesucht; außerhalb der Vernunft => unfrei Beispiel: Blinder wird Bildhauer => kann in Vernunft sein 2. Die Nichtigkeit einer Willensbestimmung §105 BGB " Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig" => müssen nicht beachtet werden §104 BGB "Geschäftsunfähig ist, wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat; wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist." => Willenserklärung ist unvernünftig Im Medizinischen: Maßnahmen einwilligen / ablehnen (rechtskräftig) Ablauf: 1. Patient einwilligungsfähig => zunächst wird davon ausgegangen 2. Zweifel im Verlauf des Gesprächs etc. 3. Prüfung der Einwilligungsunfähigkeit (Nichtigkeit) Zu überprüfen: A: Seelische Störung B: Einwilligungsunfähigkeit C: Kausalzusammenhang zwischen A und B A: Seelische Störung: - 1. Schädigungsbedingte Störungen: Vigilanz und Gedächtnis Bsp.: Koma, schwere Gedächtnisstörung - 2. Konstitutionell bedingte - / Persönlichkeitsstörungen - Schwere Depression, Manie, Wahn, Suizidalität - 3. Kombination aus 1. und 2. : Rausch, Aphasien etc. B: Einwilligungsunfähigkeit: Muss unabhängig von der Diagnose sein! - 1. Unfähigkeit ärztlichen oder therapeutischen Vorschlag zu erfassen => Patient muss begreifen => Diagnose, (Komplikationen, keine Behandlung) Konsequenzen => Verständnis muss nachgefragt werden Bsp.: Was haben Sie für eine Diagnose? ; Was passiert, wenn Sie nicht therapiert werden? => Das nur ein gewisser Teil verstanden wird, muss akzeptiert werden! - Orientiertheit zur Situation Bsp.: Weshalb sind Sie hier in der Klinik? => Desorientierung zu Ort, Person und Zeit ist nicht ganz so wichtig, solange die Krankheit bekannt ist -2. Ärztliche Dinge behalten/ erinnern => ausreichend stabile Erinnerung Bsp.: Herzpatienten: Orientierungslosigkeit, Gedächtnisstörungen => Lucides Intervall: Zeiten in denen der Patient klar ist, geht schnell vorbei/ schwankt schnell => Schwankungen möglich => 14 tägige Stabilität muss gegeben sein - 3. Unfähigkeit vernünftigen eigenen Willen zu haben und zu äußern => ist nicht so einfach zuerkennen ob ein Wille vernünftig ist, oder nicht; der eigenen Wille ist nicht klar nachweisbar, lässt sich schnell ändern; Äußerung des Willens kann erschwert sein z.B. durch Depression oder Aphasie C: Kausalzusammenhang zwischen Krankheit und Unfähigkeit: Bedingung ohne die es nicht geht => Bsp.: Manie als kausale Grundlage für Einwilligungsunfähigkeit => Patient Einwilligungsunfähig => Neuen Wille finden! 4. Bevollmächtigung und Betreuung - Früherer eigener Wille des Patienten wird gesucht (z.B. durch Weitergabe des Willens durch Ehefrau etc.) - Vollmacht / Verfügung => zum Zeitpunkt der Verfügung muss der Patient einwilligungsfähig sein! => keine standardisierten Formen (früherer Wille soll beachtet werden) Problematik der Vollmacht: Bei Unfähigkeit der Entscheidungsfindung Bsp.: Bestimmung des Aufenthalts, Vermögen, Gesundheitssorgen, Behördenangelegenheiten => Für eine vollständige, rechtlich anerkannte Vollmacht benötigt man die Unterschrift eines Arztes, der die Einwilligungsfähigkeit bestätigt => Fälschungen und Missbrauch sind möglich - Zentrale Verwaltung für Bevollmächtigungen: Bevollmächtigung offen halten und Verwandten klarmachen - Betreuung einrichten (keine früheren Aussagen vorhanden) - § 1896 BGB und folgende Betreuer für bestimmte Aufgaben (organisatorische), sollte der Patient beantragen; andere können beim Vormundschaftsgericht Anregungen für Betreuung geben Rücksicht auf Wunsch des Patienten!!! - Vermögen, Verwaltung verschiedener Dinge, Gesundheit etc. => verschiedene Betreuer sind möglich, sind auf bestimmte Zeit festgelegt, vorläufig 3 Monate, dann längerfristig - Meist sind Betreuer Angehörige, aber auch Vereinsbetreuer oder Behördenbetreuer sind möglich - Ops, Eingriffen etc. müssen zugestimmt werden; nur wenn bei dem Patient Geschäftsunfähigkeit vorherrscht kann der Betreuer gegen seine Willen handeln / entscheiden - Der Betreuer ist unter der Vormundschaft des Gerichts z.B. bei Gehirn OP => Gutachten für Richter muss vorhanden sein 13. Vorlesung: 02.02.10 : Die Freiheitsbeschränkung des psychisch Kranken 1. 2. 3. 4. StGB § 34 – Rechtfertigender Notstand BGB § 1903 – Einwilligungsvorbehalt BGB § 1906 – Genehmigung… der Unterbringung Psychiatrisches Krankengesetz (Thüringer Psychiatrisches ThürPsychKG) Krankengesetz, Freie willentliche Bestimmung; darf nicht einfach so gebrochen werden, manchmal muss dennoch dagegen vorgegangen werden => geht bei: Gefahr für Andere, Gefahr für sich selbst, Ehre Freiheit, Eigentum und Gesundheit => Vorgehen gegen Freiheit? 1. StGB § 34 – Rechtfertigender Notstand: Wenn in eine Gefahr eingegriffen wird (unmittelbar) muss geschütztes Interesse vor dem beeinträchtigten überwiegen => muss intuitiv in der Situation entschieden werden; tritt manchmal auch einfach so ein; ohne Zeit für Recht etc. 2. BGB § 1903 – Einwilligungsvorbehalt: Betreuungsrecht: Wille eines anderen blockieren Ein Richter muss die Betreuung einwilligen; bei ca. 3-5% der Betreuten; Die Willensbeschränkung muss von einem Gutachter bestätigt werden. Der Betreute kann seinen Willen äußern, der Betreuer muss aber am Ende zustimmen Bsp.: Autokauf Im Gesundheitlichen: Ops => Bsp.: Schönheitsop kann durch Betreuer blockiert werden etc. Problem: Betreuung nicht überall bekannt Verweigern eines ärtzlichen Rates: Bsp.: Patient weigert sich ein Medikament zu nehmen => Der Wille des Patienten kann nur blockiert werden, nicht aber ein anderer Wille durchgesetzt werden! 3. BGB § 1906 – Genehmigung… der Unterbringung Bedeutet einen Eingriff in die Freiheit => Unterbringung gegen den Willen des Patienten Voraussetzung: Betreuung bereits vorhanden Der § 1906 schütz nur den Betreuten; nur zum Schutz des Betroffenen, nicht für Allgemeinheit Betreuungsrecht: => Schutz der Einzelperson Strafrecht: => Schutz der Umwelt / Allgemeinheit Zwang bei Suizid und Selbstbeschädigungen (körperlich); Bsp.: Entlassung nach Krankenhausaufenthalt wegen Lebererkrankung => Unterbringung aus Sorge vor gefährlichem Verhalten Untersuchung, ärztlicher Eingriff oder Heilbehandlung => Bei Gefahr ohne die Untersuchungen => Zwang => Nur Unterbringung nicht direkte Behandlung Hierbei handelt es sich nicht um ärztliches Recht, sondern um Hoheitsrecht => juristisch / richterlich Es kann zur Unterbringung in einer psychiatrischen oder einer normalen Klinik kommen (fixiert durch Medikamente => Kritisch!!) => normale Fixierung => Nur bei Gefahr und zum eigenen Wohl => muss gutachterlich beurteilt werden (Krankheitsdiagnose etc.) => eine richterliche Zustimmung ist immer wieder notwendig!! => vor allem bei Regelmäßigkeiten oder Fixierungen die über längeren Zeitraum geht => Freiheitsbeschränkung! Im Notfall sollte lieber polizeiliche Unterstützung eingeholt werden um Patienten zu fixieren bzw. vor Flucht zu hindern; nicht eigene Gefährdung eingehen! 4. Psychiatrisches Krankengesetz (Thüringer Psychiatrisches Krankengesetz, ThürPsychKG) Über 100 Jahre alt; früher noch als Hausordnung bezeichnet Heute: Landesrecht von 1992; voriges Jahr erneuert; in jedem Bundesland etwas unterschiedlich Mittelding: eigener Schutz und Schutz für Allgemeinheit Keine Betreuung notwendig => ermöglicht schnelleres handeln Es kann gegen den Willen des Patienten gehandelt werden, aber nur mit richterlicher Zustimmung §1 Sinn: vorbeugend (vor Schaden) => Sozial psychiatrischer Dienst SPDi => vom Amtsarzt organisiert => muss psychiatrisch erfahren sein Der SPDi wird tätig, wenn Personen aus der Bevölkerung auf bestimmte Personen hinweisen => Vorbeugen!! (Gespräch mit dieser Person suchen und Gefahr einschätzen) => Die Zustimmung der Person ist später sehr hilfreich und wird zunächst angestrebt - Gefordert: Leben, Gesundheit des Betroffenen; Gefahr: Rechtsgüter Anderer - Nachweis psychischer Krankheit muss erbracht werden => Kausaler Zusammenhang aus beidem > Aufgaben des sozialen Dienstes: - Unbefangenheit in der Therapie zu gewährleisten => Therapeut muss nicht alles allein entscheiden - Dient als weitere Kontrollinstanz - Der Kranke wird in einer zweiten Instanz beredet => Einwilligung aus eigenem Wille heraus möglich => Wenn Patient nicht einstimmt: Antrag bei einem Richter nur mit psychiatrischen Gutachten möglich > Sozialer psychiatrischer Dienst hat stellvertretende hoheitliche Macht => Einsperrung nur für 24 Stunden möglich => gleichzeitig muss ein Richter informiert werden, auch wenn die Möglichkeit besteht, dass der Patient am nächsten Tag wieder klar ist > Die Rechte des Patienten müssen eingeschätzt werden: Untersuchung, Behandlung, Besuch, Ausgang, Postverkehr > Kontrollinstanzen: 1. Besuchskommission: routinemäßige Untersuchung von Personen aus dem Ministerium, Klinikpsychiater von anderen Kliniken, Vertreter des Landesverbands psychisch Kranker, sozial psychiatrischer Dienst => sprechen mit Patienten etc. => Dadurch kann Missbrauch vermieden werden 2. Patientenfürsprecher: Sprecher für Patienten (z.B. berenteter Psychiater) => Beschwerden und Wünsche werden aufgenommen und bearbeitet