Therapiekonzept - SKM - Katholischer Verein für soziale Dienste

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SKM – Katholischer Verein
für soziale Dienste Bocholt e.V.
Friesenstraße 5
46395 Bocholt
Tel.: 02871-8891
Fax: 02871-14267
Email: [email protected]
Therapiekonzept
Ambulante medizinische Rehabilitation
Pathologisches Spielen
Ergänzung zum Therapiekonzept Alkohol-, Medikamenten und Drogenabhängigkeit
Inhalt:
Seite
1. Beratungsstelle für Suchtkranke, Suchtgefährdete und Angehörige des SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste Bocholt e.V.
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1.1. Träger
1.2. Standort und Einzugsgebiet
1.3. Angebote des SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste
1.4. Personal der ambulanten medizinischen Rehabilitation
1.5. Räumlichkeiten
1.6. Vernetzungen
1.7. Öffentlichkeitsarbeit
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2. Theoretische Grundlagen
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2.1. Krankheitsmodelle
2.2. Diagnostische Kriterien nach ICD 10 und DSM
2.3. Persönlichkeitsmodell und Suchtverlauf
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3. Rehabilitationsindikationen und -kontraindikationen
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4. Rehabilitationsziele
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5. Ambulante Therapie
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5.1. Therapievertrag
5.2. Therapeutisches Setting
5.2.1. Einzelgespräche
5.2.2 Gruppengespräche
5.2.3. Bezugspersonengespräche
5.2.4. Sport und Freizeitverhalten
5.2.5. Regeldauer
5.2.6. Zeiten
5.2.7. Teamsitzungen
5.2.8. Indikationsteam/Beratungsstellenarzt
5.2.9. Supervision
5.2.10. Fortbildungen
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6. Therapiephasen
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6.1.
6.2.
6.3.
5.4.
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Vorbereitung zur ambulanten medizinischen Rehabilitation
therapeutische Orientierungs- und Intensivphase
Stabilisierung/Rückfallprophylaxe
Ablösungsphase
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7. Besonderheiten im Verlauf
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7.1. Krisen
7.2. Rückfall
7.3. ungeplante Maßnahmenbeendigungen
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8. Dokumentation
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8.1. Patientenunterlagen
8.1.1. Arztbericht
8.1.2. Sozialbericht
8.1.3. Zwischenbericht/ärztlicher Entlassungsbericht
8.2. EBIS
8.3. Evaluation
8.4. Qualitätsmanagement
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9. Nachsorge
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1. Beratungsstelle für Suchtkranke, Suchtgefährdete und Angehörige des
SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste Bocholt e.V.
1.1. Träger
Die Vereinsgründung des SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste Bocholt e.V.
fand 1925 statt, damals unter dem Namen: „Sozialdienst Katholischer Männer –
Ortsgruppe Bocholt“. Verantwortlich für den Verein ist bis heute ein ehrenamtlicher
Vorstand. Dieser entschied sich im Jahr 1969 für den Schwerpunkt Suchtkrankenhilfe.
Für den Vorstand, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste steht der Mensch stets im Mittelpunkt des Tun und Handelns.
1.2. Standort und Einzugsgebiet
Die Stadt Bocholt liegt im westlichen Münsterland, direkt an der holländischen Grenze. Bocholt hat ca. 74.000 Einwohner. Die Beratungsstelle des SKM – Katholischer
Verein für soziale Dienste ist zusätzlich für die Städte Rhede und Isselburg tätig, der
gesamte Einzugsbereich umfasst ca. 100.000 Einwohner.
1.3. Angebote des SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste
Bocholt e.V.
Beratungsstelle für Suchtkranke, Suchtgefährdete und Angehörige
Die Beratungsstelle für Suchtkranke, Suchtgefährdete und Angehörige ist eingebettet
in ein umfassendes Angebot für Menschen die Unterstützung in aktuellen Lebensfragen benötigen. Der SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste versteht sich als
Teil des pluralen und öffentlichen Lebens und bietet dort mit seinen caritativen Diensten Hilfsangebote für Menschen in unterschiedlichen Notlagen an. Die Kernarbeitsbereiche sind Beratung, Vermittlung, Prävention und Therapie für suchtkranke Menschen.
Folgende Prinzipien sind von besonderer Bedeutung:
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Solidarität und christliche Mitmenschlichkeit sollen durch die Arbeit der Beratungsstelle verdeutlicht werden;
Der Mensch steht mit seinen Nöten, Krankheiten und Notlagen im Mittelpunkt;
Jeder Mensch hat ein Recht auf Hilfe und Unterstützung;
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Die Kontaktaufnahme erfolgt auf freiwilliger Basis;
Ziel der Arbeit ist es Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, soweit dies möglich ist;
Unbedingte Verschwiegenheit und Vertraulichkeit wird zugesichert und erwartet;
Die Richtlinien des Datenschutzes sind gewährleistet.
Ambulant Betreutes Wohnen für suchtkranke und psychisch Menschen
Das Ambulant Betreute Wohnen für suchtkranke und psychisch kranke Menschen ist
eine sinnvolle und notwendige Ergänzung der Suchtberatung. Der SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste ist seit 2000 insbesondere für die Städte Bocholt,
Rhede und Isselburg zuständig und erweiterte das Angebot für die Städte Borken,
Raesfeld, Heiden und Reken. Ein Vertrag und eine Leistungsvereinbarung mit dem
Landschaftsverband Westfalen-Lippe ist Grundlage der Arbeit. Seit Oktober 2015
haben wir zusätzlich die Leistungsvereinbarung für das Ambulant Betreute Wohnen
für psychisch Kranke abgeschlossen, so dass wir den Menschen mit Komorbidität
besser gerecht werden.
Wohngemeinschaft
Die Einrichtung einer Wohngemeinschaft für alleinstehende suchtkranke Männer ist
im Jahr 1985 als ein weiterer Baustein dazu gekommen. Die Wohngemeinschaft des
SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste verfügt über drei Plätze. Diese werden
von Menschen aus dem Bereich Ambulant Betreutes Wohnen belegt und ist ein weiterer Baustein in der Suchtkrankenhilfe.
„Kolibri“
Im Jahr 1989 begann die „familienorientierte Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
suchtabhängiger Eltern/-teile“; das Projekt trägt den Namen „Kolibri“ und ist weit über
die Grenzen Bocholts bekannt. Diese wichtige prophylaktische Arbeit mit Kindern
und Jugendlichen, die ein achtfach höheres Risiko haben, selbst wieder abhängig zu
werden, wurde bis heute trotz finanzieller Engpässe mit viel Engagement, Ehrenamt
und Spenden vom SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste aufrechterhalten.
Im Schnitt werden 50 Kinder und Jugendliche jährlich betreut.
Ambulante Medizinische Rehabilitation für Abhängigkeitskranke
Die ambulante medizinische Rehabilitation für Abhängigkeitskranke ist seit 1994 Bestandteil des Angebotes für suchtkranke Menschen (SGB IX – 22. Juni 2001). Der
SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste hält somit für den Südkreis Borken
eine umfassende und komplette Versorgung für suchtkranke Menschen und deren
Angehörige vor. Die ambulante medizinische Rehabilitation wird ebenfalls für drogenabhängige Menschen durchgeführt.
Familienberatung
Seit Bestehen des SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste ist dessen Aufgabe
auch die klassische Sozialarbeit mit den Aufgaben in der Jugendhilfe und des allgemeinen sozialen Dienstes. Die Familienberatung ist eine wichtige Ergänzung der
Suchtkrankenhilfe, da hier unter anderem rechtliche und finanzielle Probleme in Angriff genommen werden können. Dabei ist die Vernetzung mit dem Servicepunkt Ar5
beit, sowie der Entwicklungsgesellschaft Bocholt (EWIBO), die für Arbeitsplätze und
Wiedereingliederung zuständig ist, von immenser Bedeutung.
Drogenberatungsstelle
Der SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste betreute von Anfang an auch drogenabhängige junge Menschen. Im Jahr 1988 wurde eine Drogenberatungsstelle
eingerichtet, mit den Zuständigkeiten zunächst für Bocholt, Rhede und Isselburg,
später erweiterte der SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste sein Angebot für
den südlichen Kreis Borken mit den wöchentlichen Sprechstunden in Borken und
Reken.
Beratung bei Pathologischem Spielen
Seit dem 1. April 2014 hat der SKM Katholischer Verein für soziale Dienste Bocholt
e.V. ein eigenes Angebot im Bereich des Pathologischen Spielens (1/2 Personalstelle). Finanziert wird das Angebot von der Stadt Bocholt, die einen Teil der Vergnügungssteuer für die personelle Erweiterung der Beratung für pathologisches Spielen
zur Verfügung stellt.
Psychosoziale Begleitung Substituierter
Eine sinnvolle Erweiterung der Drogenarbeit bildet seit 1999 die psychosoziale Begleitung Substituierter. Der SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste ist hier für
den gesamten Südkreis Borken alleiniger Anbieter. Die enge Zusammenarbeit mit
den substituierenden Ärzten und die psychosoziale Betreuung, Vermittlung in Arbeit,
etc. macht einen großen Teil der Arbeit aus.
Arbeit mit suchtgefährdeten/-abhängigen ALG II – Empfängern
Seit 2013 bietet der SKM Katholischer Verein für soziale Dienste Bocholt e.V. eine
sozialpädagogische Unterstützung für suchtgefährdete und suchtabhängige ALG II
Empfänger an. Die Trennung Fallmanager und sozialarbeiterische Unterstützung
zeigt nachhaltige Erfolge. Hausbesuche und niederschwellige Angebote bieten den
Betroffenen wieder die Möglichkeit in den Arbeitsmarkt zu finden und/oder sich frühzeitig zur Beratung und Behandlung zu entscheiden (siehe Jahresbericht).
1.4. Personal der ambulanten medizinischen Rehabilitation
Gemäß und analog der „Vereinbarung für Abhängigkeitserkrankungen“ (4. Mai
2001ff) arbeiten in der Suchtberatungsstelle (Anlage) im Bereich der ambulanten
medizinischen Rehabilitation fünf hauptamtliche, therapeutische Mitarbeiter bestehend aus den Berufsgruppen Arzt/Psychiater, Diplom-Psychologen, DiplomSozialarbeiter bzw. Diplom-Sozialpädagogen.
Näheres ist dem aktuellen Personalstandsplan, der halbjährlich aktualisiert wird, zu
ersehen.
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1.5. Räumlichkeiten
Jede Fachkraft verfügt über ein eigenes Arbeitszimmer. Für die Gruppenarbeit stehen zwei Gruppenräume (36qm + 28 qm) zur Verfügung. Die Beratungsstelle ist behindertengerecht eingerichtet und der Umbau wurde von der Aktion Mensch gefördert. Die Drogenberatungsstelle verfügt über eine eigenen Gruppenraum, sowie einem niederschwelligen Cafebereich.
1.6. Vernetzungen
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SKM – Katholischer Verein für soziale
Dienste bringen ihre fachliche Kompetenz mit in die stationäre, qualifizierte Entgiftung (St. Vinzenz Hospital in Rhede, Psychiatrisches Krankenhaus) ein. Mit den
Suchtpatienten führen dort die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wöchentlich eine
Gruppe durch (á 75 Minuten), um den Kontakt zu den Patienten herzustellen, zu fördern und den Weg in die Beratungsstelle für die Betroffenen so leichter zu ermöglichen.
Ebenfalls führen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SKM – Katholischer Verein
für soziale Dienste ein gemeinsames wöchentliches Team mit der Leitung der
Suchtstation, um die Diagnosen, die möglichen Indikationen, den Behandlungsplan
und die Perspektiven für den Patienten zu erarbeiten. Gemeinsame Zielvereinbarungen und Therapiepläne können so frühzeitig in Angriff genommen werden. Der fachliche Austausch ist effizient und hat sich über die Jahre für beide Seiten bewährt. Die
Zusammenarbeit mit dem Beratungsstellenarzt ist auch an dieser Stelle gewährleistet.
Die Suchtberatungsstelle des SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste arbeitet
eng mit der Selbsthilfe (Kreuzbund und Anonyme Alkoholiker) vor Ort zusammen.
Monatlich treffen sich die Gruppenleiter der Selbsthilfe mit dem therapeutischen Personal der Beratungsstelle zur Supervision. Dort wird auch die Übergabe der Patienten aus der ambulanten medizinischen Rehabilitation in die Gruppen besprochen.
Gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit (z.B. während der Suchtwoche) ist dabei selbstverständlich. Der Kreuzbund ist dabei sich auch für Spieler zu öffnen, daher sind die
gemeinsamen Treffen für dieses Klientel wichtig geworden.
In letzter Zeit häufen sich die gemeinsamen Kontakte mit den örtlichen Jugendämtern. Die mögliche Inobhutnahme (Ursache: § 8a SGB VIII) von jüngeren Kindern ist
aufgrund der bekannten Vorfälle von Vernachlässigung zum aktuellen Thema geworden. Dies betrifft in letzter Zeit immer mehr Familien mit kleinen Kindern, in denen
die Mütter trinken. Es entwickeln sich daraus eine Zusammenarbeit mit den Jugendämtern, der Sozialpädagogischen Familienhilfe und anderen Trägern der örtlichen
Jugendhilfe. Jugendhilfe und Suchthilfe rücken enger zusammen.
Eine weitere Vernetzung gibt es mit dem Krankenhaus Bocholt, dort gibt es ein prophylaktisches Angebot für Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren) und deren Eltern die alkoholisiert im Krankenhaus behandelt werden (Katertalk – Jahresbericht Kolibri).
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1.7. Öffentlichkeitsarbeit
Eine Aufgabe der Suchtberatungsstelle des SKM – Katholischer Verein für soziale
Dienste ist es, das Thema „Suchterkrankungen, Missbrauch und Abhängigkeit“ im
Blick zu haben und eine regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit zu schaffen. Es gilt, im
kirchlichen und gesellschaftlichen Raum auf die allgemeine Suchtproblematik hinzuweisen und Strategien der Veränderung zu entwickeln. Die Öffentlichkeitsarbeit mit
den Themen Sucht und Abhängigkeit soll den Menschen die Schwellenangst nehmen, damit sie die Beratungsangebote des SKM – Katholischer Verein für soziale
Dienste wahrnehmen können. Regelmäßige öffentliche Auftritte bei „Suchtwochen“
und Ausstellungen zum Thema „Sucht und Abhängigkeit“ finden oft gemeinsam mit
der Selbsthilfe statt. Im Jahr 2015 fanden Aktionstage „Sucht hat immer eine Geschichte“ statt, die vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter
des Landes Nordrhein Westfalen gefördert wird. Besondere Angebote gab es auch
im Bereich „pathologisches Spielen“ (siehe Anlage: Programmheft)..
Die präventive Arbeit findet zudem in Schulen, Betrieben, Kindergärten und in der
Öffentlichkeit statt. Ebenso ist „Kolibri“ als besonders anerkannte Präventionsmaßnahme zusehen, da sie mit einer Risikogruppe arbeitet (siehe 1.3.). Kinder und Jugendliche von „Spielern“ finden hier verlässliche Partner und können das Vertrauen
in Erwachsene zurückgewinnen.
In den politischen Gremien (Jugendhilfeausschuss, Sozialausschuss, Gesundheitsausschuss, GPV (Gemeindepsychiatrischer Verbund) im Kreis Borken) wird die Arbeit der Suchtberatungsstelle in regelmäßigen Abständen dargestellt und auf wichtige Entwicklungen hingewiesen, um gemeinsame prophylaktische Projekte zu entwickelt.
2. Theoretische Grundlagen
Verschiedene Studien zeigen, dass 70 bis 90% der Erwachsenen zumindest schon
einmal Glücksspiele gespielt haben. In Deutschland weisen 0,1 – 0,6% der erwachsenen Bevölkerung ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten auf
(Bühringer, Kraus, Sonntag, Pfeiffer-Gerschel & Steiner, 2007; Buth & Stöver, 2008,
zit.n. Mörsen, Löffler, 2008). Die Repräsentativerhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) aus dem Jahr 2013 ermittelte einen Anteil von 0,82
% von Menschen mit problematischem Glücksspielverhalten in der deutschen Bevölkerung (Die Bundesregierung: Drogen- und Suchtbericht 2014). Laut der Deutschen
Hauptstelle für Suchtfragen wird von 436.000 beratungs- und behandlungsbedürftigen pathologischen Spielern ausgegangen(Jahrbuch Sucht 2015). Als die größte
Gruppe der Betroffenen in den unterschiedlichen Institutionen des deutschen Hilfesystems wurden die Geldautomatenspieler identifiziert, aber auch Glücksspiele im
Internet, sowie Fußballwetten zählen zu den Spielformen mit einem erhöhten Suchtpotenzial (Meyer, 2008, zit.n. Mörsen, Löffler, 2008).
Die belegbaren Zahlen sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen, teilweise in
unterschiedlichen Untersuchungen bis zu 50% Steigerung in den letzten drei Jahren
(Jahrbuch Sucht 2015).
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2.1. Krankheitsmodelle
Die Folgen von (chronischen) Erkrankungen werden im ICF-Modell als das Ergebnis
einer Wechselwirkung von Krankheit, Individuum und seinem Kontext dargestellt.
Zum Kontext eines Menschen gehören sowohl die Lebensgeschichte und Persönlichkeit als auch die physische und soziale Umwelt. Dabei spielt der Lebenshintergrund meist eine große Rolle bei der Frage, ob ein gesundheitliches Problem bzw.
eine Krankheit (Bezugssystem: ICD 10) eines Menschen zu einer Gefährdung oder
Einschränkung seiner Teilhabe am Arbeitsleben und an der Gesellschaft führt.
Die ICF bietet einen systematischen Ansatz zur Betrachtung der Aus- und Wechselwirkungen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Diese geschieht auf den Ebenen
der Strukturen und Funktionen, der Aktivitäten und der Teilhabe an Lebensbereichen
(z.B. Erwerbsleben, Erziehung/Bildung, Selbstversorgung) einer Person vor dem Hintergrund ihrer Lebenswelt. Dabei finden sowohl mögliche Barrieren als auch Förderfaktoren Berücksichtigung.
Zu den funktionalen Problemen, d.h. den negativen Auswirkungen von Krankheiten
auf das Leben eines Betroffenen, gehören bei Menschen mit substanzbezogenen
Störungen vor allem Beeinträchtigungen in den Bereichen der Kommunikation, der
Emotionen, der Selbstversorgung, des häuslichen Lebens, der Interaktionen mit anderen Menschen und des Erwerbslebens. Unter Berücksichtigung der individuellen
biographischen, sozialen, kulturellen und materiellen Lebensbedingungen stellt die
Teilhabe (Partizipation) in diesen Bereichen die zentrale Zielkomponente für die Rehabilitation dar (SGB 9).
Die Bedeutung und Akzeptanz des biopsychosozialen Modells für die Rehabilitation
ist heutzutage nahezu unbestritten (Schliehe 2006).
Eine erfolgreiche Therapie muss den gesamten Kontext mit einbeziehen, eine rein
individualpsychologische (analytische) Therapie wird bei Menschen mit pathologischem Glücksspiel eher nicht funktionieren.
2.2. Diagnostische Kriterien nach ICD 10 und DSM
Charakteristische Merkmale von Missbrauch und Abhängigkeit sind in den internationalen Klassifikationssystemen (ICF, ICD-10 und DSM 5) definiert und diagnostizierbar. Im neuen Diagnostikmanual DSM 5 wird erstmals das pathologische Glücksspiel
als nicht stoffgebundene Störung im Kapitel „Sucht und zugehörige Störungen“ aufgenommen. Außerdem wird der Substanzmissbrauch und –abhängigkeit zu einem
gemeinsamen Störungsbild der „Substanzgebrauchsstörungen“ zusammengeführt, in
dem nun unterschiedliche Schweregrade der Störung benannt werden können. Außerdem liefert der neue DSM 5 auch das Kriterium „Craving“, das sich auch schon im
ICD-10 wiederfindet.
Nach ICD 10 besteht die Störung Pathologisches Glücksspiel im häufig wiederholten
episodenhaften Glücksspiel. Diese beherrscht die Lebensführung des Betroffenen
und führt zur Beeinträchtigung oder Verfall der sozialen, materiellen, beruflichen und
familiären Werte. Die Spieler beschreiben einen intensiven, kaum kontrollierbaren
Spieldrang, ihre Erwerbsfähigkeit wird dabei gefährdet, sie machen hohe Schulden,
lügen, stehlen oder handeln ungesetzlich, um an Geld zu kommen. Daneben stehen
die gedankliche und bildliche Vorstellung des Spielvorgangs und seine Begleitumstände im Lebensvordergrund, die sich in Form unterschiedlicher Stressoren in der
Häufung weiterer sich gegenseitig potenzierenden belastenden Situationen äußern
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und erheblich verstärken sowie zum dramatischen Szenario in allen Beziehungen
des sozialen Nahraum, bis zur Zerstörung, wirken können.
Nach ICD 10 (F 63. 0) sind diagnostische Kriterien für pathologisches Spielen:
Wiederholte (zwei oder mehr) Episoden von Glücksspiel über einen Zeitraum von
mindestens einem Jahr. Diese Episoden bringen den Betroffenen keinen Gewinn,
sondern werden trotz subjektivem Leidensdruck und Störung der Funktionsfähigkeit
im täglichen Leben fortgesetzt. Die Betroffenen beschreiben einen intensiven Drang,
zu spielen, der nur schwer kontrolliert werden kann. Sie schildern, dass sie nicht in
der Lage sind, das Glücksspiel durch Willensanstrengung zu unterbrechen.
Die Betroffenen sind ständig mit Gedanken oder Vorstellungen vom Glücksspiel oder
mit dem Umfeld des Glücksspiels beschäftigt. Das DSM 5 liefert differenzierte Kriterien und bezeichnet das pathologische Spielen als andauernd und wiederkehrend
fehlangepasstes Spielverhalten, was sich in mindestens 5 der folgenden Merkmale
ausdrückt: Anders als im DSM IV wurde das Kriterium „Illegale Handlungen, um das
Spielen zu finanzieren“ nicht in den Katalog zur Diagnostik übernommen. Alle weiteren Kriterien sind weitestgehend gleich geblieben.
1. Starkes Eingenommen sein vom Glücksspiel
2. Immer höhere Einsätze, um die gewünschte Wirkung zu erreichen.
3. Wiederholt erfolglose Versuche, das Spielen zu kontrollieren, zu verringern
oder zu stoppen
4. Unruhig und gereizt beim Versuch, das Spielen einzuschränken oder auf zu
geben.
5. Spielt, um Problemen oder negativen Gefühlen zu entkommen.
6. Spielen, um Verluste auszugleichen ("hinterherjagen").
7. Belügen von Angehörigen, vertuschen des Spielens.
8. Wichtige Beziehungen oder der Arbeitsplatz wurden wegen des Spielens gefährdet oder verloren.
9. Verlässt sich darauf, dass andere ihm Geld breitstellen. Der Spieler verlässt sich
darauf, dass andere die Schulden begleichen, um die durch das Spielen verursachte
hoffnungslose finanzielle Situation zu überwinden.
Das medizinische Handeln wird erweitert um die ganzheitliche bio-psycho-soziale
Betrachtung, bei der Krankheiten und Krankheitsfolgen vor dem Hintergrund der Lebenswelt des betroffenen Menschen It. ICF gesehen werden.
2.3. Persönlichkeitsmodell und Suchtverlauf
Zur Erklärung der Entstehung von Glücksspielsucht wird ein multifaktorielles Bedingungsgefüge zu Grunde gelegt: Glücksspielsucht entsteht in der Interaktion zwischen
sozialen, psychischen und physischen Voraussetzungen des Individuums, seiner
sozialen Umwelt und der Beschaffenheit des Suchtmittels.
Dem Verständnis der Psychodynamik von Menschen mit einer Abhängigkeitsstörung
liegt der psychoanalytisch orientierte Ich-psychologische Ansatz zu Grunde. Störungen und Fehlentwicklungen in bestimmten Phasen des Sozialisationsprozesses sind
Fixierungsstellen im Sinne von Dispositionen für spätere Erkrankungen. Zentraler
psychodynamischer Aspekt in der Entwicklung des pathologischen Glücksspiels ist
ein Abhängigkeits-Autonomiekonflikt. Sein Kern wird durch eine massive Selbstwertstörung gebildet. Auf phänomenologischer Ebene zeigt sich eine deutlich eingeschränkte Gefühlsregulation, aus der sich massive Beziehungsstörungen ergeben.
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Nach Petry (1998) lassen sich in der Regel zwei Typen von pathologischen Glücksspielern unterscheiden:
Bei dem zahlenmäßig überwiegenden Teil der vom pathologischen Glücksspiel Betroffenen handelt es sich um den narzisstisch-persönlichkeitsgestörten Glücksspielertyp. Kennzeichen ist hier eine ausgeprägte Sinnproblematik, die sich auf dem Hintergrund der Selbstwertstörung bzw. eines negativen Selbstkonzeptes entwickelt. Die
Patienten bilden eine sehr selbstbezogene Persönlichkeit aus. Nach außen wird die
Selbstwertstörung durch diametrales Verhalten in der Art einer selbstsicheren und
dominanten Fassade verdeckt. Der Zweite Typ von behandlungsbedürftigen Glückspielern weist psychopathologisch eine konsistent erhöhte Depressivität und Impulsivität auf. In der Literatur wurde wiederholt auf den Zusammenhang zwischen unsicherdistanzierter Bindungsrepräsentation und den postulierten Störungen des Selbstwertes, der Gefühlsregulation und der Beziehungsgestaltung hingewiesen. (Jörg Petri
(2003): Glücksspielsucht, Hogrefe Verlag)
Bezogen auf die Rolle im Gemeinwesen sehen wir nach ICF den vom pathologischen Glücksspiel Betroffenen mit seinen Wechselwirkungen zwischen dem gesundheitlichen Problem (ICD 10) und den Umweltfaktoren. Neben seinen Schädigungen
(Funktionsstörungen, Strukturschäden), v. a. mentale Funktionen, Strukturen des
Nervensystems, mit dem Verdauungs-, Stoffwechsel und endokrinen System in Zusammenhang stehende Strukturen, stehen insbesondere auch die Beeinträchtigung
der Aktivitäten und der Partizipation (Teilhabe) im Mittelpunkt der Rehabilitation. Dazu gehören v. a. die Aspekte Lernen und Wissensanwendung, allgemeine Aufgaben
und Anforderungen, interpersonelle Interaktionen und Beziehungen, bedeutende Lebensbereiche und Gemeinschafts-, Soziales und staatsbürgerliches Leben. Dabei
fassen wir die Glücksspielsucht als Ausdruck eines Entscheidungsprozesses des
Süchtigen auf, der meist unbewusst geschieht. Entsprechend wirkt sich diese Symptomatik negativ im gesamten sozialen Umfeld (Arbeit und privates Umfeld) aus.
Im DSM IV wird die narzisstische Persönlichkeitsstörung wie folgt charakterisiert: „Ein
tiefgreifendes Muster von Großartigkeit (in Phantasie und Verhalten), Bedürfnis nach
Bewunderung und Mangel an Empathie.“ (Jens B. Asendorpf (2007): Psychologie
der Persönlichkeit. S. 271). Die weiter beschriebenen Kriterien lassen sich auch auf
die Glücksspielsüchtigen des narzisstischen Persönlichkeitstyps übertragen. Insbesondere zeigt sich dies im Eingenommen sein von Phantasien grenzenlosen Erfolgs
und Macht in den Gewinnerwartungen und den Kontroll-Illusionen, bezogen auf das
Glücksspiel. Im DSM5 wird die narzisstische Persönlichkeit nicht mehr als eigenständige Diagnose aufgeführt. Dennoch kann durch die Beschreibung des Verhaltens anhand von sechs Persönlichkeitsmerkmalen ggf. die Diagnose „Persönlichkeitsstörung“ gestellt werden.
Bei der kleineren Gruppe depressiv-neurotischer bzw. mit einer Persönlichkeitsstörung vom selbstunsicher/ vermeidenden Typ Glücksspielabhängiger liegt eine stark
ausgeprägte Verminderung der selbst- und fremdbezogenen Wertschätzung vor.
Auch hier bildet eine massive Selbstwertproblematik die Basis für eine stark verminderte Sinnerfülltheit. Die Gefühle von Wertlosigkeit werden durch die negativen Konsequenzen, die aus der Glücksspielsicht entstehen (z.B. Schulden), und den sich
daraus ergebenden Schuldgefühlen verstärkt.
Als weitere Folge ergibt sich eine schwere Beeinträchtigung der Selbstaktualisierung.
Die Patienten zeigen bis auf das Glücksspiel, das sie in einer zwanghaft süchtigen
Weise verfolgen, wenig Interesse und Freude an allen Lebensaktivitäten.
Die innere Bedürfnisstruktur beider Glücksspieltypen, die sich aus einer durch Nichtbeachtung oder Abweisung charakterisierten frühen Eltern-Kind-Beziehung ergibt
und in deren Dienst das Glücksspiel funktional eingesetzt ist, bezieht sich auf die Ge11
fühlsabwehr, die Konfliktvermeidung und die Selbstwertsteigerung. Die Glücksspielangebote stellen eine äußere Anreizsituation dar, die die Möglichkeit bietet, den
Selbstwert zu erhöhen, die Gefühle zu regulieren und ein distanziert kontrolliertes
Interaktionsmuster herzustellen (Petry, 2013, S.13).
Zu beachten ist ebenso, dass sich im Laufe der Entwicklung einer Glücksspielsucht
eine Eigendynamik mit den vielfältigen Folgen im sozialen, physischen und psychischen Bereich entwickelt, die bei der Rehabilitation wesentlich berücksichtigt wird.
Demzufolge ist in jedem individuellen Fall zu fragen, inwieweit die aktuelle psychosoziale Situation durch innerpsychisch bedingte Arrangements geprägt ist, und wo das
vor-liegende Krankheitsbild ausgeprägte sekundäre Folgeerscheinungen aufweist,
die inzwischen losgelöst von der ursprünglichen Dynamik eine Bedeutsamkeit entwickelt haben.
Auf der Basis des biopsychosozialen Modells der Komponenten von Gesundheit verstehen wir Glücksspielsucht somit als wichtigen Interaktionsbeitrag des Patienten in
seinem Beziehungsfeld. In diesem Sinne erhält das Glücksspiel auch eine beziehungshaltende Funktion. Für die anderen Beteiligten im Beziehungsfeld des Spielers
bedeutet Glücksspielsucht, dass ihre Handlungen sich so auf das Spielen eingependelt haben, dass es stabilisierend wirkt.
Bei Glücksspielsüchtigen existiert wie bei stoffgebundenen Suchterkrankungen ein
Kontrollverlust bezogen auf das Suchtmittel. Der Betroffene spielt so lange, bis er
kein Geld mehr hat. Zunehmend müssen neue Geldquellen erschlossen werden –
die Schulden nehmen zu – es beginnt der Kreislauf von Spielen, Schulden, Spielen.
Die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft tritt aufgrund der sich entwickelnden
Problematik mehr und mehr in den Hintergrund. Insbesondere sind dadurch auch die
Erwerbstätigkeit und Erwerbsfähigkeit durch Leistungseinbruch und körperliche wie
innerliche Abwesenheit beeinträchtigt.
Das gesamte Erleben und Verhalten wird zunehmend auf das Glücksspiel ausgerichtet. Die schnelle Abfolge von Gewinn und Verlust führt in einen rauschähnlichen Zustand.
Viele Spieler sprechen von Entspannungs- und Erleichterungsgefühlen während des
Glücksspieles. Konsequenzen sind:
• Schulden werden unüberschaubar.
• Lügen und Schuldgefühle gegenüber Freunden und Familie nehmen zu.
• Die Einengung der Interessen auf das Glücksspiel führen zur Reduzierung sozialer
Kontakte, Beziehungsabbrüchen und Isolation sowie zur
Vernachlässigung des Arbeitsplatzes.
• Der Alltag des Spielers wird immer bedrückender.
• Der Zwang zum Spielen bewirkt Unzuverlässigkeit und Unregelmäßigkeit
(Abwesenheit von der Arbeit, Geldbeschaffung durch kriminelle Delikte wie Unterschlagung).
• Die berufliche Leistungsfähigkeit und Alltagskompetenz lassen nach, was
Überforderungsgefühle hervorrufen.
• Die Vernachlässigung der Arbeit, Rückzug sowie eine depressive
Verarbeitung des Suchtverhaltens mit Scham- und Schuldgefühlen so wie
Selbstentwertung führen nicht selten zu Suizidgedanken.
• Psychosomatische Begleiterscheinungen wie Schlafstörungen,
Schweißausbrüche, Zittern, motorische Unruhe und Magenkrämpfe
sind häufig zu beobachten.
Dies ist mit den Entzugserscheinungen bei stoffgebundenen Süchten zu
vergleichen.
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• Grundsätzlich besteht die Gefahr der Suchtverlagerung, wenn Betroffene zu Beruhigungs- und Schlafmitteln oder Alkohol und Drogen greifen.
3. Rehabilitationsindikationen und -kontraindikationen
Unser Rehabilitationsangebot für Pathologische Glücksspieler richtet sich hauptsächlich an:
 vom pathologischen Glücksspiel Betroffene
 die Fähigkeit zur Spielabstinenz sollte gewährleistet sein
 die Fähigkeit zur aktiven Mitarbeit, d.h. zur regelmäßigen Teilnahme an Gruppe und Einzelgesprächen sollte vorhanden sein
 die als Therapieziel den Erhalt der Erwerbsfähigkeit haben, bzw. wieder in den
Arbeitsmarkt wollen
 wenn eine Kostenzusage für eine medizinische Rehabilitation Sucht vorliegt,
oder
 wenn eine Kostenzusage des Rentenversicherungsträgers für eine ambulante
Nachsorge vorliegt.
Kontraindikationen für eine ambulante Rehabilitation der vom pathologischen
Glücksspiel Betroffenen sind:
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akute Suizidgefährdung,
akute psychotische Krankheitsentwicklung,
keine Auseinandersetzung mit Rückfällen
permanentes Spielen
mangelnde Mitwirkungsbereitschaft.
In diesen Fällen bereitet der SKM Katholischer Verein für soziale Dienste Bocholt
e.V. die Betroffenen auf eine stationäre Therapie vor.
4. Rehabilitationsziele
Ziele der medizinischen Rehabilitation bei Pathologischen Glücksspielen sind:
1. Glücksspielabstinenz
2. Behebung oder Minderung von körperlichen und psychischen Störungen
3. (Wieder-) Eingliederung in das Erwerbsleben.
Die Rehabilitation hat die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit zum Ziel. Voraussetzung ist, dass der pathologische Spieler spielabstinent leben will und kann.
Unser Verständnis von Heilung basiert darauf, dass eine spielabstinente Lebensweise dann erfolgreich sein kann, wenn eine allgemeine Verbesserung der Lebenssituation erreicht ist. Hierzu gehört insbesondere auch die Wiederherstellung und Stabilisierung der Erwerbsfähigkeit bzw. das Lindern der Erkrankung.
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Vor dem Hintergrund der sehr umfassenden Auswirkungen der Erkrankung, sind die
konkreten Ziele der Therapie transparent mit den Betroffenen zu entwickeln (Therapieplan) und individuell zu bewerten:
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Spielabstinenz zu erreichen und dauerhaft zu erhalten;
die eigene Lebensgeschichte zu verstehen;
alternative Bewältigungsstrategien zu entwickeln;
alternative Freizeitgestaltung zu entwickeln;
die Beziehungen zu beleuchten und zu klären;
das soziale Umfeld tragfähig zu machen;
das Selbstwertgefühl zu steigern;
emotionale Defizite (z.B. Nähe – Distanz – Problematik, Angststörungen, etc.)
zu benennen und zu bearbeiten;
eine solide Basis für das weitere Leben zu schaffen;
einen verantwortungsvollen Umgang mit Geld zu finden;
bei Bedarf: Herstellung von Kontakten zu Schuldnerberatung, bzw. Insolvenzberater;
bei Bedarf: Einbeziehung der Partner/-innen und/oder der Familienmitglieder;
bei Bedarf: Einbeziehung des Arbeitgebers, bzw. Schule, Ausbildungsträger;
die berufliche Integration zielgenau zu fördern bzw. das berufliche Umfeld/ die
Rolle im Arbeitskontext zu reflektieren.
Die Bedeutung von (Tages-)Struktur im Leben eines pathologischen Spielers ist
Rechnung zu tragen, daher ist der Therapieplan und die Konkretisierung der Therapieziele unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie.
5. Ambulante Therapie
Konkrete Darstellung des Therapieablaufes:
5.1. Therapievertrag
Vor Beginn der Therapie unterschreiben der Patient und der Einzeltherapeut (als
Vertreter der Beratungsstelle) einen Therapievertrag.
5.2. Therapeutisches Setting
Im therapeutischen Setting werden die formalen Rahmenbedingungen der ambulanten medizinischen Rehabilitation dargestellt und formuliert und entsprechend umgesetzt (Antragsverfahren, Arztbericht, Sozialbericht, etc.).
5.2.1. Einzelgespräche
In der Regel bieten die therapeutischen Mitarbeiter dem Patienten alle zwei Wochen
ein Einzelgespräch á 50 Minuten an, sie können auch in aktuellen Krisen kurzfristig
und in kürzeren Abständen (mehrmals pro Woche 50 Minuten) in Anspruch nehmen.
.
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Die Einzelgespräche sind insbesondere erforderlich
-
in persönlichen Krisen
bei frühen traumatischen Erlebnissen (z.B. sexuelle Übergriffe)
bei sexuellen Problemen in der Partnerschaft
bei Gewalt in der Partnerschaft
bei zusätzlichen Diagnosen (z.B. Angststörung, Essstörungen, ADHS, Borderline Störung, Persönlichkeitsstörungen)
bei der Vorbereitung und Nachbereitung der Gruppenarbeit, wenn diese besonders belastend vom Patienten erlebt worden ist.
5.2.2. Gruppengespräche
Die wöchentlichen Gruppengespräche á 100 Minuten sind wesentliches therapeutisches Mittel, um Veränderungen der Patienten langfristig zu sichern. Grundlegende
Gruppenregeln für den Gruppenbesuch sind
-
Abstinenz
Regelmäßigkeit des Besuches (Kontinuität)
Selbstverantwortung
Verschwiegenheit der Patienten untereinander
Die Gruppen werden von einem anerkannten Therapeuten geleitet, gemeinsam mit
einem Co-Therapeuten. Die Vertretung ist untereinander geregelt.
Die Gruppen sind halboffen gestaltet, so dass immer Patienten an unterschiedlichen
Punkten ihres Therapieprozesses zusammen in einer Gruppe sind. Der Zeitpunkt der
Gruppenaufnahme wird durch den Beratungsstellenarzt und die Beratungsstelle gesteuert, um die Prozessqualität zu gewährleisten.
Die Gruppenstärke liegt bei höchstens 8 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Der Umgang mit Genderthematiken findet Niederschlag in Gruppengesprächen. Dabei geht es vordergründig um die Zuordnung von Rollen in „typisch männlich“ und
„typisch weiblich“, aber auch um die Geschlechtsrolle. Besprochen wird das in der
Gesellschaft normiertes Rollenverständnis von Mann und Frau. Ziel ist es einerseits
Verständnis für die eigene Rolle und Geschichte zu entwickeln, andererseits die
Freiheit der Wahl zurückzuerlangen, dass ich als Mensch anders handeln kann, in
meinem Verhalten nicht festgelegt bin. Die Gruppen können teilweise in eine Männer- und Frauengruppe aufgeteilt werden, da die Themen unterschiedlich bewertet
werden und die Offenheit der Teilnehmer sich anders gestaltet. Anschließend werden die gleichen Themen wieder gemeinsam diskutiert.
Zu bestimmten Indikationen finden bei Bedarf Gruppenangebote statt, z.B. zu folgenden Thematiken:
-
Angst
Raucherentwöhnung
Partnerschaft
Borderline Erkrankung
Entspannung, Autogenes Training, Muskelentspannung nach Jacobsen
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-
Umgang mit Geld (Pathologischem Spielen)
Das Autogene Training wird von einem ausgebildeten zertifizierten Kollegen durchgeführt.
5.2.3. Bezugspersonengespräche
Während der ambulanten medizinischen Rehabilitation ist es selbstverständlich, dass
das Gespräch mit der Bezugsperson, bzw. den Bezugspersonen stattfindet. Wissenschaftlich ist inzwischen eindeutig belegt, dass der Einbezug der Familie in den therapeutischen Prozess eine langfristige Abstinenz fördert. Gerade die familiären Veränderungen während der Therapie eines Familienmitgliedes gilt es zu begleiten, zu
fördern und zu stützen (Sander 1993). Die Dauer der Bezugspersonengespräche ist
ebenfalls 50 Minuten pro Kontakt.
Die Bezugspersonengespräche finden möglichst früh im therapeutischen Prozess
statt. Die Anzahl richtet sich nach dem Bedarf der Co-abhängigen. Die Beratungsstelle bietet für diesen Kreis eine Gruppe an. Für Kinder und Jugendliche bietet der
SKM - Katholischer Verein für soziale Dienste eine eigene Beratungsstelle („Kolibri“)
an, hier werden Kinder und Jugendliche aus Suchtfamilien langfristig betreut, um
dem hohen Risiko einer eigenen Suchtabhängigkeit (Zobel 2001, Klein 2008) vorzubeugen. Die Kontakte mit den Kindern und Jugendlichen werden nicht mit dem Rentenversicherungsträger abgerechnet.
5.2.4. Sport- und Freizeitverhalten
Das Sport und Freizeitverhalten gewinnt in der Beratung und Therapie einen immer
größeren Stellenwert. Die Beratungsstelle bietet Unterstützung und Kontakt zu
Sportvereinen, Fitnesszentren, etc. an. In der Therapie werden die Patienten unterstützt und ermutigt, ihre Freizeit wieder aktiv zu gestalten.
Im Freizeitbereich bietet die Beratungsstelle gemeinsame Aktionen und Rituale an,
so z.B. autogenes Training, Tanzen, Männergruppe, Frauengruppe, Osterbasteln,
Spaziergänge, Weihnachtsfeier.
Die einzelnen Angebote werden von Sozialarbeitern und Sozialpädagogen durchgeführt. Das Tanzen wird extern von einer Tanzpädagogin (die ebenso mit den Krankenkassen zusammen arbeitet) mit therapeutischer Zusatzausbildung auf Honorarbasis geleitet.
5.2.5. Regeldauer
Die ambulante medizinische Rehabilitation wird in der Regel vom Rentenversicherungsträger für ein halbes Jahr (40 + 4 Einheiten) bewilligt. In der Regel kann die
Rehabilitation, wenn sie medizinisch durch den Beratungsstellenarzt begründet ist,
verlängert werden, so fern der Leistungsträger dieser Verlängerung zustimmt.
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Bei einer Nachsorge bewilligt die Deutsche Rentenversicherung 20 Therapieeinheiten und 2 Bezugspersonengespräche für sechs Monate. In begründeten Einzelfällen
kann die Nachsorge verlängert werden, wieder um 20 plus 2 Einheiten für weitere
sechs Monate, danach ist die Nachsorge beendet..
5.2.6. Zeiten
Die Einzelgespräche (á 50 Minuten) werden persönlich mit dem Bezugstherapeuten
vereinbart, die Öffnungszeiten der Beratungsstelle sind von Montag bis Freitag zwischen 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Es können bei Bedarf Termine nach 18.00 Uhr vereinbart werden. Die Gruppe sollte allen Betroffenen die Teilnahme ermöglichen, daher
in den Nachmittags- bzw. Abendstunden stattfinden.
Eine Therapieunterbrechung ist nur in begründeten Ausnahmefällen möglich. Sollte
ein krankheitsbedingter Ausfall länger als vier Wochen dauern, wird dies dem Leistungserbringer mitgeteilt.
Für Urlaubsinteressen während der ambulanten medizinischen Rehabilitation ist eine
Höchstdauer von drei Wochen nicht zu überschreiten.
5.2.7. Teamsitzungen
Wöchentliche Teamsitzungen der therapeutischen Mitarbeiter á 120 Minuten sind
obligatorisch. In den Teamsitzungen werden regelmäßige Fall- und Gruppenbesprechungen geführt. Ziel ist es, die Prozess- und Ergebnisqualität der Therapie stetig
weiter zu entwickeln und zu optimieren. Die Integration der unterschiedlichen therapeutischen Ansätze führen zu sehr intensiven Fallbesprechungen.
An den Teamsitzungen nehmen alle therapeutischen Mitglieder der ambulanten medizinischen Rehabilitation teil. Sollten Differenzen bei der Beurteilung von therapeutischen Interventionen von Patienten auftauchen, ist der Fall im Indikationsteam vorzustellen, die Letztverantwortung für die weitere Therapie trägt immer der Beratungsstellenarzt.
5.2.8. Indikationsteam/Beratungsstellenarzt
Ein regelmäßiges Indikationsteam, das vom Beratungsstellenarzt geleitet wird, hat
folgende Aufgaben und Schwerpunkte:
-
Vorstellung und Indikationsstellung (stationär versus ambulant) der Patienten
für eine ambulante medizinische Rehabilitation
Erörterung des Therapieplanes
Verlauf der Gruppenarbeit – Gruppentherapeutische Interventionen
Fallbesprechungen
Entscheidungen über Verlängerungen der ambulanten medizinischen Rehabilitation
Entscheidung über den Abbruch der ambulanten medizinischen Rehabilitation
durch die Einrichtung
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Im Indikationsteam werden die Patienten, die für eine ambulante medizinische Rehabilitation vorgesehen werden, besprochen. In Einzelfällen kann das Indikationsteam zu der Entscheidung gelangen, dass eine stationäre Therapie indiziert ist. Das
Indikationsteam findet mindestens sechs Mal im Jahr statt. Zusätzlich finden bei Bedarf Gespräche zwischen Beratungsstellenarzt und den zuständigen Therapeuten
statt.
Bei Differenzen zum Vorgehen im therapeutischen Prozess trägt der Beratungsstellenarzt die therapeutische Verantwortung und entscheidet über das weitere Vorgehen.
5.2.9. Supervision
Die Supervision durch einen anerkannten externen Supervisor ist Bestandteil für die
Durchführung der ambulanten medizinischen Rehabilitation. Die Supervision umfasst
jeweils 90 Minuten. Dabei werden wesentliche Aspekte besprochen, das Team, die
Teamarbeit und der therapeutische Prozess der Patienten. Dabei ist es Ziel, die Qualität der Arbeit weiter zu verbessern (Ergebnisqualität und Prozessqualität). Die Supervision findet monatlich – ausgenommen die Ferienmonate – statt, mindestens 10
Mal im Jahr.
Der Beratungsstellenarzt kann gegebenenfalls an der Supervision teilnehmen.
5.2.10. Fortbildungen
Regelmäßige Fortbildungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der ambulanten medizinischen Rehabilitation eingebunden sind, werden vom SKM - Katholischer Verein für soziale Dienste unterstützt und gewährleistet. Ziel ist es, die Qualität
der therapeutischen Arbeit zu erhalten und neue Entwicklungen der Wissenschaft
aufzunehmen und umzusetzen.
6. Therapiephasen
6.1. Vorbereitung zur ambulanten medizinischen Rehabilitation
Der Aufnahme in die ambulante medizinische Rehabilitation gehen eine Motivationsphase und die intensive Diagnostik voraus. Voraussetzung für eine erfolgreiche Rehabilitation ist eine ausreichende Motivation des Patienten, eine vertrauensvolle Beziehung zum Bezugstherapeuten, die Herstellung eines tragfähigen Gruppenzusammenhaltes und die Bestätigung der individuellen Entscheidung für die Durchführung
der Rehabilitationsmaßnahme.
Zu dieser Anfangsphase gehört die grundlegende Informationsvermittlung der Patienten über die Folgen des Suchtmittelmissbrauches.
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6.2. therapeutische Orientierungs- und Intensivphase
Mit der Integration des Patienten in seine Therapiegruppe und sein Therapieteam
beginnt die nächste Phase, in deren Mittelpunkt die Auseinandersetzung des Patienten mit seiner Suchtproblematik steht. Eigenes Erleben und die eigene „Suchtkarriere“ sind wichtiger Bestandteil dieser Vertiefung mit der eigenen Geschichte.
Diese erste Orientierungsphase dauert in der Regel 4 bis 6 Wochen.
Durch den intensiven Austausch mit anderen Gruppenmitgliedern und durch empfohlene Literatur (z.B. Lebensgeschichten anderer Betroffener, Lebensgeschichten Kindern und Jugendlichen aus suchtkranken Familien) gewinnt der Patient ein Verständnis für die eigene Krankheitsentwicklung und die funktionale Bedeutung, die
das Spielen für ihn ganz persönlich hat. Diese Lebensgeschichten motivieren die
Patienten oft, ein eigenes Tagebuch zu schreiben, ihre Geschichte neu und ausführlich zu beschreiben. Hier gilt es, die Krankheitseinsicht zu klären und die Veränderungsmotivation zu festigen. In dieser Phase wird ebenso aktiv und intensiv der individuelle Therapieplan bearbeitet.
In der weiteren Therapie geht es wesentlich darum, die neuen Verhaltensweisen im
Alltag zu überprüfen und die dort gemachten Erfahrungen mit anderen Gruppenmitgliedern und den Therapeuten zu bearbeiten. Auf dieser Grundlage hat der Patient
die Möglichkeit, alternative Verhaltensstrategien, soziale Kompetenz und Beziehungsfähigkeit zu trainieren, um so zu neuen Lebensperspektiven zu gelangen.
Diese intensive Phase dauert bei den einzelnen Patienten unterschiedlich lang. Die
wissenschaftlichen Untersuchungen gehen davon aus, dass jahrelanges Spielen und
massive frühkindliche Traumata den Therapieprozess erheblich verlängern.
Insbesondere ist darauf zu achten, dass eine Verlagerung der Sucht möglich ist – die
Erfahrungen zeigen, dass der Missbrauch von Alkohol nahe liegt.
6.3. Stabilisierung/Rückfallprophylaxe
Rückfälle und die Verhinderung von Rückfällen sind permanent Thema in den Therapiegruppen. Dabei ist es das Ziel, die individuellen Rückfallgefährdungen zu entdecken und Verhaltensalternativen zu entwickeln und zu stärken.
Ist das Therapieziel erreicht, und der Patient hat für sich eine zufriedene Lebensperspektive entwickelt, kommt die Phase der Stabilisierung. Diese sehr euphorische
Phase ist manchmal von Rückfällen begleitet und daher von besonderer Bedeutung
im Therapieverlauf. Ziel ist es, das Maximum der Selbstwirksamkeit für den Patienten
zu erreichen. Die Phase der Stabilisierung dient der Überprüfung der vorangegangenen Schritte.
Die Stabilisierungsphase dauert in der Regel 8 Monate.
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6.4. Ablösungsphase
In der Ablösungsphase, die vier bis sechs Wochen dauert, sind die thematischen
Schwerpunkte:
-
Abschied nehmen
Transferleistungen erarbeiteter Einsichten und Verhaltensänderungen
Übergang in die Selbsthilfe
„Angst vor der Loslösung aus der Therapie“
Der Patient wird motiviert und ermutigt, in der Ablösungsphase eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Ziel ist es, dass der Patient die Selbsthilfegruppe nutzt, um eine
Möglichkeit zu behalten, in Konfliktsituationen bei anderen betroffenen Menschen
Unterstützung zu erhalten. Wissenschaftlich ist inzwischen belegt, dass der Besuch
der Selbsthilfe die Abstinenz stärkt (Lindenmeyer 2000) und die Rückfallgefahr erheblich mindert.
Im Einzelgespräch mit dem Bezugstherapeuten wird eine Abschlussbilanzierung
durchgeführt, die Abschlussuntersuchung beim Beratungsstellenarzt ist obligatorisch.
Der Patient erhält so ein Feedback und kann so gestärkt seine weiteren Schritte tun.
Das selbstverständliche Angebot, in Zukunft bei persönlichen Krisen schnell einen
Kontakt mit dem Einzeltherapeuten zu erhalten, fördert den Ablösungsprozess.
7. Besonderheiten im Verlauf
7.1. Krisen
Im Verlauf einer Therapie ist damit zu rechnen, dass die Auseinandersetzung mit der
eigenen Geschichte, mit abhängigkeitsfördernden Umständen und Eigenschaften
und mit notwendigen Veränderungsschritten Krisen hervorrufen können. Kriseninterventionen gehören somit zum Therapieprozess, oft sind die Interventionen entscheidend für eine grundlegende Verhaltensänderung. Entscheidend für eine erfolgreiche
Bewältigung dieser oft als bedrohlich erlebten Zustände sind neben den individuellen
Fertigkeiten und Kompetenzen des Betroffenen eine enge und adäquate Begleitung
durch den Bezugstherapeuten und die soziale Unterstützung der Gruppenmitglieder.
Krisen sind Chancen für eine weitere Entwicklung und stehen häufig am Anfang einer erheblichen Veränderung und/oder Einsicht in das eigene Verhalten. Ein deutlich
gestiegener zeitlicher Einsatz des Bezugstherapeuten während einer Krise und einzeltherapeutische Maßnahmen können den Patienten möglicherweise vor einem
Rückfall bewahren.
7.2. Rückfall
Rückfälligkeit wird als ein Symptom der Suchterkrankung betrachtet, das keineswegs
auf fehlende Motivation zur Abstinenz zurückzuführen ist, sondern konstruktiv zur
Aufarbeitung problematischer Situationen (Körkel, 1996) genutzt werden kann, gerade bei Pathologischem Glücksspiel ist die Bearbeitung der Rückfälle von besonderer
Bedeutung.
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Bei einem Rückfall wird grundsätzlich erwartet, dass sich der Betroffene beim Bezugstherapeuten meldet und den Vorfall auch in der Gruppe bespricht. Ehrlichkeit ist
notwendig. Oberstes Prinzip im Umgang mit einem Rückfall ist ein mit dem Betroffenen abgestimmtes individuelles Vorgehen.
Der Rückfall muss intensiv bearbeitet werden, sonst ist ein Therapieabbruch in Erwägung zu ziehen. Häufige Rückfälle können zum Abbruch der Therapie führen.
7.3. ungeplante Maßnahmebeendigungen
Wenn der Patient von sich aus abbricht, zu einer Sitzung nicht erscheint, wird er für
die nächste Sitzung erneut eingeladen. Telefonische Kontakte, eine schriftliche Einladung, eventuell ein Hausbesuch, telefonische Kontakte mit Lebensgefährten sind
Bestandteil dieser Anstrengungen. Sollte der Patient nicht binnen 14 Tagen wieder
im ambulanten Setting integriert sein, wird die ambulante Therapie beendet und der
Deutschen Rentenversicherung binnen weiteren 14 Tagen der Endbericht zugesandt.
Gründe für eine vorzeitige Entlassung durch den SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste können sein:
-
wiederholtes unentschuldigtes Fehlen in den Therapieeinheiten
dauerhafte oder mehrfache Rückfälligkeit
Ausübung und/oder Androhung von Gewalt
Dauerhafter Missbrauch von Alkohol, Drogen (Suchtverlagerung)
Respektloses und/oder entwürdigendes Verhalten gegenüber Mitpatienten
oder Mitarbeitern, das eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit unmöglich macht.
Grundsätzlich sollte alles versucht werden, dem Patienten eine Möglichkeit zur positiven Bearbeitung der Vorfälle zu geben. Die Patienten haben die Möglichkeit in der
Beratungsstelle gemeinsam mit dem Therapeuten eine neue Bestandsaufnahme zu
machen, der Besuch der Motivationsgruppe und Einzelgesprächen sind obligatorisch.
8. Dokumentation
Die Patientenakten werden von den Einzeltherapeuten geführt, der Datenschutz ist
einzuhalten.
8.1. Patientenunterlagen
Die Berichte werden verantwortlich geführt, sie werden zehn Jahre in der Beratungsstelle des SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste aufbewahrt.
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8.1.1. Arztbericht
Zum Bewilligungsverfahren gehört das „Ärztliche Gutachten“. Dies wird bei der ambulanten medizinischen Rehabilitation verantwortlich durch den Beratungsstellenarzt
in der Rehabilitationseinrichtung erstellt.
8.1.2. Sozialbericht
Der Sozialbericht wird auf dem Vordruck der Deutschen Rentenversicherung vom
Einzeltherapeuten mit dem Patienten gemeinsam erstellt und wird dem Beratungsstellenarzt vorgelegt.
8.1.3. Zwischenbericht/ärztlicher Entlassungsbericht
Der Zwischenbericht sowie der ärztliche Entlassungsbericht wird vom Beratungsstellenarzt und dem Einzeltherapeuten erstellt und soll dem Leistungsträger binnen zwei
Wochen übersandt werden, sofern kein Abbruch stattgefunden hat.
8.2. EBIS
Die Beratungsstelle dokumentiert ihre Arbeit mit dem anerkannten Statistikprogramm
EBIS und verpflichtet sich, den Kerndatensatz regelmäßig und zeitnah dem Institut
für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (Hamburg) zur Auswertung zur Verfügung zu stellen.
8.3. Evaluation
Eine Evaluation der Arbeit der ambulanten medizinischen Rehabilitation soll in der
Regel jährlich durchgeführt werden. Die Patientenzufriedenheit wird systematisch
erfasst.
8.4. Qualitätsmanagement
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SKM – Katholischer Verein für soziale
Dienste arbeiten kontinuierlich an der Qualitätssicherung. Die Struktur-, Prozess- und
Ergebnisqualität der Therapie soll stetig weiter entwickelt und optimiert werden. Der
SKM – Katholischer Verein für soziale Dienste hält sich an die Rahmenbedingungen
des Qualitätsmanagements des Diözesancaritasverbandes. Eine Zertifizierung durch
den Caritasverband ist erfolgt.
Stetige Reflexion des eigenen Handelns und die Offenheit gegenüber Kritik und
Rückmeldung von allen Seiten gehört zum Risikomanagement der Beratungsstelle
und ist wichtige Voraussetzung für die Steigerung der Therapiequalität.
Eine Vernetzung mit anderen Einrichtungen in Bocholt, Rhede, Isselburg und Borken, ist dabei selbstverständlich und permanent zu überprüfen und bei Bedarf zu
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verändern. Unterstützend können zum Beispiel folgende Einrichtungen unterschiedlicher Träger sein:
-
sozialpädagogische Familienhilfe
Jugendämter
Schuldnerberatung
Eheberatung
Servicepunkt Arbeit, Arbeitsagenturen
Bewährungshilfe
Ärzte
niedergelassene Psychotherapeuten
Banken
10. Nachsorge
Die Nachsorge nach stationärer Therapie ist ein wesentlicher Bestandteil der Beratungsstelle. Weiteres unterstützendes Angebot kann dann das Ambulant Betreute
Wohnen für Suchtkranke sein.
Bocholt, den 17. November 2015
Bernhard Pacho
verantwortlich für das Konzept
Geschäftsführer
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