Soziale Arbeit als Wissenschaft und Profession Zusammenfassung Herbstsemester 2015 Fachhochschule Nordwestschweiz Olten Inhaltsverzeichnis 1. Einführung und Gegenstand- Problemstellung einer Professionellen Sozialen Arbeit ............................................................................................................................... 3 1.1 Problemstellungen einer professionalisierten Sozialen Arbeit .................................. 3 1.2 Soziale Arbeit als Wissenschaft und Berufspraxis ........................................................ 5 2. Berufsgeschichte ........................................................................................................ 8 2.1 Geschichte der stationären Kinder- und Jugendhilfe: Anstalten des 19. Jhd., Heimkritik, Entwicklungslinien: ............................................................................................. 8 2.2 Vormundschaft und Jugendfürsorge. Schwerpunkt: Eugenik und Fürsorge ............ 11 2.3 Kurse, Ausbildung, Schule. Gründung der sozialen Frauenschulen. „amerikanische Methoden“............................................................................................................................. 14 2.4 soziale Bewegungen, Städte und Öffentlichkeit ........................................................... 17 3. Theorien der Sozialen Arbeit ................................................................................. 25 3.1 Theorien der Sozialen Arbeit, Einführung in die Thematik .......................................... 25 3.2. Das Konzept der Lebensweltorientierten SA ............................................................... 28 3.3 Der prozessual- systemische Ansatz ............................................................................ 31 3.4 Die acht Kristallisationspunkte in Bezug zu Thiersch, Staub- Bernasconi und Sommerfeld ........................................................................................................................... 32 3.4 Sozialraumorientierte Soziale Arbeit ............................................................................ 52 4. Soziale Arbeit als Profession ................................................................................... 55 4.1 Einführung in die Thematik ............................................................................................ 55 4.2 Strukturtheoretische Position........................................................................................ 60 4.3 Soziale Arbeit als bescheidene Profession .................................................................. 65 2 1. Einführung und Gegenstand- Problemstellung einer Professionellen Sozialen Arbeit 1.1 Problemstellungen einer professionalisierten Sozialen Arbeit „Die Soziale Arbeit- Praxis, Theorie, Forschung und Ausbildung. Versuch einer Standortbestimmung. (Thole, Werner 2014:19-38) Soziale Arbeit = Heute Sozialarbeit und Sozialpädagogik zusammen Soziale Helfen = Grundbedingung in Gesellschaft (Conditio humana) Nicht- Identität der SA: professionelle Identität fehlt Profession: definiert sich über sich selbst und nicht über Zugehörigkeit. Binnendifferenzierung der Sozialen Arbeit: Binnen= innerhalb. Handlungsfeld beginnt sich zu differenzieren. SA beginnt sich in folgende zu differenzieren: Heimarbeit Altenhilfe Kinder- und Jugendarbeit Erwachsenenhilfe Beispiel: Ärzte: Differenzierung in verschiedene Bereichen: HNO, Gynäkologie, Chirurgie etc. Handlungsfelder der SA begründen sich auf den Sozialwissenschaften. Gemeinsamer Nenner zwischen allen Felder der SA: Hilfe bei sozialen Problemen, oder Vorbeugung sozialer Probleme (siehe Staub- Bernasconi). Unterschied Prävention und Intervention: Prävention= vorbeugend, Intervention= „dazwischen treten“, auf bestimmtes Problem bezogen, auf das hineininterveniert wird. Thole unterscheidet zwischen Profession und Disziplin: Wissenschaftliche Disziplinen: Rechtswissenschaft, Naturwissenschaften, Sozialarbeitswissenschaft Wissenschaft fokussiert sich immer auf die Wahrheit. Profession hat in der Wissenschaft immer eine Disziplin, auf die sie sich stützt. SA kann nur dann professionalisiert werden, wenn sich eine eigene Wissenschaft herausbildet. z.B Profession der Ärzte hat die Medizin als Disziplin in der Wissenschaft. Unterschied Disziplin und Profession: 3 Profession Disziplin Praxisbezogen Handeln wissenschaftlich begrenzt Wissenschaftsbezogen Interventionen in sensiblen Lebensbereichen Handlungssystem hohe Autonomie Handeln nicht standardisierbar Theoriebezogen, Wissenschaft 1. Handlungswissenschaften: Medizin, SA angewandtes Wissen, Erziehungswissenschaften etc. 2. Grundlagenwissenschaften: Geschichte, Physik, Soziologie, Biologie, Chemie Beziehen sich immer auf entsprechendes System in der Praxis: Beziehen sich nicht auf Praxissysteme, es geht um Allgemeinwissen. Medizinwissensch. Krankenbehandlung Politikwissenschaften Politik Handlungswissenschaften haben ein Handlungsfeld. Beziehen sich immer auf spezifisches Handlungsfeld. Funktionaldifferenzierte Gesellschaft: 1) Systeme der Gesellschaft: Wirtschaft Politik Recht SA Religion Erziehung Krankenbehandlung Woran erkennen das wir System SA zu tun haben? Hilfe zur Selbsthilfe, soz. Integration Lebensbewältigung (Böhnisch), gelingender Alltag Hilfe braucht Definition, damit Unterscheidung zu anderen Systemen 4 1.2 Soziale Arbeit als Wissenschaft und Berufspraxis Soziale Arbeit als Wissenschaft und professionelle Praxis: „Grundlagen und Perspektiven einer eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin“ (Sommerfeld, Peter 2004) Gegenstand der Sozialen Arbeit: Nur Profession der SA hat soz. Probleme zum Gegenstand, bezieht zur Bewältigung auch anderes Wissen mit „Sozialem“ Blick mit ein. Wissenschaft Praxis = systematische Suche nach der Wahrheit Handlungsentlastend, deutlich mehr Zeit Kein Zeitdruck, kein Handlungsdruck Zeit um Fragen über Forschung zu beantworten Beobachten reicht nicht... erklären, verstehen, überprüfen Produziert Erkenntnisse Überprüfbares Wissen Transparenz der Wissensgewinnung (nachvollziehbar) Wissen ist explizit Reaktion gefordert innerhalb bestimmter Zeit Handlungsdruck Zeitdruck Wirksamkeit Praxis ist es erst Mal egal, ob es wahr ist oder nicht. Hauptsache es nutzt. Man braucht Deutungs- und Handlungsmuster Implizites Wissen grosses Problem in der SA Definition Profession nach Sommerfeld: Er braucht in PPP Profession als Überbegriff. Sommerfeld will damit betonen, dass man nur von Profession sprechen kann, wenn eine Verknüpfung von Disziplin (Wissenschaft) und beruflicher Praxis festzustellen ist. Soziale Bewegung: Beispielweise Französische Revolution Verhältnis Theorie/ Praxis: Verbindungsstück zwischen Sozialarbeiterwissenschaft und SA ist die Praxis, die Fragen an Wissenschaft stellt. Es kann nicht nur Wissen in Praxis geschaufelt werden, sondern es braucht Kooperation zwischen SAW und SA auf gleicher Ebene. 3 verschiedenen Formen von Wissen nach Sommerfelder: 1. Faktenwissen: z.B. Statistiken 2. Theoriewissen: Zusammenhänge 3. Interventionswissen: Mit welcher Intervention können wir Ziel erreichen? 5 Grundlagewissenschaften: Faktenwissen, Theoriewissen KEIN Interventionswissen Handlungswissenschaften: Beziehen sich auf alle drei Wissensformen Handlungswissenschaften: Müssen sich auf a), b) und c) beziehen! b) Theoriebildung: Fakten werden in Zusammenhang gebracht z.B. Arbeitslosigkeit führt zu mehr Alkoholabhängigkeit c) Faktenwissen: 20% der CH- Bevölkerung... d) Interventionswissen (technolog. Wissen): Kennzeichen für technolog. Disziplinen Voraussetzung: Problem und Ziel, Intervention: Was mit welchen Mitteln, um Ziel zu erreichen Bezieht Grundlagewissen auf a) und b). Interventionswissen nährt sich von a) und b) 6 5 Referenzpunkte der modernen Wissenschaft der SA: 1. Sozialarbeitwissenschaft bezieht sich andere Systeme: Rechtswissenschaften etc. (Systemreferenz 3) 2. SA hat Bezug zur Gesellschaft: Alle Funktionssysteme zusammen sind die Gesellschaft. Die SAW muss sich auf Gesellschaft beziehen. Welche Aufgabe hat Wissenschaft in Bezug zur Gesellschaft. Nach Neidhard: Aufklärung und Bildung. (Systemreferenz 1) 3. SAW muss sich auf sich selbst beziehen (Systemreferenz 2). Was ist damit gemeint? Bildung von Identität, Reflexion von sich selbst. Aufgabe: Frage nach Einheit der SA. 4. Der Bezug zur eigenen Praxis (Systemreferenz 4). Verhältnis der SAW zur eigenen Praxis? Um Verfahrensweisen zu entwickeln. Was ist das Ziel? Professionalisierung des Berufs? Wieso müssen wir kooperieren mit der Wissenschaft? Noch mehr Wissen produzieren. Haben eine Expertise, die wissenschaftlich fundiert ist. Was wollen wir erreichen? SA kann ihre Aufgabe mit wissenschaftlichem Wissen besser erfüllen, als ohne wissenschaftlichem Wissen. 5. Bezug zu den anderen wissenschaftlichen Disziplinen (Systemreferenz 5). Muss sich auch in Beziehung setzen zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen. Wieso ist das soziologische Wissen für die SA wichtig? Theorien der sozialen Ungleichheit, Entwicklungstheorien etc. Wir beziehen uns punktuell auf andere Disziplinen aber immer im Bezug auf SA. Wir nutzen soziologisches Wissen anders, als z.B. Soziologen. Sommerfeld plädiert für „die kooperative Wissensbildung“ Negative Identität: Was ist ein Mann? Alles, was eine Frau nicht ist. Stand der Wissenschaft: Unterstellt SA dass Wissenschaftliches Wissen nicht neben anderem steht. Wissenschaftliches Wissen höher, sonst könnte man Wissenschaft abschaffen Kritik!! Routine: Kann gestört werden, wenn Ziele nicht erreicht erden Widerstand entsteht. Routine wird auf höherer Ebene wieder eingeführt Innovation. Die Funktionaldifferenzierte Gesellschaft = Eine Gesellschaft, die sich in verschiedenen Funktionen ausdifferenziert Religion, Soziale Arbeit, Wissenschaft. Jedes Funktionssystem hat eine bestimmte Aufgabe in unserer Gesellschaft, für die Gesellschaft. Jedes Funktionssystem beginnt sich in sich zu differenzieren. Beispiel: Wissenschaft differenziert sich in Disziplinen: Grundlagenwissenschaften und Handlungswissenschaften Einzelne Funktionssystem differenzieren jetzt Berufsrollen aus. Beispiel: Im Funktionssystem Soziale Arbeit differenzieren sich Sozial Arbeiter heraus. Im Funktionssystem Rechtswissenschaften differenzieren sich Richter, Anwalt heraus 7 2. Berufsgeschichte 2.1 Geschichte der stationären Kinder- und Jugendhilfe: Anstalten des 19. Jhd., Heimkritik, Entwicklungslinien: Pestalozzi: Bildung für alle. Ohne Bildung Teilnahme an Demokratie nicht möglich. Ziel: ganzheitliche Volksbildung zur Stärkung der Menschen für selbstständiges kooperatives Wirken in einem demokratischen Gemeinwesen. Pauperismus: „pauper“= „arm“ = strukturell bedingte, längerfristige Armut weiter Teile der Bevölkerung zur Zeit der Frühindustrialisierung Philantropie: Menschenfreundliches Verhalten, „allg. Menschenliebe“ „Die ausserfamiliäre Erziehung“ (Hannes Tanner) Bis weit ins 19 Jhd., wurde nach Gewohnheitsrecht bestraft. Kinder bis 6 Jahren waren strafunmündig 17 Jhd: Strafen nicht mehr in der Öffentlichkeit, sondern in Gefängnissen 19 Jhd: Industrialisierung Verarmung der CH- Bevölkerung, Strafgesetzbuch wurde gefordert 1.1.1942: Einführung des Strafgesetzbuches Geschichte der stationären Kinder- und Jugendhilfe kurz zusammengefasst anhand von Wendeund Entwicklungspunkte: 1300 Hospital 1500 Waisen-, Arbeits-, und Zuchthäuser 1800 Armen- und Rettungsanstalten (Pestalozzi und Zeller) 1920 Anstaltskritik (Loosli, wollte Anstalten abschaffen) 1970 68er Bewegung: Heimkampagne 8 Strafung/ Strafe daraus aufgerichtet zentrale Werte aufrecht zu erhalten. Abschreckung für andere. Konsequenz aus einem Verhalten Wegschliessen, Soziale Ächtung (Ausschluss aus Gesellschaft) Verbannung 3 Formen: Körperstrafe, Wegschliessen, Verbannung Erziehung/ Erziehen Ziel: Person soll reintegriert werden in Gesellschaft und in Gesellschaft partizipieren Menschen sind veränderbar. Bis ca. 18 Jhd. Vorherrschend. Physiokraten = Natur gibt vor, wie wir zu leben haben. Natur hat eine entspannende Wirkung auf Menschen. Beispiele: z.B. Rudolf- Steiner- Schulen, antroposophische Kinderheime. Noch in den 90er Jahren waren sämtliche Suchtkliniken auf dem Land Idee: Umgang mit Natur heilt die Menschen. Merkantinisten= Wohlstand, Zufriedenheit wird über Ökonomische Produktion erreicht. Rettungshäuser Eher pietistisch Religiös (Reformation) Beispiel: Schloss Beugen Pestalozzi fand Schloss Beugen trotz der Religiosität gut. Armenhäuser Humanistisch Philantropisch Pestalozzi: gutes Leben in Armut, differenziert zwischen würdiger und unwürdiger Armut, Leute die in Armenhäuser arbeiteten waren selber arm, „Soziale Arbeit als Offenes Archiv gesellschaftlicher Konflikte“ (Susanne Maurer) Gedächtnisorte: Künstlerin Sigurdsson Der Betrachter nimmt aktiv am Geschichtserleben teil. Beispiel: Denkmäler Repräsentation von geschichtlichen Ereignissen. Routine: Routinen müssen reflektiert werden und auf ein höheres Niveau verbessert werden. Verstehen um Verbesserung zu erreichen. 9 Was versteht Maurer unter... Geschichte: Ist dynamisch Elemente der Geschichte bestehen aus: Ereignissen, Institutionen, Geschichte hinterlässt Spuren von Vergangenem in der Gegenwart. Unser Tun ist von Geschichte und Struktur beeinflusst. Vergangenheit ist nicht fest verankert, verändert sich je nach Blickwinkel. Historiographie: Das Schreiben von Geschichte Geschichte muss so geschrieben sein, dass Mensch merkt, dass er nicht frei ist. das Natürliche ist nicht natürlich, sondern konstruiert. Aufgabe von Historiographie: nach Maurer: Feststellung der Konstruktion. Reflexive Historiographie: Geschichte wird immer vor dem Hintergrund einer Utopie reflektiert. Bedeutung Historiographie für die SA: Geschichtsschreibung Was ist interessant für SA und was nicht? Die SA bearbeitet das gesellschaftliche Gedächtnis sozialer Konflikte. Warum ist das wichtig? Problembearbeitung!! SA muss sensibel darauf sein, wie soziale Probleme entstehen. Geschichte der SA nicht nur positiv (Beispiel: Eugenik) Historiographie ist abhängig von Fragen, die aktuell gestellt werden. Verändert sich je nach Frage. Maurer: Die Geschichte wirkt auf die Zukunft. Strukturen die wir heute kennen sind historisch begründet. begründe ich sie fachlich oder historisch? Beispiel: Suchtpolitik fachlich nicht begründbar, da nicht sinnvoll. Nur historisch begründbar. 10 2.2 Vormundschaft und Jugendfürsorge. Schwerpunkt: Eugenik und Fürsorge „Armut und Unterstützung“ (Epple, Ruedi und Schär, Eva) Pauperismus: Armut, die als Folge der Industrialisierung verstanden wird Armut als Folge Arbeitslosigkeit (das erste Mal in der Geschichte) Primäre Armut: Grundbedürfnisse sind nicht mehr zu befriedigen. Heute absolute Armut = Nothilfe. Sekundäre Armut: Eigentlich wären Ressourcen da Versuch Mensch zu ändern, weil er nicht lebt wie er soll (Kontrolle). Z.B. Mann der in Fabrik arbeitet, aber sein Geld im Wirtshaus versäuft (= Geld und Arbeit wären da = Ressourcen) Arbeit: Mensch wird als Maschine verstanden, Betrachtung nur als arbeitsfähig oder nicht. Wissenschaft untersucht, wie man Menschen arbeitsfähig machen kann. z.B. Infrastruktur, Hygiene etc. Soziale Frage: Armut als soziale Frage wirtschaftliches, politisches und Wissenschaftliches Problem. Wirtschaftlich: Ermöglichung des freien Marktes Politisch: Was verhindert Arbeitsfähigkeit? (z.B. Krankheit) Wissenschaftlich: Lösungen durch genauere Analyse Selbsthilfe und Selbstorganisation: wurde politisch sich selbst zu helfen bedeutete Zusammenschluss zu Gewerkschaften um politisch aktiv zu werden. Stimme von Lohnabhängigen Menschen stärken „demokratische Bewegung“ = erste Form von Arbeiterschaft Gesamtarbeitsverträge entstanden Staat war durch die Industrialisierung Mitschuld an steigender Armut 11 Hilfskassen Vorläufe der KK Konsumgenossenschafte n Sozialdemokratische Partei Nicht Gewinnorientiert Zusammenschluss von Menschen, die etwas erwerben, das dann allen zu gute kommt. Setzt sich für Rechte der Arbeitnehmer ein Gesamtarbeitsvert räge, Kündigungsfristen etc. Einzelne haben keine Chance, man muss als Kollektiv vorgehen. Gewerkschafte n Recht von Arbeiter zu schützen Verbände und Hilfswerke 3 Formen aus Zusammenschlüssen: ...Aus bestehenden Strukturen KK- Vereinen, SRK ...Neugründungen Pro Juventute und Pro Senectute ...bestehende Organisationen schliessen sich zusammen, ohne das es eine einzige Organisation gibt, Dachverband Caritas Städtische Sozialpolitik: Allgemein: Durch Industrialisierung zogen immer mehr Menschen auf der Suche nach Arbeit vom Land in die Stadt. hohe Zuwanderung Armut, Wohnungsnot etc. Wie wurden die Städte aktiv? - Verschiedene politische Formen. Z.B. Sozialwohnungen, Vorläufer von RAV Bern führte als erste Stadt europaweit die Arbeitslosenversicherung ein. Idee der Arbeitslosenversicherung: Verhinderung der Stigmatisierung der von Armut betroffenen. 12 Elberfelder- System o o o o Man beginnt Armenpflege zu organisieren Bern wird in 18 Bezirke aufgeteilt. Jeder Bezirk untersteht einem Armenpfleger. Armenpfleger = ehrenamtliche Helfer (vor allem Frauen), freiwilligen Arbeit d.h. Armenpfleger waren nicht ausgebildet. Erster Weg zur Organisierung Strassburger- System: o o o o o o Ausgebildete Armenpfleger Informatoren (ab 1915): = Polizisten, Behördenebene überprüften Anträge auf Unterstützung. Armenpfleger reichten Anträge ein und Informatoren überprüften diese. I. gingen vorbei und kontrollierten, ob Angaben stimmen. Kontrollbeziehung Familienfürsorgerinnen (ab 1924): Haushalts- und Erziehungshilfen kontrollierten, ob Frauen ihre Arbeit machten „Milchbüechli wurde in haushalten eingeführt.“ Informatoren = Männer, Familienfürsorgerinnen = Frauen mit sozialer Ausbildung (oberhalb der Armenpflegerinnen) Ziel der Armenfürsorge: weniger Kosten durch straffere Organisation. Ziel: Männer Integration, Frauen gute und selbstständige Haushaltsführung, klassische Arbeitsteilung die in Industrialisierung zwischen Mann und Frau entstand aufrecht erhalten „Vormundschaftliche Eingriffe zwischen Recht und Willkür. Eine Untersuchung Zivilrechtlicher Praxis auf dem Vormundschaftsamt“ (Hauss, Gisela) Armut: nicht nur als materielle Not angesehen, sondern auch Schmutz, Verwahrlosung, Unsittlichkeit, Unordnung Menschen führen Leben, dass nicht den herrschenden Normen und Werten entspricht. Eugenik: = das gute Geschlecht Philosophie über das gute Leben. Gutes Leben nach der Eugenik = Starke und gesunde Menschen keine soziale Probleme mehr. Gutes Leben hat man dann, wenn man für sich selber sorgen kann. Menschen wurden in gute und schlechte Menschen eingeteilt. gute/ schlechte Gene. Einfluss der Umwelt wurde überhaupt nicht mit einbezogen das was krank ist, wird moralisch überblendet, Moralische Vorstellungen wurden medizinalisiert. Eugenische Massnahmen: man geht davon aus, dass man durch die Verhinderung der Fortpflanzung von „schlechten“ Menschen, die schlechten Merkmale ausrotten kann. 13 Als wissenschaftliches Konstrukt: Vererbung beim Menschen zu erkennen zuerst nur Beobachtung und Beschreibung. Danach ging es darum gezielt in diesen Prozess einzugreifen. Erbbiologische Faktoren determinieren das Leben, nicht soziale! Im wissenschaftsgeschichtlichen Zusammenhang: Darwinismus Die Auslese von Tiere erklärt Der Stärkere überlebt. Übertragung der Mendelschen Versuchsreihe auf den Menschen. Als sozialpolitisches Instrument: Vererbung= Ursache von Missständen. verarmte, sozialschwache an der Fortpflanzung hindern! Ziel: ein möglichst starkes Volk. Als Massnahme: Zusammenhang sozialpolitisch. Verschiedene Massnahmen: Sterilisation, Kastration, Eheverbot, Fürsorgerische Massnahmen (Bevormundung, Anstaltsversorgung, Kindswegnahme. 2.3 Kurse, Ausbildung, Schule. Gründung der sozialen Frauenschulen. „amerikanische Methoden“ Zeit nach 1. WK war sehr wichtig für die SA 3 Frauenschulen wurden gegründet. Soziale Folgen des 1. WK auch in der Schweiz spürbar: Preise stiegen, Löhne stagnierten Armut. Gemeinsamkeiten Frauenschulen: von Frauen gegründet, die in den frühen Frauenbewegungen aktiv waren. Ziel war Diskriminierung von Frauen abbauen. Die Frauenschulen wurden vor allem von Töchtern aus „gutem“ Hause besucht. Frauen aus dem Bürgertum. Konzept der sozialen Mütterlichkeit: Frau für helfende und unterstützende Fähigkeiten geeignet. Auch wenn sie nicht Mutter ist. legitimierte die berufliche Tätigkeit von Frauen in der SA Nicht unproblematisch, da Geschlechterdualismus nicht in Frage gestellt wurde. 14 Social Casework Mary Richmond. Zwei Bücher: „Social Diagnosis“ (1917) und „What is Social Casework“ (1922) 1) SA Fälle genau untersuchen möglichst objektiv. 2) SA sollen Diagnose stellen 3) SA sollen zusammen mit Klienten einen Hilfsplan ausarbeiten. Wichtig: Mary Richmond verband Technik mit bestimmten normativen Richtlinien. Ziel: demokratische SA. Schweiz: „Social Casework“ kam erst in den 1950er Jahre in die Schweiz. politische Hintergrund war die NS- Zeit transnationale Wissenstransfer wurde erschwert Case Work machte Hilfsprozess durchsichtiger/ transparenter „Mütterlichkeit als Beruf- historischer Befund oder aktuelles Strukturmerkmal Sozialer Arbeit?“ (Heike Flessner) Professionalisierung Mütterlichkeit ist ein Konzept, kein Berufsfeld! Mit Mütterlichkeit sind Eigenschaften gemeint, die mit der Mutterrolle der Frau übereinstimmen. Frau Mann Fürsorge Rational Empathie Kontrollierend Geduld Produziert Warmherzig kaltherzig Fürsorglich Reproduktion Idee der Mütterlichkeit: Frau ist das, was der Mann nicht ist. 15 Obengenannte Eigenschaften sind angeboren, naturgegeben. Diese Eigenschaften der Frau werden nun auf Gesellschaft übertragen. Entstehung der sozialen Berufe sind aus der Idee der Mütterlichkeit entstanden „Der Volkskörper blutet“ der Körper muss geheilt werden. Frau ist für Humanisierung der Gesellschaft verantwortlich. Sie bekämpft Armut, hilft Obdachlosen. Macht für Gesellschaft das Selbe, wie sie für die Familie macht. Sie will kapitalistische Gesellschaft so gestalten, dass sie für alle ein bisschen wärmer ist. Übertragung: Ideal der Mütterlichkeit in die Gesellschaft Ehrenamtliche Armenpflege kommt an die Grenzen Begin rationelle Armenpflege (20. Jhd) Soziale Mütterlichkeit als Bewegung ab 19. Jhd. Wieso Idee von Schulen, wenn Mütterlichkeit = Gabe? Muss geschult/ professionalisiert werden, nach Verständnis einer Gabe. Wie würde Mütterlichkeit Empathiefähigkeit begründen? Biologisch. Gründung Social Casework in CH ab 2. WK: Integrierte Idee der Mütterlichkeit in Konzepten aber befreit von Geschlecht. Social Casework interessiert an gesellsch. Strukturen oder Psychoanalyse? Psychoanalyse, weil nicht interessiert an gesellschaftlichen Veränderung, sondern an Betrachtung der Problemursachen im Individuum Mütterlichkeit dient auch einzelnem Individuum. Wie kam Social- Work nach Europa? Durch die UN. Wiederaufbau von Europa nach dem Krieg. Es wurden Stipendien an Frauen verteilt. Staub- Bernasconi erhielt so eines. Social Casework o Rationale Armenpflege Erste professionelle o Asymmetrisch Einzelfallmethode o Misstrauen o Symmetrisch o Wertend o Vertrauensbeziehung, Vertrauen o Intervenierend o Verstehen Ziel: Arbeitsfähigkeit Ziel: Soziale Integration 16 Inwiefern lebt im social caseworkt die Idee der Mütterlichkeit weiter? Fähigkeiten die ursprünglich der Frau zugeschrieben wurden Auf Augenhöhe (symmetrisch) Verstehen Empathie These von Flessner: „Die Mütterlichkeit lebt im social Casework weiter“ 2.4 soziale Bewegungen, Städte und Öffentlichkeit Kritik innerhalb SA hat sich historisch immer wieder mit sozialen Bewegungen verbunden. Soziale Bewegungen: Artikulieren und repräsentieren Rebellion gegen wahrgenommene und erfahrene Einschränkungen und Zumutungen, thematisieren gesellschaftliche Konflikte. Zielen auf Veränderungen bzw. Transformation der Gesellschaft ab. Formulierung eines utopischen Ziels: „besseren Lebens in Gesellschaft“ = Produkte spezifischer Erfahrungen eines „Lebens in Gesellschaft“ gleichzeitig Beteiligung, neue Kontexte und Kulturen für solche Erfahrungen hervorzubringen Settlements (als Gegenmodelle, Gegenbewegung, Solidaritätsbewegung) Kunst nicht der Massen regiert zu werden! Aus der Fürsorge heraus entwickelt Settlements =Antwort auf Industrialisierung Tornby Hall (London 1883), Henrietta und Samuel Barnett Hull House (Chicago 1889), Jane Addams Vorläufer in Gemeinwesen, Sozialarbeit Entwurzelte Menschen versuchten sich selbst zu helfen, gegenseitig im Überleben zu unterstützen. 17 Toynbee Hall Aufgaben: o o o o Bei den Menschen in Gemeinde ansetzen Beitragen, dass sie ihre Angelegenheiten in die eigene Hände nehmen und ihre Situation verbessern Forschungen im Viertel Praktisches Engagement im Wohnungsbau, Renovierung und Sanierung von Wohnungen Hilfe zur Selbsthilfe Aktivitäten: Kooperative Angebote der Bildung, Erziehung und Freizeitgestaltung Einrichtung on Clubs, die zur Selbsthilfe anregen Die „Moral der Armen“ soll gehoben werden. Hull House Aufgaben: o o o Zentrum für ein höheres öffentliches und soziales Leben sein Einrichtungen der Bildung und der Philantropie zu gründen und zu unterhalten Lebensbedingungen in den industriellen Bezirken von Chicago zu untersuchen Es haben sich auch einige gutbürgerliche Frauen in dem Projekt engagiert Wollten keinen revolutionären Kampf führen, strebten keine Abschaffung der Demokratie an Lebensbedingungen verbessern heisst Verbesserung der Arbeitsbedingungen: - Gewerkschaftliche Organisation Staatliche Fabrikgesetzgebung In Verbindung mit konkreter Hilfe in Notsituationen Forderungen nach Arbeitslosenhilfe, Mindestlöhne, Arbeitszeitverkürzungen die mit grundsätzlichen politischen Kämpfen verbunden sind. 18 Unterschiede zwischen den beiden Settlements: Toynbee Hall Hull House Betont Hilfe für die Armen Stellt das Miteinander in den Mittelpunkt Hier geht es um die Hebung der Armen und Ist politischer und stellt die Unterstützung von damit um die Integration der armen aktiven Menschen innerhalb einer Bevölkerungsgruppen in eine als gerecht demokratischen Gesellschaft in den empfundene Gesellschaftsordnung. Mittelpunkt. Ziele sind die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Gewerkschaftsarbeit und Bildungsarbeit. Gemeinsamkeiten der Settlements: Grundprinzipien: Aktivierung, Selbstregulation und Ansetzen an den Stärken, basierend auf einer solidarischen Kooperation. Es bestand ein Zusammenhang von Kooperation und sozialer Gerechtigkeit. Anstaltserziehung vs. Settlement: Anstaltserziehung Hierarchie Ausschliessen Klassifizierung Disziplinieren Kontrolle Isolation Settlement Mitsprache Teilnehmen lassen Keine Stigmatisierung Hilfe anbieten Selbstregulierung Transversale Sozialität Beuggen Toynbee Hall Kinder der Landstrasse Hull House Ziele: Integration in Gesellschaft Solidarische Kooperation mit armer Bevölkerung Kooperation und soziale Gleichheit Moral der Armen heben Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen 19 Gartenhof in Zürich - Mädchenklub und Bildungsarbeit im Quartier zwei Frauen aus gutem hause ziehen ins Arbeiterquartier (Gertrud Rüegg und Milly Grob), 1919 Aufbau einer Klubarbeit für junge Arbeiterinnen Offene, partizipative Mädchenarbeit. Ausweitung zur Erwachsenenarbeit durch Leonhard Ragaz Konzept: Verbindung Settlement und Volksschule Anderer Ableger der Settlementbewegung die Ulme, Klybeckquartier Basel „Die Winden sind ein Graus: macht Kollektive draus!“ - Die Kampagne gegen Erziehungsheime. (Renate Schär) Heimkampagne ging davon aus, dass Heime Disziplinierungsanstalten sind. Heimkampagne hatte ein zu idealisiertes Bild. Sie ging von der „bösen“ Gesellschaft aus. Probleme der Jugendlichen wurden ausgeblendet. Heimkampagne als Gegenbewegung zur Sozialdisziplinierung: Forderungen/ Sicht der Heimkampagne: Abschaffung der Körperstraffe Öffnung der Heime für Medien und Heimkontrolle durch die Öffentlichkeit Zentrales Ziel: Zöglinge sollen sich gestützt auf externe Hilfe selbst in heiminternen Gruppen organisieren können Dies geht bis zur generellen Selbstverwaltung und Abschaffung aller Hierarchien in Heimen (Abschaffung der Anpassungslager) Schuld für Schwererziehbarkeit lieg nicht beim Betroffenen, sondern bei der Gesellschaft, welche einerseits „Angepasste“ und andererseits „Ausschuss“ produziert. Letztere lässt sie in Heimen, Gefängnisses und Irrenhäuser verschwinden. 20 Parole Heimkampagne: Die in CH praktizierte Heimerziehung dient weder den Interessen der Betroffenen, noch denen der „Allgemeinheit“, sondern den Interessen jener, die keine Veränderung wollen, weil sie vom jetzigen Zustand der Gesellschaft profitieren. Wie in Familien, Schulen und Betrieben, wird auch in Erziehungsheimen und Anstalten letztlich der Klassengegensatz unserer Gesellschaft ausgetragen. Kritik an Heimkampagne: Wird zum Mittel, um tiefgreifende soziale, politische und pädagogische Zerfallsformen aufzuhalten und Mängel zu beheben. Das ist nicht ganz unproblematisch, denn eine soziale Randgruppe wird so zum Träger einer Erwartung gemacht, vor der die Gesellschaft letztlich schon kapituliert hat. Kritik am Heim wird so zur versteckten Kritik an der Gesellschaft, die im falschen Umgang mit der jugendlichen Delinquenz ein weiteres Mal ihre Unfähigkeit an den Tag legt. Dieser sozialkritische Zug lässt sich durch die ganze Geschichte der Anstaltskritik verfolgen. „Soziale Arbeit und Soziale Bewegungen. Was ist Soziale Arbeit? TraditionenWidersprüche-Wirkungen“ (Leonie Wagner) Industrialisierung führt zu Pauperismus bringt ehrenamtliche Armenhilfe an ihre Grenzen (Symptombekämpfung) ersetzt durch rationelle Armenhilfe. Soziale Bewegung = 1. Macht auf Missstände in der Gesellschaft aufmerksam. Typisch an Bewegungen: meistens sehr plakativ (siehe Bsp. Heimkampagne) 2. Grössere Gruppe an Menschen. Bewegungen bringen auch Veränderungs- und Lösungsvorschläge. 3. Braucht eine gewisse zeitliche Dauer. Kontinuität. 4. Braucht eine gewisse kollektive Identität (korreliert sehr stark mit der Message) 5. Bewegung braucht Verständnis darüber, was sie ist. 6. Bewegung muss organisiert sein. 21 Beispiel einer Bewegung: bürgerliche Frauenbewegung Messages/ Grundphilosophie: Frau hat Eigenschaft der Mütterlichkeit. Frau muss aus dem Privaten ins öffentliche gehen. Sie übernimmt in der Gesellschaft die gleiche Rolle, die sie eigentlich in der Familie auch hat. Frau „Mutter in der Gesellschaft“ Alice Salomon = Vorreiterin der bürgerlichen Frauenbewegung. Was wollte die bürgerliche Frauenbewegung bewirken in der Gesellschaft? Volkskörper blutet, Blutung soll gestillt werden = Armut bekämpfen. Was würde die bürgerliche Frauenbewegung zur ehrenamtliche Armenhilfe sagen? ist in Tradition der Mütterlichkeit. Geht aber davon aus, dass die Mütterlichkeit geschult werden muss erste Frauenschulen entstehen. SA ist aus einer Bewegung heraus entstanden. Idee in der SA auch aus bürgerlicher Frauenbewegung entstanden. Hilfe statt Kontrolle Idee der Mütterlichkeit. Bürgerliche Frauenbewegung im Vergleich zur Arbeiterbewegung (Proletarischen Frauenbewegung) Bürgerliche Frauenbewegung Proletarische Frauenbewegung Will in bestehender Gesellschaft die Kritisiert Gesellschaft an sich. Strukturen verändern und die Armut Klassengegensatz auflösen abschaffen. Kapitalisten sollen vernichtet werden. Einzelfallhilfe/ Individualisierung der Viel gesellschaftskritischer. Hilfe Hat Folgen der Armut bekämpft Öffentliche Sichtbarmachung der Frau 22 Bürgerliche Frauenbewegung als 2. Ziel: Emanzipation. Was sollte da auch erreicht werden? Frauen sollen in Öffentlichkeit sichtbar werden. Nicht nur zu Hause, sondern auch in Institutionen. Subjektwerdung der Frau. Selbstbestimmte Form der Emanzipation. Einzelfallhilfe im Bezug zu Marxismus: Nimmt nicht gesellschaftliche Strukturen in Blick. Sie sieht nur das Individuum. Das Individuum ist selbst Schuld. Eine Proletarische Bewegung würde sagen: Ursache der Bewegung liegen in der Gesellschaft und nicht beim Individuum. keine Einzelfallhilfe, sondern Widerstand. Marxistische Sozialarbeit: Ziel: Der einzelne Mensch ist völlig unbedeutend. Grund der Armut ist gegeben in der gesellschaftlichen Struktur. Klasse an sich (Proletariat), Klasse für sich Aufgabe: Proletariat aufzuklären, dass sie eine unterdrückte Klasse sind. Wenn die Menschen das wissen gibt es einen Aufstand gegen die Unterdrückung. Revolution Welche Funktion hat aus Sicht der marxistischen Sozialarbeit, einen Sozialdienst? Symptombekämpfung. Die ganzen Institutionen dienen nur dazu, die Klassenstruktur zu erhalten. Marxistische Sozialarbeit muss die Menschen aufklären, dass sie unterdrückt werden. Wie beginnt bürgerliche Frauenbewegung Einfluss zu nehmen auf den Prozess: Ehrenamtliche Armenhilfe rationelle Armenhilfe (Beginn 20 Jhd) Social Case Work ? Wann wurden die ersten Frauenschulen Gegründet? 1920er Jahre. Ehrenamtliche Armenhilfe = unreflektierte Hilfe. Die bürgerliche Frauenbewegung und ihre Anliegen werden erst im Case Work sichtbar. Frauenbewegung beginnt hier Einfluss zu nehmen. Case Work ist die Weiterführung der Mütterlichkeit. Einfach Genderneutraler formuliert. Einzelfallhilfe. Ist Professionalisierung nur auf Einzelfallarbeit gerichtet? Aus Sicht der Autorin immer auf das bestehende Problem gerichtet. Gemeinwesenarbeit , Sozialraumorientierung Heisst nicht nur Einzelfallhilfe. Kann auch heissen 23 Beispiel Frauenhäuser: Fallbezahlte Arbeit und Pauschalbezahlte Arbeit Fallbezahlte Arbeit ist Leistungsorientierter. Fallbezahlte Arbeit heisst es gibt nur Geld für die Arbeit an den Opfern. Pauschalbezahlte Arbeit lässt mehr Freiheit. Was für Bewegungen gibt es den heute? Globalisierung nach der Autorin ist diese Bewegung losgelöst von der SA. Warum? Weil sie auf der politischen Ebene beginnt und sich nicht mit den Lebensverhältnissen von Menschen auseinandersetzt. 24 3. Theorien der Sozialen Arbeit 3.1 Theorien der Sozialen Arbeit, Einführung in die Thematik „Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie“ (Kurt Lewin) Klassiker/innen: Sozialpädagogik: Herman Nohl: geb.1879, gest. 27.09.1960, Geisteswissenschaftliche Erkenntnisverfahren: „Erleben, Ausdruck und Verstehen“ (Hermeneutik. Textverstehen), Erziehungswirklichkeit = Ausgangspunkt seiner theoretischen Arbeit. Soziale Arbeit: Alice Salomon: geb. 1872, gest. 1948 in NYC, Eröffnung erste Frauenschule, Wissenschaft der Sozialen Handlungswissenschaft. „Theoriekonstruktion und Positionen der Sozialen Arbeit“ (Füssenhäuser, 2011) Topografie= Verfahren zur Bildung von Synthesen unterschiedlicher Denkströmungen, von denen aus am besten die zu ihnen führenden Wege erfassbar sind Kristallisationspunkte disziplinärer und professionsgebundener Theoriebestimmung. Theoriediskurs= Ein Netz von Kommunikationen zwischen den unterschiedlichen Theoriepositionen. „Die Theoriediskussion ist geprägt durch das Nebeneinander unterschiedlicher theoretischer Positionen ( Theoriepluralismus)“ Zeitliche Perspektive (diachrome Perspektive): unterschiedliche Theorien, die aufeinander aufbauen Aktuell verschiedene Theorien (synchrone Theorien): Theorien die gleichzeitig entstehen, existieren. Positiv, da vers. Theorien (die einander auch widersprechen können!) ein Hinweis darauf sind, dass sich eine Disziplin herauszeichnet. 25 Unterscheiden von Theorien der SA: Bezieht sich auf ein ganzes SA Feld Arbeitsfeldbezogene SA: Sind auf bestimmtes Arbeitsfeld fokussiert. Wie erkennt man, dass ein Arbeitsfeld (z.B. Altenbetreuung, Suchtarbeit etc.) ein Arbeitsfeld der SA ist? - Muss sich in Verhältnis setzen mit Theorien der SA - Beispiel Altenarbeit: Lebensweltorientiert arbeiten Arbeitsfeld bezieht sich Hans Thiersch Arbeitsfeld der SA. - Einzelne Arbeitsfelder setzen sich in Bezug zu einer Theorie der SA Zugehörigkeit wird erkannt. Wie erkennt man (auch allg.) Theorien der SA? Anhand der 8 Kristallisationspunkten Eine Theorie der SA muss zu allen 8 Kristallisationspunkten etwas sagen können. Theorien müssen aufeinander Bezug nehmen, Fragestellungen in andere Theorien importieren. Was trägt neben Theorien zu Disziplin- und Professionsentwicklung bei? Soziale Bewegungen kritisch marxistischer Denkstil Aufklärung des Proletariats eugenischer Denkstil geistige Mütterlichkeit konstruktivistischer Denkstil Lebensbewältigung nach Böhnisch Problem der individuellen Ursache in Gesellschaft Ökonomische Effizienz Definition Mensch über Arbeit Wieso nicht einer Theorie einen bestimmten Stellenwert geben? Damit aus jeder Theorie Lerngewinn Blick für mehrere Ansätze Gefahr: Bei mehreren Theorien, dass eine dazu dient Präferenzen zu stützen. Fragestellungen einer Theorie soll in andere importiert werden. 26 8 Kristallisationspunkte nach Füssenhäuser und Thiersch (2001) 1. Wissenschaftstheoretische Grundlage Wirklichkeits- und Wissenschaftsverständnis, Erkenntnis und Forschungsmethoden, Denktradition, Positionierung im Kontext der Bezugswissenschaften, Genuiner Status Wissenschaft der SA. 2. Theorie- Praxis- Verhältnis Unterschiedliche Logiken, gehören notwendigerweise zusammen und müssen noch verzahnt werden wissenssoziologische Frage nach den unterschiedlichen Wissensformen in Theorie und Praxis und deren Beziehungen zueinander. 3. Gegenstand der SA als Wissenschaft Bis heute nicht abschl. Beantwortet, was der Gegenstand der Wissenschaft der SA ist. Unumstritten: Frage nach ihrem zentralen gegenstand- d.h. Fokus, spezifischen Blickwinkel bzw. gewählten Problemperspektive unerlässlich für Theorie der SA ist. 4. Gesellschaftliche und soziale Voraussetzungen (gesellschaftliche Funktionen der SA) Grundlage für Theorie der SA ist eine Gesellschaftstheorie, die die Erzeugung und Definition von soz. Problemen und Lernproblemen ebenso thematisiert, wie die spezifischen Interventionsformen als Reaktion auf sie. Mit gesellschaftlicher Funktion ist der Beitrag, den eine soziale Teilaktivität zur Gesamtheit aller Aktivitäten in einer Gesellschaft leistet gemeint. 5. Bestimmung der Adressat/innen Lebenslagen und Lebensweisen der Adressatinnen und Adressaten: Normalität des Alltags, Lebenserfahrung, Handlungs- und Deutungsmuster. Gesellschaftliche und politische Bedingtheit der Lebensverhältnisse der Adressat/innen: soz. Probleme, Norm und Abweichung, Definition von Notlagen und Hilfsbedürftigkeit. 6. Institutionen der SA Widerspruch zwischen Aufgaben, Möglichkeiten und Grenzen von Institutionen: totale Institution vs. Alternativer Lebensraum, disziplinierende Vorgaben vs. Lebensunterstützung. Analyse der Unterschiede zwischen staatlichen und öffentlichen und privaten Trägern und Institutionen. Frage nach Leistung von Institutionen: konkreter Zusammenhang gegebener Probleme, Arbeitsaufgaben und institutionellen Angebote. 7. Professionelles Handeln in der SA Analyse der Handlungsmuster der SA. Frage nach spezifischem Profil professioneller Handlungskompetenzen der SA. Konkretisierung des Konzepts professionellen Handelns bezüglich Rollen im Feld, institutioneller Settings, dem Alltag der Arbeit etc. Berufsidentität, Zusammenarbeit mit Freiwilligen. 8. Werte und ethische Normen Gibt die Wissenschaft der Sozialen Arbeit selbst Werte und Normen vor? Inwiefern sind Werte und Normen in die theoretischen Bemühungen der SA eingeflossen? 27 3.2. Das Konzept der Lebensweltorientierten SA Das Konzept der Lebensweltorientierung sagt, dass es nicht nur darum geht, wie Menschen ihren Alltag erleben, sondern in einem nächsten Schritt geht es auch darum dieses Verstehen, diesen Alltag mit dem Klienten zu reflektieren. Es geht darum, gewisse Regeln zu ändern, im Bezug auf eine andere Lebensführung etwas Punktuelles, dass man partizipativ mit dem Klienten die Regeln angeht und verändert. Beispiel nach Vorlesung Thiersch Vater der die Kinder nach der Bibel erzieht. Pädagogin orientiert sich an der Bibel und konfrontiert Vater mit einer anderen Regel aus der Bibel sorgfältige Provokation führt zu Irritation und zu einer Veränderung Form der Destruktion der Provokation. Das Konzept von Thiersch entstand in den 1970er Jahren das Konzept im historischen Kontext sehen. Von welcher Realität geht das Konzept aus? Welche Realität kritisiert Thiersch? Was kritisiert Thiersch in den 60er und 70er Jahren? Warum braucht es Lebensweltorientierten Ansatz? technologisches Vorgehen wird von Thiersch kritisiert Wir müssen den Menschen zuerst in seinem Alltag sehen. Thiersch erkennt, dass Institutionen technokratisch arbeiten. Wir müssen aber lebensweltorientiert vorgehen. Das Konzept der Lebensweltorientierung ist in der Mitte zwischen Atomismus und Holismus anzusetzen (genau auch wie Staub- Bernasconis systemischer Ansatz). Das Konzept Lebensweltorientierung greift auf vier unterschiedliche Wissenschaftskonzepte zurück: Hermeneutisch- pragmatische Pädagogik: Sie beschäftigt sich mit dem Verstehen der alltäglichen Praxis, der Umsetzung und auf das Handeln. Phänomenologisch- interaktionistische Paradigma: Es beschäftigt sich mit der Wirklichkeit des Menschen, die sich aus dem Alltag ergibt. Die alltägliche Lebenswelt ist strukturiert durch die erlebte Zeit, den erlebten Raum und die erlebten sozialen Bezüge. 28 Kritische Alltagstheorie: Ambivalenz der Alltagstheorie ist die kritische Analyse des Alltags der Klienten (gegebenes und Aufgegebenes/ Realität und Möglichkeit) Analyse gesellschaftlicher Strukturen: Erfahrene Wirklichkeit ist immer bestimmt durch gesellschaftliche Strukturen und Ressourcen/ Kapitale (Geschlechterrollen, Arbeits- und Beschäftigungsstrukturen, Migrationskultur) Wichtigste Aussagen/ Thesen: „Lebensweltorientierte Soziale Arbeit zielt auf Hilfe zur Selbsthilfe.“ Lebensweltorientierte SA sieht Menschen in ihren Stärken. Es geht um die Kompetenz zur Lebensbewältigung, wobei der Adressat durch die SA unterstützt bzw. angeleitet wird. Bewältigungsaufgaben können dem Adressaten zugemutet werden, aufgrund seiner individuellen Stärke. Unterteilung der alltäglichen Lebenswelt in drei Dimensionen: 1. Die erlebte Zeit 2. Der erlebte Raum (ländl./ Städt. Strukturen Orientierung) 3. Erlebten soziale Bezüge (Ressourcen/ Spannungen, Komplexität eines sozialen Netzes) Sozialstaatpostulat: Selbsterklärung zu Sozialstaat. Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Strukturen: Subjektiv und immer mit eigenen Handlungsmustern begründet. Lebensweltorientiert: Definitive Verhandlung als Klärung von Möglichkeiten zwischen prinzipiell gleichwertigen = Fundament für weitere Kooperation. Dekonstruktion der Pseudokonkretheit des Alltags: Entwicklungsmöglichkeiten und Provokation im Hinblick auf gelingende Alltagsgestaltung Klient auf Ideen bringen. 29 Normativer Alltag reflektieren um Veränderungen zu fördern. Wir leben nach Regeln und tun so, als ob diese feststehen Pseudokonkretheit. Respektvolle Destruktion dieser Regeln. Alltag/ gelingender Alltag: Entlastende Funktion von Routine = bietet Halt/ Sicherheit, Routine vs. Inflexibilität. Lebenswelt: Bühne auf der gesellschaftliche Vorgaben konkret ausgehandelt/ gestaltet werden. Soziale Gerechtigkeit: Wann wird diese zum Problem? Wenn verlangt wird, dass Lebensführung in rahmen der soz. Gerechtigkeit ablaufen muss Respekt vor Autonomie ist nicht mehr gegeben. Menschenbild: Thiersch geht davon aus, dass der Mensch aktiver Mitgestalter seiner Lebenswelt ist = Experte seiner Situation. Problem für Thiersch: Gesellschaftliche Entwicklungen Individualismus/ Pluralismus macht Alltag komplexer, unübersichtlicher und ist durch Unsicherheiten geprägt. 30 3.3 Der prozessual- systemische Ansatz „Soziale Arbeit als handlungswissenschaftliche Disziplin“ (Staub- Bernasconi Silvia) Paradigma = grundsätzliche Denkweise, auch als theoretischer Ansatz bezeichnet. Systemismus/ systemisches Paradigma: Der Mensch ist ein psychobiologisches System mit Bewusstsein (Wissen dass sie Wissen, denken, fühlen, handeln..). Ein Mensch ist lernfähig und kann durch Erkenntnis- und Handlungskompetenzen Gegebenheiten verändern. 2 Positionen: Holismus (sozio- Zentrismus) soziale Strukturen stehen im Fokus (z.B. marxistische Theorie) Atomismus (Gegenteil von Holismus, Individualismus) Jedes Individuum ist für sein handeln selbst verantwortlich. Strukturelle Gründe werden komplett ausgeblendet. Beispiel Margarete Hatcher:“ There is no such thing as society.“ Staub- Bernasconi befindet sich mit ihrem systemischen Ansatz genau in der Mitte zwischen Holismus und Atomismus. Der Ansatz bezieht sich auf beide Ansäte. Wir können Individuelles Verhalten nicht nur über Individuum selbst erklären. Berücksichtigen, dass individuelles Verhalten immer auch Folge von Strukturellen Bedingungen ist. 31 3.4 Die acht Kristallisationspunkte in Bezug zu Thiersch, Staub- Bernasconi und Sommerfeld Im Folgenden werden die einzelnen Kristallisationspunkte in Bezug zu Thiersch, StaubBernasconi und Sommerfeld gesetzt. Warum 8 Kristallisationspunkte? Damit können Theorien der SA verglichen und unterschieden werden. Die Annahme von Füssenhäusser (und Thiersch) ist, dass jed Theorie der SA, die sich als vollständig versteht, zu diesen 8 Kristallisationspunkten etwas sagen muss. Kritik an den 8 Kristallisationspunkte: - Sie grenzen sich gegenseitig nicht sauber ab, d.h. dass die einzelnen Punkte sich teilweise überschneiden. - Es fehlt eine fundierte Herleitung dieser Punkte. 32 8 Kristallisationspunkte nach Füssenhäuser und Thiersch (2001) 9. Wissenschaftstheoretische Grundlage Wirklichkeits- und Wissenschaftsverständnis, Erkenntnis und Forschungsmethoden, Denktradition, Positionierung im Kontext der Bezugswissenschaften, Genuiner Status Wissenschaft der SA. 10. Theorie- Praxis- Verhältnis Unterschiedliche Logiken, gehören notwendigerweise zusammen und müssen noch verzahnt werden wissenssoziologische Frage nach den unterschiedlichen Wissensformen in Theorie und Praxis und deren Beziehungen zueinander. 11. Gegenstand der SA als Wissenschaft Bis heute nicht abschl. Beantwortet, was der Gegenstand der Wissenschaft der SA ist. Unumstritten: Frage nach ihrem zentralen gegenstand- d.h. Fokus, spezifischen Blickwinkel bzw. gewählten Problemperspektive unerlässlich für Theorie der SA ist. 12. Gesellschaftliche und soziale Voraussetzungen (gesellschaftliche Funktionen der SA) Grundlage für Theorie der SA ist eine Gesellschaftstheorie, die die Erzeugung und Definition von soz. Problemen und Lernproblemen ebenso thematisiert, wie die spezifischen Interventionsformen als Reaktion auf sie. Mit gesellschaftlicher Funktion ist der Beitrag, den eine soziale Teilaktivität zur Gesamtheit aller Aktivitäten in einer Gesellschaft leistet gemeint. 13. Bestimmung der Adressat/innen Lebenslagen und Lebensweisen der Adressatinnen und Adressaten: Normalität des Alltags, Lebenserfahrung, Handlungs- und Deutungsmuster. Gesellschaftliche und politische Bedingtheit der Lebensverhältnisse der Adressat/innen: soz. Probleme, Norm und Abweichung, Definition von Notlagen und Hilfsbedürftigkeit. 14. Institutionen der SA Widerspruch zwischen Aufgaben, Möglichkeiten und Grenzen von Institutionen: totale Institution vs. Alternativer Lebensraum, disziplinierende Vorgaben vs. Lebensunterstützung. Analyse der Unterschiede zwischen staatlichen und öffentlichen und privaten Trägern und Institutionen. Frage nach Leistung von Institutionen: konkreter Zusammenhang gegebener Probleme, Arbeitsaufgaben und institutionellen Angebote. 15. Professionelles Handeln in der SA Analyse der Handlungsmuster der SA. Frage nach spezifischem Profil professioneller Handlungskompetenzen der SA. Konkretisierung des Konzepts professionellen Handelns bezüglich Rollen im Feld, institutioneller Settings, dem Alltag der Arbeit etc. Berufsidentität, Zusammenarbeit mit Freiwilligen. 16. Werte und ethische Normen Gibt die Wissenschaft der Sozialen Arbeit selbst Werte und Normen vor? Inwiefern sind Werte und Normen in die theoretischen Bemühungen der SA eingeflossen? 33 1 Wissenschaftstheoretische Grundlage Wirklichkeits- und Wissenschaftsverständnis, Erkenntnis und Forschungsmethoden, Denktradition, Positionierung im Kontext der Bezugswissenschaften, Genuiner Status Wissenschaft der SA. Die verschiedenen wissenschaftlichen Theorien der SA haben unterschiedliche Grundpositionen und unterscheiden sich dadurch voneinander. marxistische Sozialarbeit: Bezieht sich ausschliesslich auf die Theorie von Marx. Sie ist deshalb keine eigene Wissenschaft und hat keine eigene Geschichte. Ihre Geschichte ist die Geschichte der Klassenkämpfe (Gesellschaftstheorie) Lebensweltorientierte Soziale Arbeit (Thiersch): Was für einen Wissenschaftscharakter hat der Ansatz von Thiersch? Die vier Wissenschaftskonzepte (hermeneutisch- pragmatische Pädagogik, Phänomenologischinteraktionistische Paradigma, kritische Alltagstheorien, Analyse gesellschaftlicher Strukturen). Thiersch integriert vier Theorien in einer. Diese vier Theorien überschneiden sich. Der Ansatz Lebensweltorientierung erhebt den Anspruch eine eigene wissenschaftliche Theorie zu sein. Was versteht Thiersch unter Hermeneutik? Hermeneutik: Verstehen von SINN. Sie will die Lebenswelt der Protagonisten verstehen, aber auch die Interpretation der Protagonisten über ihre Lebenswelt (Alltagswelt). Thiersch braucht die beiden Begriffe (Alltagswelt, lebenswelt) explizit synonym. Es geht darum, sowohl Verhaltensmuster zu verstehen, als auch Deutungen, wie das Klientel diese Verhaltensweisen begründet und interpretiert (Verstehen von Handlungs- und Deutungsmuster). Verstehen! Elementares und höheres Verstehen. Thierschs Ansatz geht davon aus, das Menschen immer in einer (vorgegebenen) Wirklichkeit leben und das sie eine subjektive Wahrnehmung dieser Wirklichkeit haben sie interpretieren diese. Die Aufgabe des SA ist es, diese subjektive Wirklichkeit (Interpretation) zu verstehen. Die Lebenswelt aus Sicht des Klienten verstehen (elementares Verstehen) ist noch kein professionelles Verstehen. Höheres Verstehen bedeutet, dass Bezug zur Wissenschaft genommen wird. Das Verstehen wird breiter. Man versucht das Verstehen des Klienten mit zusätzlichem Wissen zu verstehen in dem Theorien beigezogen werden. 34 Menschen leben in einem Alltag, den sie subjektiv interpretieren. Es geht darum, diesen Alltag zu verstehen. Immer auch die Frage nach dem Warum! a.) In diesem Paradigma geht es darum, den subjektiven Sinn erfassen zu können. man versucht in einem ersten Schritt zu verstehen, wie das Individuum seinen Alltag interpretiert (elementares Verstehen). Das Verstehen soll aus Sicht des Klienten verstanden werden, also mit seinen eigenen Deutungsmuster und Werten. Beispiel aus Video Thiersch: "Wie versteht Herr Bersoni seinen Alltag?" b.) Darauf aufbauend soll ein höheres Verstehen erreicht werden (= mehr als gesunder Menschenverstand). Das heisst, das elementare Verstehen soll in einen grösseren Zusammenhang gesehen werden. Dies gelingt dadurch, dass man eine kritische Distanz zur Alltagspraxis nimmt und nicht unter Handlungsdruck steht. das höhere Verstehen ist ein reflektiertes Verstehen. Es bezieht wissenschaftliche Theorien und ebensolche erklärungen mit ein. Mit diesem Vorgehen soll verhindert werden, dass allzu schnell kategorisiert wird (der Alkoholkranke, der Gewalttätige usw.) und dann darauf aufbauend dann Interventionen anlaufen. Stattdessen soll zuerst die Lebenswelt in Blick genommen werden. Beispiel: Klientin die Gendertypisch argumentiert: „Ich als Frau darf das nicht..“ höheres Verstehen: Gendertheorien in Verbindung mit SA. Was versteht Thiersch unter dem phänomenologisch- interaktionistischen Paradigma? Fokus liegt auf dem Alltag, welche die Wirklichkeit für die Menschen mit all seinen Möglichkeiten und Einschränkungen darstellt. menschen befinden sich immer schon in einer sozialen Wirklichkeit wieder, die durch Regeln geprägt ist. Die Lebenswirklichkeit und Handlungsmuster entstehen im alltäglichen Leben. Die Phänomene- also die alltäglichen Situationen- werden hauptsächlich über Interaktionen hervorgebracht, welche dann selber wieder den Alltag strukturieren. Bei Sommerfeld "Soziale Gesetzmässigkeiten entstehen über Interaktion" 35 Annahme: Menschen leben immer schon in einer Realität, die nach eigenen Gesetzmässigkeiten/ Regeln funktionieren. Alltag ist mit Regeln bestückt, nach denen wir automatisch handeln. zum Beispiel: Wenn jemand niest sagen wir Gesundheit. Menschen bewegen sich immer in einem bestimmten Kontext, in dem bestimmte Regeln herrschen. Es geht also darum, diesen Alltag der Lebenswelt zu rekonstruieren und nach den Gesetzmässigkeiten (wirksame Handlungsmuster, Routinen, Rollenhandeln) zu Fragen, nach denen dieser abläuft. Was versteht Thiersch unter kritischen Alltagstheorien? Einerseits entlastet der Alltag und anderseits engt er ein. Alltag= Doppelbödig. Einerseits entlastet der Alltag durch Routinen, Sicherheit und Gewissheit. Eine gewisse Struktur ist entlastend, engt aber auch ein, weil die Möglichkeit etwas spontan zu machen nicht mehr gross vorhanden ist. Anderseits engt (borniertheit) der Alltag auch ein. Der Alltag vernichtet alternative Handlungsmöglichkeiten (Der Alltag kann auch als Zwang erscheinen). Die Lebenswelt ist dadurch pseudokonkret. man beginnt den alltag als etwas zu behandeln, der nicht veränderbar ist. Der Alltag ist nicht einfach "heil" weil auf den ersten Blick alles klappt. Beispiele: Borniertheit aufgrund von Geschlechterklischees: "Als Frau darf ich ja nicht" … Hier könnte man dann kritisch reflektieren, welche Geschlechterkonstruktionen im Spiel sind, welche sowohl entlastend als auch einengend wirken können. Zwang mit Schwiegereltern Kaffee zu trinken: Zwang, der aus der Routine entstanden ist (man macht es halt immer so). Diese "Soziale gesetzmässigkeit" wird nicht reflektiert und als soziale Konstruktion gesehen, die auch anders sein könnte. Ziel: Pseudokonkretheit und Doppelbödigkeit reflektieren, destruieren und unentdeckte, unterdrückte und verborgene Möglichkeiten (Potentiale) aufzeigen und damit im gegebenen Alltag einen gelingenderen Alltag zu ermöglichen- 36 Was sagt Thiersch zur Analyse gesellschaftlicher Strukturen? Inwiefern wirken gesellschaftliche Strukturen auf den Alltag des Menschen? Die Lebenswelt von Menschen ist immer schon geprägt von gesellschaftlichen Strukturen, die Möglichkeiten generieren oder verhindern. Beispiel: Mindestlohn von 8.- hat eine massive Einschränkung des Alltags zur Folge. Man könnte jetzt sagen, dass Arbeitslosigkeit/ schlecht bezahlte Stelle ein indivduelles Schicksal ist. Aber es bleibt auch die Frage: Wie fern bietet unsere Gesellschaft Arbeitsstellen für niedrigqualifizierte? Inwiefern ist die Gesellschaft „schuld“. Analyse inwiefern gesellschaftliche Strukturen individuelle Probleme verursachen. Zwei Wirklichkeitsverständnisse von Thiersch: 1) Die Wirklichkeit des Alltages ist für den Menschen immer schon vorgegeben. man findet sich in einer bestehenden Wirklichkeit wieder (Ansatz: PhänomenologischInteraktionsimus) 2) Diese vorgegebene Wirklichkeit wird vom Klienten als eine bestimmte- also subjektiveWirklichkeit erlebt (Ansatz: hermeneutisch- pragmatisch) Die erlebte Wirklichkeit ist doppelbödig und pseudokonkret. Ein professionelles Ziel ist dann, diese subjektive Wirklichkeit zu verstehen und mittels eines höheren Verstehens der "realen" Wirklichkeit näher zu kommen. Darauf aufbauend können dann alternative Handlungsmöglichkeiten eingeführt werden. Nach THIERSCH ist SAW eine eigene Wissenschaft!! 37 Staub- Bernasconi „Soziale Arbeit als handlungswissenschaftliche Disziplin.“ (Silvia Staub- Bernasconi) Beispiel Motivationsprogramme der Sozialdienste: Atomistische Erklärung, Arbeitsloser findet kein Job, weil er faul ist und ist selbst schuld an Arbeitslosigkeit. Durkheim: „Soziales soll nur durch soziales geklärt werden“ Staub- Bernasconi möchte das mit dem horizontalen Reduktionismus widerlegen. Top- Down = Abwährtsreduktionismus, Bottom- up = Aufwärtsreduktionismus Staub- Bernasconi: 2 Positionen Holismus (sozio- zentrismus) soziale Strukturen stehen im Fokus. Z.B. marxistische Theorie. Staub- Bernasconi ist mit ihrem systemischen Ansatz genau in der Mitte zwischen Holismus und Atomismus. Er bezieht sich auf beide Ansätze. Wir können Individuelles Verhalten nicht nur über Individuum selbst erklären. Berücksichtigen, dass Individuelles Verhalten immer auch Folge von Strukturellen Bedingungen. Staub- Bernasconi oszilliert zwischen beiden Positionen (Atomismus und Holismus). Durkheim sagt von Anfang an, dass Herausforderung von Soziologie ist, dass Holismus und Atomismus beide berücksichtigt werden. Atomismus (Gegenteil von Holismus, Individualismus) Beispiel Liberalisierung des Alkoholmarktes Atomistisches Denken jedes Individuum ist für sein Handeln selbst verantwortlich. Strukturelle Gründe werden ausgeblendet. Rational Choice Menschen haben Bedürfnisse, Menschen legen diese selbst fest und bringen diese in Reihenfolge. Jedes Individuum legt seine Bedürfnisse selbst fest. -_> Margarethe Thatcher: „There is no such thing as society“. Beispiel anhand von Gewalt, wie erklären die verschiedenen Ansätze die Gewalt? Sozio- zentristischer Ansatz: erklärt es mit einer Ideologie (Werte, Glaube), z.B. die Religion hat jemanden so vereinnahmt, dass das Individuum gezwungen wird so zu handeln (Selbstmordattentäter). (Top- Down, Aufwärtsreduktionismus) Atomistischer Ansatz: Das Individuum hat einen freien Wille und hat selbst entschieden „böse“ zu sein. Gesellschaft ausblenden. Verhalten des Individuums nur über Individuum erklären. (Bottomup, Abwärtsredaktionismus) Ich reduziere nach unten und erkläre nach unten. 38 Systemischer- Ansatz (Staub- Bernasconi): Wen ein Mensch gewalttätig wird, hat es immer Strukturelle, wie auch individuelle Gründe. Systembegriff nach Staub. Bernasconi: Ganz anders als diese von Niklas Luhmann Ein System zeichnet sich dadurch aus, dass die verschiedenen Elemente eine Beziehung zueinander haben. Diese Beziehungen zwischen den Elementen sind stärker, als die Systeme zur Umwelt haben. Im System engere Beziehung, nach Aussen weniger engere Beziehungen. Alles was existiert sind entweder Teile eines Systems oder Systeme. Staub geht davon aus, dass die Wirklichkeit aus 5 verschiedenen Dimensionen (Multidimensionale Wirklichkeit) besteht. 1. physikalisch- chemisch (Chemie/ Physik) 2. biologische (Biologie) 3. psychische (Psychologie) 4. soziale (Soziologie) 5. kulturelle (Ethik) Wie kann man diese 5 Dimensionen in Verbindung bringen mit den Ansätzen (Holismus und Atomismus)? Holismus: kulturell und sozial Atomismus: psychisch, biologisch, physikalisch-chemisch Wie lassen sich die 5 Dimensionen auf die Grundlagenwissenschaften beziehen? Beschäftigen sich nur mit einer Dimension. Was macht eine Grundlagewissenschaft grundsätzlich? Was versuchen die zu machen? Die Grundlagenwissenschaften orientieren sich an Erkenntnissen, Wahrheit, versuchen zu verstehen, wies funktioniert. Was machen Handlungswissenschaften nach Staub- Bernasconi? Handlungswissenschaften versuchen nicht nur Erkenntnis zu generieren. Stellen Gleichzeit auch Erklärungswissen zum Verändern der Welt zur Verfügung. IST- Zustand: SOLL- Zustand: Wissenschaft sagt nie etwas darüber aus, wie etwas sein soll. 39 Wie kommt man nach Staub- Bernasconi von einem IST- Zustand auf einen SOLL- Zustand? SA versucht immer dort zu kritisieren, wo Menschenrechte verletzt werden. SOLL- Zustand soll so sein, dass er Menschenrechte achtet. Unterschied zwischen ontologischen Ansatz und eines konstruktivistischen Ansatzes? Konstruktivismus: Wir konstruieren die Wirklichkeit. Ontologie: Geht von einem Sein aus, dass unabhängig von uns Menschen exisitert. Problem bei Staub- Bernasconi: Kann das „Sein“ von uns Menschen objektiv erfasst werden? Es entstehen Fehler, wenn wir sie in Blick nehmen. Es gibt ein „Sein“, aber wir können dieses Sein immer nur Fehlerhaft wahrnehmen. - Realität ist viel zu komplex, als dass ein Mensch die Realität einfach erfassen kann. - Bewusste ausblenden. Gewisse Tatsachen ausblenden. Obwohl wir wissen wie es ist, blenden wir Tatsachen aus um unsere Interessen durchzusetzen. - Was ist die Funktion von Wissenschaft bei Staub- Bernasconi? Wissenschaft soll so genau wie möglich an das sein zu kommen. Bild über Realität Realitätsnäher auf zu machen. Gegenstand der SA: soziale Probleme. Wann entstehen soziale Probleme? Wenn Bedürfnisse von Menschen nicht befriedigt werden. Analysieren nach Staub- Bernasconi? Wenn ein Mensch Bedürfnis nicht befriedigen kann entsteht ein soziales Problem. Das heisst Ressourcen, die Mensch braucht um ein Bedürfnis zu befriedigen sind nicht zugänglich. Z.B. kein Zugang zu Nahrung (Bedürfnis Hunger kann nicht befriedigt werden). Staub- Bernasconi versucht das ganze auf verschiedenen Ebenen zu reflektieren (systemisch, und mithilfe von den 5 Dimensionen). 40 A: der ontologische Systemismus Oszilliert zwischen holistischen (sozio-zentristischen) und atomistischen (individualistischen) Perspektiven. top down: holistische Erklärung bottom up: individualistische Erklärung Definition System: Alles was ist, ist entweder ein System oder Teil eines Systems. Auch das teil eines Systems kann selber System sein (z.B. Menschn in einer Organisation) interne Struktur: Beziehungen im System (stärkere Bindungen) externe Struktur: beziehung des Systems zu anderen Systemen (schwächere Bindungen) ontologische Theorie: die Theorie geht von einem Sein aus, welches auch unabhängig von den Menschen existiert. 4 Punkte der Fehlerhaftigkeit a.) nur das kann verarbeitet werden, was die biologischen Gehirnstrukturen zulassen b.) viele Sachverhalte sind nicht direkt wahrnehmbar (Atome, Strahlungen, Macht, Nation, Weltgesellschaft) c.) vieles wird bewusst ausgeblendet d.) vieles wird z.T. bewusst oder unbewusst oder aus interessengeleiteten Gründen verzerrt wahrgenommen oder umgedeutet (Vorurteile, politische Motivationen) Deutungssysteme bilden Realität also nicht 1 zu 1 ab, sondern verzerrt. B: Handlungswissenschaft nach Staub- Bernasconi: Soziale Probleme entstehen dann, wenn Bedürfnisse nicht befrieidgt werden können. Es geht um die Frage, in wie fern dies durch die Systeme der verschiedenen Wirklichkeitsebenen verunmöglicht und verhindert wird. Welche Ressourcen zur Bedürfnisbefriedigung stehen nicht zur Verfügung? Die Ursache des Problems wird dann in den vers. Dimensionen veortet und muss in diesen bearbeitet werden. 41 Unterschied zu Thiersch: Staub kategorisiert mehr. Antworten des Klientel werden in vorgegebene Raster eingeteilt. Allerdings bleibt unklar, was beim systemischen Ansatz neu hinzukommt. Bei thiersch sind ebenfalls strukturelle als auch individuelle Dimensionen relevant. Theorie von Staub aus den 1990er Jahren, Theorie von Thiersch aus dem 1970er Jahren. Verständnis der Wirklichkeit unterscheidet sich stark. Thiersch betrachtet diese immer als ein lebensweltliches Konstrukt. Für Staub gibt es eine von Menschen unabhängige Wirklichkeit. 2 Verhältnis von Theorie und Praxis Allg.: Kann man diesen Ansatz brauchen für die Praxis? Geht dieser Ansatz davon aus, dass die Theorie die Praxis anleitet? Relevanz? Welche Relevanz hat Theorie/ Praxis für die Praxis/ Theorie? Sommerfeld: Theorie und Praxis ist gleichberechtigt. Wechselseitige Beziehung. Wissenschaft ist nicht übergeordnet. Thiersch: Die Wissenschaft ist handlungsentlastend und die Praxis steht unter Handlungsdruck. Praxis hat Zeitdruck und die Wissenschaft nicht. Theorie Praxis Distanz zum individuum (keine Theorie über Arbeit mit Menschen einen bestimmten Menschen) Handlungsentlastend Unter Handlungsdruck Wahrheit des Wissens steht im Vordergrund Wirksamkeit steht im Vordergrund Kein unmittelbarer Druck Zweckorientiert Transparenz der Wissensgewinnung Implizites Wissen (z.B. in Routinen) Kein hierarchisches Verhältnis, Symmetrisches Verhältnis zwischen Wissenschaft und Praxis 42 Thiersch und Sommerfeld: Wissenschaft muss Wissen explizit machen. Es muss begründet sein und nachvollziehbar. In der Praxis ist Wissen oft implizit vorhanden. Funktion der Wissenschaft diese Wissen erforschen und explizit zu machen. Staub- Bernasconi: Wer hat besseren Zugang zur Realität nach Staub- Bernasconi, Praxis oder Wissenschaft? Die Wissenschaft, weil man in der Praxis fehlerhaft interpretiert. Klare Trennung zwischen Wissenschaft und Praxis. Wissenschaft ist Praxis grundsätzlich übelregen. wissenschaftler können realität besser erfassen. Praxiswissen ist mangelhaft. 3 Gegenstand der Sozialen Arbeit Sommerfeld: Die Praxis der Sozialen Arbeit. Praxis als auch Wissenschaft haben selben Gegenstand. Thiersch: Der Mensch und sein Alltag, der nicht gelingend ist. Oder Probleme in der Alltagsbewältigung. Gesellschaftliche und individuelle Restriktionen dieser Bewältigung. Staub- Bernasconi: Soziale Probleme. Geht dann immer nach Holismus und Atomismus und sagt dann, dass beide involviert sein müssen. Soziale Probleme sind Probleme der nicht gelingenden Bedürfnisbefriedigung. Staub- Bernasconi unterscheidet zwischen illegitimen und legitimen Bedürfnissen. Bedürfnis = Soll- Zustand soll immer wieder hergestellt werden. Staub- Bernasconi argumentiert sehr biologisch. Bedürfnisse erleben Menschen dadurch, dass im Gehirn Soll- Zustände nicht befriedigt werden (Hunger, Liebe, Geborgenheit etc.). Spannungsverhältnis zwischen Soll- und Ist- Zustand. Staub- Bernasconi wenn ein Bedürfnis befriedigt wird? -> Wohlbefinden herstellen! Illegitime Wünsche: z.B. Helikopter auf Sozialdienst. Legitime Wünsche (Jeder Mensch in der CH hat Anspruch darauf): TV, Zugang zu Internet, Zugang zur Gesundheitsversorgung. Abhängig von Kultur (Lebenstandards) und Gesellschaft. 43 3 Ebenen: a) individualistisches Paradigma: Selbstverwirklichungsprobleme. Müssen individuell gelöst werden b) Soziozentrisches Paradigma: abweichung vom Soll- Zustand. Es geht um Normalisierungsarbeit. c) systemisches Paradigma: probleme müssen im Wechselspiel zwischen Individuum und Sozialstruktur/ Kultur angesehen werden. 4 Bezug zu einer Gesellschaftstheorie und die Bestimmung der gesellschaftlichen Funktion der Sozialen Arbeit Thiersch: Von der Kunst zur Hilfe zu der Kunst des Lebens. Was könnte damit gemeint sein? Was ist der Unterschied? Kunst zur Hilfe: eher Materielle Form der Hilfe. Kunst des Lebens: Klient muss ermächtigt werden ein eigenständiges Leben zu führen. Es geht darum autonome Lebensführung zu ermöglichen. Was hat das mit gesellschaftlichen Umbrüchen zu tun? Wieso wird es so zentral, wie ein Mensch sein Leben führt? Wir haben es mit gesellschaftlichen Umbruch zu tun. Individuum der Moderne sieht sich damit konfrontiert, dass es sein Leben selbst gestalten muss. Individuum muss selber planen Gesellschaft erwartet das von Individuum Pluralisierung der Lebensformen. Vor diesem Hintergrund entsteht eine SA die nicht nur Materiell hilft, sondern auch soziale. a) Hilfe zu einem gelingenderen Alltag b) Kampf gegen soziale Verhältnisse, die einen freien, humanen Alltag verhindern (Chancen an der sozialen Teilhabe müssen gerecht verteilt werden.) Lebensweltorientierte SA geht Probleme an, dort wo sie für die Betroffenen entstehen, sie teilt Lebensraum mit Klienten, ist parteilich und solidarisch. SA sieht und akzeptiert die eigenen Erfahrungen der Adressatinnen und Adressaten, ihre Interpretationen und Lösungsstrategien und Ressourcen. sie will "Blindheit" eines Alltagspragmatismus auflösen und damit Verhältnisse sozialpolitisch lösen. Ziel: Herstellung eines gelingenderen Alltags. 44 Staub- Bernasconi: Wofür ist SA exklusiv zuständig in der Gesellschaft? Dazu da soziale Probleme zu lösen. Menschenrechte! SA ist eine Menschenrechtsorganisation. Tritt dafür ein, dass Menschenrechte eingehalten werden. - optiert für Theoriepluralismus - Baut auf keiner Gesellschaftstheorie auf. Diese werden situativ einbezigen, je nachdem ob diese sozialen Probleme in Blick kriegen und Optionen anbieten, wie diese Probleme gelöst werden können. Wie ist Macht in verschiedenen sozialen Systemen verteilt? Wie sind die Zugänge zu Macht geregelt (Wer kriegt Macht und bei wem wird sie eingeschränkt)? Menschenrechte werden Bestandteil der Theorie. Sie geben der Theorie das utopische Moment, die Gesellschaft verbessern zu können. Funktion: systemische Bearbeitung von sozialen Problemen, welche die Befriedigung der Bedürfnisse und legitimen Wünsche der Menschen verhindern. Aufgaben der SA bestehen in der Ressourcen- Erschliessung, Handlungskompetenz und Teilnahmeförderung, Vernetzungsarbeit, Umgang mit Machtstrukturen und -quellen, Kriterienund Öffentlichkeitsarbeit. Auf Sommerfeld wurde im Unterricht kein Bezug genommen.... 45 5 Bestimmung der Adressaten Thiersch, lebensweltorientierter Ansatz: Nicht gelingender Alltag (Gegenstand SA) Adressaten Menschen denen es nicht gelingt ihren Alltag zu bewältigen. Adressaten sind Menschen, die Probleme mit der Alltagsbewältigung haben Es geht darum, dass diese Probleme in einem Zusammenhang zwischen den eigenen Möglichkeiten der Gestaltung und strukturellen Vorgaben eingebettet sind. Ausserdem erlebt das Individuum diesen Zusammenhang pseudokonkret in dem es diese Zusammenhänge oft noch vereinfacht und als unveränderbar anschaut. SA muss: Interessen der Adressaten auf sozialpolitischer Ebene anwaltschaftlich vertreten Adressaten lebensweltorientiert zu einem gelingerenderen Alltag unterstützen. Klienten sollen ihren Alltag selbstbestimmt gestalten können. Was bedeutet Lebenswelt oder Alltagswelt? 4 Dimensionen der Lebenswelt: Bühne, auf der Menschen ihr Leben führen. 1. Alltag in Bick genommen werden. Problem im Kontext des Problems. Versuchen die Probleme aus der Sicht der Adressaten zu verstehen. Es ist Wurst ob es Herr Müller, Herr Meier ist. Probleme der Individuen zu verstehen. Probleme der Adressaten werden in ihrem Alltag übernommen. Der Mensch wird nicht abstrakt als Individdum betrachtet, sondern als jemand, der sich in einer sozialen Wirklichkeit befindet. 2. Mensch lebt in vers. Lebenseldern (Räume). Mensch bewegt sich in verschiedenen sozialen Feldern. Leben zergliedert sich in unterschiedliche Lebensfelder. Was kann zwischen diesen Räumen entstehen? Jedes Feld funktioniert nach eigenen Logiken (vgl. auch Füssenhäusser!) . Diese Logiken können sich widersprechen und in Konflikt zu einander geraten (Spannungen). Mensch ist mit vers. Logiken konfrontiert. Mensch lebt in diesen verschiedenen Feldern. Mensch muss diese vers. Logiken in seine Biografie integrieren. Der Ansatz reagiert also auch auf die zunehmende Arbeitsteilung resp. funktionale Differenzierung. 46 3. Pseudokonkreter Alltag Wenn man eine Vorstellung davon hat, wie es sein soll. Mensch reflektiert gar nicht mehr das es auch anders sein könnte -_> Borniertheit. Aufgabe der SA? Es geht darum die Lebensführung des Klienten kritisch zu hinterfragen. Klienten mit Pseudokonkretheit zu konfrontieren. Das Konzept der Lebenswelt ist normativ kritisch. Es werden Widersprüche aufgedeckt und aufgezeigt, wie soziale Strukturen Lebensweisen ermöglichen oder blockieren. Gleichzeitig wird auch kritisch rekonstruiert, wie Individuen sich pseudokonkret in dieser Lebenswelt einrichten. 4. Lebensführung ist von Rahmenbedingungen abhängig. Z.B. Arbeitslosigkeit ist nicht einfach eine Folge davon, dass jemand zu Faul ist, sondern auch damit, dass es z.B zu wenig Arbeitsplätze gibt für Niedrigqualifizierte. Das Konzept der Lebenswelt verfolgt die unter Gesellschaftstheorie erwähnten Spannungen. Gesellschaftliche Strukturen wirken quasi als Hinterbühne und bestimmen Deutungen und Handlungen mit. Staub- Bernasconi: Menschen und Gruppen mit Austattungsdefiziten (Also Defizite um Bedürfnisse und legitime Wünsche befriedigen zu können) Machtstrukturen, die diese Defizite erzeugen. 47 6 Institutionen der SA Lebensweltorientierter Ansatz, Thiersch: Institutionen sollen dezentral und in der Lebenswelt der Klienten liegen Angebote sollen niederschwellig sein (leichte, voraussetzungslose Erreichbarkeit) Institutionen sollen sich an die Interessen der Klienten orientieren Thiersch ist skeptisch gegenüber Institutionen. Diese bilden Eigenlogiken (Sie negieren lebensweltliche Logiken), die nicht zur Problemlösung (Aus Sicht der SA) beitragen. Ambulant vor stationär Staub- Bernasconi: Alle individuellen und kollektiven Akteure (Organisationen) die Teil des Problems sind oder Teil der Lösung. Institutionen werden über Ethik reflektiert und es wird die Frage gestellt, ob sie den Menschen dienen. "Für die SA stellt sich die Frage, ob ein soziales System der Befriedigung menschlicherer Bedürfnisse dient, oder so organisiert ist, dass es die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und legitimer Wünsche nicht gewährleisten kann." (Dällenbach, Folie s. 16) Ist dies nicht der Fall, entstehen soziale Probleme. 48 7 Professionelles Handeln In unterschiedlichen Settings sehen Handlungsmuster der SA unterschiedlich aus Fragen nach Machtverhältnissen in Kommunikation (Verhältnis Asymmetrie und Symmetrie) Lebensweltorientierter Ansatz, Thiersch: Handlungsmaximen (beziehen sich auf das methodische Handeln der SA) Vernetzen und Planen (Angebote aber auch der verschiedenen Ansätze, z.B. in einem interdisziplinären Setting) Einmischen: Zuständigkeit aktiv und beständig erweitern, um die Probleme so anzugehen, wie sie sich in der Lebenswelt zeigen. Dies ist auf struktureller Ebene gemeint. Sind Institutionen bund Formen der Hilfe noch adäquat, resp. entsprechen sie den Ansprüchen der SA? Aushandeln (gemeinsame (kritische) Problemdeutung mit dem Klienten zusammen, Lösungsstrategien) Hilfe zur Selbsthilfe oder zur Kunst des Lebens Empowerment reflektierte Parteilichkeit Grundmuster des professionellen Handelns: - Handeln ist offen und situativ (Als nicht mechanisch vorgegeben) - Handeln ist methodisch strukturiert/ strukturierte Offenheit - Die Problemsicht der Adressaten wird berücksichtigt, gemeinsames Aushandeln der Ziele und des Handelns - Handeln ist reflexiv - Prinzip der Ganzheitlichkeit Nach Thiersch sind PSA keine Experten. Der Klient ist Experte seiner Alltagswelt. Prävention: Vorbeugen Nutzen: verhindern, dass etwas passiert. Gefahr: Politische Steuerung. Erwerb von Kompetenzen zur Lebensweltbewältigung (in Bezug auf potentielle Probleme). Zielhorizont: gerechte Verhältnisse ermöglichen. 49 Dezentralisierung der Angebote: Angebote werden in Alltagsnähe der Menschen gebracht. lokale Angebote, Vernetzung, Alltagsnähe Gefahr der regionalen Kontrolle. Integration: Menschen sollen integriert werden. Integration vielfach verschiedenen Lebenstile. Das Recht auf Verschiedenheit der Menschen. Aktive Partizipation in einem Quartier z.B. Gefahr: zu starke Einbindung. Soll Integration unter gegebenen Zielen stattfinden? Oder sollen Ziele selbst definiert werden. Partizipation: Möglichkeit der (demokratischen) Mitgestaltung/ Mitbestimmung Gefahr: Überforderung. Diese Strukturmerkmale weisen also auch auf Ambivalenzen hin… Staub- Bernasconi: Menschrechte SA soll sich einmischen. Systemischer Ansatz. In diesem Ansatz sollen immer Atomistische und Holistische Erklärungen berücksichtigt werden. Er ist Ressourcen orientiert der Ansatz. Systemische Denkfigur systemische Orientierung (Kombination von holistischen und atomischen Sichtweisen) Damit werden Probleme mehrdimensional betrachtet Ressourcenorientiert kontrollierter Einsatz von professionellen Methoden (die z.B. den IST- Zustand in den Soll- Zustand bringen sollen z.b. mittels der systemischen Denkfigur. Die Systemische Denkfigur soll den Problemlösungsprozess strukturieren. Dazu gehören auch die W- Fragen. S. 204-205 siehe auch Kasuistik 136a, Strang 3 Unterlagen SDF… 50 8 Werte und Norme lebensweltorientierter Ansatz, Thiersch: soziale Gerechtigkeit Ganzheitlichkeit Die ganze Theorie ist von einem "humanistischen Geist" geprägt. Staub- Bernasconi: SA als Menschenrechtsprofession SOLL- Zustände werden über Werte und Normen begründet Bedürfnisse und legitime Wünsche als Zielhorizont sozialer Arbeit 51 3.4 Sozialraumorientierte Soziale Arbeit Wie stellt sich sozialräumliche SA dar? Über was für Phänomene sprechen wir eigentlich? 1. fachliche Konzepte 2. new public management (kommunalpolitische Strategien) 3. Dezentralisierung 2 Ebene Fachlichkeit und Dezentralisierung Fachlichkeit: Angebote sollen integriert werden. Flexibel. Aus Starrheit in bewegliche Praxis. Strategie: Fachlichkeit im Kontext des Einzelfalles und direkter Erbringung nahräumlicher Beziehungsstrukturen. nahräumliche Strukturen in Blick genommen: Nachbarschaft, Familie, Hilfsangebote. Dezentralisierung: z.B. Karten erstellen, Demographisch aber auch mit beliebigen Merkmalen. Sozialer Raum: Keine allg. gültige Definition von „Sozialem Raum“. Grundsätzlich kann man sagen: Soziale Räume sind keine fertig vorgegebene „Container“, sondern relationale Anordnungen von Lebewesen, sozialen Gütern und Strukturen an bestimmten Orten, die interaktiv veränderbar sind. Das Schaffen von sozialen Räumen ist ein fortlaufender Prozess, der von den handelnden Personen selbst konstruiert wird. Spacing: Im Prozess des „Spacing“ eignen sich Menschen die materiell vorgefundenen Orte an und gehen dabei untereinander Beziehungen ein und machen damit letztlich erst Orte zu Räumen. Spacing bezeichnet also das Einrichten, bauen und Positionieren von sozialen Gütern und Menschen. 52 Sozialraumorientierung: Dieser Begriff hat zwei Entwicklungsdimensionen (Bedeutungen) 1. Das sozialräumliche Umfeld der Adressaten/ Innen wird wahrgenommen und in die Fallarbeit gezielt einbezogen. Die nahräumlichen Beziehungsstrukturen, angrenzende Hilfsangebote (professionell sowie bürgerlich) und sozio-ökonomische (kulturelle) Rahmenbedingungen werden in den Fokus gerückt. Zudem ist eine Aktivierung dieser nahräumlichen Ressourcen von Bedeutung. 2. Eine Dezentralisierungsstrategie in der Kinder- und Jugendhilfe, die an teritorialen, geografischen Einheiten ausgerichtet ist. Diese sieht in den verschiedenen Kommunen des deutschsprachigen Raumes unterschiedlich aus. Teilweise wurden stadtteil- oder bezirksbezogene Organisationseinheiten aufgebaut; quartierbezogene Interventionsteams (Sozialraumteams) eingeführt; oder Sozialraumbudgets eingeführt. Konzeptionelle Diffusität: Die konzeptionelle Diffusität im Zusammenhang mit der Sozialraumorientierung zeigt sich darin, dass durch das Generalistische und Unspezifische die entsprechenden Handlungs- Fachkonzepte prinzipiell auf die meisten Standards zurückgreifen bzw. anknüpfen können. De- Institutionalisierung: Dieser Begriff im Zusammenhang mit Sozialraumorientierung meint, dass Sozialräume irgendwo ausserhalb der Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfeangebote platziert werden sollen und so eine Bewegung aus den Institutionen heraus und in den Sozialraum hinein entsteht. Warum können wir Kristallisationspunkte nicht auf diese 2 Texte: „Raum und soziale Entwicklung. Kritische Reflexion und neue Perspektiven für den sozialpädagogischen Diskurs.“ (Reutlinger Christian, 2008) „Sozialraumorientierung“ (Kessl Fabian, Reutlinger Christian, 2008) beziehen? Äussern sich nicht konkret zu den einzelnen Punkten. Text ist eine Kritik an das Ganze. Was für eine Kritik? Text fokussiert auf die Praxis und stellt fest, dass sich Praxis gerne Sozialraumorientiert ist, bleibt aber hochdiffus, wenn es um die Frage geht, was Sozialraumorientiert ist. Sozialraumorientierung: Wann wird diese eingesetzt in der Praxis? Massnahme um Geld zu sparen. Wieso spart man Geld? Staat kann sich in einem zweiten Schritt zurückziehen. Institution im Raum. Welches Verständnis von Raum hat der Sozialraum Ansatz? Sozialraum= Raum ist nicht einfach etwas was da ist, sondern Raum wird durch Menschen erzeugt, die da leben. Hat der Raum klare Grenzen? Wenn er quasi erst in der Handlung erzeugt wird? 53 Dieser Ansatz ist einerseits eine Sparmassnahmen und gleichzeitig kritisieren die Autoren, dass in diesem Ansatz der Raum vordefiniert wird (z.B. Innerhalb eines Quartiers). Fördert so ein Raum die kreative Kräften der Menschen oder behindert er sie eher? Diversität unterdrückt, da einige bestimmen, was zu tun ist und andere nicht mitbestimmen dürfen. Sozialräume werden oft von Aussen definiert. Als was werden diese Räume typischerweise definiert, wenn Politiker aktiv werden? Wann sagt Politik, dass ein Raum zur Problemzone wird: - Konflikte - Armut - Offene Drogenszene Von Aussen gesehen wird das zu einer Problemzone. Sozialraum eine Beobachterabhängige Konstruktion. Sozialpädagogisches Raumverständnis: Bewusst, dass wir nicht von Aussen eingreifen können. Wir sind immer Bestandteil des Raumes. Benennung des Raumes und Probleme des Raumes sind wir uns bewusst. Wenn wir professionell mit Raum arbeiten, müssen wir uns bewusst sein, dass wir immer auch mit Raum agieren. Alternative Institutionalisierung. Autoren bezweifeln, dass mit Sozialraum viel mehr als Lebensweltorientierung gemeint ist. Sozialraum eigentlich Lebensweltorientierung. Raum ist etwas, dass sich Menschen nonstop biografisch an ändern, verändern und definiert. Diese Definition sehr nah an Thiersch. Lebenswelt ist zergliedert in vers. Feldern. Der Mensch hat eine Vielfalt von Feldern in denen er tätig ist. Mensch eignet sich einen Raum an. Mensch bestimmt, wie er Raum nutzt. Raum ist quasi die Felder, in denen wir uns bewegen. Raum bestimmt mit, was wir für Möglichkeiten haben und anderseits bestimmt er mit. Sehr nahe an Lebensweltorientierung. Versäumung der Hilfe: Was meint das? Im Raum aufeinander bezogen und vernetzt werden. Vernetzung der Hilfsangebote. Sozialraumorientierung = Change Management nach politischem Interesse. 54 4. Soziale Arbeit als Profession 4.1 Einführung in die Thematik Schlaglichter auf den Kontext der Aufnahme des Professionalisierungstheas in der SA: Verankerung der SA in deutschsprachigen Ländern ab den 1920er Jahre. Aufgaben der SA: Alltagsnähe, diffuse Allzuständigkeit (Thiersch), Zuständig für Hilfeprozesse sowie Erziehungs- und Bildungsprozesse Gegenstand der SA: Bezug zu Biografien, Lebenslage und Lebensweise, soziale Ungleichheit, soziale Abweichung, Fragen von Moral und Gerechtigkeit. Gesellschaftliche Veortung der SA und ihren Adressaten: Anerkennungsproblem? Imageproblem? Statusproblem? Verhältnis der SA zu anderen Professionen: Machtgefälle? Phasen der Wohlfartsstaatsentwicklung: Ausbau- Umbau- Transformation. Oberbegriff Berufe: Differenzierung in: - Dienstleistungsberufe - Soziale Dienstleistungsberufe: Differenzieren sich zu Profesisonen aus - Marktbezogene Berufe Soziale Dienstleistungsberufe: Das Wohl des Menschen, mit dem man arbeitet steht im Vordergrund Ethik orientiert Bedienen zentrale gesellschaftliche Werte Berufe: Schule (Lehrer, Schulsozialarbeiter, Heilpädagoge), Ärzte, Pflegefachfraue, Hebammen -> Kurz alles Berufe, die mit (gemeinsam) mit Mensche arbeiten. Unterscheidbar zu normalen Dienstleistungsberufen --> Soziale Dienstleistungsberufe lassen sich nicht standardisieren (Nicht- Standardisierbarkeit) Bearbeiten Probleme, die für den Menschen eine zentrae Bedeutung haben. Man geht davon aus, dass der Klient an der Lösung des Problems aktiv mitarbeiten muss. -> Beim Frisör arbeitet er Klient NICHT aktiv mit. 55 Freiwiligkeit des Settings ist Voraussetzung für eine Vertrauensbeziehung und eine Mitarbeit des Klienten. Eine Professionelle soziale Dienstleistung lässt sich nicht marktbezogen anbieten. Warum? Weil es bei Marktbezogenen Berufen um die Profitmaximierung geht. Warum funktioniert Profitmaximierung in sozilen Dienstleistungsberufen nicht? Weil Vertruen entwikelt werden muss. Man muss Vertruen haben, dass sich sozialer Dienstleister maximal dafür einsetzt, dass Klient beste Behandlung erhält --> Output unklar Beispiel: Wenn ich Kreb habe, möchte zu einem onkologen, zu dem ich vertrauen habe und der für mich der bestmögichste ist, auch wenn der Output noch unklar ist. Ergebniss weiss man nicht im Vornehreis. Es ist also unklar Die sozialen Dienstleistungsberufen spezialisieren sich zu Professionen.Die 3 klassischen Professionen (Arzt, Anwalt/ Richter, Pfarrer). Bei der Professionalisierung kommt dazu, dass der Profession eine Disziplin gegenüber steht (siehe Sommerfeld). Marktbezogene Berufe: Es geht um Profit und um Profitmaximierung Es geht um Maximierung der eigenen Bedürfnisse Nicht Ausrichtung an einem Wert, sondern die Ausrichtung am eigenen Profit Basieren nicht auf Vertrauensbeziehungen Man kennt Ergebnis im Vorneherein Unterscheidung von Berufen und Professionen in der Soziologie Unterscheidung zwischen Berufen und Professionen Professionen sind Berufe mit besonderen Merkmalen: Status, Macht, Autonomie, Verantwortung, Aussgrenzen, Wissensbasis, Aufgabenspezifik. Indikatoren zum Unterscheiden von Berufen und Professionen: Indikatorenansatz= „Attributen- Modell“ zur Bestimmung von Professionen: Organisation der Professionellen in einem Berufverband --> zwingend dabei. Können basiert auf langer, jahrelanger wissenschaftlicher und praktischer Spezialausbildung. Zulassung der Berufsausübung erfolgt durch Berufsverband. Hoher Status, hohes Prestige, hohe Anerkenung, grosse Autonomie, hohes Selbstbewusstsein Monopolstellung in einem klar definirten Aufgaben- und Arbeitsbereich 56 Delegation weniger geschätzte Tätigkeiten an nachgeordnete Berufsgrupe (z.B. Arzt --> delegiert an Dipl. Pflegefachfrau) Formalisierte Karrierestufen (z.B. AA, OA, Chef- Arzt) Klienten bringen Professionellem Vertrauen entgegen Gegenstände beruflichen Handels: persönlich, intim, bedeutsam; Regeln für Wahrung der Distanz Zentralwertbezogene Tätigkeiten mit Gemeinvollzug (Gesundheit, Wohlbefinden, Gerechtigkeit, Erziehung, Wissenschaft) Verpflichtung auf eine Berufsethik Keine öffentliche Werbung Klassische Professionen: Arzt, Richter/ Anwalt, Pfarrer Kritik am Indikatoren- Ansatz: Erfasst vorwiegend Oberflächenphänomene Systematisches Ordnungsprinzip fehlt Misst die efolgreiche Durchsetzung von Tätigkeitsmonopolen und Statuspolitiken Er kann Unterschiede nicht erklären, sondern nur feststellen. Struktur der Tätigkeiten bleibt unterberücksichtigt. Merkmale sagen nichts darüber aus, wieso eine Problembearbeitung professionell erfolgen muss. Ansatz sagt nur, dass es solche Merkmale gibt. Oevermann: gibt antwort darauf, warum es diese merkmale braucht (1. und 2. Focus) siehe Kapitel 4.2! Professionen = „höhere“ Berufe Warum ist dieser Ansatz unbefriedigend? Die Struktur des Handelns selber wird überhaupt nicht berücksichtigt. Könnte man mit diesem Ansatz unterscheiden zwischen den einzelnen Tätigkeiten (Soziale Dienstleistungsberufen und marktbezogenen Berufen)?Mit den Kriterien des IndikatorenAnsatzes wird nicht ausgesagt, warum ein bestimmter Beruf Professionalisiert werden muss. Mit diesen Kriterien könnte man theoretisch jeden Beruf professionalisieren. Was ist die spezifische Problemaik von beruflichem Handeln, damit es professionalisiert werden muss? Dieser Ansatz ist 57 rein deskriptiv. Wie kamen Professionsforscher in den 50er Jahren auf diesen Ansatz? Sie nahmen die drei klassischen Professionen und schaute, welche Merkmale sie haben. Kritik: Ansatz gibt KEINE Antwort darauf, wieso ein Beruf professionalisiert werden muss. Es geht nur um Eigenschften, die beschreiben. Es gibt keine Atworten auf das WARUM. Die SA ist eine Semi- Profession, da sie nicht alle Punkte des Ansatzes erfüllt. Für Prüfung relevant. Ansatz kritisieren und erklären, warum SA eine Semi- Profession ist. Strukturtheoretische Position- Ulrich Oevermann: Professionen sind Berufe, die lebenspraktische Probleme mit wissenschaftlichen Erkenntnis- und Analysemitteln lösen. Professionen sind der „gesellschaftliche Ort der Vermittlung von Theorie und Praxis“ Professionen dienen dem Ziel zur Wiederherstellung einer beschädigten Autonomie der Lebenspraxis: Wie kann es gelingen Autonomie und Integrität eines andern zu fördern, ohne sie gleichzeitig zu beschädigen? Für Wiederherstellung einer beschädigten Autonomie der Lebenspraxis braucht es ein Arbeitsbündnis zwischen Professionellen und Klienten Professionen haben die Aufgabe der stv. Deutung von Krisen der Lebenspraxis und leisten damit einen Beitrag zur Krisenbewältigung. Warum und wozu interessiert sich die SA für das Thema Profession? Aufstegsprojekt und theoretische Selbsterfindung/ Selbstbehauptung Typisierung: Sozialpädagogen können Problemlage vereinfachen, in dem der Einzelfall grob typisiert wird. Dazu ziehe sie verfügbare Informationen über die Biographie und die soziale Lage des Klienten zusammen, die als typisch für den Fall gelten, weil sie in vermeintlich identischen Fällen bedeutsam waren. Der konkrete Klient wird so zum typischen Fall zugerichtet. Sozialwissenschaftler konstruieren Typologien, die fr Zweke der wissenschaftlichen Kommunikation ggf. Nützlich sein können. Professionalisierung: In diesem Text nicht identisch mit einem Verstndnis von proessionlisierung als blosse Optimierung von Handlungsstrategien, zwr wissen wir durchaus, wie wichtig eine gute Öffentlichkeitsarbeit, ein „professionelles“ Erscheinungsbild usw. Für die SA sind. Professionalisierung als pädagogisches Theorem zielt jedoch im Kern nicht auf die Bestimmung der Differenz des Handlungswissens von „Amateuren“ und „Profis“, sondern beabsichtigt das Verhältnis von Wissen und Können, Theorie und Praxis, Wissenschaft und Ethik, Sozialwissenschaft und Pädagogik in eine Weise zu analysieren die für die Entwicklung eines wissenschaftsbezogenen päagogischen Berufsverständnisses in der SA fruchtbar ist. 58 Expertokratie: Angehörigen der helfenden Berufen handeln demnach auf der Basis einer kognitiven Rationalität und wissenschaftlichen Standards verpflichteten Regelwissens. Zugleich sind jedoch Verstehen und Verständigung ermöglichende Kompetenzen unabdingbar. Professionelles Handeln: Zeichnet sich NICHT durch Technologieorientierung und dogmatisches Regelbefolgen aus, sondern durch ein Fallverstehen, für das wissenschaftliche Wissen ein notweniges Element darstellt, dass durch Erfhrungswissen und hermeneutische Sensibilitt für den Fall ergänt wird. Nicht jeder Job ist ein Beruf, noch ist jeder Beruf eine Profession. Unterscheidung von profession und Beruf soll keinesfalls abwertend gegenüber dem Beruf sein! Dennoch kann festgestellt werden, dass die Ausübung einer Profession ein höheres Ansehen und auch ein höheres Einkommen mit sich bringt. Professionen und Berufe sind beide in der Praxis tätig und begründen ihr Handeln auf Basis einer Ausbildung. 3 verschiedene Professionalisierungskonzepte: atruisitisch- orientiertes Professionalisierungskonzept: Altruist: Altruismus = Der Aufopferungsvolle, nicht eigene Motive verfolgend, gegenteil von Marktbezogen, Selbstlos (Beispiel SVP). Der professionelle Altruist zeihnet sich als professionell Selbstlos aus. Urkategorie menschlichen Handelns --> Helfen liegt jedem Menschen innen von natur aus. Wenn man hilft, dann hilft mn nicht aus Eigennutz, sondern dann hilft man, damit es dem gegenüber besser geht. Steckt quasi in jedem Menschen drinnen. Aber nur für professionelle altruisten wird dieses Handeln zum MUSS! Ähnlich wie bei der Mütterlichkeit -> Mütterlichkeit ist in der Frau schon angelegt, sie muss nur noch gestärkt werden. Wie hilft der Altruist? Symptombekämpfung. Es wird keine Rekonstruktion des Symptoms in einem Problemzusammenhang gemacht. Es findet keine reflektierte Fall Reflexion statt. Es gibt keine Vorgaben, wann man aufhört mit helfen. Gefahr? Der Altruist reflektiert nicht, ob er abwarten oder helfen soll (Dilemma). Keine Analyse für gesellschaftliche Ursachen, für Problemlagen finden statt. Stark ablehnende Haltung gegenber Wissenschaft. Sehr starker Wertebezug. Warum diese ablehnende Haltung gegenüber Wissenschaft? Weil die Wissenschaft impliziert, dass man Handeln begründen kann. Der Atruist hilft einfach. Altruist begründet sein Handeln intuitiv und nicht reflexiv über Wissen. Er kritisiert jede Form von Technologisierung (= standardisierung der Hilfe). Verlässt sich auf seine Erfahrung. Zitat: Lumann Text Seite 60 59 Sozialtechnisch- orientiertes Professionalisierungskonzept Sozialingenieur: = der Gestalter, der von Aussen eingreift und weiss wie man es richtig macht. Der Verdacht, dass er alles standardisiert. Der Sozialingenieu vertraut ganz und gar der Wissenschaft. Verlässt sich nicht auf seine Erfahrung, sondern auf Vorgaben der Wissenschaft. Handelt nach Lehrbuch. Er ordnet einzelne Problemsitutionen Kategorien unter und handelt dann nach Lehrbuch. Wird die Komplexität eines individuellen Falles überhaupt nicht gerecht. Technokratisch. Entindividualiserung der Symptome. Der Sozialingenieur ist keiner Ethik verpflichtet! Kriegt seine Zielvorgaben über die Organisation, in der er tätig ist. Wie kommen Atruist, Sozialingenieur und der stellvertretene Deuter zum IST- Zustand? Altruist: Intuition, Erfahrung, Routine Ziel: Autonomie Sozialingenieur: Typisierung und Subsumtion. Fälle der Wissenschaft unterordnen. Technologische Verfahren. Ziel: vorgegeben über Institution. Stellvertretende Deuter: Rekonstruktion von Probemen in der Lebenswelt des Klienten. Ziel: autonome Lebensführung --> Form von hilfe die im Arbeitsbündnis geleistet werden muss unter Mithife des Klienten. 4.2 Strukturtheoretische Position Rückblick auf den Unterschied zwischen Marktbezogenen berufen und sozialen Dienstleistungsberufen. Professionen geschehen im Setting des Vertrauens (=Oevermann: Arbeitsbündnis). Professionen orientieren sich nach gesellschaftlichen Werten. marktbezogene Berufe: persönlicher Nutzen/ Gewinnmaximierung soziale Dienstleistungsberufe: Vertrauensbeziehung Zentralnutzwert Nicht- Standardisierbarkeit bezug zur Wissenschaft, aber nicht im Sinn von "Kochrezepten". Situativer Beibezug von wissenschaftlichem Wissen. bearbeiten Probleme, die für Indivduum hohen Stellenwert haben. z.B. Arzt behandelt Krankheit. Annahme: Klient muss bei der Lösung des Problems aktiv beteiligt sein. 60 Oevermann: Klient muss seine maximalen Kräfte benutzen, die er besitzt. Der Professionelle darf erst helfen, wenn die Kräfte des Klienten nicht mehr nutzen. Wenn man als PSA zu früh hilft, dann erlebt sich der Klient als hilflos. "Hilfe zur Selbsthilfe" Grundsätzliches Dilemma: wann beginnt man zu helfen? PSA muss fortlaufend reflektieren. Objektive Hermeneutik: Theorie über die Interpretation und das Verstehen der Texte. Oevermann: Wenn Klient Sozialhilfe kriegt, dann kommt immer noch Druck von der Gesellschaft dazu, da die Steuergelder für Sozialhilfe gebraucht werden. Unterschied Sozialhilfe zu Krankenkasse: Krankenkasse = Solidarleistung Alle zahlen ein. Sozialhilfe= Gemeinschaft steht im Hintergrund (rechtliche Gemeinschaft im Hintergrund Dorf, Kanton, Stadt) Beispiel: Dorf, Kanton, Stadt entscheiden, ob die SKOSRichtlinien angenommen werden oder nicht. Oevermann fordert bedingungsloses Grundeinkommen! grundsätzliches Problem des Klienten bei Oevermann: Selbsthilfe ist nicht mehr möglich. Der Klient befindet sich in einer Krisenkonstellation. "Die Problematik der Strukturlogik des Arbeitsbündnisses und der Dynamik von Übertragung und gegenübertragung in einer professionalisierten Praxis von Sozialarbeit" (Oevermann, Ulrich: 2009) Funktionsfocus = Zentrum des Interessen. Eine Person hat immer verschiedene Foci, aber nicht alle sind gleich gross. Integre Persönlichkeit = Makelose Persönlichkeit, unversehte/ vollständige Persönlichkeit Voraussetzung um autonom leben zu können. Focus 1: Existentielle Krisen: damit diese bearbeitet werden können, müssen sie professionalisiert werden Professionalisierbedürftigkeit (nach Oevermann). Bezug zu Indikatorenansatz aus Kapitel 4.1 Oevermann sagt, dass die Indikatoren (Attribute) Arrangements sind, die ermöglichen, dass wir professionell handeln können. Die Indikatoren sind Infrastruktur, damit professionelle Dienstleistung geleistet werden kann. Es braucht diese Indikatoren, damit die Professionellen ihre Arbeit gut machen können. Focus 1 = Krise, die der Mensch an sich selbst festmacht (spürt, wahrnimmt). Die primäre Lebenspraxis funktioniert nicht mehr. Der Mensch kann sich nicht mehr richtig helfen. Wie kommt Klient/ Klientin zur Erkenntnis, dass die autonome Lebensgestaltung nicht mehr 61 funktioniert? Der Klient muss immer noch gesunde Anteile haben, die ihm ermöglichen zu erkennen, dass er gewisse Elemente seiner Lebenspraxis nicht mehr bewältigen kann. Klient muss noch Fähigkeit haben, selbst zu erkennen, dass er hilfe braucht. Zentral bei Oevermann: Klient erkennt die Krise. Der Klient sucht freiwillig Hilfe. Freiwilligkeit dazu, dass professionelle Hilfe geleistet werden kann. Argument Oevermann: Wenn jemand nicht freiwillig kommt, dann wird NIE eine Vertrauensbeziehung entstehen. Lösung der professionellen Hilfe: selbstbestimmte Praxis/ autonome Lebensführung (vgl. Sommerfeld, Kap.1.2) stellvertretende Krisenbewältigung: Krisen sind nicht primär negativ! Krisen werden immer in form von Erfahrungen bewältigt, das gegenteil von Krisen sind Routinen. 4 ver. Arten von Krisen: traumatische Krisen Entscheidungskrisen ästhetische Krisen Durch den strukturellen Optimismus (erworben durch gelungene Geburt), versucht jeder Mensch alle Krisen zuerst selbstständig zu bewältigen. es gibt jedoch Krisen, die der Mensch nicht selbstständig bewältigen kann. In diesem Fall, zieht man Experten hinzu, die bei der Krisenbewältigung helfen und somit stv. bewältigen. Durch Delegieren der Krisenbewältigung an die Expertise, macht sich der Mensch abhängig vom Experten kurzfristiger Autonomieverlust. Längerfristig bedeutet es aber eine Autonomiewiederherstellung, wenn die Krise erfolgreich bewältigt wurde. In Focus 1 hat es drei verschiedene Krisentypen! Soziale Arbeit: S.130-132/ Notkonstellation in Bezug auf die eigene Lebensführung (vgl. Sommerfeld Kap. 1.2). Teilhabe an der Gesellschaft bereitet Probleme. Medizin: Leidensdruck auf den Körper (somatisch) Lehrerinnen: Neugierde. Diese drei soziale Dienstleistungsberufe reagieren jeweils auf eine andere Krise. Oevermann: Man müsse Schulpflicht abschaffen, damit die Krise stattfinden kann und die Kinder freiwillig in die Schule gehen können. 62 Lebenspraxis: Als Lebenspraxen sind Subjekte zu verstehen. Lebenspraxen entstehen durch erfolgreiche Krisenbewältigung. Interventionspraxis: beschreibt die Nicht- Standardisierbarkeit des sozialarbeiterischen Handelns: Professionelle der SA müssen über breites fachliches Wissen verfügen, um dem Klienten Problemlösungsvorschläge anbieten zu können. Lösungsvorschläge müssen aber auf jeden Fall spezifisch übersetzt werden und können nicht 1:1 so angewendet werden, wie sie in der Theorie beschrieben sind. Arbeitsbündnis: = Arbeitspraxis zwischen Experte und Betroffenem. Geprägt von einer latenten Symmetrie und einer offenen Asymmetrie. Arbeitsbündnis ist insofern symmetrisch, als dass sich Betroffener und Experte als ganze Menschen begegnen und nicht al Rolleninhaber. Es ist durch die Machtstruktur asymmetrisch. Widersprüchliche Einheit von diffus und spezifisch: Der Betroffene ist aufgefordert diffus und offen zu sein. Der Experte hingegen muss abstinent sein. Er darf seine Diffusität nicht ausleben. = Voraussetzung, damit Rekonstruktion des Problemes stattfinden kann. Oevermann: Ohne Vertrauensbeziehung ist professionelles Arbeiten nicht möglich. Problem der SA: Tut zu schnell so, als sei schon Vertrauen da. Vertrauensbeziehung darf nicht unterstellt werden, sondern muss aktiv erstellt werden. Sozialbeziehungen: Es gibt diffuse und spezifische Sozialebeziehungen. Diffuse Sozialbeziehungen: Beziehungen zwischen ganzen Menschen (keine Rollenbeziehungen). Es ist alles zugelassen in diesen Beziehungen. Alle Thematiken sind zugelassen. Sie sind unbefristet, unkündbar, beruhen auf körperlicher Basis. Vertrauen basiert au der Bedingungslosigkeit der Beziehungen. Menschen in einer Diffusen Beziehung pflegen eine starke affektive Bindung. Beispiele: Liebesbeziehung, Eltern- Kind- Beziehung Spezifische Sozialbeziehungen: Entstehen zwischen zwei Rollenpartner. Es ist keine Beziehung zwischen ganzen Menschen, sondern beruht auf vorher vereinbarten spezifischen Rollenverpflichtungen. Derjenige, der etwas Nicht- Vereinbartes zur Beziehung hizufügen will, trägt die Beweislast. Beispiel: Arzt- Patient, Dozent- Student. Oevermann: In der SA sind Rahmenbeidngungen spezifisch. Beziehung zwischen Klienten und PSA ist Diffus/ Spezifisch. Der Klient muss in Äusserungen diffus sein, der PSA spezifisch. PSA 63 muss Diffusität des Klienten zulassen. Klient muss sich dazu verpflichten alles/ maximal an Problemlösung beteiligt zu sein. PSA darf nur aus einer Rolle heraus agieren: Diffus- Spezifisch. Übertragung: = ein aus dem psychoanalytischen Setting übernommenes Phänomen. Übertragung ist ein unbewusstes Phänomen, welches ständig wirkt und den Alltag beeinflusst. Als Übertragung wird verstanden, dass krankmachende bzw. traumatisierende Konflikterfahrungen der Kindheit auf aktuelle Sozialverhältnisse übertragen werden. Auf die Betroffenen- Experten- Beziehung bezogen bedeutet das, dass der Betroffene ständig unbewusst seine aus der eigenene Sozialisation erworbenen Beziehungsmuster reproduziert. Sie bleiben ihm selbst verborgen, der Experte muss sie ihm erlebbar und bewusst machen. Gegenübertragung: Reaktion des Experten auf die Übertragung des Klienten. Der Experte muss emotional offen auf die Übertragungsgefühle des Klienten sein. er muss eigene Gefühle zulassen und sich bedingungslos den Angeboten des Klienten überlassen. Der Experte darf aber nicht praktisch danach handeln, sondern muss es für sich verarbeiten. Aufgrund seiner Erkenntnisse gestaltet der Experte die Interaktion mit dem Klienten so, dass dieser Einsicht in seine Übertragungsmuster kriegt. Eine besondere Herausforderung für den Experten ist das Zulassen von unmoralischen Gefühlen. Die Gegenübertragung gelingt nur, wen der Experte seine Gefühle nicht verdrängen muss. Beispiel Übertragung/ Gegenübertragung: Übertragung: = wenn die Klientin die Beziehung zu ihrem Vater auf den Therapeuten überträgt und in ihrem Therapeuten ihren Vater sieht. Gegenübertragung: =Wenn der Therapeut die Übertragung annimmt und als Vater zu agieren beginnt. Vater/ Tochter- Konstellation Oevermann: Wir als Professionelle der SA müssen erkennen, wann eine Übertragung stattfindet. Wir als PSA dürfen allerdings nicht gegenübertragen, da dies die Kompetenzen des SA's überschreiten würden. Oevermann: SA ist professionalisierungs bedürftigt. Aber es gibt strukturelle Gründe, die es verhindern, dass die SA professionalisiert werden kann. Warum gelingt das nach Oevermann nicht? Nicht- Standardisierbarkeit sowohl auf Problem, Lösung und Falschanwendung anwendbar. grundsätzliches Problem des professionellen Handelns. Spannungsfeld von Hilfe und Kontrolle deshalb nicht möglich nach Oevermann SA zu professionalisieren. Nämlich darum, weil Hilfe an Kontrolle gebunden ist Professionalisierung funktioniert nicht. 64 Beispiel Jugendhilfe: eigentlich wäre Jugendkontrolle korrekter, da die Jugendlichen selten freiwillig kommen, sondern oft von Eltern, div. Stellen "gezwungen" werden. Focus 2: Kontrolle siehe auch Focus 1. focus 2 überall da, wo Kontrolle ist. 4.3 Soziale Arbeit als bescheidene Profession "Soziale Arbeit als bescheidene Profession" (Fritz Schütze) Vertrauenskontakt (Schütze) = Arbeitsbündnis (Oevermann) höher symbolische Sinnwelt= Disziplin. Eine Profession bezieht sich auf ein bestimmtes Wissen. Methodisch kontrollierte und nach explizierten geltungskriterien bewährte erfahrungswissenschaftliche Wissensbasis. Symbolischer Interaktionismus: soziologische Theorie der Mikrosoziologie beschäftigt sich mit Interaktion zwischen Personen zielt insbesondere auf eine empirische Erschliessung konkreter Arbeitssituationen und der damit verbundenen Anforderungen ab und nimmt damit Aspekte in den Blick, die aus der system- bzw. strukturtheoretischen Perspektive weitgehendst unberücksichtigt bleibt. Paradoxien: Mit Paradoxien werden nicht umgehbare und nicht aufgebbare Widersprüche (= Dilemmas) gemeint. Beruf: Ein Beruf besteht teilweise in der impliziten oder explizioten Erlaubnis einer Lizenz. Profession: nehmen für sich in Anspruch, ein weiteres rechtliches, moralisches und intellektuelles Mandat übertragen zu bekommen. Sie haben Lizenz für die Gesellschaft wie auch für das Individuum absolut wertvolle Dinge zu verwalten. Fall ist nicht einfach klar. Das was der Fall ist, wird erst durch Problemzusammenhang bewusst. 65 Lizenz: Professionen haben die Lizenz (Erlaubnis) für die Gesellschaft sowie für die identität und/ oder Existenz des Klienten absolut wertvolle Dinge zu verwalten und diese mit einer objektivistischen kühlen Bewacherperspektive zu schützen. Währenddessen laufen sie stets Gefahr dem betroffenen Klienten grossen Schaden zuzufügen. Beruf besteht teilweise aus impliziten oder expliziten Erlaubnis (Lizenz), bestimmte Aktivitäten, die eher unterschiedlich von denen anderer Menschen sind, auszuüben- und zwar dies im Austausch für geld, Güter und Dienste. Erlaubnis wird nicht objektiv mit dem Entstehen des Berufs gegeben, sondern sie wird von den Menschen in diesem Beruf gefordert und ihnen dann in einem gesellschaftlichen Aushandlungsprozess übertragen. Lizenz erlaubt eine technische und relativierende Haltung. Mandat: Mandat ist zu verstehen als gesellschaftlichen Auftrag, sich um die menschen zu kümmern, welche sich zeitweilig oder dauernd nicht selbsthinreichend helfen können. Es definiert Sachverhalte und das angemessene Verhalten auf die sich professionelles Arbeiten bezieht. Es beinhaltet Denkungsarten und Glaubensweisen des gesamten Lebensbereiches des Berufsfeldes und für die gesamte soziale und politische Kollektivität einer Gesellschaft. 66 Lizenz und Mandat: Schütze Freiwilligkeit notwendig Bewusstsein da, dass Freiwilligkeit nicht unbedingt realitätsnah ist. Oevermann Freiwilligkeit notwendig Bewusstsein da, dass Freiwilligkeit nicht unbedingt realitätsnah ist. Löst Problem der Freiwilligkeit wiefolgt: Er koppelt sie ans Mandat. Das Mandat = der Klient wird anbefohlen. In diesem Mandat ist eine gewisse Verpflichtung nämlich, sich für den Klienten einzusetzen. PSA ist verplichtet im Wohl des Klienten zu handeln, auch wenn Klient nicht freiwillig kommt. Der Klient befindet sich in einer Krise und erkennt selbst, dass er Hilfe benötigt. Wendet sich an PSA. Merke: Profession gibt sich den Auftrag selbst und versucht sich zu legitimieren 8 Indikatoren!! Verknüpfung mit Thiersch: "jegliche Äusserungen und Interaktionen der Klienten werden durch die Gesichtspunkte der Profession anders und tiefer interpretiert, die Sinnesquellen bleiben dem Klienten zunächst verborgen" elementares Verstehen (aus Sicht des Klienten), höheres Verstehen wissenschaftliches Verstehen, Verstehen über Alltagsverstehen. 67 7 Paradoxien (Dilemmas): 1. allgemeine Typenkategorien und Situierung Beispiel: Gefahr? Stigmatisierung des Klienten. 2. Prognosen über soziale und biographische Prozesse bei der Fallentwicklung auf schwankender empirischer Basis. 3. geduldiges Zuwarten vs. sofortige Intervention. 4. das Mehrwissen der SA und die Bedrohlichkeit dieses Mehrwissen für die Klientinnen vs. Untergrabung der Vertrauensgrundlagen zwischen Klientinnen und Sozialarbeiterinnen durch das Verschweigen von Mehrwissen. Beispiel: nutze ich als PSA mein Mehrwissen, dass ich gegenüber des Klienten habe, oder halte ich mich zurück? 5. professionelle Ordnungs- und Sicherheitsgesichtspunkte und die Eingrenzung der Entscheidungsfreiheit der Klientinnen. 6. die biographische ganzheitlichkeit der Fallentfaltung und Expertenspezialisierung 7. exemplarisches Vormachen und die Gefahr, den Klienten unselbstständig zu machen. Beispiel: Ambivalenz zwischen vormachen und den klienten selber machen lassen. mache ich es vor? Oder vertraue ich auf die Selbsthilfekräfte des Klienten? Ab wann bin ich sicher, dass sich der Klient nicht mehr selbst helfen kann? Schütze: Wir können die Dilemmas nicht lösen, aber wir müssen sie reflektieren! Vergleich/ Unterschied Oevermann/ Schütze: Oevermann: Klienten suchen dann SA auf, wenn sie in einer Krise sind und erkennen, dass sie sich nicht mehr selbst helfen können. Arbeitsbündnis: Arbeitsbündnis: Arbeitsbeziehung, die auf Vertrauen arbeitet. nach Oevermann vers. gründe, warum die SA keine Profession ist, sondern professionalisierungsbedürftigt ist. Eingriffe die Professionen bei Menschen machen, können sowohl positive als auch negative Folgen haben. Menschen die in einer Profession arbeiten haben eine grosse Macht Diese Macht muss man reflektieren. Tätigkeiten die nicht standardisiert werden können. = Gründe für Professionalisierung. 68 5 Punkte, warum SA professionalisiert werden müsste, aber es gelingt ihr nicht: 1. Foci 1: stv. Krisenbewältigung. Foci 2: Kontrolle SA ist immer in Foci 1 und Foci 2 tätig. Solange SA auch in Foci 2 tätig ist, kann sie sich nicht professionalisieren. 2. SA ist oft anderen Professionen untergeordnet. Abhängig von andern Professionen. 3. SA arbeitet oft unter massivem Zeitdruck. Hat oft nicht die Zeit für adäquat mit einem Klienten zu arbeiten. 4. SA hilfe, die immer auch an Kontrollfunktion gebunden ist. Oevermann schaut weniger den IST- Zustand an, sondern sagt mehr, was sein müsste. Er schaut gar nicht, was die SA ist. Schütze setzt hier an und kritisiert Oevermann in diesem Punkt. Schütze sagt: Professionalität zeigt sich darin, dass man es immer mit bestimmten Problemen zu tun hat. Ein Merkmal, dass die Professionalität auszeichnet ist die fortlaufende Reflexion. Bedürfnis die eigene Biographie zu reflektieren ist ein Merkmal der Professionalisierung. Professionalität macht sich darin sichtbar, dass eigenes Handeln immer fehleranfällig ist. = Merkmal von Professionalität. professionelles Setting. Die SA ist eine bescheidene Profession. Merkmale einer bescheidenen Profession? SA ist sich bewusst, dass eigenes Handeln fehleranfällig ist. Unterschied bescheidener Profession vs. stolzer Profession (z.B. Medizin)? SA verfügt nicht über so machtvolle Verfahren/merkmale wie die Medizin. bescheidene Profession positiv, da nicht sofort interveniert wird. SA ist sich im Gegensatz zu den stolzen Professionen viel bewusster, dass eigenes Handeln fehleranfällig ist. 69