Zentrum für Kognitionswissenschaften Michael Koch Abt. Neuropharmakologie Institut für Hirnforschung Engagement – wann lohnt Belohnung? Die neurowissenschaftliche Sichtweise 7. Bremer Schifffahrtskongress 13. und 14. März 2013 Das Belohnungssystem des Gehirns • Geschichte • Neuroanatomie und Neurochemie • Funktionelle Bedeutung Das Belohnungssystem des Gehirns Selbstreizungsexperimente bei Ratten (Pleasure centers of the brain Olds & Milner 1954) Das Belohnungssystem des Gehirns Das mesoaccumbale Dopaminsystem Reizorte im Hypothalamus Dopamin ist in strategischer Position für die Regulation (Auswahl) von Verhalten Der Nucleus accumbens als sensorimotorischmotivationales Interface Nucleus accumbens (septi) Aktivierung des Nucleus accumbens durch Anreizmotivation Kampe et al., Nature, 2001 Hirnaktivierung beim Orgasmus (Mann) Holstege et al. J Neurosci 2003 Gewinn-Erwartung führt zur Aktivierung des Nucleus accumbens Knutson et al., (2003) Neuroimage Auch für Proc Natl Acad Sci, 2001 Das Belohnungssystem des Gehirns Selbstverabreichung von Drogen (Weeks, Science, 1962) Selbstverabreichung von Drogen, die das mesoaccumbale System aktivieren Sanchis-Segura & Spanagel Addict Biol 2006 Kokain-Verlangen führt zur Aktivierung des Nucleus accumbens Breiter et al. Neuron 1997 Amphetamin-induzierte Dopaminfreisetzung korreliert mit der subjektiv empfundenen Euphorie Drevets et al., Biol Psychiatry, 2001 Das mesoaccumbale Belohnungssystem ist die Basis aller bekannten stofflichen und nicht-stofflichen Suchtmittel Rolle des Belohnungssystems bei Sucht Reduktion von Dopamin Rezeptoren im Striatum von Patienten mit Drogenabhängigkeit Ursache oder Folge des Drogenkonsums? Volkow et al. Mol Psychiatry 2004 Alle primären Motivationsfaktoren und Drogen eignen sich durch die Freisetzung von Dopamin im Nucleus accumbens als Verstärker (Reinforcer) für das Lernen (klassische und instrumentelle Konditionierung) Neutraler Reiz Konditionierter Reiz Der Nucleus accumbens bereitet eine appetitive Reaktion vor, wenn ein Belohnungsreiz (unkonditioniert oder konditioniert) auftritt Schultz, Nat Rev Neurosci, 2003 Dopaminrezeptoren und Anreizmotivation durch Futterbelohnung Dopamin vermittelt die Verhaltensaktivierung Koch et al. Psychopharmacology 2000 Cortikale Plastizität: Reorganisation sensorischer Karten durch Belohnung Bestfrequenz von Neuronen in A1 bei Ratten, die auf 9 kHz konditioniert wurden (elektrische VTAStimulation) Der Trainingseffekt folgt den Regeln Pavlov´scher Konditionierung: Zeitliche Kontingenz des 4kHz CS-Tones und VTA-Stimulation (Bao et al., Nature 2001) Der orbitofrontale Cortex codiert den relativen Belohnungswert von Futter Vorhersagereiz Watanabe (1999) Nature Einige Besonderheiten des Belohnungssystems: Premack-Prinzip: Bevorzugte Tätigkeiten können als Reinforcer (Belohnungsreize) für ungeliebte Aufgaben eingesetzt werden Shaping: Zu Beginn einer Belohnungsdressur sind die Verhaltensweisen noch komplex und umständlich Chaining: Das Ende einer Verhaltensweise kann ein Belohnungsreiz für den Beginn der nächsten sein usw. Partial-reinforcement extinction effect: Werden bestimmte Verhaltensweisen (Tätigkeiten) nicht immer belohnt, so ist die Konditionierung resistenter gegen die Extinktion (Löschung) Das Belohnungssystem ist ein stammesgeschichtlich altes Netzwerk aus definierten neuronalen Strukturen und Neurotransmittern (v.a. Dopamin) Aufgabe ist die Steuerung prokreativer Verhaltensweisen (Nahrungsaufnahme, Sex, Brutpflege) Funktion ist die Bewertung von Reizen (Kontexten) und die Initiation entsprechender motorischer Programme, sowie das Erlernen dieser Reizbewertung (Reinforcement Learning) Wann lohnt Belohnung? Immer!