Unterrichtswissenschaft I 2008 Daniela Moser Img_0600.jpg 2 Inhaltsverzeichnis Was Lehrer können sollen .................................................................. 3 Faktoren des Unterrichts .................................................................... 5 Entscheidungsebenen ........................................................................ 7 Ziele ............................................................................................. 7 Was sind Ziele? ........................................................................... 8 Arten von Lernzielen .................................................................... 9 Inhalte ....................................................................................... 14 Sozialformen ............................................................................... 15 Medien ....................................................................................... 16 Methoden .................................................................................... 18 Methodik ..................................................................................... 20 2 3 1 Was Lehrer können sollen Lehrer müssen vieles können. Die folgende Aufstellung von Klippert zeigt, welche Kompetenzen Lehrer haben müssen, um einer Neuen Lernkultur zum Durchbruch zu helfen: Sachkompetenz: Lehrkräfte müssen souverän mit den zu vermittelnden Lerninhalten umgehen. Sie beherrschen die wissenschaftlichen Grundlagen Ihres Faches und wissen, wie sie von Schülern gelernt werden können. Diagnostische Kompetenz: Lehrer können sowohl Lernprobleme als auch Leistungsfortschritte erkennen, beschreiben und beurteilen. Sie sind bereit, ihr pädagogisches Handeln zu reflektieren und zu optimieren. Didaktische Kompetenz i.e.S.: Lehrer können das Unterrichtsthema sachlich und intentional überzeugend erschließen. Sie erkennen den Zusammenhang von Inhalten, Methoden und Zielen und können das Thema dementsprechend optimal aufbereiten. Methodenkompetenz: Lehrkräfte sind in der Lage, ihren Unterricht methodisch anspruchsvoll und handlungsorientiert zu planen und zu gestalten. Sie vermögen die Schüler/innen methodisch vielfältig zu fordern und zu fördern. Instruktionskompetenz: Lehrer/innen sind in der Lage, den Stoff verständlich darzubieten und sorgen dafür, dass die Schüler verständnisvoll und nachhaltig lernen. Sie beherrschen die Grundregeln der Rhetorik, Visualisierung und der Präsentation. Moderationskompetenz: Lehrkräfte verstehen es, offene Lernprozesse u organisieren und zu moderieren, dass die Schüler vielschichtig aktiviert und zum Aufbau von Handlungsstrukturen veranlasst werden. Beratungskompetenz: Lehrer können Beratungsgespräche gezielt vorbereiten und führen. Sie verstehen es, sensibel zu beobachten, zuzuhören und zu reagieren. Emotionale Kompetenz: Lehrer identifizieren sich mit ihrer pädagogischen Arbeit und zeigen Engagement sowohl auf der Sachebene als auch auf der interaktiven Ebene. Sie signalisieren den Schülern Freude, 3 4 Optimismus, Gelassenheit, Wärme und Empathie sowie Gelassenheit, Fairness, Offenheit und Frustrationstoleranz aus. Klassenführungskompetenz: Lehrer können ihre Klasse führen, sie vermögen zu motivieren und Störungen wirkungsvoll zu begegnen. Sie sind in der Lage den administrativen Pflichten nachzugehen. Kooperationskompetenz: Lehrer sind bereit im Team zu arbeiten. Sie initiieren neue Teams und setzten sich für effektive Arbeitsbedingungen und Arbeitsprozesse ein. aus: Klippert, H. (2004): Lehrerbildung. Weinheim, Basel: Belz S. 116 ff Problemfelder im Unterricht Verhaltensstörungen einzelner Schüler Lern- und Leistungsprobleme im Unterricht Probleme im sozialen Miteinander in der Klasse Schulorganisatorische Probleme der Lehrkräfte Schulrechtliche Probleme der Lehrkräfte Mögliche Schlüsselprobleme Aggressivität Disziplinprobleme Angst/Unsicherheit Hyperaktivität Depression Desinteresse Lernversagen Unzuverlässigkeit Motivationsmangel Methodenmangel Mobbing/Gewalt Regelmissachtung Vulgärsprache Außenseiter Zeitknappheit Konferenzprobleme Aufsichtspflichterfüllung Elterprobleme Administrative Tätigkeiten Leistungsbeurteilung Lehrplanerfüllung Sanktionsarten aus: Klippert, H. (2004): Lehrerbildung. Weinheim, Basel: Beltz, S. 150 4 5 Aufgabe 1: Diskutieren Sie in Ihrer Gruppe welche der beschriebenen Kompetenzen (Termin 1) notwendig sind, um den angeführten Schlüsselproblemen zu begegnen. Gibt es noch Kompetenzen, die ein Lehrer haben soll? Schreiben Sie jene Kompetenzen auf Kärtchen und ordnen Sie diese den Problemfeldern auf Ihrem Plakat zu. Welche konkreten Unterrichtssituationen fallen Ihnen dazu ein? Bereiten Sie ein Rollenspiel vor, in dem eine konkrete Unterrichtssituation zu einem der angeführten Probleme dargestellt werden soll. Rollen: 1 Lehrer 1 Sprecher (Moderator) Schüler/innen 2 Faktoren des Unterrichts „Unterricht ist keine Maschine! Die Differenz von Absicht und Ergebnis ist insofern kein Mangel, sondern gehört zu den Besonderheiten einer Praxis, in der die „Faktoren“ Menschen sind, die sich entscheiden können, die nicht mitmachen oder übereifrig sind, die stören oder mitgehen.“ (Prange 1986) Unterricht ist … eine Form institutionalisierter, also künstlich erzeugter Lernsituationen und –prozesse … mit Interaktion und Kommunikation verbunden … dient nicht nur der Wissensvermittlung, sondern direkt und indirekt auch der Erziehung, Charakterbildung und Persönlichkeitsentwicklung … ist geplant, absichtsvoll und zielorientiert … ist durch viele Methoden gestaltbar 5 6 Unterricht hat sowohl inhaltliche als auch soziale Seiten, vereinfacht lässt sich Unterricht als Wechselwirkung zwischen Inhalt, Lehrer und Schüler beschreiben. Didaktisches Dreieck: Inhalt Lehrer Schüler Der Inhalt muss aufbereitet werden, um „unterrichtsfähig“ zu sein. Dazu bedarf es einer Methodik. Der Schüler ist in anthropogene, sozio-kulturelle und gruppendynamische Bedingungen eingebettet. Der Lehrer muss zwischen beiden Elementen vermitteln und den Unterricht nach ihren Ansprüchen gestalten Diese drei genannten Elemente sind eingebettet in den institutionellen Rahmen „Schule“. Unterricht ist eine Form der intentionalen Erziehung, die gekennzeichnet ist durch Institutionalisierung methodische Organisation Inhalte, die Kompetenzen führen sollen Institutionalisierung bedeutet, dass das System „Schule“ speziell für diese Prozesse eingerichtet wurde, dass dieses System von relativ langer Lebensdauer ist und dass es professionell betrieben wird. Methodische Organisation heißt, dass die Planung und Durchführung intentionaler Erziehung nach bestimmten Kriterien (Methoden) erfolgt. Inhalte intendieren die Vermittlung von fachlich-sachlichen, personalen, methodischen und sozialen Kompetenzen 6 7 3 Entscheidungsebenen 3.1 Ziele Der Lehrer muss sich überlegen, welche Ziele er im Unterricht verfolgen und wie er sie erreichen möchte. Daraus ergeben sich zwei Fragen Wie laufen die Lern- und Denkprozesse meiner Schüler? Wie plane ich mein „Lehren“? Überlegungen der Lern- und Denkprozesse der Schüler: Definition der zu lösenden Aufgabe. Der Schüler erfährt dadurch „worum es geht“. zB: „In welchen Nahrungsmitteln kommt Vitamin C vor?“ Klärung, wie sich der Schüler an der Festlegung der Aufgabe beteiligt. zB: Die Schüler nennen Nahrungsmittelgruppen (Obst, Gemüse, Getreide) und entscheiden sich für eine Nahrungsmittelgruppe, die auf den Vitamingehalt überprüft wird. Klärung der Einstiegsvoraussetzungen und ob die einzelnen Schüler diese Voraussetzungen tatsächlich haben. zB: Bevor von den Schülern verlangt wird, über die Wirkungsweise von Vitaminen im Körper zu wissen, müssen sie wissen, was Vitamine sind. Überlegung, welche Handlungsziele Schüler verfolgen können. zB: Die Schüler überlegen, welche Nahrungsmittel sie zu sich nehmen sollen, um sich vitaminreich und gesund zu ernähren. Welche Mittel und Methoden sprechen den Schüler an? zB Ich zeige Schülern vitaminreiches Obst und Gemüse. Was mache ich, wenn die Schüler anders reagieren als erwartet? Von den Zielen abgeleitet ergeben sich daher folgende Konsequenzen für die Unterrichtsplanung: 7 8 3.1.1 Was sind Ziele? Es muss definiert werden, was Schüler nach dem Unterricht können sollen. Ziele sind Vorstellungen über das, was jemand anstrebt oder was mit jemandem passieren soll. Ein Ziel ist die Beschreibung des gewünschten Ergebnisses im Lehr-Lern-Prozess. Beispiel: Die Schüler sollen Inhaltsteil Verhaltensteil die Wirkungsweise von Vitaminen verstehen können. die verschiedenen Arten von Vitaminen aufzählen können. Nahrungsmitteln nennen können, die Vitamin C enthalten. zwischen Hypervitaminose und Hypovitaminose unterscheiden können. … Die Erreichung von Lernzielen soll kontrollierbar sein. Dazu müssen Lernziele „operationalisiert“ werden. Kennzeichen für operationalisierte Lernziele: Die Schülerleistung, die nach dem Lernprozess erreicht sein soll, muss als beobachtbares Endverhalten beschrieben sein. Das Endverhalten ist durch Verben wie verstehen, aufzählen, nennen, unterscheiden, … auszudrücken. Die Bedingungen für den Leistungsnachweis müssen angegeben werden (zB die zu verwendenden Lehrmittel wie Lehrbuch, Internet, Zuhilfenahme von Tabellen, …) Der Beurteilungsmaßstab muss angegeben werden. Es ist festzulegen, wann ein Lernziel erreicht ist. 8 9 3.1.2 Arten von Lernzielen Im Bereich des Unterrichts gibt es verschiedene Arten von Lernzielen: Kenntnisse von Begriffen, Fakten, Regeln Beherrschung von Arbeitsweisen und Techniken Fähigkeit zum Übertragen von Prinzipien, Gesetzen und Methoden auf neue Fälle Interessen für bestimmte Bereiche Entwicklung des problemlösenden und produktiven Denkens Erreichung der Fähigkeit zur Zusammenarbeit Bereitschaft, Handlungen hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Gemeinschaft zu bedenken Lernziele der ersten beiden Punkte sind leicht operationalisierbar. Lernziele, die den Lerntransferbereich betreffen, sind schwieriger zu operationalisieren. Die weiteren Lernziele sind nur mehr indirekt kontrollierbar. Der Lehrer kann jedoch Kriterien entwickeln, an Hand derer er die Schüler gezielt beobachten kann. ZB auf Kooperationsbereitschaft kann geschlossen werden, wenn der Schüler den anderen Schülern zuhört deren Gedanken aufgreift seine Gedanken ausdrückt sachlich für die Annahme seiner Vorschläge argumentiert seine Gedanken mit denen anderer vergleicht Unterschiede in den Auffassungen formulieren kann 3.1.2.1 Verhaltensbereiche Die Aufteilung der Lernziele nach lernpsychologischen Dimensionen, nach Verhaltensbereichen, auf die sie sich beziehen, orientiert sich an der dem Menschen eigenen Unterscheidung von Kopf, Herz und Hand. Hierbei geht es nicht um Hierarchie oder Bewertung, sondern um das gleichwertige Miteinbeziehen aller dem Lernen zugänglichen Bereiche, um 9 10 Einseitigkeiten möglichst zu vermeiden. Lernziele werden nach dem jeweiligen Endverhalten eingeteilt in kognitive Lernziele: Kognitive Lernzeile beziehen sich auf intellektuelle Fähigkeiten wie wissen, Kenntnisse erlangen und beanspruchen den „Kopf“. Folgende Verben beschreiben kognitive Lernziele: denken, wissen, Problem lösen, Kenntnisse erlangen, erklären, gliedern, unterscheiden, herausfinden, aufzählen, nennen usw. … mehrere Nahrungsmittel mit hohem Vitamin-C-Gehalt nennen können. affektive Lernziele Affektive Lernziele beschreiben emotionales Verhalten und werden mit dem „Herz“ erlangt. Verben für affektive Lernziele: fühlen, beachten, Interesse zeigen, Werthaltungen entwickeln, beschäftigen, akzeptieren, teilnehmen usw. … ein Bewusstsein für eine vitaminreiche Ernährung entwickeln. psychomotorische Lernziele Psychomotorische Lernziele beanspruchen die „Hand“, all jenes Verhalten, das Fertigkeiten und motorische Fähigkeiten erfordert. Folgende Verben werden dazu verwendet: herstellen, zusammenbauen, anfertigen, nachmachen usw. … Gemüse in Stifte schneiden können. 10 11 3.1.2.2 Abstraktionsniveau Hinsichtlich ihres Abstraktionsniveaus kann man Lernziele einteilen in Richtziele: Richtziele sind sehr allgemein gehalten und abstrakt. Sie finden sich in den Präambeln von Lehrplänen. Sie können fächerübergreifend oder fachgebunden sein und sind durch ihren geringen Grad an Eindeutigkeit gekennzeichnet, wodurch sehr viele inhaltliche Konkretisierungen möglich werden. ZB: kommunikative Kompetenzen habe, Fähigkeit, sich in der kommerziellen Welt zurechtzufinden Grobziele: Grobziele sind allgemein gehalten und beschreiben das Gesamtverhalten von Schüler/innen nach einer Unterrichtsstunde bzw. –einheit bzw. nach einem Projekt. ZB: eine Datenbank anlegen können Feinziele: Diese Ziele sind spezifisch, sehr konkret und operationalisierbar, eventuell unter Angabe des Beurteilungsmaßstabes. zB: Daten in eine Datenbank eingeben können Abbildung 1: Zieleinteilung nach Abstraktionsniveau 11 12 3.1.2.3 Lernzieltaxonomien Lernziele können nach ihrer Komplexität und ihrem Schwierigkeitsgrad eingeteilt werden. Diese hierarchische Ordnung nennt man Lernzieltaxonomie. Lernzieltaxonomie nach Roth: Problemlösendes Denken neue Leistungen entstehen Transfer Übertragung der Prinzipien auf neue, ähnliche Aufgaben Reorganisation eigene Verarbeitung und Anordnung des Gelernten Reproduktion Wiedergabe aus dem Gedächtnis Abbildung 2: Lernzieltaxonomie 12 13 Betrachtet man Lernziele in Hinsicht auf den Verhaltensbereichlassen sich diese ebenfalls in Lernzieltaxonomien einordnen: Taxonomie von Lernzielen des kognitiven Bereichs (nach Bloom 1956): einfach Wissen Der Schüler kennt die Bedeutung der Ausdrücke „Halbinsel“ und „Lagune“. Verstehen Der Schüler kann den Inhalt des Textes „Italien“ in seinem Geografiebuch mit eigenen Worten wiedergeben. Anwendung Der Schüler kann erklären, warum bei avenna das Land jährlich ca. 1 cm ins Meer wächst. Analyse Der Schüler kann in einem Film über die Automobilindustrie Italiens Tatsachen von Enschätzungen, Folgerungen von Meinungen unterscheiden. Synthese Der Schüler erstellt mit Hilfe des Atlasses eine Ferienreise nach Italien. komplex Bewertung Der Schüler kann Behauptungen über die wirtschaftliche Lage Italiens kritisch bewerten. Taxonomie von Lernzielen im affektiven Bereich (nach Krathwohl 1964) Emotion Beachtung Der Schüler hört den Ausführungen des Lehrers über gute und schlechte Bücher zu. Reaktion Der Schüler liest ein Buch, weil es der Lehrer empfohlen hat. Wertung Der Schüler empfiehlt seinen Kameraden ein gern gelesenes Buch. Einstellung Wertordnung Das Lesen guter Bücher wird vom Schüler als ein wesentlicher Wert im Leben angesehen. Taxonomie nach Lernzielen im psychomotorischen Bereich (nach Davis 1968) geringe Imitation Koordination Manipulation Der Schüler „schreibt“ mit den Fingern Schleifen in der Luft. Der Schüler malt Schleifen mit Wachskreiden auf Papier. Präzision Der Schüler schreibt Schleifen und Bögen flüssig mit dem Bleistift. Integration Der Schüler verbindet mehrere Schriftelemente. hohe Naturalisierung Der Schüler schreibt die Buchstaben Koordination „e“ und „l“ korrekt, flüssig und schnell. 13 14 Nennen Sie jeweils fünf Verben aus Ihrem Fachbereich, die Lernziele hinsichtlich des Verhaltensbereichen beschreiben. Formulieren Sie zu einem Thema Ihrer Wahl kognitive, affektive und psychomotorische Ziele. Formulieren Sie Ziele Ihres Fachbereiches unter dem Aspekt des Abstraktionsniveaus. 3.2 Inhalte Der Lehrer muss ein zur Aufgabenstellung passendes Thema formulieren: zB: „Wirkungsweise von Vitaminen im Körper.“ Der Lehrer muss sich einen Überblick über die Inhalte, welche für die Themenstellung geeignet sind, verschaffen. zB: Vitaminreiches Obst und Gemüse werden in Gruppen eingeteilt, Verarbeitungsformen für Obst und Gemüse, Hyper- und Hypovitaminosen, … Der Lehrer muss die seiner Zielplanung entsprechenden Inhalte auswählen. Der Lehrer muss die Inhalte strukturieren, sie in ihre Teile zerlegen, die Verständlichkeit der Teile überprüfen, mögliche „Stolpersteine“ durchdenken. zB: Ich zeige frisches Obst (1), erkläre, dass es für die das Immunsystem stärkende Wirkung von Vitamin C wichtig ist, dass dieses in Form von frischem Obst eingenommen wird (2), es gibt aber andere Vitamine, deren Wirkungsweise erhalten werden kann (3) … Der Lehrer muss sich fragen, ob die Schüler die Voraussetzungen für das Verstehen des Inhalts mitbringen. Der Lehrer muss Medien und Materialien bereitstellen. 14 15 3.3 Sozialformen Der Lehrer „organisiert“ den Unterricht und muss sich deshalb auch Gedanken über die Interaktionsformen der Schüler machen, um die gemeinsame Arbeit in Gang zu setzen, in Fluss zu halten und um ein gutes Ergebnis zu erreichen. Dies wird auch oft als „innere Differenzierung“ bezeichnet. Differenzierung bezeichnet alle Formen der zeitlich befristeten oder dauerhaften Aufteilung eines Lernverbandes in arbeitsfähige Teilgruppen. Vier Grund-Sozialformen werden unterschieden: Frontalunterricht (Klassen- oder Plenumsunterricht) Gruppenunterricht (Gruppenarbeit, Teamarbeit) Partnerarbeit (Tandemunterricht) Einzelarbeit („Stillarbeit“) Funktionen von innerer Differenzierung (siehe Abbildung 6): Das Lernen wird effektiver, indem stärker auf die individuellen Lernvoraussetzungen und Interessen der Schüler eingegangen werden kann. Der Unterricht wird inhaltlich reicher, indem nicht nur eine, im Plenum erarbeitete Sichtweise, sondern vielfältige Perspektiven auf ein und dasselbe Thema erarbeitet werden. Den Schülern wird eine fachliche Spezialisierung und individuelle Schwerpunktbildung ermöglicht. Soziales Lernen wird durch Gruppen- oder Partnerarbeit gefördert. Vorteile für Schüler: Die Leistungsschwachen können von den Stärkeren profitieren. Die Schüler wollen in ihren „Cliquen“ zusammenbleiben. 15 16 3.4 Medien Medien helfen dem Lernenden beim Lernen und dem Lehrer bei der Stoffpräsentation und Steuerung der Aktivität. Man spricht daher von Lernmitteln und Lehrmitteln. Die ursprüngliche Form der Präsentation des Stoffs ist die Demonstration von Realobjekten oder Realvorgängen. Da aber viele Lehrstoffe nicht real präsentiert werden können, werden sie in Bild, Schrift, Ton oder Film präsentiert. Lehrstoff kann aber auch real und mit einem Medium dargestellt werden. Der Lernprozess wird durch die Kombination gefördert. Manche Lehrstoffe sind von vornherein nicht real, sondern bestehen aus sprachlichen oder nichtsprachlichen Zeichen wie zB Gesetzestexte oder mathematische Formeln. Auch in diesem Fall präsentieren Medien den Stoff.1 1 Boeckmann/Heymen (1990), S. 4 16 17 Varianten innerer Differenzierung: Personelle Didaktische Unterrichtsalltag Differenzierung Differenzierung zur Herstellung im Hinblick auf die Ziele, Inhalte zur Sicherung eines möglichst arbeitsfähiger Teilgruppen: und Methoden des Unterrichts: reibungslosen Ablaufs: Leistungsdifferenzierung zielgleicher UR Differenzierung nach Sitzplatz leistungshomogene Gruppen zieldifferenzierter UR leistungsheterogene Gruppen Differenzierung nach Förderbedarf themengleicher UR Differenzierung nach Zufallsprinzip themendifferenzierter UR Interessens- und methodische und/oder mediale Neigungsdifferenzierung Differenzierung Differenzierung im Blick auf das Sozialverhalten Differenzierung nach Geschlecht, Wahlpflicht-Differenzierung Muttersprache, … Abbildung 3: Differenzierung 17 18 3.5 Methoden Methoden sind historisch gewachsene feste Formen zur Aneignung von Inhalten. Sie haben einen definierten Anfang, eine definierte Rollenverteilung, einen bestimmten Spannungsbogen und einen erkennbaren Abschluss. Methoden werden in Grundformen zusammengefasst und sind in vielfachen Varianten einsetzbar (siehe Kapitel 8). Lern- und Lehrformen liegen Handlungsmuster zugrunde, die einer bestimmten Handlungslogik folgen. Diese Handlungslogik muss erkannt werden und bei der Planung von Unterricht beachtet werden. Ein Rätsel muss angekündigt, erzählt (vorgelegt) und gelöst werden. Ein Rollenspiel muss eine klar definierte, konflikthafte Aufgabenstellung haben, eine Rollenverteilung, eine genaue Rollenbeschreibung, eine Vorbereitungsphase, einen Spielbeginn, das Spiel selbst und die Auswertung der Ergebnisse umfassen. Funktionen von Unterrichtsmethoden Methode = Organisation Im Gegensatz zu nichtschulischen Lernprozessen wie zB innerhalb der Familie oder in der Freizeit ist schulisches Lernen stark zielorientiert und deshalb methodisch organisiert, um das Lernen möglichst effektiv und für alle Schüler gleichermaßen ansprechend zu gestalten. Methoden sind inhaltsbezogen Methode und Inhalt sind zwei nicht zu trennende Komponenten, einerseits konstituiert die Methode den Inhalt im Unterricht, andererseits hat Methode ohne Inhalt keinen Sinn. Diese Stoff-Methoden-Verschränkung ist zielgerichtet und an grundlegende Entscheidungen über die Lernvoraussetzungen der Schüler und die daraus resultierende Form der Stoffvermittlung gebunden. Methoden sind Werkzeug Methoden sind Arbeitstechniken, das Methodenrepertoire bestimmt ganz Mag. Daniela Moser Document1 WS 2006/7 18 19 wesentlich Planung und Gestaltung von Unterricht. Methode ist Verpackung Je nachdem, welche Methode ein Lehrer wählt, kann ein Inhalt die Schüler ansprechen und der Unterricht interessant sein, oder die Schüler schalten schon nach wenigen Minuten ab, weil sie sich gelangweilt fühlen. Methoden vermitteln symbolisch die Wirklichkeit Das chemische Experiment, das Tierpräparat, das in Englisch geführte Verkaufsgespräch sind Abbildungen von Teilen der Wirklichkeit, auf welch die Schule vorbereiten soll. Methode ist Lernhilfe Methodische Vielfalt ermöglicht Differenzierung in Bezug auf unterschiedliche Lernwege und –bedürfnisse. Die Bereitstellung alternativer Lösungswege oder verschiedener Übungsmöglichkeiten lässt die Schüler ihren eigenen Lernweg, also die „Methode“ finden. Methoden strukturieren den Lernweg In der abwechslungsreichen methodischen Gestaltung gliedert sich Unterricht in viele kleine Schritte, die zum Lernziel führen. Weg und Ziel beeinflussen sich. Die Methode bestimmt das Maß der Schülerbetätigung Je nach Art der Aufgabenstellung und Arbeitsform ist sie rezeptiv: zB im Frontalunterricht. Die Aktivität der Schüler besteht darin, Informationen aufzunehmen, ohne Einfluss darauf ausüben zu können. Auch Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit kann rein rezeptiv angelegt sein, wenn es beispielsweise darum geht, Texte durchzulesen oder sich etwas anzueignen. reproduktiv: Hier ist etwas mehr Eigenaktivität der Schüler gefordert: Sie gehen in irgendeiner, auch selbst gewählten und gestalteten Form wieder, was sie zuvor aufgenommen haben. Reproduktiv können Schülerantworten Mag. Daniela Moser Document1 WS 2006/7 19 20 innerhalb eines Lehrergesprächs, Schülervorträge und auch entsprechend konzipierte Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten sein, in denen geübt und abgefragt wird. produktiv: Produktiv kann wörtlich im Sinne von „etwas herstellen“ (praktisch) gemeint sein, soll aber auch theorielastige Unterrichtsfächer betreffen, im Sinne von etwas selbst entwickeln, etwas ausdenken oder etwas selbst erarbeiten. Das Rollenspiel und die Diskussion ist eindeutig produktiv ausgerichtet, ebenfalls aktiv und kreativ können Schüler bei der Gestaltung eines Schülervortrages sein, im Klassengespräch, wenn es zB um die Entwicklung einer Idee geht. Methoden bestimmen die Wahl der Medien Tafelanschrieb oder Overhead-Projektor, Modell oder Lehrfilm? Diese Entscheidungen sollten immer von der jeweiligen Zielsetzung des Unterrichts abgeleitet werden – selbst das beste Anschauungsmaterial ist wertlos, wenn es nichts zum Lern- und Verstehensprozess der Schüler beiträgt. Medien und Materialien unterstützen die Umsetzung von Methoden, bieten Anschauung und Motivation. 3.6 Methodik Ziele, Inhalte und Medien sind in vielfältiger Weise erforscht. Die Methode nahm bei den Forschern immer einen zweiten Rang ein und erhielt weniger Aufmerksamkeit. Dennoch lassen sich Unterrichtsmethoden auf drei verschiedenen Verständnisebenen definieren. Ebene 1: Die Lehrmethode wird als Weg zu einem festgelegten Ziel aufgefasst. Innerhalb dieser Ebene gibt es drei Unterscheidungsvarianten: Form: Äußerlichkeiten wie Unterrichtsaufbau, Interaktionsformen werden hierbei berücksichtigt. Mag. Daniela Moser Document1 WS 2006/7 20 21 Typ: Je nach dem Verhältnis von Lehrer- und Schülerbeteiligung wird unterschieden in Darbietung: Der Lehrer trägt den Stoff vor, die Schüler nehmen vorwiegend auf. Erarbeitung: Lehrer und Schüler sind am Unterricht gleich beteiligt, zB im fragend-entwickelnden Unterrichtsgespräch, in Diskussionen, Experimenten, Lehrausgängen usw. Entdeckung: Der Lehrer gibt zwar Anregungen, gewährt aber ansonsten, er lässt die Schüler agieren, wie zB Schülervortrag, -demonstration, von Schülern durchgeführte Experimente, Versuche, … Lehrstil: Hier geht es um die zwischenmenschlichen Beziehungen und das Lehrerverhalten. Sie haben ua. Einfluss auf das Erreichen des Unterrichtszieles, das Lernverhalten und die Lernmotivation. Ebene 2: Hier ist die Unterrichtsmethode, also der Lernweg selbst, das Ziel. Durch die Methode soll das Lernen realistischer, glaubwürdiger und damit dem Leben entsprechend gestaltet werden. Der Lehrer ist nicht nur allwissender Vermittler, er beschreitet gemeinsam mit den Schülern den Lernweg als Suchen und Finden von neuem Wissen. Nicht das methodische Können des Lehrers steht im Mittelpunkt, sondern die Entwicklung von Methodenkompetenz der Schüler, zB die Projektmethode. Ebene 3: Methodik auf dieser Ebene bedeutet, ein allgemeines Lernschema herauszufinden, um es mit den im Unterricht initiierten Lernprozessen in Einklang zu bringen. Hans Aebli suchte diesen Zugang zu den Vorgängen im Unterricht beispielsweise über die Psychologie. Mag. Daniela Moser Document1 WS 2006/7 21 22 An der Methodenwahl kann weiters die Lehr-Lern-Strategie eines Lehrers und seine Auffassung von Unterricht erkannt werden. Methoden weisen nach Meyer drei Dimensionen auf, die untereinander in Wechselwirkung stehen: Der Unterrichtsprozess besteht aus konkreten, anschaulich erlebten und gestalteten Handlungssituationen, die sich in drei Dimensionen entfalten: Sozialformen Handlungsmuster Unterrichtsschritte Frontalunterricht Lehrervortrag Einstieg Gruppenunterricht Gesprächsunterricht Erarbeitung Partnerarbeit Impulsunterricht Übung Einzelarbeit Unterrichtsspiele Kontrolle => Beziehungsstruktur => Handlungsstruktur => Prozessstruktur äußere äußere innere äußere innere Seite Seite Seite Seite innere Seite Seite Raum Kommunikation Wirklichkeit Handlungs- Zeit kompetenz Mag. Daniela Moser Document1 WS 2006/7 Method. Gang 22