Thomas A. Bauer, Marko Ivanisin, Bernd Mikuszeit (Hrsg.) Evaluierung von Bildungsmedien und Multimedia Kriterien und Weiterbildungsangebote Internetpublikation zum Projekt: „EvaluMedia - Evaluierung von multimedialen, IKT-basierten und didaktischen Bildungsmedien für die Erwachsenenbildung - Kriterien und Weiterbildungsangebote“; EU-Programm: Lebenslages Lernen, Grundtvig, Lernpartnerschaft, 01.08.2010 – 31.07.2012 Diese Publikation wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation und die Veröffentlichungen [Mitteilungen] trägt allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben. 1. Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien für europolitische Bildungsmedien 1.1 Bauer, Thomas A, (Wien): Bildungsmedien und Medienbildung Zwei Pole, ein Konzept für ein Europäisches Medienkompetenzprogramm. - Europäische Kulturbeobachtung - Bildung als kultureller Habitus - Experten-Status der Medien - Kompetenz-Status der Mediennutzer - Medienbildung und Medienkompetenz - Bildungsmedien im Kontext eines Europäisierungsprogramms - Qualitätsansprüche an Bildungsmedien 1.2 Bauer, Thomas A, (Wien): Evaluierungskriterien für EBM Europolitische Bildungsmedien (EBM) für politische, zeitgeschichtliche und interkulturelle Erwachsenenbildung 1. Evaluierungsbereiche 2. Qualitätskriterien und Bewertung 2. Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien für IKT-basierte Bildungsmedien 2.1 Mikuszeit, Bernd (Berlin): Evaluierung von Multimedia und Bildungsmedien 1. Evaluierung und Qualität von IKT-basierten Bildungsmedien 2. Didaktisches Bewertungssystem mit integrierter Multimedia-Datenbank 3. Digitale und audiovisuelle Bildungsmedien 4. Evaluierungsbereiche 5. Prüf- und Bewertungsverfahren für digitale und audiovisuelle Bildungsmedien 2.2 Mikuszeit, Bernd (Berlin): Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien DMP Didaktische Multimediaprodukte IB&M Berlin, Dr. Mikuszeit 1. Evaluierungsbereiche 2. Qualitätskriterien und Bewertung 2.3 Ivanisin, Marko (Maribor): Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien 1. Evaluierungsbereiche 2. Qualitätskriterien und Bewertung 2.4 Ivanisin, Marko (Maribor): Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien LMS Multimediale Lehr- und Lernmanagementsysteme 1. Evaluierungsbereiche 2. Qualitätskriterien und Bewertung 2.5 Rosenberger, Dorothea; Grün, Stefanie (Leipzig): Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien CKP Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen 1. Evaluierungsbereiche 2. Qualitätskriterien und Bewertung Mikuszeit, Bernd (Berlin): Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien BLEP Blended-Learning-Programme für die ethische Bildung 1. Evaluierungsbereiche 2. Qualitätskriterien und Bewertung 2.6 3. Evaluierungskonzepte für Multimediaprodukte, Bildungsmedien und thematisch-inhaltliche Weiterbildungsangebote 3.1 Hemels, Joan (Amsterdam): Weiterbildungsangebot mit Bildungsmedien zur interkulturellen Erwachsenenbildung: Religiose Kulturen als interkulturelle Herausforderung fur Erwachsenenbildung Die gesellschaftliche Prasenz der Religionsgemeinschaften in den Niederlanden - Die offentliche Debatte im Zeitalter des Internets - Gluck in Tongefassen und Kruge, die zum Brunnen gehen - Kirche und Medien in der Entwicklung nach Vaticanum II - Fünf neue Leitlinien für Religionsjournalismus - Die Aktualität der kirchlichen und religiösen Kultur - Auf den Schultern eines kommunikationswissenschaftlichen Triumvirats - Die Sakularitat der Medienkultur und Sakralitat des Religiosen - Eine bemerkenswerte osterreichische Initiative - Predigen fur eine leere Kirche mag niemand, oder? - Beispielhafte Forschungsergebnisse aus der Schweiz - Schlussfolgerung der Inhaltsanalyse: „Religion surft mit“ - Handlungsmoglichkeiten, auch fur Religionsgemeinschaften - Expertise in den Redaktionen weiterhin gefragt - Journalisten und Religion vor den Missbrauchfallen - Die ewige schwierige Frage der Medienwirkung - Einschatzung der Folgen der Missbrauchaffare - Ein Fazit mit einem groβen Fragezeichen 3.2 Köpplová, Barbara; Jirák, Jan (Prag): Evaluierungskonzepte und -kurse für Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur historischen, musischen und künstlerischen Erwachsenenbildung - Erstes Beispiel: „1968: Zerstörte Hoffnung“ - Zweites Beispiel: 1989: Der November und wie es dazu kam 3.3 Szudra, Ute (Berlin): Evaluierungskonzepte und kurse für Blended-Learning-Programme für ethische Erwachsenenbildung - Kursbeispiel „Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung“ - Blended-Education-Programm Miteinander leben, einander verstehen, einander zuhören - die Religionen – Christentum 3.4 Charalambis, Dimitris (Athen): Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung: Das Politische und die Politik in der Aera der Deregulierung. Der Weg in die Finanz und Schuldenkrise. - Basistext - Ausgewählte Literatur - Bildungsmedien, DVDs 3.5 Charalambis, Dimitris (Athen): Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung: Klientelvertrag versus Sozialvertrag. Der griechische „Sonderfall“ und seine Geschichte im 20.Jahrhundert.Ein Versuch den Weg in die Schuldenkrise zu erklaeren. - Basistext - Ausgewählte Literatur - Bildungsmedien, DVDs 3.6 Charalambis, Dimitris (Athen): Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung: Das Politische und die Politik.Die Negation des Politischen als Perspektive des Zerfalls der Europaeischen Union. (In griechischer Sprache.) / Το πολιτικό και η πολιτική. Η πολιτική άρνηση του πολιτικού ως προοπτική έκπτωσης του ευρωπαϊκού εγχειρήματος - Basistext - Ausgewählte Literatur - Bildungsmedien, DVDs 3.7 Charalambis, Dimitris (Athen): Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung: Der Begriff des Politishen und der Politik. Semantische Konvergenzen und Divergenzen. (In griechischer Sprache.) / Η έννοια του πολιτικού και της πολιτικής. Σημασιολογικές αποκλίσεις και συγκλίσεις περιεχομένων - Basistext - Ausgewählte Literatur - Bildungsmedien, DVDs 1. Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien für europolitische Bildungsmedien Thomas A. Bauer 1.1. BILDUNGSMEDIEN UND MEDIENBILDUNG Zwei Pole, ein Konzept für ein Europäisches Medienkompetenzprogramm. Der Begriff der Bildungsmedien wird meist ebenso unreflektiert benutzt wie der der Medienbildung. Das hängt zusammen mit einem sehr technisch und instrumentell ausgelegten Medienbegriff auf der einen, wie auch mit einem ziemlich oberflächlich auf Vorstellungen von Eigenschaft und Aneignung gebauten Begriff von Bildung auf der anderen Seite. Was im Alltag reichen mag, ist aber im Kontext pädagogisch-theoretischer Begründung noch lange keine hinreichende Legitimation. Wenn es nun darum geht, so genannte und so eingeordnete Bildungsmedien nach ihrer Qualität und nach ihrem Verwertungswert im Kontext pädagogischer Programme zu beurteilen, dann soll hier die übliche Routine nun doch erst einmal durch die Zwischenschaltung von kritischer Beobachtung unterbrochen werden (vgl. Schmidt 2004: 59, Fuchs 2004: 63 ff): was verstehen wir unter Bildung und warum verstehen wir sie so wie wir sie verstehen? Was verstehen wir im Kontext von Bildung unter Medien und warum stellen wir hier einen Zusammenhang her, mit dem wir vermuten, dass das eine Moment (Medien) das andere (Bildung) stärkt und das andere (Bildung) das eine (Medien) aufbessert oder sonst wie „wertvoller“ macht. Und last not least: wie und warum soll das dem Desiderat eines kulturellen Europa nützlich sein? Das Ziel der folgenden Problembeschreibung kann unter Berufung auf diese Ausgangslage schon einmal deutlich gemacht werden als der (zunächst) theoretische Versuch, das Thema der Qualität von Bildungsmedien in den übergeordneten Kontext von Medienbildung zu stellen und dabei beide Konzepte im Hinblick auf eine mögliche und notwendige Qualitätsbestimmung theoretisch zu vertiefen. Eine Qualitätsbestimmung von Bildungsmedien im Sinne der längst hinfällig gewordenen Bildungstechnologie (vgl. Januszewsky/Molenda 2008)) oder der ausgedienten Mediendidaktik (Böckmann 1991) wäre nicht nur obsolet, sondern auch irreführend. Es geht nicht einfach um die Bewertung von Einzelmedienfunktionen (wie z.B.: was leisten der Film oder das Fernsehen in der kritischen Aufarbeitung von Geschichte?), sondern es muss gehen um die bildungskulturelle Bewertung zunehmend medial kontextualisierter bildungsrelevanter Diskurse in einer zunehmend im Muster der Medialität verfassten Gesellschaft. Bildungsdiskurse werden zunehmend zu Mediendiskursen. Werden umgekehrt Mediendiskurse auch zunehmend zu Bildungsdiskursen? 1 Die Beschreibungsvoraussetzungen sind demnach so zu klären: Durch den Umbruch der Gesellschaft von einer Industrie-typischen zu einer wissenstypischen Gesellschaft (Wissensgesellschaft – vgl. Stehr 2000), in der sich bildungsrelevante Veränderungen der kommunikativen Muster und in Verbindung damit neue Qualitäten bzw. Anforderungen des Beobachtens und Handelns zwischen Menschen ergeben, wird die Notwendigkeit kompetenter Muster des permanentem Lernens unabdingbar. In einer Gesellschaft, die sich im Modus von Wissen und Bildung selbst konstituiert und organisiert versteht, erfährt sich der Einzelne, ob gezielt oder durch Zufall, zunehmend durch die Organisation von Wissen und Erfahrung ( Lernen) horizontal, vertikal und diagonal unaufhörlich adressiert und gesellschaftlich vernetzt. vernetzt. Organisierte Gesellschaften funktionieren in allen Systemen und Lebensbereichen auf der Basis ihrer Medienkommunikation: es gibt keine medienfreie Existenz (Hartmann 2003: 18 ff) ), alles, was Menschen über die Gesellschaft wissen bzw. für die Interpretation und Gestaltung ihrer Lebenszusammenhänge meinen wissen zu müssen, „wissen sie über Massenmedien“ (Luhmann 1974). Man muss zur Affirmation dieser These den Medienbegriff ausweiten. Medien sind Medien, weil und wenn und unter der Voraussetzung, dass man sie so gebraucht. Der Gebrauch von Medien ist das medientheoretisch relevante Medien-Modell. Dieser hängt ab von den Lebenszusammenhängen und den darin (oft rituell) eingebetteten sozial und kulturell definierten Mustern der Aufmerksamkeit. Medien sind im Kontext der Frage, welche Rolle sie im Lebensvollzug von Individuum und Gesellschaft spielen gesellschaftstheoretisch betrachtet – nicht als apparative oder organisierte Systeme zu betrachten, sondern – unter dem Stichwort Medialität umschrieben (Bauer 2011) – als soziale Praxis: der Gebrauch umschreibt, was ein Medium im Kontext der Konstitution von Gesellschaft ist. In dieser Perspektive ist Medienkompetenz nicht (nur) ein ethisches bzw. moralisches Thema, sondern eines der Qualität der Konstitution der Gesellschaft. Diese Veränderungen in der Konzeption (von einer struktur- zu einer kulturtheoretischen) Betrachtung von Medialität als kulturelles Programm der Konstitution und des Wandels von Gesellschaft) bedingen, Medienbildung theoretisch (besser) nicht einfach nur als persönliche Befähigung oder Fähigkeit von Individuen zu betrachten und Bildungsmedien nicht einfach nur als Medien oder Mediensysteme mit Bildungsinhalten, sondern beides: Medienbildung und Bildungsmedien als gesellschaftlich arrangierte und konfigurierte Agenturen der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit und der sozialen Wahrnehmung, wissend, dass diese Habitate das individuelle wie das kollektive Leben in einer globalisierten, zunehmend vernetzten und sich zunehmend auf ihre Zivilkultur besinnende Gesellschaft mit Erfahrung, Deutung und Sinn bereichern. Europäische Kulturbeobachtung Kulturen sind, was wir über sie wissen, sie können nur aus der Position von kulturellen Wissensmodellen beobachtet werden. Was wir jenseits dieser Wissensmodelle aber auch in Erfahrung bringen wollen ist: wie lässt sich eine Europäische Kultur beweisen? Gibt es 2 Merkmale und was sind ihre Merkmale? Woher beziehen wir sie? Auch hier sind wir wieder rückgebunden an die Wissensmodelle (Sinn, Ästhetik, Ethik) mit denen wir Handlungsmuster des Alltags als kulturell relevant ausweisen (beweisen). Jede Beobachtung von Kultur wird erst innerhalb eines kulturell definierten Beobachtungsrahmens möglich, den man in der kulturellen Beobachtung Europas mit gutem Grund (zunächst) historisch anlegen kann. Denn Geschichte selbst ist bereits ein kulturelles Konstrukt der Beobachtung, eine nachzeichnende Konfiguration (Konstruktion) von Geschehenem, das sich für sich selbst nicht selbst erklärt, sondern (nur) im Kontext weiterer Beobachtungsperspektiven erklärt (verstanden) werden kann. In diesem Sinne ist europäische Kulturbeobachtung nicht nur ein Akt von Identifikation oder Identitätsfindung, sondern auch ein solcher von Positionierung oder Positionsfindung: Wo stehen wir, wenn wir Geschehens zur Geschichte machen? Aus welcher Position ist das möglich, notwendig, redlich, ehrlich oder möglicherweise verlogen? Die Beobachtung der Kultur, selbst der (eigenen) historischen, verlangt die kulturelle Positionierung der Beobachtung und macht am Ende die (ästhetische und ethische Positionierung der) Beobachtung des Gegenstands zum Gegenstand der Beobachtung (vgl. Schmidt 2004: 59 ff) In diesem Sinne ist jede Kulturbeobachtung eigentlich transkulturell- zirkuläre Selbstbeschreibung. Da - zumindest die positiv interessierte, zum Beispiel die kritische Aufarbeitung von Geschichte - Beobachtung mit dem Interesse verbunden ist eine Verstehensposition zu finden für das, was man beobachtet, ist sie als Akt der Kommunikation zu werten, was den zugespitzten Umkehrschuss zulässt: die intensivste und erkenntnisreichste Form der Kommunikation mit dem Projekt Europa ist ihre aufmerksame und kritische Beobachtung. Kommunikation der Schlüssel von Beobachtung. Die Schwachstellen der Beobachtung sind Schwachstellen der Kommunikation und solche der Kommunikation sind Schwachstellen der Beobachtung. Geht es in der Europäischen Kulturbetrachtung nun darum die Gesellschaft nicht nur besser zu verstehen, sondern auch besser und nachhaltiger zu gestalten, dann muss man in diesem Zusammenhang in Erinnerung rufen, dass die Gesellschaft eben das ist, was ihre Kommunikation ausmacht (Bauer 2011: 496), was zu dem dann doch wenig überraschenden Ergebnis führt: die Gesellschaft gibt sich die Chance der Entwicklung dort, wo sie ihre Kommunikationskultur verbessert. Diese verbessert sie durch eine bewusst-kreative (kritische) Beobachtung. In einer Mediengesellschaft ist es auf weite Strecken das Medienprogramm, noch besser: das Medienkompetenzprogramm, dem diese Aufgabe der Beobachtung zufällt oder zugeordnet wird. In einer so definierten Ausprägung selbstreflexiver und selbstkritischer Aufmerksamkeit lernt die Gesellschaft da und dort ihre bestmögliche Verwirklichung zu erlangen: Kultur und Kommunikation erklären sich wechselseitig innerhalb des Kontexts der Selbst-Reflexion. Kultur und Kommunikation sind füreinander und eine durch die andere die jeweils andere Seite der Münze Gesellschaft. Das eine ist ohne das andere nicht verhandelbar. Trotz der Tatsache, dass sie verschiedene Kompetenzen sozialer Umsetzung beanspruchen, ist die Fragilität der Gesellschaft immer die der Kultur, weil die Kommunikation. Die Schwachstelle von Kultur ist kommunikativ begründet, die Schwachstelle von Kommunikation ist kulturell begründet. Das weite Land der Europäischen Kultur Mittlerweile ist es eine Binsenweisheit: das gesellschaftspolitische Europa kann sich nicht nachhaltig bilden, wenn es nicht in ein kulturelles Verständnis von Europa eingebunden ist. 3 Ein großes Wort, gelassen ausgesprochen. Denn das kulturelle Profil Europas ist nicht minder schwierig zu fassen bzw. zu generieren als das politische oder das gesellschaftliche. Alle drei Europa-Profile sind als Komponenten zu verstehen, die das Identitätskonzept Europas begründen und jeweils einander bedingen, ermöglichen und interpretieren. Das kulturelle Europa ist ein Vorstellungskomplex aus Bildern zwischen Geschichte und Gesellschaft und den möglichen Deutungen dieses Verhältnisses – noch dazu jeweils regional oder nationalgeschichtlich ganz eigen und oft eigenwillig ausgelegt. Aus dem politischen Willensprogramm für ein geeintes Europa lassen sich Kulturwerte herauslesen, die dem politischen Handeln einen Deutungsrahmen vorlegen, nach der sich eine gelungene EuropaGesellschaftskultur bewerten lässt: Europa ist ein politisches Projekt, das auf den Prinzipien demokratischer Kultur gebaut ist und jedem seiner Bürgerinnen und Bürger, egal welcher Herkunft, Ethnie, Religion, Lebenszusammenhänge oder Lebensstilorientierung einen gesellschaftlich situierten Rahmen bieten möchte, in dem individuelle Lebenswerte und gesellschaftliche Lebensqualität gleichermaßen verwirklicht werden: Freiheit, Menschenrechte und Chancengleichheit der Individuen, Rechtsstaatlichkeit und Säkularisierung der demokratischen Mechanismen, Strukturen und Kulturen (Council oft he European Union 2000, 2001), Toleranz und soziale Aufmerksamkeit für Minderheiten und gesellschaftlich Benachteiligte, Einheit im Wege der Vergemeinschaftung von Verschiedenheit und Unterschied. Aus diesen Kulturwerten lassen sich wiederum Werte für die Umsetzung politischer Mechanismen ableiten: so zum Beispiel das Recht auf eigene und eigenwillige Lebensgestaltung, auf Bildung und Arbeit, die Freiheit des Reisens, der Meinung, der Medien und der Wahl der politischen Repräsentanten. Denn das kulturelle Europa ist nicht nur das ethische, sondern auch das ästhetische Europa: das der Künste, der Wissenschaften, der Bildungswerte und Bildungsprogramme, der alltagskulturellen Variabilität, der ländlichen, urbanen, ethnischen und sozialen Landschaften, der Traditionen, der Kreationen, der Diversität von Lebensstilen, der Sprachen, der Völker und der Religionen. Ein so weit und divers gefasster Horizont braucht ein bewusstes und gebildetes Verständnis, noch besser: einen bewusst gebildeten Blick, eine integrative Perspektive. Denn die Vielfalt lässt sich nur als Wert erkennen, wenn man weiß, dass, warum und wie die vielen Entwürfe für das individuelle und soziale Leben ein Programm verfolgen: dem individuellen Leben gesellschaftlich geschützte und gestützte Orte des Vertrauens zu geben und dem gesellschaftlichen Leben Horizonte der Hoffnung aufzumachen, die weder standardisiert noch organisiert, weder vorgegeben noch vorgeschrieben werden können, sondern sich nur aus dem freien Spiel der Unterschiede und Unterscheidungen selbst ermöglichen (vgl. Bauer 2006: 245 ff ) Bildung als kultureller Habitus So wie ein politisches Europa an der Schaffung bestmöglicher Bedingungen der zivilgesellschaftlichen Partizipation interessiert sein muss, so muss das kulturelle Europa daran interessiert sein, die bestmöglichen Bedingungen der Identifikation seiner Bürgerinnen und Bürger mit dem historisch und gesellschaftlich herausfordernden Projekt sein. Die 4 wichtigste Ressource des kulturellen Europa ist Bildung. Schon der Ansatz, eine soziale Einheit auf der Basis und Dank kultureller Verschiedenheit sein bzw. werden zu wollen, fordert eine überlegte und bewusst intendierte Mentalität und strapaziert mit Sicherheit jeden sonst schnell eingebrachten Reflex konservativer Identitätskonzepte gegen Fremdes, Neues, Ungewohntes. Um das zu leisten, also zu verstehen, dass der Andere mein Nächster ist, weil (nicht: obwohl) er (ethnisch, sprachlich, religiös, kulturell, alltagspraktisch) anders ist, verlangt auf der theoretischen Ebene neue (dialektische) Identitätskonzepte, hergeleitet aus der Perspektive von Diversität und Kommunikation (vgl. Hipfl 2001) und nicht (wie bisher gerne) aus dem Familien- und Nationenmodell (gemeinsame Sprache, gemeinsame Grenzen, gemeinsame Geschichte). Im Hinblick auf diese nun weit ausgelegte Landschaft Europäischer Kultur braucht es ein Bildungskonzept, das natürlich Wissen integriert und sich am Interesse von Wissen aufrichtet. Es braucht aber über jede bloße Kumulation von Wissen hinaus ein (zumindest einmal theoretisch konzipiertes) Bildungsmodell, das die Perspektive der Kommunikation miteinbindet, zumindest derart, dass in den Begriff die Beobachtung der Umwelt miteinschließt oder – noch besser – zum Fokus macht. Dann ist Bildung nicht mehr Besitz, sondern Haltung, ein Konzept, das nicht Eigenschaften beschreibt, sondern einen Habitus im Sinne Bourdieus (1974): eine produktive Grundhaltung, mit der der Mensch sich in der Lage (fähig, zuständig, verantwortlich) weiß, sein Verhältnis zu all dem, was um ihn herum geschieht so zu bestimmen, dass er zwischen kritischer Beobachtung und empathischer Annäherung jeweils die Position der Souveränität nicht nur halten, sondern stärken kann. In dieser Konzeption ist Bildung ein sozial-integratives, kommunikatives Modell von Kompetenz. Souverän ist nicht der, der sich absondert, sondern der, der sich auch in neuen Situationen (sozialen, kulturellen und symbolischen Umgebungen) intellektuell, kognitiv, emotional und habituell so einordnet, dass er sich gerade wegen des Bezugs zu seiner Umwelt sich seiner selbst vergewissert weiß und es nicht nötig hat sich unter- oder überzuordnen. Die Bildungskomponenten: Wissen, Reflexion, Kritik und Analyse, sowie Einstellung und Haltung geben genug Position sich gesellschaftlich zur Dispositon stellen zu können, das heißt: sich differenzierte Meinung zu bilden und sie so in den Diskurs einzubringen, wo immer er sich ergibt. Diese Konzeption von Bildung, die sich der Perspektive des kognitiven wie sozialen Konstruktivismus (vgl. Piaget 1973, Vygotsky 1986 zugeordnet weiß, geht weit hinaus über eine eindimensionale, kausale Beschreibung von Aneignung, Besitz (Talent) Eigenschaft oder Vererbung (z.B. Sprache, Wissen, Intelligenz), entfernt sich bewusst von Elite- und/oder Hierarchie-definierten Rollenmodellen (Vorbild, Persönlichkeit, Autorität, Oben-Position) und versucht Bildung als gesellschaftliches wie gesellschaftlich generiertes Gut, als Kompetenzmotiv der Lebensführung der Gesellschaft zu verstehen und in diesem Sinne als ein der Würde des Menschen intrinsisch begründetes und im Rahmen demokratischer Gesellschaftsauffassung von Partizipation generell entsprechendes Recht auf Chance, Möglichkeit und Herausforderung der Sinn-Deutung des Lebens wie des jeweils gewählten oder durch Umstände zugedachten Lebensvollzugs - immer im Hinblick auf und unter Einrechnung der jeweils gegebenen Umweltlichkeit, in welcher Lage er immer auch lebt und in welchem Zusammenhang auch immer er mit sich und seiner Umwelt zurecht zu kommen 5 versucht. Dieser Zugang fordert die gesellschaftspolitische Dimension des Bildungsbegriffs ein, rechnet damit, dass sich im Bildungsprofil der Gesellschaft deren Kommunikationskultur (Medienkultur) wiederspiegelt und setzt darauf, dass individuelle Bildungslücken nicht dem Individuum (Schicksal oder Verschuldung) angelastet, sondern den Kommunikationslücken und den Strukturfallen der Gesellschaft zugeordnet werden. Nur so lässt sich, zumindest einmal theoretisch, die – insbesondere im Kontext von zunehmend über Medienmodelle vernetzten gesellschaftlichen Partizipation - bestehende Kluft zwischen Bildungsarmut und Bildungsreichtum schließen. In diesem Sinne wäre der Mythos von der Bildungsgesellschaft produktiv: eine solche verstünde sich konkret als sozialer Lebenszusammenhang, der sich im Modus von Bildung und deren Partizipation und Verteilung konstituiert und organisiert, indem dem jeweils individuellen Lebensvollzug ein soziales, kulturelles und symbolisches Ambiente wechselseitigen Vertrauens vorgelegt würde, das sich dem Individuum gegenüber als die jeweils eigene Sinnkombination von Nutzen, Ästhetik und Ethik (vgl. Edmair 1968: 61) rechtfertigen würde. So ausgelegt und gesellschaftlich eingebunden wäre Bildung als die Ressource der Gesellschaft auch das intrinsische Motiv individueller Selbstverwirklichung im Wissen um die gesellschaftlichen Bedingungen der Konstitution und Konstruktion Individualität. Ein in diesem Sinne gesellschaftstheoretisch ausgedeuteter Bildungsbegriff baut auf folgenden Schlüsselkonzepten: Die Hypothese der generativen Aneignung: Wirklichkeit ist, so argumentieren Konstruktivisten - ob radikal oder gemäßigt - (vgl. Watzlawick 1974, Berger/Luckmann 1974, Glasersfeld/v. Förster 2007, Schmidt 2003) alles was wir durch Kommunikation konstruieren und über ihre Zeichenstruktur repräsentieren können. Materialisierung und Vergegenständlichung von Wirklichkeit geschehen im Modell der Aneignung durch Bild, Gesten und Sprache. Jede Aneignung aber ist nicht einfach eine neuerliche, wenn auch wiederholte Materialisierung des Gleichen, sondern eine im Wege der Wiederholung geleistete Nachahmung (Mimesis – vgl. Gebauer/Wulf 1998) und in diesem Sinne nicht einfach eine wiederholte Abbildung, sondern eine neue Version der Konstruktion auf der Basis der Einfühlung in eine Struktur und in das durch sie im Gebrauch durch Andere schon Gemeinte wie auch zugleich eine Individualisierung eines möglich Verallgemeinerten. Der Gebrauch von Zeichen ist zum einen soziale Praxis, zum andern eine generative Aneignung. Wenn man, wie Ethnologen dies tun (vgl. Lèvi-Strauss 1968), Sprache als Ausdruck und Kompetenzmodell von Kultur versteht, dann ist Bildung, weil gebunden an Sprache, das Entwicklungsmodell von Kultur. Versteht man Sprache aber nicht nur strukturalistisch, sondern, kulturalistisch, dann ist sie nicht nur ein Mittel (technisches Medium) zur Kommunikation, sondern selbst ein kulturelles Modell von Kommunikation. In diesem Sinne ist Sprache, weil Medienwelten Lebenswelten sind, immer zugleich der soziale Ort der eigenen Lebensbeschreibung. Das unterstreicht die Ausrichtung der theoretischen Konzeption von Bildung als Kompetenzmodell von Kommunikation im Sinne der Fähigkeit, Bereitschaft und Zuständigkeit der Herstellung und Pflege eines kritisch ausbalancierten Verhältnisses, gekennzeichnet durch Aufmerksamkeit und Sorgfalt, zur natürlichen, sozialen, kulturellen und symbolischen Umwelt. Im Rahmen seiner Untersuchungen zur linguistischen Kompetenz entwickelt Noam Chomsky (1981) das hypothetische Konzept der „generativen Grammatik“. Es besagt, dass Menschen, die die Grammatik einer Sprache beherrschen, in der Lage sind daraus weitere grammatische Zusammenhänge zu generieren und zu generalisieren 6 und, weil sie so ihr Sprachvermögen erweitern, auch die Horizonte ihrer Weltaneignung erweitern (vgl. Certeau 1981). Das Autopoiesis-Axiom: Zunächst war es die Erkenntnis der systemisch denkenden Biologie (vgl. Maturana / Varela 1984), dass die Entwicklung des Lebens einem Prinzip der Reproduktion folge, die man als selbstreferentielle Energie (Autopoiesis) verstehen müsste. Das Konzept der Autopoiese wurde von der sozialwissenschaftlichen Systemtheorie mit dem Argument übernommen, dass sich soziale Systeme wie lebende Systeme aus psychischen Systemkonstellationen reproduzieren, was im Fall von sozialen Systemen heißt, dass Gesellschaft, Organisationen und Interaktionen sich im Modus von Kommunikation reproduzieren (Luhmann 1986: 174) und über diesen Weg zwischen Einheit und Unterschiedlichkeit entscheiden. Das Autopoiesis-Motiv, so ausgelegt, profiliert einmal mehr das Bildungsprogramm einer Gesellschaft oder eines Menschen als nachhaltiges Programm kultureller Selbst-Steuerung, wenn und weil es prinzipiell selbstreflexiv und kommunikativ angelegt ist. Das Kompetenz – Theorem: Das Kompetenz- Thema spielt in der philosophischen, anthropologischen, psychologischen und pädagogischen Beschreibung des Menschen immer schon eine zentrale Rolle. Der Begriff ist im Grunde normativ besetzt, er drückt einen Sollens- bzw. Wollens-Status aus und unterstellt, dass der Mensch und dessen Existenz gar nicht anders zu verstehen sei denn im Hinblick auf die Unterstellung, dass er sich selbst verantwortlich, für sich selbst zuständig und in diesem Sinne aus sich selbst fähig sei, dem (seinem) Leben Sinn zu gebe, durch das, was er tut und wie der deutet, was er beobachtet und tut. Das Kompetenz-Konzept versteht sich als Theorem der Entwicklung, die ja nicht einfach als Prozess ins Ungewisse aufgefasst wird, sondern als Vorgang einer laufenden Entfaltung intrinsischer Kraftmodelle im Interesse konsequenter Realisierung eines teleologisch gemeinten oder so ausgelegten Selbst. Im Fokus des Kompetenz- Konzepts treffen sich unterschiedliche Disziplinen an einem gemeinsamen Punkt der Ratlosigkeit, an dem sie aufgerufen sind ihre eigenen Kompetenzanspruch wechselseitig zur Disposition zu stellen. Bildung ist im Hinblick darauf das Programm sich dieser Forderung laufend zu stellen und damit umzugehen zu lernen, dass jedwede Interpretation des Lebens erst dann Wissenswert hat, wenn sie durch eine mögliche andere hinreichend kritisch gefordert wurde. Das Habitus-Konzept: Die kritische Überlegung, dass Bildung mehr ist als vermeintlicher kognitiver Besitz, mehr als die simple Akkumulation oder Addition von Wissen und in jedem Falle etwas anderes als nur ein Status-Merkmal, setzt sich in Verbindung mit dem intensivierten sozialen Wandel, der moralischen Krise der Hierarchien und Eliten und mit der Zunahme der Mediatisierung von Wissensaustausches und der Wissensvernetzung durch. Die unverbrüchliche Verbindung zwischen Wissen und Lebenshaltung wird zunehmend eingefordert, nicht nur bei Personen, sondern auch bei Unternehmungen, Institutionen und Organisationen. Diese alltagsethische Erkenntnis ruft auf der wissenschaftlichen Ebene auch zunehmend die Soziologie auf den Plan. Geisteswissenschaftliche Gedankenmodelle brauchen die Ergänzung aus der kritischen Sozialbeobachtung, um eine bahnbrechende Richtung im Bildungsdiskurs einzuschlagen: 7 Bildung ist ein gesellschaftliches Gut, das sich unter Bedingungen der Gesellschaftlichkeit bildet und verteilt, sie ist die kulturelle Ressource der Konstitution von Gesellschaft. Ihr gesellschaftliches Profil ist das des Habitus (Bourdieu 1974), verstanden als ein Setting von Mustern (ähnlich dem grammatikalischen Setting der Sprache), die, weil der Mensch sie über Lernprozesse (Wahrnehmung, Nachahmung, Wiederholung etc.) verinnerlicht, es ihm ermöglichen Variationen von kulturellen bzw. kulturell akzeptierten Statements zu produzieren. Allerdings, so meinte mindestens Bourdieu, die Kompetenz sei jedem unterstellbar, der Grad der Elaboriertheit (Variationenreichtum) der kulturellen Performanz aber hänge ab von dem „Bildungskapital“, das einem aufgrund von Herkunft, Schichtzugehörigkeit und Lernprozessen zugeteilt würde (vgl. Baacke Das Intelligenz- Konzept: Die kognitionspsychologische und eindimensionale Bestimmung von Intelligenz ist längst obsolet, auch wenn Einstellungstest für Bildungsprogramme oder für berufliche Positionen immer noch darauf abstellen. Auch die Nebeneinanderstellung von kognitiver Intelligenz, sozialer und/oder emotionaler Intelligenz ist für sich selbst nicht herausragend intelligent. Da es sich bei Intelligenz ja wie bei all den anderen Konzepten, die schon beigesteuert wurden, nicht um die Feststellung einer objektiven und für alle gleich wahrzunehmenden Eigenschaft handelt, sondern vielmehr um ein Konzept der Beobachtung, das- gesellschaftlich verhandelt – wie ein Code gebraucht wird, um sich über Wertungen und Deutungen konsensuell einigen zu können, macht es Sinn das Wissen um die Kontextualität der Beobachtung (des Beobachters wie des Beobachteten) in Rechnung zu stellen und dem folgend Intelligenz als integrative Merkmalsbeschreibung von Individuen oder Organisationen zu verstehen, also als Merkmal für den Zusammenschluss von Wissen, Einstellung, Wahrnehmung und Haltung, entwickelt (gelernt, geübt) und variabel gebraucht in jeweils spezifischen Lebensweltzusammenhängen. Auf der Basis seiner Studien zur Entwicklung der Intelligenz beim Kinde (Piaget 1973), im Einklang mit der Perspektive des kognitiven Konstruktivismus und im Zusammenhang mit dem von ihm vorgeschlagenen Stufenmodell der kognitiven Entwicklung im Kindesalter konstruiert Jean Piaget ein dialektisches Intelligenz-Modell (Piaget/Inhelder 1969), das mit Kompetenzmodell weitgehend kompatibel ist, weil es weniger an Sprache oder (Erziehungs-)Einfluss gebunden ist, sondern sich vielmehr auf Kompetenzkomponenten wie Beobachtung und Aufmerksamkeit konzentriert. Am Ende ist Intelligenz die im Laufe des frühen Lebens auf der Basis der Verwertung von Erfahrung entwickelte Balance zweier unterschiedlich gerichteter Anpassungsprozesse in der Deutung des Verhältnisses einer Person seiner Umwelt gegenüber. Zu den Schlüsselkonzepten in J. Piagets Intelligenz-Theorie, die allesamt ein sozial- und Umwelt-ausgerichtetes Intelligenzmodell intendieren, gehören Anpassung als Haltung aktiver und in die Umwelt eingreifender (an der Umwelt interessierter) Beobachtung sowie Anpassung als kognitivpassive Haltung, die sich an die Gegebenheiten bzw. die Dominanz der (sozial , kulturell, symbolisch erlebten) Umwelt angleicht (Assimilation). In diesem Spannungsfeld wäre Intelligenz die kognitive, habituelle und moralische Fähigkeit, die Balance zwischen Akkommodation und Assimilation zu schaffen, was im Grunde heißt: den Bewegungsspielraum zwischen Affirmation (Conservation) und Veränderung (Decentration) flexibel auszuschöpfen. 8 Diskurskogik: Alles, was einen gesellschaftlichen Zusammenhang ausmacht, kann man, weil es sich ja immer um Gesprächszusammenhänge oder im Gespräch dargestellte und konstituierte und konstruierte Zusammenhänge handelt, Diskurs nennen. Greift man zurück auf das schon besprochene Aneignungsmodell (im Sinne von Mimetik), dann macht dieses noch einmal deutlich, dass jede Gesprächsbeteiligung nicht einfach nur über den Weg der Nutzung von sprachlichen Strukturen (Syntaktik, Semantik, Pragmatik – vgl: de Soussure 1974 geschieht,, sondern immer als soziale Praxis, also als (affirmativ oder emanzipatorisch) eingefühlte Nachahmung und Individualisierung der sozial-kontextuellen Gestik. Die „Ordnung der Diskurse“ (Foucault 1974) entspricht also den sozial-strukturellen Gegebenheiten, die Foucault in der Regel als hierarchisch geordnet beschreibt. Diskurse sind in dieser Interpretation Gesprächszusammenhänge, die quer über die diversen Gelegenheiten von Ort, Zeit, Medien und gewollter, gesollter oder zufälliger Beteiligung zu einem abgrenzbaren Themenkomplex stattfinden und, weil es ihnen ja um die Bestimmung und Rationalisierung von Wahrheit und darin um Geltungsansprüche geht (Habermas 1980), an Strukturen sozialer Ordnung (Macht) gebunden (Foucault 1974), daher auch in der Regel der Begründung und Verteidigung von Chancen (Jäger xyz) dienen, daher um Legitimation und Recht mithilfe rhetorischer Strategiemuster (Wodak xyz) wetteifern und sich in diversen sozialen Ritualen verstricken, in denen es weniger um die Entdeckung als mehr um die Durchsetzung (Wiederholung und Verbreitung) von Erkenntnis (Flusser 1998) geht. Jedem Diskurs liegt also eine gewisse (soziale, rationale, kognitive, pragmatische) Rationalität zugrunde, wie der mehr oder minder ausgeprägten Komplexität eines Thema und dessen Differenzpotenzial auf möglichst breiter Ebene der Beteiligung beizukommen wäre. Das Rationalitätsmotiv verlangt in der Praxis eine sozial kontextualisierte Geste zur Unterstützung und Durchsetzung von Aussagen, Meinungen oder Deutungen (Macht, Position auf der Basis von Funktion, Autorität oder Wissen), um beteiligte Probleme wie z.B. Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Verlässlichkeit) zu bewerkstelligen. Diese skizzenhafte Beschreibung des Diskursmodells macht aber schon deutlich, dass der Komplex, den sich Bildung nennt, in der gesellschaftlichen Praxis historisch jeweils genau in diese Diskursordnungen eingepasst wurde und wird. Bildung wurde immer und wird auch heute noch als Schlüssel zu Kapital-, Herrschafts- und Machtpositionen verstanden, selbst wenn dieses Kapital mitunter beschönigend als „soziales“ oder „kulturelles“ Kapital (Bourdieu 1982 verkürzend) beschrieben wird. Diese extrinsische Wertung findet in der derzeit zunehmend praktizierten Ökonomisierung von Bildung (z. B. Bewirtschaftung der Studienplätze an Universitäten) eine problematische Zuspitzung, die im Verbund mit der (vielleicht anders gemeinten, aber doch so realisierten) Bologna-Struktur zu einer Standardisierung und Schematisierung von institutionell verwalteter Bildung führt, die so gut wie nichts mehr zu tun hat mit dem dem kulturellen Bildungskonzept inhärenten Motiv der freien Wahl von Bildungsinhalten. Im Zuge der zunehmend ökonomisch ausgelegten Organisation der Gesellschaft wurde auch der Bildungskomplex zunehmend funktionalisiert und instrumentalisiert. Das dem Bildungskonzept inhärente Diskursmuster wird zunehmend stromlinienförmiger, was eben auch heißt: der soziale Gebrauch von Bildung wird zunehmend affirmativer und im Hinblick auf die Chancen und Chancenwahrnehmung auf dem Arbeitsmarkt: zunehmend repressiver. 9 Die diskurslogische Beschreibung von Bildung macht auf der einen Seite deutlich, dass Bildung als soziale Agentur verstanden wird, in der und durch die Wahrheit (wozu auch immer) und Ordnung (wovon auch immer) geltend gemacht werden sollen, weswegen sie auch in den Modellen der jeweils herrschenden sozialen Ordnung daherkommt. Sie macht aber auch deutlich, dass im Sinne der Realisierung von Chancengleichheit es nicht nur auf eine wohl ausbalancierte Verteilung von Bildungsressourcen (Bildungspolitik) ankommt, sondern vor dieser auf eine gleichheitslogische (bewusst sozial-emanzipative) Konzeption einer kritischen Bildungsidee (Bildungstheorie). In einem kritisch-theoretischen Modell von Bildung sind Aufklärung und Emanzipation die beiden korrespondierenden Motive von Wissen und Erkenntnis (vgl. Enzensberger 1970), durch die das intrinsische Freiheitsmoment von Bildung begründet und kulturell gesichert wird: Aufklärung als das kognitive, Emanzipation als das soziale Befreiungsmotiv. In diesem Sinne bleibt die theoretische Hoffnung, dass der sozialisierte Gebrauch von Bildung unter marktlogisch entspannteren Bedingungen und jenseits eines breiten Konsolidierungsdrucks einem sozialen Gebrauch von Bildung (wieder) Raum für Diversität, Flexibilität und Häresie (Wahlfreiheit) schafft. Kritik und Dialektik: Es war immer schon das Moment des begründeten Widerspruchs, durch das „Gebildete“ nicht nur auf sich, sondern auch auf die Notwendigkeit der kritischen Intervention aufmerksam gemacht haben. Bildung ist das kognitive und kulturelle Reservoir für die notwendige Überraschung, der Platz, an dem Differenz und Widerspruch Sinn machen und Gehör finden. Es gehört zur kommunikativen Grundausstattung von Bildung neben der diskursiven Anlage auch über eine solche des Dialogs und der Dialektik zu verfügen. Kommunikologisch lassen sich zwei Grundmuster der Kommunikation ausmachen (Flusser 1998): Diskurs und Dialog. Während das Diskursmodell den Mechanismus der Verteilung („discurrere“) und der Durchsetzung von Erkenntnis beschreibt, moniert das Dialog-Muster der Kommunikation („dia logos -durch das Wort“) die Notwendigkeit der mehrseitigen und widersprüchlichen Perspektive ein, ohne die es keine originäre Produktion von Erkenntnis gäbe. Der Dialog ist das sozial gleichzeitig und gleichberechtigt mehrseitig angelegte Dispositiv des Austausches von Positionen mit dem Ziel einen hermeneutischen Raum zu eröffnen, in dem sich der dialektische Schlüssel (er gemeinsame Widerspruchspunkt) finden lässt, der erklärt, warum, wodurch und in Bezug worauf zwei Thesen zueinander im Widerspruch stehen (können). Erst der in Rechnung gestellte Widerspruch gibt einem Spruch die Legitimation sich zu behaupten oder behauptet zu werden. Nach all den Kulturentwicklungsstufen der Wahrheit auf die Spur zu kommen und sie verständigungssicher durchzusetzen (über Flucht, Ausweg, Ausrede oder Lüge; über Kampf, Krieg und Streit und Tötungsrhetorik; über Delegation, Abschiebung von Verantwortung, Vertröstung, Verlagerung oder Mehrheitsbeschaffung; über Kompromiss, Bagatellisierung, Kulissen-Rhetorik oder Konsens-Annäherung - vgl. Schwarz 2003) wäre Dialektik jene avancierte Kulturstufe der Generierung von Erkenntnis und entsprechender Wahrheitsvereinbarung, auf der Menschen gerade wegen der Unterschiedlichkeit ihrer Wahrnehmungsperspektive einander interessiert (inter-esse: eingemischt) und interessant (sich wechselseitig einmischend) finden und im Hinblick auf eine verbindliche Wirklichkeitskonstruktion davon ausgehen, dass sie eben dafür einander brauchen (Interdependenz) und ihre Verständigungsbereitschaft daher darauf konzentrieren zu wissen 10 und zu verstehen, was ein anderer meint, um das eigene Meinen durch dessen möglichen Widerspruch geprüft sicherer (offener, differenzierter, kritischer) zu bewerten und so auch vertreten zu können. Eine solche Version von Dialektik – hier und in diesem Kontext in epistemologischer Übereinkunft mit der skeptischen Prämisse des kritischen Rationalismus (Popper xyz), die davon ausgeht, dass das menschliche Wissen fehlbar sei und dass daher die Bestätigung durch affirmative Theorien nicht die geeignete Methode sein könne, um wahrheitsfähige Erkenntnisse zu gewinnen. Bewusst gewählte Methoden (Theorien) der Widerlegung könnten dazu führen dann das wahrheitsfähigere Erkenntnismodell zu erschließen. Im Grund ist dies ein post-moderner (Erkenntnis post modo) Ansatz. Zur ideentypischen Begründung eines weiten und kontextuellen Bildungsbegriffes gehört das Dialektik-Modell der Kommunikation nicht nur als Kunst der intellektuellen Gesprächsführung („ars dialectica“), sondern auch als Habitat der Zumutung von Komplexität, der Verantwortung für Differenzierung und der Aufdeckung von Trivialität in das kulturelle Setting von Bildung. Im Modus der symbolisch-interaktiv vergemeinschafteten Konstruktion von Wirklichkeit kommt das Verschiedene zusammen, weil es erst im Interesse des Gemeinsamen wirklich verschieden und verschieden wirklich ist. Das Gleiche mit dem Gleichen vergemeinschaften zu wollen wäre nicht nur tautologisch, sondern auch wirklich und tendenziell totalitär. Dass sich gerade Intellektuelle und Bildungsbürger in der politischen Realität in allen historischen und gesellschaftspolitischen Kontexten immer wieder gegen Autoritarismus, Totalitarismus, Dogmatismus und Faschismus stellen, hat nicht nur mit deren moralischer Bildung, sondern auch mit deren Interesse und Erwartung an Diversität und Differenzpositionen zu tun. Solche Habitate sollten in einer Gesellschaft, die Bildung zum Modus ihrer Entwicklung erklärt, nicht mehr das Privileg von Eliten sein, sondern das Kompetenzprogramm einer ganzen Gesellschaft Experten-Status der Medien In dieses Gemenge greifen Medien ein. Sie sind das Referenzmodell für Bildung, nicht nur, weil sie sie in Form von Wissen und/oder Einstellung kontextualisieren und abbilden, sondern, weil sie als Code des kollektiven sozialen Vertrauens genutzt werden, über das sich Individuen wie auch die Gesellschaft in ihren Institutionen legitimieren. Medien sind die Referenzmodelle der Kommunikation der Gesellschaft wie die der Gesellschaft der Kommunikation. Im Sinne dieser Vertrauenslage akkumulieren sie auch Expertise und Expertenstatus. Die Gesellschaft und ihre Institutionen (Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur, Religion) brauchen sie als Referenzmuster innergesellschaftlicher wie auch und grenzüberschreitender Verständigung – horizontal (zwischen den Gruppierungen und Communities), vertikal (zwischen hierarchisch gestuften Kompetenz bzw. geschichtlichen Epochen) und diagonal (zwischen Communities und Institutionen) Und dennoch ist noch nicht alles, was es braucht, um ein gesellschaftliches Programm zu realisieren. Alle diese wortschönen Vorstellungen erlebt man ja nicht in unmittelbarer Umgebung, sondern stets vermittelt über eine in und über Medien organisierte und realisierte 11 Kommunikation. Da man davon ausgehen muss, dass alles, was wir zu Europa wissen, wir über die Medien wissen, stützen wir uns zugleich mit einer jeweils wechselseitig unterstellten Inspiration, die jenseits und vor jeder der Sprache schon Realität ist: gesellschaftliches Vertrauen. Diese Inspiration hat einen diffus gesellschaftlich vereinbarten Ort: die wechselseitige Unterstellung, dass wir letzten Endes alle in der gleichen Situation sind: dass alles, was wir von dieser Gesellschaft wissen, wir über die (Massen-) Medien wissen (Luhmann 2004: 9). Es muss also einen Punkt der Referenz (Code) geben, der alle gleich zueinander bindet, gerade, weil alle so unterschiedlich sind. Vertrauen ist dieser Code der Gesellschaft, die ja nur ist, was ihre Kommunikation ausmacht (Bauer 2011: 469). Bei jeder noch so ausgeklügelt vernünftigen Strukturierung, Institutionalisierung und Organisation der sozialen Mechanismen einer Gesellschaft gelingt eben diese nur, wenn ihre Kommunikation die Kultur wechselseitigen Vertrauens abbildet. Spätestens hier muss man schon das Argument aufnehmen, dass eine komplexe Gesellschaft wie die Europäische ist, ja nicht in direkter und persönlicher Kommunikation zueinander vermittelt und verbunden ist, sondern durch Medienkommunikation. Europa, wie wir es kennen, ist großteils ein mediengemachtes Konstrukt. Dass wir es so annehmen, lässt sich nur mit der Annahme erklären, dass der soziale Mechanismus des Vertrauens medientypisch geworden ist. Ohne Vertrauen, das ja dadurch definiert ist, dass jedweder andere sich vor allem in unerwarteten Situationen so verhalten würde, dass einem selbst daraus kein Schaden entstünde oder man nicht von ihm in seinen Erwartungen enttäuscht würde (vgl. Koller 1990), würde die Angst das soziale Klima bestimmen. Bezogen auf Medien als organisierte Referenz des (öffentlichen) Vertrauens kommt zu diesem sozialpsychologischen Moment noch eine Komponente ins Spiel, die in der amerikanischen Sozialpsychologie mit dem Begriff der Rational Choice Handlungstheorie belegt wurde: Vertrauen lässt sich im Rahmen eines sozialen Tausch-Modells erklären (Coleman 1994:34): Vertrauen kommt dabei als das Übertragen von Kontrollrechten in allen, vor allem aber in riskanten Situationen zum tragen, in denen das Wissen über das Handeln des Gegenübers aufgrund der Ungleichzeitigkeit nicht vorhanden ist - und darüber hinaus die Gegenleistung erst nach Übermittlung des eigenen Anteils erbracht wird. Die soziale (ästhetische, ethische, symbolische) Macht der Medien (Zeichensysteme) liegt diesem Konzept folgend in ihrem Status als Experten und als privilegierte Systeme des gesellschaftlichen Vertrauens. Kompetenz-Status der Mediennutzer Diesem Vertrauen in den Experten-Status von Medien muss der Vorstellung einer zivilen und autonomen Gesellschaft zuliebe das Vertrauen in den Kompetenzstatus der Mediennutzer entsprechen – eine Forderung, der im Umfeld von Medienpädagogik so recht und schlecht entsprochen wird. Dies wird vermutlich erst bahnbrechend gelingen, wenn die diversen Medientheorien bzw. auch deren pädagogische Anwendungsprogramme sich von dem Konzept einer Einzelmedienontologie verabschieden, nicht das Medium oder die Medien in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung rücken, sondern die Kommunikationskultur der Gesellschaft im Hinblick auf die sich ändernden strukturellen (medialen) Zusammenhänge. Zum andern hängt das Gelingen 12 der Bemühungen zur Medienbildung vermutlich auch davon ab, dass, die theoretischen Konzepte die eingleisige Denkschiene aufgeben, ein Medienbildungsprogramm an Individuen abzuarbeiten. So sehr es wünschenswert ist, dass jeder Mensch für sich selbst das Kompetenzmotiv ernst nimmt, in dieser Gesellschaft einen deutungsfähigen Platz zu finden, so notwendig ist es aber auch ein gesellschaftliches Kompetenzmotiv auszumachen. Es kann nur sinnvoll sein, auf zwei Schienen eine Bahn zum Fahren zu bringen: die Schiene der individuellen Kompetenz und die des gesellschaftlichen Kompetenzprogramms (Bauer 201o Public Caspa Libero) Das würde endlich auch eine Überwindung der industrie-typischen Vorstellung von Mediensystemen bedeuten, so als müssten Medien in diesem ökonomischen Modell der Verteilung von kommunikativer Kompetenz auf professionelle Experten der Produktion und amateurisierende Konsumenten, die ihren Status mit Forderungen nach Gefälligkeit untermauern, weil sie ja zahlende Nutznießer seien. Die theoretische Aufstellung in den Begriffen von Produktion und Konsumtion folgt der industriellen Logik der „Taylorisierung“ von Arbeit und Kompetenz, sie wiederholt auf analytischer Ebene die Unterscheidung und Trennung eines integrierten Prozesssystems in zwei Bereiche (der Produktion und der Konsumtion) – ein klarer Verweis auf eine industrielle Ideologie als konstruktivem Überbau, der dazu tendiert ein dem entsprechend spezifiziertes Modell von des Kommunikationserfolges - das des Organisationserfolgs: Ökonomie von Wirkung, Einfluss, Macht zu verallgemeinern. Von entscheidender Bedeutung bleibt in diesem Zusammenhang der versuchten Re-Konzeptualisierung eines integrierten Kompetenzmodells der Hinweis: Innerhalb dieser industriellen Interpretation von Massenkommunikation folgen offensichtlich sogar medienpädagogische Programme dieser Vorstellung von unterscheidbaren Segmenten der Kommunikations- (und Medien-)kompetenz und erwarten vom Publikum kritische Konsumtion, während sie vom (so genannten) Kommunikator Organisationsqualitäten und Professionalität fordern. Innerhalb eines tayloristisch angeordneten Modells von sozialer Kommunikation könnte ein solches Konzept praktischen Sinn ergeben, theoretisch jedoch sollte das Kompetenzkonzept frei und emanzipiert sein von solchen funktionsdefinierten Entwürfen der Medienkommunikation. (cf. Bauer 2008: 137, und 2010). Medienbildung und Medienkompetenz Der Begriff der Kompetenz ist ein philosophisch-anthropologisch, psychologisch, soziologisch und nicht zuletzt pädagogisch gebrauchtes Konzept, das die Vorstellung eines intrinsischen Desiderats bemüht, demnach es dem Menschen zumutbar sei und es ihm vermutlich auch obliege bzw. er dafür Sorge zu tragen hätte für selbst verantwortlich zu sein und dass er für diese menschenwürdige Position der Autonomie und Souveränität (Prinzip Emanzipation) auch über Potenziale verfüge, die ihm ebenso, allerdings als Lernprozess, zumutbar bzw. zu ermöglichen und abzufordern wären: Fähigkeit, Fertigkeit, Bereitschaft – eingeschrieben oder im Wege von Bildung einzuschreiben in Einstellungen, Haltungen und Verhaltensweisen (Habitus). Neben 13 dieser kritisch-normativen Konzeption gibt es aber auch eine kritisch-pragmatische, die das Kompetenzmodell organisationstheoretisch, instrumentell und bildungstechnologisch verwertet: als Maß-Moment der Steigerung oder Steigerbarkeit der Qualifikation innerhalb eines Professionalisierungsprogramms. Auf dieser Ebene beschreibt Kompetenz das Maß der Zuständigkeit, ausdrückbar in erwartbaren oder gesellschaftlich erwarteten Fertigkeiten (skills). Was die beiden Konzeptionen unterscheidet ist die kritische Perspektive. Während die grundsätzliche (philosophische) Konzeption intrinsisch und emanzipatorisch gedacht ist (werden muss), ist die pragmatische, die dem gesellschaftlichen System zugeordnete Konzeption eher extrinsisch, affirmativ und kompensatorisch gemeint Vor und neben dem Begriff der Medienkompetenz hat sich auch der der Media Literacy etabliert (vgl. BMUK, Europa) Media Literacy wird gerne verstanden als die Fähigkeit zu (kritischem Lesen“) zur kritischen Mediennutzung und wurde ursprünglich in allen theoretischen Rahmungen der Medienpädagogik mit der Entwicklung persönlicher Interessen und Kapazitäten assoziiert, Zugang zu sozialem Kapital zu erschließen (Bourdieu 1982, Coleman 1988). In diesem Sinne wurde sie stets als Faktor für Rationalität und Vernünftigkeit innerhalb des Prozesses persönlicher Sozialisation gesehen („vernünftiger Mediengebrauch“). Theoretisch wurde Media Literacy oft mit so genannten Kulturtechniken gleichgesetzt (cf. Baake 1997). Von dort ausgehend hat der Begriff eine Bedeutungserweiterung erfahren um „Skills und Kompetenzen, welche das Finden, Auswählen, Analysieren, Evaluieren und Speichern von Information beinhalten, in ihrer Behandlung und ihrem Gebrauch unabhängig von beteiligten Codes oder Techniken“ (Studie über Medienkompetenz in Europa). Betrachtet man, dass die soziale Kommunikationsentwicklung von der Medienentwicklung (Medientechnologie) abhängig ist, dann ist das Kompetenzkonzept mehr oder weniger Konzept für die pragmatische Assimilation des pädagogischen Status der Plattformen medientechnologischer Entwicklungen von sozialer (öffentlicher) Kommunikation in Form von Codes, strukturellem Design, Techniken und „generativer Grammatik“ (Chomsky 1972: 83). Vom Standpunkt konzeptueller Theorieentwicklung aus gedacht, ist Medienkompetenz eine Spezifikation eines allgemeinen Werkzeugkastens kommunikativer und kultureller Fähigkeiten, welche verwendet werden um soziales Kapital zu erlangen. Im Vergleich zu Kommunikationskompetenz ist Medienkompetenz ein unterschiedliches Kompetenzmodell und wird, wenn man das Modell systematisch strukturiert (nach Dieter Baake 1997), in der Regel anhand von mindestens vier beteiligten Ebenen wahr genommen: Medienwissen: Wissen wie das Mediensystem gebildet wird, wie es funktioniert – in Bezug auf Technik, Wirtschaft, Politik, Recht, sozialer Werte – und unter welchen Bedingungen Medien gesellschaftlich nützliche oder problematische Funktionen für den öffentlichen gesellschaftlichen Diskurs erbringen. 14 - - - Medienanalyse: Analyseinhalt, Effekte, die Art und das Interesse industrieller Produktion an Medien und das Verständnis für die Position medialer Potenziale und Macht. Medienkritik: Bewertung der Rolle die Medienprogramme dabei spielen einer Gesellschaft kritische Eigenbeobachtung, sowie persönliche Wissensvermehrung und Lebensorientierung zu ermöglichen. Medienselbstverständnis: Die Fähigkeit sozialer Partizipation erwerben und zu lernen sich selbst über mediale Mittel auszudrücken. Natürlich entspricht Baakes Konzept von Medienkompetenz –immer verstanden als eine Folge von Medienpädagogik - einem instrumentellen Verständnis von Medien und ist eng mit einem funktionalen Medienkonzept als Mittel zu Macht (oder Gegenmacht) Einflussnahme und Anteilhabe verbunden. Das medienzentrierte Verständnis von Kompetenz verleitet dazu, auch das Kompetenzmodell instrumentell und funktional auszulegen: Kompetenz als Fähigkeit etwas zu erreichen, durchzusetzen bzw. sich durchzusetzen. Eine solche Auslegung wäre für das philosophisch formulierte Kompetenzmodell (Selbstverwirklichung als Selbstverantwortung) zu eng und zu industrie-ideologisch. Neuere Konzepte von Medienkompetenz gehen selbstverständlich weiter, auch wenn sie sich nur schwer durchsetzen im Mainstream der pragmatischen Ansätze. aufgrund der Vorherrschaft eines funktionalen Medienverständnisses. Eine kulturelle Medieninterpretation, die der eigentliche theoretische Hintergrund des Kompetenzkonzeptes ist (vgl. Bauer xyz), schließt viel bewusster an den Bedeutungssphären von Kommunikation an, weil sie zum einen Medialität als die kommunikationsinhärente Umwelt der kommunikativen Praxis versteht; und weil sie zum anderen Kommunikation gar nicht anders denkt denn als Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung von Erfahrung unter der Bedingung der Generierung von Symbolik für eben diese Vergemeinschaftung von Unterschied. Bildungsmedien im Kontext eines Europäisierungsprogramms Im Grunde ist der Begriff der Europäisierung ein normatives Konzept der Transition einer Gesellschaft von einem politisch, gesellschaftlich und kulturell fragmentierten zu einem integrierten Gesellschaftsmodell. Dabei geht es um die Aneignung Europas, allerdings nicht nur als Übernahme von Normen, Werten und mentalen Mustern des gesellschaftlichen bzw. kulturellen Alltags, sondern auch als Übernahme von gesellschaftlichen (politischen, administrativen etc.) Mechanismen des gesellschaftlichen Managements. Vor allem die Brüsseler Administration verwendet eben diesen Begriff nicht nur programmatisch, sondern auch und sehr pragmatisch. Genau dieser Doppeldeutigkeit wegen ist der Begriff problematisch. Denn er tangiert das Identitätskonzept nationaler Komplexe und suggeriert, dass deren bislang bestimmenden lokalen oder regionalen Frames für die Bestimmung von Identität im Kontext Europas nicht ausreichen. Noch stärker wirkt der Druck auf Mitgliedsstaaten im Südosten Europas, weil sie sich mit der kritischen Konnotation des Begriffes konfrontiert sehen: Europäisierung als Aufforderung die Standards Europas in 15 Fragen des gesellschaftlichen Managements (Recht, Bildung, Wirtschaft etc.). Im Grunde sind es zwei Kompetenzfiguren, die im Kontext der Analyse der Qualität von Bildungsmedien für die Euro-kulturelle Bildung relevant sind: Europa-Kompetenz und Medienkompetenz. Europa-Bildung: Im Blick auf ein breit etabliertes kulturelles Europa-Bewusstsein wäre, wie oben schon analysiert, ein ausgreifendes, integratives und dialektisches Bildungskonzept zu fordern; eines, das einen Habitus beschreibt, eine in Einstellungen begründete und gesuchte Haltung, die sich durch die (soziale) Praxis selbst regeneriert und erweitert. In dieser Perspektive versteht sich Bildung als ein individuelles wie ein kollektives Kompetenzprogramm (Bauer 2012??) mit dem der Einzelne wie auch die Gesellschaft sein bzw. ihr Verhältnis zu seiner bzw. ihrer natürlichen, sozialen, politischen, kulturellen und symbolischen (z.B. Medien) Umwelt deutet: ethisch, ästhetisch und pragmatisch. Entscheidend ist dabei vermutlich die Balance zwischen passiver und aktiver Anpassung, zwischen Assimilation als Angleichung an die soziale, kulturelle, politische, symbolische Umwelt und Akkommodation als den gestaltenden Eingriff (Partizipation) in die Zusammenhänge der sozialen, kulturellen, politischen und symbolischen der Umwelt (vgl. Piaget 1974. Daraus kann man folgern, dass Euro-kulturelle Bildung definiert werden kann als individuelles, aber auch als gesellschaftliches und durch Bildungsinstitutionen gefördertes und gestütztes Kompetenzprogramm (Entwicklung von Fähigkeit, Fertigkeit, Bereitschaft und Verantwortung – vgl. Bauer 2008) mit dem man das individuelle wie das kollektive Verhältnis zu Europas weit (weil in Gegensätzen) gespannten Sphären der Selbstdeutungen in Geschichte und Gegenwart, in ländlichen, urbanen, ethnischen und sozialen Landschaften, in Traditionen und Gegenwartskreationen, in Lebensstilen und Lebenskulturen, in Kunst und Wissenschaft, in religiösen und säkularen Inspirationen beschreibt. Das kann nur als openminded habit gelingen (Rokeach 1969), was zugleich jede Form von Dogmatisierung, Totalisierung, Autoritarismus, monopolierte und manipulierte Herrschaft und jeden Anspruch von Dominanz als individuelle oder kollektive Verirrung ausschließt. Medien-Bildung allgemein: Die Überlegung, das Konzept von Kompetenz auf Medien zu beziehen, hängt offensichtlich damit zusammen, dass man sich Kommunikation nicht medienfrei vorstellen kann, man aber zugleich annimmt, dass die kommunikative Kompetenz zu einem guten Teil die des kompetenten Mediengebrauchs ist. Kommunikation und Kompetenz sind zueinander gewandte Konzepte. Das lässt vermuten, dass der Kommunikationsbegriff ähnlich gewertet werden kann wie der der Kompetenz: einmal als intrinisches Modell der Existenz- und Selbstbestimmung des Menschen (Konstruktion von Wirklichkeit im Blick auf sich selbst bzw. den generalisierten Anderen) und zum andern als extrinisches (gesellschaftlich außengeleitetes) Modell des Handelns, um Wirkungen zu erreichen, Einfluss auszuüben bzw. um Erfolg zu steigern. Eben diese Außen-Leitung verlangt ein Kraft-Modell: das der gewussten, gewollten, intendierten, zugleich kritisch reflektierten Nutzung von Infrastruktur. Die Schritte in der Konzeptenzsteigerungsleiter von kommunikativer (Habermas 1980) zu linguistischer Kompetenz (Bernstein 1974, Chmosky 1981) und von dort zu 16 Medienkompetenz (Baacke 1980) sind alltagslogisch nachzuvollziehen, wissenschaftslogisch aber kritisch zu betrachten, weil zwischen kommunikativer Kompetenz, linguistischer und Medienkompetenz nicht einfach nur graduelle, sondern konzeptuelle Unterschiede bestehen. Es handelt sich nicht einfach nur um eine Steigerung von von Fähigkeit von einer auf eine nächste Ebene. Vielmehr geht es um einander bedingende und ermöglichende, aber unterschiedlich konzipierte Modelle von Kompetenz. Bildungsmedien allgemein: In einem weiten Verständnis dienen alle Medien der Fundierung, Bestärkung und Verbreitung von Bildung, mithin der Herausbildung, Fundierung und Spezialisierung menschlicher Kognition, verstanden als Erkenntnis- und Handlungsfähigkeit und verbunden mit menschlicher Vernunft sowie mit jeweils kulturell und sozial virulenten und geachteten Bildungsinhalten. (Kübler 1997: 40 ff). Im engeren Sinn lassen sich als Bildungsmedien aber als diejenigen bezeichnen, die in einem pädagogischen Kontext eingesetzt und/oder mit denen ein Bildungsprozess beabsichtigt ist. Der pädagogische Kontext kann formeller Art (Schule) oder informeller Art (autodidaktisch) sein. Generell haben Medien das Potenzial Bildungsprozesse zu initiieren und zu stützen. Sie dienen der Fundierung, Festigung, Stärkung und (Um-)Orientierung von Wissen und Erfahrung. Solange man Bildung als jenen Habitus (Chomsky: generatives Potenzial) versteht (verstand), in dem und durch den Wissen aufgenommen, gewertet und geschätzt und in diesem Sinne laufend erweitert wird, solange ist Bildung eine Privileg (ver)schaffender Faktor im Modell des gestisch (in Verhalten, Einstellung und öffentlichem Habitus) ausgewiesenen (geistigen) Besitzes: symbolisches Kapital (Bourdieu 1974). Der soziale Wandel verändert nicht nur die gesellschaftlichen, sondern auch die gesellschaftspolitischen, die strukturellen, kulturellen, die medialen und die kommunikativen Kontexte von Bildung. Nach wie vor ist Bildung ein Faktor sozialen Kapitals, es ändert sich aber dessen Verständnis und dessen Medialität. Von didaktischen Medienmodellen (z.B. multimedialen Medien-Konstellationen) unterscheiden sich allgemeine Bildungsmedien einmal dadurch, dass sie inhaltlich, ästhetisch und/oder infrastrukturell viel offener und bewusst nicht instruktiv oder didaktisch konzipiert sind, zum andern aber vor allem dadurch, dass sie bei Konsumenten/Rezipienten/Usern mit Bildung kontextualisiert werden können und in diesem Sinne auch einen bildungsrelevanten Gebrauch auslösen, ermöglichen ohne dies ausdrücklich intendieren zu müssen. Das typische Beispiel sind Dokumentationen zu allen möglichen (politischen, historischen, kulturellen oder alltagsrelevanten) Themen, die, weil sie Tatsachenverhältnisse beschreiben oder solche interpretieren, als Bereicherung von Wissen und Erfahrung bewusst genutzt oder letztendlich so erlebt werden. Zugleich sind solche Medien oder Medienprogramme Dispositive des sozialen Wandels und des Perspektivenwechsels in der gesellschaftlichen Konstitution von Bildung. Dabei sind unter anderem folgende Trends zu bemerken: von der Wissensdominierten Bildung zur Bewusstseinsdominierten Bildung, 17 - von der institutionendominierten Bildung (Pädagogik) zur netzdominierten Bildung (open source Modell) vom Hierarchie-Autoritätsprinzip zum Heterarchie-Vetrauensprinzip vom Struktur- und Objektwissen zu Kultur- und Deutungswissen, vom Informationsverständnis zum Diskursverständnis von Bildung vom Arbeitsparadigma zum Spielparadigma vom Industrie-Modell (Trennung zwischen Arbeit und Freizeit) zum integrierten Medienmodell (Mischung der Formate Information und Unterhaltung) von der Schriftdominanz zur Schrift-Bild-Mischung, vom rezeptiven Mediengebrauch zum produktiven Mediengebrauch vom organisierten/institutionalisierten zum individualisierten Mediengebrauch von der linearen Bildung zur kontextuellen Bildung von der Medienzentrierung zur kontextuellen Medialität. Alle hier angesprochenen Veränderungen sind Momentaufnahmen eines übergreifenden sozialen und kulturellen Wandels, der nicht deshalb passiert, weil er sich nicht aufhalten ließe, sondern der passiert, weil wir gelernt haben, die Gesellschaft anders, nämlich aus dem Prinzip ihres Wandels zu beobachten und zu verstehen. Die Kategorie des sozialen Wandels ist nicht ein Beobachtungsgegenstand, sondern eine Beobachtungskategorie, ein alltagstheoretisches wie auch ein wissenschaftlich-theoretisches Konzept, das über dessen normative und kritische Inspiration praktisch auch empirisch wird. Qualitätsansprüche an Bildungsmedien Es muss nicht eigens und lange erörtert werden, dass Qualität so etwas wie eine operationale Fiktion (Schmidt 2003:17) ist, die nur im Kontext der Spannung zwischen Idealvorstellung und Realgebrauch, zwischen normativer Erwartung und praktischer Erfüllung Sinn macht. Qualität ist demnach ein durch normative Kriterien gestütztes Diagnosekonzept, zusammengesetzt aus Kriterien und Standards, mittels dessen ein Befund über die strukturelle und funktionale Tauglichkeit von Projekten, Produkten - hier: von Medien – für den spezifischen Gebrauchszusammenhang, den sie implizit oder explizit adressieren. Die Erwartungen sind nie absolut, nie objektiv, sondern immer kontextbezogen (relational) und graduell wie materiell je nach Erwartungsbewusstsein (Erwartungshaltung) unterschiedlich nivelliert (relativ). Der Qualitätsbegriff ist ein Einschätzungskonzept, mit dem der Wert eines Produktes oder eines Projektes in Bezug auf deren Nutzen in einem spezifischen Gebrauchszusammenhang beschrieben wird. Obwohl es sich jeweils um situativ unterschiedliche Kontexte des Gebrauchs handelt, kann man aber doch von für (empirisch und normativ, funktional und strukturell) vergleichbare Gebrauchszusammenhänge vergleichbaren und gleich gerichteten Werte- und/oder Nutzerwartungen ausgehen. Angewandt auf die Bestimmung der Qualität von Bildungsmedien geht es zum einen um Standards, mit denen Strukturen (Ausstattung) auf ein Kompetenzniveau festgelegt werden. Zum andern geht es um Kriterien, mit denen Funktionen (Leistungen) auf ein 18 Kompetenzniveau festgelegt werden. Bei beiden Qualitätskomponenten, bei Kriterien wie bei Standards, geht es weniger um das materielle (Was-) Programm(z.B. Inhaltsaspekte eines Medienproduktes, Medienprogrammes oder Medienprojektes) als vielmehr um das modale (Wie-) Programm (Medienmodus, Modus des Mediengebrauchs), weil im Zusammenhang des Mediengebrauchs – nämlich Bildung - Werte eine Rolle spielen, die sich nicht an des konkrete Medium, sondern an dessen Gebrauch heften, die nicht nur im Moment des Unterrichts- oder Bildungsprogramms relevant sind, sondern für zeitlich und thematisch weitreichendere Horizonte. Im Anschluss an die zuvor dargelegten Zusammenhänge muss doch noch einmal im deutlich gemacht werden, dass die im folgenden anzusprechenden Qualitätskriterien nicht solche „der Medien“, sondern eben solche des Mediengebrauchs sind, in dessen Zusammenhang Betroffene (Produzenten, Lehrer, Schüler) immer auch die Beteiligten der Wert- und Qualitätsbestimmung sind. Die Zusammenhänge, die es dabei zu beachten gilt sind: Der Produktionszusammenhang: Wer konstruiert ein Medienprogramm mit welcher Absicht, welchen Zielvorstellungen, mit welchem Verhältnis zu Inhalt und Inhaltsdarstellung und welchem Wissen um die Bedingungen der Nutzung und der Verwertung? Der Lehrzusammenhang (Instruktionszusammenhang): Wer nützt welche Medienprogramme mit welcher Absicht, mit welchen Zielvorstellungen, mit welchem Verhältnis zum Inhalt bzw. der Inhaltsdarstellung und mit welcher Haltung in Bezug auf Bildungssituation und Bildungsrahmenbedingungen und mit welcher Haltung gegenüber den Lernenden? Der Gebrauchszusammenhang (Bildungszusammenhang): in welchem Maße verbinden die genutzten Medienprogramme Lehrer und Lerner zueinander in eine Bildungs- bzw Diskurspartnerschaft? Der Verwertungszusammenhang bzw. Konstruktionszusammenhang: was – welches Wissen, welche Erkenntnisse und Orientierungen, welche Folgerungen können Lernende -jeweils unter Berücksichtigung ihres individuellen Lebenskontexts – aus im Bildungskontext genutzten Medienprogrammen für sich und für ihre gesellschaftliche Selbstbeschreibung nachhaltig verwerten? Der Gesellschaftszusammenhang: Im Versuch, für alle diese Kontexte mögliche Kriterien und Standards der Qualität auszumachen, muss man die gegebenen Rahmenbedingungen des gesellschaftlichen Wandels mitbedenken. Der gesellschaftliche Wandel ist das gesellschaftlich inhärente Programm der laufenden Veränderung von Kommunikation (auch Medien), insofern Gesellschaft eben das ist, was ihre Kommunikation ausmacht. In diesem Sinne ist der gesellschaftliche – bzw. der Medienwandel nicht ein Geschehen, das sich vor unseren Augen abspielt, sondern Phänomen, das mit unseren Augen sichtbar wird. Wenn Gesellschaft sich beobachtet, dann beobachtet sie sich mit den Modellen und unter Referenz auf jene Modelle, die sie sich vorstellt zu sein, sein zu können, sein zu wollen oder sein zu sollen. Der gesellschaftliche Wandel ist also kein von der Beobachtung unabhängiges Geschehen, kein Beobachtungsobjekt, sondern ein Beobachtungskonzept (vgl. Bauer 2011globalisierung). 19 Der Medialitätszusammenhang: Nichts ist in dieser Gesellschaft medienfrei, weil alle gesellschaftlichen Interaktions- und Kommunikationsprogramme, die gesamte symbolische Interaktion mittelbar oder unmittelbar über Medieninfrastrukturen gespielt und über Mediendiskurse verhandelt werden. So wird Politik zunehmend zu Medienpolitik, Wirtschaft immer mehr zu Medienwirtschaft, Religion immer mehr zu Medienreligion, Wissen zunehmend zu Medienwissen und Bildung immer mehr zu Medienbildung in des Wortes zweifacher Bedeutung: Medienbildung als zunehmend über Medien vermittelte und im Modus von Medien performierte Bildung; und Medienbildung im Sinne der Kompetenz aus und in der Darstellung von Realität die Logik der Medien kritisch mitzudenken. Das Phänomen, mit dem wir hier konfrontiert sind, heißt schlicht: die Medialität des gesellschaftlichen Lebens, die im Sinne des Diktums von Marshall McLuhan Das Medium ist die Botschaft - ist der theoretische wie pragmatische Code des gesellschaftlichen Zusammenlebens . In der Mediengesellschaft brauchen Botschaften, die als solche erkennt und für relevant gehalten werden wollen, Medialitätscharakter: Erst über diesen Filter erhalten Botschaften jenes Maß an Aufmerksamkeit, Zuwendung und Interesse, das Wissen und Handeln bdegründet. Medialisierung und Mediatisierung (vgl. Krotz 2008) sind die Phänomene, die in diesem Kontext zunehmend beforscht werden. Beide Charakterisierungen gelten dem Phänomen, dass Alltagszusammenhänge, Lebenszusammenhänge und gesellschaftlich relevante Organisationszusammenhänge ohne funktionalen Medienbezug nicht zu leisten und nicht zu schaffen sind. Das fordert natürlich auf der anderen Seite die Kompetenz (Fähigkeit, Fertigkeit, Verantwortung) Medien so zu gebrauchen, dass sie tatsächlich als Erschließungsperspektive von und für Wirklichkeit dienen. Das mag, so der kulturkritische Zugang zu Medienanalyse (vgl. Anders 1980, Bauer 2006, 2008), möglicherweise nur bedingt gelingen, wenn und weil die Medienlogik ja nicht nur durch die technische Ästhetik bestimmt wird, sondern ökonomische Interessen. Im Schlepptau dieser Logik erkennt man insbesondre im Kontext Internet-, social media- und mobile media-Nutzung - eine Reihe von oftmals beschriebenen Phänomenen (vgl. Krotz 2008): zunehmende Kommerzialisierung, Privatisierung und Individualisierung des Mediengebrauchs, zunehmende Funktionalisierung der Lernprozesse (Ausbildung, Anwendung), zunehmende Technisierung der Lernprozesse, zunehmende Entertainisierung der Lerninhalte und Lernumgebungen, zunehmendes Outsourcing der Lernprozess aus Schule und Bildungseinrichtungen, organisierte Entwicklung des Bildungsmedienmarktes. Stellt man die Frage nach der Qualität von Bildungsmedien im Kontext von Medienbildung, dann heißt Medienqualität eigentlich: der kompetente Gebrauch von Medien. Dort wo dieser Gebrauch sich aufteilt in Rollen und/oder Professionen der und der Rezeption, ist diese Kompetenz (Zuständigkeit, Fertigkeit, Verantwortung) dann technisch, ästhetisch, ethisch ausgeschöpft, wenn Produktionsrollen sich mit Interesse und Verantwortungsbewusstsein in die Erwartungslage und Gebrauchszusammenhänge von Rezipientenrollen versetzen und 20 diesen Habitus in der Produkt- bzw. Programmstruktur der Medien kenntlich machen. Umgekehrt ist diese Kompetenz (Zuständigkeit, Kapazität, Verantwortung) technisch, ästhetisch und ethisch auf Seiten der Rezipientenrollen dann hinreichend ausgeschöpft, wenn diese sich der Selektivität ihrer (und der anderer) Medienbeobachtung bewusst sind und die Medienangebote in diesem Sinne als mögliche, nicht notwendige Ressource im täglichen Aufwand der Konstruktion von Wirklichkeit wahrnehmen und die Ausrichtungen ihres Lebens darauf bewusst einstellen. LITERATUR Anders, Günther (1980): Die Welt als Phantom und Matrize. Philosophische Betrachtungen über Rundfunk und Fernsehen. In: ders.: Die Antiquiertheit des Menschen, Bd. 1. München: Beck’sche Verlagsbuchhandlung Baacke, Dieter (1980): Kommunikation und Kompetenz. Grundlegung einer Didaktik der Kommunikation und ihrer Medien. München/Weinheim (3. Auflage) Baacke Dieter: „Medienkompetenz“ – Theoretisch erschließend und praktisch folgenreich. In: medien + erziehung Nr. 1/1999 Bauer, Thomas A. (2006): Culture of Diversity. A Theoretical Concept towards Transcultural Understanding. In: Bauer, Thomas A. / Ortner, Gerhard E. (Hrsg.): Werte für Europa. Medienkultur und ethische Bildung in und für Europa. Düsseldorf, S. 242 267 Bauer, Thomas A. (2006): Kommunikationskulturen im Wandel. Wertemodelle und Wissensmodelle der Mediengesellschaft. In: Bauer, Thomas A. / Ortner, Gerhard E. (ed.): Werte für Europa. Medienkultur und ethische Bildung in und für Europa. Düsseldorf, S. 46 – 62 Bauer, Thomas A. (2008): Land der Berge – Medienpädagogische Bildungslandschaft in Österreich – Eine Bildbeschreibung. In: Blaschitz, Edith / Seibt, Martin (Hrsg.):Medienbildung in Österreich. Historische und aktuelle Entwicklungen, theoretische Positionen und Medienpraxis. Wien Berlin (LIT), S. 105 - 117 Bauer: In Zukunft mehr Kommunikation. Gesellschaft im Spiegel des Medienwandels. In: Kosschnick, Walfgang J. 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Teil II: Lernarrangements / Bildungsdispositiv (Text – ½ Seite) Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind: 1. Erfahrungsgewinn und Erfahrungsverarbeitung 2. Kommunikative Didaktik 3. Soziale Arrangements 4. Medien-Realitäts – Mix? 5. Kommunikationsausrichtung von Didaktik und Methodik, 6. ??? document1 1 Teil III: Mediale Aufbereitung (Text – ½ Seite) Der medialen Evaluierung werden folgende Qualitätskriterien zugrunde gelegt: 1. Narrationsmuster 2. Diskursmuster 3. Medienmuster 4. Medieneinsatz 5. Mediatisierungs- bzw. Medialisierungspotenziale 6. Medieneffekte Teil IV: Nachhaltigkeit / Bildungserwartungen (Text – ½ Seite) Zur NachhaltigkeitsEvaluierung gehören folgende Qualitätskriterien: 1. Lernanwendung 2. Folgeprozesse 3. Kontextualisierung 4. ??? 5. ??? 6. ???. document1 2 Teil I: Thematische Kontexte und Diskursrahmen Anforderungen an „Thematische Kontexte und Diskursrahmen“ von europolitischen Bildungsmedien – Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Kulturdiskurs 2. Historischer Diskurs Nationale Vor-EU Entwicklungen, Geschichten und Diskurse aus der Vergangenheit, Vergangenheitsbewältigung und Trauma-Aufarbeitung Nationalgeschichten, Krieg und Frieden, Helden, Persönlichkeiten, Epochen, Kunstepochen, Aufklärung 3. Gesellschaftlicher Kontext Probleme und Themen zu Gemeinschaft und Gesellschaft, Bewertung Lokal- bzw. Regional-Bezüge, Identität, Differenz, Lokale Traditionen, deren ästhetische wie problematische Seiten, Kulturelles Europa, Kunst (musisch-künstlerisch), Wissenschaft Gesellschaftsaufbau und Gesellschaftsentwicklung, Sozialer und Kultureller -Wandel, Zusammengehörigkeit, Migration, Integration, Minderheiten, 4. Politischer EUDiskurs EU als politische Institution, Selbstdarstellung bzw. Analyse der Europäischen Politik (Globale Bedeutung), Nachbarschaftspolitik und Nachbarschaftsperspektiven (Erweiterungs-, Vertiefung- Debatte), EU im globalen Kontext, Demokratisierungsthemen und Demokratisierungsprozesse 5. Wertekontext / Europäische Werte Europäische Werte Gleichheitsgrundsätze, Freiheitsprinzip Menschenrechte, Säkulare Gesellschaft, Demokratisierung, document1 3 Diversity, Religionen 6. Zukunftsperspektive Nachhaltigkeit, Krisen und Risiken, kritische Beobachtung von Entwicklungen und Strömungen Gesamtpunkte Summe der Punktwerte Gesamt Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). document1 4 Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Thematische Kontexte und Diskursrahmen Die Evaluierung von europolitischen Bildungsmedien erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: Kulturdiskurs, Historischer Diskurs, Gesellschaftlicher Kontext, Politischer EU-Diskurs, Wertekontext / Europäische Werte, Zukunftsperspektive. document1 5 Teil II: Lernarrangements / Bildungsdispositiv Anforderungen an Lernarrangements / Bildungsdispositiv Bildungsmedien – Qualitätskriterien und Prüfaspekte von europolitischen Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Erfahrungsgewinn und Erfahrungsverarbeitung Wissen kumulieren, Wissensbestände erweitern, Horizonte eröffnen, persönliche Betroffenheit schaffen 2. Kommunikative Didaktik Diskussion provozieren und durchführen, Selbstgestaltungselemente, Spielmomente und Spielelemente, rezeptiver oder aktiver Mediengebrauch, curriculare Intentionen Mono- oder multi- bzw. interkulturelle Konstellationen, Regularität, Spontanität, Genderaspekte Evaluationsanreize? Unterstützung mentaler, emotionaler etc Prozesse? Lernpsychologische Hilfestellungen? Begleitmaterialien 3. Soziale Arrangements 4. Medien-Realitäts – Mix? 5. Kommunikationsausrichtung von Didaktik und Methodik Bewertung Instruktionsmodus, inhärente Medienpädagogik 6. ??? ??? Gesamtpunkte Summe der Punktwerte Gesamt Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle document1 6 Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Lernarrangements / Bildungsdispositiv Die Evaluierung von europolitischen Bildungsmedien erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: Erfahrungsgewinn und Erfahrungsverarbeitung, Kommunikative Didaktik, Soziale Arrangements, MedienRealitäts – Mix?, Kommunikationsausrichtung von Didaktik und Methodik, ???. document1 7 Teil III: Mediale Aufbereitung Anforderungen an die Mediale Aufbereitung von europolitischen Bildungsmedien – Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Narrationsmuster Dokumentarische Erzählweise, Analytische Tiefe, Tell-a-story-principle, Journalistische Darstellungsformen Problematisierungstiefe, Komprehensivität, Tiefenperspektiven, Dialektik, Komplexitätsgrad, Erzähltypus: konversationell, analytisch, informativ, persuasiv, Drehbuch / Storyboard – Anlage, Audiovisuelle Erzählmuster, Mediensprachliche Kreativität, Visualisierungmuster: monomedial – multimedial, Drama, Dramatisierung Mediendominanz, Medienhintergrund, Medienunterstützung, Medien-UnterrichtsKompatibilität 2. Diskursmuster 3. Medienmuster 4. Medieneinsatz 5. Mediatisierungs- bzw. Medialisierungspotenziale Rezeptionsmodus, 6. Medieneffekte Relevanz- bzw. Resonanzeffekte , Dramatisierung, Personalisierung, Sensibilisierung, Sensationalisierung, Trivialisierung etc Gesamtpunkte document1 Bewertung Partizipationsanreize, Aktivierungsfaktoren: rezeptiv – aktiv – interaktiv Summe der Punktwerte der medialen 8 Evaluierung Gesamt Mediale Evaluierung / Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Mediale Aufbereitung Die Evaluierung von europolitischen Bildungsmedien erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: Narrationsmuster, Diskursmuster, Medienmuster, Medieneinsatz, Mediatisierungs- bzw. Medialisierungspotenziale, Medieneffekte. document1 9 document1 10 Teil IV: Nachhaltigkeit / Bildungserwartungen Anforderungen an Nachhaltigkeit / Bildungserwartungen von europolitischen Bildungsmedien – Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Lernanwendung angesprochene Lebens- und Lernkontexte 2. Folgeprozesse kognitive, mentale Folgeprozesse, ziehbare Lehre, Konklusionen, Reichweite der Schlüsse 3. Kontextualisierung Bewertung persönlichen Lebenshaltungen, Lebenssituationen, Lebensperspektiven 4. ??? ??? 5. ??? ??? 6. ???. ??? Gesamtpunkte Summe der Punktwerte der BedienungsEvaluierung Gesamt BedienungsEvaluierung / Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). document1 11 Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Nachhaltigkeit / Bildungserwartungen Die Evaluierung von europolitischen Bildungsmedien erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: Lernanwendung, Folgeprozesse, Kontextualisierung, ???, ???, ???. document1 12 Gesamtevaluation Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) II Evaluierung: Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) Lernarrangement s/ Bildungsdispositi v III Evaluierung: Mediale Aufbereitung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) IV Evaluierung: Nachhaltigkeit / Bildungserwartu ngen Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) Gesamt Gesamtpunkte (Summe der arithmetischen Mittel I – IV) I Evaluierung: Thematische Kontexte und Diskursrahmen Anmerkung: Interpretation der Gesamtpunktzahl 18,0 - 20 Punkte beispielhaftes europolitisches Bildungsmedium sehr gut (1) 14,0 - 17,9 Punkte empfehlenswertes europolitisches Bildungsmedium gut (2) 10,0 -13,9 Punkte geeignetes europolitisches Bildungsmedium befriedigend (3) 6,0 – 9,9 Punkte verwendbares europolitisches Bildungsmedium ausreichend (4) 5,9 Punkte und weniger nicht zu empfehlendes europolitisches Bildungsmedium mangelhaft (5). document1 13 Gesamtevaluierung (verbal): document1 14 2. Evaluierungskonzept und Evaluierungskriterien für IKT-basierte Bildungsmedien Bernd Mikuszeit 2.1 Evaluierung von Multimedia und Bildungsmedien 1. Evaluierung und Qualität von IKT-basierten Bildungsmedien Lehrende und Lernende stehen durch die Medienflut vor einer schwierigen Wahl, welche didaktischen Medien (zum Lehren und Lernen) zweckmäßig genutzt werden können. Im Internet steht ein stetig wachsendes Angebot an frei verfügbaren Inhalten zur Verfügung. Es wächst auch das kommerzielle Angebot an Bildungsmedien, die nicht immer die Qualität gewährleisten, die sie versprechen. Die Grenzen und die Zwecke der verschiedenen Bildungsmedienarten verwischen immer mehr. Es ist deshalb notwendig, Orientierungshilfen für die Bildungspraxis abzuleiten und zu propagieren. Mit praktikablen Evaluierungsangeboten und –vorschlägen können Lehrende und Lernende selbst Bildungsmedien bewerten und für ihre Bildungszwecke auswählen. Aus dieser Sicht wurde das nachfolgend beschriebene Evaluierungs- und Bewertungssystem ausgearbeitet und vorgelegt. Bei der Evaluation geht es um das Bewerten von Bildungsmedien. Diese Form der Evaluation befasst sich mit dem Abschätzen der Einsatzmöglichkeiten und der Wirkungsmöglichkeiten von Bildungsmedien in einem didaktischen Funktionszusammenhang. Sie wird deshalb mit Kriterien realisiert. (vgl. Jeletto 2012) „Evaluationen … haben eine Erkenntnis- und Entwicklungsfunktion sowie eine Kontrollund Legitimationsfunktion. Mit Evaluationen kann wissenschaftlich erkannt werden, z.B. ob die (digitalen und audiovisuellen) Bildungsangebote den angestrebten Zielen und gestellten Anforderungen entsprechen, die Zielgruppe erreicht und ihre Lernprozesse effizient unterstützt“ werden können. (vgl. Arnold, Kilian, Thillosen, Zimmer, 2011, 305) Zur Evaluation von digitalen und audiovisuellen Bildungsmedien wurde die Methode, Evaluation mit Hilfe eines Kriteriensystems und von Qualitätskriterien, gewählt. Vorteil dieser Methode ist es, das sie leicht handhabbar, einfach zu organisieren sowie Zeit und Kosten sparend ist. Die Evaluation mit einem Kriteriensystem kann nicht die tatsächliche Lernsituation und Lernbedingen vorwegnehmen. Mit dieser Methode der Evaluation können die potenziellen Möglichkeiten für den Einsatz eines Mediums gut bestimmt werden. Auf die Wirksamkeit des Mediums kann aber nicht direkt geschlossen werden, da der Erfolg des Lernprozesses neben dem Medium noch von vielen weiteren Faktoren wie Lernumgebung und Lernsituation abhängig ist. Mit der Evaluierung von Bildungsmedien wird das Ziel verfolgt, die Qualität von Bildungsmedien zu bestimmen und Empfehlungen für den Einsatz abzuleiten. Die Qualität von Lehr- und Lernprozessen in der Aus- und Weiterbildung hängt wesentlich auch von der Qualität der verwendeten digitalen und audiovisuellen Bildungsmedien ab. Es ist deshalb zweckmäßig Qualitätsstandards auf Produktebene in Form von Qualitätskriterien festzulegen. document1 Arnold, Kilian, Thillosen, Zimmer formulieren folgende Kriterien für eine lernerorientierte Qualitätsentwicklung und für die Qualität von Lernprozessen im ELearning: (1) Lernziel (2) Lerninhalt (3) Lernmethode (4) Handlungssteuerung (5) Lernumgebung (6) Kommunikation (7) Kooperation (8) Partizipation (9) Lernergebnis (10) Design (11) Begleitinformation (12) Lernverlaufsprotokoll (vgl. Arnold, Kilian, Thillosen, Zimmer, 2011, 297ff) Diese Kriterien sind auch wesentliche Elemente des in den Projekten EvaluMedia, LeonardoMedia und BB-Media konzipierten Bewertungssystems für digitale und audiovisuelle Medien. 2. Didaktisches Bewertungssystem mit integrierter MultimediaDatenbank Das Bewertungssystem wurde zur Evaluierung von digitalen und audiovisuellen Bildungsmedien mit didaktisch determinierten Qualitätskriterien und integrierter Mediendatenbank konzipiert. Dabei wurde das Ziel verfolgt, pädagogische, didaktische und potenzförderliche Aspekte (kurz. Bildung/ im weiten Sinne), die in den Medien angelegt sind, zu analysieren und zu verdeutlichen. Wesentliche Aspekte bei der Konzipierung des Bewertungssystems waren Übersichtlichkeit, einfache Handhabung, Verwendung für unterschiedliche Medienarten und praxisorientierte Nutzung in der Bildungspraxis. Das Bewertungssystem kann für die Evaluierung der digitalen (IKT-basierten) Bildungsmedien - didaktische Multimediaprodukte (DMP), - allgemeine Multimediaprodukte (AMP), - Lehr- und Lernmanagementsysteme (LMS) und - Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen (CKP) verwendet werden. Außerdem ist es anwendbar für die - Europolitische Bildungsmedien (EBM). In den jährlich durchgeführten europäischen Medienwettbewerben, ErasmusEuromedia-Wettbewerb in Wien und Comenius.Edumedia-Wettbewerb in Berlin, wird das Bewertungssystem angewendet, geprüft und weiterentwickelt. document1 3. Digitale und audiovisuelle Bildungsmedien Die im Mittelpunkt des Bewertungssystems stehenden digitalen und audiovisuellen Bildungsmedien können im nachfolgenden Sinne unterschieden und chrakterisiert IKT-basierte Bildungsmedien sind Träger von Informationen über Gegenstände und Prozesse und Mittel der Kommunikation zwischen allen Beteiligten, die auf diversen elektronischen und digitalen Datenträgern (Internet, DVD, CD-ROM, USB, hybride Produkte etc.) zur Verfügung stehen. Sie werden in didaktisch intendierten pädagogischen Funktionszusammenhängen genutzt und sollen es den Lernenden ermöglichen, ihre Handlungskompetenzen (als fachliche, soziale und personelle Kompetenz) zu entwickeln. Sie werden auch als elektronische oder digitale Bildungsmedien bezeichnet. Im Comenius-EduMedia-Wettbewerb der GPI wird zwischen Didaktischen Multimediaprodukten (DMP), Allgemeinen Multimedia-Produkten (AMP), Lehr- und Lernmanagementsystemen (LMS) und kompetenzförderlichen Computerspielen unterschieden. Didaktische Multimediaprodukte (DMP) sind Träger von Informationen über Gegenstände und Prozesse und Mittel der Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Sie sind pädagogisch bzw. didaktisch strukturiert, für den Einsatz in einem Lehr- und Lernprozess konzipiert und stehen auf diversen elektronischen und digitalen Datenträgern (Internet, DVD, CD-ROM, USB, hybride Produkte etc.) zur Verfügung. Sie werden in didaktisch intendierten pädagogischen Funktionszusammenhängen genutzt und sollen es den Lernenden ermöglichen, ihre Handlungskompetenzen (als fachliche, soziale und personelle Kompetenz) zu entwickeln. Der Begriff kennzeichnet eine Vielzahl von Produkten aus dem Computer-, Telekommunikations-, Internet- sowie Hörfunk- und Fernsehbereich. Didaktische Multimediaprodukte werden auch als direktionale DMP bzw. didaktisch intendierte DMP, wie CD-ROM, DVD, Internetangebote, hybride Multimediaprodukte, charakterisiert. Allgemeine Multimedia-Produkte (AMP) sind Träger von Informationen und Inhalten auf diversen digitalen Datenträgern (Internet, DVD, USB etc.), die zur Bildung (also Lehren und Lernen) genutzt werden können. Bildung ist jedoch nicht ihr primäres Ziel. Ihr Ziel ist zu informieren, es sind Produkte die zu einem (oder mehreren) Themenfelder Informationen bieten und dabei nicht einem formalen Bildungsprogramm folgen. Allgemeine Multimediaprodukte werde auch als nondirektionale Medien bzw. didaktisch nicht intendierte Medien, wie Internetprojekte, Multimedialexika, Lernobjekte, Hörbücher, E-books, Fernseh- und Rundfunkprojekte, charakterisiert. Lehr- und Lernmanagementsysteme (LMS) sind IKT-basierte Systeme, die Bildung unterstützen bzw. Bildung ermöglichen können, wie Plattformen, Netzwerke sowie Autorensysteme, interaktive Systeme. Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen (CKP) sind Computerspiele (max. USK 16), die kognitive Kompetenz, Medienkompetenz, soziale Kompetenz, persönlichkeitsbezogenen Kompetenz und Sensomotorik fördern können. Europolitische Bildungsmedien sind audiovisuellen Bildungsmedien zum Thema Europa. Es sind Medienprodukte oder Medienproduktionen, die das Thema Europa (Europäische Integration, Europa der Kulturen, Entwicklungsgeschichte und Zukunft Europas) zum Inhalt haben, die im Hinblick auf die euro-kulturelle Thematik Bildungsziele verfolgen wie europäische Werte-Bildung, europäische Identitäts- und Bewusstseinsbildung, transkulturelle Verständigung in Europa, soziale Integration, Solidarität und friedliche Nachbarschaft und die zum Thema Europa in Bildungskontexten eingesetzt werden können. (vgl. Bauer 2006) Europolitische Bildungsmedien werden in dem jährlich durchgeführten europäischen Erasmus-Euromedia-Wettbewerb in Wien ausgezeichnet. document1 4. Evaluierungsbereiche Zur Sicherung von Handhabbarkeit und Praxistauglichkeit wurde das Bewertungssystem für alle Medienarten mit einer übersichtlichen und einheitlichen Struktur konzipiert. Es wurden für alle Medienarten 4 Evaluierungsbereiche entwickelt. Um die Dominanz von pädagogischen und didaktischen Aspekten bei der Konzipierung des Bewertungssystems zu sichern, wurden mindestens eine oder zwei Evaluierungsgruppen zum Bildungsbereich gewählt. Zu jedem Evaluierungsbereich wurden jeweils 6 Qualitätskriterien mit mehreren Bewertungsaspekten entwickelt. Mit Hilfe der Bewertungsaspekte kann in einfacher Weise die Evaluierung des Mediums vorgenommen werden. Qualitätskriterien und Bewertungsaspekte decken weitgehend die Gesamtheit der Eigenschaften ausgezeichneter Bildungsmedien ab. Bei einem konkreten Medium müssen deshalb nicht immer alle Aspekte zutreffen. Einzelheiten des Bewertungsverfahrens werden nachfolgend erläutert (vgl. Prüf- und Bewertungsverfahren für digitale und audiovisuelle Bildungsmedien.) Die folgende Übersicht verdeutlicht das skizzierte Modell der Medienbewertung. Modell zur Medienbewertung Evaluierungsbereich (EV)– Qualitätskriterien (QK)- Bewertungsaspekte (BA) QK Qualitätskriterien QK 1 EV 1 Evaluierungsbereich 1 QK 1 BA1 EV 2 Evaluierungsbereich 2 BA1 QK 1 EV 3 Evaluierungsbereich 3 BA1 QK 1 EV 4 Evaluierungsbereich 4 BA1 QK 1 QK 2 QK 2 QK 2 QK 2 QK 2 QK 3 QK 3 QK 4 QK 4 QK 5 QK 5 QK 6 QK 6 document1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX QK 3 QK 4 QK 5 QK 6 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX QK 3 QK 4 QK 5 QK 6 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX QK 3 QK 4 QK 5 QK 6 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX BA1 BA2 … BAX Die konzipierten Evaluierungsbereiche für die Medienarten DMP, AMP, LMS, CKP, BME sind in de folgenden Übersicht zusammengefasst. Evaluierungsbereiche für DMP, AMP, LMS, CKP, BME Digitale und Evaluieruns- Evaluieruns- Evaluieruns- Evaluieruns- audiovisuelle bereich 1 bereich 2 bereich 3 bereich 4 Medien Anforderungen Medienartspezifisch Anforderungen an an Bildung bzw. e Anforderungen Design und Gestaltung an Technik und Kompetenzen DMP Didaktische Pädagogisch- Multimediaprodukte inhaltliche Anforderungen AMP Allgemeine Anforderungen Anwendung Didaktisch- Medial-gestalterische Ergonomisch- methodische Anforderungen technische Anforderungen Anforderungen Pädagogik - Didaktik Informationsrelevanz Gestaltung - Nutzung Technische Umsetzung Lehrer-Perspektive Lerner-Perspektive Kommunikation, Technische Kreativität, Perspektive, Innovation Administration Medienbezogene und Sensomotorische und Multimediaprodukte LMS Lehr- und Lernmanagementsysteme CKP Computerspiele Kognitive Kompetenzen Soziale und persönlichkeitsbezoge gestalterische technische ne Kompetenzen Anforderungen Anforderungen Mediale Aufbereitung Nachhaltigkeit BME Bildungs- Thematische Lernarrangments medien für Europa Kontexte und Bildungsdispositiv Bildungserwartungen Kursrahmen Der Vorteil des skizzierten Bewertungssystems ist auch darin zu sehen, dass alle Bewertungen Online vorgenommen werden können und in einer Online-Datenbank dokumentiert und für die Bildungspraxis zugänglich gemacht werden. (vgl. www….) Das Bewertungssystem kann von Experten und Praktiker gleichermaßen genutzt werden. Da Experten und Praktiker ein Medium mehrfach Bewerten können, ist damit auch eine weitere Objektivierung der Evaluierungsergebnisse möglich. document1 5. Prüf- und Bewertungsverfahren für digitale und audiovisuelle Bildungsmedien Die Anwendung des Qualitäts- und Bewertungssystems ermöglicht eine schnelle, ökonomische und konzeptionsorientierte Prüfung der Qualität von Multimediaprodukten und Bildungsmedien. Mit Hilfe eines Kriterienkatalogs und einer arithmetischen Kriterienbewertung kann eine schnelle und ökonomische Bewertung vorgenommen werden. Vorteile dieses Vorgehens sind vor allem geringer Aufwand und vergleichbare Ergebnisse. Der Nachteil dieses Verfahrens liegt darin, dass gegebenenfalls bestimmte Schwerpunkte der dem Multimediaprodukt und Bildungsmedium zugrunde liegenden pädagogischen und medialen Konzeption bei der Abarbeitung der Kriterien nicht genügend berücksichtigt werden können. Es empfiehlt sich deshalb neben der arithmetischen Kriterienbewertung mit dem Kriterienkatalog zusätzlich eine verbale Konzeptionsbewertung durchzuführen, die sich am Kriterienkatalog orientiert und sowohl lerntheoretische und mediale Schwerpunkte als auch die Gesamtkonzeption des Multimediaprodukts bzw. des Bildungsmediums umfassend berücksichtigt. Unter Anwendung der Qualitätskriterien und Prüfaspekte kann deshalb zur Beurteilung von didaktischen Multimediaprodukten und Bildungsmedien zweckmäßigerweise eine arithmetische Kriterienbewertung und eine verbale Konzeptionsbewertung vorgenommen werden. document1 Arithmetische Kriterienbewertung von didaktischen Multimediaprodukten und Bildungsmedien (Kurzbewertung) Um relativ schnell zu einem angenäherten Qualitätsurteil zu kommen, ist es zweckmäßig, eine arithmetische Kriterienbewertung durchzuführen. Diese Bewertung kann mit Hilfe des Kriterienkatalogs in Form eines Bewertungsbogens, der alle Qualitätskriterien und Prüfaspekte enthält, durchgeführt werden. Im Bewertungsbogen kann die Kriterienbewertung in einfacher Weise arithmetisch nach einer 5er Skalierung vorgenommen werden. Hierzu werden für die einzelnen Prüfaspekte Punkte in der Skala von 1 bis 5 vergeben. Im Mittelpunkt dieser Bewertung steht die Frage, in welcher Qualität der jeweilige Prüfaspekt konzipiert ist bzw. realisiert werden kann. 5 Punkte (sehr gut, beispielhaft, hervorragend) 4 Punkte (gut, gelungen, empfehlenswert) 3 Punkte (befriedigend, zweckmäßig, geeignet) 2 Punkte (ausreichend, genügend, verwendbar) 1 Punkt (mangelhaft, nicht zu empfehlen). In der folgenden Übersicht ist die Kurzbewertung für einen Prüfaspekt zusammengefasst: Bewertung Prüfung (arithmetisch/5-er Skalierung) nach Qualitätskriterien und Prüfaspekten (zutreffendes bitte auswählen): 5 Punkte Der Prüfaspekt ist in hervorragender Art und Weise (sehr gut, beispielhaft, konzipiert und realisierbar. hervorragend) 4 Punkte Der Prüfaspekt ist in gelungener Art und Weise konzipiert (gut, gelungen, und realisierbar. empfehlenswert) 3 Punkte Der Prüfaspekt ist in befriedigender Art und Weise (befriedigend, konzipiert und realisierbar. zweckmäßig, geeignet) 2 Punkte Der Prüfaspekt ist in ausreichender Art und Weise (ausreichend, genügend, konzipiert und realisierbar. verwendbar) 1 Punkt Der Prüfaspekt ist mangelhaft konzipiert und kaum (mangelhaft, nicht zu realisierbar. empfehlen) 0 Punkte Prüfaspekt ist für das Produkt nicht zutreffend (nicht zutreffend) Nach der Bewertung aller Prüfaspekte zu den Qualitätskriterien einer der vier Bewertungsgruppen (pädagogisch-inhaltliche, didaktisch-methodische, medialgestalterische und ergonomisch-technische Bewertung) ergibt sich jeweils ein arithmetisches Mittel der für die Qualitätskriterien vergebenen Punkte. document1 Die arithmetischen Mittel, die sich nach der Kurzbewertung einer Bewertungsgruppe ergeben, sollten folgendermaßen interpretiert werden: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl einer Kriteriengruppe 4,5 – 5 Punkte Die Qualitätskriterien der Kriteriengruppe sind in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. 3,5 – 4,4 Punkte Die Qualitätskriterien der Kriteriengruppe sind in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. 2,5 – 3,4 Punkte Die Qualitätskriterien der Kriteriengruppe sind in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. 1,5 – 2,4 Punkte Die Qualitätskriterien der Kriteriengruppe sind in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. 1,4 Punkte und Die Qualitätskriterien der Kriteriengruppe weniger sind mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. sehr gut (1) gut (2) befriedigend (3) ausreichend (4) mangelhaft (5). Die Gesamtbewertung ist die Summe der jeweiligen arithmetischen Mittel der vier Kriteriengruppen (pädagogisch-inhaltliche Bewertung, didaktisch-methodische Bewertung, medial-gestalterische Bewertung, ergonomisch-technische Bewertung). Mit dieser Bewertung wird gesichert, dass die vier Kriteriengruppen zwar gleichrangig behandelt in die Gesamtbewertung einfließen, aber gleichzeitig pädagogische und didaktische Aspekte (2 Bewertungsfelder) dominieren und 50% der Bewertung ausmachen. Darin spiegelt sich die grundlegende Absicht für das Bewertungs- und Prüfverfahren wieder, dass 50 % aller Bewertungsaspekte pädagogisch und didaktisch determiniert sein sollen. Auf diese Art und Weise können maximal 20 Punkte erreicht werden. Die erreichte Punktzahl kann folgendermaßen interpretiert werden: Interpretation der Gesamtpunktzahl 18,0 - 20 Punkte beispielhaftes didaktisches Multimediaprodukt / Bildungsmedium 14,0 - 17,9 Punkte empfehlenswertes didaktisches Multimediaprodukt / Bildungsmedium 10,0 -13,9 Punkte geeignetes didaktisches Multimediaprodukt / Bildungsmedium 6,0 – 9,9 Punkte verwendbares Multimediaprodukt / Bildungsmedium 5,9 Punkte und nicht zu empfehlendes weniger Multimediaprodukt / Bildungsmedium document1 sehr gut (1) gut (2) befriedigend (3) ausreichend (4) mangelhaft (5). Verbale Konzeptionsbewertung von didaktischen Multimediaprodukten und Bildungsmedien Empfehlenswert ist es, die Bewertung von didaktischen Multimediaprodukten und Bildungsmedien unter Anwendung der Qualitätskriterien und Prüfaspekte in Form einer verbalen Gesamtbewertung durchzuführen. In verbalen Einschätzungen zu den vier Qualitätsfeldern bzw. Kriteriengruppen kann auf pädagogische und mediale Schwerpunkte differenziert eingegangen, die Ausprägung der verschiedenen Qualitätskriterien und Prüfaspekte zusammengefasst und ein Gesamturteil zur Qualität des Multimediaprodukts bzw. des Bildungsmediums abgeleitetet werden. Mit der Anwendung von Qualitätskriterien und Prüfaspekten zur Evaluation von Multimediaprodukten und Bildungsmedien kann die Selektion guter Produkte erleichtert werden. Das bedeutet aber immer nur eine Annäherung an den vorweggenommenen Bildungsprozess. Letztlich entscheidet sich die Qualität des didaktischen Multimediaprodukts und des Lernprogramms beim Einsatz für eine bestimmte Zielgruppe in der konkreten Lernumgebung bzw. pädagogischen Situation. Literatur Arnold P., Kilian L., Thillosen A., Zimmer G. (2011): Handbuch E-Learning. W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld 2011. Bauer, Thomas (2006): EURO MEDIA AWARD within the ESEC Comenius Award Call 2006, http://www.gpi-online.de/front_content.php?idcat=1399, (16.03.2012) Jelitto, Marc (2012): Evaluation im Bereich digitaler Medien, Definitionen für Begriffe rund um Evaluation, http://www.evaluieren.de/evaluat.ion/definiti.htm#typen (16.03.2012) document1 Bernd Mikuszeit 2.2. Evaluierungskriterien für DMP Didaktische Multimediaprodukte (DMP) Didaktische Multimediaprodukte (DMP) sind Träger von Informationen über Gegenstände und Prozesse und Mittel der Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Sie sind pädagogisch bzw. didaktisch strukturiert, für den Einsatz in einem Lehr- und Lernprozess konzipiert und stehen auf diversen elektronischen und digitalen Datenträgern (Internet, DVD, CD-ROM, USB, hybride Produkte etc.) zur Verfügung. Sie werden in didaktisch intendierten pädagogischen Funktionszusammenhängen genutzt und sollen es den Lernenden ermöglichen, ihre Handlungskompetenzen (als fachliche, soziale und personelle Kompetenz) zu entwickeln. Der Begriff kennzeichnet eine Vielzahl von Produkten aus dem Computer-, Telekommunikations-, Internet- sowie Hörfunk- und Fernsehbereich. Didaktische Multimediaprodukte werden auch als direktionale DMP bzw. didaktisch intendierte DMP, wie CD-ROM, DVD, Internetangebote, hybride Multimediaprodukte, charakterisiert. Zur Bewertung von DMP werden folgend vier Evaluierungsbereiche empfohlen: Teil I: Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen Teil II: Didaktisch-methodische Anforderungen Teil III: Medial-gestalterische Anforderungen Teil IV: Ergonomisch-technische Anforderungen. document1 1 Teil I: Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen Die pädagogisch-inhaltliche Evaluierung befasst sich mit den grundlegenden Kategorien von Bildung, mit den Zielen, Inhalten und Kompetenzen und analysiert die Bildungsabsichten und Bildungsmöglichkeiten von didaktischen Multimediaprodukten. Das Setzen und Realisieren von Zielen und Teilzielen sind Grundvoraussetzungen und Orientierungen für erfolgreiches Lernen. Welche Kenntnisse, Werte und Kompetenzen auf den verschiedenen Lernwegen im Zusammenhang mit der Zielgruppe erworben werden sollen sind deshalb grundlegende Fragen für eine pädagogische Evaluierung von Bildungsmedien. Eng damit verbunden ist die Frage, welche Inhalte bzw. Stoffe, wie Fakten, Regeln, Begriffe, Gesetze, Methoden Relationen geübt, gelernt und angeeignet werden sollen. Die pädagogische Evaluierung zur Beurteilung der Bildungsabsichten und möglichkeiten von didaktischen Multimediaprodukten ist deshalb ein übergreifender Ansatz, der die Evaluierungsgruppe konstituiert. Die pädagogisch-inhaltliche Evaluierung steht an erster Stelle in der Gesamtevaluierung und befasst sich mit den Qualitätskriterien 1. Lernziel, 2. Lerninhalt, 3. Zielgruppe, 4. Innovation, 5. Handlungskompetenzen, 6. Werte. document1 2 Teil II: Didaktisch-methodische Anforderungen Die didaktisch-methodische Evaluierung befasst sich mit wesentlichen Aspekten des Lehrens und Lernens und analysiert, welche Lernarrangements und Lernmöglichkeiten mit dem Multimediaprodukt verfolgt werden. Die Didaktik als Wissenschaftsdisziplin der Pädagogik beschäftigt sich mit den Regeln des Lernens und den Zusammenhängen zwischen Lernen und Lehren. Unter didaktisch-methodischer Fragestellung wird nach der Methode sowie der Art und Weise der Vermittlung und der Aneignung von Kenntnissen und Kompetenzen gefragt. Die didaktische Evaluierung von Multimediaprodukten bildet deshalb eine zweite wesentliche Kriteriengruppe und strukturiert die Antworten auf die Fragestellung, welche Lernarrangements und Lernmöglichkeiten mit dem Multimediaprodukt verfolgt werden. Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind: 1. Didaktische Grundsätze 2. Didaktische Regeln und Verfahren 3. Vermittlungs- und Lernformen 4. Didaktische Schritte 5. Lernsteuerung 6. Interaktionsstrukturen. document1 3 Teil III: Medial-gestalterische Anforderungen Die medialen Anforderungen zur Beurteilung von Design und Gestaltung von didaktischen Multimediaprodukten befassen sich mit der Fragestellung, inwieweit die Umformung einer Idee zu einem ästhetisch und funktionell anspruchsvollen Ergebnis gelungen ist. Es handelt sich hierbei um die Beurteilung der formgerechten und funktionalen Gestaltgebung. Die medialen Anforderungen zur Beurteilung von Design und Gestaltung stehen in engem Zusammenhang mit medienpädagogischen und mediendidaktischen Fragestellungen und stellt eine eigenständige dritte Kriteriengruppe dar. Design und Gestaltung von didaktischen Bildungsmedien können wesentlichen Einfluss auf wichtige Fähigkeiten des Lerners nehmen, wie Wahrnehmungsfähigkeit, Vorstellungsvermögen, konstruktiv-produktives Denken, sensibles Erfassen ästhetischer Werte, Umstrukturierungsfähigkeit. Die Verwendung der verschiedenen medialen Elemente zur multimedialen Aufbereitung von Lerninhalten muss als Ganzes betrachtet werden und die einzelnen Elemente in Bezug auf ihre Funktion und ihre Zusammenwirken mit den anderen Formen überprüft werden (vgl. Zimmer, G.: E-Learning, BW Bildung und Wissen 2004, S. 103.). Der medialen Evaluierung werden folgende Qualitätskriterien zugrunde gelegt: 1. Inhaltsadäquate Gestaltung 2. Adressatengerechte Gestaltung 3. Sprachliche Gestaltung 4. Bildschirmgestaltung 5. Visuelle Gestaltung 6. Auditive Gestaltung document1 4 Teil IV: Ergonomisch-technische Anforderungen Die Bedienungsanforderungen befassen sich mit grundlegenden ergonomischen Gesichtspunkten bei der Nutzung von didaktischen Multimediaprodukten. Das sind Fragen, die sich mit der menschgerechten Gestaltung von Benutzeroberflächen bzw. von Mensch-Computer-Schnittstellen befassen. Bedienung und Nutzungskomfort sind für die Wirksamkeit von didaktischen Multimediaprodukten von wesentlicher Bedeutung. Diese Kriterien sind deshalb in einer vierten Kriteriengruppe zusammengefasst. Bei der Bedienungsevaluierung sind vor allem ergonomische Gesichtspunkte von Bedeutung wie Bedienungseigenschaften, Handhabungsgesichtspunkte und Gebrauchseigenschaften. Es stehen die Arbeitsbedingungen für Lehrende und Lernende am und mit dem Computer bzw. mit dem Multimediaprodukt im Mittelpunkt der Evaluierung. Zur Bedienungsevaluierung gehören folgende Qualitätskriterien: 1. Selbsterklärung und Zuverlässigkeit 2. Übersichtlichkeit und Flexibilität 3. Navigation und Steuerung 4. Anpassungsfähigkeit 5. Technische Funktionalität 6. Produktinformationen. document1 5 Teil I: Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen Anforderungen an Bildungsabsichten und Bildungsmöglichkeiten von didaktischen Multimediaprodukten – Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Lernziel Im didaktischen Multimediaprodukt sind die Lernziele für den Nutzer erkennbar und werden in realisierbaren, lernlogisch aufbauenden und didaktisch-zweckmäßigen Teilzielen und Arbeitsschritten umgesetzt. Bewertung Die Lernziele müssen auf den Erwerb qualifizierter Handlungskompetenzen ausgerichtet sein und den jeweiligen Bildungsgängen entsprechen. Alle Ziel- und Inhaltskomponenten (kognitive, affektive, psychomotorische, sozial-kommunikative) sind mit der Gesamtkonzeption abgestimmt. 2. Lerninhalt Die Lerninhalte ermöglichen das Erreichen der vorgesehenen Lernziele des Multimediaprodukts. Der Lerngegenstand wird sachlich und wissenschaftlich korrekt dargestellt (Struktur, Auswahl, Menge und Dichte sowie Verknüpfung von Informationen, wesentliche Aussagen mit Bezug zum Allgemeinheitsgrad und zur Abstraktionsebene). Auswahl und Vermittlung des Lerninhalts sind aus pädagogischer Sicht zweckmäßig. Die Lerninhalte sind mit entsprechenden Bildungsprogrammen abgestimmt. Begriffe und Termini werden einheitlich, zweckmäßig und logisch richtig verwendet. 3. Zielgruppe Lerninhalte und Lernziele sind zielgruppengerecht. Lerninhalte und Lernziele können von den Lernenden gewählt und entsprechen ihren Voraussetzungen und Interessen. Notwendige Vorkenntnisse und Fähigkeiten der Zielgruppe werden berücksichtigt (Wissen und Können, Emotionen und Haltungen, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsvermögen, sozial-kulturelles Umfeld). Möglichkeiten für individuelles und kooperatives Lernen sind adressatengerecht angelegt. 4. Innovation document1 Die Thematik oder die Art ihrer Realisierung sind neuartig und progressiv. 6 Lerninhalte und Lernziele entsprechen dem aktuellen Stand der Forschung, der Entwicklung und Fachdiskussion. Es gibt pädagogische Vorteile des Multimediaprodukts gegenüber anderen Umsetzungsformen. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt vor allem bei einem spezifischen Fach- bzw. Themenbereich oder ist interdisziplinär angelegt. Das Produkt kann als inhaltlich gelungenes Multimediaprodukt bzw. multimediales und interaktives Bildungsmedium, Lehrmittel, Lernmittel, Arbeitsmittel oder Edutainment- bzw. InfotainmentProgramm charakterisiert werden. 5. Handlungskompeten Die Arbeit mit dem Multimediaprodukt fördert z selbständiges, kritisches, multiperspektivisches und flexibles Denken und Handeln in sozialen, ethischen und kulturellen Kontexten. Das Multimediaprodukt ermöglicht selbständige Entscheidungen zur Bewältigung der Aufgabenstellung. In dem Multimediaprodukt sind Möglichkeiten zum kreativen Gestalten und zur Interaktivität angelegt. 6. Werte Die Arbeit mit dem Multimediaprodukt fördert humane Gedanken und Werte. Die angezielten Werte und Normen fördern solidarisches Verhalten. Die angezielten Werte und Normen sind frei von gewaltverherrlichenden, radikalen oder obszönen Darstellungen, ideologischer Beeinflussung, negativen Vorurteilen und gezielter Manipulation. Der Inhalt ist frei von engem geschlechtsspezifischen Rollendenken und Vorurteilen gegenüber gesellschaftlichen Gruppen. Das Multimediaprodukt fördert ethische Bildung. Gesamtpunkte Summe der Punktwerte der pädagogischen Evaluierung Gesamt Pädagogisch-inhaltliche Evaluierung / Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: document1 7 Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). document1 8 Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die pädagogisch-inhaltliche Evaluierung Die pädagogisch-inhaltliche Evaluierung von Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für: „Lernziel“, „Lerninhalt“, „Zielgruppe“, „Innovation“, „Handlungskompetenz“, „Werte“. Teil II: Didaktisch-methodische Anforderungen Anforderungen an Lernarrangements und Lernmöglichkeiten Multimediaprodukten – Qualitätskriterien und Prüfaspekte von didaktischen Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Didaktische Grundsätze Dem didaktischen Multimediaprodukt liegt ein erkennbarer lerntheoretischer Ansatz zugrunde, beispielsweise ein eher objektivistischer, konstruktivistischer, traditionalistischer, wissenschaftsorientierter oder handlungsorientierter Ansatz. Bewertung Der lerntheoretische Ansatz ist zweckmäßig umgesetzt. Nach didaktischen Gesichtspunkten sind die Bildungsinhalte sinnvoll ausgewählt und begründet. Entsprechend dem Bildungsanliegen wurde ggf. eine zweckmäßige didaktische Reduktion vorgenommen. 2. Didaktische Regeln und Verfahren document1 Grundlegende didaktische Regeln und Prinzipien sind erkennbar und wurden eingehalten, wie Fasslichkeit 9 3. Vermittlungsund Lernformen Wissenschaftlichkeit Folgerichtigkeit Anschaulichkeit Vom Allgemeinen zum Besonderen Vom Einfachen zum Komplizierten Vom Leichten zum Schweren Vom Nahen zum Entfernten Vom Bekannten zum Unbekannten Verbindung des Konkreten mit dem Abstrakten. Logische Lernverfahren, wie Analysieren, Synthetisieren, Vergleichen, Differenzieren, Generalisieren, Abstrahieren, Verallgemeinern, Ordnen, Konkretisieren, sind im Multimediaprodukt angelegt und werden gefördert. Methodische Grundformen der Vermittlung (Darbietende, Aufgebende, Erarbeitende Formen) werden angewandt. Mögliche und sinnvolle Kooperationsformen der Vermittlung, wie. frontale Vermittlung, Partnerlernen, Gruppenlernen bzw. Einzellernen, wurden berücksichtigt. Das Multimediaprodukt ermöglicht bezogen auf Lernformen individuelles und kooperatives Lernen. Individuelles Lernen kann mit kooperativem Lernen verbunden werden. Individuelles Lernen wird sinnvoll mit unterhaltsamen Formen bzw. Spielen verbunden. Das Multimediaprodukt ist vorrangig für einen bzw. mehrere Einsatzbereiche geeignet: Einzelnutzer oder für die Nutzung in Gruppen einschließlich Online-Gruppen Nachmittagsbeschäftigung / Projektunterricht / Fachunterricht / Freiarbeit / Vertretungsstunden / Einzelarbeit. Ausbildung, Weiterbildung, lebenslanges Lernen sowie Arbeitslose, Behinderte, Migranten, Senioren, Frauen. Die Einsatzbereiche sind erkennbar und realisierbar. 4. Didaktische Schritte document1 Wesentliche didaktische Schritte, die einen optimalen Lernprozess ermöglichen, werden folgerichtig angewandt: Einführung (Zielstellung und -orientierung, Motivierung, Reaktivierung) Arbeit am neuen Stoff / Erstvermittlung / Einführung Festigung (Einprägen, Wiederholen, Üben) Systematisierung, Anwendung, Kontrolle, Evaluierung. 10 Mit den didaktischen Schritten können die Bildungsabsichten sinnvoll und zweckmäßig erreicht werden. Die vorgesehenen didaktischen Schritte ermöglichen unterschiedliches Arbeiten der Nutzer in Schwierigkeitsgrad und Tempo. 5. Lernsteuerung Die Abarbeitung von Lernschritten erfolgt emotional wirksam und motivierend. Die Steuerung der Lernhandlung erfolgt übersichtlich und selbsterklärend. Aufgabenstellungen, Antwortformen und weitere Lernaktivitäten sind dem Anliegen entsprechend sachlich richtig und sinnvoll gestaltet sowie in Kombination von Text und Bild verständlich und klar. Die Aufgabenbearbeitung ist variabel und reduziert sich nicht nur auf mechanisches Abarbeiten. Der Lernweg kann selbst bestimmt werden. Die Antwortgestaltung ist variabel und kann wahlweise durch akustische oder grafische Hinweise bzw. Korrekturen unterstützt werden. Die Übungen und Wiederholungen sind abwechslungsreich und erfolgen variabel. Verzweigungen erfolgen aus didaktischen Überlegungen und entsprechen den Anforderungen der Zielgruppe. Spiele und andere Unterhaltungselemente stehen in erkennbarem Zusammenhang mit der Bildungskonzeption. Das Multimediaprodukt ermöglicht abwechslungsreiches Lernen und beschränkt sich nicht nur auf Unterhaltung. 6. Interaktionsstrukturen Das Multimediaprodukt ermöglicht interaktives Arbeiten, Veränderung von Aufgabenstellungen und flexibles Reagieren entsprechend den unterschiedlichen Lernbedürfnissen und Lernvoraussetzungen. Rückmeldungen werden in variablen Formen, motivierend und effektiv angeboten. Das Multimediaprodukt reagiert auf den Lernverlauf, indem der individuelle Leistungsstand analysiert wird und entsprechende Verzweigungen empfohlen werden. Verzweigungen werden nach Antwort- und Lernverlaufsanalyse automatisch eingeschlagen und können frei gewählt werden. Verzweigungen sind in angemessener und überschaubarer Anzahl vorhanden. Durch Verzweigungen werden unterschiedlich schwierige document1 11 und variierte Aufgabenformen angeboten. Interaktivität zwischen Nutzer und Multimediaprodukt wird ermöglicht, indem Aufgaben und Arbeitsaufträge gestellt, Lösungen gefordert und die Entwicklung von Lösungsstrategien gefördert werden. Die Interaktivität wird unterstützt durch Abhängigkeit des Programmfortgangs von den Beiträgen und Aktivitäten des Nutzers, durch Auslösen von Aktivitäten des Nutzers, z.B. Sammeln von Daten, Erweitern von Informationen, durch Bereitstellung von Daten für die weitere Bearbeitung, durch Fehlermeldungen mit Sachbezug, durch sachliche und variable Bestätigung von Arbeitsergebnissen, durch Realisierung von LINKS zu anderen Medien bzw. durch Belohnungssysteme (Bestenliste, Spiele usw.). Leistungsstand und Lernverlauf des Nutzers werden übungsbegleitend ermittelt und sachgerecht, motivierend und ermutigend mitgeteilt. Die Evaluierung der Leistungsergebnisse ist fachlich und didaktisch korrekt und sinnvoll. Die Leistungsauswertungen im Multimediaprodukt sind fachlich und pädagogisch sinnvoll. Die Feststellung von Leistungsergebnissen ist statistisch korrekt. Für Leistungsauswertungen werden zweckmäßige Möglichkeiten (wie Text, Ton, Grafik, Animation) angeboten. Falsche Lösungen werden in unterschiedlicher und variabler Weise kenntlich gemacht. Rückmeldungen falscher Lösungen erfolgen in motivierender Weise und bewerten die Antwort und nicht die Person. Gesamtpunkte Summe der Punktwerte der didaktischen Evaluierung Gesamt Didaktisch-methodische Evaluierung / Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle document1 12 Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die didaktisch-methodische Evaluierung Die didaktisch-methodische Evaluierung von Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für: „Didaktische Auswahl des Inhalts“, „Didaktische Regeln und logische Lernverfahren“, „Vermittlungs- und Lernformen, Einsatzbereiche“, „Didaktische Schritte“, „Lernsteuerung und Leistungsauswertung“, „Interaktionsstrukturen“. document1 13 Teil III: Medial-gestalterische Anforderungen Anforderungen an Design und Gestaltung von didaktischen Multimediaprodukten – Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Inhaltsadäquate Gestaltung Die Gestaltung (Farben, Typographie, nicht-textuelle Elemente etc.) des didaktischen Multimediaprodukts wurde inhaltsadäquat (z.B. Zeichnungen für Kinder, „kalte“ Farben für Winter etc.) vorgenommen. Bewertung Die Medienart (Video, Bilder, Text etc.) wurde entsprechend dem Inhalt zweckmäßig gewählt (Videos für Bewegungsabläufe, Audioaufzeichnungen für Musik und Sprache). Die Lerninhalte sind mit den Möglichkeiten der Multimediaart (mediales und grafisches Design) abgestimmt. Es wurde die dem Inhalt gemäße multisymbolische Darstellungsform gewählt. Die multisymbolischen Darstellungsformen (Texte, Grafiken, Bilder, Videos, Audios etc.) sind korrekt und entsprechen ästhetischen Gesichtspunkten. 2. Adressatengerechte Gestaltung Das Multimediaprodukt wurde adressatengerecht gestaltet. Unterschiedlichen Adressatengruppen werden verschiedene graphische und mediale Gestaltungskonzepte gewidmet. Gestaltung ist den Bedürfnissen des Benutzers angepasst. (Buchstabengröße, Kontraste, Untertitel etc.) Darstellungsformen des Inhalts wie Sprache, Ton, Bild, Animation sind zielgruppengemäß. Benutzer können selbst Inhalte strukturieren (betonen, überspringen etc.) und hinzu fügen (upload) Barrierefreiheit wurde bei der Gestaltung berücksichtigt. 3. Sprachliche Gestaltung Sprache in ihrer lautlichen und schriftlichen Form ist normgerecht und korrekt. Die sprachlichen Ausdrucksformen und der Stil der Sprache sind sachgemäß und motivierend. Die textliche Ausdrucksform (Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung) ist fehlerfrei. document1 14 Texte sind klar strukturiert und betonen wichtige Information 4. Bildschirmgestaltung Die Benutzeroberfläche ist klar, übersichtlich, zutreffend und verständlich. Die Informationsmenge je Bildschirmseite ist der entsprechenden Zielgruppe angemessen. Der Bildschirmaufbau weist eine angemessene Detailliertheit auf. Die technische Qualität der Bildschirmseiten ist durch klare Auflösung, gleichmäßige Leuchtdichte und gute Kontraste charakterisiert. Text- und Bildteile stehen auf den Bildschirmseiten in einem funktionalen und ästhetischen Zusammenhang. Jede Bildschirmseite ist für sich durch einen inhaltlichen Zusammenhang abgeschlossen. Betrachtungszeit und Bearbeitungszeit für eine Bildschirmseite können frei gewählt werden. Die Bildschirmgestaltung spricht den Benutzer rational und emotional an ist als und ist im Detail und in der Gesamtheit eine Einheit. 5. Visuelle Gestaltung Die Textgestaltung ist übersichtlich, gut erkennbar und lesbar. Textdarstellungen und Verknüpfungen stehen mit dem Bildungsinhalt in engem funktionalen Zusammenhang. Textdarstellungen sind übersichtlich aufgebaut und heben wesentliche Informationen hervor. Grafiken, Bilder, Symbole und Farben sind verständlich, sinnvoll, ästhetisch ansprechend, motivierend und qualitätsgerecht produziert.. Sie stehen in einem engen funktionalen Zusammenhang mit den Bildungsabsichten. Sie zeichnen sich durch klare Linien, Formen, Kontraste und Verständlichkeit aus. Durch sinnvollen Einsatz von visuellen Elementen wie Farbgestaltung werden Lerninhalte betont, Lernprozesse die erleichtert und die Zielgruppe motiviert. Die Animationen und Videos sind verständlich, sinnvoll und motivierend. Die verwendeten Animations- und Videosequenzen sind zur Darstellung und zum Verstehen des Lerninhalts erforderlich bzw. unterstützen es nachhaltig. Animationen und Videos document1 15 haben ein zielgruppenadäquates Niveau und motivieren die Adressaten. 6. Auditive Gestaltung Die akustischen Elemente wie Sprache, Musik, Töne, Geräusche u.a. sind sinnvoll, verständlich und motivierend. Die auditive Gestaltung unterstützt die Aneignung des Lerninhaltes und die Interaktion. Auditive Elemente haben eine einwandfreie Qualität, werden angemessen verwendet. Ton- und Lautstärke können verändert werden und wirken für die Zielgruppe motivierend. Gesamtpunkte Summe der Punktwerte der medialen Evaluierung Gesamt Mediale Evaluierung / Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). document1 16 Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die mediale Evaluierung Die mediale Evaluierung von Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für: „Inhaltsadäquate Gestaltung“, „Adressatengerechte Gestaltung“, „Sprachliche Gestaltung“, „Bildschirmgestaltung“, „Visuelle Gestaltung“, „Auditive Gestaltung“. Teil IV: Ergonomisch-technische Anforderungen Anforderungen an Bedienung und Nutzungskomfort Multimediaprodukten - Qualitätskriterien und Prüfaspekte von didaktischen Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Selbsterklärung und Zuverlässigkeit Das Multimediaprodukt erklärt sich durch konkrete optische und akustische Hilfen weitgehend selbst. Bewertung Das didaktische Multimediaprodukt arbeitet zuverlässig, fehlerfrei, schnell und abbruchsicher. Alle angegebenen Funktionen arbeiten problemlos, insbesondere Laden, Speichern, Drucken und Beenden. Das Multimediaprodukt weist eine weitgehende Fehlbedienungsresistenz auf.. Bedienungsfehler werden durch optische oder akustische Hinweise korrigiert. Bedienungsfehler werden weitgehend ignoriert. document1 17 2. Übersichtlichkeit Das Multimediaprodukt ist übersichtlich und überschaubar gestaltet und einfach zu benutzen. und Flexibilität Das Inhaltsmenü ist klar und logisch gegliedert. Die Steuerelemente werden durchgehend und einheitlich verwendet. Der Benutzer kann immer erkennen, in welchem Teil er sich befindet. Benutzerhinweise und Erklärungen für Anfänger und Einsteiger können jederzeit abgebrochen und übersprungen werden. Das Multimediaprodukt ermöglicht vielfältige Auswahlmöglichkeiten und Anwendungsformen. Befehlsumfang, Begriffe und Symbole sind klar, überschaubar und der Zielgruppe angemessen. Der Benutzer kann das Multimediaprodukt nach seinen Wünschen und Interessen im Hinblick auf Inhalt, Schwierigkeit und Hilfen bearbeiten. Wahlbereiche sind in ausreichender Anzahl vorhanden und einfach erschließbar. 3. Navigation und Steuerung Die Steuerungsmöglichkeiten zeichnen sich aus durch Wechsel der Eingabeformen, Erleichterung der Eingabe, Wahlmöglichkeiten der Bedienung (z.B. Tastatur, Maus), Verfügbarkeit aller Steuerungselemente, Ansteuerungsmöglichkeiten von Zusatzinformationen, Kommunikationsmöglichkeiten über Netze. Die Lernsteuerungsmöglichkeiten sind flexibel, wie Einflussnahme auf Ablaufgeschwindigkeit, Auswahl und Folge der Arbeitsschritte, Umgang und Schwierigkeit der Aufgaben, Festlegung der Lernzeit. Die Navigations- und Orientierungsmöglichkeiten sind einfach und übersichtlich handhabbar. Der Nutzer kann problemlos zwischen den verschiedenen Darstellungen mit bekannten bzw. wieder erkennbaren Steuerungssymbolen wechseln. 4. Anpassungsfähigkeit Das Multimediaprodukt ermöglicht die Anpassung an die Leistungsfähigkeit des Benutzers durch Änderungen der Grundeinstellung (z.B. Abstellen des Tones, Wechsel zwischen Text und Tonausgabe) und das Einstellen des Schwierigkeitsgrades (z.B. Aufgaben mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen). Das Einstellen des Zeitverhaltens (z.B. Einstellung der Reaktionszeiten nach Erfordernissen des Nutzers) wird durch das Multimediaprodukt gewährleistet. Das Multimediaprodukt ermöglicht die Anpassung an die Leistungsfähigkeit des Benutzers durch die Art sowie den Umfang der Informationen (z.B. gesonderte und kombinierte Wahl von Text- oder Toninformationen). Eine Anpassung des Hilfesystems (z.B. variables Angebot von document1 18 Hilfen) wird durch das Multimediaprodukt ermöglicht. 5. Technische Funktionalität Installation und Deinstallation bzw. Zugang und Freischaltung für das Multimediaprodukt erfolgen problemlos. Das didaktische Multimediaprodukt ist mit verschiedener Hardund Software kompatibel. Maus- und Tastaturbenutzung sind komfortabel, sinnvoll und selbsterklärend. Das Speichern und Drucken aller wichtigen Ergebnisse ist einfach, komfortabel und erfolgt in einer für die jeweilige Zielgruppe adäquaten Form. Zum Multimediaprodukt gibt es ein gut funktionierendes Unterstützungs- und Beratungsangebot (Hotline, E-Mail, Tutorial etc.). 6. Produktinformationen Produktbeschreibung und Bedienungsanleitung sind logisch, eindeutig und übersichtlich strukturiert. Die erforderlichen Informationen zur Nutzung des Multimediaprodukts sind für die vorgesehenen Nutzer wie Kinder, Jugendliche, Auszubildende, Erwachsene, Eltern, Lehrer anwendergerecht. Notwendige Informationen zur Initialisierung bzw. zur Installation des Multimediaprodukts werden genau und richtig angegeben. Erforderliche Hardwareinformationen und notwendige Systemvoraussetzungen sind sach- und anwendergerecht dargestellt. Gesamtpunkte Summe der Punktwerte der Bedienungsevaluierung Gesamt Bedienungsevaluierung / Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). document1 19 Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Bedienungsevaluierung Die BedienungsEvaluierung von Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für: „Selbsterklärende und zuverlässige Bedienung“, „Übersichtliche und flexible Handhabung“, „Navigation und Steuerung“, „Anpassungsfähigkeit“, „Technische Funktionalität“, „Bedienungsanleitung“. Gesamtevaluierung Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien Pädagogischinhaltliche Evaluierung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) II Didaktischmethodische Evaluierung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) III Medialgestalterische Evaluierung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) IV Ergonomischtechnische Evaluierung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) I document1 20 Gesamt Gesamtpunkte (Summe der arithmetischen Mittel I – IV) Anmerkung: Interpretation der Gesamtpunktzahl 18,0 - 20 Punkte beispielhaftes didaktisches Multimediaprodukt sehr gut (1) 14,0 - 17,9 Punkte empfehlenswertes didaktisches Multimediaprodukt gut (2) 10,0 -13,9 Punkte geeignetes didaktisches Multimediaprodukt befriedigend (3) 6,0 – 9,9 Punkte verwendbares Multimediaprodukt ausreichend (4) 5,9 Punkte und weniger nicht zu empfehlendes Multimediaprodukt mangelhaft (5). Gesamtevaluation (verbal): document1 21 Marko Ivanisin 2.3. Evaluierungskriterien für AMP Allgemeine Multimediaprodukte (AMP) Allgemeine Multimedia-Produkte (AMP) sind Träger von Informationen und Inhalten auf diversen digitalen Datenträgern (Internet, DVD, USB etc.), die zur Bildung (also Lehren und Lernen) genutzt werden können. Bildung ist jedoch nicht ihr primäres Ziel. Ihr Ziel ist zu informieren, es sind Produkte die zu einem (oder mehreren) Themenfelder Informationen bieten und dabei nicht einem formalen Bildungsprogramm folgen. Allgemeine Multimediaprodukte werde auch als nondirektionale Medien bzw. didaktisch nicht intendierte Medien, wie Internetprojekte, Multimedialexika, Lernobjekte, Hörbücher, EBooks, Fernseh- und Rundfunkprojekte, charakterisiert. Zur Bewertung von AMP werden folgend vier Evaluierungsbereiche empfohlen: Teil I: Pädagogik -Didaktik Teil II: Informationsrelevanz Teil III: Gestaltung –Nutzung Teil IV: Technische Umsetzung. Teil I: Pädagogik -Didaktik Es ist natürlich schwer bei Produkten, die wir nicht als (intendierte/direktionale) Bildungsprodukte definieren, pädagogische und didaktische Ausrichtung (diese verbergen sich hinter dem Kriterienfeld Bildungswert) zu verlangen. Es wird aber zutreffen, wenn wir uns an die Produkte von der deduktiven/praktischen Seite annähern, dass es bei Produkten (große) Unterscheide diesbezüglich gibt. Eine online Tageszeitung wird bei diesen Kriterien wahrscheinlich schlechter abschneiden als die Präsentationsseite eines Museums, insbesondere wenn dieses Museum auf seinen Seiten über eine Sammlung im Detail informieren will. In diesem Falle wird sich die Präsentation wahrscheinlich pädagogischen Einheiten und Formen annähern und es werden wahrscheinlich didaktische Methoden eingesetzt. Die Qualitätskriterien dieser Evaluierungsgruppe sind: 1. Pädagogischer Nutzen, Zielgruppe, Motivation, 2. Aufbau 3. Didaktik 4. Kommunikation 5. Kreativität 6. Wissensumsatz document1 1 Teil II: Informationsrelevanz Informationsqualität ist dagegen ein Kriterienfeld, das direkt das betrifft, was wir als zentrales Merkmal von AMPs sehen – Information(svermittlung). Zur Evaluierung von Informationen haben wir Kriterien ausgesucht, die unserer Ansicht nach das bilden, was wir zusammenfassend Informationsqualität nennen können. Mit Qualität haben wir dabei vor allem das bedacht, was Informationen immanent ist, nämlich das sie Bausteine des Wissens sind und somit Teile eines komplexen Prozesses, das nicht zufällig passieren soll. Mit anderen Worten und mit einem Beispiel: wird eine Information, die nicht hohe Qualitätsstandards erreicht (auch falsche/unvollständige Information oder sogar Lüge genannt) zum Wissensaufbau genutzt, passiert dabei ein Schaden, das nicht immer und selten schnell repariert werden kann. Es bedarf vieler und ständiger qualitätsreichen Informationen (die untere Kriterien erfüllen) um den Wissensstand zu korrigieren. An dem sind weniger Informationen selbst schuld als mehr der Charakter des Menschen Fehler oft nicht gerne zuzugeben und seine Neigung dazu, seine Sichten, Meinungen etc. langsam zu ändern. Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind: 1. Glaubwürdigkeit 2. Expertise / Wissenschaftlichkeit 3. Umfang / Detailliertheit 4. Aktualität 5. Zugang & Nachfragen 6. Ausdrucksmittel Teil III: Gestaltung -Nutzung Das dritte Kriterienfeld, angepasste Nutzung, bezieht sich auf die Herausforderung das Produkt so zu gestalten, dass es mit möglichst wenigen Bedienungsanleitungen, oder andersherum: intuitiv genutzt sein kann. Mit Globalisierung und starkem Einfluss von wenigen Produzenten auf dem IKT-Markt haben sich bis heute zwar Nutzungsstandards (Zeichen/Ikonen, Prozessabläufe etc.) entwickelt, an denen man nicht vorbei gestalten kann, es finden sich aber in einzelnen Produkten immer wieder Lösungen, die diese Standards ausbessern, oder sogar brechen und neue aufsetzten. Dabei sollen Produzenten auch oder insbesondere die Ziel-/Nutzungsgruppen bedenken, die nicht die Mehrheit, sonder Minderheiten darstellen, wie z.B. Menschen mit besonderen (Seh- und Hör-)Bedürfnissen, Menschen die über kein Breitband-Internet/neueste Version von Programmen verfügen etc. Es werden folgende Qualitätskriterien zugrunde gelegt: 1. Intuitive Nutzung und Navigation 2. Interaktivität 3. Personalisierung und Anpassung 4. Visuelle Gestaltung 5. Medienqualität und – Kompatibilität 6. Verbindung mit ähnlichen Produkten document1 2 Teil IV: Technische Umsetzung Abgeschlossen wird der „AMP-Kriterienkatalog“ mit dem Feld der technischen Umsetzung. Das Ziel dabei kann einfach so ausgedrückt werden: „Es soll sich alles fehlerfrei abspielen lassen“. Wie bereits angesprochen, soll das auch bei nicht neuster Konfiguration der Computer der Fall sein. So können z.B. Lösungen, die wir als kreativ und/oder innovativ bezeichnen, darauf aufbauen, neue Programme/Apps für alte Hard- und Software nutzbar zu machen. Wichtiger noch ist jedoch die (kreative/innovative) Verbindung von pädagogischer/didaktischer mit der technischen Qualität. Das größte Problem von „neuen Lehr- und Lernmethoden“ ist die Kompetenz der Lehrer die Technik mit didaktischen Zielen zu verbinden. Guten Lehrern/Didaktikern mangelt es oft an technischen Kompetenzen, gute Techniker haben oft mangelhaftes didaktisches Wissen. Dieses Problem wurde in diesem Kriterienfeld direkter/manifester angesprochen als bei anderen Kriterien, es ist jedoch Kriterienübergreifend und ihm wird bei gesamter Evaluierung besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Weiter wird bei Hilfe und Fehlerverwaltung noch eine übergreifende Qualität angesprochen, die bereits anderswo auftauchte: das Produkt soll sich nicht nur auf die technische Plattform des Computers beschränken, sondern auch andere Kommunikationsmittel einsetzen (Telefon, gedruckte Unterlagen, etc.). Auch soll es nicht zu autonom, sogar in sich eingeschlossen sein, sondern kontextuell und aufgeschlossen indem es auf Verbindungen zu anderen (Konkurrenz)Produkten, weiterführenden Inhalten etc. zeigt. Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind: 1. Zugang & Funktionalität 2. Technische Qualität und Kompatibilität 3. Innovation 4. Kreativität 5. Sicherheit 6. Fehler & Hilfe Verwaltung 6. Verbindung mit ähnlichen Produkten document1 3 Teil I: Pädagogik -Didaktik Pädagogische und didaktische Anforderungen an allgemeine Multimediaprodukte – Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Pädagogischer Nutzen, Zielgruppe, Motivation Der pädagogische Nutzen des Produktes ist erkennbar, das Produkt verfolgt das Ziel (Qualität)Wissen zu verbreiten Angesprochene Zielgruppen sind explizit definiert oder/und implizit erkennbar Zur Produktnutzung (und Lernen) wird motiviert, da Motivation bedeutsamer Faktor des Lernens ist Es gibt eine für die Zielgruppe bedeutsame/logische Struktur Aufbau passt sich dem Inhalt, Didaktik und gewohnten/erwarteten Aufbaumustern an Didaktik (Analyse, Synthese, Vergleich, auf/absteigende Quantität und Qualität der Komplexität usw.) ist entweder explizit oder implizit ins Produkt eingebaut Es wird zur Anwendung von didaktischen Aktivitäten wie Erkennen, Ergänzen, Verbinden usw. angeregt Soweit didaktische Aktivitäten vorhanden sind, wird deren Einsatz durch Erklärungen motiviert und unterstützt Es ist erkennbar, dass Kommunikation als wichtig für das Lehr-/Lernprozess eingestuft wird, und es wird dazu motiviert, Kommunikation einzusetzen Lehrenden und Lernenden wird ermöglicht, miteinander zu kommunizieren und sich zum Inhalt/Produkt zu äußern Das Kommunikationsangebot fördert selbständiges Äußern und kreativen Einsatz von Kommunikationselementen. Das Produkt fördert selbständiges Denken und Arbeiten Das Produkt erlaubt Eingriffe und diese stimulieren beim Nutzer eigene Überlegungen und Entscheidungen Tests (Wissensprüfung) fördern auch Eintragen, Aufladen von eigenen Dokumenten usw., nicht nur Aussuchen, Bestätigen von vorgegebenen Lösungen usw. Der Nutzer/Lernende kann sein (neu gewonnenes) Wissen überprüfen (Tests) und das Produkt gibt Feedback zu durchgeführten Tests Es wird zu Anwendung des gewonnen Wissens motiviert und das Produkt gibt Anregungen dazu (in einfacher Form von weiteren Verbindungen oder durch konkrete Anweisungen wo, wann und wie das Wissen zu nutzten) Summe der Punktwerte 2. Aufbau 3. Didaktik 4. Kommunikation 5. Kreativität 6. Wissensumsatz Gesamtpunkte document1 Bewertung 4 Gesamt Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Bildung-Didaktik Die Evaluierung von allgemeinen Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: 1. Pädagogischer Nutzen, Zielgruppe, Motivation; 2. Aufbau, 3. Didaktik; 4. Kommunikation; 5. Kreativität; 6. Wissensumsatz. document1 5 Teil II: Informationsrelevanz Anforderungen an Informationsrelevanz von allgemeinen Multimediaprodukten Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Glaubwürdigkeit Gesamtpunkte Verfolgen der informativen/pädagogischen Ziele ist im Inhalt erkennbar, d.h. es ist klar, es handelt sich nicht um ein Produkt mit wirtschaftlichem Interesse Das Anliegen/Ziel der Wiedergabe des Inhalts wird deutlich Informationen werden ganzheitlich präsentiert, einseitige Präsentationen werden vermieden – auf solche Präsentationen wird aufmerksam gemacht Quellen werden (explizit oder implizit) angegeben an den Stellen, die die Glaubwürdigkeit beinträchtigen könnten Quellen (deren Autoren) sind allgemein als richtig (an)erkannte Referenzen Inhalt ist allgemein anerkannt als richtig und orientiert sich am (an)erkannten Wissenstand bzw. an (an)erkannten Argumentationsmethoden Angepasst an Zielgruppen und Inhalt wird versucht, Wissenschaftlichkeit/Expertise umzusetzen – fiktive Inhalte werden als solche umgesetzt und streben Wissenschaftlichkeit zu einem vernünftigen Masse an Umfang und Detailliertheit des Produktes sind Zielen, Zielgruppe und Darstellungsmethoden angepasst Es herrscht ein konsequentes Verhältnis zwischen Umfang und Details – das Produkt als Ganzes hält sich an dieses Verhältnis und geht in einigen Teilen/Kapiteln nicht wesentlich tiefer als in anderen Informationen sind aktuell – Inhalt wird dem neusten Stand des Wissens so weit wie möglich angepasst Informationen sind überprüfbar und Quellen und Referenzen werden angegeben Das Produkt motiviert dazu weitere Informationen zu suchen und zu finden Die Sprache und andere Ausdruckmittel werden auf hohem Qualitätsniveau eingesetzt Ausdruckformen sind im Einklang mit Zielen und Zielgruppen Summe der Punktwerte Gesamt Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der 2. Expertise / Wissenschaftlichkeit 3. Umfang / Detailliertheit 4. Aktualität 5. Zugang und Nachfragen 6. Ausdrucksmittel document1 Bewertung 6 – Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Informationsrelevanz Die Evaluierung von allgemeinen Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: 1. Glaubwürdigkeit; 2. Expertise / Wissenschaftlichkeit; 3. Umfang / Detailliertheit; 4. Aktualität; 5. Zugang und Nachfragen;6. Ausdrucksmittel. document1 7 Teil III: Gestaltung - Nutzung Anforderungen an die Gestaltung -Nutzung von allgemeinen Multimediaprodukten – Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Intuitive Nutzung und Navigation System gibt immer die Position des Benutzers innerhalb des Produktes an, z.B. Leisten in SeitenKopf- oder Fuß zeigen an, wo sich der Benutzer im Inhalt befindet Seitengestaltung und Steuerelemente sind konsistent, d.h. immer/auf jeder Seite erkennbar. Die Benutzeroberfläche ist klar, prägnant, präzise und verständlich. Die Funktion der einzelnen Symbole oder Schaltflächen sind erklärt und für die Nutzer intuitiv verständlich. Die Nutzer haben keine Schwierigkeiten mit Bedienung der Navigation und können sich auf den Inhalt konzentrieren. Es ist immer klar wie der Nutzer weiter/zurück kommt und was als nächstes von ihm erwartet wird. Das Produkt verwendet Möglichkeiten der Interaktion zwischen dem Nutzer und dem Produkt – Auf- und Abladen, Eingaben etc. Nutzer können Inhalte verändern – hinzufügen, ausbessern, löschen (wikis) – alle Veränderungen werden vor Publikation vom Produktinhaber/Administrator revidiert und freigelassen/zurückgewiesen Nutzer können das Produkt personalisieren (eigenes Profil anlegen, wählen zwischen verschiedenen Optionen etc.) Nutzer können Einstellung ändern (so das sich diese ihren Bedürfnissen anpassen – z.B. Ton Ein/Ausschalten, Schriftgröße und Kontrast verändern, zwischen Text- und Ton-Widergabe wählen) und den Schwierigkeitsgrad anpassen (z.B. bei Aufgaben/Inhalten mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden). Visuelle Gestaltung widerspiegelt Inhalte und spricht Zielgruppen des Produktes an. - Visuelle Gestaltung (Einsatz von Farben, Schriftarten, Formen etc.) folgt Regeln der Ästhetik und motiviert zur weiteren Nutzung. Es zeichnet sich durch klare Linien, Formen, Kontraste und Gefälligkeit aus. Mit visueller Gestaltung werden Informationen strukturiert und (ihre Teile) betont. Visuelle Gestaltung wird verwendet, um Navigation zu erleichtern (z. B. Farben zeigen auf gleiche Ebenen/Themen an, Funktionstasten sind immer auf gleichen Stellen zu finden). 2. Interaktivität 3. Personalisierung und Anpassung 4. Visuelle Gestaltung document1 Bewertung 8 5. Medienqualität und – Kompatibilität 6. Verbindung mit ähnlichen Produkten Gesamtpunkte Gesamt Grafiken, Bilder, Symbole und Farben sind verständlich, sinnvoll, ästhetisch ansprechend, motivierend und in hoher Qualität produziert. Visuelle Elemente behalten ihre Qualität auf verschiedenen Präsentationsmedien (Bildschirme verschiedener Auflösung und Größe, Projektionen etc.) Inhalte können in verschiedenen Medien (Audio, Video, Text, Bilder) vorgeführt werden; es wird empfohlen wie, wo und wann die Inhalte am besten zu nutzen sind. Nutzer wird gewarnt (und bekommt Anweisungen), wenn die Qualität der genutzten/abgespielten Medien nicht der vorgesehenen Qualität entspricht. Medien sind sinnvoll eingesetzt (in Bezug auf Menge/Häufigkeit, Platzierung, Länge/Umfang und Tiefe/Details des Mediums) Alle eingesetzten Medien sind in guter Qualität und passen sich verschiedenen technischen Voraussetzungen an. Es bestehen Hinweise zu anderen Produkten, die Nutzung und Verstehen des präsentierten Inhaltes erleichtern und ergänzen Summe der Punktwerte Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). document1 9 Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Gestaltung - Nutzung Die Evaluierung von allgemeinen Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die 1. Intuitive Nutzung und Navigation; 2. Interaktivität, 3. Personalisierung und Anpassung; 4. Visuelle Gestaltung; 5. Medienqualität und Kompatibilität; 6. Verbindung mit ähnlichen Produkten. document1 10 Teil IV: Technische Umsetzung Anforderungen an die technische Umsetzung Multimediaprodukten – Qualitätskriterien und Prüfaspekte von Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Zugang & Funktionalität 2. Technische Qualität und Kompatibilität 3. Innovation 4. Kreativität 5. Sicherheit 6. Fehler & Hilfe Verwaltung document1 allgemeinen Bewertung Das Produkt ist ohne zeitliche Einschränkungen leicht zugänglich (vorzugsweise per Online-Anmeldung), reagiert schnell (Abspielen von Videos, Wiederherstellung, Aufund Herunterfahren etc.) und arbeitet ohne technische Fehler. Das Produkt (und dessen Gestaltung) kann für Menschen mit besonderen Bedürfnissen und Behinderungen angepasst werden (Schwerhörige, Schlechtsehende). Das Produkt kann mit geringen technischen Kenntnissen auf verschiedene Software- und Hardware angepasst werden Das Produkt ermöglicht das Arbeiten Offline Funktionstasten sind überschaubar (in Menge) und in allen Teilen des Produktes eingesetzt Es wird angegeben unter welchen technischen Voraussetzungen (Hard- und Software) das Produkt genutzt werden kann; diese Voraussetzungen sind möglichst breit zu halten Das Produkt funktioniert einwandfrei (wenn genutzt unter angegebenen Voraussetzungen) Das Produkt beinhaltet neue und/oder zukunftsweisende Elemente, insbesondere im Hinblick auf seine pädagogische und/oder didaktische Ziele - Das Produkt bietet kreative Lösungen zum Verbinden von pädagogischen und/oder didaktischen Zielen und technischen Möglichkeiten an. Das Produkt garantiert Sicherheit und Diskretion im Umgehen mit vom Nutzer hinterlassenen und eingegebenen Daten Es wird die Eingabe nur von den Daten verlangt, die Kommunikation über den Produkt-Inhalt erleichtern (und nicht zum kommerziellen Zwecken z.B. des Verkaufs von weiteren Produkten) Fehlermeldungen sind deutlich sichtbar / hörbar, verständlich und Hilfe-Anweisungen sind einfach zu folgen. Hilfeanweisungen sind einfach in jedem Teil des Produktes zu finden und können jederzeit ein- oder ausgeschaltet werden. Hilfeanweisungen sind für jede Art von technischen Schwierigkeiten oder falscher Handhabung verständlich. Hilfe- und Fehler-Management wird von Administratoren unterstützt (via Hotline, E-Mail, Tutorials etc.) Die Verfügbarkeit (Kontakte, Öffnungszeiten etc.) des technischen Supports ist angegeben, und Links zu Onlinetechnischen Informationen zur Verfügung gestellt. 11 Gesamtpunkte Summe der Punktwerte Gesamt Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Technische Umsetzung Die Evaluierung von allgemeinen Multimediaprodukten erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: 1. Zugang & Funktionalität; 2. Technische Qualität und Kompatibilität; 3. Innovation; 4. Kreativität; 5. Sicherheit; 6. Fehler & Hilfe Verwaltung. document1 12 Gesamtevaluation Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien Evaluierung: PädagogikDidaktik Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) II Evaluierung: Informationsrele vanz Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) III Evaluierung: Gestaltung Nutzung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) IV Evaluierung: Technische Umsetzung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) Gesamt Gesamtpunkte (Summe der arithmetischen Mittel I – IV) I Anmerkung: Interpretation der Gesamtpunktzahl 18,0 - 20 Punkte beispielhaftes allgemeines Multimediaprodukt sehr gut (1) 14,0 - 17,9 Punkte empfehlenswertes allgemeines Multimediaprodukt gut (2) 10,0 -13,9 Punkte geeignetes allgemeines Multimediaprodukt befriedigend (3) 6,0 – 9,9 Punkte verwendbares allgemeines Multimediaprodukt ausreichend (4) 5,9 Punkte und weniger nicht zu empfehlendes allgemeines Multimediaprodukt mangelhaft (5). document1 13 Gesamtevaluierung (verbal): document1 14 Marko Ivanisin, Simon Hauptman 2.4. Evaluierungskriterien für Lehr- und Lernmanagementsysteme (LMS) Lehr- und Lernmanagementsysteme (LMS) sind IKT-basierte Systeme, die Bildung unterstützen bzw. Bildung ermöglichen können wie Plattformen, Netzwerke sowie Autorensysteme, interaktive Systeme. Was wir hier traditionell LMS nennen, verstehen wir gemäß der heutigen technischen Entwicklung als Software-Interface im Bildungseinsatz. Unabhängig von Benennung ist es wesentlich für die unten angeführte Kriterien, dass wir vom technischen Bindeglied/Medium zwischen Lehrern und Lernenden reden und somit von dem wohl wesentlichsten Teil einer technisch unterstützten Lehr-/Lernsituation. LMS strukturiert nämlich die Kommunikation, genauer noch: die Beziehung zwischen den beiden Parteien und ist damit für die Organisation der Lehr-/Lernsituation verantwortlich. Unter diesen gedanklichen Voraussetzungen entstand der nachfolgende Kriterienkatalog für LMS. Zur Bewertung von LMS werden folgend vier Evaluierungsbereiche empfohlen: Teil I Lehrer-Perspektive Teil II Lerner-Perspektive Teil III Kommunikation, Kreativität, Innovation Teil IV Technische Perspektive, Administration. Teil I Lehrer-Perspektive Die Lehrer-Perspektive umfasst die Kriterien bzw. Funktionalitäten, die dem Lehrer helfen, das Lehrprozess umzusetzen. An erster Stelle ist der Kursaufbau durch den die Lehr-/Lerninhalte und -Methoden für den Lernenden sichtlich werden, dem Lehrenden helfen die hier genannten Prüfaspekte aber sich über das eigene Tun auf dem Niveau der Organisation bewusst zu sein. Neben den bei allen technischen Werkzeugen gewünschten effektiven bzw. intuitiven/leichten Nutzungsmöglichkeiten, die die Software bietet bzw. beinhaltet, sind zunächst zwei Kriterien nach unserer Meinung wesentlich für die Umsetzung des technisch unterstützten Lehrprozesses. Nämlich die Bündelung von Didaktik und Technik, was laut wissenschaftlichen Erkenntnissen die größte Herausforderung für Lehrer darstellt. Sie haben das didaktische Wissen, wissen aber nicht (immer) wie es mit der Technik umzusetzen ist. Der große Angebot an technischen Möglichkeiten verwirrt sie mehr als es hilft - somit wäre die didaktische Unterstützung für die angebotene Software nicht nur ein Marktvorteil sondern würde allgemein zur Verbesserung des technisch unterstützten Lehrens führen. Die beiden letzten Kriterien dieser Gruppe beziehen sich auf die zwei wesentliche Bauelemente des Lehr/Lernprozesses (bzw. der Kommunikation): Inhalt und Beziehung. Wenn fürs Erstere eine technische Plattform das ideale Werkzeug für Strukturierung und Archivierung ist, spielt sie beim Zweiten nur eine unterstützende Rolle – die Beziehung zwischen Lehrer und Lernenden wird viel leichter und besser im realen Klassenzimmer aufgebaut. Somit haben document1 1 wir in diesem Teil den Fokus auf die Werkzeuge gelegt, die die Resultate der Beziehung bzw. des Lernprozesses zeigen – Wissensprüfungen und deren Beurteilung. Die Qualitätskriterien dieser Evaluierungsgruppe sind: 1. Lehrplan / Kursorganisation 2. Effektive Nutzung 3. Didaktische Gestaltung 4. Didaktische Unterstützung 5. Inhaltserstellung 6. Beurteilung von Lernenden Teil II Lerner-Perspektive Wir gehen von einem Lernenden aus, der auf Suche nach dem besten Lernangebot ist, die Teilnahme bei einem bestimmten Kurs für ihn also nicht pflichtig ist. Somit ist für ihn zuerst mal wichtig genug Information zum Kurs zu bekommen damit er eine gute Entscheidung treffen kann. Eine motivierende Ansprache, die z.B. durch den Kurs erworbener Kompetenzen in Vordergrund bringt, hilft dem Produzenten Lernende für sein Produkt zu gewinnen. Drei Kriterien dieser Gruppe (Navigation, Intuitive Nutzung und Personalisierung/Adaptivität) beziehen sich auf Prüfaspekte, bei denen sich jede Software (nicht nur die für Lernprozesse) wünscht gut abzuschneiden. Inhaltsbearbeitung ist das Kriterium das „gewöhnliche“ Software von „Lernsoftware“ unterscheidet bzw. auch unter Lernsoftware Unterschiede zeigt: haben Lernende durch Veränderung (Ausbessern, Kommentare, Hinzufügen etc.) in Lehrinhalten/-Materialien die Möglichkeit bei deren Gestaltung aktiv Teilzunehmen, ist der Lehr-/Lernprozess ein viel offener als wenn die Lehrer-Lernende Rollen (auch durch technische Möglichkeiten der Software) nicht gewechselt werden können und nur der Lehrende bestimmt, wie die Inhalte verstanden/interpretiert sein sollten. Selbsttests sind für dem Lernenden einen willkommene Hilfe: nicht nur kann er sein Wissen prüfen, er kann es immer und unbeobachtet tun, sie lassen also den Druck eines Tests weg und reichen ins Spielen ein. Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind: 1. Kursinformationen / Motivation 2. Navigation 3. Intuitive Nutzung 4. Inhaltsbearbeitung 5. Personalisierung und Adaptivität 6. Erfolgskontrolle / Selbsttests document1 2 Teil III Kommunikation, Kreativität, Innovation Diese Gruppe umfasst Kommunikation auf verschiedenen Ebenen. Von eher einseitiger Kommunikation in Form von Marketing bzw. Aquisition von Lernenden, bis zu Werkzeugen, die dialogische Kommunikation und ihre Mündung in Zusammenarbeit der Lernenden, unterstützen. Darunter sind auch visuelle Kommunikation/Gestaltung, die in heutiger Zeit des Überflusses an visuellen/kommunikativen Reizen immer wichtiger ist, und sprachliche Kommunikation, die leichter auf ihre Qualität bzw. Richtigkeit geprüft werden kann als die visuelle. Dieser Gruppe sind auch Kreativität und Innovation zugefügt, da sie unserer Ansicht nach zum großen Teil Produkte von Kommunikation sind. Darüber Hinaus ist der Zusammenhang auch durch heutige Zeit der (kommunikativen) Vernetzungen und diese Situation der Prüfung von technischer Umsetzungen dargestellt, nämlich Kreativität und Innovation resultieren oft gerade in technischen Unterstützung von kommunikativen Vorgängen. Es werden folgende Qualitätskriterien zugrunde gelegt: 1. Präsentation / Marketing 2. Visuelle Gestaltung 3. Qualität der Kommunikation 4. Interaktion, Kommunikation, Zusammenarbeit 5. Kreativität 6. Innovation document1 3 Teil IV Technische Perspektive, Administration In technischer Perspektive findet man weniger die Prüfung „klassischer Funktionalitäten“, da diese größtenteils schon in Teilen I. und II. zum Ausdruck kamen, sondern dieser Teil konzentriert sich mehr auf die „Umgebung“ bzw. „neue Einblicke“ zu technischen Lösungen der Softwareentwicklung. Als erstes treten Kompatibilität und Zukunftsorientierung auf, die das Produkt in Kontext gängiger Entwicklungen bringen und die Software unabhängig von ihren Trägern (PC, Tablett, Mobiltelefone) macht. In diesem Teil wird auch die Qualität von Medien (Videos, Podcasts etc.) geprüft, die sich nicht in Sprache ausdruckt. Die letzten zwei Kriterien machen auf verschiedene Formen von dem, was unter LMS verstanden wird, aufmerksam: im klassischen Verständnis wird LMS auf dem „Kursniveau“ eingesetzt. Diese Perspektive kann und wird aber ausgeweitet, indem das gleiche Produkt zur Verwaltung eines Computerraums eingesetzt wird bzw. wenn durch ihn mehrere Kurse und ihre Schnittstellen (Lehrer, Lernende, Räume, Stunden) verwaltet werden können. Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind: 1. Kompatibilität und Zukunftsorientierung 2. Zugang und Funktionalität 3. Fehler und Hilfe, Verwaltung 4. Medienqualität und -kompatibilität 5. Klassenraum-Verwaltung 6. Institutionelle Verwaltung document1 4 Teil I: Lehrer-Perspektive Anforderungen an die Lehrer-Perspektive von Lehr- und Lernmanagementsystemen – Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Lehrplan / Kursorganisation 2. Effektive Nutzung 3. Didaktische Gestaltung document1 Bewertung Der Lehrer kann den Kurs nach seinen Wünschen und Interessen in Bezug auf Inhalt, Schwierigkeit und pädagogisch-didaktische Gestaltung bearbeiten. Produkt erlaubt dem Lehrer Einheiten zu definieren deren Status (nach Wichtigkeit oder Modus) und Umfang Produkt unterstützt Organisation durch Zeitvorgaben (Termine) und Meilensteine Produkt gibt klare Übersicht über die Struktur des Lehrplans und über die Struktur aller Einheiten, deren Inhalte und Aktivitäten (Verzeichnis) Lehrplan kann im Verlauf des Kurses geändert/angepasst werden, ebenso Status und Umfang von Lehreinheiten ohne dabei Inhalte und Aktivitäten ändern zu müssen Der Produktaufbau ist (aus der Sicht des Nutzers) überschaubar, unkompliziert und bietet intuitive (leichte) Nutzung. Umfang der Funktionen/Befehle ist rationalisiert und angepasst and die Produkt-Komplexität (nicht zu viele Funktionen) Befehle (Begriffe und Symbole) sind klar, verständlich und konsistent auf verschiedenen Ebenen des Produktes. Bei Nutzung des Produktes ist klar auf welcher Ebene man sich befindet und welche Aktionen (Befehle) verursachen entstehende Veränderungen. Das Produkt bietet die Umsetzung von verschiedenen Aktivitäten zur Didaktik (Bewertung, Kommunikation, Zusammenarbeit) unterstützt, hier einige Aktivitäten: Beurteilung: Anwesenheit, Fragebögen (Quiz), Content-Upload Kommunikation: Chat, Forum, Feedback (Q & A) Zusammenarbeit: Gruppenbildung, Wiki Didaktische Werkzeuge / Aktivitäten sind nicht auf bestimmte Zielgruppe von Lernenden begrenzt - das Produkt kann in allen Bildungsstufen (Primär- und Sekundarschulen, Fakultäten, Erwachsenenbildung) und in 5 4. Didaktische Unterstützung 5. Inhaltserstellung 6. Beurteilung von Lernenden document1 akademischen oder wirtschaftlichen Organisationen eingesetzt werden (z.B. in Hinsicht auf Urheberrechte: Akademiker neigen zu Creative Commons, Unternehmen wollen exklusive Autorenrechte) Es ist klar oder erklärt, welche Aktivitäten für welche (didaktische) Zwecke eingesetzt werden, zB Feedback für Reflexionen zum bearbeiteten Thema/Vortrag Jede Aktivität ist leicht zu erkennen (für Lehrer und Schüler) durch das entsprechende Symbol. Das Produkt lädt Lernende ein eigene Profile für den Bildungseinsatz (z.B. Upload- und Organisieren von Inhalten für das individuelle Lernen) und den Kommunikationseinsatz (z. B. gemeinsame Nutzung von Dateien für kollaboratives Lernen). Lehrern wird Hilfe angeboten (automatisierte Erklärungen und / oder persönliche Assistenz) für didaktische Gestaltung; z.B. es werden Vorteile (z.B. selbständiges Lernen) und Nachteile (z.B. kein Verfolgen von Lerneraktivitäten möglich) erklärt für den Einsatz der Möglichkeit, dass sich Lernende Inhalte herunterladen können (anstatt sie nur online zur Verfügung zu haben). Das Produkt fördert konstruktives, relevantes und häufiges Feedback, dass didaktische Maßnahmen klärt und aufbaut. Produkt bietet Zugang zu weiteren Quellen, online und offline (CD-ROM, Bücher etc.) die Helfen Didaktik zu verbessern. Inhalt kann direkt im Produkt erstellt werden (kein Upload benötigt um Inhalte zu erstellen) und hochgeladen in verschiedenen Dateiformaten. Das Material (ob erstellt oder hochgeladen) ist leicht erkennbar (für Lehrer und Lernende) durch das entsprechende Symbol. Erstellung von Inhalten (einschließlich Upload) verfolgt didaktische Ziele - Produkt ermöglicht Betonen, Ausweiten und andere Maßnahmen, die auf Bedürfnisse von Lehrern angepasst sind. Das Produkt umfasst und kann angepasst werden an verschiedene Methoden der Wissensüberprüfung: automatisiertes Feedback (z.B. im Quiz) oder persönliches Mentoring (z.B. bei Einreichen von Aufgaben). Bewertung von Lernenden umfasst verschiedene 6 Methoden (Statistik, Ranglisten, Kommentare, Auszeichnungen etc.). Tests unterscheiden sich in ihrer Form (multiple choice, Forschungsergebnisse, Konsistenzanalyse, eigene Entwurfe etc.) und setzen verschiedene Medienformate ein. Fortschritt der Lernenden ist jederzeit beobachtbar. Der Lerneinsatz (Teilnahme und Fortschritt) ist gut sichtbar. Gesamtpunkte Summe der Punktwerte Gesamt Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Lehrer-Perspektive Die Evaluierung von Lehr- und Lernmanagementsystemen erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: 1. Lehrplan / Kursorganisation; 2. Effektive Nutzung; 3. Didaktische Gestaltung; 4. Didaktische Unterstützung; 5. Inhaltserstellung; 6. Beurteilung von Lernenden document1 7 document1 8 Teil II: Lerner-Perspektive Anforderungen an die Lerner-Perspektive von Lehr- und Lernmanagementsystemen – Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Kursinformationen / Motivation 2. Navigation 3. Intuitive Nutzung document1 Bewertung Produkt sieht vor, Einführung in den Kurs (das kann als Motivation für Inskription von Lernenden eingesetzt werden) und gibt Hinweise für Lehrer wie die Einführung zu gestalten: z.B. Die Einführung in den Kurs berücksichtigt Hintergründe, Leistungsstufen und Erwartungen von Lernenden, einschließlich ihrer persönlichen Lernziele, oder gibt die Attribute der Lernenden an für die der Kurs gemacht ist. Eine Kurs-/Programmüberblick und Begründung wird angegeben, wie dieser Kurs mit anderen Kursen zu verbinden ist und was sein Wert im ganzen Programm ist. Jede Einheit sieht Informationen vor, die für didaktische Zwecke verwendet werden können (Motivation, Grundlagen, Ziele/Ergebnisse etc.) Produkt gibt immer die Position des Benutzers innerhalb des Produktes an, z.B. Leisten in Seiten-Kopf- oder Fuß zeigen an wo sich der Benutzer im Inhalt befindet Seitengestaltung und Steuerelemente sind konsistent, d.h. immer/auf jeder Seite erkennbar. Die Benutzeroberfläche ist klar, prägnant, präzise und verständlich. Die Funktion der einzelnen Symbole oder Schaltflächen sind erklärt und für die Nutzer intuitiv verständlich. Die Nutzer haben keine Schwierigkeiten mit Bedienung der Navigation und können sich auf den Inhalt konzentrieren. Es ist immer klar wie der Nutzer weiter/zurück kommt und was als nächstes von ihm erwartet wird. 9 4. Inhaltsbearbeitung 5. Personalisierung und Anpassung 6. Erfolgskontrolle / Selbsttests Gesamtpunkte document1 Lernende können herunterladen und speichern in verschiedenen Formaten (doc, pdf, etc.), auf verschiedene Medien (Computer, USB etc.) und Inhalte drucken. Es gibt verschiedene Ebenen von Inhalten, die verschiedene Aktivitäten (Restriktionen) von Lernenden implizieren; z.B. Produkt hat die Option Lernenden zu erlauben (durch Bestätigung des Lehrers) Inhalte von Lehrern zu verändern (aktualisieren, anpassen etc.). Einstellungen zur Inhaltsbearbeitung können so eingestellt werden, dass sie Kompetenzen der Lernenden (Zielgruppe) angepasst werden. Das Produkt ermöglicht Lernenden Profile zu erstellen (in verschiedenen Medienformaten, wie z.B. Texte, Bilder, Videos, Audiodateien, etc.) Das Produkt ermöglicht Anpassung an die Leistung der Lernenden indem es Standardeinstellung anpasst (z.B. Ausschalten von Ton, Wechsel zwischen Text und Ton-Widergabe) und Anpassung des Schwierigkeitsgrades (z.B. Aufgaben mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden). Das Produkt bietet verschiedene Templates zur Erstellung von Profilen. Lernende können das Produkt nach seinen Wünschen und Interessen in Bezug auf Inhalt, Schwierigkeit und benötigte Hilfe anpassen. Lernenden können eigenen Fortschritt verfolgen und evaluieren. Lernenden können im eigenem Tempo fortschreiten und Abschnitte so oft wie nötig wiederholen. Selbsttests sind den Schlussprüfungen ähnlich. Lernende haben ausreichende Gelegenheiten zu Selbsttests vor und während der Kurseinheiten. Summe der Punktwerte 10 Gesamt Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Lerner-Perspektive Die Evaluierung von Lehr- und Lernmanagementsystemen erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: 1. Kursinformationen / Motivation; 2. Navigation; 3. Intuitive Nutzung; 4. Inhaltsbearbeitung; 5. Personalisierung und Adaptivität; 6. Erfolgskontrolle / Selbsttests. document1 11 Teil III: Kommunikation, Kreativität, Innovation Anforderungen an Kommunikation, Kreativität und Innovation Lernmanagementsystemen – Qualitätskriterien und Prüfaspekte von Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Präsentation / Marketing 2. Visuelle Gestaltung 3. Qualität der Kommunikation document1 Lehr- und Bewertung Beschreibung/Demo-Präsentation des Systems ist vorhanden um Nutzer anzuziehen (z.B. wichtige Informationen über Nutzung/Teilnahme an Online-Kursenn) Marketing-Präsentation/Kommunikation gibt Daten (Zahlen von Institutionen, Lernenden etc.) über die Nutzung/Popularität des Produktes an Das Produkt wirbt mit Bewertungen von Nutzern (Lehrern und Lernenden, z.B. durch "I Like"-Methode) Das Produkt ist in verschiedenen Sprachen verfügbar Visuelle Gestaltung widerspiegelt Inhalte und spricht Zielgruppen des Produktes an. Visuelle Gestaltung (Einsatz von Farben, Schriftarten, Formen etc.) folgt Regeln der Ästhetik und motiviert zur weiteren Nutzung. Es zeichnet sich durch klare Linien, Formen, Kontraste und Gefälligkeit aus. Mit visueller Gestaltung werden Informationen strukturiert und (ihre Teile) betont. Visuelle Gestaltung wird verwendet um Navigation zu erleichtern (z. B. Farben zeigen auf gleiche Ebenen/Themen an, Funktionstasten sind immer auf gleichen Stellen zu finden). Grafiken, Bilder, Symbole und Farben sind verständlich, sinnvoll, ästhetisch ansprechend, motivierend und in hoher Qualität produziert. Visuelle Elemente behalten ihre Qualität auf verschiedenen Präsentationsmedien (Bildschirme verschiedener Auflösung und Größe, Projektionen etc.) Der Kommunikationsrahmen ist klar, leicht verständlich und gut erkennbar. InhaltDarstellung und Verbindungen zum weiteren Inhalten sind im engen funktionalen Zusammenhang. Kommunikative 12 4. Interaktion, Kommunikation, Zusammenarbeit 5. Kreativität document1 Darstellungen sind übersichtlich strukturiert und betonen wichtige Informationen. Verwendete Sprache ist verständlich und ihre Nutzung ist grammatikalisch richtig. Der Ausdruck ist für den Anwender unterstützend und ermutigend. Produkt impliziert/empfiehlt richtigen Spracheinsatz (implementiert Rechtschreibprüfung und Grammatikprüfung) und bietet verschiedene Ausdrucksarten um auf Vielfalt und Bedeutung der richtigen Sprachnutzung zu zeigen. Interaktion mit dem Produkt (KursOrganisation, Inhalte hochladen, Aktivitäten Einsatz etc.) wird durch klare Anweisungen und gutes Hilfe-Management unterstützt Kurs bietet vielfältige Möglichkeiten zur Interaktion und Kommunikation zwischen Lernenden, zwischen Lernenden und Lehrer, und zwischen den Lernenden und den Inhalt. Hier eine kurze Einordnung der Kommunikationsverläufe: synchrone (Chats, Konferenzen), asynchrone (Foren, persönliche Mitteilungen), One-toone (Chats, persönliche Mitteilungen), Oneto-many (Foren, Konferenzen), many-toone/many (Videokonferenzen) Es können (durch Anleitungen vorgeschlagene) Einschränkungen/Ausweitungen von Interaktionsaktivitäten (de)aktiviert werden. Die Verfügbarkeit der Lehrers ist angegeben, ebenso wie die Wartezeit für Antworten auf Fragen von Lernenden. Lernende können selbst Kommunikation und Zusammenarbeit erstellen und organisieren (einschließlich Beschränkungen für Gruppen, nur Lernende etc.) Produkt ermöglicht und fördert kreative Lehr- und Lernformen (z. B. individualisierte Lernwege etc.) Kreativität wird in verschiedenen Bereichen des Produktes eingesetzt (didaktischeund/oder visuelle Gestaltung, Technik, Motivationsmechanismen etc.) Didaktik und Technik werden kreativ genutzt 13 und verbindet. 6. Innovation Gesamtpunkte Summe der Punktwerte Gesamt Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Produkt stellt neue und/oder progressive Funktionen, die die didaktische Nutzung von Medien fördern. Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Kommunikation, Kreativität, Innovation Die Evaluierung von Lehr- und Lernmanagementsystemen erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die 1. Präsentation / Marketing; 2. Visuelle Gestaltung; 3. Qualität der Kommunikation; 4. Interaktion, Kommunikation, Zusammenarbeit; 5. Kreativität; 6. Innovation. document1 14 document1 15 Teil IV: Technische Perspektive, Administration Anforderungen an die technische Perspektive und die Administration von Lehr- und Lernmanagementsystemen – Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Kompatibilität und Zukunftsorientierung 2. Zugang und Funktionalität 3. Fehler und Hilfe, Verwaltung document1 Bewertung Das Produkt ist kompatibel mit verschiedener Hard- und Software und es gibt an notwendig Voraussetzungen für einwandfreies Funktionieren (z. B. Internet-Bandbreite, Rechnerleistungen, Plug-Ins etc.). Online-Quellen für diese Elemente sind im Produkt vorhanden. Das Produkt ist kompatibel mit bestehenden Internet (und Software) Standards und bereit an neue Entwicklungen angepasst zu werden. Das Produkt ist auf den Einsatz auf verschiedenen Hardware orientierte (Mobiltelefone, Tablets etc.) Materialien können in verschiedenen Formaten verwendet werden und sind kompatibel mit verschiedenen Anwendungen (SoftwareUnabhängigkeit). Das Produkt ist ohne zeitliche Einschränkungen leicht zugänglich (vorzugsweise per OnlineAnmeldung), reagiert schnell (Abspielen von Videos, Wiederherstellung, Auf- und Herunterfahren etc.) und arbeitet ohne technische Fehler. Das Produkt (und dessen Gestaltung) kann für Menschen mit besonderen Bedürfnissen und Behinderungen angepasst werden (Schwerhörige, Schlechtsehende). Das Produkt kann mit geringen technischen Kenntnissen auf verschiedene Software- und Hardware angepasst werden. Das Produkt ermöglicht Arbeiten Offline. Funktionstasten sind überschaubar (in Menge) und in allen Teilen des Produkts eingesetzt. Fehlermeldungen sind deutlich sichtbar / hörbar, verständlich und Hilfe-Anweisungen sind einfach zu folgen. Hilfe Anweisungen sind einfach zu finden in jedem Teil des Produktes und können jederzeit ein- oder ausgeschaltet werden. Hilfe Anweisungen sind für jede Art von technischen Schwierigkeiten oder falscher 16 4. Medienqualität und -kompatibilität 5. KlassenraumVerwaltung 6. Institutionelle Verwaltung document1 Handhabung verständlich. Hilfe- und Fehler-Management wird von Administratoren unterstützt (via Hotline, E-Mail, Tutorials etc.) Die Verfügbarkeit (Kontakte, Öffnungszeiten etc.) des technischen Supports ist angegeben, und Links zu Online-technischen Informationen zur Verfügung gestellt. Inhalte können in verschiedenen Medien (Audio, Video, Text, Bilder) vorgeführt werden; es wird empfohlen wie, wo und wann die Inhalte am besten zu nutzen sind. Nutzer wird gewarnt (und bekommt Anweisungen), wenn die Qualität der genutzten/abgespielten Medien nicht der vorgesehenen Qualität entspricht. Medien sind sinnvoll eingesetzt (in Bezug auf Menge/Häufigkeit, Platzierung, Länge/Umfang und Tiefe/Details des Mediums). Alle eingesetzten Medien sind in guter Qualität und passen sich verschiedenen technischen Voraussetzungen an. Das Produkt gibt dem Lehrer/Zentralrechner die Möglichkeit Kontrolle über Rechner von Lernenden. Alle Hardware (Drucker, Bildschirme etc.) und Software (z.B. Internet-Sperre) können vom Zentralrechner gesteuert werden. Inhalte und Aufgaben können live vergeben und verändert werden, kontrolliert vom Zentralrechner oder einem anderen Administrator. Es besteht die Möglichkeit/Simulation ein Rechner der Lernenden in die Rolle des Zentralrechners zu setzten (um Rollentausch zu simulieren). Das System ermöglicht Verwaltung von Kursen vom institutionellen Administrator und gibt einen Überblick über alle Kurse auch nach Inhaltsschlagwörtern („Inhaltsbibliothek“), nicht nur nach Kursnamen Produkt fördert Kommunikation zwischen (und beschränkt auf) Lehrern der verschiedenen Kurse - Produkt ermöglicht Verwaltung von Einrichtungen, Arbeitsplätze, Lernenden, Lehrer und Klassen (Rechte und Beschränkungen) 17 Produkt ermöglicht Suche nach Klassen, Lernenden, Lehrer (beim Drucken von ListenKlasse), Zimmer-Zuordnungen und Auswertungen. Der Administrator hat ständigen Live-Überblick über die Lernenden, Klassen etc. Gesamtpunkte Summe der Punktwerte Gesamt Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung: Technische Perspektive, Administration Die Evaluierung von Lehr- und Lernmanagementsystemen erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für die Qualitätskriterien: 1. Kompatibilität und Zukunftsorientierung; 2. Zugang und Funktionalität; 3. Fehler und Hilfe, Verwaltung; 4. Medienqualität und -kompatibilität; 5. KlassenraumVerwaltung; 6. Institutionelle Verwaltung. document1 18 document1 19 Gesamtevaluierung Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien Evaluierung: PädagogikDidaktik Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) II Evaluierung: Informationsrele vanz Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) III Evaluierung: Gestaltung Nutzung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) IV Evaluierung: Technische Umsetzung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) Gesamt Gesamtpunkte (Summe der arithmetischen Mittel I – IV) I Anmerkung: Interpretation der Gesamtpunktzahl 18,0 - 20 Punkte beispielhaftes Lehr- und Lernmanagementsystem sehr gut (1) 14,0 - 17,9 Punkte empfehlenswertes Lehr- und Lernmanagementsystem gut (2) 10,0 -13,9 Punkte geeignetes Lehr- und Lernmanagementsystem befriedigend (3) 6,0 – 9,9 Punkte verwendbares Lehr- und Lernmanagementsystem ausreichend (4) 5,9 Punkte und weniger nicht zu empfehlendes Lehr- und Lernmanagementsystem mangelhaft (5). document1 20 Gesamtevaluierung (verbal): document1 21 Stefanie Grün, Dorothea Rosenberger 2.5. Evaluierungskriterien für CKP: Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen (CKP) Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen (CKP) sind Computerspiele (max. USK 16), die kognitive Kompetenz, Medienkompetenz, soziale Kompetenz, persönlichkeitsbezogenen Kompetenz und Sensomotorik fördern können. Zur Bewertung von CKP werden folgend vier Evaluierungsbereiche empfohlen: Teil I: kognitive Kompetenzen Teil II: soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen Teil III: Medienbezogene und gestalterische Anforderungen Teil IV: Sensomotorische und technische Anforderungen. Teil I: kognitive Kompetenzen Die Förderung kognitiver Kompetenzen bezieht sich allgemein auf die Informationsverarbeitung der im Spiel angebotenen Reize. In der Kategorie soll bewertet werden, inwieweit das Computerspiel Fähigkeiten stärkt spielimmanente Aufgaben zu erfassen, Handlungen durch analytisch-operatives Denken selbstständig zu organisieren oder zu planen, Sachverhalte zu recherchieren sowie Inhalte zu erschließen. Des Weiteren wird überprüft in welchem Maße die Aufmerksamkeit, das Gedächtnis und die kreative und produktive Vorstellungskraft der Nutzerinnen und Nutzer gefördert werden. Die Art der Problemstrukturen und insbesondere die Vielfalt der Problemstellungen beschreiben damit Voraussetzungen für die Förderung kognitiver Kompetenzen. Qualitätskriterien: 1. Problemlösefähigkeit 2. Handlungsplanung 3. (räumliche) Wahrnehmung 4. Konzentration 5. Wissen 6. Abstraktion 1 Teil II: soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen Diese Kategorie beschreibt zum einen den Umgang der Nutzerinnen und Nutzer mit sich selbst wie beispielsweise Fähigkeiten der Selbstwahrnehmung, Selbstkritik, Eigenverantwortlichkeit und Stärkung der emotionalen Selbstkontrolle, zum anderen soziale Interaktionen mit anderen Personen. In diesem Zusammenhang können Spiele die Funktion erfüllen Beziehungen aufzubauen und zu gestalten sowie Toleranz und Verantwortung im Umgang mit anderen Mitspielern zu entwickeln. Dabei können wiederum eigene Kompetenzen gestärkt und angemessenes Verhalten in einer Gemeinschaft erlebt werden. Der ethisch-normative Gehalt wird durch den inhaltlichen Rahmen des Spiels (Welt- und Menschenbilder, Realitätsbezug, Rollen und Identifikationsangebote) definiert und kann, je nach Ausrichtung, die moralische Urteilskompetenz und somit die soziale Kompetenz fördern. Qualitätskriterien: 1. Selbstwahrnehmung 2. Ich-Stärkung 3. Emotionale Selbstkontrolle 4. Involvement 5. Teamfähigkeit 6. moralische Urteilskompetenz Teil III: Medienbezogene und gestalterische Anforderungen Diese Kategorie befasst sich mit medienbezogenen Anforderungen, die bei der Nutzung von Computerspielen mit kompetenzförderlichen Potenzialen an die Spielerinnen und Spieler gestellt werden. Sie beinhalten das Zurechtfinden innerhalb dieses Mediums, die kritische Reflexion des eigenen Handelns in der virtuellen Spielwelt und die Kommunikation von Menschen untereinander. Daneben werden gestalterische Aspekte der Computerspiele mit kompetenzförderlichen Potenzialen untersucht, da diese eng mit der medialen Handhabung verbunden sind. Dabei spielen nicht nur die visuelle und auditive Gestaltung eine wichtige Rolle, sondern auch die Möglichkeiten der aktiven Gestaltung des Computerspiels durch die Nutzerinnen und Nutzer. Qualitätskriterien: 1. Instrumentell-qualifikatorische Kompetenzen 2. Medienreflexion 3. Kommunikation 4. Visuelle Gestaltung 5. Auditive Gestaltung 6. Kreativität 2 Teil IV: Sensomotorische und technische Anforderungen Die Bewertung der sensomotorischen Anforderungen befasst sich mit der Förderung von sensomotorischen Leistungen der Spielerinnen und Spieler. Sie müssen das Spielgeschehen aufnehmen und verarbeiten und daraufhin in angemessener Weise reagieren. Es werden Reaktionsvermögen und die Schnelligkeit sensomotorischer Operationen gefördert, zu denen auch Geschicklichkeit zählt. Darüber hinaus untersucht diese Kategorie die technischen Gegebenheiten und deren Komplexität, die bei der Verwendung des Computerspiels berücksichtig werden müssen. Neben einer reinen Bedienungskompetenz wird auch die Einbindung von Unterstützungsmaßnahmen und konvergentem Medienverhalten geprüft. Qualitätskriterien: 1. Koordination 2. Reaktionsvermögen 3. Navigation und Steuerung 4. Hard- und Software 5. Hilfestellung 6. Neue Medien 3 Teil I: Kognitive Kompetenzen Anforderungen an die kognitiven Kompetenzen von Computerspielen kompetenzförderlichen Potenzialen - Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterie Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) n 1. Problemlösefähigkeit 2. Handlungsplanung 3. (räumliche) Wahrnehmun g mit Bewertung Vielfältige Problemstellungen regen zu einer differenzierten Problemanalyse an Die Spielenden suchen neue Lösungsstrategien und wenden diese an Mithilfe spielimmanenter Lexika, auf welche die Spielenden zurückgreifen können, werden diese Strategien durchgesetzt Durch die Planung mehrerer Spielschritte gelangen die Spielenden zur Erfüllung des Spielziels Vielfältige Handlungsalternativen und Handlungsabfolgen müssen ausprobiert werden Ergebnisse der Handlung führen zu Schlussfolgerungen, die eine Anpassung und Neugestaltung der Handlungsmuster erfordern Es müssen verschiedene Handlungen nacheinander durchgeführt oder gleichzeitig ablaufende Prozesse koordiniert werden Die räumliche Vorstellungskraft wird gefördert, da die Spielenden sich in komplexen virtuellen Umgebungen, möglicherweise sogar in 3D-Welten, zurechtfinden müssen Die Spielwelt wird aus unterschiedlichen räumlichen Perspektiven, wie Ego- und Schulter- oder isometrischer Perspektive, betrachtet Verschiedene Umgebungen bzw. deren unterschiedliche Gestaltung erfordern immer neue Anpassung der Wahrnehmung Unterschiedliche Rollen erfordern divergente Handlungen Das Spiel beinhaltet Such-, Denk- und Logikaufgaben Informationen müssen in das Kurzzeitgedächtnis eingeprägt werden 4. Konzentration durch Wiederholungen wird das Langzeitgedächtnis geschult Eine lange Spieldauer erlaubt eine komplexere Spielstruktur und somit eine höhere Organisationsanforderung 5. Wissen Das deklarative Wissen wird durch Wissensfragen, Fakten oder Ereignisse die um die Spielgeschichte aufgebaut sind 4 oder Dialoge mit Spielcharakteren gefördert Das prozedurale Wissen, wie Recherchekompetenz oder Anwendungswissen, wird durch die Nutzung des Spiels aktiv gefördert 6. Abstraktion Gesamtpunkte Gesamt Das Spiel versetzt die Spielenden in eine fiktionale Realität in der sie sich in die Rolle und Aufgaben eines Charakters hineindenken müssen Das Spiel bietet ausreichende Mittel zur Abstraktion an, sodass virtuelle und reale Welten klar abgegrenzt sind Das Spiel ist genretypisch und Handlungsmuster können auf andere Spiele gleichen Genres angewendet werden Summe der Punktwerte der Evaluierung der kognitiven Kompetenzen Evaluierung kognitiver Kompetenzen/Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen/arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und 4,5 – 5 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und 3,5 – 4,4 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und 2,5 – 3,4 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und 1,5 – 2,4 Punkte realisierbar. 1,4 Punkte und Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. weniger sehr gut (1) gut (2) befriedigend (3) ausreichend (4) mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung der kognitiven Kompetenzen Die Evaluierung der kognitiven Kompetenzen von Computerspielen mit kompetenzförderlichen Potenzialen erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für: Problemlösefähigkeit, Handlungsplanung, (räumliche) Wahrnehmung, Konzentration, Wissen, Abstraktion. 5 6 Teil II: Soziale und persönlichkeitsbezogene Kompetenzen Anforderungen an die sozialen und persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen von Computerspielen mit kompetenzförderlichen Potenzialen - Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) Bewertung Selbstbeobachtung und Selbstwirksamkeit der Spielenden werden durch spielinterne Rückmeldungen gefördert Konsequenzen der eigenen Handlungen werden deutlich 1. Selbstindem den Spielenden Aussagen über deren wahrnehmung Spielverhalten, Erfolg und Misserfolg sowie Hinweise auf missachtete Regeln mitgeteilt werden Das Ausmaß der Anforderungen wird an die individuelle Leistungsfähigkeit der Spielenden angepasst und dadurch Selbstreflexion und -einschätzung angeregt Aufgrund vorhandener Speicherfunktionen ist die Möglichkeit zum Erreichen verschiedener Lern/Spielstationen gegeben Zwischenschritte erlauben Erfolgsempfinden und 2. Ich-Stärkung Zuversicht und regen das Durchhaltevermögen an Durch das Spielen gegen andere wird der Wettbewerbsgedanke gefördert In Multiplayer-Spielen werden Durchsetzungsvermögen und Führungsqualitäten gefordert, da unterschiedliche Rollen und Aufgaben von einer Gemeinschaft diskutiert und verteilt werden Strategien für den Umgang mit Stress und Misserfolg 3. Emotionale werden durch einen angemessenen Selbstkontroll Schwierigkeitsgrad entwickelt e Das Spiel hat einen vernünftigen Speichermodus, um Motivationsverluste zu vermeiden und keine Aggressionen hervorzurufen Durch die Übernahme und Gestaltung von Charakteren müssen sich die Spielenden in verschiedene emotionale Zustände einfühlen 4. Involvement Für den Spielerfolg müssen die Spielenden in Interaktion mit anderen Spielcharakteren und/oder Mit- und Gegenspielern treten und deren emotionalen Zustände berücksichtigen Das Spiel kann nicht nur alleine, sondern in einem Mehrspieler-Modus mit bzw. gegen andere Spielende 5. Teamfähigkeit genutzt werden Das Spielprinzip der notwendigen sozialen Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe ist vorhanden 7 6. moralische Urteilskompetenz Gesamtpunkte Gesamt und ist für den Erfolg des Spielens ausschlaggebend Eine interaktive Struktur ermöglicht Kritik und Lob am eigenen Handeln oder an dem der anderen Spielenden Die Bildung von Einstellungen und Überzeugungen bezüglich der im Spiel vorhandenen moralischen Standpunkte wird gefördert Diese moralischen Standpunkte werden u.a. durch folgende Vorstellungen gestützt: o Menschen und der Gemeinschaft o Lebensaufgaben und Lebenssinn o Gerechtigkeit, Schuld und Vergebung o Geschichtlichkeit und Natur Summe der Punktwerte der Evaluierung der sozialen und persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen Evaluierung der sozialen und persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen/Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen/arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und 4,5 – 5 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und 3,5 – 4,4 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und 2,5 – 3,4 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und 1,5 – 2,4 Punkte realisierbar. 1,4 Punkte und Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. weniger sehr gut (1) gut (2) befriedigend (3) ausreichend (4) mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung der sozialen und persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen Die Evaluierung der sozialen und persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen von Computerspielen mit kompetenzförderlichen Potenzialen erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für: Selbstwahrnehmung, Ich-Stärkung, Emotionale Selbstkontrolle, Involvement, Teamfähigkeit, moralische Urteilskompetenz. 8 Teil III: Medienbezogene und gestalterische Anforderungen Anforderungen an medienbezogene und gestalterische Aspekte von Computerspielen mit kompetenzförderlichen Potenzialen - Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) Bewertung Die Spielenden müssen sich in komplexen Menüstrukturen und Hypertexten zurechtfinden Sie lernen verschiedene Begriffe aus dem Bereich der Technik-, Spiele- und Medienwelt kennen Das Spiel fördert das Hinterfragen des eigenen Mediennutzungsverhalten der Spielenden 8. Medienreflexion Die Fähigkeit Gefahren und Potenziale in Bezug zum Leben in der Medienwelt abzuschätzen wird angeregt Durch geschriebene oder gesprochene Sprache sowie Symbole oder akustische Reize ist die Möglichkeit zur Kommunikation mit anderen Spielenden gegeben 9. Kommunikation Kommunikative Handlungen stehen im Vordergrund des Spielgeschehens und sind ausschlaggebend für das Erreichen des Spielziels Das Spiel besitzt eine ästhetisch ansprechende visuelle Gestaltung, die den Inhalten und dem Genre entspricht 10. Visuelle Die Menüstrukturen sind übersichtlich aufgebaut und Gestaltung erleichtern den Umgang in der Spielwelt Grafik und Animationen sind auf einem aktuellen technischen Standard 7. Instrumentellqualifikatorisch e Kompetenzen 11. Auditive Die auditive Gestaltung, wie Musik, Töne und Sprache 9 Gestaltung 12. Kreativität Gesamtpunkte Gesamt sind verständlich, angemessen und motivierend Die auditiven Elemente sind von guter Qualität Ton- und Lautstärke können an die persönlichen Vorlieben der Spielenden angepasst werden Fantasiewelten, Levels oder Figuren können selbst entworfen werden Das Erreichen von Spielzielen auf unkonventionellen Wegen wird belohnt Die Spielenden bringen ihre eigenen Erfahrungen, Kenntnisse und Ideen in die Spielgestaltung und -umsetzung ein Summe der Punktwerte der Evaluierung der medienbezogenen und gestalterischen Anforderungen Evaluierung der medienbezogenen und gestalterischen Anforderungen/Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Evaluierungen/arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und 4,5 – 5 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und 3,5 – 4,4 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und 2,5 – 3,4 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und 1,5 – 2,4 Punkte realisierbar. 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. sehr gut (1) gut (2) befriedigend (3) ausreichend (4) mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung der medienbezogenen und gestalterischen Anforderungen Die Evaluierung der medienbezogenen und gestalterischen Anforderungen von Computerspielen mit kompetenzförderlichen Potenzialen erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für: Instrumentell-qualifikatorische Kompetenzen, Medienreflexion, Kommunikation, Visuelle Gestaltung, Auditive Gestaltung, Kreativität. 10 Teil IV: sensomotorische und technische Anforderungen Anforderungen an die Sensomotorik und an technische Aspekte von Computerspielen mit kompetenzförderlichen Potenzialen - Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 7. Koordination 8. Reaktionsvermögen 9. Navigation und Steuerung 10. Hard- und Bewertung Das Spiel verlangt durch visuelle, akustische oder taktile (z.B. Vibration des Controllers) Signale verschiedenste Bewegungs- und Ausdrucksmöglichkeiten des eigenen Körpers Verschiedenste motorische Handlungsabläufe werden koordiniert durchgeführt Die sensomotorischen Abläufe müssen im Verlauf des Spiels aufgrund verschiedener Schwierigkeitsstufen beschleunigt werden Neben körperlichen sind auch geistige Operationen zu bewältigen und im Tempo zu steigern Die Navigations- und Orientierungsmöglichkeiten sind einfach und übersichtlich handhabbar und erleichtern oder ermöglichen das Zurechtfinden in der Spielwelt Die Steuerungsmöglichkeiten zeichnen sich durch einen Wechsel der Eingabeformen oder Wahlmöglichkeiten der Bedienung (z.B. Tastatur, Maus) aus, sodass die Spielenden lernen verschiedene Steuerungsabläufe zu beherrschen Das Spiel erfordert den Umgang mit verschiedener 11 Software Hardware (z.B. verschiedene Datenträger, Headset, Lenkrad, Pistole etc.) Das Spiel erfordert den Umgang mit spezieller Software, indem man diese z.B. installiert und anschließend nutzt Aktualisierungen oder Erweiterungen sind online verfügbar, herunterzuladen und zu installieren Netzwerke müssen eingerichtet und erprobt werden Das Spiel beinhaltet Elemente, die den Spielenden mit Informationen zu Spielregeln und Spielstatus versorgen oder ihm Rückschlüsse darauf ermöglichen 11. Hilfestellun Es sind Anleitungen, Regelwerke, Handbücher, aber g auch Rückmeldungen, Hilfen und Tipps vorhanden Regeln können durch Erfahrung und Erkenntnis aus den vorherigen Spielzügen gesammelt, abgeleitet und angewandt werden Die Spielenden lernen einen allgemeinen Umgang mit neuen Medien und Digitalisierung 6. Neue Medien Das Spiel ermöglicht Erfahrungen mit Crossmedia, z.B. durch Einblendung von Videos/Filmszenen oder der Nutzung von Fotos Summe der Punktwerte der Evaluierung der Gesamtpunkte Sensomotorik und der technischen Anforderungen Evaluierung der Sensomotorik und der technischen Anforderungen/Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl Gesamt der Evaluierungen/arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und 4,5 – 5 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und 3,5 – 4,4 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und 2,5 – 3,4 Punkte realisierbar. Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und 1,5 – 2,4 Punkte realisierbar. 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. sehr gut (1) gut (2) befriedigend (3) ausreichend (4) mangelhaft (5). Beurteilung (verbal) nach Kriterien für die Evaluierung der Sensomotorik und der technischen Anforderungen Die Evaluierung der Sensomotorik und der technischen Anforderungen von Computerspielen mit kompetenzförderlichen Potenzialen erfolgt nach Anwendung der einzelnen Prüfaspekte für: Koordination, Reaktionsvermögen, Navigation und Steuerung, Hard- und Software, Hilfestellung, Neue Medien. 12 Gesamtevaluierung Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien I Evaluierung kognitiver Kompetenzen Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) II Evaluierung sozialer und persönlichkeits-bezogener Kompetenzen Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) III Evaluierung medienbezogener und gestalterischer Anforderunge Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) IV Evaluierung der Sensomotorik und technischer Anforderungen Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) Gesamt Gesamtpunkte (Summe der arithmetischen Mittel I – IV) Anmerkung: Interpretation der Gesamtpunktzahl 18,0 - 20 Punkte beispielhaftes didaktisches Multimediaprodukt sehr gut (1) 14,0 - 17,9 Punkte empfehlenswertes didaktisches Multimediaprodukt gut (2) 10,0 -13,9 Punkte geeignetes didaktisches Multimediaprodukt befriedigend (3) 6,0 – 9,9 Punkte verwendbares Multimediaprodukt ausreichend (4) 5,9 Punkte und weniger nicht zu empfehlendes Multimediaprodukt mangelhaft (5). 13 Gesamtevaluation (verbal): 14 Bernd Mikuszeit 2.6. Evaluierungskriterien für BLEP Blended-Learning-Programme für ethische Bildung (BLEP) Blended-Learning-Programme sind Lehr-/Lernkonzepte, die eine didaktisch sinnvolle Verknüpfung von Präsenzphasen und Phasen des selbständigen Lernens mit IKT-basierten Bildungsmedien umfassen. Die Päsenzenzphasen könnnen mit didaktischen Multimediaprodukten für Lehrende und Lernende unterstützt werden. Die Phasen des selbständigen Lernens werden auch als E-Learning-Phasen bezeichnet und werden mit didaktischen Multimediaprodukten für Lernende realisiert. Zur Bewertung von BLEP werden folgend vier Evaluierungsbereiche empfohlen: Teil I: Kompetenzanforderungen Teil II: Anforderungen an Präsenzphasen Teil III: Anforderungen an E-Learning-Phasen Teil IV: Organisatorische und mediale Anforderungen Anmerkung: In verschiedenen Publikationen wird statt von Blended-Learning auch von Blended-Education gesprochen. Diese Bezeichnung ist zweckmäßig, da damit Lehren und Lernen gleichermaßen betont werden. Da Blended-Learning in der Medienpädagogik eingeführt, in der Fachliteratur ein gängiger Begriff ist und in der Weiterbildungspraxis ausschließlich genutzt wird, verwendet das Projekt EVALUMEDIA vor allem den Begriff Blended-Learning. Blended-Education wir in geeigneten Zusammenhängen synonym genutzt. Teil I: Kompetenzanforderungen Die Kompetenzanforderungen befassen sich mit den grundlegenden Kategorien von Bildung, mit den Zielen, Inhalten und Kompetenzen. Es werden die Bildungsabsichten und Bildungsmöglichkeiten für Blended-Learning-Kurse für ethisches Lernen analysiert. Das Setzen und Realisieren von Zielen und Teilzielen sind Grundvoraussetzungen und Orientierungen für erfolgreiches Lernen. Welche Kenntnisse, Werte und Kompetenzen auf den verschiedenen Lernwegen im Zusammenhang mit der Zielgruppe erworben werden sollen sind deshalb grundlegende Fragen für die Konzipierung von Blended-LearningKursen für ethisches Lernen. Eng damit verbunden ist die Frage, welche Inhalte bzw. Stoffe, wie Fakten, Regeln, Begriffe, Gesetze, Methoden Relationen geübt, gelernt und angeeignet werden sollen. Die pädagogisch-inhaltlichen Anforderungen zur Konzipierung von Blended-LearningKursen für ethisches Lernen sind deshalb ein übergreifender Ansatz, der die Anforderungsgruppe konstituiert. Diese Anforderungsgruppe befasst sich mit folgenden Qualitätskriterien für ethisches Lernen in einem Blended-Learning-Szenarium: 1. Lernziel, 2. Lerninhalt, 3. Werte, 4. Zielgruppe, 5. Inhalte ethischen Lernens Document1 1 6. Explizites und implizites ethisches Lernen Teil II: Anforderungen an Präsenzphasen Die didaktisch-methodische Anforderungen an Präsenzphasen von Blended-LearningKursen befassen sich mit wesentlichen Aspekten des Lehrens und Lernens, insbesondere welche Lehr- und Lernarrangements in Blended-Learning-Kursen für ethische Bildung verfolgt werden. Die Didaktik als Wissenschaftsdisziplin der Pädagogik beschäftigt sich mit den Regeln des Lernens und den Zusammenhängen zwischen Lernen und Lehren. Unter didaktisch-methodischer Fragestellung wird nach der Methode sowie der Art und Weise der Vermittlung und der Aneignung von Kenntnissen und Kompetenzen gefragt. Die didaktisch-methodischen Anforderungen an Präsenzphasen bilden deshalb eine zweite wesentliche Anforderungsgruppe und strukturieren welche Anforderungen an qualitativ gute Blended-Learning-Kurse gestellt werden müssen. Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind: 1. Didaktische Blended-Learning Ansätze und Phasen 2. Vermittlungs- und Lernformen in Präsenzveranstaltungen 3. Didaktische Schritte für den ethischen Lehr- und Lernprozess 4. Didaktische Regeln und logische Lernverfahren 5. Didaktische Schwerpunkte der Präsenzphasen 6. Inhalte und Stufen ethischen Lernens und ethische Basiskompetenzen. Teil III: Anforderungen an E-Learning-Phasen Die didaktisch-methodische Anforderungen an E-Learning-Phasen / Selbstlernphasen von Blended-Learning-Kursen für ethisches Lernen befassen sich mit wesentlichen Aspekten vor allem des Lernens, insbesondere welche Lernarrangements in Blended-EducationKursen für ethische Bildung verfolgt werden. Die Didaktik als Wissenschaftsdisziplin der Pädagogik beschäftigt sich mit den Regeln des Lernens und den Zusammenhängen zwischen Lernen und Lehren. Unter didaktisch-methodischer Fragestellung wird nach der Methode sowie der Art und Weise der Vermittlung und der Aneignung von Kenntnissen und Kompetenzen gefragt. Die didaktisch-methodischen Anforderungen an E-Learning-Phasen von BlendedLearning-Kursen für ethisches Lernen bilden deshalb eine ditte wesentliche Anforderungsgruppe und strukturieren welche didaktisch-methodische Anforderungen an E-Leaning-Phasen gestellt werden müssen. Die Qualitätskriterien dieser Gruppe sind: 1. Didaktische Blended-Learning Ansätze und Phasen 2. Didaktisch-inhaltliche Aspekte der E-Learning-Phasen 3. Allgemeine Anforderungen an E-Learning-Phasen 4. Didaktische Regeln und logische Lernverfahren 5. Didaktische Schwerpunkte der E-Learning-Phasen 6. E-Learning-Angebote für ethisches Lernen Document1 2 Teil IV: Organisatorische und mediale Anforderungen Die organisatorischen Anforderungen befassen sich mit grundlegenden ergonomischen Gesichtspunkten bei der Durchführung von Blended-Learning-Kursen und mit der Nutzung von didaktischen Multimediaprodukten. Das sind Fragen, die sich mit der menschgerechten Gestaltung von Lehr- und Lernumgebungen bzw. von MenschComputer-Schnittstellen befassen. Zu den Rahmenbedingungen des Blended-LearningProjekts gehören neben der curricularen Verankerung auch der zur Verfügung stehende Kostenrahmen ebenso wie die Beratungs- und Supportkapazitäten, auf die zugegriffen werden kann. Außerdem sind Nutzungskomfort und Handhabung der didaktischen Multimediaprodukte für einen erfolgreichen Blended-Learning-Kurs von wesentlicher Bedeutung. Diese Kriterien sind deshalb in einer vierten Kriteriengruppe als Anforderungen an Organisation, Kommunikation und Medien zusammengefasst. Bei diesen Anforderungen sind vor allem ergonomische Gesichtspunkte von Bedeutung wie Rahmenbedingungen, Bedienungseigenschaften, Handhabungsgesichtspunkte und Gebrauchseigenschaften. Die Arbeitsbedingungen für Lehrende und Lernende sind oft der Schlüssel zum Erfolg bzw. Misserfolg für einen Blended-Learning-Kurs. Weiterbildungsveranstaltungen können als institutionalisiertes kommunikatives Handeln angesehen werden, in dessen Mittelpunkt die Schaffung von Lernsituationen steht. DozentInnen und TeilnehmerInnen müssen sich in einem Rahmen von institutionellen Bedingungen über ihre Ausgangslage, ihre Kursziel, über vermittelnde Variablen wie Verhalten, Lehr- und Lernverfahren, organisatorische Maßnahmen und die möglichen Erfolgskontrollen verständigen. Innerhalb dieser wechselseitig aufeinander wirkenden Handlungsaspekte wird die Organisation der Weiterbildungsveranstaltung zu einer wichtigen Vermittlungsvariablen. Weiterbildungsorganisation besteht auch in der Organisation der Sozialformen der Weiterbildung: Die frontal geführten Präsensphasen begünstigen vor allem rezeptives Lernverhalten; in der Gruppenarbeit ist die gesamte Lehr-Lern-Gruppe an der Planung und Durchführung des Unterrichts beteiligt; die Selbstlernphasen können sich am ehesten dem individuellen Lernfortschritt anpassen. Zu den organisatorischen, kommunikativen und medialen Anforderungen gehören folgende Qualitätskriterien: 1. Rahmenbedingungen 2. Inhaltsadäquate und adressengerechte Auswahl und Gestaltung der Multimediaprodukte 3. Multimedialität 4. Interaktivität 5. Adaptivität 6. Informationen zum Blended-Learning-Kurs Document1 3 Teil I: Kompetenzanforderungen an Blended-Learning-Kurse für ethisches Lernen Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen an Bildungsabsichten und Bildungsmöglichkeiten für Blended-Learning-Kurse, Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 7. Lernziel 8. Lerninhalt 9. Werte 10.Zielgruppe 11. Inhalte ethischen Lernens 12. Explizites und implizites ethisches Lernen Document1 Bewertung Der Kurs verfolgt das Ziel, Fähigkeiten zur Wahrnehmung einer ethisch relevanten Situation und ihrer Probleme auszubilden, die argumentative Auseinandersetzung mit einem ethischen Problem zu fördern und eine grundlegende Haltung der Verständigungsorientierung zu entwickeln. Alle Ziel- und Inhaltskomponenten (kognitive, affektive, psychomotorische, sozial-kommunikative) sind mit der Gesamtkonzeption des Kurses abgestimmt. Der konzipierte Lerninhalt ist geeignet, die Ausbildung folgender ethischer Basiskompetenzen zu unterstützen: - die Wahrnehmung ethischer Fragen und Probleme - die Begründung ethischer Urteile - die Ausbildung bzw. Reflexion der eigenen Haltung. Die Lerninhalte sind sachlich und wissenschaftlich korrekt dargestellt (Struktur, Auswahl, Menge und Dichte sowie Verknüpfung von Informationen, wesentliche Aussagen mit Bezug zum Allgemeinheitsgrad und zur Abstraktionsebene). Die Lerninhalte sind mit entsprechenden Bildungsprogrammen abgestimmt. Die Bildungsinhalte sind nach pädagogischen Gesichtspunkten sinnvoll ausgewählt und begründet. Der Kurs fördert ethische Orientierungen und Leitvorstellungen. Der Kurs fördert humane Gedanken und Werte. Die angezielten Werte und Normen fördern die Würde des Menschen und solidarisches Verhalten. Die angezielten Werte und Normen sind frei von Gewalt verherrlichenden, radikalen oder obszönen Darstellungen, ideologischer Beeinflussung, negativen Vorurteilen und gezielter Manipulation. Der Inhalt des Kurses ist frei von engem geschlechtsspezifischen Rollendenken und Vorurteilen gegenüber Individuen und gesellschaftlichen Gruppen. Die Lernziele des Kurses verfolgen ein für die Nutzer relevantes moralisches Problem. Vorhandene Erfahrungen, notwendige Vorkenntnisse und Fähigkeiten der Zielgruppe werden berücksichtigt (Wissen und Können, Emotionen und Haltungen, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsvermögen, sozial-kulturelles Umfeld). Die Thematik oder die Art ihrer Durchführung fördert ethische Bildung zu einem bzw. mehreren der folgenden Themenfelder: Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung Krieg und Frieden Mensch und Umwelt Gewalt und Ausgrenzung Solidarität und Gerechtigkeit Bürger und Gesellschaft Zukunftsbewältigung und Chancengleichheit. Die Kurskonzeption für das ethische Lernen berücksichtigt eine oder mehrere der folgenden vier Stufen: Ethisches Lernen ist direkt Thema eines Kurses oder Seminars. Bei dem Kursthema schwingen ethische Fragestellungen mit. 4 Bei der Kursdurchführung kann eine ethische Fragestellung auftreten. Ethik kann im Verlauf des Kurses ungewollt zum Thema werden. Gesamtpunkte Summe der Punktwerte der Kompetenzanforderungen Gesamt Kompetenzanforderungen / Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Wertungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Evaluation (verbal) nach Kriterien für Kompetenzanforderungen Die Evaluation nach Kompetenzanforderungen für Blended-Learning-Kurse erfolgt nach Anwendung der Qualitätskriterien für: „Lernziel“, „Lerninhalt“, „Werte“, „Zielgruppe“, „Inhalte ethischen Lernens“, „explizites und implizites ethisches Lernen“. Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Document1 5 Teil II: Anforderungen an Präsenzphasen von Blended-Learning-Kursen für ethisches Lernen Anforderungen an das Lehr- und Lernarrangement für Blended-Learning-Kurse für ethisches Lernen; Didaktisch-methodische Anforderungen an Präsenzphasen, Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Didaktische BlendedLearning Ansätze und Phasen 2. Vermittlungs- und Lernformen in Präsenzveranstaltungen 3. Didaktische Schritte für den ethischen Lehrund Lernprozess 4. Didaktische Regeln und logische Lernverfahren Document1 Bewertung Dem Blended-Learning-Kurs liegt ein erkennbarer lerntheoretischer Ansatz zugrunde, beispielsweise ein eher objektivistischer, konstruktivistischer, traditionalistischer, wissenschaftsorientierter oder handlungsorientierter Ansatz. Der lerntheoretische Ansatz ist zweckmäßig umgesetzt und die Bildungsinhalte sind nach didaktischen Gesichtspunkten zweckmäßig strukturiert. Das Blended-Learning-Konzept umfasst eine oder mehrere Präsenzphasen. Die Präsenzphasen ordnen sich didaktisch zweckmäßig in das Gesamtkonzept des Kurses ein und sind mit E-Learning-Phasen zweckmäßig abgestimmt und verbunden. Methodische Grundformen für Präsenzveranstaltungen, wie darbietende, aufgebende und erarbeitende Formen, werden angewandt. Mögliche und sinnvolle Kooperationsformen in Präsenzveranstaltungen, wie. frontale Vermittlung, Partnerlernen, Gruppenlernen bzw. Einzellernen, wurden berücksichtigt. In den Präsenzveranstaltungen werden sinnvolle Kooperationsformen und Lernformen angewandt. Frontale, kooperative und individuelle Lernformen zweckmäßig kombiniert. Wesentliche didaktische Schritte, die einen ethischen Lehr- und Lernprozess in der Erwachsenenbildung ermöglichen, werden in den Präsensphasen folgerichtig angewandt: Einführung und Aktivierung, Hinführung und Reaktivierung Vermittlung und Verarbeitung, Vertiefung un Verallgemeinerung Festigung und Anwendung, Wiederholen und Anwenden Systematisierung Wertung und Auswertung, Vereinbarungen treffen. Die vorgesehenen didaktischen Schritte ermöglichen unterschiedliches Arbeiten der Nutzer in Schwierigkeitsgrad und Tempo. Die Abarbeitung der Lernschritte erfolgt emotional wirksam und motivierend. Grundlegende didaktische Regeln und Prinzipien wurden bei der Kurskonzeption für die Präsensphasen eingehalten, wie Fasslichkeit Wissenschaftlichkeit Folgerichtigkeit Anschaulichkeit Vom Allgemeinen zum Besonderen Vom Einfachen zum Komplizierten Vom Leichten zum Schweren Vom Nahen zum Entfernten Vom Bekannten zum Unbekannten Verbindung des Konkreten mit dem Abstrakten. Logische Lernverfahren, wie Analysieren, Synthetisieren, Vergleichen, Differenzieren, Generalisieren, Abstrahieren, Verallgemeinern, Ordnen, 6 Konkretisieren, sind im Kurs angelegt und werden gefördert. 5. Didaktische Schwerpunkte der Präsenzphasen Das Blended-Learning-Konzept umfasst eine oder mehrere Präsenzphasen mit einigen der angeführten didaktisch-methodischen Schritte. Präsenzphase A: Darbieten, Initiieren, Hinführen Themenpräsentation Problemsituation Impuls (Vortrag oder Medien) Einführung in das Lernkonzept Blended Learning Einführung in die eLearning-Phase (Umgang mit Internet, Medien und Kommunikationsarten) Einführung in die genutzten Medien Aufgabenstellung für die eLearning-Phase Präsenzphase B: Weiterführen, Vertiefen Ergebnispräsentationen der Teinehmer Diskussion der Lernergebnisse Systematisierung des ethischen Themas, mögliche Einbeziehung von Multimediaangeboten Aufgabenstellung für Weiterführungsphase zum Thema (Forum, Multimedia) Weitere Präsenzphasen: Weiterführen, Vertiefen wie Präzensphase B in Abhängigkeit von der Themenstellung 6. Inhalte und Stufen ethischen Lernens und ethische Basiskompetenzen Die Kurskonzeption in den Päsensphasen ist auf die Vermittlung folgender ethischer Basiskompetenzen gerichtet: auf die Wahrnehmung ethischer Fragen und Probleme. auf die Begründung ethischer Urteile auf die Ausbildung bzw. Reflexion der eigenen Haltung einschließlich der Motivation zum eigenen Handeln. Die Kurskonzeption für das ethische Lernen berücksichtigt eine oder mehrere der folgenden Stufen: Das ethische Problem ist Thema des Kurses oder Seminars (Darbieten, Initiieren, Hinführen). Der ethische Lernanlass wird von DozentInnen erkannt bzw. entdeckt (Entdecken). Der ethische Lernprozeß wird von DozentInnen initiiert (Initiieren). Die Auseinandersetzung der Teilnehmer mit den ethischen Fragen erfolgt wird durch DozentInnen begleitet (Begleitung). Als Resultat des Reflexions- und Kommunikationsprozesses wird versucht Vereinbarungen zu treffen (Ergebnis sichern). Gesamtpunkte Summe der Punktwerte der Anforderungen an Päsenzphasen Gesamt Anforderungen an Päsenzphasen / Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Wertungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Evaluation (verbal) nach Kriterien für die Anforderungen an Präsenzphasen Die Evaluation nach Anforderungen an Präsenzphasen von Blended-Learning-Kursen erfolgt nach Anwendung der Qualitätskriterien für: „didaktische Blended-Learning Ansätze und Phasen“, „didaktisch-inhaltliche Aspekte der E-Learning-Phasen“, Document1 7 „allgemeine Anforderungen an E-Learning-Phasen“, „didaktische Regeln und logische Lernverfahren“, „didaktische Schwerpunkte der E-Learning-Phasen“, „ELearning-Angebote für ethisches Lernen“. Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Document1 8 Teil III: Anforderungen an E-Learning-Phasen Didaktisch-methodische Anforderungen an E-Learning-Phasen von BlendedLearning-Kursen für ethisches Lernen, Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 1. Didaktische BlendedLearning Ansätze und Phasen Bewertung Dem Blended-Learning-Kurs liegt ein erkennbarer lerntheoretischer Ansatz zugrunde, beispielsweise ein eher objektivistischer, konstruktivistischer, traditionalistischer, wissenschaftsorientierter oder handlungsorientierter Ansatz. Der lerntheoretische Ansatz ist zweckmäßig umgesetzt und die Bildungsinhalte sind nach didaktischen Gesichtspunkten zweckmäßig strukturiert. Das Blended-Learning-Konzept umfasst eine oder mehrere E-LearningPhasen. Die E-Learning-Phasen ordnen sich didaktisch zweckmäßig in das Gesamtkonzept des Kurses ein und sind mit den Präsenzphasen zweckmäßig abgestimmt und verbunden. Die E-Learnigphasen und die E-Learningangebote zeichnen sich durch folgende 2. Didaktisch-inhaltliche didaktisch-inhaltlichen Aspekte aus: Aspekte der E-Learning- Curriculare Einbindung - Die E-Learning-Angebote sind in das BlendedPhasen Learning-Konzept didaktisch zweckmäßig und sind für das Erreichen der Kursziele notwendig. Lernprozessorientierung – Mit dem E-Learning-Angebot wird neues Wissen in einem aktiven Aneignungsprozess erarbeitet und nicht als ein Set von fertigen und eindeutigen Informationseinheiten übermittelt. Kompetenzförderung – Die E-Learning-Angebote fördern und verstärken die Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz aller Teilnehmer. beteiligten Personen. Förderung kooperativer Arbeits- und Lernformen - Die E-Learning-Angebote fördern kooperative Arbeits-und Lernformen sowie Modelle verteilter Wissensgemeinschaften. Kontextualisierung - Die E-Learning-Angebote fördern die Vernetzung des Angebots mit anderen gesellschaftlichen Feldern (vor allem über das Internet). 3. Allgemeine Anforderungen an ELearning-Phasen - Es kann zeit- und ortsunabhängig gelernt werden. - Teilnehmer können ihr Lerntempo selbst bestimmen. - Durch unterschiedliche multimediale Angebote (Bild, Video, Ton, Animation, Text) und unterschiedliche Aufgabenstellungen (Praxisnähe, Theoretischer Zugang …) werden unterschiedliche Lerntypen angesprochen. - Der Lehrstoff ist didaktisch und methodisch gut aufbereitet und flexibel handhabbar. - Eine tutorielle Betreuung ist gesichert. 4. Didaktische Regeln und logische Lernverfahren Document1 Grundlegende didaktische Regeln und Prinzipien wurden bei der Kurskonzeption der E-Learning-Phasen eingehalten, wie Fasslichkeit Wissenschaftlichkeit Folgerichtigkeit Anschaulichkeit Vom Allgemeinen zum Besonderen Vom Einfachen zum Komplizierten Vom Leichten zum Schweren Vom Nahen zum Entfernten Vom Bekannten zum Unbekannten Verbindung des Konkreten mit dem Abstrakten. 9 5. Didaktische Schwerpunkte der ELearning-Phasen Logische Lernverfahren, wie Analysieren, Synthetisieren, Vergleichen, Differenzieren, Generalisieren, Abstrahieren, Verallgemeinern, Ordnen, Konkretisieren, sind im Kurs angelegt und werden gefördert. Das Blended-Learning-Konzept umfasst eine oder mehrere E-Learning-Phasen mit einigen der angeführten didaktisch-methodischen Schritte. E-Learning-Phase A: Begleiten, Erarbeiten, selbständiges Bearbeiten Bearbeitung des ethischen Themas anhand eines Mediums und nach einer Aufgabenstellung (selbständiges Lernen) Kommunikation mit Mitlernenden und Dozenten (Foren, Chat, Tutorial) Online-Zusammenarbeit (Workspace) E-Learning-Phase B: Begleiten, selbständiges Bearbeiten Weiterführung des Teilnehmer-Forums zum Diskurs unter den Teilnehmern (von Teilnehmern geleitet) Einbeziehung weitere Multimediaprodukte Weitere E-Learning-Phasen: Begleiten, selbständiges Bearbeiten wie E-Learning-Phasen B in Abhängigkeit von der Themenstellung und den Präsenzphasen 6. E-Learning-Angebote für ethisches Lernen Die E-Learnigphasen und die E-Learningangebote sind so konzipiert, dass sie das selbständige Bearbeiten eines ethischen Problems, das bisher nicht gelöst werden konnte, ermöglichen. einen Zuwachs an Wissen und Kompetenzen bei der ethischen urteilsfindung unterstützen. einen Zuwachs an moralischer Sensibilität und moralischer Motivation ermöglichen. Die Kurskonzeption in den E-Learning-Phasen ist auf die Vermittlung folgender ethischer Basiskompetenzen gerichtet: auf die Wahrnehmung ethischer Fragen und Probleme. auf die Begründung ethischer Urteile auf die Ausbildung bzw. Reflexion der eigenen Haltung einschließlich der Motivation zum eigenen Handeln. Gesamtpunkte Summe der Punktwerte der Anforderungen an E-Learning-Phasen Gesamt Anforderungen an E-Learning-Phasen / Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Wertungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Evaluation (verbal) nach Kriterien für die Anforderungen an E-LearningPhasen Die Evaluation nach Anforderungen an E-Learning-Phasen von Blended-Learning-Kursen erfolgt nach Anwendung der Qualitätskriterien für: „Didaktische Ansätze und Inhalte“, „Vermittlungsund Lernformen, Stufen ethischen Lernens (Implizites ethisches Lernen)“, „Päsenzphasen“, „E-Learning-Phasen“. „Didaktische Regeln und logische Lernverfahren“, „Didaktische Schritte“. Document1 10 Document1 11 Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Teil IV: Organisatorische und mediale Anforderungen an BlendedLearning-Kurse Anforderungen an Organisation und Medien für Blended-Learning-Kurse für ethisches Lernen / Rahmenbedingungen für Blended-Learning-Kurse und die Nutzung von didaktischen Multimediaprodukten, Qualitätskriterien und Prüfaspekte Qualitätskriterien 1. Rahmenbedingungen Prüfaspekte (nicht alle müssen gleichzeitig erfüllt sein!) 2. Inhaltsadäquate und adressengerechte Auswahl und Gestaltung der Multimediaprodukte Document1 Bewertung Für die Durchführung des Blended-Learning-Projekts steht eine technische Beratungs-und Supportkapazität zur Verfügung Es ist sichergestellt, dass die Kursteilnehmer die nötigen technischen und medialen Kompetenzen verfügen bzw. diese selbstständig erwerben können. Die für den Kurs erforderliche Hard- und Sofware steht zur Verfügung. Für den Kurs steht ein entsprechend ausgerüsteter Multimediaraum als Veranstaltungsort zur Verfügung. Es empfiehlt sich eine kreisförmige Anordnung der Computerarbeitsplätze. Berücksichtigung verschiedener didaktischer Variablen im Lehr- und Lernprozess zur Entwicklung von Lernmotivationen, insbesondere der intrinsischen Motivation, z.B. zur Erlangung emotionaler Sicherheit, zur Mitbestimmung der Teilnehmer über die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, zur Zahl der Teilnehmer an Veranstaltungen, zur Fülle und Gliederung der zu vermittelnden Informationen im Hinblick auf die Zielgruppe. Die Auswahl der didaktischen Multimediaprodukte für den Blended-LearningKurs erfolgt inhaltsadäquat für die Präsens- und E-Learning-Phasen. Die didaktische Multimediaprodukte und die Medienart wurden entsprechend dem Inhalt zweckmäßig gewählt. Die Lerninhalte sind mit den Möglichkeiten der Multimediaart abgestimmt. Es wurde die dem Inhalt gemäße multisymbolische Darstellungsform gewählt. Die multisymbolischen Darstellungsformen (Texte, Grafiken, Bilder, Videos, Audios etc.) sind korrekt und entsprechen ästhetischen Gesichtspunkten. Das Multimediaprodukt wurde adressatengerecht gestaltet. Darstellungsformen der Inhalte wie Sprache, Ton, Bild, Animation sind zielgruppengemäß. 12 3. Multimedialität 4. Interaktivität 5. Adaptivität Informationen zum Blended-LearningKurs Gesamtpunkte Document1 Die in dem Blended-Learning-Kurs integrierten Multimediaprodukte können funktional, sinnvoll und lernunterstützend genutzt werden. Die Lernkanäle werden lernunterstützend sinnvoll aktiviert (visuell, auditiv, haptisch, motorisch) Es werden verschiedene Vermittlungs- und Kommunikationsformen angeboten. Die ausgewählten Programme und Programmelemente (Tutorielles Programm, Simulation, Übung, Spiel , Nachschlagewerke etc. sind begründet, ergänzen sich und sind inhaltsadäquat Die in den Blended-Learning-Kurs integrierten Multimediaprodukte ermöglichen interaktives Arbeiten, Veränderung von Aufgabenstellungen und flexibles Reagieren entsprechend den unterschiedlichen Lernbedürfnissen und Lernvoraussetzungen. Rückmeldungen werden in variablen Formen, motivierend und effektiv angeboten. Für Leistungsauswertungen werden zweckmäßige Möglichkeiten (wie Text, Ton, Grafik, Animation) angeboten. Falsche Lösungen werden in unterschiedlicher und variabler Weise kenntlich gemacht. Rückmeldungen falscher Lösungen erfolgen in motivierender Weise und bewerten die Antwort und nicht die Person. Die Multimediaprodukte reagieren auf den Lernverlauf, indem der individuelle Leistungsstand analysiert wird und entsprechende Verzweigungen empfohlen werden. Verzweigungen werden nach Antwort- und Lernverlaufsanalyse automatisch eingeschlagen und können frei gewählt werden. Verzweigungen sind in angemessener und überschaubarer Anzahl vorhanden. Durch Verzweigungen werden unterschiedlich schwierige und variierte Aufgabenformen angeboten. Interaktivität zwischen Nutzer und den Multimediaprodukten werden ermöglicht, indem Aufgaben und Arbeitsaufträge gestellt, Lösungen gefordert und die Entwicklung von Lösungsstrategien gefördert werden. Die Interaktivität wird unterstützt durch Abhängigkeit des Programmfortgangs von den Beiträgen und Aktivitäten des Nutzers, durch Auslösen von Aktivitäten des Nutzers, z.B. Sammeln von Daten, Erweitern von Informationen, durch Bereitstellung von Daten für die weitere Bearbeitung, durch Fehlermeldungen mit Sachbezug, durch sachliche und variable Bestätigung von Arbeitsergebnissen, durch Realisierung von LINKS zu anderen Medien bzw. durch Belohnungssysteme (Bestenliste, Spiele usw.). Die Multimediaprodukte des Blended-Learning-Kurses ermöglichen die Anpassung an die Leistungsfähigkeit des Benutzers durch Änderungen der Grundeinstellung (z.B. Abstellen des Tones, Wechsel zwischen Text und Tonausgabe) und das Einstellen des Schwierigkeitsgrades (z.B. Aufgaben mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen). Das Einstellen des Zeitverhaltens (z.B. Einstellung der Reaktionszeiten nach Erfordernissen des Nutzers) wird durch die Multimediaprodukte gewährleistet. Die Multimediaprodukte ermöglichen die Anpassung an die Leistungsfähigkeit des Benutzers durch die Art sowie den Umfang der Informationen (z.B. gesonderte und kombinierte Wahl von Text- oder Toninformationen). Eine Anpassung des Hilfesystems (z.B. variables Angebot von Hilfen) wird durch die Multimediaprodukte ermöglicht. Der Blended-Learning-Kurs für das ethische Lernen ist in ausrechenden Maße bekannt gemacht worden (Flyer, Internet, Presse) Zum Blended-learning-Kurs für das ethische Lernen wird den Teilnehmern eine Studienmaterial bzw- geeignete Literatur bereitgestellt. Summe der Punktwerte der organisatorischen und medialenAnforderungen 13 Gesamt Organisatorische und mediale Anforderungen / Gesamtpunkte dividiert durch Anzahl der Bewertungen / arithmetisches Mittel, 1 Kommastelle Evaluation (verbal) nach Kriterien für organisatorische und mediale Anforderungen Die Evaluation nach den organisatorischen und medialen Anforderungen an BlendedLearning-Kurse erfolgt nach Anwendung der Qualitätskriterien für „Rahmenbedingungen“, „inhaltsadäquate und adressengerechte Auswahl und Gestaltung der Multimediaprodukte“, „Multimedialität“, „Interaktivität“, „Adaptivität“, „Information zum Blended-Learning-Kurs“. Anmerkung: Interpretation der durchschnittlichen Punktzahl der Qualitätsevaluation 4,5 – 5 Punkte Qualitätskriterium ist in hervorragender Art und Weise konzipiert und realisierbar. sehr gut (1) 3,5 – 4,4 Punkte Qualitätskriterium ist in gelungener Art und Weise konzipiert und realisierbar. gut (2) 2,5 – 3,4 Punkte Qualitätskriterium ist in befriedigender Art und Weise konzipiert und realisierbar. befriedigend (3) 1,5 – 2,4 Punkte Qualitätskriterium ist in ausreichender Art und Weise konzipiert und realisierbar. ausreichend (4) 1,4 Punkte und weniger Qualitätskriterium ist mangelhaft konzipiert und kaum realisierbar. mangelhaft (5). Document1 14 Gesamtevaluation Gesamtprüfung (arithmetisch / 5-er Skalierung) nach Kriterien I Pädagogischinhaltliche Bewertung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) II Didaktischmethodische Bewertung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) III Mediale Bewertung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) IV Bedienungsbewertung Gesamtpunkte (arithmetisches Mittel) Gesamtbewertung Gesamtpunkte (Summe der arithmetischen Mittel I – IV) Interpretation der Gesamtpunktzahl 18,0 - 20 Punkte Beispielhafter Blended-Learning-Kurs sehr gut (1) 14,0 - 17,9 Punkte 10,0 -13,9 Punkte 6,0 – 9,9 Punkte Empfehlenswerter Blended-Learning-Kurs gut (2) befriedigend (3) ausreichend (4) 5,9 Punkte und weniger Geeigneter Blended-Learning-Kurs Nutzbarer Blended-Learning-Kurs Nicht zu empfehlender Blended-Learning-Kurs mangelhaft (5). Gesamtevaluation (verbal): Document1 15 3. Evaluierungskonzepte für Multimediaprodukte, Bildungsmedien und thematisch-inhaltliche Weiterbildungsangebote Joan Hemels 3.1. Weiterbildungsangebot mit Bildungsmedien zur interkulturellen Erwachsenenbildung: Religiöse Kulturen als interkulturelle Herausforderung für Erwachsenenbildung Die gesellschaftliche Präsenz der Religionsgemeinschaften in den Niederlanden Wir beschaftigen uns in diesem Aufsatz mit einer Frage – selbstverstandlich in der Erwartung oder vielleicht nur in der Hoffnung, naher an sachlich betonte Antworten heranzukommen. „Religion in der Medienoffentlichkeit der Niederlande“ ist das Thema, verbunden mit der Frage, ob Religion eine Mitgestalterin oder Auβenseiterin bei der offentlichen Diskussionen ist. „Mitgestalterin“ verstehe ich dabei als ein Bundel von Fahigkeiten der Religionsgemeinschaften, standig Spuren im Inhalt der klassischen und der neuen Medien (religioser sowie sakularisierter Richtung) zu hinterlassen und so dauerhaft auf die offentliche Debatte und Meinungsbildung hinsichtlich ethischer und religioser Fragen einzuwirken. Öffentliche Prasenz und Wirkung betrachte ich als wichtiges Zeichen und Signal fur die Vitalitat und Wirksamkeit der Religion auβerhalb der Privatsphare. Kirchen und religiose Bewegungen fuhren in dieser Annaherung kein gesellschaftliches Versteckspiel. Sie spielen bewusst und zielorientiert eine nicht unerhebliche Rolle in der Gesellschaft. Den Titel „Neuanfang oder Schwanengesang? “ versah ich mit einem Fragezeichen, als ich 2010 in Erfurt einen Vortrag hielt uber das Thema „Religion in der Medienoffentlichkeit der Niederlande“.1 In Bezug zur Frage, wie einerseits kirchliche und nicht-kirchliche Meinungsfuhrer ihre Medienarbeit leisten und sich andererseits Journalisten in den Niederlanden mit Religion und immer ofter auch mit Spiritualitat auseinandersetzen, werde ich versuchen, Bilanz zu ziehen. Es handelt sich dabei letztendlich um eine unsichere Zukunftsperspektive – erstens weil ich, gerade auch durch Zwischenfalle, die sich in den Monaten Februar und Marz 2010 abspielten, zwischen Öptimismus und Pessimismus hin und her gerissen wurde, und zweitens, weil bestimmte Entwicklungsfaktoren sich sogar kurzfristig kaum einschatzen lassen. Namentlich die Moglichkeit eines breiten Spektrums des 16 Meinungsjournalismus, neben Berichterstattung, in Bezug zu Kirchen und Religionen, ist eine Bedingung, die sich nicht beeinflussen lasst. Bekanntlich ist die christliche Religion fur die Niederlander auch gegenwartig noch eine ernst genommene Angelegenheit. Trotz der vermeintlich oder tatsachlich fortschreitenden Sakularisierung der Gesellschaft und Versuche einzelner Meinungsfuhrer in den letzten Jahrzehnten, alle Religionen aus der offentlichen Domane zu verdrangen, wurden Gott oder Allah der Tod angesagt. In der offentlichen Debatte, die von Massenmedien gespeist wird, stehen ethische Fragen, religiose Themen, religios fundierte Sitten und Brauche, Meinungsund Wertebildung sowie Reflexion uber Grundrechte und Burgerpflichten seit fast zehn Jahren wieder auf der politischen Tagesordnung. Diese Themen finden sich deshalb auch immer mehr in den Medien. Es handelt sich dabei um Nachrichten, Berichte, Hintergrundinformationen, Nachrichtenanalysen und Kommentare der Redaktionen. Auβerdem tragen Experten mit ihren Beitragen in Druckerzeugnissen wie Tageszeitungen und Meinungswochenblattern oder in Önline-Podiumsdiskussionen (dazu eingeladen oder aus eigenem Antrieb) zur allgemeinen Meinungsbildung bei. Leser reagieren ebenfalls in vielfaltiger Weise. Dies schließt sowohl traditionelle wie auch moderne elektronische Leserbriefe ein. Dabei geht es um die Beteiligung am Önline gefuhrten Meinungsaustausch, der durch traditionelle Massenmedien, Interessengruppen, Kirchen oder one issuecommunities im Internet gefordert wird. Die öffentliche Debatte im Zeitalter des Internets Leider erfahren Initiatoren niederlandischer kirchlich-religioser Websites mit einem Diskussionspodium und Redaktionen der Tageszeitungen, die die Önline-Debatte fordern, jeden Tag wie unsachlich, emotional und sogar aggressiv oft auf Blogs reagiert wird. So vermutet der ehemalige Leserredakteur („ombudsman“) der uberregionalen Tageszeitung „de Volkskrant“, Thom Meens, dass diese „Verschmutzung“ nicht so sehr von den eigenen Abonnenten verursacht wird, sondern hauptsachlich von Auβenseitern stammt, die weder eine Leserbindung mit einem bestimmten Titel entwickelt haben, noch haufige Leser sind, moglicherweise uberhaupt keine Zeitung lesen, jedoch viel Freizeit surfend auf dem Internet verbringen, um ihre populistischen auslander- und islamfeindlichen „Internetabfalle“ zu verbreiten. In der Ausgabe seiner Rubrik vom 27. Marz 2010 uberlegt Meens sich ernsthaft, ob sein Blog zukunftig nicht eingeschrankt und somit nur fur eine bestimmte, fur eine „eigene“ Zielgruppe zuganglich gemacht werden sollte. Seine Redaktion war es mude geworden, die Beitrage im Internet standig moderieren zu mussen und sie eventuell auch zu zensieren.2 Die Euphorie über „Qualität“ und „Öffenheit“ der Önline-Diskussion zu aktuellen, mit Emotionen verbundenen, politischen und religiösen Fragen der multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft scheint mir sowieso unter einen gewissen Druck geraten zu sein. Dieser Tatbestand trifft nicht nur auf den Journalismus und die Journalisten zu. 17 Beispielsweise untersuchte Tamara Witschge in ihrer Amsterdamer Dissertation, ob und wie ethnische Minderheiten oder ausländische Nationalitäten in den niederländischen Medien positiv oder negativ dargestellt werden. Ihre Forschungsfrage lautete: „In welchem Umfang sind verschiedene Akteure und Blickwinkel in der Online-Diskussion über Migration vertreten, und wie lässt sich das mit der Darstellung in Zeitungen vergleichen?“3 Witschge schlussfolgert, dass im Internet noch keine wirklich offene Debatte stattfindet. Die Ursachen hierfür bestünden insbesondere in menschlichen Unzulänglichkeiten: So fällt es niemandem leicht oder ist ihm gar einfach, sich gegenüber jemandem, der einer anderen bzw. unterschiedlichen politischen, kulturellen oder religiösen Gruppe angehört, zu präsentieren bzw. ihm gegenüber zu argumentieren. Das trifft vor allem dann zu, wenn es sich um Minderheiten handelt, die ihre Rechte in der Gesellschaft einfordern. Zugang zur OnlineDiskussion sei zwar einfacher, obwohl ein Internetzugang dafür Voraussetzung ist, als auch Teilnahme an der Zeitungsdebatte. Folglich sind mehr Bürger Online vertreten. Für diejenigen, die keine Kontakte zur Zeitungswelt haben, ist es laut Witschge schwierig, Zugang zu dieser Diskussionsplattform zu bekommen. Obwohl die Online-Teilhabe einfacher ist und in der Diskussion mehr unterschiedliche Positionen geäußert werden, bleiben die Gegenargumente in der Online-Debatte innerhalb der Grenzen dessen, was als niederländische Kulturwerte und niederländisches Rechtssystem gilt. Es wird keine wirkliche Alternativposition präsentiert. Und „die anderen“ waren nicht in der Debatte vertreten. In diesem Sinne ist die Diskussion eingeschränkt, obwohl es keine direkten Anzeichen dafür gibt, dass diese Ansichten ausgeschlossen worden sind. Also kann weder Engagement noch Verständnis für die „anderen“ etabliert werden. Seine/ihre Position wird nicht erwähnt (obwohl sogar von denjenigen, die in der Debatte präsent sind, darüber spekuliert wird). Auf diese Weise bleiben Ängste, Frustrationen und Vorurteile über die anderen ungelöst und man stellt sich nicht der Herausforderung.4 Witschge sieht jedoch einen Lichtblick und einen Weg, der es ermöglicht, Menschen miteinander offline in Kontakt zu bringen. Ihrer Meinung nach kann die Offenheit der OnlineDebatte verbessert werden, wenn man andere Kommunikationswege in der öffentlichen Diskussion wählt. Die Debatte in der Öffentlichkeit hat sich dermaßen verhärtet, dass der Respekt für die Überzeugung anderer systematisch der Tendenz untergeordnet wird, die eigenen Meinungen zu vertreten. Das geschieht häufig ohne jegliche Selbstkritik, ohne Empathie und ohne ein Gefühl für Nuancen – aber immer, wie Witschge betont, mit einem Appell für eine falsch verstandene Redefreiheit. Nach ihrer Einschätzung sind persönlicher und respektvoller Umgang miteinander wichtige Voraussetzungen für eine sinnvolle OnlineDebatte. Sie plädiert für einen generellen Standard der „Netiquette“ (Etikette im World Wide Web), der zu Dialog und primärem Fokus auf den Inhalt der Debatte führt, angereichert mit persönlichen Erfahrungen anstelle abstrakter Argumente. Diese Empfehlung sollte sowohl in der Medienarbeit des kirchlichen und religiösen Bereichs (und übrigens nicht nur auf diese Bereiche eingeengt, sondern generell) ernst genommen und umgesetzt werden. 18 Nachdem ich die zwei Bedeutungen des Begriffs educatio im katholischen Kirchenrecht zur Kenntnis genommen habe, bin ich mehr als zuvor davon überzeugt, dass „Bildung im Sinne von Ausbildung und Unterricht, wie es beispielsweise in Schulen oder Kursen praktiziert wird“5, in Bezug zu Medien – jedenfalls in den Niederlanden - mehr Aufmerksamkeit verdient. Ergänzend dazu, aber wahrscheinlich manchmal auch stellvertretend für Anstrengungen von Eltern lohnt es sich, Kinder und Jugendliche rechtzeitig und sinngemäβ auf einen selbstverständlichen und selbständigen Umgang mit alten und neuen Medien und deren Wirkung vorzubereiten. Dies schließt das Warnen vor den Risiken der Internetbenutzung ein, ohne jedoch dabei Angst auszulösen. Vielmehr geht es um eine effiziente Vorbereitung von Kindern und Jugendlichen auf eine „sichere Entdeckungsreise durch das World Wide Web“. Die Niederlande, bekannt durch Kompromissfähigkeit, hat ein inzwischen auch in der Bundesrepublik Deutschland anerkanntes System der Selbstklassifizierung für audiovisuelle Medieninhalte und Computerspiele entwickelt. Unter dem Markennamen „Kijkwijzer“ wird dieses Modell des Niederländischen Instituts für die Klassifizierung von audiovisuellen Medien (Nederlands Instituut voor de Classificatie van Audiovisuele Media, NICAM) seit 2001 zur Schutz der Jugendlichen in den Niederlanden mit Erfolg angewandt. Ausländische Behörden und Wissenschaftler zeigen viel Interesse für diese pragmatische Problemlösung zum Jugendschutz im Medienbereich. Diskriminierung aller Art, also auch in Bezug auf religiöse Überzeugungen, gehört – ebenso wie Gewaltdarstellung, Angsterzeugung, Sexdarstellung, Drogen- und Alkoholmissbrauch und grobe Reden – zu den Interessengebieten derjenigen, die das Angebot beurteilen.6 Das medienübergreifende Klassifizierungssystem Kijkwijzer weist unter Jugendschutzgesichtspunkten mögliche Beeinträchtigungen für Kinder verschiedener Altersgruppen aus. Jugendmedienschutz und Medienbildung werden seit 2009 im neuen Parallelprojekt „mediasmarties“ aufeinander bezogen. Dieses Önlinesystem informiert über Medieninhalte, die Kindern gut tun. Alle audiovisuellen Medien sind integriert, also Fernsehsendungen, Filme und DVDs, Spiele, Webseiten und Apps.7 Glück in Tongefässen und Krüge, die zum Brunnen gehen Die Debatte uber die Zunahme der Sakularisierung der Gesellschaft einerseits und die Endzeit der Religionen andererseits - einhergehend mit dem standigen Verlust an Kirchgangern in Westeuropa – spielte im niederlandischen Journalismus bis in die Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine große Rolle, wenn nicht gar eine Hauptrolle. Der Auftritt der evangelikalen christlichen Bewegung und des islamischen Fundamentalismus brachten neue Impulse, als die Terrorismusdrohung seitens der Islamextremisten vor zehn Jahren zur offentlichen Tagesordnung gehorte und das Unbehagen uber die in den Groβstadten Rotterdam, Amsterdam, Den Haag und Utrecht konzentrierten Einwanderer erkennbar wurde 19 – ohne Rucksicht auf das Erfordernis der Multikulturalisierung der Gesellschaft einfach zu nehmen bzw. zu akzeptieren. Bei dem skizzierten Themenkreis handelt es sich zweifelsohne um wichtige Entwicklungen und Themen, die Wissenschaftler, Politiker und Journalisten inzwischen standig herausfordern, die Dynamik von Ethik und Religion in der fur „postmodern“ erklarten Gesellschaft neu zu uberdenken. Integrationsfahigkeit, Toleranz, Dialogbereitschaft, Wertewandel und Religion (Christentum, Islam und Judentum) hatten plotzlich Konjunktur. Der niederlandische Journalismus hatte die Aktualitat verschiedener ethischen Fragen bereits erkannt und die Suche vieler Erwachsener innerhalb und außerhalb der Kirche nach Sinn, Spiritualitat und Religiositat in ihre Arbeit integriert, als kurz nacheinander drei Skandalfalle im Bereich der katholischen Kirche Anfang 2010 hohe Wellen schlugen. Wie man der Bibel entnehmen kann, tragt der Mensch sein Gluck bekanntlich in Tongefassen mit sich. Dies gilt fur alle Zeiten, auch fur das Zeitalter der Medien. Wer als Politiker, Geschaftsmann, Bankier oder Bischof erst einmal in das Kreuzfeuer der Journalisten geraten ist, braucht nicht nur starke Nerven, sondern auch gute Pressesprecher. Wer einen guten Ruf besitzt, wird fruher oder spater die Wahrheit dieser alten Redensart entdecken: Der Ruf kommt zu Fuβ, flieht jedoch zu Pferd. Risikokommunikation ist eine der wichtigsten Spezialismen der communication professionals, die sich freiberuflich mit Öffentlichkeitsarbeit beschaftigen. Nur sind diese Fachleute zu teuer fur kirchliche Einrichtungen. Die „Homohostie“-Affäre Mitte Februar 2010 stand die katholische Kirche der Niederlande plotzlich im Zentrum der Medienaufmerksamkeit. Ein im Bistum ’s-Hertogenbosch als konservativ bekannter Pfarrer hatte den Karnevalprinzen seines Dorfes gewarnt, wahrend der Eucharistiefeier mit dem Thema Fasching („carnaval“) am Samstag,13. Februar 2010, nicht zur Kommunion zu gehen. Diesen Ratschlag erteilte ihm der Pfarrer mit der Begrundung, dass ein homosexueller Lebenswandel nicht mit dem Empfang des Leibes Christi zu vereinbaren sei. Einige Tage spater wurde diese Tatsache uber die Medien bekannt. Nicht nur Kreise der Homosexuellen und der Lesben waren emport. Unmittelbare Unterstutzung kam ebenso von Politikern, die sich solidarisch erklarten. Auch treue Katholiken regten sich uber das Verhalten des Pfarrers Journalisten gegenuber auf und waren enttauscht. Die erste bischofliche Erklarung bot dem Pfarrer insofern Ruckendeckung, als sie sich de facto nur als eine Bestatigung der Kirchenlehre in Bezug zur Wurde des Empfangens (bzw. Nichtempfangens) der Kommunion lesen lieβ. Die Folge war ein „Medienhype“. Dies geschah insbesondere, nachdem am Sonntag, den 21. Februar 2010, das Hochamt vor und im Dom des Bistums durch eine Demonstration gestort worden war. Zuvor hatte der Pressesprecher des Bischofs mitgeteilt, dass es sich um einen Gottesdienst ohne Kommunion fur die Glaubigen handeln wurde. Mit dieser „Losung“ jedoch eskalierte die Affare. Journalisten, Fotografen und Kameraleute stromten zusammen und verursachten in Bild und Text eine neue Aufmerksamkeitswelle. Nach Verhandlungen mit Vertretern einiger Interessenverbande musste das Bistum schon bald einlenken: Der Bischof 20 Anton Hurkmans hob letztendlich am 3. Marz 2010 hervor, dass jeder Katholik mit seinem Gewissen entscheiden solle, ob die Kommunion in Wurde empfangen werden konne oder nicht. Unabhangig von der sexuellen Praferenz konnte man Gedanken hinzufugen. Es fuhlten sich auch nicht-kirchlich wieder verheiratete Geschiedene angesprochen. Leserbriefe zeigten, dass sich diese Katholiken besonders diskriminiert fuhlten und im Ergebnis der katholischen Kirche den Rucken kehrten. Die „Hostie-Affare“ mit ihrem im Grunde innerkirchlichen Charakter bot Zundstoff fur eine Explosion von Veroffentlichungen und Debatten im Rundfunk und im Fernsehen. Haufig war es peinlich, wie uber das fur glaubige Katholiken „Heilige der Heiligen“ in den Medien gesprochen und geschrieben wurde. Öhne unmittelbar an ein antipapistisches Aufbegehren zu denken darf man doch feststellen, dass die Grenzen der Schicklichkeit uberschritten wurden. Die Aufregung war zwar von kurzer Dauer, verursachte jedoch einen erheblichen Verlust an Respekt wegen der zogerlichen Leitung eines Bistums. Beurteilt man die Geschehnisse aus Sicht des Kommunikationsmanagements, dann muss man feststellen, dass der Bischof sich erst nach einigen Wochen, also zu spat, am Verhandlungstisch mit Vertretern der Homosexuellen- und Lesbenorganisationen zum ublichen und weit verbreiteten pastoralen Standpunkt, Katholiken nicht offentlich von der Kommunion auszuschlieβen, bekannte. Schon am ersten Sonntag nach dem Beginn der Veroffentlichungen und Diskussionen in Rundfunk und Fernsehen hatten er oder einer seiner Vikare als Stellvertreter diese pastorale Haltung als Richtlinie im Dom verkunden und die Kommunion erteilen konnen. Die Demonstranten in ihrer auffalligen rosaroten Bekleidung vor und im Dom hatten dann, gestarkt durch eine als Erwachsenenkatechese einzustufende Predigt, beruhigt heimkehren konnen. Die anwesenden Journalisten hatten die bischofliche Stellungnahme als gute Botschaft verbreiten konnen. Ehemalige Katholiken und Kritiker der katholischen Glaubensgemeinschaft waren in der Lage gewesen, nochmals nachzudenken uber ihre feste Uberzeugung, die Kollision zwischen der Geradlinigkeit eines Pfarrers und (vorubergehend) seines Bischofs sei eine Bestatigung ihrer Auffassung uber die Harte einer Kirche, die Nachstenliebe als hochstes Gebot predigt. Die Kirchenliederzensur Kaum war dieser „Betriebsunfall“ eines Bistums (der insgesamt sieben Bistumer) langsam aus den Medien verschwunden, da kundigte sich ein neues Thema an, das die ganze katholische Kirchenprovinz betraf. Zwei kirchliche censoren, einer im Bistum ’s-Hertogenbosch und einer im Erzbistum Utrecht, beschaftigten sich mit der Vorbereitung eines Verbots von insgesamt 23 Liedern des ehemaligen Jesuit Huub Öosterhuis – hieβ es in Unmut stiftenden Veroffentlichungen. Fur die Gottesdienste am Samstagabend /Sonntag stehen jedes Wochenende zwei unterschiedliche Hefte mit Texten und einem Vorschlag fur die Gesange zur Verfugung: „Bron van Christelijke Geest“ (Quelle des christlichen Geistes] vom Verlag Kok in Utrecht und „De zondag vieren“ (Den Sonntag feiern), eine Ausgabe der 21 Arbeitsgruppe fur Liturgie Heeswijk vom Verlag Abdij van Berne in Heeswijk. 2006 hatte sich das Bistum Roermond fur ein neues Gesangbuch fur die Liturgie unter groβer Medienaufmerksamkeit von den Liedern von Öosterhuis distanziert.8 Seit Mitte der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts sind seine Lieder bei vielen Kirchgangern, auch in der protestantischen Kirche der Niederlande (Protestantse Kerk in Nederland, PKN) beliebt, obwohl es dann und wann nicht an kritischen Tonen gefehlt hat. Die wochentliche Feuilletonbeilage der Tageszeitung „NRC Handelsblad“, Cultureel Supplement, veroffentlichte am 26. Marz 2010 eine vernichtende zweiseitige Kritik. Nebenbei wurde die Eucharistie als „Hokus pokus Pilatus paf“ (Hoc est corpus quod sub Pilato passus est) erklart.9 Wenn niederlandische Kinder sich mit diesem Spiel beschaftigen sind sie sich nicht der antipapistischen Herkunft bewusst. Ein Journalist oder literarischer Autor weiβ jedoch Bescheid. Die Missbrauchswelle Die unterschatzte Wirkung der in den Medien als „Homohostie-Affare“ bezeichneten Angelegenheit bildete den Nahrboden fur zwei neue Medienereignisse. Unmittelbar nach der Hostie-Affare und noch wahrend der Kirchenliederaffare erreichte der internationale Zorn uber Missbrauchsfalle in der katholischen Kirche die Niederlande. Damit droht dem katholischen Leben inzwischen der Entfall seines Glanzes. Religionsgegnern, insbesondere Gegnern des Katholizismus, werden damit faktisch die „Balle zugespielt“. Noch am 21. Februar 2010 und in den Tagen zuvor berichteten die niederlandischen Zeitungen ausfuhrlich uber die „Strafgesprache“ der 24 irischen Bischofe, die Papst Benedikt XVI. anlasslich des Missbrauchs Jugendlicher in Irland zu sich gerufen hatte. Großformatige Farbfotos von kirchlichen Wurdentragern wurden abgedruckt und sollten den Eindruck einer wieder heilen Welt vermitteln. ‚Der Himmel hatte sich jedoch nur fur eine außerst kurze Zeit aufgeklart’; denn seit Ende Januar gab es wieder neue Missbrauchsnachrichten von Jugendlichen – in Deutschland und in Österreich. Einige Tage nach dem Treffen der irischen Bischofe in Rom war in den Niederlanden helle Aufregung. Es kamen die Missbrauchsaffaren der funfziger, sechziger und siebziger Jahre in von Örden und Kongregationen gefuhrten katholischen niederlandischen Internaten durch eine gezielte Aktion im Medienbereich ans Licht. Nach intensiver Vorarbeit eines Journalistenduos der Qualitatszeitung „NRC Handelsblad“ und des niederlandischen Weltrundfunks (Radio Nederland Wereldomroep, RNW) begannen beide Medien am 26. Februar 2010 mit der Veroffentlichung einer Serie von Zeitungsartikeln und Rundfunkbeitragen, die nicht ohne Wirkung blieb; denn sie losten in den anderen Medien eine Kettenreaktion aus. „NRC Handelsblad“ eroffnete seine Ausgabe mit einem groβ auf der Vorderseite und uber die volle Breite gebrachten Aufsatz und Fortsetzung auf Seite 3. Durch die Zusammenarbeit mit dem Weltrundfunk RNW kamen die Reaktionen nicht nur aus dem Leserkreis der Zeitung, sondern aus der ganzen Welt. Von Anfang an wurden die Verantwortlichen der Bistumer, Örden und Kongregationen dazu gedrangt, vollstandigen Aufschluss uber die Tatbestande zu geben. Von den Öpfern, die sich bei der Zeitungsredaktion 22 oder bei dem Weltrundfunk RNW meldeten, waren viele bereit, anonym oder mit Angabe ihrer Namen zu berichten, was ihnen passiert war und was sie erlebt hatten. Andere Zeitungen folgten diesem Vorgehen – auch, um human touch stories veroffentlichen zu konnen. Durch diese Zeugnisse wurde offenkundig, dass es sich nicht nur um Missbrauchsfalle handelte, sondern auch um psychische Gewalt, vorgenommen durch die namentlich erwahnten Erzieher. Auch wurden, wie sich herausstellte als Strafmaßnahme Internatskinder und jugendliche geschlagen. Fotos der inzwischen fur ganz andere Zwecke genutzten Gebaude wurden als lieux de mémoire abgedruckt. Eine im Verhaltnis zu der massiven negativen Berichterstattung sowie zu den vielen schlechten Erfahrungen schwache Gegenbewegung und entsprechende Gegendarstellungen zeigten – jedoch erst nach Tagen – die Leserbriefrubriken. Dabei betonten mancher Leser und manche Leserin, wie hervorragend die Ausbildung in seinem oder ihrem Fall gewesen war. So weit die Fakten, bevor am Ende dieses Beitrags ein Versuch zu einer Schlussfolgerung – auch in Bezug zu den hier erwahnten Affaren unternommen wird. Kirche und Medien in der Entwicklung nach Vaticanum II Die niederländischen orthodox-protestantischen, „reformierten“, Christen und die Katholiken schafften ihre politische, kulturelle und wirtschaftliche Emanzipation in einem bürgerlichprotestantischen Umfeld bestehend aus bürgerlich-liberalen und eigenen Zeitungen, Zeitschriften, Schulen, Universitäten, Gewerkschaften, politischen Parteien, Rundfunkorganisationen, Sportvereinen usw. dadurch, dass sie sich seit 1870 im eigenen Kreis organisierten. Diese als „Versäulung“ angedeutete Entwicklung stärkte die eigene Bevölkerungsgruppe. Die führende Elite der eingangs genannten zwei Gruppierungen wirkte gemeinsam und arbeitete dabei auch mit Sozial-Demokraten und mit bürgerlich Liberalen zusammen, namentlich in der Politik.10 Die Medien bildeten einen internen Zusammenhang, prägten die eigene Identität und stellten sich extern der Aufgabe, die eigenen Zielsetzungen zu propagieren und eventuell die eigenen Interessen zu verteidigen.11 Manchmal dominierte Polemisches. Gleichzeitig entwickelte sich ein kontinuierlicher Lernprozess gegenseitiger Verständigung der verschiedenen Säulen. Seit der Mitte der sechziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts vollzog sich ein Prozess der „Entsäulung“. Einerseits führte der Prozess der „Entsäulung“ zum Wiederaufleben des Katholizismus bei Befreiung von Zwang und Gehorsam. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) war in den Niederlanden mit Begeisterung auch der Medien verfolgt worden. Es mündete jedoch nicht in der Erfüllung der niederländischen Wünsche hinsichtlich der Abschaffung des Zölibats und einer Demokratisierung der Kirche auf allen Ebenen. Andererseits entstand zeitgleich mit der „Entsäulung“ ein hoher Grad von religiöser Unentschlossenheit. Mit der Individualisierungstendenz verband sich die Förderung einer gewissen Distanz zur Kirche als Institution. Spannungen zwischen konservativen Katholiken 23 und Fortschrittlichen verursachten eine unerfreuliche Polemik, von der Auβenseiter zynisch sagten: „Siehe wie sie einander lieben“. Zwischen der niederländischen Kirchenprovinz und dem Vatikan häuften sich in den siebziger Jahren die Probleme, zum Beispiel anlässlich umstrittener Bischofsernennungen. Das alles führte dazu, dass Papst Johann Paul II. 1985 in den Niederlanden in einem kalten, fast feindlichen Ambiente empfangen wurde.12 Über Zwischenfälle im kirchlich-katholischen Bereich wurde ausführlich berichtet – immer öfter von Berichterstattern ohne Bezug zum Katholizismus und zu seinen Eigenarten. In den achtziger Jahren verschwanden Spezialisten auf dem Gebiet von Kirche und Religion aus dem Tageszeitungsjournalismus. Gleichgültigkeit gegenüber der Religion machte sich unter unterschiedlichen niederländischen Intellektuellen, Politikern, Künstlern, Fernsehpersönlichkeiten und Autoren breit und schuf ein Klima des Schweigens derjenigen, die eigentlich anders dachten. Dieses postmoderne Verhalten basierte sogar auf kultureller Relativierung oder wurde als Toleranz gepriesen. Von diesem historischen Standpunkt aus begann in den Jahren um 2000 ein neues Zeitalter. Es war ein Zeitalter, in dem der Journalismus anfing, Religionen, Kirchen und verschiedene Formen der Spiritualität in einer unvoreingenommenen Weise zu betrachten. Die ersten Vorzeichen hatte man schon Mitte der neunziger Jahre wahrnehmen können. Die Wiederentdeckung betraf zunächst nur das Christentum: Sie führte zu einer offener Diskussion über die Bedeutung von Religion im öffentlichen Bereich, aber manchmal auch über Glauben als Sprengsatz für Verfolgung und Krieg. Ab 2001 belebten der Islam und die Drohung der Islamisierung der als christlich verstandenen niederländischen Gesellschaft die Debatte, nachdem diese Thematik einige Dezennien tabuisiert worden war. Darüber hinaus nutzten in der neuen Situation Atheisten und Freidenker (die immer häufiger als „Säkularisierte“ bezeichnet werden und eher skeptisch oder ablehnend gegenüber der Erfahrung von Religion außerhalb des strengen individuellen Privatlebens sind) die Chance, ihre Ideen und Ansichten zu verbreiten – zum Beispiel als Gegengewicht zu dem kulturellreligiösen revival. Auch die christliche Tageszeitung „Trouw“ veröffentlicht regelmäβig Beiträge von Autoren, die sich als Atheisten bekennen. Anhänger der strikten Trennung von Kirche und Staat, die Religion aus dem öffentlichen Leben heraushalten wollen, sind in verschiedenen politischen Parteien zu finden. Fünf neue Leitlinien für Religionsjournalismus Anfang 2010 formulierte eine Gruppe von Religionsjournalisten und Religionspublizisten der jüngeren Generation „Fünf erneuerte Prinzipien für Religionsjournalismus“.13 Sie betrachten sich als Brückenbauer, wenn sie in der von Pluralismus gekennzeichneten niederländischen Gesellschaft über Religionen veröffentlichen. Skizziert wird, wie ihr Spezialgebiet sich durch den Druck der „Islamkontroverse“ nach dem 11. September 2001 grundsätzlich geändert hat. Kritisiert wird das „übermäβige eindimensionale Identitätsdenken“ während des ersten 24 Dezenniums des einundzwanzigsten Jahrhunderts nicht nur im Journalismus, sondern auch in der Politik und in der Schulausbildung. Glaubensüberzeugungen und Gläubige wurden aus Unwissenheit oder der Einfachheit halber „etikettiert“ und verstärkten stereotypes Denken bei den Medienrezipienten, den Mediennutzern – bei den Bürgern also. Negative Stereotypen wurden eher verstärkt als abgebaut. Um aus dieser Sackgasse zu geraten unterbreitet die Initiativgruppe der Brückenbauer folgende Leitlinien bzw. Empfehlungen: - Das Prinzip des Respekts für starke Überzeugungen, inklusiv orthodoxe oder fundamentalistische Orientierungen. Unterschiedliche Auffassungen und Kontraste akzeptieren und versuchen zu erklären. Respekt zeigen für Religionen mit starken Wahrheitsansprüchen und bindenden Wertemustern, die eine kritische und zugleich respektvolle Annäherung verdienen. Vermeidung einer voreingenommenen Haltung und eines verengten Blicks auf bestimmte Religionen und religiöse Praktiken, gerade wenn sie als „fremd“ erfahren werden. Örthodoxe Glaubensüberzeugungen nicht quasi selbstverständlich mit Intoleranz, Aussperrung oder Gewalt verbinden und dadurch Stereotypen in der Meinungsbildung verstärken. Als ein Plädoyer für Offenheit gegenüber religiösen Traditionen und ihren Merkmalen und für die Zuversicht, dass Religionsfreiheit nicht unbedingt zu einer Einschränkung der Freiheit der nicht-gläubigen Bürger führt, so könnte die zusammenfassende Aussage für das erste Prinzip lauten. - Das Prinzip der Wahrhaftigkeit, mit der Aufgabe auf der Suche nach Wahrheit zu sein, ohne in Wahrheitsrelativismus stecken zu bleiben. Religion und Journalismus beanspruchen (wie die Initiatoren der fünf Prinzipien betonen) beide eine gewisse Wahrheit. Lange Zeit wurde Religionsjournalismus weitgehend von dem Blickwinkel der Kriterien des Aufklärungsdenkens aus bestimmt: Glaubensüberzeugungen wurden an Hand dieser Kriterien geprüft und von dem Ergebnis hing es ab, ob sie Aufmerksamkeit bekamen oder nicht. Die Brückenbauer schlagen vor, „die Wahrheit“ ruhen zu lassen und sich grundsätzlich zu beschäftigen mit der Suche nach „Wahrhaftigkeit“, dabei wert zu legen auf die gesellschaftliche Bedeutung einer Glaubensüberzeugung und den Beitrag derer Anhänger an sozialer Kohäsion und weiteren Leistungen für die Gesellschaft, gemäβ der alten Weisheit „Am Öbst kennt man den Öbstbaum“. - Das Prinzip der Bilanz, zwischen journalistischer Aufmerksamkeit für Zwischenfälle mit hohem Nachrichtenwert im religiösen Bereich und der weniger Aufsehen erregenden religiösen Alltagsrealität, wie sie erlebt wird; eine Bilanz besonders auch in Hinblick auf Berichterstattung über Anschläge von Extremisten, blutige Rituale die in den Medien Aufmerksamkeit bekommen und religiöse Vorstellungen und Gedanken, womit man in der Kultur des Westens nicht richtig vertraut ist. Der Journalist könnte, 25 laut der Initiativgruppe, Engagement mit verschiedenen Religionen zeigen und sich öfters bemühen, neben verum, auch einmal bonum und pulchrum in der religiösen Praxis „exotischer“ Religionen zu entdecken. - Das Prinzip der ausreichenden Kenntnisse, über Geschichte, Ideen und Praktiken der einschlägigen Religionen und religiösen Bewegungen. Eine Grundhaltung, die darauf basiert, dass Religion keine isolierte Dimension und keine Randerscheinung des modernen gesellschaftlichen Lebens ist, sondern einen integralen und relevanten Bestandteil ausmachen. Von Journalisten darf erwartet werden, dass sie sich mit den Religionsquellen befassen und Hintergrundinformationen auswählen, die nicht in manchmal mangelhaften und von bestimmten politischen Überzeugungen geprägten Google-Informationen oder Wikipedia-Beiträgen stecken bleiben. Durch die Vertiefung des Wissens über verschiedene Religionen und ihre Gläubigen sollte Stereotypenbildung bei Mediennutzern entgegengewirkt werden. Mehr Aufmerksamkeit für die Interpretation der als eigenständigem Vorgang zu akzeptierenden Dynamik der Gesellschaft setzt mehr Kenntnisse und ein gut entwickeltes Gespür für Nuancierungen in der Berichterstattung und von Journalisten angeregter Meinungsbildung voraus. - Das Prinzip der Leichtfüβigkeit und des Muts in verständlicher Sprache – auch bei der zumeist schwierigeren religiöse Sprache – mit der Zielsetzung, einen Brückenschlag zwischen der religiösen und der säkularen Welt, zwischen religiösen und nichtreligiösen Bevölkerungsgruppen zu bilden. Eine bestimmte Leichtfüβigkeit und ein gesundes Gefühl für Humor werden von den Initiatoren der Leitlinien als ein Gegengewicht gegen schwermütige dunkle Töne empfohlen, die so oft in der clash zwischen Glaube und Unglaube klingen. Ohne respektlos zu werden sei der Religionsjournalist auβerdem aufgefordert, sich leichtfüβig mit religiöser sowie säkularer Rechthaberei zu beschäftigen, ohne Angst vor Repressalien. Journalisten mögen normative Ratschläge und Vorschriften nicht, besonders dann nicht, wenn sie ihnen von ‚Drittparteien’ unterbreitet werden. Die fünf „Prinzipien“ jedoch wurden im eigenen Kreis entwickelt und diskutiert. Ihr idealtypischer Charakter lässt sich dabei keineswegs leugnen und darf nicht Hemmschwelle sein für eine breite Diskussion über deren Anwendung in der Praxis des Alltagsjournalismus. Diese breit gefächerte Berufsgruppe sollte sich mit den Anregungen der Brückenbauer auseinandersetzen, da in den meisten Redaktionen kaum Journalisten arbeiten, die sich schwerpunktmäβig mit Religionen, Religiosität, Kirchen und Spiritualitäten beschäftigen. Im Unterricht der vier Fachhochschulen für Journalismus könnten die als Empfehlungen zu betrachtenden „Prinzipien“ das nicht so gefragte Fach Berufsethik für Journalisten neu beleben. 26 Die Aktualität der kirchlichen und religiösen Kultur Seit den 1960er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hinterfragen Theologen, Kirchenhistoriker, Kulturhistoriker, Religionssoziologen und Religionspsychologen die strukturellen Veränderungen und mentalen Prozesse, die für die christlichen Kirchen und die Christen in den Niederlanden noch oder nicht mehr wichtig sind. Sie veröffentlichen Ihre empirisch fundierten Forschungsergebnisse nicht nur als wissenschaftliche Fachliteratur. Es erscheinen auβerdem regelmäβig Bücher für ein breiteres Publikum als Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung. Besonders diese Veröffentlichungen werden in Printmedien wie Tageszeitungen und Meinungswochenblättern sowie im Fernsehen (Talkshows und Diskussionsprogrammen) häufig und lebhaft diskutiert. Als Buchautor und Kolumnist der Samstagsausgabe der christlichen Tageszeitung Trouw konfrontiert der an der Universität von Amsterdam lehrende amerikanische Historiker James Kennedy die Niederländer ständig mit ihrem Ringen um das Selbstbewusstsein, die Vergangenheit mehr oder weniger harmonisch in die Aktualität der Gegenwart zu integrieren. Auf der Suche nach beseelenden, begeisternden, bindenden Zusammenhängen diagnostiziert er in seinem letzten Buch den Zustand der Niederlande als in sich selbst verunsichert und zersplittert.14 In einer Rezension dieser Veröffentlichung schätzt der vielleicht einflussreichste niederländische Intellektuelle Alexander Rinnooy Kan Kennedy als „einen kritischen, aber wohlwollenden Beobachter“ der gegenwärtigen Entwicklung der Niederlande und ihrer Institutionen. Der Rezensent bezweifelt jedoch, ob Kennedys Plädoyer für mehr Selbstbewusstsein der protestantischen Kirchen in ihrem Umgang mit der gleichgültigen, sogar feindlichen gesellschaftlichen Umgebung zutrifft: Er interpretiert es als einen Versuch, noch zu retten, was nicht mehr zu retten sei.15 Wenn Kennedy das komplizierte Verhältnis der Niederländer zu christlichen, insbesondere protestantischen Kirchen analysiert, sieht er tatsächlich eine Zukunft für Kirchen, die sich in der säkularisierten, demokratischen Gesellschaft als vorbildliche „Kontrastgemeinschaften“ profilieren. Diese Glaubensgemeinschaften betrachten ihre wichtigste öffentliche Aufgabe in Kennedys Vorstellung nicht einseitig oder schwerpunktmäβig als (horizontale) gesellschaftliche Dienstleistung. In lebendigen Gemeinden zeigen die Gläubigen der Kontrastgemeinschaften als Verkörperung von Christus seiner Meinung nach jedoch zu gleicher Zeit ein (vertikales) Gespür für die Herausforderung, den gemeinsamen Weg als Christen zu gehen. Der niederländische (protestantische) Religionssoziologe Gerard Dekker stellt in seinem letzten Buch die Frage, ob die Kirche sich überlebt hat. Antwort: In der gegenwärtigen Gestalt und in den Leistungen, in der enttäuschenden Erfüllung der eigentlichen Funktionen - schon. Damit meint Dekker die Verkündigung des Wortes, die Evangelisierung in Einklang mit dem Lebensgefühl der Menschen und dem heutigen kulturellen Klima als Wesensmerkmal der 27 Kirche statt sich in einer Vielfalt von Aktivitäten mit gesellschaftlichem Nutzen zu verlieren. Seine Reaktion auf Kennedys Plädoyer lautet: Die protestantische Kirche in den Niederlanden ist mit ihrer Überlebensstrategie nicht mehr in der Lage, als Vorbild für die Gesellschaft, als ‚leuchtende Stadt auf dem Berg’ (Titel des Buches von Kennedy), mit einer horizontalen und vertikalen Dimension zu dienen. Dekker schlägt vor, eine Zweiteilung der kirchlichen Aufgaben dadurch anzustreben, dass zwei organisatorisch getrennte Aufgabenbereiche entstehen: Einerseits für die Kirche als Hilfsorganisation und andererseits für die Kirche mit der Verkündigung des Evangeliums als Kernaktivität.16 Für die katholische Kirche fehlen leider vergleichbare Analysen und Reformvorschläge. Romanautoren, auch manche, die auβerhalb der Niederlande weniger bekannt sind als Jan Wolkers, Maarten ’t Hart oder Jan Siebelink, setzen sich mit dem Calvinistischen Glauben ihrer Jugend und mit der Verabschiedung kirchlicher Strukturen auseinander, die sie als eine unverschämte Einschränkung der eigenen Verantwortung und Individualität erfahren haben. Ihr Erfolg bei den Lesern unterschiedlicher Generationen beeindruckt. Für die Wahrnehmung und Achtung des Christentums bedeutet es jedoch auch eine Schwelle, um die positiven Seiten einer religiösen Erziehung zu entdecken. Vorurteile werden im religiösen Bereich leicht entwickelt, gerade auch deshalb, weil Religion stark mit Emotion verbunden ist. Nicht alle Niederländer sind Theologen, aber über Gott, Kirche und Welt machen sie sich gern Gedanken. Allah, Moschee und Welt lassen sich noch nicht so einfach in das christlich geistige Erbgut einfügen. Befürworter und Anhänger eines bestimmten Atheismus, Humanismus, Hinduismus, Taoismus bzw. anderer Weltanschauung oder (Welt)Religion sind übrigens ebenso gefragt, ihre Einstellung dem hautnahen Islam gegenüber zur Debatte zu stellen oder einfach zu zeigen. Die Abteilung für Forschung und Dokumentation (Wetenschappelijk Onderzoek- en Documentatie-Centrum, WODC) des niederländischen Justizministeriums gab anlässlich der in den letzten Jahren intensiv diskutierten Frage, ob Religion ein Bindemittel in der Gesellschaft sei, Ende 2009 ein interessantes Forschungsprojekt in Auftrag. Im Rahmen dieses Projekts analysieren Religionswissenschaftler der Amsterdam School for Cultural Analysis (ASCA) der Universität von Amsterdam seit Frühjahr 2010 die Reaktionen der Glaubensgemeinschaften in den Niederlanden anlässlich anti-islamischer Äuβerungen und Aussagen in der Öffentlichkeit. Auf den Schultern eines kommunikationswissenschaftlichen Triumvirats Leider verfügen die Niederlande nicht über Langschnittstudien zu Fragen, wie: Welche Haltungen und Einstellungen haben Journalisten in Bezug auf die verschiedenen Religionen? Wie thematisieren die Massenmedien religiöse Themen? Welche Wirkungen erzielen die Zeitungs- und Zeitschrifteninhalte auf die Leser? Welche Wirkungen werden bei Fernsehzuschauern oder bei Rundfunkhörern ausgelöst? Auf diesem Gebiet habe ich aus persönlichem Interesse zwar regelmäβig veröffentlicht; aber es gehörte nicht zu meinem 28 Forschungsgegenstand oder meiner Lehrtätigkeit an der Universität von Amsterdam bzw. der Universität Antwerpen, wo ich zwischen 1982 und 2009 bzw. zwischen 1999 und 2008 als Lehrstuhlinhaber bzw. als Gastprofessor tätig war. Als ich in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in der Fachgruppe Religionspsychologie einschlieβlich der Pastoralpsychologie der (heutigen) Radboud Universiteit Nijmegen arbeitete, beschäftigte ich mich zum ersten Mal mit der Frage, wie Religion in interpersonalen (zwischenmenschlichen) Kommunikationssituationen (dyadisch und in einer Gruppe), aber auch medial vermittelt werden könnte. Es war die Zeit, in der 1976 das Rundfunk- oder Medienpastorat in den Niederlanden seinen Anfang nahm. Dass die Überschneidungen der Gedankenwelten der Religionskultur und der Medienkultur in der niederländischsprachigen Kommunikationswissenschaft erst spät „entdeckt“ worden sind, kann man bedauern. Aber man kann sich auch über die Erweiterung des Forschungsfeldes, das im Hinblick auf Islamdebatten interessante Perspektiven bietet, freuen. Kommunikationswissenschaftler mussten erst mit der Tatsache vertraut werden, dass die herkömmliche Mediengesellschaft und inzwischen auch die partizipative Internetgesellschaft von Medien(inhalten) und Mediennutzung durchdrungen sind und zwar „to an extent that the media may no longer be conceived of as separate from cultural and other social institutions“.17 Erst nachdem diese Annäherung von „media as agents of social and cultural change“ erkannt und anerkannt worden ist, kamen Religion, Mystik, Spiritualität und damit verbundene sinnstiftende Gedankenwelten als kulturelle Dimensionen in das Blickfeld derjenigen, die sich mit öffentlicher Kommunikation (Massenkommunikation) beschäftigen.18 Als Einstieg wähle ich drei thesenartige Gedanken. Sie stammen von drei inzwischen emeritierten Kollegen, die ich wegen ihrer bewundernswerten Leistungen für die kommunikationswissenschaftliche Lehre und Forschung während meines akademischen Werdegangs ständig verfolgte. Der 2012 verstorbene Züricher Kommunikationswissenschaftler Ulrich Saxer entwickelte einen Ansatz zur Theorie der Interaktion zwischen Religion und Medien als Teilbereiche der Kultur. Immer wenn sich Massenmedien wie Hörfunk und Fernsehen oder Tageszeitungen und Zeitschriften mit Religion, kirchlichem Leben und geistigen Führern auseinandersetzen, sprechen wir von einer Medienkultur, die sich mit kirchlich-religiöser Kultur beschäftigt. Zugleich ist das Gegenteil der Fall, denn es ist eine Frage der Interaktion. Beide Untergruppen von Kultur, Religionskultur und Medienkultur also, sind Teil eines größeren Ganzen einer postmodernen Kultur, wie diese sich zu Beginn des dritten Jahrtausends in West-Europa manifestiert. Mehr noch, Medienkultur wie auch religiöse Kultur können entweder das Entstehen einer Gemeinschaft stimulieren und Menschen zusammenbringen oder Uneinigkeit begründen und Zwietracht säen. Letztendlich hängt es nur davon ab, wie Medien und Religionen miteinander agieren und in der Gesellschaft erfahren werden. Auf jeden Fall gibt es ein enges Verhältnis zwischen Religion, Kultur und Kommunikation.19 29 Der Salzburger Kommunikationswissenschaftler Michael Schmolke hat in einem Beitrag über Religionskommunikation auf die Präsenz von religiösen Inhalten, Formen, Quasi-Riten und Kommunikationsstrukturähnlichkeiten in den Medien hingewiesen. Dieses „Medienreligiöse“, das vom Lehramt mehr oder weniger emanzipiert ist, bringt Schmolke in Verbindung mit dem Fehlen eigener leistungsfähiger Medien der Kirchen und Religionsgemeinschaften. „Diese Medien hätten“ seiner Meinung nach „zur Religionskommunikation in so perfekter Weise beitragen können, dass sie dem ‚Medienreligiösen’ nicht nur Paroli geboten, sondern es durch bessere Leistung ausgestochen hätten.“20 Bietet Saxer einen Brückenschlag, um Religion und Medien sinnvoll miteinander zu verbinden, weist Schmolke auf eine Entwicklung mit Rissen und Friktionen als Begleiterscheinungen. Denis McQuail, der emeritierter Lehrstuhlinhaber von der Universität Amsterdam, ist der Dritte im Bund meiner Vorbilder. Nach seiner Ansicht ist Kultur, wenn sie als Prozess interpretiert wird, etwas Künstliches und Symbolisches im Kontext der Massenkommunikation. Allgemeiner gesagt gehören zur Kultur auch Gewohnheiten, Bräuche und Vorstellungen, die mit dem Prozess der Massenkommunikation verbunden werden können.21 Kultur bezieht sich also auf ein zusammenhängendes Ganzes an Werten, Interpretationen und Ideologien in einer Gesellschaft, die den Rahmen für die Aktivitäten von Massenmedien und ihr Funktionieren als Institutionen bietet. Religiöse Gefühle und Überzeugungen gehören zu der Kategorie des „Glaubens“, genau wie politische Ideen und Denkweisen zur Kategorie der „Ideologien“ gehören. Auch wenn, zum Teil wegen der Medienkultur, ein Prozess der kulturellen Vereinheitlichung in einem bestimmten Land stattfindet, wird es immer noch möglich sein, zwischen verschiedenen Subkulturen und Lebensstilen zu unterscheiden. Außerdem geht es nicht nur um mehr oder weniger deutliche oder latente Unterschiede zwischen sozialen Klassen und Einkommensgruppen, sondern um die Vielfalt von religiösen und politischen Überzeugungen. Die Säkularität der Medienkultur und Sakralität des Religiösen Nachdem man die Verknupfung zwischen der kirchlich-religiosen Kultur und der Medienkultur auf sich hat einwirken lassen, kann man sich die erste als ein sakrales Ganzes und die zweite als eine sakulare Ganzheit vorstellen – mit vielen Interaktionsmoglichkeiten und Querverbindungen. Schon recht fruh erkannten der niederlandische Religionswissenschaftler Hent de Vries und sein amerikanischer Kollege Samuel Weber Religionen und Medien als einflussreiche Teilgebiete des gesellschaftlichen Lebens, die auch aus dem Gesichtswinkel der Kommunikationswissenschaft studiert werden sollen.22 Schon wahrend des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) umarmten die niederlandischen Katholiken begeistert das neue, in der dogmatischen Konstitution „Lumen Gentium“ (1964) entworfene Bild der Kirche als „Volk Gottes unterwegs“, ohne eine klerikale 30 Elite und ohne die hierarchische Pyramide als Örganisationsprinzip. Die katholische Kirche versuchte im Rahmen des Konzils auch Verstandnis fur die Welt der Medien und ihrer Begleitphanomene wie zum Beispiel Werbung, Nachdruck auf Konsum und Personenkult zu entwickeln. Von einer Annaherung war im Konzildokument „Inter Mirifica“ (1963) noch keine Rede. Aber die Pastoralinstruktionen „Communio et Progressio“ (1970) und „Aetatis Novae“ (1992) bedeuteten wichtige Schritte voran.23 Seitdem kann man wahrend vier Dezennien verfolgen wie immer wieder – auch aus Anlass der jahrlichen „Mediensonntage“ – in papstlichen Ansprachen und Dokumenten positive Signale und Warnungen um den Vorrang stritten – mit letztendlich einer fortschrittlichen Entwicklung des Denkens uber „soziale Kommunikation“ als Ergebnis. Der lateinische Begriff communicatio socialis bedeutet im Vatikan offentliche Kommunikation oder Massenkommunikation, aber auch die damit verbundene zwischenmenschliche Kommunikation.1963 bekam das Bistum Breda als erstes Bistum in den Niederlanden einen Pressesprecher und eine Abteilung Kommunikation. Die Kirchenprovinz folgte 1972. Die Professionalisierung der vatikanischen Kommunikationsanstrengungen wurde besonders unter Papst Johann Paul II. vorangetrieben, als der Spanier Dr. Joaquin Navarro-Valls die Regie fuhrte. Sein Nachfolger seit 2006, der Jesuit Federico Lombardi, kann noch nicht im Schatten seines Vorgangers stehen, auch deshalb, weil Papst Benedikt XVI. ihm als Pressesprecher weniger Spielraum lasst, wie von Vatikan-watcher behauptet wurde. 2012 wurde der sehr erfahrene amerikanische Fernsehjournalist Greg Burke als Kommunikationsberater eingeschleust: Krisenkommunikation ist seine Aufgabe. Zentrales Problem bleibt jedoch, dass die Funktionare des Vatikans, die auβerhalb der Medienabteilung tatig sind, zu leicht ruckfallig werden, wenn in Krisensituationen Öffenheit statt Verschwiegenheit geboten ist. Wenn das Schweigen nur unterbrochen wird, um Journalisten anzukreiden, dass sie kein gebuhrendes Respekt zeigen, beispielsweise, wenn sie Missstande an den Pranger stellen, macht des Zentrum der katholischen Weltkirche einen weltfremden Eindruck, was die Medien weltweit kritisieren. Die (inzwischen weitgehend bedrohte) Naherung der Kirche zu den Medien kann man als einen Bruckenschlag zwischen der sakralen Welt des Religiosen einerseits und der sakularen Medienwelt wahrend des letzten halben Jahrhunderts betrachten. Durch die weltweite Medienaufmerksamkeit gegenuber dem Missbrauch in verschiedenen westeuropaischen Bistumern besteht die Gefahr einer Kluft, die sich als schleichender Prozess vollzieht. Diese kritische Medienaufmerksamkeit konnte zum einnehmen einer underdog-Position des Vatikans fuhren und die dortigen Funktionare konnten versucht sein, standig auf die „bosen“ Journalisten und Meinungsfuhrer dieser Welt zu weisen. Am Palmsonntag, 28. Marz 2010, rief Papst Benedikt XVI. die Glaubigen auf dem Sankt Peterplatz auf, sich nicht durch Vorurteile einschuchtern zu lassen. Drei Tage zuvor hatte bereits die offizielle Zeitung des Vatikans, l’Osservatore Romano, eine Anspielung auf eine Verschworung der bosen Krafte veroffentlicht, indem sie am 25. Marz 2010 eine Verleumdungskampagne gegen den Papst signalisierte. Die 31 niederlandische Qualitatszeitung NRC Handelsblad warnte in einem Kommentar unter dem Titel „Schwerhoriger Papst“, die katholische Kirche durfe strafrechtlichen Sanktionen nicht dadurch vorbeugen, dass sie sich hinter papstlichen Briefen, dem kanonischen Recht oder einer Kommission unter dem Vorsitz eines ehemaligen Politikers verstecke.24 Mit der letzten Person ist der (protestantische) ehemalige Politiker und Burgermeister Wim Deetman gemeint, der im Auftrag der niederlandischen Bischofskonferenz einen Untersuchungsausschuss leitete und Dezember 2011 einen erschutternden Abschlussbericht veroffentlichte25, der erneut eine immense Medienaufmerksamkeit ausloste. Niederlandische Zeitungen druckten ein am 1. April 2010 von der Nachrichtenagentur Reuters verbreitetes Zitat des Wiener Pralats Christoph Kardinal Schonborn ab. Auf seine rhetorische Frage, warum die Kirche „verfolgt“ wurde und ob es in anderen Sektoren der Gesellschaft keinen Missbrauch gabe, antwortete er: „Ja, die Medien mogen die Kirche nicht“. The New York Times hatte am 26. Marz 2010 neue Enthullungen veroffentlicht. l’Osservatore Romano und l’Avvenire, die Zeitung der italienischen Bischofe boten anonyme, nicht offizielle Sprecher des Vatikans ein Podium: Sie kritisierten die internationalen Medien in scharfster Weise, weil sie allein die Kirche fur den sexuellen Missbrauch verantwortlich erklarten. Internationale und nationale Zeitungen veroffentlichten diese Kritik. Dieser Vorgang wiederholte sich nach Östern 2010, anlasslich bestimmter Aussagen im Vatikan – nicht des Papstes, jedoch von Personen seiner Umgebung, die ihn angeblich schutzen wollten. Was gut gemeint war, zeigte sich immer wieder als Fehleinschatzung der Stimmung in den Medien und unter Glaubigen, die eine klare Verurteilung der geschehenen Verbrechen, Hilfe fur die Öpfer und strenge Maβnahmen zur Pravention und zur Bestrafung zukunftiger Falle erwarteten und erwarten. Leider ist festzustellen, dass Risikokommunikation vor der Ernennung des Kommuikationsberaters Burke nicht zu den Traditionen des Vatikan zahlte. Die Vorwurfe aus Rom und Wien verursachten bei den niederlandischen Journalisten ablehnende Reaktionen. So schrieb zum Beispiel Bert Wagendorp zwei Tage spater in seiner Kolumne in der Tageszeitung de Volkskrant: „Die Kirche ist multinational. Wenn ein Skandal auszubrechen droht, denkt eine multinationale Einrichtung zuerst daran, ihren eigenen business zu schutzen und betreibt damage control. Vertuschung also, denn Rom hat noch nicht entdeckt, dass Transparenz eine bessere Verteidigung ist. (…) Die katholische Propaganda ist nun einmal schon uber Jahrhunderte lugnerisch wie die Pest, und die Glaubigen werden noch immer fur dumm gehalten.“26 Stereotypen, die man seit vielen Jahren nur noch sehr selten in Bezug zur katholischen Kirche und Katholiken lesen konnte, feierten wieder Triumphe. Aber sie wurden durch Auβerungen herausgefordert, die man als einfacher Katholik lieber nicht gehort oder gelesen hatte. Dazu leider auch eine nicht als Ausrutscher zu entschuldigende Aussage des emeritierten Adrianus Kardinal Simonis. In der bekanntesten talk show des niederlandischen nicht-kommerziellen Fernsehens , „Pauw & Witteman“, sagte Adrianus Kardinal Simonis in Bezug zum Missbrauch wahrend seiner Amtszeit als Bischof und Erzbischof: „Ich habe es nicht gewusst“. Als ihm wegen dieser nach der deutschen 32 Besatzungszeit (1940-1945) in den Niederlanden doppelsinnigen und belasteten Redensart Vorwurfe gemacht wurden, antwortete er, die Antwort bewusst gewahlt zu haben in der Absicht, seine Verneinung auf eine einfache Formel zu bringen. Als diese Erlauterung weiterhin fur Unruhe sorgte, gab der Kardinal seine Fehleinschatzung zu und bat er um Verzeihung ohne Vorbehalt. Kolumnisten schlugen anlasslich der Aussage von Kardinal Simonis hart zu. Sylvain Ephimenco stellte in der Tageszeitung Trouw fest: „Kommunikativ gesehen ist die katholische Kirche nie stark gewesen. Diese Institution, basierend auf einer Liturgie aus armiertem Beton, einer strikten Hierarchie und aus Ritualen, die uber Jahrhunderte ihren Anblick bestimmt haben, tat sich immer schwer, um in den Zug der Modernitat einzusteigen. Und Kommunikation ist unter dem Blickwinkel heutiger technologischer Revolution bereits eine Modernitat.“ Schlimmer wurde es wochenlang durch die Karikaturisten und Comiczeichner. Bei diesen Bildmaterialien erinnerte ich mich an die Protestbewegung in der arabischen Welt anlasslich der Mohammed-Karikaturen vor einigen Jahren. Was inzwischen in Bezug zum Islam verpont ist und sogar tabuisiert wird, erlaubte sich mancher Kolumnist oder Zeichner wahrend der Homo-Hostieaffare und danach anlasslich der causa „Missbrauch in der katholischen Kirche“: Was vielen heilig ist oder wo Respekt Personen gegenuber angemessen ware, wurde lacherlich gemacht und beschmiert. Etwas mehr freiwillige Selbstkontrolle hatte die Meinungsfreiheit nicht beschadigt. Eine bemerkenswerte österreichische Initiative Die folgenden Beispiele beschaftigen sich mit hervorhebenswerten Initiativen, die mich anregten und meines Erachtens auch Impulse fur meine niederlandischen Kollegen und Kolleginnen der Kommunikationswissenschaft, der Theologie, der Religionswissenschaft und der Journalistik sein konnten. Ein solches positives Beispiel fuhrt uns nach Österreich. 2005 entdeckte ich in Wien einen neuen Lehrgang fur zukunftige Verantwortungstrager in Kultur, Politik, Wirtschaft und Medien mit dem Titel ‚Medienkultur und die Frage nach Gott’. Es handelte sich um einen sechsmonatigen Zertifikatlehrgang mit einem monatlichen ZweiTages-Seminar sowie um Exkursionen zu unterschiedlichen Medienunternehmen. Die Seminareinheiten schlossen Vorlesungen, Diskussionen, Workshops mit Filmen sowie die Arbeit mit Multimediaangeboten ein. Referenten und Diskussionspartner waren Medienunternehmer und Kommunikationsprofis wie Fernseh- und Filmproduzenten und Chefredakteure und Herausgeber von Zeitungen und Zeitschriften. Aber es zahlte auch Christoph Kardinal Schonborn, den schon erwahnten Erzbischof von Wien zu diesem namhaften Kreis. Begegnungen und Fragerunden der Teilnehmer mit diesen Personlichkeiten versprachen realen anregenden Kontakt mit Medienverantwortlichen und Medienstrategen – vielleicht auch Medienvisionaren. Veranstaltet und koordiniert wurde dieses Angebot von der Akademie fur Evangelisation, einer Einrichtung der katholischen Gemeinschaft Emmanuel in 33 der Erzdiozese Wien. Nun kann man als kritischer Katholik beim Lesen oder Horen der Anbieterin „Emmanuel Bewegung“ die Stirn runzeln, aber der Themenuberblick in Kombination mit der Liste der Vortragenden und Diskussionspartner beeindruckte mich schon. Die Zielgruppe uberzeugte mich ebenfalls. Das Programm richtete sich an Studenten und an Berufstatige, die sich mit Medien und Medienkultur beschaftigen und diese verstehen, analysieren und effizient nutzen wollen. Öder, wie in der Broschure der „Akademie fur Evangelisation“ formuliert: ‚Öb sie [die Teilnehmer] als zukunftige Verantwortungstrager in Kultur, Politik oder Wirtschaft Botschaften pragen oder Medienmanagement erlernen mochten – der Kurs will Mut machen, existentielle Themen in den Medien zu positionieren und in einem neuen europaischen Kontext Meinung mitzupragen. Der Kurs bringt auβerdem Kompetenzen fur Interview- und Diskussionsfuhrung.’ Die osterreichische Initiative wurde, wie mir schriftlich vom Leiter des „Instituts fur Evangelisation“, Mag. Ötto Neubauer, am 10. Februar 2010 bestatigt wurde, einen andauernden Erfolg. Er schrieb unter anderem: ‚Der Kurs wird auch heuer von gut 40 TeilnehmerInnen besucht und wird sehr gut angenommen. Die TeilnehmerInnen sind groβteils StudentInnen verschiedenster Studienrichtungen an der Universitat Wien. Auch weltanschaulich ist die Gruppe jedes Mal sehr bunt: groβteils „Kirchenferne“ sind gemischt mit „uberzeugten“ Christen, aber auch Muslime und Andersglaubige.’27 Dieser Kurs ist meines Erachtens beispielhaft und nachahmenswert. Er bietet Jungerwachsenen die Moglichkeit, zusatzlich zu einem Studium oder der Weiterentwicklung im Berufsleben, sich auch grundlich zu orientieren in den Bereichen Religion und Medienkultur, insbesondere in der Verknupfung beider Bereiche. Das Theologiestudium an der „Rijksuniversiteit Groningen“ unterscheidet sich von sonstigen Theologiestudiengangen in den Niederlanden dadurch, dass es Religion und Kultur als Profil hat und die kulturelle Einbettung der Religionen und des Religiosen betont.28 Das osterreichische Beispiel bringt mich auf ein Gedankenspiel in Bezug zur Ausbildung und Weiterbildung von jungen Journalisten und Journalistinnen. Was diese professionals, heute uber die verschiedenen Religionen und Kirchen wissen sollen, steht in den Niederlanden nicht im Zentrum der Fachhochschulausbildung und den universitaren Studiengangen fur Journalistik. Das ist eine empfindliche Lucke – insbesondere im Zusammenhang bzw. im Rahmen der europaischen und niederlandischen multireligiosen und multikulturellen Gesellschaft. Wer das journalistische Handwerk solide erlernen will, der muss das Redigieren und Recherchieren, das Schreiben von Texten, seien es Nachrichten und Berichte, Kommentare oder Glossen, Reportagen oder Portrats etc. erlernen. Wer dieses bereits erlernt und durch eigene Berufserfahrung erganzt hat, kennt sich zweifelsohne in Politik, Wirtschaft, Sport, in der Welt der Unterhaltung, in Kunst und Kultur aus. Aber wie steht es mit dem Auskennen, dem Wissen und mit entsprechenden Erfahrungen in der Religion? 34 Predigen für eine leere Kirche mag niemand, oder? Journalisten und Verantwortungstrager im Bereich der Medienangebote benotigen Adressaten bzw. ein Publikum – Rezipienten oder Empfanger. Der Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung-Önline, Hans-Jurgen Jakobs, rief 2009 anlasslich der Medientage in Munchen Henri Nannen in Erinnerung. Der Grunder und langjahrige Chefredakteur der Illustrierten Stern besaß eine einfache Redaktionsrichtlinie: ‚Wer predigen will, der muss dafur sorgen, dass die Kirche voll ist’. In den ersten Jahrzehnten nach dem Kriegsende 1945 genugte es, inhaltlich attraktive Stoffe in die Massenmedien zu stellen. Dem so gewonnenen Publikum konnte man dann auch schwierigere Themen prasentieren. Was aber, so fragte Jakobs sich, was aber ist in einer Welt, in der die Kommunikation zwischen Menschen das Maβ aller Dinge ist, bei der der Computer die Grundlage fur die Verbindung von Millionen von Menschen bildet – kurzum, in der fur junge Leute das Internet ganz selbstverstandlich zum Leitmedium geworden ist? – und in der, um in der Sprache Nannens zu bleiben, die Kirche leer bleibt?29 Als verantwortlicher Chefredakteur der Önlinezeitung sueddeutsche.[dot]de befurwortet Jakobs eine Losung, die man von ihm erwarten darf: Alle jene, die die Kirche nicht mehr voll bekommen, werden sich starker zur Gemeinde hinbewegen mussen, also Teil all jener communities und Plattformen werden, die sich in den vergangenen Jahren entwickelt haben. Sie werden hier, wie Jakobs betont, fur ihre Inhalte werben mussen, um mit ihren konventionellen Medien weiter vorankommen zu konnen. Wenn die Kirche leer bleibt, muss man sich zu den Menschen hinbewegen. Einverstanden – aber Kirchen wie die niederlandische ohne Kirchensteuer werden gar nicht oder kaum in der Lage sein, eine eigene digitale Parallelwelt zu schaffen, um ihre Botschaft uber die sozialen Netzwerke wie Facebook oder uber Videoplattformen wie YouTube neu zu beleben. Sie konnen versuchen, ihr Angebot uber ihre Websites und die offentlich zuganglichen ÖnlineInformationsquellen wie Wikipedia zur Verfugung zu stellen und bereit zu halten. Bei einer Kirche der freiwilligen Mitarbeiter und vor allem Mitarbeiterinnen, wie die der niederlandischen katholischen Kirchenprovinz und der protestantischen Kirchen, handelt es sich um Glaubensgemeinschaften ohne jahrliche Einnahmen aus Kirchensteuer und ohne substantielle Ressourcen fur eigene Medien und professionelle Kommunikationsanstrengungen. Diese Kirche ist vor allem vom guten Willen der herkommlichen kommerziellen und nicht-kommerziellen Printmedien, von Horfunk und Fernsehen abhangig. Zusatzlich bietet das Internet Moglichkeiten, die auch genutzt werden. Die Kirchen haben ihre eigenen Websites. Und es gibt Privatinitiativen von eingetragenen Vereinen oder von anderen nicht kommerziellen Örganisationen. Das Angebotsspektrum dieser Anbieter bewegt sich in einer Spannbreite von einerseits qualitativ hochwertigen kritischen Inhalten mit Informationen und sinnvollen Diskussionsbeitragen bis andererseits zu fundamentalistischen, manchmal sogar aufhetzenden Botschaften. Klassische und neue Medien sind also nicht mehr und nicht weniger als Vehikel fur das Gute und das Bose, das 35 Lobenswerte und das Verwerfliche – alles im Sinne des Wahrnehmers, wie Thomas von Aquino schon lehrte. Die Journalisten der unabhangigen Medien sind nicht unbedingt Goodwillbotschafter, die Bischofe sich wunschen. Und Bischofe sind nicht immer Wurdentrager, die Journalisten sich als Ansprechpartner wunschen. Der 2007 ernannte Erzbischof der Erzdiozese Utrecht, Wim Eijk, mochte in seinen ersten Amtsjahren uberhaupt keinem Journalisten begegnen. Es besaß eine – fur die von Medienkultur gepragte Zeit – unvorstellbare Abwehrhaltung gegenuber der Öffentlichkeit. Die Missbrauchsskandale zwangen ihn letztendlich doch, an die Medienoffentlichkeit zu gehen, nachdem er Mitte 2011 den Vorsitz der niederlandischen Bischofskonferenz ubernommen hatte. Die Art und Weise wie Eijk, der Anfang des Jahres 2012 vom Papst zum Kardinalswurde berufen wurde, das Erzbistum reorganisierte und sanierte, schlagt momentan in den Medien nicht mehr jene hohen Wellen, die man erwarten konnte. Diese Tatsache hangt nur zum Teil mit der Abwehrhaltung des Erzbischofs den Journalisten gegenuber zusammen. Wichtiger scheint mir die Tatsache zu sein, dass das Interesse der Medien an einer Kirchenpolitik alten Stils und an dem Verhalten eines eigenwilligen Bischofs abgesehen von einigen Meldungen - definitiv der Vergangenheit angehort. Auf der Tagesordnung der multikulturellen und multireligiosen Gesellschaft befinden sich grundsatzlich Themen zu Religion und Kirche und man kann feststellen: in großerem Umfang als zuvor. Beispielhafte Forschungsergebnisse aus der Schweiz Eine Wiener Broschure mit einer lobenswerten Initiative bot mir ein erstes Beispiel fur good practices im Bereich der Aus- und Fortbildung. Mein zweites Beispiel bezieht sich auf Anstrengungen im Forschungsbereich. Ich entnehme es der Universitat Zurich und der Zurcher Hochschule fur Angewandte Wissenschaften in Winterthur. Ich hatte das Gluck, in den letzten vier Jahren Mitglied des Expertenausschusses fur Religion und Medien des vom Schweizerischen Nationalfonds unterstutzten Forschungsprojekts „Die Darstellung von Religionen in Schweizer Massenmedien: Zusammenprall der Kulturen oder Forderung des Dialogs?“ zu sein. In dieser Beratungsrolle habe ich viel uber Religion als Medienthema dazugelernt, insbesondere auch, weil Forscher aus der Kommunikationswissenschaft und aus der Theologie interdisziplinar beispielhaft zusammenarbeiteten, um beispielsweise empirisch festzustellen, wie verschiedene journalistische Medien in der Schweiz uber Themen mit religiosen Aspekten berichten, welche Religionsgemeinschaften in der Berichterstattung vorkommen (und dominieren), welche religiosen Hauptakteure mit welchen Haufigkeiten in den Medieninhalten auftreten und welche Rolle die Medien spielen im Kulturenkonflikt. Die Forschungsgruppe unter der Leitung von Urs Dahinden und Vinzenz Wyss hat das Projekt inzwischen mit wertvollen Publikationen erfolgreich abgeschlossen und Mitte 2012 ein Schlussbericht vorgelegt.30 36 Die ersten Aufsatze veroffentlichte das Forschungsteam 2009 mit Bezug zu den Teilprojekten der Studie im letzten Heft des 42. Jahrgangs von Communicatio Socialis.31 In ihrem Beitrag in Communicatio Socialis stellen Wyss und Guido Keel die Frage, mit welchen Inszenierungsstrategien Journalisten Themen mit religiosen Aspekten aufgreifen und bearbeiten.32 Der Journalismus in der Schweiz bietet dafur, ebenso wie der niederlandische Journalismus, ein interessantes Untersuchungsfeld, weil die Schweiz und die Niederlande sowohl eine multikulturelle als auch multireligiose Gesellschaft sind. Nur stimmten nicht rund 57,5 Prozent der niederlandischen Burger fur die Volksinitiative „Gegen den Bau von Minaretten“. Es waren die Schweizer, die mit diesem Ergebnis internationale Emporung hervorriefen. Andererseits haben die Niederlander schon langer einen Fleck auf ihrer weiβen Weste: Das Schweigen, auch in der Politik, zum Scheitern der herkommlichen Integrationspolitik in Bezug auf Einwanderer aus islamischen Staaten und Regionen wurde durch die Ermordung des Politikers Pim Fortuyn (2002) und des Filmemachers Theo van Gogh (2004) zwar beendet, aber Ubereinstimmungen und Kompromisse im Hinblick auf Losungen lassen sich nur muhsam finden. Die beiden Morde und die Auswanderung der Politikerin und Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali (2006) in die Vereinigten Staaten erregten international Aufsehen ebenso wie die Minarett-Frage in der Schweiz. Wyss und Keel bieten in ihrem Aufsatz einen Einblick in die Art und Weise, wie die befragten Journalisten in der Schweiz den Themenbereich Religion und religiose Ereignisse bearbeiten. Die zweite Veroffentlichung im Rahmen des Schwerpunkts „Religion als Medienthema in der Schweiz“ in Communicatio Socialis bezieht sich ebenfalls auf das Zuricher Forschungsprojekt. Auf der Grundlage einer Inhaltsanalyse zu Schweizer Medien berichtet Carmen Koch uber die mediale Darstellung von Religion. Die Analyse zeigt, dass Islam und Katholizismus die Berichterstattung dominieren.33 Die Ergebnisse legen, wie Koch feststellt, den Schluss einer unausgewogenen Berichterstattung nahe, beginnend mit einer geringen Vielfalt dargestellter Religionsgemeinschaften bis hin zu einer einseitigen Verwendung von Attributen, frames und narrativen Mustern. Besonders in Bezug zu Religionen ist vorstellbar, dass Attributsprozesse psychologischer Natur sind: Wer beispielsweise katholischen Glaubens ist, verarbeitet Informationen uber katholische Fuhrungspersonlichkeiten anders als sein Nachbar, der Muslime ist. Muslimische Hauptakteure werden eher als radikal oder extremistisch und buddhistische Akteure eher als friedlich beschrieben. Die „Bilder im Kopf“ sind wichtig fur die Einschatzung der Funktionen oder Dysfunktionen einer Religion fur das Individuum und ihre „Leistung“ oder Bedrohung fur die Gesellschaft. Bei frames handelt es sich in der Kommunikationswissenschaft um Deutungsmuster, die Informationen strukturieren, ihre Komplexitat reduzieren und die Selektion von neuen Informationen leiten. Narrative Muster (Held, Öpfer, Schuldiger, usw.) spielen auch im Journalismus eine Rolle, es sei denn, dass sie nicht systematisch in die kommunikationswissenschaftlichen Forschungen einbezogen werden. Koch hat sich dieser Aufgabe gestellt und auf die Narrationsforschung 37 zuruckgegriffen. Schlussfolgerung der Inhaltsanalyse: „Religion surft mit“ Dass der Katholizismus keineswegs von negativen Ereignissen ausgenommen ist und seine Vertreter vermehrt als Schuldige in Erscheinung treten, hangt zusammen mit der Aufdeckung von Fallen padophiler Priester und Ördensmitglieder. Die Berichte beinhalten konkrete Missbrauchsvorwurfe, Kritik am Verhalten der Kirche als Institution, aber auch an der Art der Papstentschuldigungen. Die Berichterstattung bezieht sich (noch) nicht auf die Schweiz, sondern auf das Ausland, insbesondere auf die Vereinigten Staaten. Wenngleich politische Themen dominieren, zeigt sich dennoch eine groβe Vielfalt in jenen Beitragen, in denen es laut Koch um Religion oder um deren Vertreter geht. „Religion ist in der Kultur und Kunst zu finden. Religionsvertreter nehmen Stellung, wenn es um Moral- und Ethikfragen geht – sei dies im familiaren Umfeld, in der Wissenschaft oder der Wirtschaft. Die Medien interessieren sich besonders dann fur Themen, wenn sie sich auf umstrittene Haltungen beziehen, wenn es um gegensatzliche Ansichten geht – etwa um Homosexualitat, sexuelle Freizugigkeit, den Gebrauch von Kondomen oder um Sterbehilfe. Und: „Brauche und Riten des Christentums finden regelmaβig Einzug in die Medien. (…) Bei anderen, in der Schweiz kulturell fremden Religionsgemeinschaften werden Brauche und Rituale hingegen erst thematisiert, wenn sie eine gewisse Exotik innehaben oder als umstritten gelten.“34 Die ernuchternde Antwort auf der Frage, wie die Journalisten in der Schweiz Religion und religiose Ereignisse bearbeiten, lautet kurz und bundig: Wie auch andere Themen. Die Forscher in der Schweiz fassen ihre Schlussfolgerung sehr gut zusammen mit dem Schlagwort „Religion surft mit“. Die durchaus auch von den befragten Journalisten selbst wahrgenommene Vernachlassigung des Themas Religion(en) wird weitgehend damit begrundet, dass religios motivierte Ereignisse an sich in der Regel weit weniger Nachrichtenwert aufweisen, als etwa politische oder wirtschaftliche. Eine Folge davon ist, dass religiose Themen dann an journalistischer Relevanz gewinnen, wenn sie mit politischen, wirtschaftlichen, sportlichen oder wissenschaftlichen Themen gekoppelt werden konnen, beziehungsweise wenn entsprechende Ördnungen irritieren. Die Wahrscheinlichkeit, vom Journalismus bearbeitet zu werden, steigt den Zuricher Kommunikationswissenschaftlern nach, zudem, „wenn die zu thematisierende Irritation zwischen religiosen und anderen Systemlogiken in narrativen Strukturen dargestellt werden kann. Weil nun aber Religion beziehungsweise Religiositat kaum aus sich heraus thematisiert wird, ist zu erwarten, dass der Journalismus die darzustellenden Handlungen religioser Akteure in Erzahlstrukturen gieβt, in denen beispielsweise eher eine politische Deutung (etwa zu Machtmissbrauch) dominiert beziehungsweise die religiose uberschreibt.“ Diese Erwartung wird, laut Wyss und Keel, durch weitere Befunde der Befragungen genahrt, wenn festzustellen ist, dass in den Publikumsmedien, von wenigen Ausnahmen abgesehen und trotz zugeschriebener Relevanz des Themas, kaum von fachspezifischem Wissen, geschweige denn von Spezialisierung die 38 Rede sein kann. Handlungsmöglichkeiten, auch für Religionsgemeinschaften Um einige von der Studie identifizierten Probleme zu beheben, richtet die Forschungsgruppe Empfehlungen an die zwei betroffenen Akteure – die Medien und die Religionsgemeinschaften. Sie ratet den Medien, die individuellen Religionserkenntnisse der Journalisten zu verbessern. Dazu sollten sie bei der deren Grundausbildung einen Religionsteil einfuhren. Die Religionsgemeinschaften sollten ihrerseits eine Dialogkultur mit den Medien aufbauen. Damit dies gelingt, empfehlen die Forschenden, einfache und effiziente Kommunikationsstrukturen einzurichten. So konnten anschliessend Kommunikationsstrategien fur die Medien entwickelt werden. Inzwischen haben die Schweizer - wie vorher die Österreicher - im zweiten Halbjahr 2009 zum ersten Mal den Kompaktkurs „Religionskommunikation – Religion in die Medien bringen“ im Rahmen der Weiterbildungskurse des Instituts fur Angewandte Medienwissenschaft (IAM) der Zurcher Hochschule fur Angewandte Wissenschaften in Winterthur angeboten. Wahrend dreier Tage wechseln sich „theoretisch gesattigte Inputs“ von Dozenten mit Erfahrungsberichten von Journalisten, Diskussionen von Teilnehmenden und Ubungen an praktischen Fallbeispielen ab. Zielgruppe bilden leitende Mitglieder und Kommunikationsverantwortliche von Religionsgemeinschaften aller Religionen sowie Religionsvertreterinnen, die im sporadischen oder regelmaβigen Kontakt mit Medien stehen. Außerdem gibt es auch einen DreitagesKompaktkurs „Krisenkommunikation – Glaubwurdig agieren unter Druck“, den man den durch die Missbrauchsfalle geplagten Wurdentragern der katholischen Kirche durchaus empfehlen konnte. Expertise in den Redaktionen weiterhin gefragt Wie ich fur die vergangenen zehn bis funfzehn Jahre habe feststellen konnen, gibt es in den Niederlanden noch immer (oder wieder) einen Nahrboden fur die offentliche Auseinandersetzung mit der manchmal brisanten Thematik der Religion(en).35 Er wird durch vielfaltigen Meinungsjournalismus kultiviert – es sei denn, dass diese Sparte des Journalismus zum groβten Teil Auβenseitern uberlassen wird. Eine fur die Zukunft zu losende Aufgabe besteht nach meinem Erachten in folgendem: Redaktionen sollten ein so wichtiges Spezialgebiet wie es die Religion ist, nicht vorrangig Experten an Universitaten und spezialisierten Forschungseinrichtungen uberlassen. In den Redaktionen sind mehr Sachverstandigengutachten gefragt und zwar von Redakteuren und Redakteurinnen, die bereits wahrend ihrer Journalistikausbildung auch eine theologische oder religionswissenschaftliche Ausbildung erhalten haben. So konnte ein zweigliedriger Studiengang beispielsweise an einer Universitat, an der Theologie oder Religionswissenschaft und Kommunikationswissenschaft gut etabliert sind. In den Niederlanden kamen nur die 39 (katholische) Radboud Universiteit Nijmegen und die (protestantische) Vrije Universiteit in Amsterdam in Betracht. Vergleichbare Initiativen wie es das Fortbildungsangebot in Österreich und das schweizerische Forschungsprojekt sowie das Kursangebot in Winterthur sind, existieren in den Niederlanden nicht. Wunschenswert sind ein Kurs oder Studiengang an einer Akademie, Fachhochschule oder Universitat mit dem Ziel, die Verknupfung von Medienkultur, Religion und Politik in der eigenen Gesellschaft und im europaischen Raum interdisziplinar aus katholischer oder allgemeiner christlicher Sicht zu lehren, zu erforschen und zu diskutieren. Die theologische Fakultat der Vrije Universiteit in Amsterdam kennt seit einigen Jahren als einzige niederlandische Universitat einen Masterstudiengang „Medien und Religion(en)“. Denkbar ware es, eine katholische Annaherung in diesem Angebot vorzunehmen bzw. einzubeziehen. Zwischen 1983 und 1992 gab es das katholische Medienzentrum (Katholiek Mediacentrum), um u.a. Theologiestudenten auf dem Gebiet der Medien fortzubilden. Dieser Initiative gingen die finanziellen Mittel aus. Moglicherweise war die Zeit damals dafur noch nicht reif; vielleicht, ware eine Zusammenarbeit mit anderen Kirchen und Glaubensgemeinschaften der zweckmaßigerer Weg gewesen. Die kommunikationswissenschaftliche Forschung zur journalistischen Thematisierung von Religion steckt in den Niederlanden noch in den Kinderschuhen. Zudem wird uber Religionsdarstellung in den niederlandischen Medien nur luckenhaft informiert. Öbwohl die klassischen Massenmedien uber gut ausgebildete Journalisten verfugen, bestehen dennoch Probleme. Gegenwartig vollziehen sich einschlagige medienexterne Entwicklungen. So findet beispielsweise im Medienmarkt eine Umwalzung statt. Seit 1993 nutzt die nach 1979 geborene „Generation Online“ die Erleichterungen des World Wide Web in vollem Umfang. Diese Generation wachst in der Erwartung einer medialen Gratiskultur auf. Journalistische Inhalte der klassischen Medien mussen bezahlt werden. Wenn die Mehrheit der Jugendlichen sie im Stich lasst und sie spater nicht nachtraglich entdeckt, folgt die Werbung fur Markenartikel und Dienstleistungen erfahrungsgemaβ dem Nutzungsverhalten jener Gruppe, die fur sie am wichtigsten ist: den Jungen. Hinzu kommen zeitliche Grenzen sowie Unvermogen, simultan im Netz und in der aktuellen Zeitung zu lesen. Die Ursachen der Krise in den europaischen und amerikanischen Printmedien bestehen nicht in der sich seit 2008 vollziehenden Rezession. Aber, so ist festzustellen, sie hat sie verscharft. Werbeeinnahmen und Abonnentenzahlen brechen ein. Werbekunden und Leserschaft verlagern sich ins Netz, in dem bis vor kurzem noch keine Gebuhren fur Internetpublikationen erhoben wurden. Inzwischen machen Zeitungsverleger erste Erfahrungen mit Bezahlsystemen im Internet.36 In den Niederlanden und anderswo zeichnen sich auch Probleme hinsichtlich medieninterner struktureller Veranderungen ab. So droht die Gefahr standiger Sparmaβnahmen im Bereich der Redaktionen mit Qualitatsanspruchen der nichtkommerziellen Rundfunkorganisationen, Tageszeitungen und Meinungswochenblatter. Inhaltlicher Qualitatsverlust fuhrt zur Abwanderung von anspruchsvollen Fernsehzuschauern 40 und Lesern. Ursachen harten Einsparens der journalistisch und gesellschaftlich betrachtet wertvollen Printmedien sind nicht ausschließlich mit den Umbruchen der Medienlandschaft, der Finanzkrise oder der Konjunkturschwache verbunden. Ursachen bestehen beispielsweise in der Habgier der fur zwei groβe Zeitungsverlage Verantwortlichen, die in einem Fall ihre Seele vorubergehend dem britischen Heuschrecken-Kapitalanlagen-Fonds Apax verkauft und im anderen Fall mit dem britischen Zeitungsabenteurer David Montgomery Geschafte gemacht haben. Der PcM Uitgevers-Konzern mit damals den drei wichtigsten uberregionalen Tageszeitungen (NRC Handelsblad, Trouw und de Volkskrant) wurde 2004 um schnelle bzw. kurzfristig hohe Gewinne zu erlangen an die britische Kapitalanlagefonds Apax verkauft, ohne die große nichtkommerzielle Bedeutung dieser Qualitatszeitungen fur die niederlandische Gesellschaft zu berucksichtigen. Apax handelte wie alle Heuschrecken der finanziellen Welt bekanntlich agieren: Das niederlandische Zeitungsunternehmen wurde mit Schulden beladen. Um die Zeitungen zu retten wurden sie fur viel Geld 2007 zuruckgekauft. Allein die fur den Verkauf an Apax Verantwortlichen, erhielten Millionengewinne. Um die durch das Apax-Abenteuer schwer verschuldeten Zeitungen dauerhaft zu retten, musste ein finanzkraftiger Eigentumer gesucht werden. Nachdem die ersten Sparmaβnahmen erfolgt waren, ubernahm Ende 2009 der belgische Zeitungsverleger Christian Van Thillo das niederlandische „Zeitungsarmenhaus“. Van Thillo besitzt bereits seit 2004 die Amsterdamer Tageszeitung Het Parool und erwarb zudem 2009 die Tageszeitung Algemeen Dagblad (AD) mit ihren Regionalausgaben. Anfang 2010 verkaufte Van Thillo unter Druck der Wettbewerbsbehorde Nederlandse Mededingingsautoriteit (NMA) das Flaggschiff seines neuen Besitzes: Das Zeitungsunternehmen NRC Media mit der Qualitatszeitung NRC Handelsblad und nrc next, seit funf Jahren eine neue und erfolgreiche Nebenausgabe von NRC Handelsblad fur Jungerwachsene. Ein niederlandischer Kapitalanlagefonds mit dem Ruf zuverlassig zu sein ubernahm sie. Seit 2007 gehoren die meisten uberregionalen niederlandischen Tageszeitungen dem stark verschuldeten britischen Kapitalanlagefonds und Zeitungskonzern Mecom, der von David Montgomery geleitet wird – und der auch im deutschen Zeitungsmarkt fur Unruhe sorgte. Zeitungen wie De Gelderlander, BN De Stem, Eindhovens Dagblad, Dagblad De Limburger und andere Titel erreichten in den letzten Dezennien des zwanzigsten Jahrhunderts eine sehr gute Qualitat. Wiederholte harte Einsparungen (erneut 2012) reduzierten sie jedoch allmahlich zu lokal- und regionalorientierten Nachrichtenzeitungen ohne eigene Wurzeln, ohne befriedigendes Eingehen auf aktuelle gesellschaftliche Bedurfnisse und ohne redaktionelles Potential zur Forderung und Begleitung multikultureller und multireligioser Transformation. Fazit: Zeitungen ohne einzigartige Identitat, ohne Idealismus der jungeren Journalistengeneration und ohne ein durch Ideale gekennzeichnetes Programm werden Öpfer der Kommerzialisierung und sind letztendlich austauschbar mit der in diesem Fall auflagenstarksten popularen uberregionalen Tageszeitung De Telegraaf oder der uberregionalen Zeitung AD Algemeen Dagblad. Diese in allen Bevolkerungsschichten gelesene 41 Zeitungen verdeutlichen, dass, wenn es um Kirche und Religion geht, nur Interesse fur kirchliche Skandale unterschiedlicher Art besteht wie Streit, Veruntreuung, Missbrauch von Jugendlichen durch Priester und evangelische Pfarrer etc. In den meisten Redaktionen arbeiten Redakteure mit einem unterschiedlichen religiosen Hintergrund bzw. ohne einen solchen. Journalisten mit einer humanistischen Weltanschauung konnten schon besser vertreten sein. Leider sind auf den Redaktionen der Tageszeitungen und Rundfunkanstalten kaum mehr Experten auf dem Gebiet der Religionswissenschaft oder Theologie anzutreffen. Fehlendes Religionsinteresse und die hauptsachlich judisch-christliche und freisinnig-liberaleTradition der Journalistenausbildung sollten zur Diskussion gestellt werden. Multireligioser Journalismus stellt nicht Luxus dar, sondern ist eine Notwendigkeit. Journalisten und Religion vor den Missbrauchfällen Es ist zu fragen, ob die Religion gemaß der Formulierung der Schweizer Kollegen auch im niederlandischen Journalismus „mitsurft“. Die Antwort auf der Grundlage eigener Forschungsarbeit lautet ja, „Religion surft mit“. Meine Forschungsergebnisse mit Bezug auf drei uberregionalen Tageszeitungen in den Niederlanden zeigen eindeutig die Fokusierung der Medienaufmerksamkeit auf die Verknupfung von Religion und Islamdebatte, auf die Diskussion uber die Funktionen und Dysfunktionen der Religionen in der Gesellschaft, auf Diskurs und Streit zum Verhaltnis Kirche, Staat, Meinungsfreiheit in Verbindung mit Religionsfreiheit etc. Diese Themen schossen hoch, als der Islam vor zehn Jahren als ein niederlandisches Problem erfahren wurde. Es gibt seitdem eine Vielzahl an Mediendebatten uber die soziale Funktion von Religionen wie beispielsweise zum Integrationsprozess von Einwanderern, ihren Kindern und Enkelkindern. Um herauszufinden, wie der Stand der religiösen Berichterstattung und des Meinungsjournalísmus über Religionen ist, untersuchte ich die Qualitätszeitungen NRC Handelsblad (liberal, freidenkend), de Volkskrant (katholisch bis 1965, progressiv-links heutzutage) und Trouw (protestantisch-christlich bis 1974, allgemein christlich heute).37 Ausgewählt wurden der Zeitraum von Dezember 2006 bis Februar 2007 sowie Beispiele aus dem Jahr 2006. Wie man aufgrund des Leitartikels und der Leser erwarten kann, gibt es beim Inhalt der drei ausgewählten Zeitungen Unterschiede in der Art des Nachrichtenselektionsprozesses sowie im Tenor von Leitartikeln, Kolumnen und Artikeln auf den Kommentarseiten. Trotz Blogs und anderer Formen der Veröffentlichung im Internet ist die Bedeutung der Meinungsbildung in den Printmedien für die Qualität der öffentlichen Debatte noch immer sehr hoch. Im Vergleich mit der im Rahmen des Züricher Forschungsprojekts durchgeführten Inhaltsanalyse fehlt meiner Untersuchung die Genauigkeit der Schweizer Kollegen und Kolleginnen: sie arbeiteten mit der sprichwörtlichen Präzision der in der Schweiz 42 hergestellten Uhren. Die Hypothese meines Forschungsdesigns war, dass, wenn sich eine Inhaltsanalyse auf religiöse, geistliche und ethische Themen konzentriert, Unterschiede zwischen den drei Titeln deutlich zum Vorschein kommen. Dasselbe gilt für Innenpolitik. Man kann davon ausgehen, dass auf den Gebieten des Sport-, Wirtschafts- oder Finanzjournalismus größere Homogenität herrscht. Was die ausgewählten Zeitungen der letzten Wochen des Jahres 2006 und der ersten Monate des Jahres 2007 angeht, richtete sich die Aufmerksamkeit sowohl auf Ähnlichkeiten als auch auf Unterschiede in der Nachrichtenauswahl, in der Hintergrundinformation und in der Meinungsbildung. Die Konzepte (der Rolle) von Gatekeeping, Agenda-Setting, Medienlogik, Framing, Priming und Medienhype wurden für den theoretischen Rahmen der Inhaltsanalyse benutzt. Folgendes lässt sich aus der Untersuchung schlussfolgern: Journalisten der Massenmedien (Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehen, Radio und Nachrichtenwebsites) wählen die Nachrichten nach bestimmten Kriterien des Nachrichtenwertes aus einem beinahe unbegrenzten Vorrat aus, was meist in der Routine ihrer Berufspraxis begründet ist. Was veröffentlicht wird, ist das Ergebnis des Gatekeeping-Prozesses. Basierend auf der feinmaschigen qualitativen Inhaltsanalyse der drei überregionalen Tageszeitungen Trouw, de Volkskrant und NRC Handelsblad könnte man folgern, dass Themen aus dem Bereich von Kirchen und Religionen groβzügige Aufmerksamkeit in den Medien bekommen, insbesondere dann, wenn sie gesellschaftlich-relevante Aspekte aufweisen. Die Themenvielfalt ist recht groß. Für Fotojournalismus bieten religiöse Bräuche und katholische Gottesdienste - mit vielen Hochwürden und vielem Weihrauch - schöne Bilder, die Abwechslung in den Zeitungsspalten bringen. Alle drei Zeitungen bieten regelmäßig Hintergrundartikel über den Islam an. Leser dürfen darauf in Diskussionsrubriken auf der Website und in den gedruckten Ausgaben reagieren. Sie bereichern damit die Meinungsbildung, insofern digital nicht hauptsächlich geschimpft oder beleidigt wird. Der Kommunikationswissenschaftler Stephan Russ-Mohl stellte fest: „Je steiler es mit der journalistischen Qualität und mit der Bereitschaft, für journalistische Leistungen zu zahlen, bergab geht, desto zahlreicher und voluminöser werden offenbar die wissenschaftlichen Analysen, die sich mit journalistischer Qualität befassen und diese zu retten, zu sichern oder zu verbessern trachten.“38 Dennoch traue ich mich einen Wunsch zu äuβern. Um das Interesse an Inhalt und Qualität der Zeitungen und Meinungswochenblättern, was Religion und Meinungsbildung angeht, zu steigern, muss unbedingt mehr statt, wie es derzeit der Fall ist, weniger in das Redaktionsteam investiert werden. Aus der Analyse der drei überregionalen Zeitungen ergibt sich, dass ihre Redaktionsmitglieder einen beachtlichen Teil der Beiträge externen Autoren aus der Wissenschaft oder Politik überlassen. Um Lesbarkeit und Aktualität ihrer Artikel zu gewährleisten, müssen Redakteure sich eigentlich ständig weiterbilden und sich von Experten über die aktuellen Themen der Berichterstattung informieren lassen. Dazu brauchen die Redaktionen nicht nur Geld, sondern auch Zeit für Weiterbildung. 43 Als Fazit ist hervorzuheben: Die niederländischen Medien sind sich der hohen Bedeutung von Religion bewusst und darüber, dass es sich nicht um eine Randerscheinung einer postchristlichen Gesellschaft handelt. Auch, wenn die Verbindungen mit politischen Themen nicht immer völlig klar sein mögen, so besteht daran Interesse, neue Verbindungen und Perspektiven zu entdecken. Diese professionelle Einstellung der Medien ist eine Reaktion auf die Verwirrung der Politiker und die Zweifel der Öffentlichkeit – es sei denn, dass die Notwendigkeit einer öffentlichen Debatte nicht rechtzeitig erkannt oder verschleiert wurde. Insbesondere die tragischen Morde mit Fortuyn (2002) und Van Gogh (2004) als Opfer führten zu einem Prozess der kritischen Auseinandersetzung mit der Thematik von Integration und Religion – was nun Früchte zu tragen scheint. Politiker nehmen die Veränderung wahr, und Journalisten haben sich darauf besonnen, Wachhunde statt Schoßhündchen in der öffentlichen Debatte zu sein. Als Begleiterscheinung der skizzierten Umwalzungen in der niederlandischen Gesellschaft surft Religion tatsachlich mit. Durch die Struktur des niederlandischen nicht-kommerziellen Rundfunks mit insgesamt 24 sendeberechtigten Anbietern war Religion als Thema nie vom Bildschirm verschwunden und auch immer im Ather prasent. In den allgemeinen Meinungswochenblattern droht die religiose Thematik jedoch schon wieder weitgehend an den Rand gedrangt zu werden. Ihre Aktualitat musste vor einem Dezennium neu entdeckt werden. Dieser Sachverhalt führt inzwischen zu einer offenen Diskussion über die Bedeutung von Religion im öffentlichen Bereich. Man kann nur hoffen, dass sie durch medieninterne Entwicklungen oder gesellschaftliches Desinteresse nicht auf das Abstellgleis gerät und dass die Kombination von Religion und Emotion, die ich nicht angesprochen habe, Atheisten, Christen und Anhänger anderer Religionen nicht blind macht für Selbstreflexion und Selbstkritik. Tabuisierung des emotionalen Aspekts von Religion wäre ein neues Risiko für eine uneingeschränkte öffentliche Debatte. Die ewige schwierige Frage der Medienwirkung Die Interaktion zwischen Kirchen und religiösen Bewegungen und ihren Botschaften auf der einen Seite und dem von den Massenmedien angebotenen kulturellen Inhalt auf der anderen Seite kann auf viele Arten gedeutet werden. Wir wissen immer noch sehr wenig über die Wirkungen von religiöser und spiritueller Kommunikation allgemein, auch in Verbindung mit den Massenmedien. Es ist noch nicht möglich, klare Aussagen darüber zu treffen, denn es gibt verschiedene Wirkungsarten, wie beispielsweise kurzzeitige Wirkungen oder langfristige Wirkungen; Wirkungen auf die Meinungsbildung, Einstellungen, Gefühle und Verhaltensweisen; beabsichtigte oder unbeabsichtigte Wirkungen und Wirkungen, die positiv, neutral oder negativ zu bewerten sind. Es gleicht einem Klischee zu wiederholen, was häufig in der Literatur kritisiert wird, nämlich, dass es an empirischen Forschungsergebnissen 44 mangele. Das trifft sicherlich auf die geistlich-religiöse Kommunikation insgesamt zu. Aber sogar auf dem Gebiet der politischen Kommunikation, mit der sich die wissenschaftliche Forschung so intensiv beschäftigt hat, gibt es keinen Konsens über die Auswirkungen der drei genannten Phänomene. Wenn man die Medienwirkung betrachtet, scheint es keine Einigkeit über ihre Natur und genaue Auswirkung auf das Denken, das emotionale Mind-Set, die Einstellung und das Verhalten der Menschen, die sich selbst der Medienkommunikation ausgesetzt haben, zu geben. Als intervenierende Variable werden die Umweltfaktoren und der individuelle Charakter von Menschen diskutiert. Bildung, Kultur und – wenn auch nicht in jedem Fall – Religion oder ihr Fehlen prägen den Menschen. Die klassischen Printmedien – Zeitungen und politische Wochenzeitschriften – beschäftigen sich mit Multikulturalität und multireligiöser Gesellschaft. Die öffentliche Debatte findet auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen statt, an Universitäten, bei akademischen Konferenzen, in Internetforen sowie in Radio und Fernsehen. Immer wieder scheint es eine Neigung dazu zu geben, Medienwirkungen zu beobachten und dann wiederum in bestimmten Situationen Zweifel an ihnen zu haben. Es scheint unmoglich zu sein, nachzuvollziehen, geschweige denn vorherzusagen, in welche Richtung sich Wirkungen entwickeln und wie lange sie anhalten. Auf der Grundlage dieser Einsichten, die als eine aktuelle Bestandsaufnahme der Wissensbasis und der Ergebnisse der empirischen Forschung betrachtet werden konnen, zog McQuail (2005) keine allgemeine Schlussfolgerung uber die Medienwirkung. Die Alternative, dass es uberhaupt keine Wirkung gibt, scheint eher theoretischer Natur zu sein. Auch wenn Menschen behaupten, dass geistige und religiose Kommunikation sie nicht „betrifft“, stellt sich die Frage, ob es sich um eine Pose oder auch eine Momentaufnahme handelt. Was als fremd, beispielsweise außerhalb des Christentums befindlich angesehen wird, kann Vorurteile verfestigen. In einem traditionell christlichen Land wie den Niederlanden haben sich viele junge Menschen von christlichen Symbolen und Ritualen entfremdet, wie z.B. bei einer Beerdigung in einem katholischen Umfeld zu beobachten ist. Nach meiner Analyse ist die Leistung des niederländischen Journalismus wie folgt zu beurteilen: Der Meinungsjournalismus der Tageszeitungen und des nicht-kommerziellen Rundfunks (public broadcasting) entwickelte sich im ersten Dezennium des einundzwanzigsten Jahrhunderts mit einem breiten Angebot von Themen zu Religion und Integration und ihrer Zusammenhänge. Eher vorteilhaft scheint zu sein, dass sich Autoren, die zur Debatte über die Bedeutung von Religion beitragen, häufig auf den Atheismus berufen. Auch wenn das so ist, kann die allgemeine Aufmerksamkeit als relativ unvoreingenommen bewertet werden. Berichterstattung, Diskussionsbeiträge, Kommentare und andere Veröffentlichungsformen machen die Leser mit einer hochaktuellen Thematik vertraut. Sie verdeutlichen umfangreiches Wissen über geistige und religiöse Inhalte. Berichterstattung und Meinungsbildung über Kirche und Religion entsprechen den Qualitätsstandards für den Inhalt von Massenmedien. Die Rolle der christlichen Kirche im interreligiosen Dialog konnte 45 auf uberregionaler Ebene von kirchlicher Seite mehr Profil und Prioritat erhalten. Dabei sollte es nicht in erster Linie darum gehen, ob christliches Denken von Katholiken oder Protestanten seinen Platz in der sakularisierten niederlandischen Gesellschaft hat oder nicht, und auch nicht darum, ob christliches Denken auch in Zukunft Spuren in niederlandischer Kultur und Mentalitat hinterlasst. Bei der Debatte über das Wiederaufleben der Religion während des letzten Jahrzehnts nimmt, wie ich feststellen konnte, die Bedeutung von Spiritualität nach Religion einen Spitzenplatz ein, um persönlichen Bedürfnissen und Präferenzen des Einzelnen (auf der Mikro-Ebene) gerecht zu werden. Lokale christliche Glaubensgemeinschaften mit traditioneller oder experimenteller Liturgie bekommen nur in Horfunk- und Fernsehubertragungen der sonntaglichen Gottesdienste besondere Aufmerksamkeit. Diese Gemeinden auf dem Meso-Ebene werden dann Öpfer von negativer Medienaufmerksamkeit, wenn Affaren auftreten. Systematische Kommunikationsanstrengungen auf dieser MesoEbene in Richtung lokaler und regionaler Medien lohnen sich bei Sonderaktivitaten und Veranstaltungen mit Breitenwirkung. Sie fuhren zu positiver Medienbeachtung. So genanntes normales Leben und alltagliche Gemeindeaktivitaten sind den Medien keine Berichterstattung wert. Zur Zeit bewegt sich der Fokus in den Niederlanden in die Richtung der Makro-Ebene der Kirchen und landesweiten Einrichtungen, ihren Fuhrern und ihren Botschaften. Die Entdeckung der „Rückkehr von Gott“ in den Niederlanden in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre und die öffentliche Debatte über die „Rückkehr der Religionen“, insbesondere unter der Berücksichtigung der „Drohungen des Islams“, in den Niederlanden seit dem Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts machten Schriftsteller, Journalisten, Kolumnisten und andere Meinungsbildner neugierig auf Religion(en) und Spiritualität. Sie waren von dem Wiederaufleben des Christentums im Denken und Handeln vieler Niederländer überrascht. Festzustellen waren ein Verlangen nach Stärke, Energie, Geist der New-Age-Bewegung und anderen spirituellen Quellen. Auffällig waren die Zunahme von evangelikalen Gruppierungen, Konvertierung zum Katholizismus von einer Vielzahl (ca. Tausend) hoch gebildeter Menschen pro Jahr und ein wiederauflebendes Interesse an einer traditionelleren Liturgie. Einschätzung der Folgen der Missbrauchaffäre Der Amerikaner Dane S. Claussen von Point Park College erweiterte den inzwischen schon haufiger diskutierten und benannten Zusammenhang von Medien und Kultur dadurch, indem er Sex als etwas Drittes im Bunde hinzufugte.39 Fur diese Annaherung kann man Beifall bekunden – ohne ubrigens an die noch nicht nation wide durch die Medien aufgedeckten Missbrauchfalle in verschiedenen amerikanischen Diozesen und ihre Folgen fur die katholische Kirche in den Vereinigten Staaten zu denken. „This nation is profoundly and simultaneously influenced by three distinct but powerful sets of interacting institutions and practices: religion, media, and sex. As editor Dane Claussen points out, the United States is one of the most religious nations on earth, media (most of which is privately owned) pervade 46 virtually every aspect on life here, and sex is an omnipresent preoccupation for most who live in this country.“ Mit dieser Bestatigung fangt eine Rezension von Eric Gormly anlasslich des Buches an.40 Auf Grund der Beitrage in dem von ihm herausgegebenen Band zieht Claussen die Schlussfolgerung, dass die Journalisten Nordamerikas nicht kompetent genug seien, wenn es um die Bereiche Sexualitat und Religion geht. Sie sind seiner Meinung nach Sex gegenuber uberempfindlich und haben kein Gespur fur damit verbundene soziale Fragen. Denselben Redakteuren gelinge es nicht, die meisten religiosen Themen wirklich zu verstehen. Sie seien dadurch eher geneigt, auf die lauten Stimmen der Extremen zu horen als auf die maβvollen Stimmen der Mitte. Diese Feststellung kann man als Bestatigung des in der Kommunikationswissenschaft seit einem Dezennium durchaus ublichen Theorieansatzes der Eigengesetzlichkeit des Journalismus und der Medien, der so genannten „Medienlogik“ (media logic) werten. Interessanterweise geht Claussen jedoch einen Schritt weite, indem er die ubergroβe Mehrheit der Kirchen und religiosen Örganisationen der Unwissenheit, Verdrangung und Leugnung in Bezug zu Sexualitat bezichtigt. Damit sind wir in media res, wenn es um die Missbrauchsaffaren in der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten, Kanada, Mexiko, Australien und vielen Landern in der Welt geht. Wichtig war die offentliche Zusicherung am 9. Marz 2010, seitens der niederlandischen Bischofskonferenz alles offen darzulegen. Am 6. Marz hatte, Ad van Luyn sdb, der bis Mitte 2010 Vorsitzender der niederlandischen Bischofskonferenz war, in der kirchlichen Sendezeit der romisch-katholischen Kirche (Rooms-Katholiek Kerkgenootschap, RKK) schon ein Versprechen in diese Richtung bekannt gemacht. Welche Folgen die nicht unbegrundeten Enthullungen auf Dauer fur das Ansehen der katholischen Kirche und die Ich-Beteiligung der Katholiken haben werden, lasst sich noch nicht einschatzen. Was seit 1945 in katholischen Internaten passiert ist, wurde zwischen Fruhjahr 2009 und Ende 2011 im Auftrag der Bischofe eingehend von einer unabhangigen Kommission unter Vorsitz des schon erwahnten ehemaligen Ministers Deetman untersucht. Von staatlicher Seite wird ebenfalls von einer unabhangigen Kommission gepruft, welche Rolle die Institutionen zur Jugendschutz gespielt haben. Uber die Vermittlung des amtlichen Kinderschutzes wurden auch Kinder in Internate geschickt. Diese Kommission wird einen Abschlussbericht fruhestens Ende 2012 veroffentlichen konnen. Beide Untersuchungsausschusse arbeiten immer dann, wenn es zweckmaβig war bzw. ist zusammen. Uber Maβnahmen zur Vorbeugung bzw. zum Ausschluss der Wiederholung von Straftatbestanden wird bereits auf politischer Ebene diskutiert. Die katholische Glaubensgemeinschaft, vertreten durch die Bischofe, wird sich gegenuber der niederlandischen Gesellschaft zu verantworten haben. Durch die neue Faszination, die die Religion in den Niederlanden auslöste, könnte es vielleicht geschehen, dass Berichterstattung und öffentliche Meinungsbildung zu Missbrauchsdelikten in der katholischen Kirche, nun über einen längeren Zeitraum verdrängt wurden. Als vor zehn Jahren oder länger zurück über die Folgen der Missbrauchswelle in der USA oder sogar über Einzelfälle in den Niederlanden 47 berichtet wurde, meldeten sich kaum niederländische Opfer bei Redaktionen. Mediahypes brauchen Zeit und lassen sich nicht erzwingen. Die soziale und gesellschaftliche Entwicklung in Ländern wie den Niederlanden, Belgien, Österreich und der Schweiz haben Sozialwissenschaftler als einen Prozess der „Versäulung“, erfolgt im letzten Viertel des neunzehnten und der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts (oder besonders in orthodox-christlichen Kreisen noch länger, sogar bis heute) charakterisiert. Während der „Versäulung“ gab es eine Art Durchlässigkeit, eine Fusion von Journalismus (Medienkultur) und kirchendominierter Kultur, der sich auch der persönliche Lebensstil unterordnete. Unter dem Einfluss der „Entsäulung“, dem typischen Prozess in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, hat sich die Bereitschaft der Journalisten verringert, ihre „eigene“ Kirche gegen die Kritik von Außenstehenden zu verteidigen oder ihr negative Berichterstattung zu ersparen – wenn sie nicht sogar völlig verschwunden ist. Die Missbrauchsaffäre macht klar, dass Kirchen nicht mehr einen Anspruch auf eine Ausnahmeposition befürworten und erwarten können. Die Kultur innerkirchlichen Schweigens über Missstände, um Imageschaden in der Öffentlichkeit vorzubeugen, verursacht nun kaum absehbaren moralisch-ethischen Schaden. Das Fehlen einer pro-aktiven Kommunikationsstrategie Keine niederländische Versicherungsanstalt deckt meines Wissens Reputationsschäden. Seit 2000 können auch (kirchliche) Missbrauchsfälle nicht mehr durch eine Haftpflichtversicherung abgedeckt werden. Als ich 2004 in einem Vortrag für die Fakultäten der Theologie und Religionswissenschaft der Radboud (damals noch Katholische) Universiteit Nijmegen die Risiken einer Kirche auf Imago Schaden thematisierte und vorschlug – wie im Unternehmensbereich – pro-aktiv Risikokommunikationsmanagement zu entwickeln und nachzudenken über auf Kommunikation basierter Methoden, um den guten Ruf wieder herzustellen, wurde ziemlich lau reagiert: Warum sollte man? Zwei Tageszeitungen zeigten jedoch Interesse und berichteten über den Vorschlag.41 Deshalb widmete ich diesem Thema ein ganzes Kapitel in einem 2009 erschienen Buch über Kirche, Religion und Medien.42 Als „case study“ wählte ich u.a. einen Missbrauchsfall aus dem Jahr 2006 im Bistum Rotterdam. Dieser Fall wurde auf der Vorderseite der Tageszeitung De Telegraaf bekannt gemacht einschließlich der Erörterung des Verhältnisses der Kirchenprovinz mit einer Versicherungsanstalt. Es erfolgte eine Kompromisslösung zwischen der Kirchenprovinz und ihrer ehemaligen Haftpflichtversicherungsgesellschaft: Bereitstellung von einer Million Euro für Missbrauchsfälle, die vor dem Jahr 2000 begangen worden sind. Dieses Ergebnis wurde am 6. März 2006 auf der Vorderseite der Tageszeitung NRC Handelsblad als Exklusivbericht veröffentlicht. Als das Buch Mitte 2009 erschien, konnte ich nicht ahnen, welchen Umfang die Missbrauchsaffäre auch in den Niederlanden haben würde. Ende November 2009 hielt ich in Brugge (Belgien) einen Vortrag über das Kräftefeld im Dreieck: Journalisten - Bischöfe und ihre Vikare - Pressesprecher. Dabei behandelte ich den Umgang des Bistums und besonders des Bischofs mit einer Missbrauchsmeldung aus einer Pfarrei als Fallstudie im Rahmen der 48 Krisenkommunikation. Auch beschäftigte ich mich mit der Fragestellung: Wenn so viele Bistumer in der USA, in Irland, Australien, Canada, Deutschland und Belgien von Missbrauchsaffaren heimgesucht worden sind, warum sollte es vor der niederlandischen Grenze Halt machen? Kirchen konnen nach dem fast vollzogenen Sakularisierungsprozess weder eine Sonderrolle einfordern noch Nachsicht erwarten, wenn offizielle Kirchenvertreter in den Medien wegen ihrer Verfehlungen getadelt werden, Missbrauchsfalle aufgespurt werden etc. Bei ihrer Arbeit konnten Journalisten der alteren Generation ggf. negative Haltungen und Gefuhle gegenuber Kirche, Glauben und Religion, mit der sie aufgewachsen sind, unterdrucken. Mit dem Christentum weniger verbundene junge Kollegen konnten vorurteilsfrei (oder mit Vorurteil) in der Vergangenheit von Kirche und ihren Wurdentragern Geschehenes und moglicherweise noch Vorkommendes (ebenso, wie dies in anderen Einrichtungen unterschiedlicher Art geschieht) recherchieren. Fur Islam, Buddhismus oder Hinduismus mag dasselbe wie fur den Katholizismus oder Protestantismus zutreffen, wobei Unwissenheit und Fehlen des offentlichen Interesses bei den eher weniger bekannten und nicht so stark verbreiteten Religionen eine großere Rolle spielen konnte. Als ein Leser sich bei der damaligen Chefredakteurin der Tageszeitung NRC Handelsblad, Birgit Donker, erkundigte warum gerade ihre Zeitung Missbrauch in der katholischen Kirche der Niederlande als Dauerthema gewahlt hatte, antwortete sie: Es handelt sich bei dieser Kirche um eine Institution, in die nicht nur viele Millionen Glaubige emotional investiert haben, sondern um eine Institution, die auch eine betrachtliche Konzentration von Macht und Kapital reprasentiert. Eine solche Institution muss von einer Zeitung ebenso kritisch verfolgt werden, wie dies fur den Rechtsstaat, den Polizeiapparat, die Welt der Banken und fur die Schule gilt. Diese Uberlegung gilt um so mehr, wenn ersichtlich ist, dass in kirchlichen Einrichtungen Kinder, die ihrer Öbhut anvertraut worden sind, missbraucht wurden und dies in einer hierarchischen und geschlossenen Umgebung. Donker verneinte die Behauptung aufgebrachter Leser, ihre Zeitung fuhre eine Hetzkampagne gegen die katholische Kirche. Uber die Gesinnung ihrer Zeitung fugte sie hinzu: NRC Handelsblad hat eine liberale und sakulare Signatur, das stimmt. Wir glauben an die Kraft der Vernunft und stehen Kollektivitaten kritisch gegenuber, insbesondere dann, wenn sie mit Macht ausgestattet sind. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir Religionen gegenuber ablehnend stehen. Auch in unserer Zeitung ist mehr Raum frei fur etwas, was mit dem vagen Begriff „Sinngebung“ bezeichnet werden konnte. Donker erinnerte an die philosophischen und religiosen Themen auf der taglichen Seite zur freien Meinungsbildung und an die Wochenbeilage mit Buchbesprechungen.43 Da in den Niederlanden keine Kirchensteuerpflicht besteht, sind Religionsgemeinschaften von freiwilligen Beitragen ihrer Kirchenmitglieder bzw. von Spenden abhangig. Deshalb konnen Kirchen nur bescheidene Aktivitaten auf dem Sektor von Kommunikations- und Themenmanagement, Public Relations, Interessenvertretung und Journalismus organisieren. 49 Als Toyota neun Millionen gefahrliche Autos produziert und verkauft hatte, zeigte das japanische Weltunternehmen Reue und fing im Fruhjahr 2010 eine kostspielige Kampagne an, um wieder das Vertrauen der Kunden zu gewinnen. Gerade fur Japaner bedeutete das technische Versagen einen Ehrverlust und galt als schwer vorstellbare Niederlage. Die niederlandische Zeitschrift fur Werbung und Marketing Adformatie lobte groβzugig die Entschuldigungen des Toyota-Prasidenten Akio Toyota und rugte scharf die Krokodilstranen der katholischen Kirche – auch des Papstes. Der kirchlichen Kultur des Schweigens und Verschweigens steht das Prinzip der Transparenz gegenuber und zeigt eine Alternative auf. Es geht dabei um Öffnung und Öffenheit ohne Geheimnisse, so wie das mit der Modernitat schon lange vertraute Publikum es von allen non governmental organisations zu recht fordert. Das den Kirchen zur Verfugung stehende Budget fuhrt verstandlicherweise zu einer begrenzten Anzahl von Pressesprechern und Kommunikationsberatern, die mit den Kirchen verbunden sind - vergleicht man mit Beraterzahlen aus der Wirtschaft, auf verschiedenen Regierungsebenen, des Verwaltungsapparates oder von Nicht-Regierungsorganisationen, die im Sozialbereich arbeiten. Ein Fazit mit einem groβen Fragezeichen Neuanfang oder Schwanengesang sind mit einem Fragezeichen versehene Stichworter. Die dargestellte aktuelle Situation fuhrt dazu, dass ich immer mehr zweifle. Meine optimistische Schlussfolgerung abgeleitet von der Entwicklung des Religionsjournalismus wahrend der letzten zehn bis funfzehn Jahre leidet unter der Unsicherheit, die durch die uberdimensionierte Medienaufmerksamkeit gegenuber den Missbrauchsfallen ausgelost wurde, die letztendlich auch die Niederlande erreichten. Ich bin mir bewusst, wie stark Kirchen und soziale Bewegungen von „der Gunst“ der Mitarbeiter von Massenmedien und deren offentlichen Auftritten (performance) sowie von deren Publikumswahrnehmung abhangig sind und wie wichtig ihre Glaubwurdigkeit in Kombination mit ihrer „Leistung“ fur die Gesellschaft und nicht nur fur individuelle Glaubiger oder Anhanger geworden ist. Da die journalistische Unabhangigkeit bei Printmedien und Rundfunkorganisationen ohne Vorbehalt respektiert werden muss, haben Kirchenfuhrer meist nur Zugang zu den Massenmedien, wenn die unabhangigen Journalisten in ihrer Rolle als Schleusenwarter (gatekeeper in der Kommunikationstheorie) das ermoglichen. Kirchliche Kommunikationsberater sind in der Lage oder sollen in der Lage sein Medienturen zu offnen – beispielsweise um ihre Schuld zu bekennen statt einen Verteidigungsversuch zu unternehmen oder ahnliches. Mit stellvertretender Scham las (Zeitungen und Zeitschriften), horte (Rundfunk und Gesprache unter Freunden oder Bekannten) und sah (Fernsehen) man als Katholik, wie schwer sich die eigene Kirche dabei tut, auβerhalb der Gottesdienste zu knien. Zugegeben; Es tat manchmal auch weh zu sehen wie Journalisten versuchten, den Papst oder Bischofe unbarmherzig in die Knien zu zwingen. 50 Nachdem die Missbrauchsfalle in verschiedenen Kontinenten aufgedeckt waren, hatten Bischofe die Pfarreien aufrufen konnen, mit Ritualen Kollektivschuld zu bekennen und eine Versohnung vorzubereiten. Als Huter des Schatzes an Ritualen und Gebeten, mit ihren Erfahrungskenntnissen aus Jahrhunderten hatten sie sich mehr einfallen lassen konnen als die Ankundigung, eine Untersuchungskommission mit der Vorarbeit zu beantragen.44 Die Bischofskonferenz hatte bereits 2009 oder 2010 einen nationalen Buβdienst in der Karwoche und Gottesdienstgebete zur Österzeit anregen und zur Verfugung stellen konnen. So mancher Pfarrer entwickelte dabei Eigeninitiative. Ihnen ist zu verdanken, dass nicht verschwiegen wurde, was die Kirchganger so sehr beschaftigte. Nur ein Bischof der sieben Bischofe in den Niederlanden, namentlich Jos Punt vom Bistum Haarlem-Amsterdam, schickte den Glaubigen recht bald, namlich fur das Wochenende vom 13. und 14. Marz 2010, einen Brief. Diese Initiative kam nicht nur bei den Glaubigen, sondern auch in den Medien gut an. Als Erstreaktion ware ein Hirtenbrief aller Bischofe wunschenswert gewesen. Der Medienbischof Franz Wiertz vom Bistum Roermond benutzte seine Rubrik „Keerpunt“, die damals in allen Gratisanzeigern der Provinz Limburg erschien, am 16. und am 23. Marz 2010 fur ein wohlgemeintes und gut formuliertes mea culpa. Diese beiden kleinen lateinischen Worter tragen zweifelsohne eine große Aussage und konnten fur einen guten Neubeginn stehen. 51 [FüR DAS AUTORENVERZEICHNIS:] Univ.-Prof. Dr. Joan Hemels ist seit 2009 emeritierter Professor fur Kommunikationswissenschaft, insbesondere Kommunikationsgeschichte, in der Fakultat der Gesellschafts- und Verhaltenswissenschaften der Universiteit van Amsterdam in den Niederlanden und seit 2008 Gastprofessor-emeritus fur Allgemeine Kommunikationswissenschaft in der Fakultat der Sozialwissenschaften der Universiteit Antwerpen, Belgien. Seit 2009 ist er honorary fellow des Forschungsinstituts “The Amsterdam School of Communication Research” (ASCoR) der erwahnten Universitat in Amsterdam. Seine Abschiedsvorlesung beschaftige sich mit der Subventionierung -seitens der Doppeltmonarchie Österreich-Ungarn- eines international operierendes Nachrichtenburos im Regierungszentrum der neutralen Niederlande wahrend des Ersten Weltkriegs. Der Text erschien, uberarbeitet und erweitert mit biografischen und bibliografischen Beitragen, als Buchveroffentlichung (Joan Hemels, Een journalistiek geheim ontsluierd. De Dubbelmonarchie en een geval van dubbele moraal in de Nederlandse pers tijdens de Eerste Wereldoorlog, Apeldoorn/Antwerpen: Spinhuis Uitgevers, 2010.) ______________________ Anmerkungen Vom 5. bis 6. Februar 2010 wurde an der Universität Erfurt die internationale Tagung ‘Religion in der niederländischen Gesellschaft. Mitgestalterin oder Auβenseiterin?’ von den Lehrstühlen für Kirchenrecht (Prof. Dr. Myriam Wijlens) und Liturgiewissenschaft (Prof. Dr. Benedikt Kranemann) veranstaltet. Für die Bearbeitung des vorliegendes Textes habe ich mich inspirieren lassen von dem Erfurter Sammelband Religion –Kultur – Bildung. Religiöse Kulturen im Spannungsfeld von Ideen und Prozessen der Bildung, herausgegeben von Benedikt Kranemann, Vasilios N. Makrides & Andrea Schulte, Münster: Aschendorff, 2008 (Vorlesungen des Interdisziplinären Forums Religion der Universität Erfurt, Nr. 5), mit der Einleitung ‘Religion – Kultur – Bildung’ der Herausgeber (S. 7-10) und verschiedenen Beiträgen zur islamischen, christlichen und jüdischen Bildung, zum Thema Religion und Menschenbildung, sowie dem Themenfeld Erwachsenenbildung. 2 Thom Meens, “Bagger op het blog”, in: Tageszeitung de Volkskrant, vom 27. März 2010. 3 Vgl. Tamara Witschge, (In)difference online. The openness of public discussion on immigration [Dissertation Universiteit van Amsterdam/The Amsterdam School of Communication Research (ASCoR)], Amsterdam: ASCoR, 2007. 4 Idem, S. 100. 5 Diese, für mich neue, zweite Bedeutung entdeckte ich in dem Beitrag von Myriam Wijlens, “‘Alle Menschen haben das unveräuβerliche Recht auf educatio’ (Vaticanum II, GE 1) – das Recht der katholischen Kirche”, in: Kranemann, Makrides & Schulte (Hrsg.), Religion – Kultur - Bildung (siehe Anm. 1), S. 175-191, hier S. 176. 6 Siehe: Joan Hemels, Regulierung, Selbstregulierung und Medienkompetenz in den Niederlanden. Die Entwicklung und die öffentliche Debatte, Hilversum: Nederlands Instituut voor de Classificatie van Audiovisuele Media (NICAM) 2005 (NICAM Dossier 4); auch auf: http://www.kijkwijzer.nl/upload/download_pc/7.pdf.. Das niederländische System ‘Kijkwijzer’ wird positiv bewertet in: tv diskurs. Verantwortung in audiovisuellen Medien 13/2009, Nr. 4 (Sonderheft “Kijkwijzer! Das System der Selbstklassifizierung in den Niederlanden”); später auch auf Englisch 52 erschienen: tv diskurs, 14/2010, Nr. 3 (‘special edition’ “Kijkwijzer! The Dutch Self-Classification System”). Siehe auch: www.kijkwijzer.nl 7 Siehe das Interview “Empfehlenswert! Das niederländische Onlinesystem mediasmarties informiert über Medien, die Kindern guttun”, von Claudia Mikat mit Cathy Spierenburg, der Leiterin von mediasmarties, in: tv diskurs. Verantwortung in audiovisuellen Medien, 16/2012, Nr. 1 (Themanummer “Kinder vor der Kiste. Was sie sehen und wie sie damit umgehen”), S. 46-49. Siehe auch: www.mediasmarties.nl 8 Vgl Joan Hemels, Geloven in communicatie. Religie in de media, Kampen: Uitgeverij Kok, 2009, S. 230, 268 und 281. 9 Atte Jongstra, “Liturgie. Uitgesproken schijnheiligheid. Lieddichter Huub Oosterhuis botst met censor Cor Mennen”, in: Tageszeitung NRC Handelsblad, Beilage “Cultureel Supplement”, vom 26. März 2010. 10 Vgl. Walter Goddijn, Jan Jacobs & G.érard van Tillo (Hrsg.), Tot vrijheid geroepen. Katholieken in Nederland: 1945-2000, Baarn: Uitgeverij Ten Have, 1999. 11 Vgl. Joan Hemels, “Massamedia”, in: Goddijn, Jacobs & Van Tillo (Hrsg.), Tot vrijheid geroepen (siehe Anm. 10), S. 137-150, 251-262, 367-375 und 477-485. 12 Vgl. ausführlicher: Hemels, Geloven in communicatie (siehe Anm. 8) und idem, Journalistiek en religie in de actuele cultuurbeleving, Amsterdam: Otto Cramwinckel Uitgever, 1999. Die vier Kabinette unter Leitung von Jan Peter Balkenende förderten im ersten Dezennium des 21. Jahrhunderts auch das öffentliche Debatt über die Normverwässerung und die Bedeutung von Moral und Werten. Siehe.: L. M. [Bertus] de Rijk, Religie, normen, waarden. Een kritische blik op een maatschappelijk debat, Amsterdam: Uitgeverij Bert Bakker, 2006. 13 Siehe für den vollständigen Text dieser Erklärung der Brückenbauer: http://www.bruggenbouwers.com/2010/01/11/vijf-vernieuwde-principes -voor-religiejournalistiek/ . 14 N.N., “James Kennedy: kerk moet zijn als een stad op een berg” [anlässlich: James C. Kennedy, Stad op een berg. De publieke rol van protestantse kerken, Zoetermeer: Uitgeverij Meinema, 20102], in: Tageszeitung Trouw, Beilage de “Verdieping”, vom 2. Februar 2010. 15 Alexander Rinnooy Kan, “Onzeker land, in strijd met zichzelf”, in: Tageszeitung NRC Handelsblad, wöchentliche Beilage “Bücher”, vom 12. Februar 2010 [anlässlich: James C. Kennedy, Bezielende verbanden. Gedachten over religie, politiek en maatschappij in het moderne Nederland, Amsterdam: Uitgeverij Bert Bakker, 2009]. 16 Emile Hakkenes, “Kerken maken zichzelf overbodig”, in: Tageszeitung Trouw, Beilage “de Verdieping”, vom 2. Februar 2010 [anlässlich: G.erard Dekker, Heeft de kerk zichzelf overleefd? Beschouwingen over de rol van de kerk in de moderne samenleving, Zoetermeer: Uitgeverij Meinema, 2009]. 17 Vgl. einem Aufsatz von Stig Hjarvard, “The mediatization of society. A theory of the media as agents of social and cultural change”, in: Nordicom Review, 29/2008, S. 105-134, hier S. 105. 18 Joan Hemels, “Medien und religiöse Sehnsucht. Ein aktuelles Diskussionsthema in den Niederlanden”, in: Communicatio Socialis. Themenheft “Blickpunkt Religion und Medien”, 36/ 2003, S. 97-129. 19 Ulrich Saxer (Hrsg.), Medien-Kultur-Kommunikation, Opladen: Westdeutscher Verlag (Publizistik Sonderheft 2/1998). 20 Michael Schmolke,“Religionskommunikation durch Medien”, in: Saxer (Hrsg.), Medien-KulturKommunikation (siehe Anm. 19), S. 199-214, hier S. 212. 21 Denis McQuail, McQuail’s mass communication theory, London/Thousand Oaks/New Dehli: Sage Publications, 20055, S. 553. 22 Hent de Vries & Samuel Weber (eds.), Religion and media. Stanford, CA: Stanford University Press, 2001. Siehe für die religionswissenschaftliche Themen der letzten zehn Jahren in den Niederlanden auch Willem B. Drees, Religion and science in context. A guide to the debates, 53 London: Routledge, 2010, und in Bezug zu der Bundesrepublik Deutschland Nicolai Hannig, Die Religion der Öffentlichkeit. Kirche, Religion und Medien in der Bundesrepublik 1945-1980, Göttingen: Wallstein Verlag, 2010. 23 Vgl verschiedene Aufsätze in: Helmuth Rolfes & Angela A. Zukowski (eds.), Communicatio socialis. Challenge of theology and ministry in the Church. Festschrift für Franz-Josef Eilers, Kassel: Kassel University Press, 2007, somit: Franz-Josef Eilers, Communicating church. Social communication documents. An introduction, Manila: Logos (Divine Word) Publications, 2011; idem, “Social communication – Development of a Vatican II concept”, in: Verbum SVD, 51/2009, Nr. 1, S. 21-32; idem, Communicating in community. Introduction to social communication, Manila: Logos (Divine Word) Publications, 20094 , und idem, Communicating in ministry and mission. Introduction to pastoral and evangelizing communication, Manila: Logos (Divine Word) Publications, 20093. Wie Eilers betont, existiert das Begriff‚ “soziale Kommunikation” seit mehr als vierzig Jahren, und zwar seit der Veröffentlichung des Konzilsdokument Inter Mirifica, aber gibt es praktisch nirgendwo nähere Überlegungen, was er wirklich bedeutet und beinhaltet. Dabei enthält er seiner Meinung nach spezielle Herausforderungen und Bestimmungen für kirchliche Aktivitäten, Forschung und Lehre, die sich aus einer Vision ergeben, die besonders wichtig sei für die moderne Zeit und die klarer wird, wenn man Ursprung und Entwicklung des Begriffs betrachtet. 24 “Hardhorende paus“, Kommentar in: Tageszeitung NRC Handelsblad, vom 25. März 2010. 25 Wim Deetman, Nel Drayer, Peter Kalbfleisch, Harald Merckelbach, Marit Monteiro & Gerard de Vries, Seksueel misbruik van minderjarigen in de Rooms-Katholieke Kerk, Amsterdam: Uitgeverij Balans, 2011, 2 Bnde. Es erschien nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine populäre Ausgabe des Endberichts. 26 Bert Wagendorp, “De paus”, in: Tageszeitung de Volkskrant, vom 27. März 2010. 27 Siehe auch die Homepage www.akademie-wien.at). 28 Dieses Merkmal des Theologie- und Religionsstudiums in Groningen war ein wichtiger Grund bei der Entscheidung des Frühjahrs 2010, die protestantische theologische Universität (Protestantse Theologische Universiteit, PThU) die im Auftrag der protestantischen Kirche in den Niederlanden (Protestantse Kerk in Nederland, PKN) für die Ausbildung der protestantischen Pfarrer verantwortlich ist, am Anfang des Studienjahres 2012-2013 von den theologischen Studiengängen in Utrecht, Leiden und Kampen nach Groningen und Amsterdam (Vrije Universiteit) zu übersiedeln. Die Universitäten in Utrecht und Leiden werden ihre theologische und/oder religionswissenschaftliche Bachelor- und Masterstudien weiterführen können. Wer jedoch protestantischer Pfarrer werden möchte soll nach dem Bachelorabschluss der Universität wechseln. Die Niederlassung der PThU in Kampen wird aufgehoben. Die orthodox-protestantische Universität der nicht zur PKN gehörenden, erst 1944 gegründeten “Gereformeerde Kerken vrijgemaakt”, bleibt in Kampen ansässig 29 H.-J. Nannen, “Generation Online – Anforderungen an das Medium der Zukunft”, in: MUT – Medien und Transformation. Sonderbeilage zu den Medientagen München, 28. – 30.10.09, S. 6. 30 Die Darstellung von Religionen in Schweizer Massenmedien: Zusammenprall der Kulturen oder Förderung des Dialogs? Schlussbericht. Ein Projekt im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms “Religionsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft (NFP 58)”. Projektleitung: Prof. Dr. Urs Dahinden, Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur. Weitere Informationen zum Projekt: http://www.nfp58.ch/d projekte religion.cfm?projekt=63 Im Rahmen dieses NFP-58-Forschungsprojekts entstanden u.a. die folgenden Publikationen: Carmen Koch, Religion in den Medien. Eine quantitative Inhaltsanalyse von Medien in der Schweiz, Konstanz: UVK Universitätsverlag Konstanz, 2012; Urs Dahinden & Carmen Koch, “Mediale Darstellung von Religion aus der Perspektive der Kommunikations- und Medienwissenschaft”, in: Constanze Jecker (Hrsg.), Religionen im Fernsehen. Fakten Analysen, Zukunftsperspektiven, Konstanz: UVK Universitätsverlag Konstanz, 2011, S. 99-112; Urs Dahinden, Carmen Koch, Vinzenz Wyss und Guido Keel, “Representation of Islam and Christianity in the Swiss media”, in: Journal of Empirical Theology, 24/2011, S. 197-208, und Urs Dahinden & Vinzenz Wyss, “Spezialisierung im Journalismus”Allgemeiner Trend? Herausforderungen durch 54 das Thema Religion”, in: Beatrice Dornbach & Thorsten Quandt (Hrsg.), Spezialisierung im Journalismus, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, 2009, S. 123-136. 31 Als Einstieg zu diesem Abschnitt möchte ich die in Kreisen von niederländischen Theologen und Religionswissenschaftlern meiner Meinung nach relativ unbekannte Zeitschrift Communicatio Socialis, die “Internationale Zeitschrift für Kommunikation in Religion, Kirche und Gesellschaft”, wie der Untertitel inzwischen lautet, hervorheben. Sie wurde 1968 in Münster von einem Dreigestirn, das die Aufmerksamkeit des Zweiten Vatikanischen Konzils für Medienfragen wach halten möchte, gegründet. Insbesondere beabsichtigten die Gründer-Herausgeber Franz-Josef Eilers, Karl R. Höller und Michael Schmolke, das Gedankengut des nicht so gelungenen Konzildokuments Inter Mirifica weiter zu entwickeln. Seit einigen Jahren wird Communicatio Socialis redaktionell von dem Studiengang Journalistik der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt betreut. 32 Vincent Wyss & G.uido Keel, “Religion surft mit. Journalistische Inszenierungsstrategien zu religiösen Themen”, in: Communicatio Socialis, 42/2009, S. 351-364. 33 Carmen Koch, “Das Politische dominiert. Wie schweizer Medien über Religionen berichten”, in: Communicatio Socialis, 49/2009, S. 365-382. 34 Koch, “Das Politische dominiert, ibidem (siehe Anm. 33), S. 369-370. 35 Vgl. Joan Hemels, “Faith and journalism under strain. Some observations with relation to printed media in the Netherlands”, in: Hans Geybels, Sara Mels & Michel Walrave (eds.), Faith and media. Analysis of faith and media: representation and communication, Bruxelles/Bern/Berlin/Frankfurt am Main/New York/Oxford/Wien: P.I.E. Peter Lang, 2009, S. 105-133. 36 Seit März 2007 wurden zwölf amerikanische Zeitungen eingestellt. Siehe: Beate Uerlings, “Leser verzweifelt gesucht”, in: Rheinische Merkur, vom 5. November 2009. 37 Joan Hemels, “The revival of religion in Dutch journalism. A case study in a multireligious society”, in: Communicatio Socialis, 40/2007, S. 129-157, und idem, “A Dutch miracle? The rediscovery of religion by journalists in the Netherlands”, in: Rolfes & Zukowski (eds.), Communicatio socialis. Challenge of theology and ministry in the Church (siehe Anm. 23), S. 224245. 38 Stephan Russ-Mohl, “Qualität inszenieren. Ein Buch über Anspruch und Wirklichkeit im Journalismus”, in: Neue Zürcher Zeitung, vom 1. Dezember 2009 (anlässlich: Klaus Arnold, Qualitätsjournalismus. Die Zeitung und ihr Publikum, Konstanz: UVK Universitätsverlag Konstanz, 2009. 39 Dane S. Claussen (ed.), Sex, religion, media, New York, NY: Rowman & Littlefield Publishers, 2002. 40 Eric Gormly [Buchbesprechung von Claussen (ed.), siehe Anm. 39], in: Journalism & Mass Communication Quarterly 79/2002, special issue “Mythology in Journalism”, S. 509-511, hier S. 510. 41 Bericht “Rooms-katholieken kampen met imagoprobleem”, in: Tageszeitung Nederlands Dagblad (orthodox-protestantisch) vom 11. März 2004 und “RK Kerk kampt met imagoprobleem”, in: Brabants Dagblad (eine regionale, allgemeine Tageszeitung mit katholischen Wurzeln). Seitdem blieb das Imageverlust der katholischen Kirche ein Dauerthema in den Medien. 42 Hemels, Geloven in communicatie (siehe Anm. 8), S. 217-247. 43 Birgit Donker, in ihrer wöchentlichen Rubrik “De lezer schrijft over te veel aandacht voor r.k.misbruik. De krant antwoordt”, in: NRC Handelsblad, Beilage “Opinie & Debat” vom 3.-4. April 2010. Die Journalisten Joep Dohmen (NRC Handelsblad) und Robert Chesal (Radio Nederland Wereldomroep), die sich in den Niederlanden eingehend mit der Missbrauchaffäre beschäftigten, wurden ausgezeichnet. Sie verteidigten ihre Arbeitsweise öfters: Siehe u.a. das Interview mit Linda 55 Nab, “Spitten in een verborgen geschiedenis”, in: Villamedia, [Fachblatt der niederländischen Journalisten], 2/2010, Nr. 6 vom 26. März, S. 10-13, und Joep Dohmen, Vrome zondaars. Misbruik in de Rooms-Katholieke Kerk, Rotterdam: NRC Boeken, 2010. 44 Ein zweites Endbericht der Kommision-Deetman in Bezug zu psychischer und physischer Gewaltanwendung in Internaten für Jugendliche wird Ende 2012/Anfang 2013 erwartet. 56 Barbara Köpplová, Jan Jirák 3.2. Evaluierungskonzepte und -kurse für Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur historischen, musischen und künstlerischen Erwachsenenbildung Die Beurteilung multimedialer, thematisch auf die Bereiche Geschichte, künstlerisches Schaffen und Kunstwissenschaft ausgerichteter Produkte stellt eine dem Wesen nach wenig homogene Auflistung von Themen und didaktischen Verfahren dar, die sich nur schwierig auf einen gemeinsamen sachlichen bzw. inhaltlichen Nenner bringen lassen. Ein tatsächliches Bindeglied zwischen diesen Themenbereichen gibt es auf ästhetischer und ethischer Ebene, in Form der Knüpfung von Beziehungen zu einzelnen Themen und Themenbereichen. Dies geschieht allerdings mit der Einschränkung, dass das Verhältnis zwischen Ethik und künstlerischem Schaffen problematisch ist. Bei der Beurteilung eines Kunstwerkes aus ethischer Sicht ist zu bedenken, dass sich Ethik und Ästhetik auf unterschiedlichen Betrachtungsweisen bzw. unterschiedlichen Zugängen bewegen. Sie entsprechen einander nicht bzw. berühren einander nicht zwangsläufig. Wortspielerisch könnte man somit auch sagen, ‚ethische Aspekte’ sind ‚nichtästhetische Aspekte’ bzw. ‚ästhetische Aspekte’ sind ‚nichtethische Aspekte’. Somit werden sie als potentiell ‚anorganisch’ wahrgenommen, weil sie anderen/unterschiedlichen Kriterien folgen: „Die primäre Äußerung ist das eigentliche Kunstwerk. Es kann in spezifischer Weise ethische Fragen behandeln, allerdings ohne dass das Kunstwerk durch sie gebunden wäre oder dass sich ihnen weitere Bestandteile des Werks unterordnen müssten...Es hat also keine primäre Verantwortlichkeit gegenüber der Geschichte.“ Košnarová 207:100 (gleichzeitig aber gilt, dass „geistige Aktivität unsere moralischen Unzulänglichkeiten nicht aufwiegt“, Todorov 2000:108-109.). Die Frage ist, welcher Natur dieses Verhältnis zu den genannten Themen ist und inwieweit es Gegenstand der Erwachsenenbildung in oben angeführten Bereichen ist bzw. sein sollte. Dieses Verhältnis hat unserer Meinung nach den Charakter von „Bewusstsein“ in dem Sinne: Wie wird (im Rahmen der Didaktik des Geschichtsunterrichts) mit dem „Geschichtsbewusstsein“ umgegangen (siehe z.B. Jeismann 1988 oder im tschechischen Milieu Beneš 2006). Historisches Bewusstsein ist die gegenwärtige Vorstellung von der Vergangenheit. Es ist „Geschichtsbewusstsein“ als aktuelles Konstrukt, in das neben dem gegenwärtigen und didaktisch verarbeiteten Erkenntnisstand eine Reihe weiterer Faktoren kulturellen, ökonomischen und machtpolitischen Charakters projiziert worden sind/ eingegangen sind. Die Betonung des historischen Bewusstseins stellt in diesem Sinne gewissermaßen eine Überwindung der positivistischen Herangehensweise an den Geschichtsunterricht als einfache wenn auch systematische Art der Auseinandersetzung 1 mit der Vergangenheit dar und verdeutlicht, welche Teile der Vergangenheit heute noch lebendig sind, auf die heutige Gesellschaft wirken und auch in Zukunft auf sie wirken können. So, wie das historische Bewusstsein auf das Verhältnis zur Vergangenheit und ihr gegenwärtiges Verständnis (und somit auch auf die Verantwortung für Gegenwart und Zukunft) verweist, können wir in weiteren Gebieten unseres Themenbereichs über „künstlerisches Bewusstsein“ oder gar „kunstwissenschaftliches Bewusstsein“ nachdenken. Der Vorteil dieser Herangehensweise liegt in der Betonung darauf, sich Klarheit über das persönliche und gesellschaftliche Verhältnis zum Thema zu verschaffen, sich also dessen aktuelle Gültigkeit bewusst zu machen. Dieser Ansatz fördert ein ethisch gestütztes, auf Verantwortungsbewusstsein gegründetes, Weltbild und wird so zu einem bedeutenden Bestandteil der Erwachsenenbildung und erziehung, der ihnen dabei hilft, sich in der heutigen Welt zu orientieren und ihren Platz in ihr zu finden. Ziel dieser pädagogischen Einflussnahme sind das Training und die Stärkung des „Bewusstseins des Bewusstseins“, also der Fähigkeit, sich zur Kompetenz innerhalb des entsprechenden Themas führende Erkenntnisse und Fähigkeiten nicht nur anzueignen, sondern das eigene Verhältnis zu Themen geschichtlichen, schöpferischen und kunstwissenschaftlichen Charakters wahrzunehmen und zu entwickeln. Wenn wir auf einige - auf unserer Themenbereiche ausgerichtete Multimediaprodukte beurteilen, können wir die Standardkriterien, mit denen sich solche Produkte beschreiben und bewerten lassen (vergleiche nachfolgend aufgeführte Anforderungen), um Beurteilungsaspekte bereichern, die zur Stärkung des „Bewusstseins des Bewusstseins“ beitragen, also wie und inwieweit sie in der Lage sind, das Verhältnis von Gegenwart und behandeltem Thema näher zu bringen und inwieweit sie mit dem aktuellen „Bewusstsein“ arbeiten (oder dieses nur widerspiegeln). Bei der Beurteilung von Bildungsprogrammen oder Unterrichtshilfen, also auch multimedialer Bildungsprodukte, ist es zweifellos notwendig zu bewerten, wie zuverlässig sie aus wissenschaftlicher Sicht sind, also inwieweit sie mit belegten Fakten arbeiten und wie wesentlich diese Fakten sind, um das Thema zu verstehen. Außerdem ist es notwendig, die didaktische Verarbeitung der Interpretation, die Einbettung der Erkenntnisse in den Kontext, ggf. die Schlüssigkeit und den inneren Zusammenhalt der vermittelten Fakten und Fertigkeiten zu beurteilen. Ein bestimmtes Gewicht bei der Beurteilung hat auch die ästhetische Verarbeitung des Produkts. Und letztlich ist es auch – besonders bei Multimediaprodukten – wichtig, die Nutzung des multimedialen und interaktiven Potentials zu bewerten. Diese Standardkriterien für die Beurteilung von Multimediaprodukten können wir folgendermaßen einteilen: (a) Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen: 2 sachliche Anforderungen wie faktische Richtigkeit, Datenrelevanz … und ethische Anforderungen wie Beziehung zum Thema, Stärkung des Verantwortungsbewusstseins ... (b) Didaktisch-methodische Anforderungen: didaktische Anforderungen wie Logik der Verarbeitung der Interpretation, Anschaulichkeit … (c) Medial-gestalterische Anforderungen: ästhetische Anforderungen wie: Schönheit der Darstellung, medienspezifisch zweckentsprechende Gestaltung … (d) Ergonomisch-technische Anforderungen technische Anforderungen wie: Benutzerfreundlichkeit, Interaktivität, Ausnutzung des Potentials der multimedialen Verarbeitung ... . Anhand dieser Kriterien beurteilen wir im folgenden zwei didaktische Multimediaprodukte. In beiden Fällen handelt es sich um die Beurteilung von tschechischsprachig vorliegenden Beispielen. Ihre Primärzielgruppe sind Erwachsene, insbesondere Geschichtslehrer. Die Hauptfunktion der beiden didaktischen Multimediaprodukte besteht in der Unterstützung der Lehrer bei ihrer Unterrichtsvorbereitung und -durchführung. Inhaltliche Grundlagen sind dabei solche Geschichtsthemen, die in Lehrbüchern weniger Berücksichtigung finden, die vernachlässigt werden oder aufgrund ihres Neuigkeitsgrades noch nicht in den Büchern enthalten sind. In unseren Beispielen handelt es sich um folgende für den Geschichtsunterricht bestimmte didaktische Multimediaprodukte/Multimedia-DVD: „1968: Zerstörte Hoffnung“ (ÚSTR 2008) und „1989: Der November und wie es dazu kam“ (ÚSTR 2010). Wir haben diese DVD ausgewählt, weil sie unmittelbar mit der Formung geschichtlichen Bewusstseins (also faktisch mit der Knüpfung einer ethischen Beziehung mit der Vergangenheit – in diesem Fall der Sphäre moderner Geschichte bzw. der Gegenwartsgeschichte zugehörig) verknüpft sind. Herausgeber beider Medien ist das „Institut zum Studium totalitärer Regime“ – eine 2007 gesetzlich geschaffene Institution mit der Zielstellung, „die Folgen der Tätigkeit der auf kommunistischer und nazistischer Ideologie gegründeten Verbrecherorganisationen, die in den Jahren 1938-1945 und 1948-1989 die Unterdrückung von Menschenrechten durchsetzten und die Prinzipien eines demokratischen Staates ablehnten, zu untersuchen und in Erinnerung zu rufen“ (Präambel des Gesetzes 181/2007, siehe auch http://www.ustrcr.cz/cs/). Insbesondere „die Folgen in Erinnerung zu rufen“ (vgl. Präambel des Instituts zum Studium totalitärer Regime) beschäftigt sich diese Einrichtung seit ihrer Gründung 3 nicht nur mit Forschung, sondern gleichzeitig auch mit didaktisch ausgerichteter Produktion – stark motiviert durch die Aufgabe, Geschichtsbewusstsein auszubilden. „Wir möchten dabei nicht als verbindliche Autorität auftreten und den Schulen vorgefertigte Interpretationsmodelle unterschieben. Wir wehren uns gegen die Politisierung der modernen Geschichte und gegen pathetische Moralisierung. Moderne Geschichte bieten wir als offenes Problem zur Lösung an. Soll der Unterricht interessant sein, muss die Vergangenheit pluralistisch als interpretativer Dialog präsentiert werden“, heißt es in der Web-Präsentation des Instituts (http://www.ustrcr.cz/cs/vzdelavani). Die Orientierung auf einen erzieherischen Bildungseffekt projiziert sich auch auf die Örganisationsstruktur des Instituts, in dem seit 2008 eine „Gruppe Bildung“ tätig ist, die sich mit der Zusammenarbeit mit Schulen beschäftigt. Sie stellt Lehrern methodische Unterstützung zur Verfügung, bereitet Materialien und methodische Anregungen vor, bietet Schulen eine Quellensammlung an, die über die totalitäre Vergangenheit Auskunft geben. Außerdem organisiert sie Fachseminare und -vorträge in Schulen. “ (siehe auch http://www.ustrcr.cz/cs/skupina-vzdelavani#priloha3, wo sich auch die Programmerklärung „Methodologische und theoretische Schwerpunkte der Gruppe Bildung des ÚSTR“ findet, unter der es einen expliziten Verweis zum geschichtlichen Bewusstsein gibt: „Soll der Geschichtsunterricht zu einer Kultivierung des geschichtlichen Bewusstseins und zu einer Gedächtniskontinuität führen, muss er sich auch auf eine theoretische Eingrenzung dieser Begriffe stützen. Wir bekennen uns zum Modell des kollektiven Gedächtnisses des französischen Soziologen Maurice Halbwachs“). Erstes Beispiel: „1968: Zerstörte Hoffnung“ Das Multimedia-Bildungsprodukt „1968: Zerstörte Hoffnung“ befasst sich mit der Thematik des Prager Frühlings 1968 und arbeitet zur Interpretation dieser Zeit vor allem mit dem Medium Film. Es handelt sich um eine Doppel-DVD: der eigentlichen multimedialen Unterrichts-DVD sowie einer Bonus-DVD, auf der sich zeitgenössisches Filmmaterial befindet. Das Produkt ist als Lehrhilfe für den Geschichtsunterricht gedacht und bildet eine komplexe Materialsammlung mit kostenfreiem Webseitenzugang des Instituts. Das allgemeine Bildungsanliegen der DVD richtet sich auf „die Entwicklung kritischen Denkens, die Fähigkeit, reale und fiktive Geschichte unterscheiden und Manipulation erkennen zu können“ (in dieser Sicht befasst sich die DVD eher mit medialer Erziehung als mit Geschichte, so, wie diese beiden Bildungsbereiche in der grundlegenden Dokumentation des Bildungsplans definiert sind, siehe www.rvp.cz). Die eigentliche DVD ermöglicht mittels ausgewählter zeitgenössischer Film- und Fernsehaufnahmen, die politischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen des Prager Frühlings, dessen Hauptprotagonisten und die Haltung der tschechoslowakischen Öffentlichkeit kennenzulernen und zu erfahren, wie die Weltöffentlichkeit die Entwicklung in der Tschechoslowakei wahrnahm - vom Einmarsch der Truppen des Warschauer Vertrags in der ČSSR im August 1968 bis zum Ausklang des Prager Frühlings und der weiteren Entwicklung Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. 4 Bewertung nach einzelnen Kriterien: (a) Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen sachliche Anforderungen wie faktische Richtigkeit, Datenrelevanz … und ethische Anforderungen wie Beziehung zum Thema, Stärkung des Verantwortungsbewusstseins ... Die Zusammenfassung der Hauptereignisse und -akteure des beobachteten Zeitraums bietet unverfälschte Fakten, die sachlich und überlegt aufgenommen worden sind. Die DVD beinhaltet die Themenkreise: 1. Prolog des Prager Frühlings, 2. Akteure und ihre Ziele, 3. Öffentliche Meinung, 4. Blick von außen, 5. Invasion, 6. Beginn der Normalisierung. Jeder Themenkreis enthält verschiedenes Material zum didaktischen Gebrauch. Dabei handelt es sich beispielsweise um Ausschnitte aus zeitgenössischen Filmen oder aus der Fernsehpublizistik, aber auch um direkt verwendbare Präsentationen. Die Bandbreite besitzt selektiven Charakter. Das zeigt sich unter anderem darin, dass sich der Teil „Sicht von außen“ ausschließlich auf eine Auswahl von Auffassungen mit Betonung auf die Reaktion der UDSSR beschränkt, währenddem ein großer Teil Europas, in dem der Prager Frühling Widerhall fand, übersehen wird und eine systematischere Auslegung vermissen lässt. Die Auswahl der Ausschnitte, insbesondere Ton und Inhalt der Präsentationen, deutet auf einen Hang der Autoren zu einer Interpretation des Prager Frühlings, die sich am stärksten in der neoliberal gestimmten Publikationsproduktion nach 1989 durchsetzt und sich auf die Annahme stützt, dass es vor allem um eine Entwicklung innerhalb der KSČ ging, die sich lediglich mit der Unzufriedenheit in der Gesellschaft überschnitt (siehe z.B. die Präsentation zum Thema Prolog des Prager Frühlings mit dem Titel Anfänge eines Erneuerungsprozesses, in der unter anderem die Situation um das JanuarPlenum des ZK der KSČ und das Verhältnis seiner Mitglieder zum damaligen Staatspräsidenten und höchsten Repräsentanten der KSČ mit folgenden Worten charakterisiert wird: „Novotnýs Gegner waren in der Mehrheit, die Gruppe an sich war aber inhomogen“). Trotz des deklarierten Ziels, „zur Entwicklung kritischen Denkens, zur Fähigkeit, reales und fiktives Geschehen unterscheiden und Manipulation erkennen zu können, beizutragen“, hat die eingleisige Ausrichtung des Multimediaprojekts eher autoritären Charakter 5 weder seine (fast nicht existente) Struktur noch das interaktive Angebot regen zu selbstständigem Nachdenken über die Vergangenheit oder zur Suche nach dem gegenwärtigen Verhältnis zum Prager Frühling 1968 an. Das in der Realität vorhandene Geschichtsbewusstsein bewertet man hier eher als uneingestandenen Interpretationsrahmen, anstatt es als Problem des Verhältnisses zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu thematisieren. (b) Didaktisch-methodische Anforderungen: didaktische Anforderungen wie Logik der Verarbeitung der Interpretation, Anschaulichkeit, Interaktivität Das Material ist sehr übersichtlich und sparsam verarbeitet worden. Es stellt allerdings keine geschlossene, mit einer logischen Struktur unterlegte Interpretation dar, sondern eher eine Sammlung locker verknüpfter Unterthemen. Einen gewissen Halt bieten die auf den Webseiten des Instituts zugänglichen Methodischen Blätter und Materialien. Problematisch sind auf der anderen Seite vorgefertigte Präsentationen. Bei diesen kommt erschwerend das völlige Fehlen von Verweisen auf anderes auf der DVD befindliches Material hinzu. Das Multimediaprojekt bietet eine nur sehr beschränkte Interaktivität, gibt keinerlei Feedback und ist vor allem ein digitalisiertes Archiv für den Lehrer, keinesfalls ein wirkliches multimediales Bildungsprojekt. (c) Medial-gestalterische Anforderungen: ästhetische Anforderungen wie: Schönheit der Darstellung, medienspezifisch zweckentsprechende Gestaltung … Von ästhetischer Seite ist das Multimediaprojekt nüchtern, ruhig und geschmackvoll gestaltet. (d) Ergonomisch-technische Anforderungen technische Anforderungen wie: Benutzerfreundlichkeit, Interaktivität, Ausnutzung des Potentials der multimedialen Verarbeitung ... . Das multimediale Bildungsprojekt ist übersichtlich in drei Ebenen strukturiert. von der Einführungsebene gelangt man unter anderem zum Hauptmenü und zum Inhaltsverzeichnis. Von dort aus kann man konkretes Material auswählen sowie in Form einer inhaltlichen Zusammenfassung (eigentlich eine PPT-Präsentation) und weiter zu Filmausschnitten oder zu Verweisen auf Begleitmaterial (Methodische Blätter) gelangen. Die Unterrichts-DVD ist über einen Link mit der Webseite des „Instituts zum Studium totalitärer Regime“ verbunden (http://www.ustrcr.cz/cs/srpen-1968) und weist in 6 ihrer Einführung darauf hin, dass auf eben jener Internetseite methodische Blätter zur Verfügung stehen. Die Seite bietet allerdings nur weitere zeitgenössische und der Übersicht dienende Materialien (z.B. eine Chronologie der Ereignisse des 20. und 21. August), keinesfalls aber didaktische und methodische Unterstützung für Lehrer. Diese müssen sich so vor allem mit kurz gefassten methodischen Inspirationen begnügen, die den zeitgenössischen Ausschnitten auf der eigentlichen DVD bzw. als PDF-Dateien unter F:\methodischeBlätter beigefügt sind. So enthält beispielsweise das methodische Blatt zum Unterthema Novotný nach seinem Fall (F:\methodischeBlätter\01-Prolog-PragerFrühling\0104.pdf) neben der Annotation eigene Filmausschnitte (Präsidentenwahl im März 1968) und auch „methodische Anregungen“ mit Fragen, die der Lehrer nach Vorführung der Ausschnitte vorbringen kann. Dazu gehören auch die „richtigen Antworten“. Die Fragen sind dabei leider unpädagogisch trivial und zielen auf Nebensächlichkeiten ab, z. B.: „Wie bewerten Sie Novotnýs Auftritt vor der Kamera? Was sagt dies über ihn aus?“ Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass die „richtigen Antworten“ ein ähnlich trivialisierendes und grundsätzlich für die Entwicklung des Geschichtsbewusstseins der Schüler nebensächliches, vielleicht sogar kontraproduktives Niveau aufweisen. Im beobachteten Beispiel sieht die Antwort, zu der die Schüler kommen sollen, folgendermaßen aus: „Novotný ist unsicher und verlegen, man kann sehen, dass er sich ganz bestimmt nicht an die Kamera gewöhnt hat und sie ihm fremd ist. Novotný war ein typischer Apparatschik ohne Charisma, der in der Öffentlichkeit prinzipiell nur Phrasen drosch und eines wirklichen, unmittelbaren Kontakts mit der Öffentlichkeit unfähig war. Im Filmausschnitt wirkt er eher wie ein verlegener Onkel vom Lande als ein ehemaliges Staatsoberhaupt.“ Der didaktische Primitivismus vorgefertigter Antworten und die naive Bewertung Novotnýs („verlegener Onkel vom Lande“) belegen das niedrige Niveau der didaktischen Verarbeitung des Themas. (e) ethisch (Verhältnis zum Thema, Stärkung des Verantwortungsbewusstseins Trotz des deklarierten Ziels „zur Entwicklung kritischen Denkens, zur Unterscheidungsfähigkeit zwischen realem und fiktivem Geschehen und zur Erkennung von Manipulation beizutragen“, hat die Eingleisigkeit des multimedialen Projekts eher autoritären Charakter, weder (die praktisch nicht vorhandene) Struktur noch das Interaktivitätsangebot regen zu selbstständigem Nachdenken über die Vergangenheit oder zur Suche nach dem gegenwärtigen Verhältnis zum Prager Frühling von 1968 an. Anstatt das Problem des Verhältnisses von Gegenwart und Vergangenheit zu thematisieren, wird hier eher existierendes Geschichtsbewusstsein als ein nicht eingestandener Auslegungsrahmen untergeschoben. 7 Sehr problematisch ist die Knappheit der methodischen Blätter und ihre Verbindung mit den Ausschnitten. Beispielsweise zum Thema Anfänge der Normalisierung (also zur Entwicklung nach 1968 und der Militärinvasion der Warschauer Vertragsstaaten in der Tschechoslowakei) wird als Beispiel des propagandistischen Kampfes gegen die Protagonisten ein mehrere Sekunden langer Auftritt des Fernsehmoderators Miloš Frýba mit dem Titel Frýbas Fehleinschätzung angeführt. Das methodische Blatt führt dazu an: „Schon im August 1968 kam es zur Gründung des Presse- und Informationsamts, das faktisch eine Zensurfunktion ausübte, während des Herbstes und des Winters verstärkte sich der Druck des Staates auf die Unabhängigkeit des Fernsehens. Im Frühjahr 1969 geriet das Fernsehen endgültig unter die Kontrolle der Normalisierer, vor allem dank zahlreicher personeller Säuberungen. Ab August 1969 begannen Sendungen aufzutauchen, die Falschinformationen über den Prager Frühling verbreiteten. Bei den meisten führte Miroslav Hladký Regie. Der Film Der 17.November und die studentische Gegenwart zielt auf die Diskreditierung der Studentenbewegung der Jahre 1967-1969 ab. In der Einleitung wird der Jahrestag der Schließung der Hochschulen im Herbst 1939 verwendet (missbraucht), aber die meiste Zeit ist der Fehleinschätzung der Studentenbewegung gewidmet. Der Erneuerungsprozess wird hier konsequent als Verschwörung machthungriger Karrieristen dargestellt.“ Auf die Frage „Wie wird die jüngere Vergangenheit eingeschätzt?“ heißt es: „Krisensituation. Massenpsychose und Wecken nationalistischer Emotionen. Bereits hier in der Einführung wird ein Motiv angedeutet, das sich dann durch den ganzen „Dokumentarfilm“ zieht. Nämlich, dass eine Abweichung von der „richtigen Linie“ in gewisser Weise verrückt und anormal ist. Hinter all dieser Torheit stehen dann „die Feinde des Sozialismus“. Den eigentlichen Dokumentarfilm des Regisseurs M.Hladký, aus dem der Ausschnitt stammt, findet man aber nicht, auch nicht auf der Bonus-DVD, die Bestandteil des ganzen Sets ist. Zweites Beispiel: 1989: Der November und wie es dazu kam Multimediales Bildungsprodukt 1989: Der November und wie es dazu kam befasst sich mit den Geschehnissen im Herbst 1989 in der ehemaligen Tschechoslowakei, die sich im Kontext des Endes des Kalten Krieges und dem Zerfall der bipolaren Welt abspielten. Das Produkt ist als Hilfe für Lehrer im Geschichtsunterricht gedacht und bildet eine Sammlung von Material an, die frei auf den Webseiten des Instituts zum Studium totalitärer Regime und des Instituts für zeitgenössische Geschichte AV ČR zugänglich ist und auf die auch als Quelle für weitere bei der pädagogischen Arbeit verwendbare Materialien verwiesen wird. (http://www.ustrcr.cz/cs/listopad-1989, 8 http://www.czechoslovakia1989.cz/). Im Gegensatz zur Multimedia-DVD zum Jahre 1968 ist für dieses Produkt kein allgemeines Bildungsziel festgesetzt worden, es wird vor allem als Datenbank mit Bild- und Filmmaterial deklariert. In der Einführung wird direkt gesagt, dass „es sich um eine Datenbank geeigneter Sequenzen handelt, die Sie nach eigener Erwägung und ganz nach Belieben benutzen können“. Die eigentliche DVD ermöglicht es, mithilfe ausgewählter zeitgenössischer Filmund Fernsehaufnahmen ausgewählte politische und gesellschaftliche Aspekte des Herbstes 1989 zu beleuchten, und zwar vor allem anhand von Resonanzen des Jahres 1968 (etwas tendenziös als „Schatten von achtundsechzig“ bezeichnet), der Umbauphase als Ausgangskontext für die Änderungen, der politischen und kulturellen Opposition und Beispielen, wie es bei Demonstrationen zuging, dem damaligen Verhältnis von Kultur und Politik, dem Verlauf der eigenen gesellschaftlichen Veränderungen mit Andeutung der Entwicklung der Ereignisse in ausgewählten weiteren Ländern (Polen, DDR, Ungarn, Rumänien). (a) Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen: sachliche Anforderungen wie faktische Richtigkeit, Datenrelevanz … und ethische Anforderungen wie Beziehung zum Thema, Stärkung des Verantwortungsbewusstseins ... Die DVD besteht aus sieben in sich geschlossenen Einzelthemen mit den Titeln: 1. Der Schatten von 1968, 2. Umbau- Versuch einer Veränderung(?), 3. Opposition, 4. Demonstration, 5. Kultur und Politik, 6. Revolution und 7. Blick zu den Nachbarn. Die einzelnen Teile (Kapitel) werden durch einen kurzen Erklärungstext eingeführt und sind in Unterkapitel strukturiert. Diese Untertitel entfallen bei den Kapiteln „Kultur und Politik“ und „Blick zu den Nachbarn“. Die Einführungstexte bieten eine grundlegende Charakterisierung der Themen und sollen eine Art Vorzeichen für das zeitgenössische Material darstellen. Das Kapitel „Opposition“ wird zudem noch um den Abschnitt „Arbeit mit dem Text“ ergänzt. Er konzentriert sich auf die Darstellung der Oppositionsgruppe Tschechische Kinder in der zeitgenössischen Presse. Das beurteilte Multimediaprodukt bietet eine Menge inspirativen Materials, bewegt sich aber gewissermaßen zu sehr auf einer „Metastudienebene“. Zum Beispiel im Abschnitt „Schatten von achtundsechzig“, der sich doch mehr dem Einfluss des Prager Frühlings 9 von 1968 auf die Geschehnisse vom Herbst 1989 widmen sollte, finden sich als Materialien fast ausschließlich „Reflexionen“ von Protagonisten, die am Geschehen 1989 nicht teilnahmen, da sie in der Emigration waren (Jiří Hochman, Jiří Pelikán a Josef Škvorecký). Begleittexte sind stellenweise nicht in der Lage, eine allzu expressive Formulierung zu vermeiden (über das Dokument Belehrung zur Krisenentwicklung: „Die Belehrung stellte einen verbindlichen Katechismus der Normalisierungszeit dar“). Die Auslegung ist notorisch unausgewogen und leidet darunter, dass sie kein ganzheitliches Bild zeichnet. So bieten die Ausführungen über die Opposition zum Beispiel eine eigenständige interpretative Präsentation über die monarchistische Bewegung „Tschechische Kinder“, einschließlich von Beispielen aus der zeitgenössischen Presse, ohne dabei eine Erklärung der realen Stellung der Bewegung in der tschechischen/slowakischen Gesellschaft und innerhalb der Oppositionsbewegungen zu liefern. Das Produkt weist einige elementare Unstimmigkeiten sachlicher Art auf. So enthält beispielsweise der Abschnitt „Blick zu den Nachbarn“ Material über Rumänien, das kein Nachbarstaat der ehemaligen Tschechoslowakei war. Das Multimediaprojekt ähnelt aufgrund seines „Angebotscharakters“, der in kommunikativer Hinsicht sehr eintönig und nicht interaktiv ist, eher einer autoritären, mittels des Angebots an authentischem Material zur Unterrichtsverwendung objektivierten Interpretation. Weder die Materialstruktur noch das angebotene Material regen zum selbstständigen Nachdenken über die Vergangenheit an und zur Suche nach dem gegenwärtigen Verhältnis zum November 1989. Das existierende Geschichtsbewusstsein bewertet man hier eher als uneingestandenen Interpretationsrahmen, anstatt es als Problem des Verhältnisses zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu thematisieren. (b) Didaktisch-methodische Anforderungen: didaktische Anforderungen wie Logik der Verarbeitung der Interpretation, Anschaulichkeit … Sachlich problematisch ist die Vermischung zeitgenössischen und retrospektivischen Materials ohne jegliche Erklärung. Das wird beispielsweise im Spielszenenausschnitt „Nomenklatur-Kontrolle“ von Regisseur Fero Fenič aus dem Jahre 1990 deutlich, der im Abschnitt „Umbau- Versuch einer Veränderung(?)“ die Parteifunktionärsmacht veranschaulicht. Das beurteilte Multimediaprodukt resigniert zwar programmatisch vor der Abgabe einer ganzheitlichen Interpretation (vgl. vorausgegangene Ausführungen). Dabei ist es jedoch zweifellos von einem klaren, wenn auch nicht deklarierten Interpretationsrahmen unterlegt, was deutlich sein didaktisches Potential schwächt. Das 10 angebotene Material ist ohne einen erklärenden Auswahlschlüssel zusammengestellt worden. Weder die „Methodischen Blätter“ noch die vorgefertigten Präsentationen (bei denen das völlige Fehlen von Verweisen auf die übrigen, sich auf der DVD befindlichen, Materialien erschwerend hinzukommt) bieten dem Nutzer eine große Unterstützung Die Verwendbarkeit der Hilfsmittel wird nicht nur durch einen unklar definierten Interpretationsrahmen erschwert, sondern auch durch die nicht sonderlich hohe Qualität der didaktischen Verarbeitung der einführenden Auslegungen. Diese sind von überflüssigen und im Falle der Verwendung in der Schule kontraproduktiven akademischen Begriffen durchsetzt. Das verringert die Textverständlichkeit. Dies gilt beispielsweise für die Einführung zum Kapitel „Der Schatten von 1968“ mit dem Titel „Das Jahr 1968 und die Kraft der Normalisierung“, in dem sich sachlich sicher akzeptable Formulierungen des Typs „Die verbindliche Interpretation des Prager Frühlings und des nachfolgenden Konsolidierungsprozesses stellte einen imaginären Konflikt des Normalisierungsdiskurses dar“ oder „Die aus der krisenhaften Entwicklung mittels detaillierter Analyse des Verlaufs der Kontrarevolution gezogene Lehre wurde unter anderem durch einen normativen Katalog gesellschaftlicher Werte definiert, der den öffentlichen Raum der Normalisierung durchzog und sich im gesamten gesellschaftlichen Geschehen widerspiegelte“ (Die Lehre aus der krisenhaften Entwicklung war ein im Jahre 1970 vom ZK der KSČ genehmigtes Dokument, in dem die offizielle Interpretation des Geschehens des Prager Frühlings formuliert wurde). Das Materialangebot ist ohne einen erklärenden Auswahlschlüssel zusammengestellt worden, sodass auch die methodischen Blätter oder die vorgefertigten Präsentationen (bei denen zudem die gänzliche Abwesenheit von Verweisen auf anderes Material der DVD zu beanstanden ist) kaum weiterhelfen. Die Einführungen kommen auch nicht ohne – wenngleich effektvolle – Urteile des Typs „Die Unfähigkeit zur Änderung symbolisierte die Machtlosigkeit der Alten“ aus (Einführungstext zum Kapitel Umbau). Problematisch bleiben das didaktische und methodische Niveau der methodischen Blätter, da ihre Autoren hier erneut versuchen, nach der Methode vorgeschlagener Fragen und vorweggenommener möglicher Antworten (laut deren Diktion „Modellantworten“) vorzugehen. So bieten sie beispielsweise im Abschnitt „UmbauVersuch einer Veränderung(?)“ den bereits erwähnten Ausschnitt „Nomenklatur – Kontrolle“ und dazu die Fragen „Was sagt diese Szene aus? Was meinen Sie, wurde der Fahrer bestraft?“ mit Modellantworten „Die Nomenklatur hatte in der Gesellschaft außerordentliche Privilegien. Ihre Macht reichte jedoch weit über die formalen Beschränkungen hinaus. 11 Die informelle Autorität, über die ihre Angehörigen verfügten, machte sie zu regelrechten Eigentümern des Staates, einschließlich dessen offizieller Repräsentanten.“ auf die erste Frage und: „Im Film wird es zwar nicht ausdrücklich erwähnt, aber aus der nachfolgenden Szene geht hervor, dass er nicht bestraft wurde“. (c) Medial-gestalterische Anforderungen: ästhetische Anforderungen wie: Schönheit der Darstellung, medienspezifisch zweckentsprechende Gestaltung … Die ästhetische Verarbeitung des Multimediaprojekts ist nüchtern, ruhig und geschmackvoll. Auf olivgrünem Hintergrund werden in den einzelnen Ebenen die Menüs Kapitel und Unterkapitel angeboten. Hypertext-Links sind intuitiv eingearbeitet. (d) Ergonomisch-technische Anforderungen: technische Anforderungen wie: Benutzerfreundlichkeit, Interaktivität, Ausnutzung des Potentials der multimedialen Verarbeitung ... . Das multimediale Bildungsprojekt ist übersichtlich in drei Ebenen strukturiert: Der Einführungsebene, von der man unter anderem zum Hauptmenü und zum Inhaltsverzeichnis gelangen kann. Von dort aus kann man konkretes Material auswählen, und zwar in Form einer inhaltlichen Zusammenfassung (eigentlich eine PPTPräsentation), und weiter zu Filmausschnitten oder zu Verweisen auf Begleitmaterial („Methodische Blätter“) gelangen. Das Multimediaprojekt bietet nur eine sehr beschränkte Interaktivität. Es gibt keinerlei Feedback. Zudem ist vor allem ein digitalisiertes Archiv für den Lehrer keinesfalls ein wirkliches multimediales Bildungsprojekt. Schlussfolgerung Die Autoren der beiden beurteilten didaktischen Multimediapodukte in Form von Bildungs-DVD stellenfest, dass „im tschechischen Milieu das Verhältnis zwischen Geschichtswissenschaften und ihrer didaktischen Applikation traditionell als problematisch wahrgenommen wird. Diese Beurteilung geht allerdings von der Geschichte als Unterrichtsfach aus, in dem den Lehrern die Rolle derjenigen zukommt, die die Erkenntnisse der Wissenschaft popularisieren (also vereinfachen), die Schüler sollen dann nachfolgend eine extensiv auf Fakten basierende Vergangenheitsinterpretation 12 wiedergeben, die ihnen von Lehrern und Lehrbüchern geboten wird. Sofern wir Geschichte als interpretatives Fach wahrnehmen, bedeutet dies eine grundlegende Transformation der Rollen von Lehrern und Schülern.“ (http://www.ustrcr.cz/cs/skupinavzdelavani#priloha3). Öbwohl man sich der Notwendigkeit einer „Transformation der Rollen von Lehrern und Schülern“ bewusst ist, bleibt man hier aber vor allem beim Konzept von Geschichte als Unterrichtsfach – auch, wenn man sich zumindest formal davon distanziert. Die beurteilten DVDs bieten faktisch keine Unterlagen zum Kennenlernen, zur Analyse und zur Interpretation des Verhältnisses zu den betreffenden Geschichtsereignissen, also zur Thematisierung geschichtlichen Bewusstseins, sondern sind deren uneingestandene Träger. Literatur: Beneš, Zdeněk: Současný školní dějepis – koncepty, možnosti, nebezpečí. In: Historie a škola III, Praha: MŠMT ČR 2006, s. 27-39. Jeismann, Karl-Ernst: Geschichtsbewusstsein als zentrale Kategorie der Geschichtsdidaktik. In Geschichtsbewusstsein und historisch-politisches Lernen. Hrsg. G. Schneider. Pfaffenweiler: Centaurs-Verlagsgesellschaft 1988., s. 1 – 24. Košnarová, Veronika: Český intelektuál druhé poloviny dvacátého století: otázky etiky života a etiky tvorby. Acta universitatis Palackianae olomucensis, Facultas philosophica moravica 5/2007, s. 97-104 Stradling, Robert: Jak učit dějiny 20. století. Praha : MŠMT 2003 Todorov, Tzvetan: V mezní situaci. Praha, Mladá fronta 2000 Gesetz 181 vom 8. Juni 2007 über das Institut zum Studium totalitärer Regime und über das Archiv der Sicherheitskräfte und über die Änderungen einiger Gesetze. Voller Wortlaut zugänglich unter http://www.ustrcr.cz/data/pdf/zakon181_07.pdf (19. 11. 2011) Quellen: 1968: Zmařené naděje. Praha: ÚSTR 2008 1989: listopad a cesta k němu. Praha: ÚSTR 2010 13 Ute Szudra 3.3. Evaluierungskonzepte und -kurse für Blended-Learning-Programme für ethische Erwachsenenbildung Kursbeispiel „Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung“ Der Themenbereich „Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung“ beschäftigt sich mit einer aktuellen Problematik und unterbreitet Programmvorschläge für die allgemeine Weiterbildung, die didaktische Multimediaprodukte einschließen. Es sollen solche Lernziele der Weiterbildung unterstützt werden wie Auseinandersetzung mit eigenen kulturellen Vorstellungen - um sich ihrer bewusst(er) zu werden, sie gegebenenfalls zu akzentuieren, sie zu festigen oder möglicherweise auch zu revidieren bzw. sie auch erst zu finden und sie bewusst zu leben. Ethische Prämissen bilden dabei der Erwerb von Wissen über die eigene Kultur und über andere Kulturen zur Vertiefung, Entwicklung oder Festigung von Verständigungsbereitschaft, Verständigungswillen und entsprechendem Handeln. Auseinandersetzung, Wissen um die eigene Kultur und fremde Kulturen bilden die Basis für solche Einstellungen und Haltungen wie Achtung der eigenen und fremder Kulturen. Abgrenzung oder begründete Ablehnung, die aus humanistischen Gründen erforderlich sind, gehören durchaus dazu. Kultur und kulturelle Identität gründen auf historisch gewachsener und eigens vorgenommener Zugehörigkeit eines Menschen zu einer Kultur oder einem Kulturkreis. Identität ist dabei sowohl bewusste wie auch unbewusste Annahme von Kultur und daraus resultierende Kulturzugehörigkeit. Kulturelle Identität ist wertmäßige Verbundenheit und Verpflichtung. Menschliche Existenz und Zugehörigkeit zu bestimmten Kulturen und Kulturkreisen setzen einen vernunftbegabten Umgang mit der eigenen und den verständnisvollen Umgang mit anderen Kulturen voraus. Sie werten Kulturenkoexistenz als eine wesentliche Grundlage friedvollen Miteinanderlebens. Kultur als Gesamtheit der geistigen und künstlerischen Lebensäußerungen einer Gemeinschaft, als Identifizierungs- und Kommunikationsbasis, geprägt durch Zeit, Gesellschaft, ethnische Gruppierungen etc. ist wie alles mit der menschlichen Gesellschaft und dem Individuum im Zusammenhang Stehende der Entwicklung und dem Wandel unterworfen. Das Projekt zur ethischen Weiterbildung schließt somit die Beschäftigung mit solchen Phänomenen wie allmähliche Kulturveränderung eines Volkes oder einer Gruppe unter dem Einfluss eigener und fremder Kulturen ein. Im Allgemeinen werden Teile von fremden Kulturen dann übernommen, wenn sie sich in die eigene Kultur einfügen lassen. Dies führt zu Abwandlungen bzw. gehen diese damit einher. Kulturwandel ist eine Entwicklungserscheinung neben Neuschöpfung. 1 Kulturelle Identifizierung erfolgt bewusst und unbewusst. Interkulturelle Verständigung existiert als Phänomen zwischen den Kulturen. Gleichzeitig ist interkulturelle Verständigung eine zwischenmenschliche Verständigung, da Individuum und Gesellschaft als Kulturträger auftreten. Verständigungsbereitschaft und entsprechende Handlungskompetenzen fördern Identität und Verständigung, wobei im Projektverständnis ethnozentristische Denkweisen abzulehnen sind. Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung beruhen auf Unterschieden und Gemeinsamkeiten, wobei im Finden von Gemeinsamkeiten und dem Zusammentreffen mit dem vermeintlich Fremden, die Zugehörigkeit zu einem Volk/einer Gruppe erfahrbar wird. Der Themenbereich „Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung“ orientiert sich an der bzw. richtet sich auf die Vision eines geeinten Europa und einer damit verbundenen Identitätserweiterung. Der Akzent liegt somit auf einem starken Europa mit selbstbewussten Nationen, wobei die kulturellen Identitäten wesentlich auf der Muttersprache beruhen. Interkulturelle Verständigung sieht in ihrer Muttersprache für die psychosoziale und kognitive Entwicklung, betont und fordert jedoch gleichzeitig Zwei- oder Mehrsprachigkeit. 2008 ist gemäß einer Entscheidung des Europäischen Parlaments das Jahr des „Interkulturellen Dialogs“, also des Dialogs zwischen den Kulturen, um die Bürger in Europa für dieses Thema zu sensibilisieren und ihnen immer mehr zu ermöglichen: die ständig wachsende offenere und komplexere Umgebung zu meistern sich in einem offeneren aber auch komplexeren Umfeld zurecht zu finden mit auftretenden Schwierigkeiten und Spannungen umzugehen und - um die Chancen zu nutzen, die eine von Diversität geprägte dynamische Gesellschaft sowohl innerhalb wie auch außerhalb des eigenen Landes und Europas bietet. Nicht nur die Begründung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2006 für 2008, sondern weitgehende Erfahrungen und Erkenntnisse zeigen, dass zwischen dem interkulturellen Dialog und dem wichtigsten Ziel des europäischen Einigungsprozesses – nämlich: die Völker Europas zusammen zu führen ein enger Zusammenhang besteht. Angesichts zunehmend multikulturell geprägter (europäischer) Gesellschaften gewinnen die Entwicklung interkultureller Kompetenzen und der darauf beruhende interkulturelle Dialog immer mehr an Bedeutung. Was liegt demnach für ein BlendedLearning-Projekt zu Ethik näher, als unter Einbindung von Multimedia einen wenngleich zugegebenermaßen kleinen - Beitrag dazu zu leisten, aktive unvoreingenommene und weltoffene Unionsbürgerschaft zu entwickeln, die kulturelle Vielfalt respektiert und auf gemeinsamen Werten gründet. Dabei befindet sich die Entfaltung der Kulturen der einzelnen Länder unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt in dialektischer Einheit bei gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes. Als Herzstück der europäischen Integration bietet der interkulturelle Dialog ein Instrument für den Umgang mit der komplexen Realität unserer Gesellschaften und deren Dynamisierung. Objektiv bedeutet „Dialog der Kulturen“ nicht den Austausch zwischen Mächtigen und 2 Machtlosen und sollte auch nicht kulturellen Hochmut einer Seite oder Mischung von Bewunderung und trotziger Feindseligkeit auf der anderen Seite bedeuten. Wenn der interkulturelle Dialog ein Instrument für den Umgang mit der komplexen Realität unserer Gesellschaften und deren Dynamisierung darstellt, dann sollte - besser gesagt: muss - jeder Bürger auch in der Lage und befähigt sein, sich aktiv an ihm zu beteiligen. Das wiederum setzt neben entsprechenden Einstellungen und Haltungen lebenslanges Lernen voraus. Ein u.a. zum Themenbereich „Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung“ konzipiertes Weiterbildungsprogramm (es handelt sich wie bereits a.a.O. beispielhaft aufgeführt um eine Programmreihe) trägt den Titel „Miteinander leben, einander verstehen, einander zuhören – die fünf Weltreligionen“. Hier wird zu jeder Weltreligion ein Blended-LearningProgramm vorgelegt. Das bedeutet, es ist je ein in sich geschlossenes und gleichzeitig offenes Weiterbildungsprogramm für die fünf Weltreligionen: Christentum, Islam, Buddhismus, Hinduismus und Judentum sowie ergänzend/zusammenfassend zu einem vergleichenden Kurs erarbeitet worden. Anliegen dieser Veranstaltungsreihe sind zum einen Wissensvermittlung über die Weltreligionen und gleichermaßen Einstellungsbildung wie Achtung und Anerkennung der Existenz und friedfertigen Koexistenz unterschiedlicher Religionen. Es geht um Aneignung von Wissen, mittelbaren Erfahrungserwerb und Verständnis - didaktisch-methodisch gegliedert angeboten in/mit Präsenz- und E-Learningphasen. „Eröffnet“ wird die Veranstaltungsreihe mit dem Kurs zum Christentum, das mit über 2,1 Milliarden Anhängern derzeit die „größte“ Religion (vor dem Islam) bildet. In diesem Kurs geht es wesentlich auch um die Beschäftigung mit dem christlichen Wertekanon und damit um die 10 Gebote als Zusammenstellung von Grundregeln menschlichen Verhaltens, die im Judentum und Christentum zentrale Gebote und verbindliche Handlungsanleitungen des Gottes Israels für das Verhalten ihm gegenüber und für das Zusammenleben der Menschen gelten. Aus multimedialer Sicht empfiehlt sich dabei der Einsatz der DVD „Unsere 10 Gebote“ aber auch von solchen Multimediaprodukten wie DVD-educativ „Luther“, DVD-Plus „Das 1. Evangelium Matthäus“, DVD-Plus „Jesus junge Garde“, das Angebot aus der Datenbank WERTEmedia: DVD Jesus von Nazareth, DVD Reformation, DVD Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland Eine interaktive Reise, DVD Wer glaubt, der flieht nicht... Dietrich Bonhoeffer, 1906-1945, DVD Der Priesterblock, DVD Jesus´ junge Garde, VHS New Age und Christentum, CD-ROM abenteuer kirche (= Grundfragen des christlichen Glaubens). Im Anschluss wird das Vorgehen bzw. das Blended-Learning-Angebot zu den einzelnen Kursprogrammen am Beispiel von „Miteinander leben, einander verstehen, einander zuhören – Das Christentum“ in der Berliner BEP-Dokumentation (vgl. http://www.gpionline.de/bep/User/Details.php?gesID=1687&StartAt=0&usr=&ProjectID=2&gStichwort=Christ entum&Wiedenn=alle) im Ausdruck vorgestellt. 3 Blended-Education-Programm Miteinander leben, einander verstehen, einander zuhören - die Religionen – Christentum Suche alle Produkte anzeigen BEP eintragen Eigenes Profil ändern Zum Login Bibliographie Titel: Miteinander leben, einander verstehen, einander zuhören - die Religionen - Christentum - Das Christentum steht im Zentrum dieses Kurses. Fünf weitere Kurse beschäftigen sich mit dem Islam, Buddhismus, Hinduismus, Judentum und mit einer vergleichend zusammenfassenden Betrachtung Den Kursen liegt der ethische Ansatz zugrunde, dass in einer immer stärker globalisierenden Welt immer mehr Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft, Religion und dementsprechender Ethisches Anliegen: Einstellungen zu Mensch und Welt aufeinander treffen. Dies birgt für ein friedvolles Zusammenleben sowohl Chancen wie aber auch Probleme in sich. Die Chancen gilt es zu heben, die Probleme zu meistern bzw. präventiv zu verhindern - Ziele und Inhalte, Wurzeln und Werte, ggf. Normen und Regeln des Christentums sollen kennengelernt und verstanden werden, um auf dieser Basis positiv, bewusst, tolerant und angemessen miteinander und mit anderen Religionen und Weltanschauungen umgehen zu können. Zielgruppe: - breiter Adressatenkreis in der allgemeinen Erwachsenenbildung - Migranten - Vermitteln einer Wissensgrundlage zum Christentum als einer der fünf (Welt-) Religionen Wertevermittlung zum Christentum als einer spezifischen Weise menschlichen Existierens aus der Relation zu einem letzten Sinn-Grund (Schlette; - wobei dieser Sinn-gewährende-Grund in den Kursziel: einzelnen Religionen entweder überweltlich oder innerweltlich verstanden wird und wie in jeder Religiongemeinschaft, so auch im Christentum entsprechende praktische Konsequenzen in Ethik und Kultur gezogen werden) - beispielhaftes und verallgemeinerungsfähiges Vermitteln von Wissen und Orientierungshilfen im Umgang mit Religion unter dem Schwerpunkt: das Christentum und seine praktischen Existenz - Religion, Werte; Religionsfreiheit als festgeschriebener Wert und Freiheit unseres Grundgesetzes Das Christentum als die auf Jesus von Nazareth als Stifter zurückgeführte und nach dessen Ehrentitel „Christus“ benannte größte Weltreligion mit zirka 2 Milliarden Anhängern und ihren zahlreichen unterschiedlichen Organisationsformen von Kirchen und Glaubensgemeinschaften (wie orthodoxe K., katholische K., anglikanische K., lutherische K., reformierte K., ökumenische K.) - Das Christentum, das sich in seinem Glauben zu dem einen Gott (Kyrios / Herr) bekennt, des Schöpfers aller Dinge, des Himmels und der Erde und auch des ersten Menschenpaares. Jesus Christus seinen eingeborenen Sohn, Kursinhalte: der Mensch geworden ist - Das Christentum basierend auf den in der Torah festgehaltenen Überlieferungen des Judentums - Das Christentum und seine 10 Gebote (vom Judentum her bekannt) als Prinzipien sittlichen Handelns auf der Basis der Liebe - Das Christentum als eine aktiv missionierende Religionsgemeinschaft - Aus der Geschichte des Christentums als einer (Welt-)Religion - Präsenz von Religion und Phänomen der Wertesuche in der gesamten Menschheitsgeschichte - als positiv gelebte Zielvorstellungen, Orientierungen und Maßstäbe, die im verlauf der Geschichte auch benutzt worden sind - Christlich religiöse Sitten, Bräuche und die großen Feste und Feiern der christlichen Kirchen, die grundlegende Ereignisse der heilsgeschichte beinhalten wie Weihnacht, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten ....; oder Taufe, Firmung, Trauung, Beerdigung ... 4 Kursstruktur: Insgesamt 5 Kursphasen von ca. 2 Stunden, die in einem festzulegenden Abstand durchgeführt werden können - DVD Unsere zehn Gebote - DVD-educativ Luther - DVD-Plus Das 1. Evangelium Matthäus - DVD-Plus Jesus von Nazareth - DVD Reformation - DVD Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland-Eine interaktive Reise - DVD Wer glaubt, der flieht nicht... Dietrich Bonhoeffer, 1906-1945 - DVD Der Didaktische Multimedia-produkte (DMP): Priesterblock - DVD Jesus´ junge Garde - VHS New Age und Christentum - CD-ROM abenteuer kirche (= Grundfragen des christlichen Glaubens). Flankierendes ergänzendes Angebot: CD-ROM Im Winter und zur Weihnachtszeit - DVD Die Nacht wird hell (= Beispiel: wie Kinder einer sechsten Hauptschulklasse die biblische Geschichte von Daniel in der Löwengrube erarbeiten) - DMP Spurensuche-Die Weltreligionen auf dem Weg - DVD Der blaue Stuhl 2. Europa, Werte, Religion - CD-ROM ReligiopolisWeltreligionen erleben - CD-ROM Fit in Religion: 3 Weltreligionen (über Judentum, Christentum, Islam) - VHS Sexualität in den Religionen - DVD Diercke Globus Kursanbieter: - IB&M der GPI Institut für Bildung und Medien der GPI, Alt-Friedrichsfelde 60, Haus 14, 10315 Berlin Internet: www.gpi-online.deE-Mail: [email protected] Bemerkungen: Design Kursabfolge: Miteinander leben, einander verstehen und zuhören - unterschiedliche Religionen – Das Christentum: 1. Präsenzphase A - 2. Präsenzphase B - 3. E-Learningphase A - 4. Präsenzphase C - 5. Präsenzphase D - Einführung und Gruppenarbeit zur Entwicklungsprozessbegleitung bei der Erarbeitung von Grundkenntnissen über die Welt-Religion Christentum (Wurzeln, Ausprägungen, Verbreitung und die dem Christentum zugrundeliegenden Werte durch Vortrag/Ausführungen und gelenktem Gespräch: Das Christentum als die auf Jesus von Nazareth als Stifter zurückgeführte und nach dessen Ehrentitel „Christus“ benannte größte Weltreligion mit ca. 2 Milliarden Anhängern und ihren zahlreichen unterschiedlichen Organisationsformen von Kirchen und Glaubensgemeinschaften: die orthodoxe Kirche, die katholische Kirche, die anglikanische Kirche, die lutherische Kirche, die reformierte Kirche und die ökumenische Kirche unter Einbeziehung der DVD „Jesus von Nazareth“, DVD-educativ "Luther" - DVD-Plus "Das 1. Evangelium Matthäus" Nutzung bzw. flankierende Einbeziehung von kartographischen Erzeugnissen bzw. bei frontalem Vorgehen auch unter Einsatz der DVD „Diercke Globus“, zur geographischen Standortbestimmung bzw.-Kennzeichnung der Religionsverbreitung (als Vorstellungsunterstützung)- Gelenkte schwerpunktorientierte Diskussion zu den Zielen/Inhalten/Werten des Christentums und seinen Ausprägungen unter Berücksichtigung des Didaktischmethodisches Vorgehen: eigenen (religiösen) Standortes unter Einbeziehung des didaktischen Multimediaprodukts CD-ROM abenteuer kirche - Flankierende Diskussion und Einbindung von aktuellen Tendenzen bzw. religiöschristlichen Erscheinungen unter Nutzung der didaktischen Multimediaprodukte DVD „Jesus´ junge Garde“, VHS “New Age und Christentum”- Vortrag, Veranschaulichung und Diskussion zu Schwerpunkten in der Geschichte des Christentums unter Nutzung der DVD „Jesus von Nazareth“und der DVD „Reformation“, CD-RÖM „abenteuer kirche“ - Vortrag, Veranschaulichung und Diskussion zum historischen Benutzen von Zielen/Inhalten/Werten des Christentums (das Dritte Reich und der Widerstand von Kirchenvertretern); Schlussfolgerungen bei Einbeziehung von zu recherchierenden Diskussionen im Internet; Einsatz der didaktischen Multimediaprodukte: DVD „Wer glaubt, der flieht nicht... Dietrich Bonhoeffer, 1906-1945“, DVD „Der Priesterblock und individuelles Recherchieren sowie anschließendes gemeinsames Diskutieren / Schlussfolgern zu Beispielen menschlichen christlich-religiös geprägten Einsatzes gegen Willkür und Gewalt, zu Christentum und Möglichkeiten der Konfliktprävention bzw. zur Bewältigung heutiger gesellschaftlicher Problemlagen (z.B., die auf radikal fundamentalistisch-religiös motivierten Ursachen beruhen) - Recherchieren von und Beschäftigen mit christlichen Festen und Feiern, ihren Wurzeln, Traditionen und als fester Bestandteil heutigen kulturellen und interkulturellen Lebens und Miteinanders ggf. unter Einbeziehung der CDRÖM „Im Winter und zur Weihnachtszeit“ aus den Bräuchen im Salzburger Land. Entdecken, Initiieren- Themenpräsentation: „Miteinander leben, einander verstehen und zuhören - BEP-Konzept: Präsenzphase A: unterschiedliche Religionen“ – das Christentum und seine Wertvorstellungen - Impuls Vortrag und didaktisches Multimediaprodukt wie Einbeziehung CD-RÖM „abenteuer kirche“; Einführung in das Lernkonzept Blended Learning zum Christentum als einer Weltreligion- Kennenlernen von Richtungen 5 des Christentums unter Einbeziehung von zwei didaktischen Multimediaprodukten: DVD „Jesus´ junge Garde“, VHS “New Age und Christentum”. BEP-Konzept: ELearning-phase A: vgl. E-Learningphase B Erarbeitung und VertiefungBegleiten- Einführung in die DVD „Jesus von Nazareth“, die sich dem Leben von Jesus, von seinen Anfängen bis zu seinem Tod widmet (drei Folgen „Die frühen Jahre“, „Der Auftrag“ und „Die letzten Tage“) zum Kennenlernen und Auseinandersetzen mit Fakten und Lebensumständen der historischen Person Jesus. Nutzung der DVD-Gliederung in einzelne Sequenzen, die einzelne Themenaspekte gezielt einzusetzen erlauben. Nutzung der Extra-Themen „Jesusbilder“, BEP-Konzept: Präsenzphase B: „Historisch-politische Situation“ und „Öpfer“ auf der RÖM-Ebene der DVD. Zusammenstellung und zusätzliche Anreicherung mit Wissensimpulsen- Differenzierte Aufgabenstellung für die eLearningPhase zum tiefergehenden Kennenlernen, Beschäftigen und Auseinandersetzen mit dem Christentum (differenzierte Ausleihe der nachstehend aufgeführten didaktischen Multimediaprodukte an 2 Teilnehmer): Worin bestehen die Wert- und Moralvorstellungen des Christentums? Nutzen Sie außer eigenständiger Internetrecherche hierzu auch folgende Multimediaprodukte: CD-RÖM „Religiopolis Weltreligionen erleben“, bzw. DVD „Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland - Eine interaktive Reise“- Einführung in die eLearning-Phase (Umgang mit Internet, Medien und Kommunikationsarten) Erste E-Learningphase erfolgt nach Präsenzphase B: Selbständige Bearbeitung des Themas, BegleitenIndividuelle Bearbeitung des ethischen Themas zu den Wert- und Moralvorstellungen des Christentums anhand individueller Recherche aller Teilnehmer sowie - unter differenzierter BEP-Konzept: ELearning-phase B: Aufgabenstellung bzw. differenziertem Medieneinsatz für zwei Teilnehmer bei Ausleihe folgender didaktischer Multimediaprodukte:CD-RÖM „Religiopolis - Weltreligionen erleben“, bzw. DVD „Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland - Eine interaktive Reise“ - Ggf. Kommunikation mit Mitlernenden und Dozenten (Foren, Chat, Tutorial) bzw. Online-Zusammenarbeit (Workspace) nach eigener Recherche Präsenzphase C: Auswertung, Systematisierung und VertiefungBegleiten- Zur Auswertung und Vertiefung Ergebnispräsentation der Teilnehmer zu den Werten und Moralvorstellungen des Christentums nach ihren Rechercheergebnissen unter vorausgegangener differenzierter Aufgabenstellung für die E-Learningphase als weiterführende Beschäftigung mit dem Christentum unter Einbeziehung der beiden Teilnehmerrecherchen anhand der CD-RÖM „Religiopolis Weltreligionen erleben“ und der DVD „Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland - Eine interaktive Reise“- Zur Vertiefung, Systematsierung und Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten Weitere Präsenzphasen: und Grenzen gelebten Christentums in der Zeit des Dritten Reiches: Vortrag, Einbeziehung und Präsentation der didaktischen MultimediaprodukteDVD „Wer glaubt, der flieht nicht... Dietrich Bonhoeffer, 1906-1945“,DVD „Der Priesterblock“. Präsenzphase D: Weiterführung, vertiefende Zusammenfassung und Ausblick- Vertiefung des Gesamtdiskurses der Teilnehmer zu den Wertvorstellungen des Christentums unter historischem Aspekt, Erweiterung des Blickwinkels durch Einbeziehung von christlichen Feiern und Bräuchen unter Einsatz der CD-RÖM „Im Winter und zur Weihnachtszeit“ aus den Bräuchen im Salzburger Land- Ausblick und abschließender Diskurs der Teilnehmer über Vorstellungen zu zukünftig gelebten realen Christentums anhand eigener Efahrungen, Erlebnisse und von erarbeitetem Wissen. Weitere ELearningphasen: entfällt Retrieval Bildungsbereich: Weiterbildung/Fortbildung, Erwachsenenbildung Bildungskategorie: eurokulturelle Bildung, interkulturelle Bildung, ethische Bildung, europolitische Bildung, historische Bildung, politische Bildung EthikThemenfeld: 1. Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung 1.1. Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung im Blickwinkel der Vergangenheit 1.2. Kulturelle Identität und interkulturelle Verständigung in Gegenwart und Zukunft 6 Schlagwort: Friedenserziehung, Grundbildung, Freizeit, Ethik, Gesellschaft, Menschenwürde, Religion, Bildungsmedium, Medienkompetenz, Spielfilm, Unterrichtsmedium, Deutschland Systematik: Ethik, Freizeit, Interkulturelle Bildung, Medienpädagogik, Pädagogik, Philosophie, Religion, Weiterbildung, Sachgebietsübergreifende Themen Evaluation durchschnittliche Evaluation: 16.4 Punkte - empfehlenswertes didaktisches Multimediaprodukt – gut (2) Evaluationen: Evaluationen ansehen Als nicht angemeldeter Benutzer können Sie keine Evaluationen vornehmen. 7 Dimitris Charalambis 3.4. Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung: Das Politische und die Politik in der Aera der Deregulierung. Der Weg in die Finanz und Schuldenkrise. (In deutscher Sprache.) Weiterbildungsmodul 1 Vorgehensweise und Kursbeschreibung Die Kursteilnehmer bekommen einen Text vom Kursleiter, der als Wissensgrundlage dienen soll. Der Text wirft Fragen auf, die im Laufe des Unterrichts und mit Hilfe ausgesuchter Literatur beantwortet werden sollen, bzw. den diskurssiven und interaktiven Charakter des Kurses begründen. D.h. der Grundlagetext soll, mit Hilfe der dargebotenen Literatur, die Diskussion als Wissens und Problematisierungsprozess vertiefen.Dabei werden ausgesuchte DVDs eingesetzt. Sie sollen die Facetten der behandelten Problematik dem Kursteilnehmer veranschaulichen.Ueber die Macht der Bilder sollen gewisse Aspakte der realen Prozesse,die im Unterricht analysiert werden, dem Kursteilnehmer näher gebracht werden und den historischen Ereignissen eine konkretere Dimension gewähren. Es werden zwei Alternativen für die Unterrichtsmodule angeboten 1. Eine längere und ausführliche Version, die aus 8 Unterrichtseinheiten von je drei Stunden besteht und 2. Eine komprimierte Version die aus 3 Unterrichtseinheiten dreistuendiger Dauer besteht. Die Pilotpräsentationen beschränken sich allerdings auf einen dreistündigen Kurs, da das vorrangige Ziel die Demonstration der Vorgehensweise war. Basistext 1 Die Politik und das Politische Die Bankenkrise von 2007/2008 und ihre Mutation zu einer Krise der öffentlichen Verschuldung, was eine allgemeine Wirtschaftskrise zur Folge hatte, warf eine Reihe von Fragen auf, die die Ursachen dieser Krise und die Reaktion darauf betreffen. Diese Fragen sind keineswegs nur ökonomischer Natur, d.h. sie betreffen nicht nur die Wirtschaftswissenschaften. Sie betreffen die Gesellschaft als Ganzes, ihre Konstitution- und Rekonstitutionsmechanismen und zwar unter den Bedingungen des Globalisierungsprozesses, der zumindest seit den 70’ger Jahren des vorigen Jahrhunderts und insbesondere nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine neue, eine quasi postnationale, oder zumindest eine die klassische nationale Souverenität aushöhlende Ära eingeleitet haben. Diese Feststellungen führen zu einer grundlegenden wie auch prophanen Feststellung: Die Fragen, die die Krise und die Reaktion darauf aufwerfen, können nur auf der Basis einer politischen Argumentation beantwortet werden. Sie können nur politisch beantwortet werden, weil sie, wie auch immer formuliert, das Politsche betreffen. Wenn wir das Politische als die Form, die Art und Weise, den Prozeß durch den eine Zahl von Menschen sich zu einer Gesellschaft konstituieren definieren, dann betreffen die Bedingungen der Reproduktion der Gesellschaft (sei es in der nationalen oder globalen Ebene) den Kern des Politischen. Somit sind auch die wissenschaftlichen Paradigmata der ökonomischen Theorie, bzw. Ihre Erklärungsversuche, sosehr sie sich auch als die reine Vernunft deffinieren mögen, wenn sie sich außerhalb des Politischen ansiedeln, sind sie reine selbstreferenzielle Konstruktionen einer durch die Autopoiese der jeweiligen Paradigmata konstruierten virtuellen Realität. Diese versteht sich als die vernünftige Ordnung des Realen, deren Gültigkeit durch die Unvernunft, also durch die Irrationalität der Politik und der Handlung der gesellschaftlichen Akteure gestört wird und somit von der der Vernunft äußeren Faktoren in ihrer Gestaltunsordung behindert wird. Nur die unbedingte Anpassung an die reine Vernunft der wissenschaftlichen Ökonomie könnte Disharmonien verhindern, d.h. nur dann würden ökonomische Krisen, als Phänomene oder Konsequenzen der unberechenbaren Politik, endgültig abgeschafft werden. Behavioristen können diese Störfaktoren und ihren irrationalen Charakter ermitteln, damit, vielleicht, die daraus erzeugten Abweichungsschwingungen miteinbezogen und errechnet werden können. Um aber eine politische Interpretation der Krise zu liefern und die Beharrungskraft des herrschenden ökonomischen Paradigmas zu erklären, müssen wir eine entscheidende Differenzierung vornehmen: Die Differenzierung zwischen der Politik und dem Politischen. Zwischen diesen Begriffen existiert eine grundlegende Differenz. Wenn die Konstituierung des Politischen, dessen Urformen im antiken Athen und im antiken Rom als protopolitische Phänomene historisch ermittelbar sind, die Quintessenz des Projektes der Moderne ausmacht, dann kann Politik sowohl ein Ordungsprozeß zur Realisierung dieses Projektes sein, als auch ein Prozeß der dieses Projekt verhindern bzw. liquidieren will. Ob dieses Projekt der Moderne tatsächlich in teleologischen Bahnen gefestigt wird hängt nicht von der entfesselten Kontingenz der postmodernen Interpretation der Geschichte, der Gesellschaft, der Politik, der Ökonomie und der Kultur ab. Das Projekt der Moderne hängt vielmehr von der gefesselten Kontingenz der Konstituierung des Politischen ab, als einem, in seiner inneren Logik, teleologischem Prozeß, der, durch seine spezifische Qualität d.h. durch die spezifische (deswegen auch gefesselte) Kontingenz der Elemente die ihn ausmachen und ihn als einen solchen aufweisen, nie ein eschatologischer Prozeß sein kann. Um es anders zu formulieren, das Politische, als Projekt der Moderne, weist eine teleologische Logik auf, die aber keinen Endpunkt/Grenze kennt, da die Grenze eine geschichtlich entstandene Schranke bedeuten würde, die den Prozeß stoppen und ihn dadurch zwangsläufig in sein 9 Gegenteil verwandeln würde. D.h. der teleologische Charakter des Konstitutionsprozesses des Politischen, kennt kein Eschaton, weil ein Eschaton ihn als solchen annulieren würde. Durch das oben Gesagte wird klar, daß wir einen anderen Erklärungszusammenhang suchen müssen, der im Rahmen der Konstitution des Politischen die Ökomonie, d.h. die Produktion und Reproduktion der materiellen Bedingungen des gesellschaftlichen Seins, und somit die wissenschaftlichen Paradigmata bzw. das herrschende ökonomische Paradigma erklären kann. Wir brauchen einen Erklärungszusammenhang, der eine Analyse liefert, die uns hilft die Fragen und die Antworten, die durch die Krise enstanden sind zu verstehen, zu interpretieren und in ihrem Wahrheitsgehalt zu prüfen. Die Ursprünge des herrschenden ökonomischen Paradigmas Das herrschende ordoliberale Paradigma der Wirtschaftswissenschaft basiert auf dem klassischen Liberalismus der Gründerzeit der Ökonomie der Moderne. Das freie, unabhängige, autonome Individium betritt die Bühne der Geschichte und leitet somit das Projekt der Moderne ein. Das Recht auf Eigentum und der Schutz des Eigentums ist die Garantie seiner Autonomie, die Garantie seiner Unabhängigkeit, die Garantie daß dieses Individium frei sein kann, um sein Privatinteresse zu verfolgen und um über sich und über die Gesellschaft der freien, autonomen und unabhängigen Individuen zu entscheiden. Das Recht auf Eigentum und der Schutz des Privateigentums sind die unabdingbare Vorraussetzung der Freiheit, der Autonomie und der Unabhängigkeit. Gerade dieses Recht verdrängt die Allmacht des absolutistischen Staates und leitet den Demokratisierungsprozeß ein. Der Schutz des Eigentums und dadurch der materiellen Reproduktion des somit entstandenen bürgerlichen Individiums, ermöglicht seine Behauptung gegenüber der Staatsgewalt bis zur Übernahme dieser Staatsgewalt von den durch ihn gewählten Vertretern, die die freien und dadurch entscheidungsfähigen Individuen repräsentieren. Das Recht auf Eigentum schafft die durch den Staat verteilten Privilegien ab, befreit die Produktion von der starren Abhängigskeits-Pyramide der Produktionsform des Feudalismus, degradiert die absolute Monarchie zu einer historischen Übergangsphase, die schrittweise, oder revolutionär, der Macht des aufkommenden Bürgentums Platz machen muß und konsolidiert den Markt als den Ordungsmechanismus der Produktion(Arbeitsmarkt) und der Distribution von Waren, Dienstleitungen, Eigentum und Profit. Die materielle Produktion und Reproduktion der Gesellschaft wird durch den Markt vermittlelt, der dadurch zu einem alles bestimmenden Ordnungsprinzip wird. Der Focus der Staatsfunktion ist dadurch konkretisiert. Der Staat muß alle Störfaktoren in Zaun halten und disziplinieren, die das Marktgeschehen beeinträchtigen könnten, das Territorium des Marktes beschützen und wenn möglich, die Expansion des Marktes über die nationalen Grenzen militärisch absichern. Der Markt selbst, frei von staatlichen Interventionen, frei also von Eingriffen, die die Geltung seiner Vernunft verhindern könnten, funktioniert wie ein spontaner Ordungsmechanismus, basierend auf der Natur des Menschen deren Gesetzmäßigkeit der Markt beschreibt und zur Geltung bringt. Jeder Marktteilnehmer verfolgt sein privates Interesse. Er ist keiner religiösen Moral verpflichtet, keiner Nächstenliebe und keiner Pflicht gegenüber seinem 10 Mitmenschen oder der Gesellschaft. Seine einzige Moral ist sein egoistisches Interesse. Gewinn und Verlust, Nutzen und Nachteil sind seine Kriterien. Dieses Streben nach dem eigenen Vorteil, den alle Marktteilnehmer egoistisch verfolgen, führt, seit Adam Smith, wie durch eine unsichtbare Hand geleitet, zum Wohl aller, zum Wohl der Gesellschaft. Somit ist dieser homo oeconomicus das Zentrum des wirtschaftlichen Geschehens, der durch seine egozentrische Beschränktheit einen Automatismus in Gang setzt, der die beste aller Welten produziert. Die Mechanik der Physik des 17. Und 18. Jahrhunderts wird zur Mechanik der Ökonomie und dadurch, da sie die Reproduktion der Gesellschaft bestimmt, zur Mechanik der Gesellschaft. Dieser Automatismus funktioniert solange er frei von äußerlichen, also politischen Einflüssen und Interventionen bleibt. Die Politik muß den Rahmen seiner Wirkung sichern, sonst nichts. Der erste Schritt der Moderne, die Befreiung des Individiums, schafft dadurch auch die erste Schranke der Realisierung des Politischen. Politisch bedeutet das, daß die Politik sich der Vernunft der Ökonomie unterstellen muß. Die Politik hat der so konzipierten reinen Vernunft des Marktes zu dienen. So sehr auch die unsichtbare Hand an Offenbarungsmetaphysik erinnern kann (die Hand Gottes bleibt für die Puritaner der Sinn und der Hintergrund der unsichtbaren Hand, was bis heute auch für die Bigotterie der Tea Parties weiterhin gilt), der dadurch entstandene Automatismus der Konsequenzen des spontanen egoistischen Handelns des homo oeconomicus birgt die Emanzipation des Menschen vom Willen Gottes und die Säkularisierung des menschlichen Handelns. Die unsichtbare Hand ist schließlich die Folge der spontanen Vernunft die aus dem egoistischen Handeln entsteht. Somit ist sie sowohl rein(ohne äußerliche Einflüsse und Störungen) wie auch innerweltlich. Sie ist die Quintessenz des ökonomischen Handelns. So ist die Ökonomie, also die Konstruktion dieses Modells oder des Paradigmas der Logik des Marktes, die vergegenständlichte Logik der reinen Vernunft, die keinen Gott braucht um zu gelten und zu funktionieren. Die Verfolgung des Eigeninteressens genügt. Eine innerweltliche Metaphysik ist durch dieses Marktparadigma entstanden. Wie Vogl es beschreibt, die Theodizee ist durch die Ökodizee ersetzt worden. Das Eigeninteresse des homo oeconomicus ist der Gravitationspunkt dieses Systems. Die Suche nach dem eigenen Vorteil und die Abwehr von jedem Nachteil, als Ziel des spontanen ökonomischen Handelns aller Marktteilnehmer, produziert ein Gleichgewicht, wodurch das Wohl aller realisiert wird. Somit ist das Modell des Marktes ein Gleichgewichtsmodell, das die Basis der späteren mathematischen Berechnung der Zukunft sein wird. Die Reinheit des liberalen Paradigmas steht für die reine Vernunft des Marktes, entstanden durch die spontane Wirkung der Privatinteressen. Später, wenn die Subsumtion der Arbeit, d.h. der materiellen Reproduktion der Gesellschaft, unter dem Kapital voranschreitet, kommt ein zweiter Faktor dazu, der die Geltung der reinen Vernunft des Paradigmas bekräftigt und bestätigt: Der Wettbewerb. Die Konkurrenz der Produzenten, also der Kapitaleigner, ermöglicht die effektivste Realisierung des eigenen Profits, beschleunigt die Produktivität und ermöglicht die effektivste Kosten – Preis-Relation. Somit werden die erzielten Preise zur Inkarnation der Vernunft des Systems und das System zu einem System der Preise, da sie sein vernünftiger Inhalt sind. Die Mathematisierung der Ökonomie kann dadurch endlich problemlos realisiert werden. Die Berechnung der Entwicklung der Preise kann zur Berechnung der 11 zukünftigen Entwicklung überhaupt werden. Natürlich unter der Voraussetzung, daß außerökonomische, also diesem Modell äußerliche Faktoren den Vernunftautomatismus des Systems nicht stören. Dafür muß die Politik sorgen. Sie muß den nötigen Rahmen liefern. Sie muß das gesamtgesellschaftliche Geschehen der Logik der reibungslosen Geltung des Marktes unterstellen, d.h. sie muß es disziplinieren. Noch ist die Mathematisierung des Systems nicht so vorangeschritten, damit man durch Wahrscheinlichkeitsrechnungen und Differentialgleichungen Präventionen von Krisen errechnen und sie damit aus dem System verbannen kann. Noch finden Krisen statt. Zwar sind sie der Logik des Systems fern aber sie funktionieren wie eine notwendige Katharsis, die die Reinheit des Systems wieder herstellt. Diese Katharsis reinigt das System von irrationalen Elementen, die sich ins System eingeschlichen haben, sie ermöglicht die Wiederherstellung des Gleichgewichts, sie bestätigt die Regel und sie läßt die Ausnahme, Ausnahme sein. An den Glauben an die Vernunft des Systems, also des Modells der auf dem Markt konkurrierenden Kapital(eigen)interessen, tut dies kein Abbruch. Die Wiederherstellung des Gleichgewichts bestätigt schließlich, d.h. der homo oeconomicus durch sein Handeln die reine Vernunft vergegenständlicht. Dieses liberale Marktparadigma ist der Ort der reinen Vernunft und seine Wirkung wird immer effizienter, je mehr sich die Gesellschaft(also die reale Welt) dem anpasst. Diese Anpassung ist die Aufgabe der Politik, Sie muß die außerparadigmatische Unvernunft zügeln. Die Rationalität des Marktmechanismus stößt auf eine, von ihr aus gesehene, irrationelle Welt. Schlicht und einfach, weil sie außerhalb der Logik dieses Systems residiert ist, zumindest was die Situation der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung betrifft. Die “reine” Vernunft des Marktes und die gesellschaftliche Realität Im Prinzip betrifft die Logik dieses Systems alle Menschen. Der Anspruch ist daß alle Menschen nach ihrem Vorteil streben und somit das Gleichgewicht der vernünftigen und somit besten aller Welten herstellen. Potenziell also alle Menschen, weil jeder als homo oeconmicus agieren muß, agieren kann und agiert. Dieser Entwurf der Welt nimmt konkrete Formen an. Er wird zum realisierbaren Projekt historisch durch die amerikanische und französische Revolution. Kurz gefasst, er ist der Weg der Emergenz des Individiums, die Vorbereitung des revolutionären Schrittes, der die Welt von Grund auf verändert hat. Auch England hat seine Revolution durchgemacht und dadurch den Weg der Explosion der Moderne durch die amerikanische Unabhängigkeiterklärung und die Deklaration der Rechte des Menschen und des Staatsbürgers vorbereitet(Habeas Corpus, Magna Charta etc). Alle Menschen sind Träger von unveräusserlichen Rechten und sie streben nach ihrem Glück, heißt es in der Unabhängigkeitserklärung von 1776. Das tut oder das ist der homo oeconomicus. Er ist Träger von (natürlichen)Rechten , die sich auf dem Fundament der Eigentumsrechte basieren, die ihm seine Unabhängigkeit, Autonomie und Freiheit ermöglichen. Er strebt nach dem Glück, also nach dem höchsten Profit, das die einzige meßbare Form des(objektiven) Glücks sein kann. Alle Menschen sind also der Adressat der Erklärung der Menschenrechte und alle Menschen sind homini oeconomici. Das gilt, aber es gibt auch eine Differenzierung, die man machen muß, um den historischen Augenblick, um 12 Geschichte verstehen zu können. Alle Menschen, aber in diesem historischen Augenblick betrifft das nicht die Sklaven des Verfassers der Unabhängigkeitserklärung, es betrifft nicht die Wilden(Indianer), es betrifft nicht die Frauen, es betrifft nicht die Abhängigen und Eigentumslosen(sei es, daß sie potenziell diesen Status überwinden könnten). Für einen Moment schien es in Frankreich, daß die Deklaration es anders gemeint hat. Bald aber, - und nicht nur durch die Wiedereinführung der Sklaverei in den Kolonien durch Napoleon wurde klar, daß auch dort der gleiche Inhalt zu verstehen war. Somit stellt sich die Frage, was mit dem Begriff des Menschen gemeint ist, was die Kriterien des Menschseins erfüllt. Natürlich jeder, aber wer ist mit “jeder“ gemeint? Die Antwort ist einfach: Der weiße, volljährige Eigentümer. Er ist der homo oeconomicus des liberalen Paradigmas, weil er, als Eigentümer, das Recht aller Rechte besitzt und dadurch als ökonomischer und politischer Akteur die Kriterien des Menschseins erfüllt. Die List der Vernunft, würde Hegel sagen, hielt aber eine Überraschung parat: Die Diskrepanz, der Widerspruch zwischen historischer Partikularität und universellem Anspruch setzte eine Bewegung in Gange, die trotz Hindernissen und Rückschlägen nicht aufzuhalten war. Die Geschichte nach den emanzipatorischen Revolutionen des 18. Jahrhunders ist die Geschichte der Lösung des Widerspruchs ihrer Deklarationen. Der universelle Anspruch siegt über die historische Partikularität. Die Deklarationen eröffnen einen Emanzipationsprozeß, einen Demokratisierungsprozeß, der seine ursprünglichen Schranken überwindet. Sie leiten einen teleologischen Prozeß ein, der den Inhalt des Projektes der Moderne ausmacht. Ja, sogar die reine Vernunft des liberalen Paradigmas wird in Frage gestellt und durch den keynsianischen Konsens c.a. 150 Jahre später delegitimiert. Demokratisierungsprozeß und Reaktion Man könnte, etwas dramatisch formuliert, die Geschichte des 19. Jahrhunderts als die Geschichte des Menschwerdens beschreiben, sie ist die Geschichte der Demokratisierung des Begriffs des Menschen, die Geschichte der Überwindung des Kriteriums des Eigentums, aber auch des Geschlechts, der Rasse, der Herkunft etc. als diferentia specifica des Menschseins. Durch die Herausstellung des Begriffs des Menschen als ein Begriff der Realabstraktion, hat die Gattung zu sich gefunden, würde Marx sagen. Jeder reale Mensch, unabhängig vom Eigentum, Herkunft, Farbe, Geschlecht, konkrete persönliche Biographie, Lebensform und Lebensstrategie, also jeder konkrete Mensch auf diesem Planeten ist gleichzeitig Teil des von allen Partikularitäten abstrahierenden Begriffs, des Menschen und somit Träger von Rechten und Freiheiten und als Träger von Rechten und Freiheiten Gleicher unter Gleichen. Gleichzeitig ist die Geschichte des 19. Jahrhunderts, einerseits durch die Formen der Rationalisierung der Einschränkung des Wahlrechts, oder durch die Legitimationsapologien des Kolonialismus, die Geschichte der Verzögerung dieses Menschwerdungsprozeßes(der Demokratisierung und Gestaltung der Gesellschaft auf der Basis des Sozialvertrages der Gleichen und Freien), andererseits die Geschichte der Agression der Reaktion der Gegenaufklärung, durch den Versuch über den radikalen Nationalismus und Rassismus, die Menschwerdung zu verhindern und diesen Prozeß durch die Paranoia der 13 biologischen Hierarchisierung und Entwertung des menschlichen Lebens zu ersetzen. Eine gegenaufklärische Reaktion die zu der Tragödie des 20. Jahrhunderts geführt hat. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts wird durch die massive politische Strukturkrise des Demokratisierungsprozeßes(Schwierigkeit der Anpassung der organisatorischen und institutionellen Struktur der liberalen Demokratie an die erforderlichen organisatorischen und institutionellen Konsequenzen der Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechts), durch die Ausweglosigkeit des liberalen Paradigmas(1929) und durch die totalitäre Vernichtung des Menschseins durch die sogenannten Alternativen zum liberal-demokratischkapitalistischen System(Faschismus, Kommunismus) charakterisiert, gezeichnet und stigmatisiert. Durch den Kampf um die Erweiterung des Wahlrechts, also um die allgemeine Geltung der politischen Rechte, der schließlich, zumindest in den führenden Industrienationen zum allgemeinen Wahlrecht führt, nach dem I. Weltkrieg auch für die Frauen, wird das Eigentum als Kriterium der Eigenschaft des Staatsbürgers, des citoyen relativiert. D.h. der Demokratisierungsprozeß hebt die Schranken der durch das Eigentum bestimmten Einschränkung des Menschseins auf. Der Kampf gegen den Kolonialismus erweitert diese Aufhebung und schafft, in Kombination mit dem Demokratisierungsprozeß in den Metropolen, die Voraussetzungen der Geltung der Deklarationen des 18. Jahrhunderts tatsächlich für alle. Vorerst auf einer formellen Ebene(formelle Demokratie), die aber einen entscheidenen Schritt für die Realisierung des Projektes der Moderne bedeutet hat, sind die Menschen politisch gleich. Durch das allgemeine Wahlrecht(one man, one woman, one vote) sind formell alle Menschen Träger von Individual- und politischen Rechten und somit erreicht der Menschwerdungsprozeß seinen ersten historischen Höhepunkt. Das bedeutet eine qualitative Veränderung des Feldes der Politik. Auf der Ebene der materiellen Reproduktion der Gesellschaft, also auf der ökonomischen Produktions- und Distributionsebene, hat sich aber kaum etwas verändert. Wie oben schon erwähnt, führt diese Diskrepanz zwischen Ökonomie und Politik(formelle politische Gleichheit – faktische ökonomische Ungleichheit bzw. politische Organisations- und Institutionelle Strukturen, die der faktischen ökonomischen Ungleichheit entsprechen und die Rechtsordnung bestimmen) und vorallem die Angst der politischen Aufhebung dieser Diskrepanz, als zwangsläufige Folge des allgemeinen Wahlrechts, zu Reaktionen, die die Definition des Menschen durch biologische- eugenische Ideologeme, auf der Basis des Nationalismus, neu belegen wollen. Fast gleichzeitig dazu tritt eine andere Form der Reaktion auf , die diese Diskrepanz als Anlass nimmt, um die Eigentumsrechte und somit den Markt als Kern der materiellen Produktion und Reproduktion der Gesellschaft zu annullieren, seine angenommene Effizienz als ausschließlichen Ungleichheitsmechanismus zu erklären und durch die Negierung von individual- und politischen Rechten die Politik (den Staat) als den Produktions- und Reproduktionsmechanismus zu erkären. Die spontane Ordnungsmacht des Marktes wird durch die bewußte, dem ökonomistisch interpretierten Gang der Geschichte verplichtete, politische Avantgarde ersetzt. Der Markt, der als Medium der Diktatur der besitzenden Klasse angesehen wird, wird durch die politische Diktatur der kommunistischen Partei, durch den totalitären, von der Partei kontrollierten Staat ersetzt. Im Prinzip, Ziel dieser die 14 Gleichheit verabsolutierenden - Reaktion gegen das Projekt der Moderne, also gegen die liberal- demokratische kapitalistische Gesellschaft, ist der liberale(Eigentumsrechte) und der republikanische(potentiell jeder Mensch als politischer Entscheidungsträger) Charakter des Projekts. Dies traf auf eine breite und konstante Räsonanz, weil genau in dem semantischen Inhalt des liberalan und des demokratischen Prinzips die Widersprüchlichkeit des Demokratisierungsprozesses unter den Bedingungen des herrschenden Paradigma des effizienten Marktes manifest wird. In der kapitalistischen Welt funktionierte der Markt weiterhin in der Logik der reinen Vernunft des ordoliberalen Paradigmas. Das funktionierte aber – mit dem Schönheitsfehler der katharischen Wirkung der ökonomischen Krisen – solange die Eigentümer unter sich blieben. Solange also die Kapitalträger die negativen Folgen der Verfolgung ihrer Privatinteressen der Disziplinierungsfunktion der der Logik der Reproduktion des(für sie) effizienten Marktes unterstellten Politik überlassen konnten bzw. die Politik diese Funktion als ihre Existenzberechtigung ansah. Politisch heißt das, daß das solange gelten konnte, solange der Demokratisierungsprozeß die durch das Eigentum bestimmte oligarische Struktur der Gesellschaft nicht sprengen konnte. Konsequenzen des Demokratisierungsprozeßes. Störfaktor Das Politische als Der Kampf um die Einführung des allgemeinen Wahlrechts sprengt aber das eigentumsorientierte Verhältnis zwischen Politik und Ökonomie. Er verwandelt schrittweise die Politik zum entscheidenden Störfaktor des liberalen Paradigmas, da er den Kreis der Entscheidungsträger ununterbrochen erweitert. Diese Erweiterung bedeutet, daß die Eigentümer nicht mehr unter sich entscheiden, daß das Ziel der Politik nicht mehr die Bestätigung und die Intensivierung der Effizienz der Profitmaximierung des Eigentums bleiben konnte. Im Rahmen der Aufrechterhaltung der liberal- demokratischkapitalistischen Ordnung bedeutet die erweiterte politische Teilnahme, daß das Kapitalverhältnis mit neuen Realitäten konfrontiert wird, die seinen ungleichen Charakter relativieren müssen , damit seine Reproduktion gesichert wird. Die Protektion des Eigentums muß um die Protektion der Arbeit erweitert werden. Das bedeutet, daß die Abwendung des Zusammenbruchs des Kapitalverhältnisses konkrete Umverteilungsprozesse fordert. Die Präsenz von Nichteigentümern, im politischen Entscheidungsprozeß erweist sich als der größte Störfaktor des Paradigmas des effizienten Marktes. Die Anpassung der Ordnungsstrukturen bzw. die Integration des Störfaktors ist der einzige Ausweg aus der Sackgasse, die der oligarchische Charakter des Marktes und die demokratische Dynamik der Politik, als widersprüchliche, also das Gleichgewicht störende Faktoren, erzeugt haben. Schlimmer noch: Die Entscheidungsgewalt über die Form dieser Anpassung bzw. Integration droht den Händen der Kapitaleignern zu entgleiten und das Verhältnis zwischen Ökonomie und Politik umzupolen. Die Herrschaft des Finanzkapitals schien zuerst dieser Entwicklung Einhalt geboten zu haben. Durch Kreditvergabe und daraus resultierenden Massenkonsumption schien der Umverteilungszwang abgewehrt zu sein. Die Kreditvergabe produzierte eine virtuelle Umverteilung, deren Folge die weitere 15 Aufrechterhaltung der Logik des effizienten Marktes war. Sie ermöglichte soziale Allianzen, die das Explosionspotenzial der ökonomischen Ungleichheit in Zaun halten konnten. So sah das zumindest aus bis zum “schwarzen Freitag“ von 1929. Der Zusammenbruch der Wall Street und bald die Verbreitung der Krise in der ganzen kapitalistischen Welt widerlegte plötzlich und auf äußerst dramatische Weise die Idee der Effizienz des Marktes. Der Versuch die Logik des Marktparadigmas aufrechtzuerhalten,(Spar- und Einschränkungsmaßnahmen) als erste Reaktion auf die Krise, führte zu der Depression und zu der klaren Herausstellung der Auswegslosigkeit in die dieses Paradigma geführt hatte. Der Störfaktor Politik wurde plötzlich zur einzigen Lösung aus dem ökonomischen und gesellschaftlichen Schlamassel, in den die angebettete Effizienz des Marktes und das durch den Markt angeblich erzeugte Gleichgewicht geführt hatten. Die Krise des Paradigmas des effizienten Marktes und der New Deal Das Rooseveltsche New Deal, die Reglementierung des Marktes und die staatliche Regulierung des Finanzkapitals (Glass - Steagall Act) holt das Politische wieder in den Vordergrund des sozialen Konsolidierungsprozeßes. Die säkuläre Metaphysik der unsichtbaren Hand wird von der säkulären Vernunft der sichtbaren Hand schrittweise verdrängt. Die Logik der Reproduktion des Kapitalverhältnisses entdeckt wieder die soziale Semantik, die dieses Verhältnis als ein solches konstituiert. Angesichts der Entwicklungen, nach der zweiten Existenzkrise des Kapitalismus 2007/2008, muß man etwas feststellen, was die damalige Situation von der heutigen klar unterscheidet. Die USA und die Gesamtheit der entwickelten kapitalistischen Welt waren damals reine Industriegesellschaften. Trotz des schon damals globalisierten Finanzkapitals bestimmte die industrielle Produktion und Reproduktion, im Rahmen der Nationalökonomien, sowohl die materielle Produktion und Reproduktion der jeweiligen Gesellschaften, als auch und deswegen - die soziale Kohärenz, d.h. die Reproduktion der Industriegesellschaften hing unmittelbar vom Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit ab. Das bedeutet, daß das kapitalistische System als solches nur über den konsensuellen Charakter des Kapitalverhältnisses gerettet werden konnte. Anders ausgedrückt, nur die Zugeständnisse des Kapitals gegenüber der Arbeit(der Kapitalisten gegenüber der Arbeiterschaft) könnten den Kapitalismus als Produktion und Distributionssystem retten. Das Fundament des Sozialstaates ist dadurch entstanden, aber es bedurfte eines Weltkrieges damit es voll zur Geltung kommen konnte. Die Maßnahmen der Regulierung des Kapitalverhältnisses, die später unter dem Begriff des New Deal subsumiert wurden, waren der Anfang eines Prozesses, der die immense soziale Ungleichheit vor 1929 relativierte und ein neues konsensuelles Verhältnis zustande brachte, das das ökonomische Wachstum, das neue soziale Gleichgewicht, den sogenannten (sozialdemokratischen)keynsianischen Konsens der Nachkriegszeit, zumindest bis in die 70ger Jahre hinein, zum Erfolg verhalf. Die Politik wurde vom Politischen bestimmt und integrierte den gesellschaftlichen Konstituierungsprozeß in seiner Logik durch ihre wiedergewonnene Dynamik. Die Unvernunft der Markt–Autopoiese und der Markt–Selbstreferenzialität wurde durch den Abgrund, den sie hervorgebracht hat, offensichtlich und mußte dem Politischen also der Reproduktion und 16 Erweiterung(inhaltliche Konstituierung der formellen Demokratie)des Demokratisierungsprozesses weichen, oder zumindest seine Bedingungen akzeptieren. Staatstotalitarismus als Alternative zum Demokratisierungsprozeß Im Kontinentaleuropa hatte die Irrationalität der Gegenaufklärung, also der ideologische Angriff auf die Moderne, d.h. das reaktionäre Projekt der Abwehr des allgemeinen Wahlrechts durch Nationalismus und Rassismus, schlicht und einfach Erfolg. Der Demokratisierungsprozeß wurde durch den staatlichen Totalitarismus gestoppt. Nazismus und Faschismus schleuderten die europäische Gesellschaft in die größte Katastrophe ihrer Geschichte, die durch den japanischen rassistischen Imperialismus zur Weltkatastrophe wurde. Zweifelsohne ist es bemerkenswert, daß der angelsächsische Raum, trotz rassistischer(z.B. der KKK in den USA)und profaschistischer Bewegungen (Mosley in G.B.) vom Staatstotalitarismus verschont wurde, während in Kontinentaleuropa der Staatstotalitarismus die entscheidene Form der Ablehnung der Moderne und der Destruktion des Politischen wurde. Auch der Staatstotalitarismus des “realen Sozialismus” konnte ebenfalls, trotz Sympathien, keinen Fuß im angelsächsischen Raum fassen. Hier ist natürlich nicht der Ort, um eine umfassende Analyse dieses Phänomens zu liefern. Man könnte vielleicht nur Aspekte dieser Differenz der geschichtlichen Entwicklung erwähnen. Im südeuropäischen Raum war der Staat sowieso ausschlaggebend, da vormoderne Integrationsmechanismen, (hauptsächlich Agrargesellschaft) die gesellschaftliche Kohärenz bestimmten und der Weg in den Staatstotalitarismus ein leichter war (Spanien, Portugal, Italien und die meisten Balkanstaaten). Oder, wie z.B. in Griechenland, hat, durch den klientelistischen Charakter der Konsolidierung des Parlamentanismus, die dominante Rolle des Staates und die dadurch erzeugte pathologische Heteronomie des Marktes den Demokratisierungsprozeß in einen etatozentrischen Machtreproduktionsprozeß verwandelt. Dadurch wurde der Demokratisierungsprozeß ausgehöhlt und staatstotalitäre Alternativen zugelassen(griechischer Bürgerkrieg), die dann durch ausländische Interventionen(GB dann USA) verhindert wurden. Im mitteleuropäischen Raum, unter dem Einfluß Deutschlands, hat die obrigkeitsstaatliche Tradition und die in ihrem Rahmen erreichte ökonomische Effizienz, die die deutsche Wirtschaft charakerisierte, den späten Demokratisierungsprozeß nach 1918 quasi marginalisiert. Der einzige Träger des Demokratisierungsprozesses war die Sozialdemokratie, die schließlich zu schwach war, um die Diktatur zu verhindern, da sie zwischen zwei totalitären Alternativen(NSDAP und KPD) zermalmt wurde. In dem Moment, in dem die Krise des kapitalistischen Systems den freien Markt delegitimierte, war die Republik am Ende und der “Schutz” durch den totalitären Staat hat sich als Lösung aus der Krise angeboten. Die historische(1848, 1870) Schwäche des Demokratisierungsprozesses, der nach der Niederlage von 1918, mit dem westlichen “Feind” identifiziert wurde, ebnete dabei den Einfluß des Radikalnationalismus als des zentralen Integrationsmechanismus. Durch Kriegswirtschaft, Krieg und Genozid wurde der Höhepunkt der Irrationalität der Abwertung des Menschen (“unwertes Leben”)und somit des Politischen in der bisherigen Geschichte der Moderne erreicht. 17 In Frankreich hat der populistische Charakter der Verabsolutierung des republikanisch-demokratischen Prinzips und der Etatismus der jakobinischen Tradition zu einer populistischen Interpretation der Demokratie geführt. Die dadurch sich reproduzierende Defizite des politischen Liberalismus konnten die reaktionäre-rassistische Wandlung des Populismus, für breite Teile der französischen Gesellschaft, nicht verhindern. So entstand in der Zeit zwischen den Kriegen eine quasi Patt-Situation, die durch Volksfront und rassistische Reaktion verkörpert wurde und dann während der Okkupation durch den Widerstand und die Kollaboration artikuliert wurde. Erst durch die autoritäre Präsidialdemokratie von 1958 (5. Republik), die auch die Kolonialfrage gelöst hat, konnte die Republik stabilisiert werden. Im Vereinigten Königsreich war die Quelle der sozialen Ungleichheit gleichzeitig das entscheidende Hindernis für den staatlichen Totalitarismus. Zwar war die quasi Sakralisierung der Individualrechte und des homo oeconomicus der Kern der Reproduktion der sozialen Ungleichheit, gleichzeitig waren sie aber eine historisch gewachsene Garantie(auch wegen der schrittweiseartigen Durchsetzung der politischen Rechte) der Ablehnung jeder Form der Verwandlung der Gesellschaft in eine das Individium vernichtende Schicksalsgemeinschaft. Auch in den USA muß man im Individualismus den Hauptwiderstand gegen totalitäre Ideologien suchen, wie auch in dem Tatbestand daß von der politischen Unterdrückung flüchtende Menschen ihre Heimat in den Vereinigten Staaten fanden und somit eine breite demokratische Basis bildeten, die sowohl den Sieg im Bürgerkrieg getragen hat, als auch die missionarische Ideologie als Pflicht des amerikanischen Staates reproduzierte. Zweifellos kann dieser Individualismus eine idiomatische Form einer parafaschistischen Bewegung zustande bringen, die in der paranoiden Politik der amerikanischen Rechten immer wieder zur Geltung kommt. Traumata und Lehren. Die Nachkriegsstabilität und der Sozialstaat Die Wirtschaftskrise der 30ger Jahre, die grundlegende Krise des Politischen durch Faschismus und Nazismus, der Krieg und die Industrialisierung des Massenmordes konstituierten die sozialpolitischen Traumata und die Erfahrung, die sowohl zu der Überwindung des Paradigmas der säkulären Metaphysik des effizienten Marktes, als auch zu der Notwendigkeit der Demokratisierung des Kapitalverhältnissens durch die inhaltliche Erweiterung der formellen Gleichheit durch die sozialen Rechte(Sozialstaat, Wohlfahrtsstaat) geführt haben. Diese Erfahrung ging einher a.) mit der Notwendigkeit der Abwehr des Einflußbereiches der Sowjetunion, wofür soziale Konsensstrategien notwendig geworden waren und natürlich b.) mit dem industriellen Wiederaufbau Europas, der ebenfalls den sozialen Konsens benötigte. Um diesen Erfordernissen gerecht zu werden und die erneute Destabilisierung des demokratisch-liberalenkapitalistischen Systems nicht zu riskieren, da man mittlerweile wußte was daraus folgen würde, war a.) die langfristige Stabilisierung der Wirtschaft, also der vom Westen beeinflußten Weltwirtschaft, notwendig und b.) die Stabilisierung der nationalen Gesellschaften, die den westlichen Einflußbereich ausmachten, wobei Europa - als Matrix der nationalistisch-rassistischen Katastrophe- zwangsläufig eine zentrale Stellung bei dieser Zielsetzung 18 einnahm. So lieferte das Abkommen von Bretton-Woods(1944-1971) den stabilen internationalen Rahmen(natürlich unter der Führung der USA und durch die festen Wechselkurse zum an den Goldstandard gebundenen Dollar, der dadurch endgültig zur Weltwährung wurde), der neue konsensuelle Bedingungen für das Kapitalverhältniss in den jeweiligen Gesellschaften der industriellen kapitalistischen Welt ermöglichte. Dieser Konsens, der die Form der verschiedenen Ausprägungen des Sozialstaates annahm(von der konzertierten Aktion der Sozialdemokratie, die als Neokorporatismus in die wissenschaftliche Literatur einging, bis zu der abgemilderten Form amerikanischer Prägung) ermöglichte eine bis dahin nie dagewesene materielle Distribution. Der soziale Konsens ermöglichte eine bis dahin nie dagewesene soziale Gerechtigkeit und dadurch, sowohl in Europa als auch in Amerika, ein noch nie dagewesenes reales Wachstum der wirtschaftlichen Leistung. Die Folge war die Stabilisierung der Demokratie, ihre Vertiefung durch die Erweiterung der sozialen Inhalte der Rechtsordnung und die Bildung von entsprechenden Institutionen, die endlich in der Konsequenz der Logik des allgemeinen Wahlrechtes standen. Die soziale Ordnung sprengte die Schranken, die die Rationalität des homo oeconomicus ihr auferlegt hatte und materialisierte die Vernunft des Politischen. Zweifellos behielt das Kapitalverhältnis weiterhin seinen Ungleichheitscharakter, aber die Institutionalisierung des Sozialstaates führte zu der Domestizierung(Habermas) der Gewalt des Marktes(primär des Arbeitsmarktes als Kern des Kapitalverhältnisses) und zu der, auch materiell begründeten, Bestätigung des Politischen. Somit kam der Begriff des öffentlichen Interessens und des Allgemeinwohls zur demokratischen Geltung. Das Privatinteresse blieb weiterhin das Fundament der liberalen Ordnung, und prägte als Ordnungsprinzip den Charakter und den Inhalt der demokratischen Rechts- und Wirtschaftsordnung, aber die soziale Bindung seiner Ausführung, seiner Praktizierung wurde als Regulationsprinzip seiner Geltung institutionalisiert. Der revolutionäre Anspruch der doppelten Eigenschaft des Menschen, als bourgeois/citoyen, wurde dadurch weitergehend realisiert. Das private Interesse (des homo oeconomicus) wurde, durch die Anerkennung und Geltung der politischen und sozialen Rechte (durch die aktive und inhaltliche Emergenz des homo politicus), als in der Reproduktion der Gesellschaft integriertes Grundelement des Politischen institutionalisiert (soziale Marktwirtschaft). Die Politik, d.h. die politische Regulierung der Reproduktion des Kapitalverhältnisses auf der Basis seiner konsensuellen Reproduktion, als die gesellschaftliche Reproduktion garantierendes gesellschaftliches(ungleiches) Gleichgewicht, war nicht mehr der Störfaktor des ökonomischen Paradigmas. Der Keynsianische Konsens höhlte die säkuläre Metaphysik des liberalen Paradigmas aus, marginalisierte die Marktradikalität, den Liberalismus des homo oeconomicus, und versöhnte die Politik mit dem Politischen. Ungefähr 30 Jahre lang erlebte das Projekt der Moderne seine tiefgreifende Bestätigung. Die Folge war (zumindest für die industrialisierte Welt) ökonomisches Wachstum, reales Wachstum des BSP, Relativierung der Ungleichheit, Demokratisierung der Entscheidungsprozesse und die Emergenz einer Emanzipationsbewegung, die einer Kulturrevolution der supranationalen Durchsetzung der Menschenrechte als Quintessenz des Projekts der Moderne gleichkam. 19 Die neoliberale Wende. Hintergründe und Konsequenzen Die siebziger Jahre leiteten den Gegenprozeß ein. Das Essentielle dabei war die sogenannte Befreiung der Märkte und der damit verbundene Globalisierungsprozeß. Es ging um die Abkoppelung der Ökonomie vom politischen institutionalisierten (nationalen) Rahmen in dem sie integriert war und ihre Expansion, gleich Verlagerung in das politische Vakuum des supranationalen Raumes als globalisiertes Kapital. Die Globalisierung des Kapitals ging einher und wurde zugleich möglich durch die dadurch entstandene Asymetrie des Verhältnisses zwischen Ökonomie und Politik. Das Politische blieb an die Integrationsordnung des Nationalen gebunden, während das Kapital, befreit von politischen(nationalen) Regulierungsmechanismen, politisch unregulierten Märkten, im supranationalen Raum schuf und sich jeder sozialen Bindung und jedem Verhandlungszwang entledigte. Das Kapital hat sich vom konsensuellen Zwang der Reproduktion des Kapitalverhältnisses befreit. Dies ist eine einfache Formel um die Besonderheit des spekulativen Kapitals zu beschreiben, d.h. um die Eigentümlichkeit des spekulativen Finanzkapitals und dessen Abkoppelung von der realen Wirtschaft zu beschreiben, wodurch die reale Wirtschaft drangsaliert wird und die reale Macht des Finanzkapitals sich durchsetzt. Als entscheidend für diese Entwicklung können wir folgende Gründe benennen, die faktisch gleichzeitig auftreten, weil sie sich gegenseitig beeinflussen: 1. Durch die erste und zweite Ölkrise fand ein internationaler phänomenaler Umverteilungsprozeß statt, zugunsten der Öl produzierenden Länder. Riesige Kapitalmengen wurden dem Produktionsprozeß entnommen und in die Finanzökonomie investiert. Das bedeutet, daß neue Kapitalträger über eine Unmenge von Kapital verfügten und das profitabel investieren wollten(Petrodollars). Dieses Kapital produktiv in den Verarbeitungssektor ihrer Länder zu investieren war für sie keine Option a.) weil in diesen Ländern keine Infrastruktur dafür existierte und b.) weil die Kombination von fehlender Industrialisierung und totalitärer oder autoritärer Machtstrukturen sie zu keinem, oder zu äußerst geringen Zugeständnissen gegenüber der Bevölkerung zwangen, d.h. keine nennenswerten materiellen Zusicherungen des sozialen Konsens schienen ihnen nötig zu sein. Gewalt und Religion genügten um die soziale Ordnung und die Disziplinierung der Bevölkerung zu gewährleisten. So suchte dieses oligarchisch verteilte Kapital international schnelle Profite, die nur über den Finanzmarkt zu gewährleisten waren. Dadurch bekamen die Verwalter dieses Kapitals, Banken und Hedge Funds(die damals noch am Anfang ihres Siegeszuges waren) eine immense Macht, da sie über das von ihnen verwaltete Bargeld, das internationale Börsengeschäft, bald bestimmen konnten. 2. Die Produktionskosten in den entwickelten kapitalistischen Ländern stiegen durch die Kosten des Sozialstaates und obwohl sie eine auch hohe Konsumkapazität in den Industriestaaten bedeuteten, hielten sie die Profitmaximierung des Kapitals in Grenzen, bzw. sie war viel niedriger als die, die in der Finanzbranche mittlerweile erreicht werden konnte. Dadurch beginnt die Mutation der Banken vom Geldlieferanten für die Industrie zu Investitionsbanken auf dem Finanzsektor. Folge davon ist sowohl der Richtungswechsel der Investitionen von der industriellen Produktion in den Finanzsektor, als auch die Verlagerung der Produktion in Länder, die den 20 Sozialstaat und die damit verbundenen Kosten nicht kannten. Noch heute werden 70% der Exporte der Schwellenländer, auch Chinas, von multinationalen Konzernen produziert. Diese Entwicklung in Kombination mit der eigenen Exportindustrie der Länder, die im internationalen Wettbewerb aktiv wurden (zuerst Japan, das im Rahmen einer langfristigen Strategie der Beherrschung des internationalen Marktes die Kosten senkte, und dann die sogenannten Tiger Ostasiens, die bald sehr agressiv mitspielten) begann an den Grundpfeilern des Sozialstaates zu rütteln. Die Regierungen von Thatcher und Reagan leiteten die Demontage des Sozialstaates ein. Weniger Staat, also weniger Sozialstaat und Deregulierung wurde langsam zur herrschenden Ideologie. Die Kosten des Sozialstaates wurden zum Schuldigen der Einschränkung der Konkurrenzleistung der entwickelten Industrieländer erklärt. Zwar führte der Konkurrenzkampf im Rahmen des Kapitalverhältnisses zu einem phänomenalen technologischen Schub(Intensivierung der Arbeit durch Technologie, Produktivitätsmaximierung durch den Einsatz von automatisierten computergesteuerten Produktionsprozessen etc.), aber gleichzeitig wurden durch Technologie und Produktionsverlagerung, die in den dreißig Jahren nach dem II Weltkrieg erreichten sozialen Gleichgewichtsverhältnisse im Rahmen des Kapitalverhältnisses, zuerst destabilisiert und dann demontiert. Die phänomenale technologische Innovation, kombiniert mit der Verlagerung der Produktion, ebnete den Prozeß des Jobless Growth in allen entwickelten Industrienationen und beschleunigte die Umkehrung der erreichten Umverteilung und dadurch die Vertiefung der sozialen Ungleichheit. So wurde z.B. die Inflationsentwicklung der 70ger Jahre vorallem(in den USA) durch Kostenreduzierung mittels deflationären Ungleichheitsstrategien überwunden. Bald und nach der entscheidenden Krise der Tiger Ostasiens 1997/98 übernahm China die zentrale Rolle bei dieser Industrie und Produktionsverlagerung, gefolgt von der Emergenz der anderen sogenannten Schwellenländer, die unter der Bezeichnung BRIC-Staaten die Neustrukturierung der internationalen Arbeitsteilung bestimmen. Diese Entwicklung hatte und hat eine weitere Konsequenz für die sozialen Machtverhältnisse in den westlichen Industrieländern. Die Verlagerung der Produktion in das totalitäre China und in andere, mehr oder minder undemokratische oder schein demokratische Staaten, wo Traditionalismus, Korruption, Armut, vormoderne Machtstrukturen etc., die falls vorhandene(Indien), formelle demokratische Strukturen in eine leere Hülle degradiert haben, hatte eine entscheidende Konsequenz für das Kapitalverhältnis. Die Notwendigkeit der Domestizierung der Gewalt des Marktes, erzwungen durch die Nachkriegsbedingungen der Reproduktion des Kapitalverhältnisses, wurde durch den Verlagerungsprozeß obsolet. Das Kapital war nicht mehr gezwungen Zugeständnisse zu machen. Der zweite Pol des Kapitalverhältnisses, bald sogar geographisch vom ersten Pol getrennt, wurde, vor allem politisch, quasi marginalisiert. Unter dem gewaltigen Druck der industriellen Reservearmee der armen Landbevölkerung und unter den immensen Disziplinierungsmechanismen der totalitären oder autoritären Staaten in denen jetzt der zweite Pol des Kapitalverhältnisses in einem ausschlaggebenden Umfang instaliert ist, kann eben dieser zweite Pol keine Bedingungen stellen, kann keine Verhandlungsposition beziehen, um die Ungleichheit des Kapitalverhältnisses zu relativieren. 21 Er ist der zweite monumentale Sarkasmus der Geschichte(der erste war die Realisierung der Diktatur des Proletariats als Diktatur über das Proletariat), daß der Kommunismus(also der Totalitarismus der KP Chinas) zur essentiellen Garantie der Ungleichheit des Kapitalverhältnisses wurde. In den Worten von Jin Liqun, Aufsichtsratvorsitzender der China Investment Corporation, des mächtigen chinesischen Staatsfonds: “Die Wurzel des ganzen Ärgers(in den westlichen Industriestaaten) sind der überbordende Sozialstaat...und die faul und träge machenden Arbeitsgesetze. Die Menschen müssen härter und länger arbeiten”. (Die Zeit, No 43, 20.10.2011, S.26). Die Politik ist – außerhalb der alten Industrieländer- kein Störfaktor. Im Gegenteil, sie wird zum entscheidenden Faktor der Reproduktion des internationalen Kapitals und seiner Profitmaximierung auf der globalen Ebene, die Politik eben als Praxis gegen den Demokratisierungsprozeß, als Negation des Politischen. Gleichzeitig begünstigt diese Disziplinierungsfunktion der autoritären oder semiautoritären Staaten, den Verlagerungsprozeß der industriellen Produktion und schmälert dadurch rapide die Verhandlungsposition des zweiten Pols des Kapitalverhältnisses in den alten Industrieländern. Und das entweder durch die tatsächliche Verlagerung der Produktion, die der arbeitenden Bevölkerung jegliche materielle Verhandlungsbasis raubt, oder durch die ausgesprochene oder unausgesprochene Drohung der Verlagerung(Das betrifft z.B. Deutschland. In Deutschland wurde der angelsächsische Weg nicht befolgt. Die industrielle Produktion wurde in einem hohen Maße nicht verlagert(Die Logik des sogenannten “Ruhr-Kapitalismus”), was hauptsächlich den Bereich des industriellen Mittelstandes betrifft, aber die Option der Verlagerung vorallem in den ex-sowjetischen osteuropäischen Raum ist immer präsent). Zwar bleiben die entscheidenden Technologie-Zentren in den westlichen Industrienationen beheimatet und sind für die noch existierende Vormacht des Westens entscheidend, aber a.) die technologische Implementation der wissenschaftlichen Innovation wird mittelfristig auch in diesem Bereich die Verhältnisse ändern. Die Innovationskette: Forschung – Wissen – technologische Anwendung(Produktion) – Wissen spricht eher dafür, daß auch hier eine, diesmal nicht beabsichtigte, Verlagerung stattfinden kann. Dazu kommt, daß das kapitalkräftige China durch den Kauf von westlichen Investitionsgütern, Firmen und westlichen Verarbeitungsindustrieanlagen den Prozeß beschleunigen wird, da dadurch auch das wissenschaftlich-technische Know How gekauft wird. Hinzu kommt, daß die Staatsverschuldungskrise der Eurozone chinesisches Kapital für den Kauf von Staatsanleihen braucht, was zu der Akzeptanz von Bedingungen führen wird, die u.a.den oben genannten Prozeß beschleunigen wird. b.) dies hat keinen Einfluß auf das Wachstum ohne Beschäftigung. Zwar wird eine Zahl von hochbezahlten Wissenschaftlern, Designern etc. in den westlichen Industrienationen vorerst bleiben, aber die Produktion findet woanders statt, wodurch die Zahl der Arbeitslosen im Westen wächst. Diese Entwicklung wird durch eine zweite Konsequenz der Globalisierung und der Verlagerung der Produktion ergänzt. Trotz künstlich gehaltener Unterbewertung des Yuan (Remnibi), was natürlich auch die in China produzierenden multinationalen Konzerne(70% der chinesischen Exporte werden durch diese Konzerne produziert)unterstützen,die die interne 22 Konsumkapazität einschränkt und das Land zur größten Exportnation der Welt verwandelt, wächst die Konsumkapazität der neuen Mittelschichten. Diese neuen Mittelschichten, deren Entwicklung die größte politische Gefahr für das kommunistische System zumindest potentiell bedeutet, ersetzen um das Vielfache, die verlorenen Konsumenten in den westlichen Industrieländern. 3. Das Volumen des international zirkulierenden Finanzkapitals (1), die Veränderungen des Welthandels und der intenationalen ökonomischen Konkurenz (2)schon Ende der 60ger Jahre/Anfang der 70ger Jahre, aber auch ganz konkret die immensen Kosten des Vietnamkrieges, hatten die amerikanische Regierung gezwungen, den Dollar vom Goldstandard abzukoppeln und die Konvertibiliität der Währungen zum Dollar frei zu lassen. Dadurch wurden die festen Wechselkurse abgeschafft, der Spekulation über die Wechselkurse der Währungen Tür und Tor geöffnet und das Abkommen von Bretton-Woods für beendet erklärt. Somit war das Ende der post- Kriegs Stabilität, die das Bretton-Woods Abkommen gewährleistet hat, beendet und damit auch der internationale Regulierungsrahmen, der in den jeweiligen nationalen Gesellschaften den Sozialstaat möglich gemacht hat. New Deal und Sozialstaat treten zurück, um erneut dem Paradigma des effizienten Marktes, der Selbstreferenzialität und der Autopoiese des unfehlbaren Marktes Platz zu machen. Die Politik muss sich erneut der säkularen Metaphysik des unfehlbaren Marktes unterstellen. Der eigentliche Störfaktor Politik, also die Politik als Medium der Konstitution und Reproduktion des Politischen, ist unter den neuen Bedingungen auf wundersame Weise aufgehoben. Politik als Prozeß der Domestizierung der Gewalt des Marktes ist nicht mehr nötig bzw. sie wird als solche vom Geschehen verdrängt. Das Kapitalverhältnis braucht nicht mehr, oder immer weniger, den Konsens der sogenannten Sozialpartner als Voraussetzung seiner Stabilisierung und Reproduktion. Für die Disziplin in der industriellen Produktion sorgt der Totalitarismus des realen Kommunismus in Kombination mit dem Druck der immensen industriellen Reservearmee der Landbevölkerung und mit der realenPerspektive der absoluten Armut zu entgehen. Diese Entwicklung sorgt gleichzeitig für die Herrstellung des entsprechenden Konkurrenzdrucks, der für die nötige Diszipinierung der noch existierenden industriellen Produktion in den westlichen Industrieländern notwendig ist. Durch Verlagerung, und der dadurch entstandenen auch internen Disziplinierung der sozialen Forderungen, wird das Kapital von jeglicher gesellschaftlichen Bindung befreit. In seiner “ reinsten” Form als spekulatives Finanzkapital, kann es global agieren, ohne sich den Zwängen des Kapitalverhältnisses, das den entwickelten Nachkriegs-Industriekapitalismus spezifisch charakterisiert hat, unterzuordnen. Das Privatinteresse kolonisiert erneut das öffentliche Interesse indem es sich seiner Zielsetzung unterordnet. Das Gemeinwohl folgt dem Untergang des keynsianischen Sozialvertrages. Es wird obsolet bzw. privatisiert, d.h. es wird den dadurch entstandenen Bedingungen des Marktes unterstellt und somit von den Interessen des Marktes abhängig. Die klarste und gleichzeitig die brutalste Form der Einkommensumverteilung, die durch diese Entwicklung realisiert wurde, findet sich in der massiven Veränderung der Steuerleiter zu Gunsten einer reichen Minderheit. Das Finanzkapital wird faktisch kaum mehr besteuert. Es setzt sich auch dadurch vom Politischen ab. 23 Die erneute Herrschaft des Finanzkapitals. Der Marktradikalismus Der entscheidene Wendepunkt war die Annullierung des Glass Steagall Gesetzes von 1933 im Jahre 1999 von der Regierung Clinton, also die Abschaffung der Trennung der einfachen Banken(der Banken, die Ersparnisse konzentrieren und Geld an Unternehmen und Haushalte leihen) von den Investitionsbanken(Investment Banks). Dadurch konnte die eigentliche Party beginnen. Die Verdrängung des Sozialstaates, die Herabsetzung der Produktionskosten, im Rahmen der Globalisierung der Produktion, bei einer rapiden Verbreitung der Konsumkapazität durch die Integration der Schwellenländer auf dem Weltmarkt und einer, künstlich über Kredite gewährleisteten, hohen Konsumkapazität in der westlichen Welt(die rasanten Profite der chinesischen Wirtschaft werden in amerikanischen Staatspapieren angelegt, wodurch ein kontinuierliches Wachstum der Konsumkapazität auf Pump in den USA ermöglicht wurde) ermöglichen immense Profite die jetzt - sozial ungebunden -in den Finanzsektor investiert werden. Die Banken mutieren in Investitionsbanken und gefolgt von den Hedge Funds(deren globaler Charakter auch von den Investitionsbanken übernommen wird) investieren nicht mehr in die Produktion sondern in das Finanzsystem selbst. Das Finanzkapital investiert in das Finanzkapital. Damit das möglich wird reichen Aktien und Währungsgeschäfte(durch die Befreiung der Wechselkurse ermöglichte Währungsspekulation) nicht mehr. Neue Finanzprodukte werden ausgedacht und erschaffen oder alte schon existierende Beiprodukte des Finanzgeschäfts treten in den Vordergrund und bilden das Zentrum der Finanzinvestitionen. Die “Finanzindustrie“ produziert ihre “innovativen“ Produkte: Derivate, options(to sell or to buy), leverages, Verbriefung von Krediten, Verbriefung von Hypotheken, undurchsichtige Zusammensetzung von Finanzprodukten, Kreditausfallversicherungen, (CDS‘s, CDÖ ‘s) etc. Die Zeit der Mathematiker war gekommen. “Innovative“ Finanzprodukte werden kreiert und die Rating Agencies garantieren ihren Wert. Die Autopoiese des Systems erreicht einen tatsächlich historischen Höhepunkt. Das Paradigma des fehlerfreien effizienten Marktes, befreit von der Störung des Politischen, erreicht seine säkulare Offenbarung. Der Exostrakismus der sozialen Dimension, die Verdrängung des Politischen ermöglicht die Reinheit des Paradigmas. Die Welt als Differenzialgleichung kennt keine Krisen, keine Störung. Wahrscheinlichkeitsrechnungen exilieren jede Wahrscheinlichkeit von Gefahr. Die Formeln, die mathematischen Instrumente die man jetzt zur Verfügung hat mit Hilfe der Computertechnologie, garantieren die Fehlerfreiheit. Die Mathematisierung der unsichtbaren Hand lässt den ursprünglichen einfachen liberalen Grundgedanken zur gesicherten Konstruktion der Zukunft mutieren. Die Zeit ist für den Profit entscheidend, da alles sich auf die Berechnung der zukünftigen Folgen jeder Finanztransaktion stützt. Die Daten der Vergangenheit des ökonomischen Verlaufs werden in mathematischen Formeln systematisiert und in die Wahrscheinlichkeitsrechnung integriert, damit die gegenwärtige Zukunft, die gegenwärtig errechnete Zukunft, die zukünftige Gegenwart(Vogl) fest und sicher berechnen kann. Die Black-Scholes Differenzialgleichung ist vielleicht die berühmteste Formel dieses Anspruchs der Fesselung der Zukunft. 24 Das Paradigma ist(politisch) rein und deswegen fehlerfrei, weil es in sich ruht und sich selbst produziert. Somit scheint es die reale Welt zu beherrschen, ja mit ihr(und mit ihrer Zukunft), identisch zu sein, da das Politische und somit die Gesellschaft aus dieser Realität verbannt wurde, dank einer Politik, die das Politische als irrationalen Störfaktor akzeptiert hat. Die reine Vernunft des Marktes, ausgedrückt und beschrieben durch die reine Vernunft der mathematischen Formeln, kann endlich, als herrschendes Paradigma, die Irrationalität des Politischen, die mehr als dreißig Jahre, in der Ära des Keynsianismus die ungehinderte Geltung des Marktparadigmas verhindert hat, aus der Logik des Kapitalismus verbannen. Das selbstreferenzielle und sich selbst produzierende Finanzkapital hat die beste aller (Finanz)Welten geschaffen. So konnte es ein derartiges Volumen erreichen, so daß seine Irrationalität nicht mehr kontrollierbar war und deswegen schließlich 2007/2008 implodierte. Nach Berechnungen des IWF erreichte 2010 das Volumen der Devisengeschäfte 995 Billionen Dollar, das Volumen der außerbörslich gehandelten Finanzdevirate 601 Billionen, das Volumen der gehandelten Aktien und Bonds 87 Billionen, während der Wert aller produzierten Güter und Dienstleistungen, also das Brutoinlandprodukt weltweit 63 Billionen Dollar ausmachte. (Der Spiegel, Nr.34, 27.8.2011 S.60 ff) Die gemäß dem Marktparadigma für unmöglich gehaltene Krise trat unerwartet(da durch die Wahrscheinlichkeitsrechnungen abgeschafft) ein und ließ die Konstruktion der besten aller Welten des Finanzkapitals zusammenbrechen. Das global agierende Finanzkapital suchte dann die einzige mögliche Rettung, eine ihm äußere Rettung, die Rettung durch die Aktivierung des Politischen. Die sichtbare (gesellschaftliche) Hand mußte die Folgen der Irrationalität der mathematisierten reinen Vernunft der unsichtbaren Hand tragen, um den Zusammenbruch zu verhindern. 1929 fand sich im Jahr 2007/2008 wieder und es dauert noch an. Die Asymetrie der Weltwirtschaft, die durch die Durchsetzung der Politik der Ungleichheit entstanden ist und die Ungleichheit selbst machten diese für die Wahrscheinlichkeitsrechnungen des reinen Marktparadigmas so unwahrscheinliche Krise nicht nur wahrscheinlich, sondern äußerst real. Der Weg in die Bankenkrise von 2007/2008 Die Politik der Ungleichheit wurde in den USA durch die Regierungen unter Reagan eingeleitet und erreichte ihren Höhepunkt in der Ära von George W.Bush . Das Finanzkapital, befreit von den Zwängen der Reproduktion des Kapitalverhältnisses, erreichte und überschritt die Hyperkonzentration des Reichtums, die das “Gilded Age”, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, charakterisierte. 1% der Bevölkerung kontrollieren über die Hälfte des Aktienund Wertpapierhandels, besitzen c.a. 40 % des Privatvermögens, eignen sich 65% aller Einkommenszugewinne an und werden faktisch kaum besteuert, bei einem Steuersatz, der für die Einkommen über 250.000 Dollar im Jahr um die 17% pendelt. (z.B. die 400 reichsten Amerikaner besitzen mehr als die ärmere Hälfte der Bevölkerung, also mehr als 155 Mill. Menschen). Gerade die Steuerleiter ist der Spiegel a.) der Befreiung von den Sozialzwängen des 25 Kapitalverhältnisses, b.) der Verbannung des Politischen (Zusammenbruch der sozialen Solidarität als Kohärenzmedium der Gesellschaft) und c.) der dadurch erfolgten Verkümmerung des Sozialstaates und des Gemeinwohls in seiner gesamten Dimension, da auch kaum öffentliche Investitionen mehr realisiert werden. Auf die Dauer läßt sich aber eine derart gestaltete Ungleichheit durch traditionalistische Ideologeme nicht aufrechterhalten. Religion, Nationalismus, Rassismus eignen sich immer als reaktionäre Integrationsideologeme, da sie paranoide Feindbilder und narzistische Identitätskonstruktionen produzieren oder aktualisieren, um Machtkonstellationen durch religiöse, nationalistische oder eugenische Mythen zu legitimieren und/oder sie als solche unscheinbar zu machen. Die erreichte soziale Ungleichheit ist aber derart materiell, daß sie insbesondere unter demokratischen Verhältnissen wobei Wahlen gewonnen werden müssen -auch materiell verschleiert bzw. akzeptabel werden muß. Diese, prima facie, Quadratur des Kreises, wurde über die Folgen der Asymetrie der globalen Wirtschaft gelöst. Die immensen Gewinne der Schwellenländer (hauptsächlich China), durch die Verlagerung der industriellen Produktion und der internen Disziplinierung der Arbeiterschaft, wurden hauptsächlich in amerikanischen Staatspapieren, also Schuldscheinen des amerikanischen Staates angelegt, was über die FED(amerikanische Zentralbank) die Liquidität der amerikanischen Ökonomie ankurbelte. Der amerikanische Staat wurde durch die Auslandsverschuldung finanziert, was zwei Kriege bei extrem niedriger Besteuerung ermöglichte und der Hyper-Konzentration des Reichtums keine steuerlichen, bzw. politischen Hürden stellte, während die FED, gedeckt durch den so entstandenen Kapitalimport die Geldpresse ansetzte und den Leitzins ganz niedrig hielt. Die dadurch und durch den Wertpapier und Derivatenhandel gesicherte Liquidität der Banken ermöglichte die massive Kreditvergabe, die angespornt durch die Kredite der staatlich gelenkten Fannie Mae und Freddie Mac(Federal/National Mortgage Association und Federal Home Loan Mortgage Corporation)die Illusion des Reichtums aller durch die Effizienz des Finanzkapitalmarktes erzeugte. Die Verbriefung der Hypotheken erweiterte die Derivatenproduktion und den Wertpapierhandel ins Unvorstellbare und das ohne irgendwelche Vorsichtsmaßnahmen, da schließlich, nach der Logik des herrschenden Paradigmas, die in dem gesamten Spektrum der Finanzspekulation erzielten Preise, die Information über die reale Welt und ihre Zukunft reflektierten und durch Differenzialgleichungen die Berechnung der Zukunft für immer abgesichert schien. So wurde das Wunder vollbracht. Ohne Einkommensumverteilung, ja sogar bei einer ständigen realen Einkommensumverteilung zu Gunsten der Reichsten, wurde durch Kredite, Wohlstand für alle gewährleistet. Der amerikanische Konsument wurde Konsument der Weltproduktion und fast dreißig Jahre lang die Stütze der Weltproduktion. Gleichzeitig entstand ein phänomenaler Bauboom in den USA, da praktisch jeder über Kreditannahme Hauseigentümer werden konnte, und über Hypotheken Spekulation sich auch bereichern zu können glaubte. Der Bauboom ließ die Häuserpreise und die Höhe der Hypotheken wachsen, wodurch der Massenkonsum möglich wurde. Die Implosion des kreditgestützten Wohlstandsbooms 26 Dieser Wohlstand auf Pump brach 2006/2007 zusammen. Über 12 Millionen Menschen konnten ihre Hypothekendarlehen(aber auch Kreditkartendarlehen und Autoleasingverträge) nicht mehr bezahlen. Die Realität der sozialen Ungleichheit und der Rückgang der Produktion machten ihre Präsenz brutal geltend. Die Blase des Immobilien- und Hypothekenmarktes platzte und zog das gesamte System der auf Verbriefung von Hypotheken und Immobilienkrediten gestützten Derivate mit sich. Das globale Bankensystem drohte zu kollabieren, da die Banken auf einer Unmenge von faulen Krediten saßen, die ihre Investitions- und Spekulationsgeschäfte stützten. Die Politik der Ungleichheit hat, über 30 Jahre mit Erfolg, den Rahmen für die virtuelle Realität des fehlerfreien Marktes und somit die Realität der Konzentration des Reichtums zu sichern versucht. Bis 2007/2008 schien die gesellschaftsabgehobene Autopoiese des Marktes zu funktionieren. Die mathematisierte unsichtbare Hand funktionierte, weil die sichtbare Hand der Politik die Reproduktion der Ungleichheit sicherte, bis sie unkontrollierbar wurde. Jetzt mußte der Staat, also die Politik die Ökonomie retten. Die Banken mußten gerettet werden, weil sonst die gesamte Wirtschaft zusammenbrechen würde. So mußte der Staat agieren. Er mußte agieren, aber nicht durch die Aktivierung seiner sozialstaatlichen Regulierungs-Dimension, also nicht durch Maßnahmen, die die Ungleichheit relativieren würden, um die Quelle der Krise zu bekämpfen. Er mußte nicht als Sozialstaat sondern als Bankenrettungsstaat agieren. Er mußte die Verluste sozialisieren aber keine Bedingungen stellen. Der Steuerzahler, eigentlich die Gesamtgesellschaft, mußte die Kosten übernehmen. Dadurch sollte aber keine gesellschaftliche Verhandlungsposition entstehen. Staatsinterventionismus war plötzlich verlangt, um die Banken und das Finanzsystem zu retten, aber daraus sollte keine Domestizierung der Gewalt des Marktes folgen. Dies mußte mit allen Mitteln verhindert werden. Schließlich, nach der Vergesellschaftung der Verluste, würde das Paradigma des effizienten Marktes erneut wunderbar funktionieren. Diesmal sogar effektiver als vorher, da man jetzt wußte, daß unvorhergesehene Verluste durch dem Paradigma äußeren Faktoren (Gesellschaft) eliminiert werden konnten, wodurch seine Reinheit noch klarer herausgestellt werden könnte. Die Abwehr einer keynsianischen Lösung. Die amerikanische Paralysis Dieses Ziel erklärt auch die massive konzertierte Aktion(Republikanische Partei, Tea Parties, Oberstes Verfassungsgericht, Lobbies ect.) gegen die Regierung Obama. Die Wahl von Obama signalisierte die Gefahr des Politischen. Sie signalisierte die Gefahr der Emergenz der Politk erneut als Störfaktor des Marktparadigmas. Die Rettung der Banken war die einzige akzeptable „keynsianische“ Politik. Regulierung der Banken und der Finanztransaktionen, Veränderungen der Steuerleiter, Besteuerung der Finanztransaktionen(Tobin Steuer), sozialstaatliche Maßnahmen (Obamacare) und Konjunkturprogramme bedeuteten Umverteilungsstrategien, die mit allen Mitteln verhindert werden mußten. Gleichzeitig bedeutete die Rettung der Banken eine immense neue Verschuldung des Staates, die ein neues zentrales Spekulationsobjekt angeboten hat. Diese wurde aber eher in Europa zum neuen Spekulationsziel, da die E.U. ihren Handlungsspielraum durch den Vertrag von Maastricht eingeschränkt hat. 27 In den Vereinigten Staaten, um sozialstaatliche Entwicklungen zu verhindern, hat die konzertierte Aktion der Rechten und der ökonomischen Oligarchie in ihrem Kern das politische System paralysiert. Durch die sogenannte “filibustermajority“und die Parlamentarisierung der amerikanischen Präsidentialdemokratie, die in der George W.Bush Ära erfolgte, ist das System der checks and balances und der überparteilichen konsensuellen Entscheidungen zusammengebrochen. Die massive Frontstellung in allen Bereichen der Meinungsbildung und der Machtausübung hat ein zentrales Ziel: die Aufrechterhaltung und die Reproduktion der Politik der Ungleichheit, egal was das für Folgen für die USA und ihrer Stellung in der Welt haben wird. Eine Neubestimmung der Rolle der USA in der Welt ist sowieso außerhalb des Horizonts der tea-parties und deren paranoiden Isolationismus und steht im Endeffekt im Gegensatz zu den Privatinteressen der ökonomischen Oligarchie, weil dies die Relativierung ihrer Position bedeuten würde. Um die Aufrechterhaltung der Politik der Ungleichheit zu erreichen, muß das Obama Experiment mißlingen. Die Wucht der Agression gegen Obama ist leicht zu erklären. Der Versuch New Dealmäßige und sozialstaatliche Entscheidungen zu treffen, die massive Ungleichheit der Steuerleiter zu brechen, das Finanzgeschäft zu regulieren (der Versuch die Abschaffung des Glass-Steagal Act rückgängig zu machen), den Schutz der Konsumenten zu institutionalisieren (Elisabeth Warren) und über Konjunkturprogramme die Produktion und die Produktivität der Wirtschaft zu beleben, bedeutet den Kern der Politik der Ungleichheit zu treffen. Deswegen grenzt die Reaktion auf die Politik des Präsidenten nicht an Hysterie, sie ist regelrecht hysterisch geworden. Von der Paranoia der tea party Bewegung bis zum Schwur jede Anhebung der Steuer für die Reichen zu verhindern, den die Abgeordneten und die Senatoren der Republikanischen Partei geleistet haben und bis zu der Absurdität der parteiischen (ja klassenmäßigen) Interpretation der Verfassung durch die Gerichte (Gleichstellung der juristischen und der natürlichen Person durch das Oberste Verfassungsgericht der USA, was die Finanzierung der Wahlkampagnien grundsätzlich verändert hat, Erklärung jeder Regulierungspolitik für verfassungswidrig, Interpretation der Gleichheit als den absoluten Gegenpol der Freiheit um u.a. die Meinungsfreiheit durch angebliche Einschränkungen zu stärken, Einschränkungen der individuellen Freiheiten durch die Legalisierung von entsprechenden Maßnahmen des Ministeriums für Innere Sicherheir etc.),ist das gesamte Spektrum der Reaktion, finanziert von den Lobbies der ökonomischen Oligarchie, in vollem Gange. Das eigentliche Ziel ist die Wahl von 2012, aber der erste Schritt dahin scheint schon erreicht zu sein. Schon bröckelt die Aura des Präsidenten und damit die Zielsetzung seiner Politik ab. Die verschiedenen Formen der konzertierten Aktion der Reaktion, die den Marktradikalismus mit allen Mitteln aufrechthalten will, hat schon Erfolge. Die Lähmung des Systems zwingt Obama durch Kompromisse das Mögliche, wie auch immer bescheiden, zu verfolgen. Das führt zur großen Enttäuschung. Entäuschung heißt Wahlabstinenz seiner Unterstützer von 2008. Die “Öccupy Wall Street“- Bewegung rückt zwar plötzlich das Problem der oligarischen Struktur der Gesellschaft- und nicht nur der amerikanischen- ins Rampenlicht, aber sie ist mehr ein Ausdruck der Enttäuschung als ein wahlpolitischer Faktor, der die nächsten Wahlen beeinflussen und die Übernahme auch der Präsidentenschaft durch die Reaktion verhindern könnte. Trotzdem ist das Spiel 28 noch nicht ausgespielt. Der Kern des Problems ist in den Vordergrund getreten: Solange die Ungleichheit nicht angetastet wird, wird das Politische weiterhin verbannt und die Bedingungen der Krise werden reproduziert. Es geht und das ist die große Gefahr, um die Aufrechterhaltung oder den Niedergang der Demokratie in Amerika. Die europäische Abwehr der keynsianischen Lösung Das betrifft natürlich auch Europa. Auch in Europa hat die Bankenkrise von 2007/2008 zu einer immensen Verschuldung der Staaten geführt, die die Banken retten mußten. Auch in Europa hat die Politik der Ungleichheit und der Übermacht des Finanzkapitals die gesellschaftlichen Strukturen verändert. Der Richtungswechsel der Spekulation des Finanzkapitals, das jetzt die Verschuldung des europäischne Staates im Visier hat, versucht die sozialstaatliche Zivilisation Europas zu zertrümmern. Aber die Paralysis des politschen Systems nimmt in Europa, vor allem in der Eurozone, andere Formen als in Amerika an. Der Grund liegt a. )in den politischen Defiziten des Maastricht-Vertrags und b.) in der antikeynsianischen, monetaristischen Logik des Vertrages, dessen Hauptziel die Kontrolle der Inflation mittels der Zinspolitik und der restriktiven Kontrolle des Geldumlaufs in der Währungsunion, die die zentrale Aufgabe der EZB, nach dem Modell der Bundesbank ist, umrahmt von der antikeynsianischen Bremse der 60% und 3% Regel(Die Staatsschuld darf nicht die 60% des BIP überschreiten und das Haushaltsdefizit nicht die 3%). Vergessen wurde dabei, daß das Modell der Bundesbank so effektiv funktioniert hatte, weil der bundesdeutsche Staat ein Finanz- und ein Wirtschaftsministerium hat, was die Finanz- und Wirtschaftspolitik reguliert, worüber die Eurozone nicht verfügt. Das wurde natürlich nicht “vergessen”. Es war die Konsequenz des Tatbestandes, daß, trotz europäischer Integrationsvisionen und tatsächlichen institutionellen Integrationsschritten, das Primat des Nationalstaates nie aufgegeben wurde. Eine Währungsunion sollte entstehen, aber keine wirtschafts- und finanzpolitische Union, weil sie zwangsläufig tiefer gehende, grundlegende und spezifische Schritte der Überwindung der nationalen Souverenität konsolidieren würde. Zu diesem Schritt waren weder die nationalen Gesellschaften der Union, noch ihre politischen Führungen bereit(Die spätere plebiszitäre Ablehnung der europäischen Verfassung, die zum Lissaboner Vertrag führte, ist der klarste Beleg für diese Haltung). So entstanden, oder wurden nicht überwunden, Diskrepanzen, Antinomien und Asymetrien, die nach dem Ausbruch der globalen Krise (eigentlich des Westens) das europäische Integrationsprojekt am Rande des Zusammenbruchs geführt haben. Die Krise als Schulden-, Banken - und Produktionskrise kann mit den existierenden Instrumenten der Eurozone nicht bewältigt werden. Nur die “Identitätsänderung” der EZB und ihre Verwandlung in eine europäische FED, die Rekapitalisierung der systemrelevanten europäischen Banken (die auf Unmengen von toxischen Derivaten und toxischen Staatspapieren sitzen) durch die EZB und die massive Bekämpfung der Investitionskrise (mittels der EIB, der sogenannte europäische Marschall Plan), könnte die herrschende Lähmung und die Vertiefung der Krise überwinden. Aber radikale Integrationsschritte und entsprechende Veränderung der Verträge, also eine neue Identität der Eurozone 29 ist anscheinend gesellschaftlich nicht tragbar. Deswegen wiederholen sich die Spitzengipfel, die zu flicken versuchen, was nicht zu flicken ist. Die deutschen Lösungsversuche. In Deutschland, nach der Einführung des Euro (die eigentlich als die Bedingung der Akzeptanz der Wiedervereinigung aufgefasst wurde, was sie zweifellos auch war), wurde eine kontrollierte und geordnete Politik der Ungleichheit (Agenda 2010), bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der industriellen Kapazität der deutschen Wirtschaft, folgt. Das führte dazu, daß die Konkurenzkapazität gestärkt wurde und die deutsche Wirtschaft ihren industriellen Charakter behielt, was wiederrum den “geordneten” Charakter der Politik der Ungleichheit ermöglichte und Deutschland als Produktionsstätte Europas bestätigte. Die Konsequenz war, daß die industrielle Produktion genug Profite abwarf um kombiniert mit der erzielten Ungleichheit (Hartz 4, Mini Jobs, Leiharbeit, Dumpinglöhne, Umverteilung durch die Steuerleiter) weiterhin attraktiv für das Kapital blieb. Gehälter, Löhne und Renten blieben faktisch stabil, d.h. sie profitierten von dem erfolgten Aufschwung kaum, wodurch der Konkurenzvorteil wuchs und die dadurch erzielte Profitmaximierung Investitionen in die industrielle Produktion anlockte und die Abwanderung des Kapitals in die Investitionsbanken in Grenzen hielt. Dadurch wurde die amerikanische und englische Entwicklung vermieden(Die Deutsche Bank z.B. mit mehr als 80% ihres Geschäftsvolumen in dem Investitionsbanksektor ist keine deutsche Bank mehr, sondern eine internationale Investmentbank, da sie mit nur 4% ihres Geschäftsvolumens die deutsche Industrie unterstützt ). Entscheidend für diese Entwicklung waren die Großen der industriellen Produktion(Autos, Maschinen, Chemie) , die natürlich auch international massiv investieren und produzieren aber vorallem der industrielle Mittelstand, der durch seine Gewinne und seine Investitionsstrategie (Reinvestition der Profite), seine Unabhängigkeit gegenüber den Banken beibehalten hat und den wichtigsten Rückhalt für die bescheidenen Versuche der Bundesregierung dem Bankkapital auf Augenhöhe zu begegnen, liefert. Man darf auch nicht vergessen, daß die deutsche Industrie die wichtigsten international geltenden Statussymbole des individuellen wirtschaftlichen Erfolges produziert, wodurch der individuelle soziale Aufstieg öffentlich belegt wird. Vom Golf bis zum Rolls Royce liegt mittlerweise die ganze Palette der als Statussymbol geeigneten Autoproduktion in den Händen der deutschen Industrie. Die geordnete Politik der Ungleichheit erreichte ein doppeles Ergebnis. Sie ermöglichte, sowohl die Konzentration des Reichtums, die inzwischen die größte in der bundesrepublikanischen Geschichte ist aber nicht die Hyperkonzentration der USA erreicht hat, als auch einen nicht schockartigen Rückgang des Sozialstaates, bei niedriger Arbeitslosigkeit, der durch seinen allmählichen und fragmentienten Charakter die politische Auseinandersetzung nicht bestimmen konnte. Im Gegenteil, die dadurch erzielte bessere soziale Situation in Deutschland, oder zumindest das bessere -im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern - Bild der sozialen Situation des Landes in der Öffentlichkeit, unterstützt eher den ökonomischen Nationalismus, der sich in der 30 Angst vor dem angeblich drohenden Verlust des Erreichten , durch eine größere Einbettung in Europa, ausgedrückt wird. Nur die Alterung der deutschen Gesellschaft scheint ein bedrohliches Problem zu sein, das die “geordneten” Verhältnisse ins Wanken bringen und den kontrollierten Rückgang des Sozialstaates gefährden kann. Man darf auch nicht unterbewerten, daß die Wiedervereinigung, also die Integration Ostdeutschlands, die Kombination von sozialer Disziplin, produktiven Investitionen und “logischer”Ungleichheit (die Situation der Bürger der ex DDR) salonfähig gemacht hat, was die Politik der Ungleichkeit verschleiert oder als nationale Notwendigkeit erscheinen ließ. So wurde Deutschland das China Europas. Der Überschuß Deutschlands bedeutet im Rahmen des europäischen Marktes das Defizit des konkurrenzschwachen Südens. Dies hatte vorerst keine Explosivkraft. Die stagnierende oder rückgängige Produktion (Italien, Frankreich) bei massiver Umverteilung zugunsten der Reichen, hatte keine Folgen für das Durchschnittseinkommen der Bevölkerung und die Ungleichheit der Steuerleiter wuchs, ohne vom dramatischen Anstieg der Armut gefolgt zu werden. Die billigen, als AAA bewerteten, Kredite der Eurozone, gesichert von der deutschen (echten) und gesamteuropäischen (Schein), Stabilität, finanzierten über die Staatsverschuldung, die Konsumkapazität und den Wohlfahrtstaat. Gleichzeitig, die Euphorie der Finanzspekulation(Investmentbanks in Island und Irland als extreme Beispiele, aber auch in Frankreich und in Deutschland und der Bauboom in Spanien) erzeugten einen ungleichen Wohlstand auf Pump, der in Griechenland seine absurdesten Formen annahm.(Ein Steuersystem, das bei weitem die Steuerungleichheit der USA überschritt als Ergebnis von Steuerimmunität, Steuerhinterziehung und Korruption des Finanzapparates, Finanzierung von Klientelnetzwerken, Entindustrialisierung, Zusammenbruch der substitutionsabhängigen(E.U.) Landwirtschaft, massive private und öffentliche kreditgestützte Konsumption ect). Deutschland ist das einzige europäische Land, das von der Krise nicht mitgerissen wurde und weiterhin auf seine Produktionsleistung bauen kann. In der Eurozone, in der E.U., bilden Griechenland und Deutschland die absoluten Antipoden. Deswegen ist Griechenland das Land, was man gerade noch in der Eurozone toleriert, faktisch nur aus Angst vor Dominoeffekten, während Deutschland seine Bedingungen für die Lösung aus der Krise stellt und das europäische Geschehen bestimmt. Zwar bilden Frankreich und Deutschland öffentlich das Führungstandem Europas, wobei die Komission und die europäischen Instititionen zu einer Art Sekretariat der deutsch/französischen Führung degradiert sind, aber die Entscheidungen liegen in deutscher Hand. So werden ausschlaggebend für die Strategie aus de Krise die Entscheidungen des deutschen Bundestages und des deutschen Verfassungsgerichts. Die Vorherrschaft Deutschlands in der Eurozone ist schon eine Realität, da nur Deutschland über die Mittel und die wirtschaftliche Struktur verfügt, um die Eurozone zu leiten. Diese Leitung ist aber äußerst problematisch, da eine wirklich europäische Lösung durch die Überwindung der Organisationsdefizite des Maastrichter Vertrages für Deutschland nicht akzeptabel ist. Eine “Identitätsänderung”des deutschen Nationalstaates ist gesellschaftspolitisch nicht tragbar, was zweifelsohne, die Mehrheit der Bürger der anderen europäischen Nationalstaaten für sich auch ablehenen würden, obwohl die 31 Überwindung der Auslandsschuldenkrise die Reorganisierung des europäischen Systems fordert. Auch erste Schritte in diese Richtung, über die Restrukturierung der Rolle der EZB, sind in Deutschland kaum tragbar. Frankreich und der europäische Süden würden das wünschen und es würde im Endeffekt weniger kosten als die Flickerei der letzten 2 Jahre. Die aktivere Rolle der EZB (z.B. Eurobonds) würde keine grundlegende Veränderung an der Struktur der Integration Europas bedeuten. Eine Restrukturierung der EZB würde aber die Abkoppelung aus der so entstandenen gegenseitigen Abhängingkeit unmöglich machen und diese Option will anscheinend Deutschland(und der reiche Norden), das sich durch ihre Wirtschaftsposition sicher fühlt, nicht aufgeben. Zumindest der konvervative Teil der deutschen Gesellschaft und die deutsche Industrie wollen so eine Option nicht fallen lassen. Eine moralisierende Politik scheint besser geeignet zu sein, um die nötigen Konsequenzen zu vermeiden. Die Sünder müssen für ihre Sünden bezahlen, egal ob diese Sünden zum Wachstum der deutschen Industrie erheblich beigetragen haben und dadurch die deutsche Position in der Welt zementiert haben.. Für einen Teil der konservativen politischen Eliten in Deutschland scheint die Konstruktion der EZB als Kopie der alten Bundesbank nicht genug zu sein. Aus diesem Blickwinkel heraus hängt die internationale Konkurenzfähigkeit Europas von der “Germanisierung” ihrer sozialen Struktur ab, sonst hat dieEurozone keine Existenzberechtigung. Falls man auf das Eurozonemodell weiterhin bauen soll, muß Europa quasi nach dem deutschen sozialen Modell strukturiert werden. Das bedeutet Verfestigung der internen Ungleichheiten und eine idiomorphe Verflechtung der europäischen Staaten untereinander: Produktive konkurenzfähige Staaten im germanophonen Raum und im Norden Europas und Staaten mit billiger Arbeitskraft und möglichst niedrigen Sozialkosten im Süden Europas. In so einer Struktur Griechenland, als schwächstes Glied Europas, müßte auf dem möglichst niedrigen Niveau am Leben, also in der Eurozone, gahalten werden. Die alternative für Griechenland, wäre sowieso die noch katastrophalere Rückkehr zur Drachme. Eigentlich heißt das, um beim deutschen Modell zu bleiben, Griechenland soll ein Hartz-4 Land Europas werden. Schließlich und das stimmt auch, ist das die Folge der Bedingungen der sozialen Integration eines Sonderfalls, der nie wirklich in Europa integriet wurde. Lösungen und Perspektiven. Die amerikanische Paralysis und das Hindernis des nationalen Souverenitätsgedanken in Europa Die mittlerweile zu internationalen Hauptverfechter des reinen ökonomischen Paradigmas der effizienten Märkte – auf der Basis der Politik der Ungleichheit – avancierten Vertreter der Herrschaft des Finanzkapitals, die Rating Agencies, bestimmen die europäische Politik über die Instrumentalisierung der Devaluierung der Kreditwürdigkeit der verschiedenen Staaten. Der internationale Charakter der Krise und das Zögern Europas(Deutschlands), machten die Teilnahme des IMF in den europäischen Rettungsversuchen notwendig. Leitgedanke der Rettungsversuche bleibt, ohne vom eigentlichen Charakter der Krise beeinflußt zu werden, das mathematisierte liberale Paradigma: Die Durchsetzung der Politik der Ungleichheit als Lösungsformel, 32 d.h. Sparen, also Depression, als Mittel gegen die Auslandsverschuldung. Das Ziel war und bleibt das Politische als Störfaktor zu zähmen. Die Lösung, die deswegen keine sein kann, soll durch die Intensivierung der Ungleichheit erreicht werden. Die sogenannten Exzesse der staatlichen Haushalte (Sozialstaat) sollen durch Ersparnisse gezähmt, bzw. rückgängig gemacht werden, bei gleichzeitiger Rücknahme der Unternehmensteuer und massiven Gehaltskürzungen. Mit anderen Worten, das Ziel ist den Sozialstaat weiterhin unter Druck zu setzen, die Einkommensverteilung zu Gunsten des Finanzkapitals zu verschärfen und dadurch die Depressionsspirale als einzigen Ausweg aus der Krise zu deklarieren. Im öffentlichen Diskurs nimmt das die Form eines Appels der Wirtschaft an die Politik an, endlich Lösungen mit langfristiger Perspektive zu finden. Dies ist zwar vernünftig, ändert aber nichts an dem bestimmten Charakter der politischen Entscheidungen, die von den Rating Agencies verlangt werden. Konjunkturprogramme und Erleichterung des Drucks auf die niederen Einkommen, bzw. sozialstaatliche Maßnahmen, sind zwiefellos außerhalb der Zielsetzung der Bewertung der Staaten, da sie vorerst die Verschuldung(bei Beibehaltung der Abstufung der Steuerleiter) vergrößern würden und somit dem möglichst schnellen Rückgang der Verschuldung entgegen wirken würden. Diese Position wurde offensichtlich bei der absurden da vollkommen sinnlosen Abwertung der Kredibilität des amerikanischen Staates, als die Verhandlungen über die Erhöhung der Schuldengrenze in den USA ins Stocken geraten war. Zwar war das öffentlich vorgetragene Argument die tatsächliche Ineffizienz der amerikanischen Politik, aber das Ziel war der Versuch der Deligitimation und Destruktion der Obama Präsidentschaft, da sie als Regierung die Verantwortung trägt und ihre Vorschläge nicht durchsetzen kann(Eine Abwertung der USA, die noch über die Internationale Leitwährung verfügt würde der Abwertung der Weltwirtschaft gleichkommen, was nur sinnlos sein kann). Für Europa sieht das prima facie etwas anders aus. Von den Rating Agencies und den Banken wird eine Politik verlangt, die langfristig zu einer Lösung der Schuldenkrise führen soll und die europäische Währung stabilisieren soll, was die europäische(deutsche) kurzlebige Flickerei nicht gewährleisten kann. Das ist vorerst richtig. Eine gesamteuropäische Lösung muß her(Überwindung der Maastrichter Auswegslosigkeit). Aber a.) da wegen der Vorherrschaft der Partikularität durch die jeweiligen Nationalismen sie nicht durchsetzbar zu sein scheint, kann man sie ohne besondere Konsequenzen verlangen und b.) der unbedingte Inhalt dieser Lösung soll dem Ordoliberalismus verpflichtet bleiben, also sparen(Verkümmerung des Sozialstaates), Begünstigung der Unternehmerprofite, um angeblich Investitionen zu begünstigen(Vertiefung der Ungleichheit) und weitere Übernahme der Spekulationsverluste der Banken, durch die Steuerzahler. Also durch EFSF und ESM, deren Konstruktionsarchitektur den toxischen Charakter der Staatsverschuldung nicht verhindern kann, da die Fesselung der EZB durch die Maastrichter Bestimmungen die Staaten weiterhin zur Kreditaufnahme auf dem freien Finanzmarkt verpflichtet, was jedem Rettungsversuch zuwiderläuft. Die Quintessenz dieser Entwicklung ist, daß das ordoliberale Paradigma Depression durch Depression bekämfen will, was die Krise, in der Form z.B. der Gefahr des Zusammenbruchs der Eurozone, nur vertiefen kann. Daß dieses Paradigma weiterhin seine Gültigkeit behält, obwohl es der Grund der Bankenkrise von 33 2007/2008 war und in ihre Mutation in die Staatsschuldenkrise geführt hat, hängt von zwei Faktoren ab: a.) von den Erfolgen der Rechten, die das System in den USA paralysiert haben und die Herrschaft des Finanzkapitals festigen und b.) von der Unmöglichkeit der Überwindung des nationalen Souverenitätsgedankens in der Eurozone, dessen ökonomische Ausdrucksform durch die ökonomische Asymetrie innerhalb der Eurozone gefestigt wurde. Solange durch den Maastrichter Vertrag die Staaten gezwungen sind Kredite auf dem freien Markt zu suchen, solange, also die EZB keine “Identitätsänderung“ durchmacht, um durch, wie auch immer strukturierte Kredite, die Staaten aus der Schuldenfalle zu retten und solange die Finanz- und Wirtschaftspolitik national bleibt, also keine ausschlaggebende europäische Regulierungs- und Ordnungspolitik möglich ist, solange werden die Rating Agencies die Bewertung der Rettungsversuche bestimmen und das Schicksal des europäischen Projektes an die Interessen des internationalen Kapitals binden. Es ist auch sehr bezeichnend, daß die Finanzinstrumente der versuchten Eurorettung genau der Logik der „innovativen“ Finanzprodukte entsprechen, also ähnliche Strukturen aufweisen(Zusammengesetzte Pakete, Hebelwirkung also leverage etc.), während der Versuch das chinesische Kapital als Investor anzulocken, die daraus resultierende Abhängigkeit in Kauf nimmt. Es bleibt trotzdem eine Hoffnung, die den Zusammenbruch der Eurozone und somit den Zusammenbruch der Europäischen Union verhindern könnte. Die wachsende Belastung der europäischen Gesellschaften könnte die normative Kraft des Faktischen endlich aktivieren und die Macht des Finanzkapitals brechen. Schließlich ist das europäische rechte Spektrum nicht so paranoid wie das amerikanische. In den Vereinigten Staaten könnte nur ein erneuter Sieg von Obama die drohende Katastrophe verhindern(die Wahlen in Deutschland 2013, die eventuell eine Änderung der europäischen Politik bedeuten würden, liegen leider in weiter Ferne..). Denn Katastrophe bedeutet für den Westen die grundsätzliche Destabilisierung des Projektes der Moderne durch die Marginalisierung des Politischen. Mit anderen Worten, sie bedeutet die größte Gefahr für die Demokratie und diesmal nicht durch den Staatstotalitarismus, sondern durch den Marktradikalismus. Durch den Vertrag von Maastricht wurde die ordoliberale Ordnung politisch etabliert, weil die Politik sich in Schranken gezwungen hat, die man nur als Ordnungsprinzip einer Form der Postdemokratie interpretieren kann. Man muß einfach feststellen, daß der berühmte Satz von Roosevelt, in seiner Rede im Madison Square Garden vor seiner zweiten Wahl 1936, weiterhin seine Gültigkeit behält. “We know now that Government by organized money is just as dangerous as Government by organized mob…” Es geht schließlich darum die Postdemokratie der Finanzinteressen, die die Politik bestimmen, zu verhindern. Es geht darum, wie es Habermas formuliert, die Würde der Demokratie zu retten. Es geht darum das Politische vor der Destruktionskraft der ordoliberalen Politik der Ungleichheit zu befreien. 34 Ausgewählte Literatur Eichengreen Barry: Exorbitant Privilege. The Rise and Fall of the Dollar, Oxford University Press, Oxford 2011 Ferguson Niall: Der Aufstieg des Geldes. Econ/ Ullstein, Berlin 2009 Krugman Paul: Der grosse Ausverkauf. Wie die Busch-Regierung Amerika ruiniert, Campus Frankfurt a.M/New York, 2003 Krugman, Paul: The Conscience of a Liberal. Norton and Company, New York 2007 Posner, Richard A.: The Crisis of Capitalist Democracy. Harvard University Press, Cambridge Massachusetts 2010 Rajan Raghuram G: Fault Lines. Princeton University Press, Princeton and Oxford 2010 Reich Robert B.: Supercapitalism. The Transformation of Business. Democracy and Everyday Life, Alfred A., Knopf, New York 2007 Shiller Robert J.: The Subprime Solution, Princeton University Press, Princeton and Oxford 2008 Sinn Hans – Werner: Kasino Kapitalismus, Ulstein, Berlin 2010 Steinbrük Peter: Unterm Strich, Hoffmann und Campe, Hamburg 2010 Stiglitz, Joseph E.: The Price of Inequlity. Norton and Company, New York 2012 Vogl Joseph: Das Gespenst des Kapitals, diaphanes, Zürich 2010 Bildungsmedien /DVDs Fahrenheit 9/11 (2004) Michael Moore's view on what happened to the United States after September 11; and how the Bush Administration allegedly used the tragic event to push forward its agenda for unjust wars in Afghanistan and Iraq. Director: Michael Moore Writer: Michael Moore Stars: Michael Moore, George W. Bush and Ben Affleck The Corporation (2003) 35 Documentary that looks at the concept of the corporation throughout recent history up to its present-day dominance. Directors: Jennifer Abbott, Mark Achbar Writers: Joel Bakan, Joel Bakan (book) Stars: Mikela Jay, Rob Beckwermert and Christopher Gora Sicko (2007) A documentary comparing the highly profitable American health care industry to other nations, and HMO horror stories. Director: Michael Moore Writer: Michael Moore Stars: Michael Moore, Tucker Albrizzi and Tony Benn 36 Dimitris Charalambis 3.5. Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung: Klientelvertrag versus Sozialvertrag. Der griechische „Sonderfall“ und seine Geschichte im 20.Jahrhundert.Ein Versuch den Weg in die Schuldenkrise zu erklaeren. Weiterbildungsmodul 2 Vorgehensweise und Kursbeschreibung Die Kursteilnehmer bekommen einen Text vom Kursleiter, der als Wissensgrundlage dienen soll. Der Text wirft Fragen auf, die im Laufe des Unterrichts und mit Hilfe ausgesuchter Literatur beantwortet werden sollen, bzw. den diskurssiven und interaktiven Charakter des Kurses begründen. D.h. der Grundlagetext soll, mit Hilfe der dargebotenen Literatur, die Diskussion als Wissens und Problematisierungsprozess vertiefen.Dabei werden ausgesuchte DVDs eingesetzt. Sie sollen die Facetten der behandelten Problematik dem Kursteilnehmer veranschaulichen.Ueber die Macht der Bilder sollen gewisse Aspakte der realen Prozesse,die im Unterricht analysiert werden, dem Kursteilnehmer näher gebracht werden und den historischen Ereignissen eine konkretere Dimension gewähren. Es werden zwei Alternativen für die Unterrichtsmodule angeboten 3. Eine längere und ausführliche Version, die aus 8 Unterrichtseinheiten von je drei Stunden besteht und 4. Eine komprimierte Version die aus 3 Unterrichtseinheiten dreistuendiger Dauer besteht. Die Pilotpräsentationen beschränken sich allerdings auf einen dreistündigen Kurs, da das vorrangige Ziel die Demonstration der Vorgehensweise war. Basistext 2 Gliederung der Thematik (Voranmerkung zum Basistext: Der hier vorliegende Ausgangstext ist in einer quasi telegraphischen Form verfasst, die die jeweilige Themen benennt und die Grunderkenntnisse der Analyse zusammenfasst). Vorbemerkung zur Gliederung Die folgende Gliederung hat den Charakter einer quasi executive summary. Sie ist gleichzeitig Gliederung des Materials, Inhaltsverzeichnis und strukturierte Zusammenfassung des Buches. Deswegen ist sie kein konsistenter Text, sondern hauptsächlich ein systematischer (kohärenter) Folgeablauf von Titeln, die in Kurzform den Inhalt und die Logik des Textaufbaus wiedergeben. So ist sie die „Wirbelsäule“ des Buches und die in telegraphischer Form verfasste Wiedergabe des Inhalts der fünf Hauptkapitel, die den fünf Hauptzäsuren des griechischen 20. Jahrhunderts entsprechen, die dadurch als solche erklärt werden. Der Gedanke ist, das Material in seinem historischen – in der nationalen und internationalen Dimension – Rahmen zu verstehen und parallel einen Analysezusammenhang zu liefern, der sowohl die Entwicklung in den verschiedenen Zeitabschnitten verständlich macht, als auch die Gründe, die – insbesondere nach 1974 – den Weg in den faktischen Bankrott bestimmt haben, erklärt. Dabei soll die Begründung der immer wiederkehrenden Reformresistenz des politischen Systems, der Wirtschaftsstruktur und der Form, der über Klientelnetzwerke gewährleisteten sozialen Integration (und ihrer Krisen) klar herausgestellt werden. Letztendlich, weil genau diese Aspekte den Verlauf des griechischen 20. Jahrhunderts charakterisieren und bestimmen. Dabei wird die Kernlogik der griechischen sozialen Formation erklärt und die Aspekte, die ihre „Besonderheit“ ausmachen – auch im europäischen Vergleich – klar ermittelt. Man muss auch bemerken, dass, wenn man dem Periodisierungskonzept von Hobsbawm folgen würde, das griechische 20. Jahrhundert 1909 anfängt, also mit dem Jahr, das die Grenzen des seit der Gründung des griechischen Staates konsolidierten Systems signalisiert und die Reformversuche des 20. Jahrhunderts einleitet, und mit der Krise von 2007/2010 endet. Diese Krise signalisiert die fundamentale Krise der III. Republik, aber vor allem die Ausweglosigkeit der politischen Kultur, die das politische und soziale System bestimmt hat. Griechenland befindet sich am Wendepunkt. Das Dilemma dieses Wendepunkts betrifft die noch offen stehenden Perspektiven für das 21. Jahrhundert, da auch diesmal eine entscheidende Grenze erreicht worden ist. (Was den Inhalt des deswegen notwendigen Epilogs ausmacht). 38 Gliederung Einleitung Prolegomena des 20. Jahrhunderts. Die verpasste Industrialisierung und der klientelistische Kern eines „von oben“ errichteten Parlamentarismus Kapitel 1 1897 - 1909 Das Ende des 19. Jahrhunderts. Die Ausweglosigkeit der klassischen Klientelstruktur. Irredentismus und die Notwendigkeit der Modernisierung. Kapitel 2 1910 – 1935 Der Versuch der Errichtung eines bürgerlichen Systems und das Scheitern. Die verhinderte Modernisierung. Vom Irredentismus zur territorialen Integration und ethnischen Homogenisierung. Die Grenzen des bürgerlichen Modernisierungsprojekts. Die totgeborene II. Republik. Kapitel 3 1936 - 1952 Diktatur, Okkupation, Bürgerkrieg und die Folgen. Die Errichtung des „Staates der Nationalgesinnten“. Der schwächelnde Parlamentarismus nach dem Bürgerkrieg, die Rolle des Militärs und die dreieckförmige Machstruktur. Kapitel 4 1952 - 1974 Stabilisierung und autoritäre Strukturen. Das Projekt eines autoritären Reformismus. Die Strategie der europäischen Integration und die Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums. Ein anachronistischer Militärputsch. Der Zusammenbruch des „Staats der Nationalgesinnten“. Kapitel 5 1974 – 2010 Die III. Republik. Populismus und soziale Integration. Die Abkoppelung der Einkommensverteilung von der Produktivität. Ein Wohlfahrtsstaat auf Pump. Neue und alte Klientelnetzwerke. Steuerimmunität, gesellschaftliche Stratifikation und Verschuldung. Das Projekt der Integration in die europäische Währungsunion. Asymmetrische Wirtschaftsstrukturen und Konsequenzen. Der monumentale Betrug in der Form der Reproduktion einer virtuellen Realität. Der faktische Bankrott. Reformresistenz, Einkommensverteilung und „interne“ Abwertung. Epilog Griechenland am Wendepunkt 39 Einleitung Prolegomena des 20. Jahrhunderts. Die verpasste Industrialisierung und der klientelistische Kern eines „von oben“ errichteten Parlamentarismus [Dem Charakter nach hat diese Einleitung den Stellenwert von „Prolegomena“, die dem Leser die nötigen Informationen und das nötige Wissen über die Grundprobleme des 19. Jahrhunderts vermitteln soll, damit die Vorgeschichte des 20. Jahrhunderts als Basis für das Verständnis der Entwicklungen nach 1900 dienen kann.] Politische, geographische (territoriale Veränderungen) und demographische Entwicklungen im 19. Jahrhundert. Irredentismus als die tragende Ideologie der Integration einer Gesellschaft, die trotz aufklärerischer Elemente sich als eine Schicksalsgemeinschaft verstehen will: die sogenannte „Megali idea“ – die „Große Idee“ zwischen der Wiederherstellung des byzantinischen Reiches und der territorialen Integration der Nation. Die Entstehung einer Nation und die Frage der nationalen Identität (Vom Einfluss der – deutschen – Altertumswissenschaften zu der Agonie der rassischen Reinheit und der historischen Kontinuität). Die Örtung der inneren Logik der „frühen“ Einführung des Parlamentarismus auf der Basis des allgemeinen (Männer)-Wahlrechts. (1844 Einführung des allgemeinen Wahlrechts, fast ohne nennenswerte Ausnahmen, 1864 wird das allgemeine Wahlrecht in der Verfassung verankert, 1875 wird das Vertrauen des Parlaments zur alleinigen Legitmitationsquelle der Regierung). Die rudimentäre soziale Stratifikation widerspricht der historischen Erfahrung der Einführung des Parlamentarismus und des „one man – one vote“ Prinzips. Der Schatten von 1789 und die Instrumentalisierung des allgemeinen Wahlrechts als Medium für die Kontrolle des Staates durch die lokalen Eliten. Das Erbe der ottomanischen intermediären Organisationsstrukturen der Herrschaft der „Hohen Pforte“ über die Untertanen. Örthodoxe Kirche und lokale Notabeln. Lokaler Einfluss, lokale Klientelnetzwerke und Kontrolle der Staatsgewalt im neuen Staat. Das Arrangement zwischen Monarchie und den lokal unterstützten Notabeln als ein krisenreiches und widersprüchliches Verhältnis. Klientelbeziehungen und Populismus. Demokratisierung „von oben“: Etatismus und demokratisches Prinzip als Legitimationsbasis von klientelischen Praktiken und netzwerkbegründeten Hierarchien. Zweckrationalität und irrationale Inhalte eines auf die Organisation der Machtausübung deduzierten und instrumentalisierten Konstitutionalismus (Bis 1975 in allen Verfassungen des griechischen Staates: 1843, 1864, 1911, 1927, 1952 stehen sogar die Grundrechte unter dem „Vorbehalt des Gesetzes“. D.h. der Wille der Legislative, als der jeweiligen parlamentarischen Mehrheit, ist maßgebend, sogar für den Schutz der Grundrechte). Dieses in den Verfassungen verankerte Primat der Legislative erscheint prima facie als die „reinste“ Form der in der Tradition der französischen revolutionären „Déclaration des Droits de l’homme et du citoyen“ stehende und konstitutionell verankerte Geltung der Volkssouveränität. Dadurch stehen aber die Grundrechte auf einer Stufe mit den Normen, die von der Legislative „erzeugt“ werden können, was übrigens auch nach 1975 (Verfassung von 1975, Verfassungsrevision von 1985 und vor allem von 2001) durchaus seine Geltung behält. 40 Es entsteht eine politische Kultur, die keine richtungsweisenden und keine bindenden Regeln kennt. Der extrainstitutionelle Charakter des gesellschaftlichen Konsensus wird auf ad hoc Basis in den institutionellen Rahmen integriert, wodurch der praktischen Vernunft des Sozialvertrages widersprechende, also irrationale Elemente, den scheinrationalen Inhalt der Rechtsordnung bestimmen (Klientelvertrag versus Sozialvertrag) und prämoderne Elemente reproduzieren. Das bedeutet in der Praxis, dass alles dem Primat des demokratischen Prinzips unterliegt, das nur über die Klientelnetzwerke faktisch realisiert wird und dem latenten Populismus ausgeliefert ist. So ist dieser populistische Charakter der Rechtsordnung die Form, d.h. die rechtliche konstitutionelle Positivierung des über die Reproduktion der Klientelnetzwerke etablierten, sich perpetuierenden, selbstreferentiellen Machtgefüges, das sowohl die Machtposition der politischen Klasse garantiert, als auch die sozialen Hierarchien reproduziert, die, durch einen kontinuierlichen Ressourcenaustausch, diese Position ihrerseits bestätigen. D.h. das, was wie ein pactum societatis aussieht, ist in der Realität ein pactum subjectionis, eine quasi direkte Substitution der Volkssouveränität durch die Souveränität der politischen Klasse. Die Reproduktion dieses Verhältnisses reproduziert konsequenterweise soziale Bedingungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der fehlenden oder verpassten Industrialisierung stehen. (Die besonderen Charakteristiken dieses Systems werden nicht nur theoretisch, sondern auch durch den Vergleich mit anderen historischen Erfahrungen herauskristallisiert). Die Folgen: Auseinanderklaffen der Logik des Sozialvertrages, als Grundlage des überpositiven Wertkerns der Demokratie, und der Logik der Institutionalisierung von extra-institutionellen ad hoc klientelreproduzierenden Kompromissen als – labiles – Ordnungsprinzip, was zu einem latent defizitären Demokratisierungs-prozess führt. Asymmetrischer Verlauf der Entwicklung der Organisation der Machtausübung und der Etablierung und Geltung der Grundrechte und des bürgerlichen Rechtsstaates im Allgemeinen. Primat der (konstitutionell und rechtlich positivierten) Organisation der Machtausübung als institutionelle Kristallisation netzwerkgestützter Kontrolle der Gesellschaft und ihrer materiellen Reproduktion, was zur Pathologie eines asymmetrischen Verhältnisses zwischen Staat und Markt, zwischen Politik und Ökonomie führt, das die Heteronomie des Marktes und ihre Bestimmung durch die Machtinteressen der politischen Klasse perpetuiert. (Die Entstehung des Phänomens eines „klientelistischen Neoliberalismus“). Die verhinderte Industrialisierung (1860/1880). Allgemeines Wahlrecht und Industrialisierung ein widersprüchliches Verhältnis. Die Reproduktion des Etatismus unter den Bedingungen eines durch die Klientelnetzwerke bestimmten, gestalterisch schwachen Staates. 41 Kapitel 1 1897 – 1909 Das Ende des 19. Jahrhunderts. Die Ausweglosigkeit der klassischen Klientelstruktur. Irredentismus und die Notwendigkeit der Modernisierung. Industrialisierungsversuche, die zu keiner Industrialisierung geführt haben (1860/1880). Griechenland kann sich nicht zu einer Industriegesellschaft entwickeln. Die militärische Niederlage von 1897 und die Folgen. Die Auslandverschuldungskrise und die Bankrotterklärung von 1893 (die 4. im 19. Jahrhundert). Die staatliche Verschuldung beträgt 200% des BIP 1893 und wird reduziert auf 124% des BIP 1911. Die internationale Wirtschaftskontrolle. Die positiven Folgen der ausländischen Kontrolle für die griechische Wirtschaft. Die Emigrationswelle nach Amerika. Die „Mazedonische Frage“ und der „Mazedonische Kampf“. Außenpolitik und Guerilla-Krieg. Die politische Instabilität. Der Aufstand auf Kreta. Die Grenzen des seit 1844 errichteten klientelischen Charakters des Parlamentismus. Das politische System kann weder die nationale (Kreta) noch die soziale Frage (Armut) bewältigen. Steuern, Verarmung und soziale Unruhe. Das Pronunciamento von 1909. Die Rolle des Königs, der britischen Politik und die Entscheidung Venizelos aus Kreta nach Griechenland einzuladen. Die Monarchie und die traditionellen Klientelnetzwerke. Die Integration der neuen Territorien. Kapitel 2 1910 – 1935 Der Versuch der Errichtung eines bürgerlichen Systems und das Scheitern. Die verhinderte Modernisierung. Vom Irredentismus zur territorialen Integration und ethnischen Homogenisierung. Die Grenzen des bürgerlichen Modernisierungsprojekts. Die totgeborene II. Republik. 2.1. 1910 – 1922 Der Versuch einer Erneuerung. Der durch den König und Venizelos erreichte Kompromiss. Die Offiziere zurück in ihre Kasernen. Eine neue Parteienlandschaft entsteht, ohne die Klientelstruktur überwinden zu können und die Konstitution von Massenparteien zu erreichen: die Partei der Liberalen (Venizelisten) und die Volkspartei (königstreu und reformfeindlich). Die Erfolge der Wirtschaft. Neue Verschuldung und Kriegsvorbereitung. Militärausgaben und öffentliche Verschuldung. Verfassungsrevision und Reformen der Judikative, des Gesundheitswesens, des Wohlfahrtssystems und der staatlichen Verwaltung (die erste seit 1830). Die nationalistische Welle. Der „Kranke Mann am Bosporus“ vor dem Auseinanderbrechen. Konkurrierende Nationalismen. Es gilt, möglichst bald Territorien für die nationale Expansion zu sichern, um auch dem jungtürkischen Nationalismus vorzubeugen. Die italienische Bedrohung. Der Aufstand der Albaner, die „Mazedonische Frage“ und der Status von Kreta. Das Problem der Umverteilung der europäischen Territorien des Ottomanischen Reiches. Der Balkanbund. Die wacklige Allianz konkurrierender Nationalismen: Serben, Bulgaren, Griechen die Hauptkonkurrenten. Der erste Schritt der Realisierung der Großen Idee. Eroberung von Thessaloniki, Westmazedonien 42 und Epirus. Erfolge der Bulgaren und der Serben. Der griechisch-bulgarische Konflikt. Das Ende des ersten Balkankrieges als Vorstufe des nächsten griechisch-türkischen Krieges. Der Konflikt über die Kontrolle der Ägäis. Der erste Weltkrieg. Auf wessen Seite soll sich Griechenland stellen? Die Spaltung (Dichasmos). Neutralitätspolitik (König und Volkspartei) im Einklang mit den Interessen des deutschen Reiches versus Teilnahme an der Entente (Venizelos und die Liberalen). Der Rücktritt von Venizelos und die politische Krise von 1915. Die Position von Venizelos: Die traditionelle Allianz mit Großbritannien darf nicht aufgegeben werden: der ägäischen Frage wegen braucht Griechenland Großbritannien. Die Kriegserklärung der Türkei an Russland öffnet den Weg für die endgültige Realisierung der „Großen Idee“. Nach dem von Venizelos als sicher angesehenen Sieg der Entente muss Griechenland bei den Siegern sein, um bei der Verteilung der Territorien der geschlagenen Türkei dabei zu sein: West- und Ostthrakien, Kleinasiatische Küste. Die Vertiefung der politischen Krise von 1915. Die Truppen der Entente landen in Thessaloniki. Die zwei Regierungen und die zwei griechischen „Staaten“: Der Höhepunkt des Dichasmos. Die Regierung von Venizelos in Thessaloniki und die Regierung des Königs in Athen. Die Bombardierung von Athen und die Landung der französischen Streitkräfte in Piräus. Die Blockade. Der Rücktritt des Königs zugunsten seines Zweitgeborenen. Juni 1917, Griechenland nimmt am I. Weltkrieg teil, auf der Seite der Entente. Der Schatten der bolschewistischen Machtergreifung. Die Gründung der Konföderation (die erste Arbeiterorganisation) in Thessaloniki und die politische progressive Rolle der griechischen Minderheit in Thessaloniki. Die Gründung des Griechischen Gewerkschaftsbundes (GSEE 1918). Die Gründung der Kommunistischen Partei (SEKE als Vorstufe 1918, KP 1919). Reform und Unterdrückung. Das Ende des I. Weltkrieges. Der Plan von Venizelos geht auf. Die Realisierung der „Großen Idee“ und ihrer Maximalziele wird mit den Realitäten des bulgarischen und des jungtürkischen Nationalismus und mit den imperialistischen Zielen Italiens im Ostägäischen Raum konfrontiert. Die unüberbrückbare innere Spaltung. Die Intervention in der Ukraine: die Teilnahme Griechenlands im russischen Bürgerkrieg mit dem Ziel, die Unterstützung Großbritanniens für den Erfolg des griechischen Irredentismus unbedingt zu garantieren. Griechenland als Mandatsträger in Kleinasien. 1919, die Landung der griechischen Truppen in Smyrna. Die Selbsttäuschung der griechischen Seite. Die an Absurdität grenzende Unterschätzung des jungtürkischen Nationalismus, der durch ihn veränderten Realitäten, mit denen die Alliierten konfrontiert sind und die Überschätzung der militärischen Macht Griechenlands (die keine Rüstungsindustrie hat, hochverschuldet ist und sich seit Jahren faktisch ununterbrochen im Krieg befindet) und des Einflusses von Lloyd George. Die Reaktion des türkischen Nationalismus unter der Führung von Atatürk beginnt. Atatürk „master of the game“ in der Türkei. Die Illusion des siegriechen Verharrens in Kleinasien. Der erneute Krieg gegen die Türkei und die anfänglichen Erfolge. Der Vertrag von Sèvres (1920). Unklare Anerkennung der Fortsetzung des Mandats und der griechischen Präsenz in Kleinasien durch einen Vertrag, an den niemand außer der griechischen Seite glaubt, und der faktisch nicht durchsetzbar ist ohne den entsprechenden Willen der inzwischen über die Verteilung des Mittleren Osten konkurrierenden und zerstrittenen Alliierten. Die 43 erneute Illusion über das entstandene Machtgleichgewicht und über die Möglichkeiten der griechischen Armee. Der autoritäre pseudo-Parlamentarismus im Innern. Das „delictum sui generis“ (Idionymo) und der Höhepunkt der politischen Spaltung. Der Biss des Affen (Tod des Königs Alexander) und die erneute Frage über die Dynastie. Das Attentat auf Venizelos in Paris und die Wahlen von 1920. Das Mehrheitswahlrecht ermöglicht eine katastrophale Niederlage von Venizelos und der Liberalen trotz des Patt-Verhältnisses der abgegebenen Stimmen. Die Wahlversprechen werden nicht eingehalten, kein Frieden in Sicht und Säuberung des Staatsapparates und des Militärs von den Venizelos-Anhängern. Ein manipuliertes Plebiszit (99% der Stimmen für die Rückkehr des Königs Konstantin). Der Abbruch jeglicher Wirtschaftshilfe an Griechenland. Die Militärführung wird durch unerfahrene königstreue Offiziere ersetzt. Trotz des mittlerweile offensichtlich zu Ungunsten Griechenlands veränderten Machtgleichgewichts wird der Krieg und der Anspruch auf griechische Präsenz in Kleinasien fortgesetzt. Ein absurder Feldzug. Die griechische Armee 60km vor Ankara. Türkische Siege und griechische Niederlagen. Niederlagen auf dem Feld und in der Diplomatie. Der Rückzug wird panikartig. Die Eroberung von Smyrna durch die türkische Armee. Die Katastrophe, die Flüchtlingsströme und das endgültige Ende des griechischen Irredentismus und der „Großen Idee“. Das Ende der entscheidenden Rolle des griechischen Bürgertums der Diaspora mit Ausnahme des Reederkapitals. Die sogenannte Revolution von 1922. Militärputsch und Rücktritt des Königs. Prozess und Exekution der „Verantwortlichen“ für die Niederlage in Kleinasien. Die (unerwünschten Flüchtlingsströme). Die kurze italienische Besetzung von Korfu. Das wichtigste historische Moment seit der Gründung des griechischen Staates ist durch den endgültigen Charakter der Staatsgrenzen eine Realität. 2.2. 1923- 1935 Der Vertrag von Lausanne. Der Bevölkerungsaustausch. Die neuen Gebiete. Die Homogenisierung der Bevölkerung und das Ende des multikulturellen und multiethnischen Charakters der „neuen Gebiete“. Die schwierige Integration der Flüchtlinge (ca. 1,3 Mill.). Die Entstehung und Reproduktion der Spannungen zwischen Autochthonen und Heterochthonen. Die Dimitrof-Thesen und die Entstehung der Mazedonischen Frage. Die Haltung der KP und das Ziel der Gründung eines „unabhängigen“ Satelliten-Sowjetstaates im geografischen Raum Mazedonien mit zwangsläufiger Hauptstadt Thessaloniki. Die KP wird mit der Segmentierung des nationalen Territoriums identifiziert, gerade in dem Moment, wo dieses konsolidiert wird. Die ambivalente Haltung der KP und die slawomazedonische Minderheit während des Bürgerkriegs. Die Minderheitenfrage im Allgemeinen. Die Verteilung des Bodens – die Bodenreform. Der Kleinparzellenbesitz charakterisiert das gesamte Territorium innerhalb der neuen Grenzen (z.B. 1928: 20% der Landbevölkerung hatten noch keinen Grundbesitz. Von den Besitzenden besaßen 37% bis zu 10 Ar, 35% zwischen 30 Ar und 1 Hektar, 24% zwischen 1 und 3 Hektar, 3,9% zwischen 3 und 10 Hektar und nur 0,15% mehr als 10 Hektar Land). 44 Erneute massive Auslandverschuldung. Die – endgültige Konstituierung zweier Nationalstaaten – Griechenland und die Türkei. Das Ende des Irredentismus und der pseudo-imperialen Ambitionen. Die Bedingungen des Nicht-Aufkommens einer Dolchstoßlegende. Der griechisch-türkische Freundschaftsvertrag ein Erfolg von Venizelos und Atatürk. Politische Instabilität und Militärputsche. Die ungewöhnliche Form der Zwangsanleihen und die massive Währungsabwertung. Die Proklamierung der II. griechischen Republik (1924 – 1935). Die totgeborene II. Republik. Die Reformierung des Bankwesens. Die Reformierung des Steuerwesens. Die Landbevölkerung: von der Überbesteuerung zur schrittweise vollkommenen Steuerbefreiung. Die Steuerimmunität der höheren Schichten bleibt unangetastet. Die Überbesteuerung der Lohnabhängigen und die Rentnerarmut. Die Folgen der Weltwirtschaftskrise. Neue Bedingungen für eine Industrialisierungspolitik. Zollschranken als Schutz und als Hemmnis. Die Zollschranken ermöglichen den Industrialisierungsschub und begünstigen gleichzeitig die technologische Rückständigkeit. Negative Zahlungsbilanz und erneute Auslandverschuldung. 1932: die fünfte Bankrotterklärung des griechischen Staates (1826, 1843, 1860, 1893). Die Rolle des Militärs zwischen 1916 und 1936. Zwei konkurrierende Hauptklientelnetzwerke (Königstreue und Venizelisten). Die schrittweise Emanzipation des Militärs vom politischen Personal. Die Klientelnetzwerke bleiben bestehen, das Primat des politischen Personals wird aber relativiert. Der Putsch der venizelostreuen Offiziere von 1935. Der Sieg der antivenizelistischen Offiziere. Das manipulierte Referendum. Das Ende der Republik und die Rückkehr Georgs des II. Der Parlamentarismus und die Restauration der Monarchie. Das große Sterben (alle wichtigen Parteiführer sterben im Jahr 1935). Die parlamentarische PattSituation. Die entscheidende Rolle der KP, die keine sein darf: trotz ihres nie über die 6% gehenden Wahlergebnisses wäre ihre Unterstützung für jede Regierungsbildung notwendig gewesen, weil die großen zwei zu keinem Kompromiss fähig waren. Die Selbstauflösung des Parlaments. Die Errichtung der Diktatur des 4. August 1936. Kapitel 3 1936 – 1952 Diktatur, Okkupation, Bürgerkrieg und die Folgen. Die Errichtung des „Staates der Nationalgesinnten“. Der schwächelnde Parlamentarismus nach dem Bürgerkrieg, die Rolle des Militärs und die dreieckförmige Machstruktur. 3.1. 1936 - 1945 Die Diktatur von 1936. Die bestimmende Rolle des Königs während der MetaxaDiktatur. Eine englandfreundliche Diktatur mit faschistischen Methoden, die die Nazi-Ästhetik kopierte. Unterdrückung, Antikommunismus und die weiteren Schritte der Organisation der sozialen Gesetzgebung (Sozialversicherung, Renten etc.), die von Venizelos eingeleitet worden war. Der faschistische Charakter eines reglementierten Korporatismus und die Legitimation der Diktatur als Lösung aus der Ausweglosigkeit der II. Republik. Autarkie-Politik und technologische Rückständigkeit, Familienunternehmen und archaische Management-Strukturen (z.B. 1930 beschäftigten 93,2% der als Industrieunternehmen eingeführten 45 Unternehmen bis 5 Arbeiter – die Familienmitglieder eingeschlossen -, 5,7% zwischen 6 und 25 Arbeiter und nur 1,1% der Unternehmen hatten mehr als 26 Beschäftigte. Hauptzweige der Industrie waren: Textilindustrie, Tabakindustrie und Lebensmittelindustrie, die 55% des Gesamtvolumens ausmachte). Die Spannungen der Beziehung zu Italien und der Metaxas‘ Versuch, eine Entspannung zu erreichen. Deutschland der größte Handelspartner Griechenlands und der größte Abnehmer griechischer Exportprodukte (hauptsächlich Tabak). Die italienischen Provokationen. Die Torpedierung eines griechischen Kriegsschiffes vor Tinos am 15.8.1940. Griechenland reagiert nicht, um die Situation nicht weiter zu verschärfen. Aufrüstung und Kriegsvorbereitung. Metaxas erkennt die Gefahr, wie schon 1920. Die Einführung des bürgerlichen Rechts (1940). Die Asynchronie und die Asymmetrie der Rechtsordnung eine entscheidende Konsequenz der Bedingungen des „frühen“ Parlamentarismus im 19. Jahrhundert. Das Ultimatum und der italienische Angriff. Mobilmachung und erfolgreicher Widerstand der griechischen Armee. Die natürliche Allianz mit Großbritannien. Das englische Expeditionskorps. Der italienische Angriff wird zurückgedrängt. Die deutsche Intervention. Die Eroberung Jugoslawiens und der Angriff auf Griechenland. Die Kapitulation. Die Schlacht von Kreta. Die drei Besatzungszonen: italienische, deutsche, bulgarische. Die Exilregierung in Kairo. Die katastrophalen Folgen der Besatzung. Demontage, Plünderung, Zwangskredite und Hyperinflation. 90% des BIP wurde 1942 von den Besatzungsmächten absorbiert (ab 1942 deutsche und bulgarische). Der Hunger vom Winter 1941/42. Die katastrophale Lage der Städte. Der Zusammenbruch des Warenverkehrs und der Versorgungsstrukturen. Die relative Linderung nach 1942 durch die Hilfe des Schwedischen Roten Kreuzes. Die Gründung der Nationalen Befreiungsfront (EAM/ELAS) im September 1941 durch die KP. Die Gründunge der nationalistischen Befreiungsfront (EDES) im Herbst 1941. Die britische Special Forces Mission im besetzten Griechenland und der Versuch der Koordination der Widerstandsorganisationen. Die Abwesenheit einer führenden Persönlichkeit im bürgerlichen Lager. (Im Gegensatz z.B. zu Frankreich). 1943 der Beginn der bewaffneten Auseinandersetzung zwischen ELAS und EDES. Die sogenannte erste Phase des Bürgerkriegs. Die Ausnutzung der Situation durch die deutsche Besatzung und die Systematisierung der antikommunistischen Politik der Metaxas-Diktatur. Die Kollaboration und die drei Kollaborationsregierungen im besetzten Griechenland. Das Ausmaß der Kollaboration. Die Verfolgung der Juden, der Antisemitismus in Thessaloniki. Die jüdische Gemeinde in Thessaloniki wird ausradiert. Die Haltung der Bevölkerung gegenüber den Juden während und nach der Besatzung. Der Schwarzmarkt. Die Sicherheitsbataillone Brauner und Roter Terror. Soziale Transformation im besetzten Griechenland. Die freie Regierung in den Bergen (PEEA). Der erste Aufstand innerhalb der griechischen Streitkräfte an der Nordafrikanischen Front und Palästina. Der zweite Aufstand. Die Gründung des ersten geheimen Bundes der mittleren und unteren Offiziere (ENA). Der Beginn einer innermilitärischen Bewegung, die nach der Befreiung entscheidende Folgen haben wird. Die Exilregierung bis zur Übernahme des Premierminister-Postens durch G. Papandreou. Die Frage der Staatsform nach der Befreiung. Die Rolle der englischen Politik und die Spannungen innerhalb der britischen Militärmission in Griechenland. Die 46 Einflusszonen auf der Balkanhalbinsel werden in Moskau (Mai 1944) durch Stalin und Churchill festgelegt. Die Konferenz von Libanon und die Konferenz von Gazerta. Der Kompromiss und die Bildung der „Regierung der Nationalen Befreiung“. Der Abzug der Deutschen aus Griechenland. Die Befreiung Griechenlands. Die Ruhe vor dem Sturm: die Regierung Papandreou in Athen. Englische und griechische Streitkräfte in Athen. Ein Plebiszit soll über die Monarchie in Griechenland entscheiden. Der Weg in den Bürgerkrieg. Die Frage nach der Entwaffnung von EAM/ELAS. Die Regierungskrise, die KP Mitglieder verlassen die Regierung Papandreou. Der Kompromiss bricht zusammen. Die Entscheidung, mit der militärischen Präsenz des EAM/ELAS fertig zu werden. Ein Nachkriegsgleichgewicht muss verhindert werden (Churchill). Eine von der KP willkommene Provokation. Die Ideologie des Klassenkampfes und die konsequente Folgerung seiner Identifizierung mit dem Bürgerkrieg. Die moderierten Kräfte des EAM werden weggedrängt. Der Aufstand in Athen. Die zweite Phase des Bürgerkriegs (die Schlacht in Athen im Dezember 1944), die Niederlage der kommunistischen Kräfte und das Abkommen von Varkiza. Die katastrophale Lage der griechischen Wirtschaft. Die UNRRA. Interne Migrationsbewegungen. Die Währungsreform vom November 1944. Die Vorschläge für den Wiederaufbau von Varvaressos und Zolotas. Eine Wirtschaftspolitik kann weder entworfen noch realisiert werden. Die Gründung des IDEA in Athen. Eine Organisation innerhalb des Militärs, die eine entscheidende Rolle spielen wird. 3.2. 1945 – 1952 Die Folgen des Abkommens von Varkiza (Februar 1945). Die kurze Zentrumsregierung von Plastira. Der britisch-griechische Vertrag von 1946 und das Experiment von Varvaressos. Maßnahmen zur Kontrolle der Inflation. Das misslungene Experiment, die Wirtschaft zu stabilisieren und die zögernde Haltung der Briten. Der massive weiße Terror. Regierungsbildungen. Die Wahlen von 1946. Die KP boykottiert die Wahlen und erleichtert somit den Sieg der „nationalistischen“ Kräfte (wie auch die offizielle Registrierung ihrer Mitglieder und Sympathisanten). Die Restauration der Monarchie durch das Referendum von September 1946. Die Entwicklungen werden vom Beginn des Kalten Krieges bestimmt. Militärgerichte, willkürliche Deportationen, das Konzentrationslager von Makronissos und Räte der nationalen Sicherheit. Der weiße Terror nimmt totalitäre Formen an. Exekutionen und Verhaftungen. Die dritte Phase des Bürgerkrieges (1946 – 1949) beginnt. Großbritannien gibt auf und die USA übernehmen. Die Truman-Doktrin und die Marshall-Plan-Hilfe. Die amerikanische Wirtschaftsmission in Griechenland (AMAG). Die amerikanische Politik erzwingt moderate Zentrumsregierungen in Athen, die machtlos bleiben. Die amerikanische Militärkommission (JUSMAPG) koordiniert den Kampf gegen die Aufständischen (KP). Die Unterstützung Albaniens und Jugoslawiens an die kommunistischen Kräfte. Papagos übernimmt die Führung der Streitkräfte. Die Spaltung zwischen Stalin und Tito. Jugoslawien stoppt die Waffenlieferungen und schließt die Grenze, da die KP sich auf die Seite von Stalin stellt und antititoistische Säuberungen vornimmt. Das Ende des Bürgerkrieges und die totale Niederlage der Kommunisten auf dem Schlachtfeld. Verbot der kommunistischen Partei. Die Aufhebung des Ausnahmezustands. Die Wahlen von 47 1950. Regierung unter der Führung von Plastiras (Zentrum – in der venizelistischen Tradition). Rücktritt Plastiras‘. Marionetten-Regierungen. Papagos tritt als Generalfeldmarschall zurück und gründet die Partei des Nationalen Aufrufs („Ethnikos Synagermos“, nach dem Beispiel des Rassemblement Français von De Gaulle). Von Papagos und dem IDEA (dessen eigentlicher Führer Papagos ist) gelenktes Pronunciamento der Offiziere des Generalstabes, mit dem Ziel, die Machtstellung Papagos zu demonstrieren. Der König versucht, die Initiative zu ergreifen, um seine Position zu bestätigen, aber er hat keine Möglichkeit dazu. Papagos diszipliniert die Aufständischen als eine öffentliche Demonstration seiner zentralen Machtposition. Neue Wahlen. Erneuter Sieg von Plastiras. Unter dem Druck des amerikanischen Botschafters wird das Wahlsystem geändert. Die Übergangsperiode der Zentrumsregierungen wird nicht mehr gebraucht, eine entscheidungsfähige Regierung ist absolut notwendig, und die Unterstützung einer Lösung durch Papagos wächst. Die verbotene KP boykottiert die Kandidatur Plastiras‘. Neue Wahlen und Sieg von Papagos (44% der Stimmen und 80% der Parlamentssitze). Die „parlamentarische Diktatur“ wird errichtet. Der „Staat der Nationalgesinnten“ formiert sich. Der IDEA kontrolliert das Offizierskorps. Das Militär versteht sich als Inkarnation der Nation und als Retter gegen die kommunistisch/slawische Gefahr. (Die nationalistisch/rassistische Interpretation des antikommunistischen Kampfes). Der Preis der Rettung vom kommunistischen Totalitarismus und vor der Verwandlung Griechenlands in einen Sowjetsatelliten. Das IDEAkontrollierte Militär emanzipiert sich von den politischen Netzwerken der Vergangenheit. Das Militär versteht sich als Träger bzw. Garant des sozialen Systems bzw. der nationalen Existenz, was durch den Sieg im Bürgerkrieg bestätigt und anerkannt wird. Die zentrale Machtposition des Militärs (was durch den Wahlsieg Papagos‘ quasi in die parlamentarische Legalität integriert wird) als die Form der Reproduktion des Sieges über die Kommunisten und Garantie der sozialen Folgen dieses Sieges. Das Ziel der direkten Machtübernahme, also der Militärdiktatur, wird durch die Politik und die unmittelbare Präsenz zuerst Großbritanniens und dann der USA (auch als kontraproduktive Option während des Bürgerkrieges) aufgeschoben. Die Entstehung des Post-Bürgerkriegs. Machtdreieck: Militär – Monarchie – Regierung, wobei das Militär der eigentliche Regimeträger ist. Die Verfassung von 1952. Ein konstitutionelles Paradoxon: die Linke steht außerhalb der Geltung der Verfassung. Ein ziemlich chaotisches System der politischen Exclusion – Inclusion. Die defizitäre Geltung der Verfassung und der defizitäre oder schwache Parlamentarismus. Schein-demokratische Verhältnisse. Die Bescheinigungen der „nationalen Gesinnung“. Die Metaxas-Diktatur, die NaziOkkupation und die McCarthy-Commission: Quellen einer reaktionären Rechtsordnung. Gewehr bei Fuß und konspirative Zellen: die Schein-Paradoxie der Haltung der KP als Legitimationsbasis für die Aufrechterhaltung der Bürgerkriegsdekrete. Griechenland in der NATO. Griechenlands Teilnahme am Korea-Krieg. Die Porter-Mission. Der Porter-Bericht: die Anklage gegen die „unvorstellbare“ Ungleichheit. Steuerimmunität und „koloniale Kultur“ einer fusionierten ökonomischen und politischen Oligarchie. Die New-Deal-Logik im Interesse einer Strategie für den Wiederaufbau. Der Bericht von Varvaressos und die Notwendigkeit eines starken Staates und einer funktionierenden Währungsreform. Der „Laisser-faire“ Pragmatismus von Zolotas, der das 48 politische System und die gesellschaftlichen Hierarchien als eine reformresistente und unreformierbare Realität akzentuiert. Das Ende der Idee einer systematischen Industrialisierungspolitik (Batsis). Inflation und Abwertung. Der Versuch der AMAG, die Basis für den Wiederaufbau zu entwerfen. Die Kernidee der Reconstruction (AMAG) würde man heute als eine Politik des Nation-Building eines failure-states bezeichnen, was Griechenland nach dem Krieg zweifellos war. Die immensen Gewinne des griechischen internationalen Reederkapitals durch den Krieg. Schiffsbestand und Entschädigungen. Die 100 Liberties, die staatlichen Garantien und die Steuerbefreiung der Reeder trotz der amerikanischen Reaktionen. Strategien der ökonomischen Stabilisierung. Industriekredite: die Zementindustrie. Das Vierjahresprogramm (1948-52), das nie realisiert wurde. Die ambitionierte Strategie der AMAG wird aufgegeben. Das Industrialisierungsprogramm wird aufgegeben. Stabilisierungsversuche und Abwertung der Drachme. Das Ende des Marshallplanes. Das Primat der Militärausgaben und der Bekämpfung der Inflation. Der Kalte Krieg und das Ende einer New-Deal-Politik für Griechenland. Die letztendlich nutzlose Empörung von Porter. Die Domestizierung der Gewalt des Marktes und der Ungleichheit der sozialen Hierarchien ist in Griechenland kein Thema mehr und obsiegt den New-Deal inspirierten Vorstellungen der AMAG. Der Sieg im Bürgerkrieg macht den keynesianischen Konsens obsolet, der in Westeuropa als notwendige Konsequenz der historischen Erfahrung und der Konkurrenz der Systeme sich durchgesetzt hatte, auf der Basis des internationalen Rahmens, der sich durch das Bretton-Woods Abkommen für ca. 30 Jahre konsolidiert hat. Kapitel 4 1952 - 1974 Stabilisierung und autoritäre Strukturen. Das Projekt eines autoritären Reformismus. Die Strategie der europäischen Integration und die Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums. Ein anachronistischer Militärputsch. Der Zusammenbruch des „Staats der Nationalgesinnten“. 4.1. 1952 – 1963 Der Bericht von Varvaressos und das Ende des Industrialisierungsvorhabens. Die Rückkehr in die traditionelle Struktur der griechischen Wirtschaft (Landwirtschaft, Handel, Bausektor). Das entscheidende Hindernis der Ineffizienz und Korruption der öffentlichen Verwaltung. Leichte Industrie für den internen, zollgeschützten Konsum statt Schwerindustrie und/oder Exportindustrie. Die an Absurdität grenzende Ungerechtigkeit des Steuersystems hemmt jede Perspektive für das wirtschaftliche Wachstum. Die privaten Gewinne werden ins sichere Ausland transferiert, konsumiert oder in international operierende Reedereiunternehmen investiert, während öffentliche Institutionen nicht realisiert werden können, da die nötigen Finanzmittel fehlen. (80% der Steuereinnahmen durch die indirekte Steuer. Der Anteil der Steuer an Industrie 49 und Handel machen 6,5% der Steuereinnahmen aus, während nur 12% des nationalen Einkommens aus Industrie und Handel resultiert). Steuerimmunität, Steuerhinterziehung und Korruption der Steuerbeamten. (Der entsprechende Teil des Varvaressos-Berichts von 1952 könnte fast mit dem gleichen Wortlaut auch 2010 geschrieben worden sein). Als mindeste Voraussetzung der Reorganisation der Wirtschaft erzwingen die Amerikaner die Verstaatlichung der Elektrizitätswerke, des Kommunikationssektors, der Wasserversorgung und der Eisenbahnen und die Gründung einer Bank für die Industrieförderung (die ihrer Zielsetzung nie gerecht wurde) und einer staatlichen Organisation für die Förderung des Tourismus. Die Vision einer international konkurrenzfähigen Wirtschaft wird aufgegeben. Das neue Vierjahresprogramm (1953-1956) wird als realitätsfern von den Amerikanern faktisch abgelehnt. Stattdessen empfehlen sie eine Re-Orientierung der Wirtschaftspolitik Richtung Europa (Kredite aus Frankreich und Deutschland) und eine Politik der organisierten Emigration, begünstigt durch den europäischen Aufbau, die das Problem der hohen Arbeitslosigkeit (ca. 40% auf dem Land und mehr als 15% in den Städten) lösen würde, die interne Konsumkapazität steigern würde (durch Überweisungen der Emigranten nach dem Prinzip der entsprechenden positiven Effekte der Überweisungen der Arbeitenden im international agierenden Reedereikapital) und ein sehr effektives politisches Ventil für die Aufrechterhaltung des inneren sozialen Friedens wäre. Die reale Wirtschaft sprengt alle pessimistischen Erwartungen. Die fünfziger und sechziger Jahre werden die Jahre eines explosiven Wirtschaftswachstums. Die fünfziger und sechziger Jahre werden durch die größte Emigrationswelle des 20. Jahrhunderts (zuerst Australien, dann Belgien und vor allem Deutschland) charakterisiert, und gleichzeitig wächst das BIP so schnell wie nie zuvor (Wachstumsraten vergleichbar mit denen Japans). Alle, die direkt oder indirekt mit dem linken Spektrum der Gesellschaft in Zusammenhang gebracht werden, werden vom „Staat der Nationalgesinnten“ ausgeschlossen. Die nicht vom Staat direkt kontrollierte Wirtschaft wird der Bereich, wo sie tätig sein können, trotz auch da existierenden Einschränkungen. Wachstum ohne nennenswerte Kapitalinvestitionen und ohne Bankkredite. Der Bauboom in den Städten. Die besondere Form der Selbstfinanzierung eines breit verstreuten „kapitalistischen Staubs“. (Die Kombination des Eigentums an Boden als Gegenleistung und der Konzentration des nötigen Kapitals der Kleinbesitzer durch die Möglichkeiten, die der horizontale Besitz anbot, unterstützt von der billigen Arbeitskraft, führte zum Bauboom wie folgt: Der Eigner des Grundstückes lieferte das Grundstück an den Bauherrn, und als Gegenleistung bekam er dann einen im Voraus vereinbarten Anteil an dem zu bauenden Haus (als eine bestimmte Anzahl von Wohnungen), ohne jemals Geld zu bezahlen. Mehrere Interessenten, also Eigentümer in spe, bezahlten dem Bauunternehmer einen Vorschuss, um ihren späteren Besitz zu sichern. D.h. das für den Bau notwendige Kapital wurde durch die Addition der Vorschüsse bereitgestellt, wobei der Boden keine Geldmittel erforderte. Die große Zahl der Eigentümer des Mehrfamilienhauses ermöglichte niedrige Vorschüsse und niedrige Endzahlungen, die die Kosten und den Profit (für den weiteren Hausbau) ermöglichten, dank auch der billig vorhandenen Arbeitskräfte). 50 Mit minimalem Kapitaleinsatz, unter den Bedingungen von festen Paritäten nach der Abwertung von 1953 im Rahmen des Systems von Bretton Woods, unter faktisch Null Inflation (die bis 1973 andauerte) und im Rahmen einer strengen monetaristischen Politik des ausgeglichenen Staatshaushaltes entwickelte sich die Bauwirtschaft zur Lokomotive des wirtschaftlichen Wachstums, deren Stellenwert in der griechischen Wirtschaft bis heute entscheidend ist. Die Folge ist eine Kettenreaktion für die zement- und metallverarbeitende Industrie (Rückzug der entsprechenden Importe) und die Entstehung von großen Konstruktionsfirmen, die bald auf der arabischen Halbinsel, im Iran und im nordafrikanischen Raum tätig wurden, im Schatten der großen internationalen Unternehmen. Parallel entwickelte sich auch die Landwirtschaft mit einem bis dahin unbekannten Tempo (Steuerbefreiung, Wachstum des inneren Marktes). In den fünfziger und sechziger Jahren stützt sich das wirtschaftliche Wachstum auf die Bauindustrie (ohne dass dadurch Griechenland sich in eine Industrienation verwandeln konnte), die zwar auch im arabischen Raum expandierte, aber deren Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb zeitlich begrenzt blieb, weil sie sich auf eine Technologie stützte, die langfristig keine komparativen Vorteile aufrecht erhalten konnte. (Zement, Metallverarbeitung für den Bau, kein Know-how für Großprojekte etc.). Das Wachstum in diesen zwanzig Jahren resultiert aus einer Kombination von Faktoren, die weder von langer Dauer sein konnten, noch das Momentum von technologischer Innovation mit Langzeitwirkung erreichte: Auswanderung, also Export von Arbeitskräften, Überweisung der Emigranten, die den internen Markt belebten und Investitionen von beschränkter Wettbewerbsfähigkeit. Das große griechische Kapital im Ausland investiert weiterhin in den internationalen Schiffstransport (hoher Beschäftigungsfaktor für griechische Besatzungs- und Büroangestellte, der aber nach 1970 rapide abnimmt durch die Beschäftigung von Besatzungen aus Drittländern). Die Investitionen des Reedereikapitals im Innern beschränkte sich auf wenige Großprojekte (Werften, Luftverkehr, ein Hochofen) – abgesehen vom Pechiney-Vertrag von 1960 waren es die einzigen nennenswerten ausländischen Investitionen, die tatsächlich, nach der entsprechenden Gesetzgebung von 1953, realisiert wurden -, die eher Kolonialverträge-Charakter aufwiesen und in den siebziger und achtziger Jahren nicht mehr rentabel waren und verstaatlicht wurden. Durch simplen eigenmächtigen Bau auf öffentlichem Boden, oder durch die Beanspruchung von Eigentum durch angeblich bestehendes Gewohnheitsrecht, parallel zum legalen Bau, wurde der zentrale Charakter der Bauwirtschaft faktisch bis heute aufrechterhalten. Ein Katasteramt wurde nie eingerichtet, weil die Toleranz der politischen Führung gegenüber der Besetzung öffentlichen Bodens (auch Waldgebiete) und die später erfolgte Legalisierung der illegalen Bauten war und ist ein zentraler Mechanismus des Klientelsystems (über 30% der Bauten im Lande sind eigentlich illegal). Diese Entwicklung hatte konsensfördernde Resultate (70% der Griechen besitzen heute ein Eigenheim). Die konkreten Folgen dieser zwanzig Jahre des Wachstums waren: a) Langsam wird die Armut überwunden b) Das Verhältnis zwischen Landbevölkerung und Stadtbevölkerung erreicht 1960 den Ausgleich 50:50) 51 c) Trotz des autoritären Charakters des politischen Systems wächst der gesellschaftliche Konsens, wodurch die Spaltung durch den Bürgerkrieg schrittweise überwunden wird. d) Die systemerhaltende Bindung an den Kleinparzellen-Besitz auf dem Land wird urbanisiert, d.h. wird durch den Kleinbesitz in den Städten erweitert bzw. auch in den Städten gefestigt und e) Die gesellschaftliche Forderung, die Struktur des „Staates der Nationalgesinnten“ durch institutionelle Reformen zu überwinden, wächst und macht den eigentlichen Inhalt der Politisierung der Gesellschaft in den sechziger Jahren aus. Die Gründung des EOKA-A‘ und der Kampf gegen die Kolonialmacht auf Zypern (ab 1955). Weltpolitische Hintergründe – der Kampf um den Einfluss im östlichen Mittelmeerraum: Gründung des Staates Israel, Nagreb/NasserRevolution, Suez-Krise. Der Tod Papagos‘. Die Initiative der Monarchie, um die zentrale Rolle im Machtdreieck zu übernehmen. Der Regierungsauftrag ging an Karamanlis, der bald die Monarchie „enttäuschen“ wird. Die Gründung des EDA als legaler Front der verbotenen KP. Die Gründung der ERE als Nachfolgepartei des „Synagermos“, und der Vorkriegs-Volkspartei. Die Wahlen von 1956. Die Frauen bekommen das Wahlrecht. Eine Wahl und drei Wahlsysteme. Die erste Regierung Karamanlis‘. Die Krise innerhalb der ERE. Die Wahlen von 1958 und die Zersplitterung des Zentrums. Die EDA (vereinigte Linke) wird zur größten Oppositions-Partei (24%) nur 9 Jahre nach dem Ende des Bürgerkriegs. Der politische Schock und die Gründung des Vereinigten Zentrums (E.K.). Die Perspektive eines funktionierenden Zwei-Parteiensystems, das die Linke absorbieren bzw. verdrängen würde. Die drei Achsen der Politik von Karamanlis: 1) Rationalisierung des politischen Systems durch die konstitutionelle Verankerung der Konsolidierung der Macht der gewählten Regierung in der Form einer gepanzerten Demokratie, die sowohl zur Regierungskontrolle über das Militär und zur Einschränkung der Macht der Monarchie als auch zur Erleichterung der staatlichen Initiativen zur Förderung der Wirtschaft hätte führen können: die nicht realisierte Verfassungsrevision von 1963 (22 Vorschläge für den tiefen Schnitt in die Verfassung), die zum Konflikt zwischen König und Karamanlis führte, 2) Die Integration Griechenlands in die EWG, deren erster Schritt durch die Unterzeichnung des Assoziierungsvertrags von 1960 erfolgte. (Gründe dieser Politik: Aufhebung der geografisch bedingten Isolation Griechenlands und Bindung an Westeuropa, „Europäisierung“ Griechenlands und Verfestigung des politischen Systems, Wachstumsperspektiven durch die Bindung an eine wachsende kapitalistische Wirtschaftsunion, Sicherheit gegenüber der Türkei durch die Integration in die europäische Staatengemeinschaft. Kritik der Assoziierung: die Gefahren, die resultieren würden aus der schrittweisen Integration einer schwachen und im Vergleich oft archaisch strukturierten Produktionsbasis der Wirtschaft in einem viel stärkeren Wirtschaftsraum). 3) Lösung der Zypern-Frage: Ende des Guerilla-Krieges und Unabhängigkeit. Diese Politik hatte einen unmittelbaren (aber, wie sich herausstellte, kurzlebigen) Erfolg: Die Zürich-Londoner-Verträge. Autonomie und Garantiemächte (Großbritannien, Griechenland und die Türkei). Die Verfassung der Unabhängigkeit. Die Überwindung des Nationalismus der zwei Volksgruppen 52 als Voraussetzung für die Konsolidierung eines unabhängigen, föderativen Staates. Eine von den Nationalisten abgelehnte Verfassung, die auch den Machtambitionen von Makarios zuwiderlief. Die Wahlen von 1961. Das Einverständnis zwischen EK und Monarchie. Wahlfälschung und der Zwei-Fronten-Kampf von G. Papandreou. Die Vereinigte Linke im Schatten der EK. Das Arrangement zwischen König und G. Papandreou. Der Opportunismus der EK und des Parteichefs. Die Akzeptanz der Rolle der Monarchie als Garant der politisch-sozialen Ordnung und die Fokussierung der Opposition auf Karamanlis als angeblichen Vertreter der Nachbürgerkriegsordnung.. Gesellschaftlicher Reformwille und populistische Strategien. Der König erkennt in Karamanlis eine Gefahr für das Bestehen der Monarchie als entscheidendes Machtzentrum. Die Destabilisierung der Regierung Karamanlis. Formierung von neuen Gruppierungen innerhalb des Militärs. Für mittlere und untere Offiziere gilt die Generalität als integriert in die Machtstruktur der Monarchie, wodurch sie das IDEA-Ziel der Machtergreifung durch das Militär verraten hat. Die Ereignisse in Evros. Mittlere und untere Offiziere um Papadopoulos. Parastaatliche Organisation in Aktion. Die Ermordung von Lambrakis (und die Rolle der Monarchie). Der Rücktritt von Karamanlis. Übergangsregierung Pipinellis, ein misslungener Ersatz. Die Wahlen von 1963. Der Sieg der E.K. Die Emanzipation der Gesellschaft, die Rechte kann besiegt werden. Karamanlis im selbstauferlegten Exil in Frankreich. Kanellopoulos an der Spitze der ERE. 4.2. 1964- 1967 Das von Karamanlis prophezeite Irrenhaus beginnt. Die Regierung Papandreou. Die Kennedy-Ära und der Versuch der Etablierung eines funktionierenden ZweiParteien-Systems, wodurch das bürgerliche Lager die Parteienlandschaft bestimmen könnte. Das neue Selbstbewusstsein ermöglicht einen größeren Wahlsieg und einen viel größeren Spielraum für die Regierung. Die Wahlen vom Februar 1964. Der überragende Sieg von G. Papandreou (53%). Die ersten absolut freien Wahlen und ihre Folgen. Das Bild einer absoluten Stabilität trügt. Ein Kompromiss, der nicht aufgehen kann. Der Druck der Straße. Die Notwendigkeit von institutionellen Reformen, um den Druck der Straße zu kanalisieren und den sozialen Konsens als Hauptstabilitätsfaktor für die erforderte Demokratisierung aktiv zu integrieren. Der Ruf nach der Überwindung der Exclusion. Die Bildung eines populistischen Reformflügels innerhalb der EK unter A. Papandreou, dem Sohn des Premierministers. Zwei Massenparteien (EK, ERE), die keine sind. Die EK als Zusammenschluss von Persönlichkeiten, die durch lokale Klientelnetzwerke gestützt werden. Der Wahlsieg ist nicht der Sieg der EK, sondern der persönliche Sieg von G. Papandreou. Der liberale Kanellopoulos kann seine Partei nicht kontrollieren. Die ERE sieht in der Person und in der Institution des Königs die Führung der Rechten. Die ERE, in der Tradition der Identifizierung des Parteiapparates mit dem Staat (der Staat als Parteiapparat der Rechten, der die Exclusion und die Reproduktion der Klientelnetzwerke organisatorisch und finanziell absichert), den sie bis dahin kontrollierte, sieht in der EK unter G. Papandreou die größte Gefahr für das durch den Bürgerkrieg etablierte politische System, da der eigentliche Mechanismus der Reproduktion ihrer 53 Klientelnetzwerke ihr zu entgleiten droht. Der König erkennt im Ausmaß des Wahlsieges von 1964 die größte Gefahr für die Rolle der Monarchie in der nach und durch den Bürgerkrieg etablierten Machtordnung, da durch diesen Sieg die gewählte Regierung einen unerwarteten Stellenwert und eine unerwartete Autonomie innerhalb des politischen Systems bekommt und die parlamentarische Ordnung gegen die faktischen Machtzentren im System sich durchzusetzen droht. Die Straße übt weiterhin immensen Druck aus. Der Kompromiss von G. Papandreou kann nicht aufgehen. Reformperspektive versus etablierte Machtordnung. Das Wahlergebnis droht dem konstitutionellen parlamentarischen System eine Kraft zu geben, die die Rolle der Monarchie und es Militärs zu verdrängen droht. Die erneute Zypern-Krise. Makarios setzt die Verfassung von 1960 außer Kraft. Auseinandersetzungen zwischen griechischen und türkischen Zyprioten. Morde der griechischen Nationalisten. Die Verhärtung der Fronten und die Idiomorphie der Segregation des Einflussbereichs der zwei ethnischen Gruppen. Der misslungene Versuch, Zypern in die NATO zu integrieren und dadurch die ethnischen Spannungen zu lösen und die Gefahr eines blockfreien Zyperns zu bändigen. Der Acheson-Plan. Die Reaktion der Türkei. Die USA verhindern eine türkische Invasion. Eine griechische Division auf Zypern als Schutz vor der Türkei und als Garant der Disziplinierung von Makarios. Das Dilemma von G. Papandreou. Dilettantischer Versuch von A. Papandreou, eine Konkurrenz-Organisation zum IDEA innerhalb des Militärs durchzusetzen. Die Organisation ASPIDA auf Zypern. Die Falle, die als solches nicht erkannt wurde. Die Umgehung des Premierministers. G. Papandreou unter Druck. Papandreous Konflikt mit dem König. Eine nicht ausgesprochene erste interne Spaltung in der EK: die Gruppe der 40 um A. Papandreou. Antiamerikanismus und Populismus. Die Ratlosigkeit der amerikanischen Botschaft vor den neuen Entwicklungen. Papandreous Bruch mit dem König. Papandreou tritt zurück, um Zeit zu gewinnen und sich aus dem Dilemma (Reform oder Anpassung), das er nicht lösen kann, zu retten. Die offene politische Krise. Mitsotakis, der enttäuschte Nachfolger, der keiner sein dürfte. Die Spaltung der E.K. Der König versucht, mit Hilfe der ERE und abtrünnigen Abgeordneten der EK eine neue Regierungsmehrheit durchzusetzen. Das sogenannte Apostasia (die „abtrünnigen“ Abgeordneten). Die zwei ersten misslungenen Versuche des Königs. Streiks und Demonstrationen, der Druck der Straße eskaliert. Der Erfolg des dritten Versuchs: die Regierung Stephanopoulos und die polizeistaatliche Unterdrückung. Die verpasste Chance von G. Papandreou (auf Druck von A. Papandreou, der Angst vor dem Verlust der Abgeordnetenimmunität bei einer Auflösung des Parlaments hatte, angesichts des bevorstehenden ASPIDA-Prozesses), das Angebot von Kanellopoulos anzunehmen, um Wahlen zu ermöglichen. Der ASPIDA-Prozess. Die Angst vor der sich klar abzeichnenden Gefahr eines Militärputsches. Das Memorandum zwischen König, Kanellopoulos und Papandreou, als der Versuch einer parlamentarischen Lösung aus der Krise. Die totale Repräsentationskrise. Die E.K. in der Krise, die ERE in der Krise, der Parlamentarismus in der Krise und die Monarchie kann keine Lösung erzwingen. Der Sturz der Regierung Stephanopoulos, der die Wahlen verhindern wollte, durch den Vertrauensentzug von Kanellopoulos, und die neue Regierung von Paraskevopoulos (1. Schritt des 54 Memorandums). Die Angst des Königs, dass die Monarchie sowohl durch eine parlamentarische Lösung als auch durch eine Militärdiktatur mittelfristig entmachtet werden würde. Die Konspiration der „kleinen“ Junta der mittleren und unteren Offiziere um Papadopoulos, um das ursprüngliche Ziel des IDEA durchzusetzen. Das Dilemma und das doppelte Spiel des Königs: Memorandum für einen Ausweg aus der Krise durch Wahlen und Konspiration mit der Generalität (die „große Junta“), um eine „legale“ (konstitutionell vorgesehener Ausnahmezustand) Diktatur unter seiner Führung als Lösung aus der Krise durchzusetzen. Der Sturz der Regierung Paraskevopoulos (zweiter Schritt des Memorandums). Kanellopoulos wird Premierminister, um innerhalb von dreißig Tagen Wahlen abzuhalten (dritter Schritt des Memorandums). Dies scheint eine praktikable Lösung zu sein, da keiner einen Putsch gegen eine Regierung der Rechten erwartet hatte. Die Entscheidung für die Machtergreifung durch die „große Junta“ unter der stillschweigenden Führung des Königs vor dem Wahltermin wird gefallen und an die „kleine Junta“ von Papadopoulos verraten. Papadopoulos ergreift die Chance. Der Putsch vom 21.4.1967. Der König „legalisiert“ den Putsch durch seine Akzeptanz der Machtergreifung durch die „kleine Junta“. Er hofft, Zeit gewinnen zu können, und hält die Militärdiktatur für das kleinere Übel im Interesse des Erhalts der Monarchie. Die große Illusion, die nicht nur der König, sondern auch die politische Klasse und die Linke teilte: das Militär ist königstreu. Die monozentrische Lösung des Machtdreiecks. Die Junta setzt sich durch. 4.3. 1967 – 1974 Der Putsch vom 21.4.1967 als letzte Nachwirkung des Bürgerkriegs. Der Putsch als Konsequenz der post-Bürgerkriegs-Machtstruktur und der zentralen Rolle des Militärs im Machtdreieck. Der Ausnahmestaat als Lösung der Repräsentationskrise. Der Prozess der Machtverlagerung der Machtausübungszentren und der Militärputsch der mittleren Offiziere. Die Diskrepanz zwischen dem politischen System, der Rolle des Militärs und der schrittweise Konsolidierung des sozialen Konsensus durch die Überwindung der sozialen Konflikte der vierziger Jahre. Die Forderung nach den notwendigen Reformen für die institutionelle Verankerung der sozialen Integration und die Ohnmacht der politischen Klasse. Der Putsch als ein historischer Anachronismus. Der Putsch verhindert den Anschluss Griechenlands an die kulturellen Emanzipationsbewegungen der 60er Jahre in Westeuropa und Nordamerika. Die durch den Putsch verpasste Chance der Überwindung der traditionalistischen politischen Kultur und der Integration der griechischen Gesellschaft in den Demokratisierungsprozess Westeuropas. Eine notwendige Kulturrevolution, die nicht stattfinden konnte. Die gesellschaftliche Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte, die zur „Ent-EAMisierung“ der Gesellschaft (also die sozialen Grundlagen des EAM überwunden hat) geführt hatte, die Erfahrung des kurzen demokratischen Frühlings zwischen 1963 und 1965, die offensichtliche Abwesenheit einer kommunistischen Gefahr, aber auch die lange Tradition, dass das politische Personal gewählt sein soll (sei es als Grundlage von Klientelbeziehungen, die aber einen Zugang zum politischen Personal ermöglichten), verhinderte die Entstehung einer aktiven und organisierten Legitimationsbasis für die Diktatur, trotz ihrer Bemühungen, diese 55 Unterstützung zu erreichen und trotz der Erlassung aller Schulden der Landbevölkerung, um ihre Unterstützung zu erreichen. Die erste Phase der Militärdiktatur. Der arabisch-israelische 6-Tage-Krieg als Rahmen für die Notwendigkeit der Existenz eines sicheren und willigen Verbündeten der USA in Griechenland. Inoffizielle Toleranz und offizielles Embargo. Das Einfrieren der Assoziierungsverträge. Die internationale Isolation der Militärdiktatur. Politischer Bruch und wirtschaftliche Kontinuität. Die Militärdiktatur als sozialer Konservierungsmechanismus. Der anfängliche Kompromiss zwischen König und Junta. Der dilettantische Gegenputsch des Königs (13.12.68). Das faktische Ende der Monarchie in Griechenland. Die Entzauberung des „inneren und innigen“ Verhältnisses zwischen Militär und Monarchie. Der Prozess der Stabilisierung und pseudo-Legalisierung der Militärdiktatur. Ausnahmestaat und Legalität. Die internen Machtkämpfe der Junta. Handels- und Technologie-Embargo. Von den „kühlen“ Beziehungen von 67-69 zu den neuen Handelsbeziehungen Griechenlands mit dem Ostblock. Pragmatismen, Devisenmangel und Clearing-Verträge. Das Plebiszit über die Monarchie und die Verfassung der Diktatur. Die pseudoLiberalisierungspolitik von Papadopoulos mit dem Ziel, seine Machtposition innerhalb der Junta zu konsolidieren und die Rolle des Militärs als unkontrolliertes Garantie-Machtzentrum in der Verfassung zu verankern (Der Versuch der Übernahme des türkischen Konzepts). Das Experiment von Markesinis und die Aufhebung des Belagerungszustandes. Der Aufstand in Athen als Fortsetzung der Vorjahresunruhen in der Universität von Athen. Der Putsch im Putsch. Ioannidis an der Spitze der durch den Liberalisierungsprozess enttäuschten mittleren und unteren Offiziere. Der Brückenbau mit der entmachteten politischen Klasse bricht zusammen. Das Abwarten der Militärführung auf einen günstigeren Moment für die Transformation der Diktatur in ein parlamentarisches Regime unter ihrer Regie. Eine Rechnung, die nicht aufgegangen ist. Die Ioannidis-Diktatur wird von der Generalität als Übergangsphase geduldet. Ioannidis und seine Getreuen versuchen durch den Putsch auf Zypern sich Makarios‘ zu entledigen, den Anschluss Zyperns (sei es eines größeren Teils der Insel, da eine Intervention der Türkei nicht auszuschließen war) an das griechische Mutterland zu erreichen und dadurch die Diktatur als Vertreterin einer konsequenten nationalistischen Politik zu legitimieren. Die eingeschränkte Handlungsfähigkeit der amerikanischen Außenpolitik wegen der Krise der Präsidentenschaft (Nixon-Impeachment). Die durch die Verträge von Zürich und London (1960) legitimierte Intervention der Garantiemacht Türkei . Die Mobilmachung. Die Kriegsgefahr zwischen Griechenland und der Türkei. Die Armee verliert auch ihre letzte ideologische Legitimation, da sie nicht mehr in der Lage ist, den Schutz der nationalen Grenzen zu garantieren. Die Übergabe der Macht an die Vertreter der politischen Klasse. Ein gelungener Schachzug von Averof. Rückkehr von Karamanlis. 56 Kapitel 5 1974-2010 Die III. Republik. Populismus und soziale Integration. Die Abkoppelung der Einkommensverteilung von der Produktivität. Ein Wohlfahrtsstaat auf Pump. Neue und alte Klientelnetzwerke. Steuerimmunität, gesellschaftliche Stratifikation und Verschuldung. Das Projekt der Integration in die europäische Währungsunion. Asymmetrische Wirtschaftsstrukturen und Konsequenzen. Der monumentale Betrug in der Form der Reproduktion einer virtuellen Realität. Der faktische Bankrott. Reformresistenz, Einkommensverteilung und „interne“ Abwertung. 5.1. 1974 – 1981 Der Regimewechsel (Metapolitefsi). Die Entmachtung des Militärs durch die ausgesprochen geschickte Taktik von Karamanlis. Die Besetzung von 35% des zypriotischen Territoriums durch die türkische Armee. Das schwierige Verhältnis Griechenlands gegenüber der NATO. Innerhalb von 6 Monaten werden die Verantwortlichen des Putsches vom 21.4.67 und des Putsches auf Zypern vor Gericht gebracht. Der widersprüchliche Charakter der starken demokratischen Tradition. Ein fairer Prozess als eine wichtige Voraussetzung des Demokratisierungsprozesses. Die Rolle des Militärs als tragende Kraft des Systems bricht zusammen. Die Generalität muss die Bedingungen von Karamanlis akzeptieren. Eine Regierung der nationalen Einheit. Die neue Verfassung und die Gründung der III. Republik. Plebiszit und auch de jure endgültige Abschaffung der Monarchie. Die Gründung der ND (als Nachfolge-Partei der ERE), das Zentrum, die Aufhebung des Verbots der kommunistischen Partei (die sich 1968 in einen stalinistischen und einen eurokommunistischen Block gespalten hat) und die Gründung der PASOK durch A. Papandreou. Der Aufbau der Organisation einer Massenpartei: die PASOK. Angesichts des Verlustes der Kontrolle des Staates wird die ND erst in den achtziger Jahren das PASOK-Modell der Organisation einer Massenpartei kopieren. Der Entindustrialisierungsprozess und der Schock der zweiten Ölkrise. Die ersten Verstaatlichungen durch die Karamanlis-Regierung. Überholte Produktionstechnologie und archaische Unternehmungsführung führen die größten Industrieunternehmen in den Konkurs (später kommt die negative Rolle der Gewerkschaften dazu). Die Wahlen von 1977. Das Zentrum wird von der PASOK und von der ND absorbiert. Die Regierungsübernahme durch die PASOK eine Frage der Zeit. Der Weg der Integration in die Europäische Gemeinschaft. Griechenland 12. Mitglied der Europäischen Gemeinschaft (1980). Der tatsächliche politische Inhalt der angeblichen Anti-NATO und ANTI-EG Haltung der PASOK. Das Ende der Übergangszeit, die die Periode zwischen dem Zusammenbruch der Diktatur und der Regierungsübernahme durch die PASOK durch den Prozess einer entscheidenden Machtverlagerung charakterisiert: von der Armee als tragende Kraft der Organisation der Machtausübung zu den Massenparteien als die tragende Kraft des Systems (die Etablierung eines quasi Zwei-Parteien-Systems). Die politische Instrumentalisierung der Angst – vor allem in der Landbevölkerung – vor der Integration in die Europäische Gemeinschaft. Die Wahlen von 1981. Der Sieg der PASOK und das endgültige 57 Ende des „Staates der Nationalgesinnten“. Sozialer Konsens und reibungsloser Regierungswechsel. 5.2. 1981 – 1989 Die sogenannte „Sozialisierung“ der Wirtschaft, die Verstaatlichung der bankrotten Unternehmen. Eine politische Logik, die jede Wirtschaftslogik sprengt. Die Kontrolle der Gewerkschaften durch die PASOK. Der Aufbau der neoklientelistischen Struktur. Das Ende der Exclusion. Das Ende des „Staates der Nationalgesinnten“ wird besiegelt. Interne Säuberungen in der PASÖK. Populistisch-nationalistischer Diskurs als sozialistisches Integrationsnarrativ. Massive Anhebung des Einkommens der Lohnabhängigen und Rentner ohne Umverteilung. Steuerimmunität und Steuerhinterziehung werden nicht angetastet, vielmehr wird ihr Geltungsbereich durch die Aufhebung der Exclusion erweitert. Der Entindustrialisierungsprozess wird fortgesetzt. Die Konsumkapazität steigt und multipliziert die Einfuhren. Keine Veränderung der Produktionsstruktur. Abkoppelung des Einkommens von der Produktivität. Staat und verstaatlichte Firmen als Integrationsinstrument und Instrument der Klientelnetzwerke der Regierung. Rapides Wachstum der Verschuldung des Staates und EU-Subventionen. Die rapide Verschuldung des Staates ist noch (vor der Einführung des Euro) interne Verschuldung. Die Abwertungsgefahr (anhand der Erfahrung der immer wiederkehrenden Abwertung der Drachme) führt zu hohen Zinsen, die zwischen 1972 und 1992 zwischen 10 und 20% pendeln (1993: 23%). Die Zinsen der Bankkredite für die privaten Unternehmen pendeln zwischen 27 und 29% und erreichen auf dem „schwarzen“ Markt über 40%. Diese Entwicklung führte zu einer kontinuierlichen schleichenden Abwertung der Drachme, die durch plötzliche Abwertungsschübe unterbrochen wird und die Inflation beflügelt (z.B. 24% 1990). Gleichzeitig erhöht diese schleichende Abwertung den Preis der Einfuhren (Energie, Waren, Technologie) rapide und die Inlandsverschuldung führt zu der Herausbildung einer Gruppe von größeren und kleineren Kapitaleignern, die als Rentiers (Zinseinnahmen, Steuerimmunität) eine starke „leisure class“ bildeten. Entgegenwirkende Ursachen, die den Bankrott verhindern, waren: die Subventionen der EG, die, ohne in die Umstrukturierung der Produktion investiert zu werden, als Einkommensverteilungsmechanismus funktionieren, die Konsumtion von intern produzierten Waren minderer Qualität, die Überweisungen der im Ausland arbeitenden Griechen, der anarchische und umweltschädigende Boom des Tourismus und schließlich das Stabilisierungsprogramm von Simitis zwischen 1985 und 1987 und vor allem nach 1996. Die Einführung des Euro (2001) „rettete“ dieses System durch billige Kredite und Währungsstabilität bis zum faktischen Bankrott von 2007/2009. Die Überwindung der Angst der Landbevölkerung vor der EG-Integration wird durch die EG-Subventionen gewährleistet. Subventionen als klientelstabilisierender Faktor und als sozialer Konservierungsmechanismus. Im Widerspruch zum internationalen Rahmen einer globalisierten (Befreiung der Märkte) neoliberalorientierten Wirtschaft werden in Griechenland die sozialen Verhältnisse konserviert durch eine quasi keynesianische Politik ohne Reformen 58 der Produktionsbasis. Die de facto Akzeptanz der NATO-Integration und der EG bei einem diese Integration ablehnenden populistischen Diskurs. Der Weg in die Verstaatlichung der Partei. Parteinomenklatura und staatliche Nomenklatura, eine Fusion. Die Hochschulreform und die Massenuniversität. Die Reform des Gesundheitswesens. Nötige Reformen und defizitäre Ergebnisse. Eine neue Außenpolitik im Dienste des populistischen Diskurses. Die Kreditfalle. Die Frage der Präsidentenschaft als Machtzentrum. Erneuter Wahlsieg (1985) und Versuch, die Verschuldung zu kontrollieren. Verfassungsrevision, Entmachtung des Präsidenten, Abstimmungsmanipulation im Parlament bei der Wahl des neuen Präsidenten, und die Konstituierung einer „Premier-MinisterDemokratie“. Trotzdem wird diese Machtposition des Premierministers de facto relativiert: Durch die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Klientelnetzwerke findet eine „Arbeitsteilung“ der Klientelkanäle entsprechend der Tätigkeitsfelder der verschiedenen Ministerien statt. Hier liegt auch der Grund der großen Zahl der Minister und stellvertretenden Minister (zwischen 40 und 50). Der zweite Grund ist der Versuch, durch Ämterverteilung die Treue des Abgeordneten zu erreichen. D.h. in einer Legislaturperiode haben durch die verschiedenen Regierungsumbildungen fast alle Abgeordneten der Regierungspartei irgendwann einen Ministerposten bekommen. Die Folge ist, dass der Premierminister zwar der unangefochtene „Monarch“ der Regierung/Partei ist, aber seine Macht ist praktisch durch die Macht der „Feudalherren“ (Ministern), die die Klientelnetzwerke verwalten, eingeschränkt. Die Sparpolitik von Simitis (1985-87) wird aus Angst vor Stimmverlusten aufgegeben. Skandale, Korruption und Moralisierung der Politik durch die konservative Opposition. Der Diskurs über den Kampf gegen die Korruption zentrales Moment der Wahlstrategie der ND und der Linken. Die griechischtürkische Krise von 1987. Eine politische Konstruktion für den internen Gebrauch. Der Koskotas-Skandal (der Versuch von Papandreou, auch angesichts der bevorstehenden Privatisierung der elektronischen Medien, die Medienlandschaft zu kontrollieren und im Banksektor direkten Einfluss zu nehmen) und das „dreckige 89“. ND: ein moralischer Diskurs als Vehikel einer neoliberalen Reaktion und einer Reconquista des Staates. Die Wahlen von 1989. Der Verlust der parlamentarischen Mehrheit und die Regierungskrise. Unerwartete Koalitionen. Der Regierungsreigen. Der griechische compromisso historico: die Koalition KP-ND. Die ökumenische Koalition und die InterimsRegierung unter Zolotas. Die Verteilungsorgie an die Klientelnetzwerke des gesamten politischen Spektrums als Strategie für die kommenden Wahlen. Die Staatsverschuldung erreicht einen bis dahin nie dagewesenen Höhepunkt. Die erneuten Wahlen und der Gerade-noch-Sieg der ND unter der Führung von Mitsotakis. 5.3. 1990-1993 Der transitorische Charakter der Regierung Mitsotakis. Der Prozess gegen A. Papandreou. Eine zaghafte Politik der Privatisierung. Die Regierung als Geisel ihrer Grenzmehrheit und der Reaktion der Gewerkschaften. Konkurrierende Klientelnetzwerke. Die Privatisierung der elektronischen Medien. Der Schock des Verlustes des staatlichen (Regierungs-) Monopols im Rundfunk und Fernsehen. Die interne Krise der ND. Misslungene Privatisierungsversuche. Der 59 Zusammenbruch des Sowjetblocks und der Beginn der massiven Immigrationswelle nach Griechenland. Griechenland verwandelt sich von einem traditionellen Auswanderungsland in ein Einwanderungsland. Von der seit 1923 geschaffenen Homogenität zu einer multikulturellen Gesellschaft, die diese Entwicklung nicht akzeptieren will. Die fehlende Politik gegenüber der Immigration. Eine absurde Außenpolitik in Albanien und die nicht existenten Staatsgrenzen. Rücktritt der Regierung Mitsotakis und Wahlen. 60 5.4. 1993 -2004 Der erneute Wahlsieg von A. Papandreou. Der zögernde Beginn einer Politik der Stabilisierung der Wirtschaft. Der Versuch, der Verschuldung Herr zu werden. Die Krankheit von Papandreou und die Absurdität eines noch nie dagewesenen Personenkultes. Die Grenzen des Populismus. Der interne Aufstand der Parteispitze gegen Papandreou. Simitis Parteichef und Premierminister. Die Wahlen von 1996. Der Wahlsieg von Simitis, das Ergebnis der breiten Akzeptanz der Notwendigkeit einer politischen Ernüchterung. Die strategischen Ziele von Simitis: Stabilitätsprogramm, Integration in die Eurozone, als konsequente Entwicklung der von Karamanlis eingeleiteten Politik der Bindung und Integration Griechenlands in die EWG, Integration Zyperns in die EU und Lösung der Zypern-Frage nach der erfolgten Mitgliedschaft. Die Imia-Krise. Eine merkwürdige Krise der türkisch-griechischen Beziehungen. Die Rolle des harten inneren Kerns der PASOK und die Rolle der türkischen Medien. Die erste nationalistische Reaktion gegen die proklamierte Europa-Politik von Simitis und gegen seinen Versuch, die Rüstungsausgaben zu kürzen (die gleichzeitig die größte Bereicherungs- und Korruptionsquelle war). Der Versuch, die Verschuldung des Staates zu kontrollieren. Die Einstellungspolitik des Staates wird rationalisiert mittels einer neuen Überprüfungsbehörde (ASEP). Das Stabilitätsprogramm von 1996. Abwertung der Drachme und Politik der starken Drachme, die trotzdem weiterhin überbewertet ist, da die Produktivität weiterhin gefährlich schwach bleibt. Die überbewertete Drachme resultierte aus einer Politik der Aufrechterhaltung der hohen Konsumkapazität, um dadurch die Akzeptanz der Regierung und den Konsens für den EU-Beitritt stabil zu halten. So tritt Griechenland in die Eurozone mit einer überbewerteten Währung ein. Das muss als eine der Quellen der späteren Krise angesehen werden. Der schwache Versuch der Entindustrialisierung und der Verkümmerung der Landwirtschaft entgegenzuwirken. Massive Investitionen (EU-Subventionen) in die Infrastruktur als Grundlage für das wirtschaftliche Wachstum und die Veränderung der Produktionsstruktur (internationaler Flughafen, U-Bahn in Athen, Autobahnen, Ringautobahn um Athen, die größte Hängebrücke Europas zwischen Rio und Antirio, Infrastruktur für die Olympischen Spiele etc.). Banken (aktiv in Osteuropa, der Türkei und in den Balkanländern) und Kommunikation erweitern die – traditionellen- Schwerpunkte der griechischen Wirtschaft (Tourismus, Handelsmarine und Bauwirtschaft). Fusion und Entstehung von großen Konstruktionsfirmen, die am internationalen Wettbewerb teilnehmen können. Die griechische Wirtschaft entwickelt sich rapide zu einer Dienstleistungsgesellschaft (ohne Produktionshintergrund), ohne jemals Industriegesellschaft gewesen zu sein. Importe statt Produktion. Die mit den staatlichen Aufträgen verbundene Bauwirtschaft verändert das Gesamtbild der Ökonomie nicht. Die privaten Investitionen und die Kreditpolitik der Banken konzentrierten sich weiterhin auf Handel und Konsum, während der Staat keine Wachstumsstrategie verfolgt, die produktive Auswirkungen auf die Infrastruktur-Investitionen aktivieren würden. Die massive Reformresistenz der Staatsbürokratie und der Klientelnetzwerke in den Gewerkschaften und in den verantwortlichen Unternehmen. Die Simitis-Regierung ein Fremdkörper in der PASOK. Die Reformresistenz der traditionellen Strukturen des griechischen Unternehmertums. Handel statt Produktion. 61 Private Verschuldung, Konsumtion, real estate, Handel und Finanzkapital. Archaische Produktion, und moderne Konsumtion. Die Paranoia der Börse. Archaische Börsenstruktur und Einkommensumverteilung durch den Börsenboom. Die Börsenkrise. Die Politik der Europäisierung des Verhältnisses zur Türkei. Die Erdbeben-Politik der Annäherung. Die Entspannung des griechisch-türkischen Verhältnisses. Die innerparteiliche Reaktion auf die Regierung Simitis. Der Versuch der Europäisierung Griechenlands wird als die zentrale Gefahr für die Reproduktion der Klientelnetzwerke angesehen. Simitis erreicht seine politischen Hauptziele: Griechenland wird Mitglied der Eurozone, Zypern Mitglied der EU. Die zweite Welle der Moralisierung der Politik durch die ND unter der Führung von Karamanlis (Neffe von Konstantinos Karamanlis). Die Wahlen von 2000. Die zweite Regierung Simitis. Die Grenzen der Modernisierungspolitik. Der Annan-Plan und seine Ablehnung von der griechisch-zypriotischen Haltung gegenüber der Lösung der Zypern-Frage und der Konsolidierung eines föderativen Systems. Simitis wird von der nationalistischen griechisch-zypriotischen Seite hintergangen. Die Verfassungsrevision von 2001. Der Beginn der Bestimmung des politischen Diskurses durch die ND spiegelt sich auch in Aspekten der Verfassungsrevision von 2001. Die Kirche als zentrale Stütze der ND. ND und Kirche gegen die Säkularisierungsversuche von Simitis. Der Erzbischof von Athen und Karamanlis: das Zusammenspiel der Reaktion gegen die Reformpolitik. Der letzte Reformversuch. Die vorgeschlagene Reform des Versicherungs- und Gesundheitssystem wird wegen der massiven Reaktion der eigenen Partei zurückgenommen. Eine Regierung, die schrittweise ihre zögernde Reformpolitik aufgibt, da sie, angesichts der Reaktion der Klientelnetzwerke, nicht machbar zu sein scheint. Die Linke (KP und Vereinigte Linke) Stütze der ND gegen die Reformpolitik von Simitis. Die gelungene EU-Präsidentenschaft angesichts der durch den zweiten Irak-Krieg entstandenen Spannung zwischen USA und EU: ein Balanceakt, der aufgeht. Die Olympischen Spiele als Katalysator der massiven Investitionen in der Infrastruktur und der internationalen Anerkennung des Landes. Die Problematik der Integration einer schwachen Wirtschaft in ein System (Eurozone) des asymmetrischen Verhältnisses der Produktivitätsleistung zwischen Nationalwirtschaften: keine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik bei einer gemeinsamen Währung. Die Erstickungskonsequenzen der willkürlichen Bedingungen des Vertrages von Maastricht. Die Konsolidierung der neoliberalen Wirtschaftspolitik in der EU zeigt nicht sofort ihre Widersprüche, stellt aber die Grundsteine der Reproduktion und Vertiefung des asymmetrischen Verhältnisses, was später in die Schuldenkrise des europäischen Südens führen wird. Der rechte Populismus in der Öffensive. Der Kampf gegen die „verquickten“ Interessen als Kampf gegen die Regierung Simitis. Das Zusammentreffen des rechten und linken Populismus (auch innerhalb der PASOK) als Bollwerk gegen die Regierung Simitis. Der Versuch, die Steuerhinterziehung zu kontrollieren und die öffentliche Verwaltung zu disziplinieren: die Gründung des Amtes für die Verfolgung der Wirtschaftskriminalität und der Institution des Generalinspektors der öffentlichen Verwaltung. Die ND in der Offensive. Die Konzeption einer Strategie der Umgehung der Politik durch die Kommunikationspolitik. Die angebliche Forderung nach moralischer Katharsis und der proklamierte Kampf gegen die vernetzten Interessen zwischen Politik und Wirtschaft als effektiver Deckmantel 62 einer Politik der Unantastbarkeit der Klientelnetzwerke, der Steuerimmunität und der Steuerhinterziehung. Die Klientelnetzwerke werden nicht von der ND bedroht, sondern von den - zögernden – Modernisierungsversuchen der Wirtschafts- und Reformpolitik von Simitis, deren Abschaffung von der ND als Wahlversprechen signalisiert wird. Die moralische Katharsis als verschlüsselte Proklamation eines unausgesprochenen Täuschungsvertrages. Die „verquickten Interessen“ (die „Diaploke“) und der „Hauptaktionär“: Verfassungsartikel und Gesetzgebung im Dienste der Aufrechterhaltung der Klientelnetzwerke bei gleichzeitiger Signalisierung des Primats des Staates (der Regierung und der Politik der Privilegienverteilung) gegenüber der durch die öffentlichen Infrastruktur-Investitionen erstarkten Unternehmen, die auch die privaten elektronischen Medien kontrollieren. Ein Diskurs gegen die Vernetzung, der die Politik aus dieser Vernetzung ausnimmt und die politische Klasse als Opfer der vernetzten Wirtschaftsinteressen darstellt. Der misslungene Versuch, über die Verhinderung der Bauvorhaben und die Bloßstellung Griechenlands als unfähig die Olympischen Spiele durchzuführen, die Simitis-Regierung zu stürzen. Durch den Erfolg der Kommunikationspolitik steigt der Druck auf Simitis auch innerhalb der PASOK. Eine auch für G. Papandreou (Sohn von A. Papandreou) willkommene Entwicklung. Simitis gibt auf und ernennt G. Papandreou zu seinem Nachfolger. Papandreou an der Spitze der PASOK und PremierministerKandidat. Die anfängliche Euphorie bricht zusammen. Die Wahlen von 2004. Das Überlappen von Interessen: die ND und die neue Führung der PASOK versuchen, die Verdienste und die Erfolge der Simitis-Regierungen als neoliberale Eskapaden und als Korruptionserscheinungen abzustempeln. Die neue PASOKFührung übernimmt den Simitis-Destruktions-Diskurs der ND als Vehikel der ReEtablierung des Papandreou-Clans an der Spitze der Partei und der Durchsetzung einer neuen Führungsgruppe von Getreuen über die Partei. Die ND Sieger der Wahlen. Karamanlis wird Premier-Minister. 5.5. 2004-2010 Die Realisierung des Täuschungsvertrages. Die mit allen Mitteln verfolgte Destruktion des Erbes der Simitis-Regierungen. Sofortige und langfristige Taktik, diesem Ziel gerecht zu werden. Der Bruch mit der Euphorie der Olympischen Spiele. Die Bagatellisierung der außenpolitischen Erfolge. Politik der massiven Einstellung im Staat. Die Abschaffung des Amtes für die Verfolgung der Wirtschaftskriminalität. Das Wirtschaftsministerium teilt der EU-Kommission mit, dass die Integration Griechenlands in die Eurozone das Ergebnis eines Betrugs durch Zahlungsmanipulationen der Simitis-Regierung war. Die Regierung Simitis soll national und international bloßgestellt werden und die Apraxie der ND-Regierung mit dem Erbe der Regierung von Simitis gerechtfertigt werden. Verunglimpfung der Reformpolitik Simitis auf allen Ebenen. Die später aufgedeckte Manipulation der Auslandverschuldung mit Hilfe von Goldmann-Sachs, was keine griechische Originalität war, machte einen sehr geringen Teil der Höhe der Auslandverschuldung aus. Entscheidend war die Berechnung der Auslandschulden, die durch die immensen Rüstungsausgaben des griechischen Staates entstehen (4,9% des BIP, zum Vergleich USA 3%, nur die Türkei hatte höhere Rüstungsausgaben als Griechenland: 6% des BIP). Da 63 diese hohen Ausgaben durch das türkisch-griechische Spannungsverhältnis als ein besonderer und unvergleichlicher Fall angesehen wurden, wurde die Berechnung dieser Ausgaben auf Ratenbasis stillschweigend von Deutschland und Frankreich und dadurch von der EU akzeptiert. Die öffentliche Selbstbezichtigung Griechenlands durch die griechische Regierung müsste aber zu einer öffentlichen Verurteilung der „griechischen“ Methode führen. Die griechische Wirtschaft unter der Aufsicht der EU-Kommission. Zwei Jahre später wird diese Aufsicht aufgehoben, da die EU-Kommission die Gesundung der griechischen Wirtschaft für erreicht und die entsprechenden von Griechenland gelieferten Daten für überzeugend hielt, was die Frage der verdeckten Komplizenschaft der europäischen Konservativen aufwirft. Gleichzeitig wird die vorher angeprangerte Methode der Berechnung der Rüstungsausgaben auf Ratenbasis wiedereingeführt und wieder akzeptiert. Die Gesetzgebung über die Vernetzung der Wirtschaftsinteressen - und der Exclusion der Politik aus dem Klientelverhältnis – nimmt groteske Züge an. Falsche Angaben nach außen und nach innen. Die Reaktion der europäischen Kommission: die (sarkastisch formulierte) „mit Gründen versehene Stellungnahme“. Die erste große internationale Blamage und die Zurücknahme der Gesetze, die das Vehikel für die Regierungsübernahme gewesen waren. Die Politik der absoluten Untätigkeit. Keine Reform wird verfolgt und keine Interessen werden angetastet als Regierungsprinzip. Steuerimmunität, Steuerhinterziehung, Abgabenboykott, Sozialabgabenboykott und Korruption erreichen ihren historischen Höhepunkt. Auslandverschuldung statt Steuereinnahmen. Die Befriedigung und Befriedung der verschiedensten Gruppeninteressen mit Hilfe der billigen Auslandverschuldung. Der Versuch, die allgemeine Meinung zu kontrollieren. Der Aufbau von Abhängigkeitsnetzwerken zwischen Regierung und Unternehmen, die die elektronischen Massenmedien kontrollieren und Staatsaufträge zugesprochen bekommen. Der absolute Sieg der Kommunikationspolitik über die Politik. Die phänomenale Desorganisation der staatlichen Verwaltung. Die illegale Immigration übersteigt die Millionengrenze, d.h. mehr als 12% der in Griechenland lebenden Menschen sind keine griechischen Staatsbürger. Das Phänomen und seine Folgen werden von der Regierung einfach ignoriert. Die Asylanträge werden bis heute praktisch alle abgelehnt (0,06% der Anträge werden gewährt). So werden regelrechte Konzentrationslager errichtet, um die Flüchtlinge aufzunehmen. Bis heute hat sich nichts geändert, obwohl das Problem ununterbrochen wächst, nationalistische Reaktionen begünstigt und als ein gesamteuropäisches Problem angegangen werden muss. Wahlen für das europäische Parlament. Die zweite Niederlage von G. Papandreou. Die Vermittlung einer virtuellen Realität des Wohlstandes auf Pump nach innen und nach außen (greek statistics). Faktischer Zusammenbruch der Industrie und der Landwirtschaft. Die Staatsverschuldung als einzige Quelle des Wohlstandes (der Verlust der Steuermasse beläuft sich auf 20-30 Milliarden Euro pro Jahr, und die Höhe der grauen Wirtschaft (Paraökonomie genannt) wird von Wirtschaftsspezialisten auf über 70 Milliarden Euro pro Jahr beziffert, bei einem BIP von ca. 230 Milliarden). Ein absurdes Bild: Katastrophale Brände in Peloponnes (68 Tote) und um Athen, Desorganisation der Feuerwehr, der Polizei und der Armee, Krisenuntauglichkeit der Verwaltung und der Regierung, und Wahlsieg bei vorgezogenen Wahlen 64 2007. Interne Krise in der PASOK nach der dritten Niederlage von G. Papandreou. Trotz interner Krise kann Papandreou sich durch ein plebiszitäres Verfahren, das die Partei zurückdrängt, gegen seinen Rivalen behaupten (nicht der Parteikongress und die Parteimitglieder entscheiden, sondern der Parteichef wird durch ein originelles direktdemokratisches Verfahren von den „Freunden der PASÖK“ gewählt). Die Identifikation der PASÖK mit dem Namen Papandreou, in voller Geltung. Der rapide Weg in die Katastrophe. Die absolute Untätigkeit der griechischen Außenpolitik. Die amerikanische Immobilienkrise wird über die Verbriefungstaktik und die darauf gestützten innovativen Derivaten-Produktion zur größten internationalen Finanzkrise seit 1930, auf der Basis der Verlagerung der industriellen Produktion vom Westen in den Osten, was die krisenproduzierende Asymmetrie der Konsumtion (USA) und Produktion (China) hervorgebracht hat. Zusammenbruch der Liquidität und internationale Bankenkrise. Griechenland hält sich für immun angesichts der Krise, da der griechische Bankensektor an dieser internationalen bankkreditgestützten Spekulation nicht teilgenommen hat. (In Griechenland betrifft die Verschuldung vorerst nicht die Banken, sondern den Staat, und 2007 ahnt niemand in Griechenland die Folgen der baldigen Spekulationsumorientierung). Die Manipulation aller Wirtschaftsdaten, der Betrug nach innen und nach außen nimmt ein gigantisches Ausmaß an. Die griechische Zentralbank annulliert faktisch ihre Rolle und bleibt leise und ungehört. Die Akkumulation der Skandale. Das kleptokratische Gewitter. Die Kommunikationspolitik kann der Realität nicht mehr standhalten, und die Machtstatik bricht zusammen. Panische Flucht aus der Verantwortung durch erneut vorgezogene Wahlen. Wahlabstinenz der konservativen Wähler und Sieg der PASOK. Die Regierung von G. Papandreou. Eine unvorbereitete Regierung. Die neue Regierung erkennt die Realität nicht und glaubt, mit traditionellen Klientelnetzwerke schonenden Rezepten und PR-Politik nach außen das schon angekündigte Gewitter zu überstehen. Ratloses Suchen nach einem Ausweg. Inoffizielle Kontakte zum IMF und Ignoranz der Machtstruktur und der Funktionsweise der EU. Die internationale Bankenkrise führt zu der massiven Verschuldung der Staatshaushalte der Industrienationen. Der Steuerzahler übernimmt die Kosten der Rettung der Banken. Einkommensverteilung und neoliberale Ungleichheitspyramide. „Too big to fail“. Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste. Der Retter wird vom Geretteten angegriffen. Das neue Spekulationsobjekt des internationalen Spekulationskapitals: die Staatsverschuldung. Der am höchsten verschuldete – schon vor der internationalen Wirtschaftskrise – griechische Staat entpuppt sich als das schwächste Glied der Eurozone im Moment der Spekulation zur Destabilisierung des Euro. Das fortgesetzte Zögern der Regierung Papandreou. Die realen statistischen Daten werden veröffentlicht. Die Manipulation der Daten über die Auslandverschuldung und das Haushaltsdefizit tritt in den Vordergrund. Das folgenschwere Zögern der deutschen Regierung, das rapide Ansteigen der Zinsen der griechischen Auslandverschuldung und das Geschäft mit den Kreditausfallsversicherungen (CDS). Die griechischen Staatspapiere werden von Rating-Agenturen als Schrott bewertet. Der Staat kann keine Kredite mehr aufnehmen. Die griechischen Banken können keine Kredite aufnehmen, da sie zu 65 stark mit Staatspapieren belastet sind, und können deswegen die griechische Wirtschaft nicht mehr finanzieren. Griechenland ist faktisch bankrott. Der Rettungsvertrag der TROIKA (IMF, EZB und Europäische Kommission), das sogenannte „Memorandum“, da0 es sich um ein an Bedingungen gebundenes Kreditabkommen handelt, verhindert die wirtschaftliche Kernschmelze. Das „Memorandum“ als Zeitgewinn und Rettung der ausländischen Banken, die in griechische Staatsanleihen investiert hatten. „Austerity-Politik“. Massive Gehalts- und Rentenkürzungen und aggressive indirekte Besteuerung. Die Reaktion der Klientelnetzwerke innerhalb und außerhalb des Staatsapparates. Trotz des faktischen Bankrotts wird die Steuerimmunität weiterhin tabuisiert, obwohl sie zusammen mit der niedrigen Produktivität die Hauptursache der Auslandverschuldung ist. Die Reformresistenz der Klientelstrukturen. Die massivste Einkommensumverteilung, als Instrument der Schonung der Steuerimmunität der höheren Einkommen. Die zögernde Aufopferung der „niederen“ Klientelnetzwerke, die seit den achtziger Jahren konsolidiert wurden. Die Paranoia der rechten und der linken Opposition. Ein überraschender Vergleich: die griechische und die amerikanische Rechte. Die populistische Explosion: die Rechte, die Kommunistische Partei und die übrigen linken Gruppierungen im Schatten des Nationalismus. Das entscheidende Defizit: Keine Wachstumsstrategie, kein Reformwille. Wirtschaftlicher und politischer Bankrott. Die katastrophalste Zahlungsbilanz in Europa. Die Auslandverschuldung kann im Prinzip nicht bewältigt werden. Ein neoliberales aussichtsloses Rezept: Innere Abwertung, also Verarmung und Depression als Bedingung der Vermeidung des Bankrotts scheint die Kombination von beiden als Konsequenz zu erzeugen. Verarmung der Mittelklassen und rapides Wachstum der Arbeitslosigkeit. Der inzwischen vergessene Schatten der Armut ist nicht mehr ein Phänomen der Vergangenheit. Sozialdarwinismus und soziale Exclusion. Ein schockresistentes politisches System in einer Gesellschaft, die sich in einer Schocksituation befindet. Ein ganz spezielles politisches Vakuum. Die massive Einkommensumverteilung als Reproduktionsmechanismus der Steuerimmunität wird die sichtbare Grundlage der sozialen Stratifikation und der Wachstumsblockade. Reformresistenz und Perspektivlosigkeit. Epilog Das Ende einer politischen Kultur und ihre Resistenz. Griechenland am Wendepunkt. Der nie dagewesene Vertrauensverlust. Die notwendigen Reformen und die Alternative zur Eurozone: Die Gefahr der Rückkehr zur Drachme und zum politischen, sozialen und ökonomischen GAU. Die Hartnäckigkeit des Bestehenden. Die Zeitbombe der illegalen Immigration. Die Gefahr, dass die Rechnung nicht aufgehen kann. Die Möglichkeit einer Perspektive konstituiert sich nur aus der Kombination der Überwindung der klientelistischen Logik des Systems und einer langfristigen Strategie der Erhöhung der Produktivitätsleistung in Bereichen, die komparative Vorteile ermöglichen. Beides scheint noch nicht sichtbar zu sein. 66 Ausgewählte Literatur Die wichtigste Literatur zum Thema ist in griechischer Sprache ( u.a. Charalambis, Chatziiosif, Dertilis, Pantasopoulos,Skopetea,Stathakis, Rizas, Alivisatos etc.) vorhanden. In englischer Sprache ist auf Texte zu verweisen, die grundlegende Erreignisse behandeln: Clogg Richard: A Concise History of Greece, Cambridge University Press, Cambridge 2002 Koliopoulos Giannēs, Veremēs Thanos: Greece: The Modern Sequel: from 1821 to the Present, C. Hurst & Co, London 2004 Bildungsmedien / DVDs Dokumentation Produktionsdaten Abbildung: Titel: "Vom Widerstand zum Bürgerkrieg" - Der Kommunismus: Die grosse Utopie des 20. Jahrhunderts. Die romantischen Jahre / The communism. The great utopy of the 20-th century. The romantic years Medienart: Video-Kassette Herausgeber: NET (Zweites G. oe. F.) Autor: Kouloglou, Stelios (Regie); Hersteller-Land: Griechenland Produktumfang: 1 Video Systemvoraussetzungen: Videotechnik Inhalt Abstract: Das Video unterstützt die zeitgeschichtliche Erwachsenenbildung, den Unterricht und eine individuelle Nutzung. Das Video vermittelt einen filmischen Einblick in die Geschichte Griechenlands. / The video supports the historic adults education, training and individual usage. The video introduces the observation of greek history. Inhalt: "Vom Widerstand zum Bürgerkrieg" durchbricht die bis heute noch mehr oder minder herrschenden ideologischen Grenzen der Dokumentation. Da solche Dokumente erst in den 80ger Jahren im griechischen 67 Fernsehen möglich wurde, unterlagen einer ideologischen Interpretation der Geschichte, die sowohl die englische und amerikanische Rolle während der Zeit des Widerstandes und vor allem im Bürgerkrieg verdammten, als auch die Rolle der KP und des "Volkes" glorifizierten und heroisierten um im Endeffekt, die Ereignisse als die Vorgeschichte und die historische Legitimation der Regierungsübernahme durch die PASOK (1981) darzustellen. Man soll dabei bedenken, daß die Erfahrung der Diktatur, die sich des Bürgerkrieges ebenfalls ideologisch bediente, diese Form der Darstellung besonders begünstigt und - oberflächlich zumindest plausibel gemacht hat. Retrieval Bildungsbereich: Sekundarstufe II, Weiterbildung/Fortbildung, Erwachsenenbildung Bildungskategorie: ethische Bildung, historische Bildung EthikThemenfeld: 6. Bürger und Gesellschaft 6.1. Der Einzelne und die Gesellschaft 6.2. Die Gesellschaft für den Einzelnen Schlagwort: Bildungsmedium, Nachschlagewerk/Lexikon, Unterrichtsmedium, Zeitgeschichte, Griechenland, Europa, Ethik, history, Greece, Europe, ethics Systematik: Ethik, Geschichte, Interkulturelle Bildung, Medienpädagogik, Politische Bildung Auszeichnung Auszeichnungs-Art: Euromedia-Medaille Auszeichnungs-Jahr: 2000 Auszeichnungs-Ort: Hagen Auszeichnungs-text: Das Video "Vom Widerstand zum Bürgerkrieg" ist die zweite Folge einer Dokumentationsreihe mit dem Titel : "Kommunismus: Die große Utopie des 20. Jahrhunderts".Das erste Video dieser Reihe: " Die romantischen Jahre" wie auch die dritte: "Wie die ersten Christen" und das vierte (2 weitere sind in Vorbereitung): "Der Papst ist unfehlbar" legen ihren Schwerpunkt eher auf die internationale Situation und versuchen die Ereignisse in der Sowjetunion und ihre internationalen Konsequenzen bildlich zu zeigen und filmisch zu interpretieren, wobei der Fall Griechenland eher beiläufig erwähnt wir. Die Entscheidung für den zweiten Beitrag: "Vom Widerstand zum Bürgerkrieg" ist gefallen, weil darin ein Gleichgewicht der Schwerpunkte zustande gekommen ist, wenn man bedenkt, daß das entscheidende Auswahlkriterium nicht nur die filmische Qualität, die Fülle des Materials, die historisch korrekte Auswahl des Materials, die Originalität der Recherche und der Darstellung der Ereignisse, gestützt auf bis jetzt nicht bekannten Filmdokumenten ( der Zusammenbruch der SU machte dies möglich), sondern auch die Hervorhebung der nationalen historischen 68 Ereignissen einbezogen in dem europäischen Rahmen.Kriterium war also nicht eine ethnozentrische Interpretation und Darstellung der Geschichte, sondern die Initiierung einer Reflexion auf der Basis des Verständnisses, dessen was in Griechenland passiert ist und seiner Einbettung im Welt, bzw. Europäischen Geschehen. Diese Anforderungen erfüllt das besagte Video auf eine paradigmatische Weise. Seine Qualitäten sind hervorzuheben. Qualitäten, die durch die Erprobung seiner Anwendung in der Erwachsenenbildung noch klarer, durch die Reaktion der Teilnehmer, herausgestellt wurden."Vom Widerstand zum Bürgerkrieg" durchbricht die bis heute noch mehr oder minder herrschenden ideologischen Grenzen der Dokumentation. Da solche Dokumente erst in den 80ger Jahren im griechischen Fernsehen möglich wurde, unterlagen einer ideologischen Interpretation der Geschichte, die sowohl die englische und amerikanische Rolle während der Zeit des Widerstandes und vor allem im Bürgerkrieg verdammten, als auch die Rolle der KP und des "Volkes" glorifizierten und heroisierten um im Endeffekt, die Ereignisse als die Vorgeschichte und die historische Legitimation der Regierungsübernahme durch die PASOK (1981) darzustellen. Man soll dabei bedenken, daß die Erfahrung der Diktatur, die sich des Bürgerkrieges ebenfalls ideologisch bediente, diese Form der Darstellung besonders begünstigt und oberflächlich zumindest plausibel gemacht hat.Der Film von Kouloglou ist besonders erfolgreich in seinem Versuch den historischen Abstand auszunutzen um der Objektivität treu zu bleiben. Er meidet Parteinahme und erreicht einen Grad an Objektivität und Nüchternheit den man beispielhaft bezeichnen kann. Gleichzeitig besteht das Video zum großen Teil aus einem bis jetzt noch nicht gezeigten Material, das als solches schon Seiten der Brutalität und der Absurdität des Bürgerkrieges beleuchtet und dadurch dem objektiven Blick und dem aufklärerischen Charakter des Filmes entscheidend dient. Schließlich wurde die Entscheidung getroffen, weil die Interaktion zwischen Tondokumenten, Text und filmischer Darstellung folgendes erreicht hat: a) Die Einbettung der griechischen Erfahrung in die europäische als einen Teil von ihr und b) Daß Krieg und Bürgerkrieg die Destruktion der europäischen Zivilisation bedeutet hat, deren Teil Griechenland ist, und daß die kritische Reflexion darüber die einzige vernünftige Perspektive sein kann.Aus den oben genannten Gründen kam die Kommission zu dem Ergebnis der Prämierung dieses Dokumentarvideos, nicht zuletzt auch, weil es ohne belehren zu wollen ein ausgesprochen gelungenes Lehrmaterial ist.Das Video " Der Kommunismus: Die große Utopie des 20. Jahrhunderts. Vom Widerstand zum Bürgerkrieg " wird aufgrund seiner Qualität mit der Euro-ComeniusMedaille 2000 der GPI ausgezeichnet.Univ.-Prof. Dr. 69 Dimitris Charalambis, Bewertung Bewertungen: Es liegen noch keine Bewertungen vor. Als nicht angemeldeter Benutzer können Sie keine Bewertungen vornehmen. 70 Dokumentation Produktionsdaten Abbildung: Titel: Geographie Griechenland, eine "polizeiliche" Untersuchung in Griechenland Medienart: CD Rom Herausgeber: Conceptum, Adam Damianakis; Athen, 12 Cheyden Street, 104 34, Athens - Greece Hersteller-Land: Griechenland Hersteller-Ort: Athen Hersteller-Jahr: 2002 Produktumfang: 1 CD-ROM Begleitmaterial: Begleitheft im CD Cover Systemvoraussetzungen: Pentium-Prozessor, 32 MB RAM, WIN95-98, ME, 2000, XP, CD-ROM 8x, SVGA-Grafikkarte, 640x480, ISBN/ Mediennummer: 960-7772-07-5 Inhalt Retrieval EthikThemenfeld: Auszeichnung Auszeichnungs-Art: Euromedia-Sonderpreis Auszeichnungs-Jahr: 2005 Auszeichnungs-Ort: Berlin Laudator: Univ.-Prof. Dr. Dimitris Charalambis Bewertung Bewertungen: Es liegen noch keine Bewertungen vor. Als nicht angemeldeter Benutzer können Sie keine Bewertungen vornehmen. 71 Dokumentation Produktionsdaten Abbildung: Titel: Meine Macht ist die Liebe meiner Linse, aus der Reihe "Panorama des Jahrhunderts" Medienart: CD Rom Herausgeber: Fotos Lambrinos, Athen Hersteller-Land: Griechenland Hersteller-Ort: Athen Produktumfang: 1 CD-ROM und 1 Buch ISBN/ Mediennummer: 960-03-3937-6 Inhalt Retrieval EthikThemenfeld: Auszeichnung Auszeichnungs-Art: Euromedia-Medaille Auszeichnungs-Jahr: 2005 Auszeichnungs-Ort: Berlin Laudator: Univ.-Prof. Dr. Dimitris Charalambis Bewertung Bewertungen: Es liegen noch keine Bewertungen vor. Als nicht angemeldeter Benutzer können Sie keine Bewertungen vornehmen. 72 Dokumentation Produktionsdaten Abbildung: Titel: Neuere und aktuelle Geschichte Griechenlands 18211981 / Newer and current History of Greece 18211981 Medienart: CD Rom Herausgeber: Conceptum-Damianakis GmbH in Zusammenarbeit mit dem Verlagshaus Patakis Verlag Hersteller-Land: Griechenland Hersteller-Ort: Athen Hersteller-Jahr: 1998 Produktumfang: 1 CD-ROM Systemvoraussetzungen: IBM PC/AT oder kompatibler, mindeste Prozessorleistung z.B. "486", "Pentium 90 Mhz."; 4 MB RAM; z.B. DOS, DOS mit Windows; Bildschirm 800x600 Punkte, 16 Farben Inhalt Abstract: Die in Zusammenarbeit von Conceptum-Damianakis GmbH und dem Verlagshaus Patakis entstandene CDRÖM unterstόtzt zeitgeschichtliche Erwachsenenbildung, Unterricht und individuelle Nutzung. Die CD-ROM "Neuere und aktuelle Geschichte Griechenlands" vermittelt ein systematisches Gesamtbild des Zeitraumes 1821 bis 1981. Multimedial und interaktiv wird durch die Geschichte des neugriechischen Staates von seiner Konstituierung bis in die Gegenwart gefόhrt. Die CDROM kann schon bei einfachen Systemvoraussetzungen genutzt werden, d.h. auf jedem PC mit CD-ROM-Laufwerk ohne Verzicht auf avancierte Techniken in der Aufbereitung der Dokumente. Inhalt: Die virtuelle Zeitreise geht von der Revolution gegen das Öttomanische Reich 1821 aus und fόhrt όber die Grόndung des ersten rδumlich besonders eingeschrδnkten neugriechischen Staates 1828 von seiner Konstituierung in die Phase seiner Erweiterung (Balkankriege, letzte Etappe des Krieges gegen die Tόrkei) und der Bestimmung der fast endgόltigen Grenzen bis heute. Besonders die Zeit zwischen den Kriegen wird hervorgehoben. Die CD-RÖM stόtzt sich dabei mit einfacher Betδtigung auf 400 Seiten Text, auf 1100 Sekunden Filmmaterial, auf 60 Minuten Dokumente und Erzδhlungen, auf 800 Fotos, auf historische Originaltexte, auf unterschiedliches Bildund Kartenmaterial, auf Text, Gerδusche und Musik. Es werden Themenschwerpunkte hervorgehoben und 73 auch Hintergrundinformationen bereitgestellt. Der Nutzer kann sich anhand seiner eigenen Interessen nonlineare Informationen zur griechischen Geschichte erschlieίen und hat die Mφglichkeit zu Kombination von Grafikanimierung, Landkarten, Texten und Filmsequenzen. Suchmφglichkeiten werden vorrangig mit Stichwφrtern und Symbolen angeboten. Retrieval Bildungsbereich: Schule, Erwachsenenbildung Bildungskategorie: ethische Bildung EthikThemenfeld: 1. Kulturelle Identitδt und interkulturelle Verstδndigung 1.1. Kulturelle Identitδt und interkulturelle Verstδndigung im Blickwinkel der Vergangenheit 6. Bόrger und Gesellschaft 6.2. Die Gesellschaft fόr den Einzelnen Schlagwort: Zeitgeschichte, Griechenland, Europa, Ethik Systematik: Ethik, Geschichte, Medienpδdagogik, Politische Bildung Auszeichnung Auszeichnungs-Art: Euromedia-Medaille Auszeichnungs-Jahr: 1998 Auszeichnungs-Ort: Bochum Auszeichnungs-text: (aus der Laudatio fόr die EURÖ-Comenius-Medaille der GPI e.V. 1998, die 10. Juli 1998 in der Festveranstaltung an der Ruhr-Universitδt Bochum im Rahmen des "Europδischen Mediensommers" von Prof. Dr. Dimitris Charalambis/Athen im Namen der Sokrates-Projektgruppe EUROMEDIA und der GPIJury vorgetragen wurde) Die CD-ROM "Neuere und zeitgenφssische Geschichte Griechenlands, 1821 bis 1981", die in Zusammenarbeit zwischen der Conceptum-Damianakis GmbH und dem Verlagshaus Patakis enstanden ist, fόhrt multimedial und interaktiv durch die Geschichte des neugriechischen Staates von seiner Konstituierung (1821 bis 1828, Krieg der Unabhδngigkeit) bis in die heutige Zeit (1977, Rekonsolidierung der Demokratie, 1981, Regierungsόbemahme durch die Sozialisten). Beginnend mit der Revolution gegen das Ottomanische Reich 1821 geht die virtuelle Zeitreise όber die Grόndung 1828 des ersten rδumlich besonders eingeschrδnkten neugriechischen Staates in die Phase seiner Erweiterung (Balkankriege ab 1912, 1. Weltkrieg 1914 bis 1918, letzte Etappe des Krieges gegen die Tόrkei 1920 bis 1922) und der Bestimmung der fast (1948 werden die Dodekanesischen Inseln anektiert) endgόltigen Grenzen (1922/23) bis heute. Besonders wird hervorgehoben die Zeit zwischen den Kriegen (Spaltung des Landes zwischen Modernisten und Traditionalisten, Diktatur von 1936 bis 1940, die Okkupation und der Widerstand 1940 bis 1944, der Aufstand in Athen 1944, die letzte Etappe des 74 Bόrgerkrieges 1947 bis 1949 und der Aufbau nach dem Bόrgerkrieg, wobei die Militδrdiktatur der Öbristen 1967 bis 1974 einen groίen Abschnitt der virtuellen Zeitreise ausmacht).Die "Neuere und zeitgenφssische Geschichte Griechenlands stόtzt sich auf 400 Seiten Text; 1100 Sekunden Filmmaterial; 60 Minuten Dokumente und Erzδhlungen; 800 Fotos; historische Originaltexte; entsprechende Bilder der bildenden Kόnste, die groίe Ereignisse festhalten; Landkarten; Grafiken und Musik. Einfache und klare Betδtigung sowie Nutzerfόhrung zeigen sich schon beim Einstieg in die CD-ROM. Am Anfang werden Inhalt, Nutzungsmφglichkeiten und Handhabung erlδutert. Besonders herauszustellen sind die Grafik und die sehr eindrucksvolle Technik, Standbilder zu animieren. Der Ton, die Grafiken, die Landkarten, das Wort, die Musik, die Texte etc. werden optimal zum Inhalt der CD-ROM angeboten.Themenschwerpunkte und Hintergrundinformationen werden bereitgestellt. Dem User wird die Mφglichkeit geboten, orientiert an seinen eigenen Interessen, nonlineare Informationen zur griechischen Geschichte zu erschlieίen, wobei durch die Kombination von Grafikanimierung, Landkarten, Texten und Filmen ein hoher Lerneffekt erzielt wird. Verschiedene Suchmφglichkeiten wie Stichwφrter, Symbole etc. erschlieίen den Inhalt der CD-RÖM und ermφglichen positive Effekte fόr die Unterstόtzung von Lernzielen. Insgesamt prδsentiert sich die CD-RÖM "Neuere und zeitgenφssische Geschichte Griechenlands 1821 bis 1981" als einfach nutzbares und interessantes multimediales Lernmedium fόr Erwachsene und Jugendliche in individuellen Mφglichkeiten der CD-ROM entsprechende Informationsquelle. Obwohl die CDROM schon bei einfachen Systemvoraussetzungen genutzt werden kann, also auf jedem PC mit CD-ROM Laufwerk, verzichtet sie dennoch nicht auf avancierte Techniken in der Darstellung und Aufbereitung der Dokumente. Der User hat ein systematisches Gesamtbild der neuen und zeitgenφssischen Geschichte Griechenlands parat. Und er verfόgt όber genόgend Erklδrungsmaterial, das dem Nutzer erlaubt, Zusammenhδnge zu verstehen.Die CD-ROM ist insgesamt ein auszeichnungswόrdiges multimediales Produkt. Laudator: Univ.-Prof. Dr. Dimitris Charalambis Bewertung Bewertungen: Es liegen noch keine Bewertungen vor. Als nicht angemeldeter Benutzer können Sie keine Bewertungen vornehmen. 75 Dokumentation Produktionsdaten Abbildung: Titel: Die Diktatur der Obristen / The dictatorship of colonels Medienart: Video-Kassette Herausgeber: ET1 Griechisches Fernsehen; Autor: Manthoulis, Roviros (Regie); Hersteller-Land: Griechenland Produktumfang: 1 Video Systemvoraussetzungen: Videotechnik Inhalt Abstract: Der Videofilm "Die Diktatur der Obristen" ist eine Produktion des Ersten Programms des öffentlichen griechischen Fernsehens ET 1 und veranschaulicht die Ereignisse und politischen Verhältnisse, die zur Militärdiktatur vom 21.April 1967 in Griechenland geführt haben. Er zeigt den Charakter und die Gewalt, die durch die machthabenden Militärs zum griechischen Alltag wurden. The video "The dictaturship of colonels is a product of the first programm of greek TV ET 1 and light up the events and political conditions, which lead to the military dictatorship in 21 april 1967 in Greece. It shows the character and violence of powerful militarians, that become an ordinary day Inhalt: Das Videodokument "Die Diktatur der Obristen" zeigt durch eine präzise und inhaltlich genaue Beschreibung des Putsches, der Rhethorik und der Selbstdarstellung der Diktatur das Bild des irrationalen Charakters und der Gewalt, die durch die machthabenden Militärs in Griechenland zum Alltag wurden . Es zeigt ein vollständiges Bild der Ereignisse und der politischen Verhältnisse, die zur Militärdiktatur vom 21.4.1967 in Griechenland geführt haben. Retrieval Bildungsbereich: Weiterbildung/Fortbildung, Erwachsenenbildung Bildungskategorie: ethische Bildung, europolitische Bildung, historische Bildung, politische Bildung EthikThemenfeld: Schlagwort: 4. Gewalt und Ausgrenzung 4.2. Gewalt und Ausgrenzung in der Zeit von 1945 bis 1989 – Zeitzeugen und Zeitzeugnisse 6. Bürger und Gesellschaft 6.2. Die Gesellschaft für den Einzelnen Europa, Griechenland, Unterrichtsmedium, Bildungsmedium, Zeitgeschichte, Politik, Ethik, culture, Europe, Greece, history, ethics 76 Systematik: Ethik, Interkulturelle Bildung, Politische Bildung, Weiterbildung Auszeichnung Auszeichnungs-Art: Euromedia-Medaille Auszeichnungs-Jahr: 1999 Auszeichnungs-Ort: Wien Auszeichnungs-text: (aus der Laudatio für die EURO-Comenius-Medaille der GPI e.V. 1999, die am 24. Juni 1999 in der Festveranstaltung an der Universität in Wien im Rahmen des Symposiums "Europa im Gespräch Bildungsmedien für die zeitgeschichtliche Erwachsenenbildung" von Prof. Dr. Charalambis, Dimitris/Athen im Namen der Sokrates-Projektgruppe EUROMEDIA und der GPI-Jury vorgetragen wurde) "Die Diktatur der Obristen" ist eine Produktion des Ersten Programms des öffentlichen griechischen Fernsehens ET 1 unter Regie von Roviros Manthoulis. Dieses Videodokument zeigt ein vollständiges Bild der Ereignisse und der politischen Verhältnisse, die zur Militärdiktatur vom 21.4.1967 in Griechenland geführt haben. Durch eine präzise und inhaltlich genaue Beschreibung des Putsches, der Rhethorik und der Selbstdarstellung der Diktatur liefert dieses Dokument das Bild des irrationalen Charakters und der Gewalt (auch gegen den guten Geschmack), die durch die machthabenden Militärs zum Alltag wurde.Die Bilder überzeugen durch treffenden Sarkasmus, der die ganze Tragik der Realität schonungslos vor Augen fuehrt.Der Film beginnt und endet im Gerichtssaal, wo der Prozeß gegen die leitenden Offiziere des Militärputsches stattfindet. Dadurch wird ein Gefühl der "Katharsis" des politischen Systems vermittelt. Der Prozeß drückt auch die Qualität und die Widerstandsfähigkeit der griechischen demokratischen Tradition aus, denn nur in Griechenland wurden die Verantwortlichen der Diktatur so schnell und konsequent verurteilt. Man braucht sich nur an den Fall Videla, oder schlimmer noch, an Pinochet zu erinnern.Es muß betont werden, daß dieser Abschnitt der neueren Geschichte Griechenlands nicht losgelöst gezeigt wird, sondern eingebettet in das Weltgeschehen der 60er und 70er Jahre. Das Videodokument zeigt den internationalen politischen Rahmen (israelisch-arabischer Krieg von 1967, Watergate-Skandal, Regierungskrise in den USA und Rücktritt von Nixon 1974), in dem der Putsch und sein Zusammenbruch stattgefunden haben, sowie den Putsch auf Zypern und die darauffolgende Invasion und Okkupation des Nordteils der Insel durch die türkische Armee 1974. Dadurch wird dem Zuschauer das Verständnis der historischen Zusammenhänge leicht zugänglich gemacht.Die ausgewählten Interviews mit Zeitzeugen machen betroffen, sind passend und bereichern die Aussagekraft des Films.Schließlich muß man feststellen, daß auch die geschickte Montage der verschiedenen Dokumente dazu beiträgt, daß der Film eine Kontinuität der 77 historisch-politischen Ereignisse vermittelt, wodurch ein qualitativ hoher Lehrwert entsteht.Deshalb ist die Auswahlkommission zu dem Schlußgekommen, daß dieser Film die Verleihung der Euro-ComeniusMedaille zweifellos verdient. Laudator: Univ. Prof. Dr. Dimitris Charalambis Bewertung Bewertungen: Es liegen noch keine Bewertungen vor. Als nicht angemeldeter Benutzer können Sie keine Bewertungen vornehmen. 78 Dokumentation Produktionsdaten Abbildung: Titel: Retrospect 1900 - 2000 / Retrospect, De geschiedenis van de 20e eeuw. Kroniek encyclopedie documentaires Medienart: CD Rom Herausgeber: Academic Service, Schoonhoven Hersteller-Land: Niederlande Hersteller-Ort: Schoonhoven Hersteller-Jahr: 2000 Produktumfang: 6 CD-ROM Begleitmaterial: Handbuch im CD-ROM-Format, Seiten Systemvoraussetzungen: Multimedia-PC mit Pentium-Prozessor(ab 133 MHz); Windows 95/98; Windows NT (mit 48 MB RAM); Windows 2000 (mit 128 MB RAM); mindestens 200 MB Festplattenspeicher; 20-fach CD-ROM-Laufwerk oder schneller; von Windows unterstόtzte 16-BitSoundkarte; Grafikkarte 800x600 Pixel Auflφsung oder hφher und 65000 Farben und hφher; ISBN/ Mediennummer: 90-395-1278-7 Inhalt Abstract: Die CD-ROM "Retrospect 1900 - 2000" besteht aus sechs CD-RÖM und ist die niederlδndische Fassung der multimediale Zeitreise in die deutsche Nachkriegsgeschichte mit Fotos, Texten, Grafiken, Dokumenten, Video- und Audio-Clips; mit Einfόhrung, Ausschnitten, Sprechertexten, Schrifttexten und Hintergrundinformationen. The CD-ROM "Retrospect 1900 - 2000" consists of 6 CD-ROMs and is the dutch version of multimedial time trevel in the german after war history with photoes, texts, graphics, documents, video and audio clips; with introduction, abstracts, speaker texts and background information. Inhalt: vgl. Bewertung Retrieval Bildungsbereich: Sekundarstufe II, Weiterbildung/Fortbildung, Erwachsenenbildung 79 Bildungskategorie: EthikThemenfeld: ethische Bildung, europolitische Bildung, historische Bildung, politische Bildung 4. Gewalt und Ausgrenzung 4.1. Gewalt und Verfolgung in der Zeit von 1933 bis 1945 – Zeitzeugen und Zeitzeugnisse 4.2. Gewalt und Ausgrenzung in der Zeit von 1945 bis 1989 – Zeitzeugen und Zeitzeugnisse 6. Bόrger und Gesellschaft 6.1. Der Einzelne und die Gesellschaft 6.2. Die Gesellschaft fόr den Einzelnen Schlagwort: Zeitgeschichte, Geschichte, Politik, Gesellschaft, Welt, Europa, Deutschland, Nachschlagewerk/Lexikon, Ethik, history, ethics Systematik: Ethik, Geschichte, Politische Bildung, Weiterbildung Auszeichnung Auszeichnungs-Art: Euromedia-Medaille Auszeichnungs-Jahr: 2000 Auszeichnungs-Ort: Hagen Auszeichnungs-text: Kategorie: Zeitgeschichtliche Bildung CD-ROM: Retrospect. De geschiedenis van de 20e eeuw. Kroniek – encyclopedie – documentaires (Retrospect. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Chronik – Enzyklopδdie – Informationsmaterial) Academic Service, Schoonhoven; Digital Publishing, Mόnchen Die sechsteilige CD-ROM-Sammlung ‚Retrospect‘ ist ein Lexikon und eine ausfόhrliche Chronik όber Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik im zwanzigsten Jahrhundert, zusammengestellt durch den Verlag Academic Service Schoonhoven in Zusammenarbeit mit Digital Publishing Mόnchen. Die speziell auf die Niederlande bezogenen Artikel wurden fόr diese Ausgabe extra eingefόgt. Sie nehmen ungefδhr ein Viertel dieser Ausgabe ein. Auf dem niederlδndischen Markt ist Retrospect zur Zeit das Multimedianachschlagewerk fόr die gesamte Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die sechs CD-ROM beinhalten insgesamt 20.000 Artikel, mehr als drei Stunden Filmmaterial, 12 Stunden authentische Tondokumente, 10.000 Fotos, Karten und Illustrationen, sowie Informationsmaterial, das auf authentischen Quellen basiert. In dem Dokumentationsmaterial werden bestimmte historische Themen in zehn bis fόnfzehn Minuten mit Hilfe von gesprochenem Text, Video, Bild und Ton dargestellt. Die Chronik enthδlt Zeitleisten (time labels). Die Biographien und das Lexikon bieten einen Schatz an Informationen und verschiedenen Zugangsmφglichkeiten. Insgesamt liefert ‚Retrospect‘ zum Beispiel 200.000 anklickbare, kontextbezogene Verweise zu nδheren Information όber bestimmte Personen und Geschehnisse. Folgendes Dokumentationsmaterial ist auf den CD-ROM enthalten: CD-ROM 1: Beginn des Jahrhunderts, Niedergang der alten Welt Europa, Zwischen den 80 beiden Weltkriegen; CD-Rom 2: Zeitalter der Diktatoren, Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges, Der Zweite Weltkrieg; CD-Rom 3: Umsturz in China, Beginn des Kalten Krieges, Das Rote Imperium; CDRom 4: Das Ende der Kolonialmδchte, Aufrόstung und Entspannung, Naturkatastrophen und Unglόcke; CDRom 5: Krise in Indo-China, Krisenherd Mittlerer Osten, Der neue Zeitgeist; CD-Rom 6: Europδische Einheit, Wende im Osten, Deutschland wiedervereinigt, Hin zu einer neuen Weltordnung? Um die groίe Menge an Material so benutzerfreundlich wie mφglich anzubieten, wurde SmartCD entwickelt. Diese raffinierte Technologie funktioniert folgendermaίen: auf jeder CD-ROM ist das komplette Material von „Retrospect„ zu finden, mit Ausnahme von Dokumentarfilmen und Ton- und Bildfragmenten. Diese sind auf sechs CD-ROM verteilt. Beim Suchen fordert das Programm dazu auf, nur fόr bestimmte Bild- oder Tonfragmente eine andere CD-ROM in das Laufwerk einzulegen. Das Programm wird nicht unterbrochen, es geht aber nur weiter, wenn die richtige CD-Rom im Laufwerk liegt. Hierdurch kann man seine Suche auf einfache Weise nachvollziehen. Ein weiterer Vorteil von SmartCD ist, daί Retrospect arbeitet, ohne Festplattenspeicher in Beschlag zu nehmen. ‚Retrospect‘ ist eine deutsch-niederlδndische Co-Produktion, wobei der Inhalt όberwiegend vom deutschen Partner zusammengestellt wurde. In Anbetracht des relativ kleinen niederlδndischen Sprachraums hat die Jury jedoch viel Respekt fόr den Unternehmergeist des niederlδndischen Partners. Am wichtigsten ist, daί diese sechsteilige CD-Rom vollstδndig den Kriterien genόgt, um mit der Comenius-Medaille ausgezeichnet zu werden. ‚Retrospect‘ bietet hervorragende Bildungssoftware fόr die Schule und fόr die Erwachsenenbildung/allgemeine Weiterbildung. Es handelt sich um ein pδdagogisch, inhaltlich und gestalterisch herausragendes Bildungsmedium, das die Auszeichnung mit der Euro-Comenius-Medaille ohne Vorbehalt verdient. In den letzten Jahren wird in den Niederlanden immer wieder όber Mφglichkeiten diskutiert, die heranwachsende Generation mit Zeitgeschichte vertraut zu machen. ‚Retrospect‘ zeigt historische Prozesse. Das statische Bild der Vergangenheit wird durch den multimedialen Zugang zu einem dynamischen Bild, das Entwicklungen auf auίergewφhnlich faszinierende Weise visualisiert und hφrbar macht. ‚Retrospect‘ bietet alle Mφglichkeiten die Bedeutung von Entwicklungen zu entdecken. Die sechs CD-RÖM ermφglichen dem Benutzer, sich die Vergangenheit als sinnvolles Ganzes vorzustellen, zwingen ihm aber keine menschlichen oder gesellschaftlichen Werte auf. Die Verlage Academic Service, Schoonhoven, und Digital Publishing, Mόnchen, werden fόr die Entwicklung der didaktischen Multimedia-Software „Retrospect - De geschiedenis van de 20e eeuw. Kroniek (Retrospect - 81 Die Geschichte des 20. Jahrhunderts)„ mit der EuroComenius-Medaille 2000 der GPI ausgezeichnet. LAUDATIO von Univ.-Prof. Dr. Joan Hemels, Amsterdam, im Namen der Jury Laudator: Univ.-Prof. Dr. Joan Hemels Bewertung Bewertungen: Es liegen noch keine Bewertungen vor. Als nicht angemeldeter Benutzer können Sie keine Bewertungen vornehmen. 82 Dimitris Charalambis 3.6. Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung: Das Politische und die Politik.Die Negation des Politischen als Perspektive des Zerfalls der Europaeischen Union. (In griechischer Sprache.) Weiterbildungsmodul 3 Basistext 3 Το πολιτικό και η πολιτική. Η πολιτική άρνηση του πολιτικού ως προοπτική έκπτωσης του ευρωπαϊκού εγχειρήματος Υπάρχει ένα φαινομενικά παράδοξο στο εγχείρημα της Ευρωπαϊκής ενοποίησης. Η πορεία προς την ευρωπαϊκή ενοποίηση ήταν το αποτέλεσμα της κατανόησης των καταστροφικών επιπτώσεων που είχε η μετεξέλιξη της μορφής της διασφάλισης των αξιακών περιεχομένων των χειραφετητικών επαναστάσεων του 18ου αιώνα. Η κατανόηση δηλαδή των καταστροφικών επιπτώσεων που είχε η αντιδραστική νοηματοδότηση της συγκρότησης του έθνους-κράτους, το οποίο υπήρξε η ιστορικά αναγκαία οργανωτική μορφή των εγγυήσεων ισχύος και προστασίας των δικαιωμάτων και ελευθεριών. Το δημοκρατικό έθνος-κράτος αποτέλεσε την πιο αποτελεσματική και πραγματιστική επινόηση της νεωτερικότητας. Επινόηση η οποία, ως επαναστατική μετάλλαξη της απόλυτης μοναρχίας, διαμόρφωσε τους πολιτικούς όρους που ήταν απαραίτητοι, ώστε να διασφαλιστούν και να λειτουργήσουν στην πράξη τα αξιακά περιεχόμενα των επαναστάσεων που μετουσίωσαν τον διαφωτισμό και την θεωρητική σύλληψη του ως εάν κοινωνικού συμβολαίου σε έμπρακτη πολιτική λειτουργία. Η διασφάλιση της συνοχής και της επικρατειακής ακεραιότητας του έθνους κράτους, είτε ως λαϊκή-δημοκρατική θεμελίωση της κληρονομιάς της απόλυτης μοναρχίας, είτε ως επαναστατική, απελευθερωτική και ενοποιητική διαδικασία, διασφάλισε τις χρονικές και χωρικές εγγυήσεις, ώστε σταδιακά το εγχείρημα της νεωτερικότητας να αποκτήσει συγκεκριμένη, υλική και λειτουργική μορφή. Η θεμελίωση του πλέγματος των εγγυήσεων που διασφάλισαν την ανάδειξη και διεύρυνση των δικαιωμάτων και ελευθεριών, ως του τόπου της φιλελεύθερης, δικαιοκρατικής και δημοκρατικής έννομης τάξης ήταν η ιστορική συμβολή της κατασκευής του έθνους-κράτους στην διαδικασία προς την ολοκλήρωση της νεωτερικότητας και ανάδειξης της έννοιας του ανθρώπου ως έννοιας πραγματικής αφαίρεσης.1 Το καθοριστικό αυτό βήμα κατά την ιστορική διαδικασία προς την ολοκλήρωση των περιεχομένων που συγκροτούν το πολιτικό και συνιστούν την ιστορική differentia specifica της νεωτερικότητας αναδεικνύει ένα νοηματικό παράδοξο. Παράδοξο που προέκυψε από την ίδια την έννοια των προστατευτικών ορίων, της προστατευτικής οριοθέτησης ως αναγκαίας, πρακτικής και λειτουργικής συνθήκης της διασφάλισης των δικαιωμάτων και ελευθεριών ως διαδικασίας αποκλεισμού και εσωκλεισμού (Exclusion/Inclusion). Ιστορικά, αλλά και νοηματικά αυτό το παράδοξο σημαίνει ότι το πλαίσιο προστασίας του πολιτικού αποτέλεσε και το σημείο εκκίνησης της ολοκληρωτικής άρνησης του. Αυτό ήταν συνέπεια δύο παράλληλων διαδικασιών που προσέδωσαν στην οριοθέτηση δύο απολύτως αντιθετικές ερμηνείες και νοηματοδοτήσεις. Αυτές καθόρισαν τις ιστορικές τάσεις και διεργασίες που ανέδειξαν τη διαφορά μεταξύ πολιτικής και πολιτικού και θεμελίωσαν την ιστορική εμφάνιση των περιεχομένων εκείνων που συγκροτούν το σημασιολογικό περιεχόμενο της έννοιας του πολιτικού, αλλά και μιας συγκεκριμένης μορφής της πολιτικής απόρριψής του. Το πολιτικό και η πολιτική. Οι διαχωριστικές γραμμές και η αντιδραστική θεώρηση του πολιτικού. Ο άνθρωπος είναι ζώον πολιτικόν. Ο άνθρωπος καθίσταται άνθρωπος εν πόλει. Είναι άνθρωπος γιατί σχεδιάζει, διαμορφώνει, συγκροτεί την πόλη, ως τον χώρο τιθάσευσης της βίας, η οποία τιθάσευση είναι αυτή που επιτρέπει τη συμβίωση. Με μια πιο σύγχρονη, ήτοι νεωτερική (στη βάση της διφυούς ιδιότητας του ανθρώπου ως ιδιώτη/πολίτη) και όχι πρωτοπολιτική – όπως η αριστοτελική – διατύπωση, μπορούμε να ορίσουμε το πολιτικό, ως τον τρόπο, τη διαδικασία μέσω της οποίας ένας αριθμός ανθρώπων, ένα (αδιάρθρωτο, ή παραδοσιακά διαρθρωμένο) πλήθος συγκροτείται σε κοινωνία. Όπου κοινωνία δεν είναι απλά ένα άμορφο πλήθος – αντικείμενο επί του οποίου ασκεί εξουσία ένας (προσυμβολαιϊκός) κυρίαρχος, ούτε μια καθ’ οιονδήποτε τρόπο συνεκτική κοινότητα πεπρωμένου (Volksgemeinschaft / Schicksalsgemeinschaft). Το σημασιολογικό περιεχόμενο της έννοιας κοινωνία αναδεικνύεται μέσω της ωρίμανσης και διαμόρφωσής της από τον διαφωτισμό, τις χειραφετητικές επαναστάσεις του 18ου αιώνα (και του προηγηθέντος αιώνα των αγγλικών επαναστάσεων), το σοσιαλιστικό κίνημα του 19ου αιώνα και την υπέρβαση των ολοκληρωτισμών του 20ου αιώνα. Αυτή η γενεσιουργός διαδικασία αναδεικνύει την έννοια της κοινωνίας ως την δικαιοκρατικά οργανωμένη συμβίωση ελευθέρων και ίσων ατόμων – υποκειμένων φορέων δικαιωμάτων και ελευθεριών (κοινωνικό συμβόλαιο/volonté générale). Η λαϊκή κυριαρχία και η διάκριση των εξουσιών, υπό την θεμελιωτική δέσμευση της αξίας του ανθρώπου, η οποία είναι ο πυρήνας του ηθικού κανόνα που ως υπερθετικό Δίκαιο (Maus) καθορίζει το κανονιστικό πλαίσιο της έννομης τάξης, είναι τα θεμέλια της δικαιοκρατικής αυτοδεσμευτικής οργάνωσης της (νεωτερικής) Αναλυτικά για την νεωτερική έννοια του ανθρώπου ως έννοια πραγματικής αφαίρεσης: Χαραλάμπης, Δημήτρης: Παγκοσμιοποίηση και Δημοκρατία. Η έννοια του ανθρώπου στη Νεωτερικότητα: Πραγματική αφαίρεση και ορθός λόγος, Ίδρυμα Σάκη Καράγιωργα /Εξάντας, Αθήνα, 1998. 1 84 κοινωνίας2. Αυτή είναι η θεσμική και οργανωτική μορφή του πλέγματος εγγυήσεων της ισχύος των δικαιωμάτων και ελευθεριών, η οποία υλοποιεί τον τρόπο – πολιτικής – συγκρότησης της κοινωνίας. Το πολιτικό είναι ο τόπος του νεωτερικού εγχειρήματος και η διαδικασία αναζήτησής του ταυτίζεται με την επίτευξη του συγκεκριμένου χαρακτήρα της κανονιστικής οργάνωσης, η οποία αναδεικνύει τον τόπο ως το ζητούμενο. Η εσωτερική λογική της διαδικασίας είναι τελεολογικού χαρακτήρα, χωρίς αυτό να σημαίνει, ότι η οδύσσεια δεν επιδέχεται ανατροπές, οπισθοδρομήσεις, ή/και ίσως ανυπέρβλητα εμπόδια πραγμάτωσης - επικράτησης. Είναι, κατά τη γνώμη μου, προφανές ότι η μόνη δυνατή νοηματοδότηση του πολιτικού ενσωματώνει την έννοια της Δημοκρατίας, και μάλιστα υπό όρους ισχύος και τυπικών και ουσιαστικών δικαιωμάτων ως τέλους (σκοπού), αλλά και ως εννοιολογικά πρωτογενώς ενυπάρχουσας κανονιστικής προϋπόθεσης. Πρωτογενώς ενυπάρχουσα προϋπόθεση του σημαντικού περιεχομένου της έννοιας του πολιτικού, αφού η έννοια ωριμάζει και τείνει προς την ολοκλήρωσή της ως εγχείρημα-σκοπός τελεολογικής και όχι εσχατολογικής λογικής, μέσω της ιστορικής πορείας χειραφέτησης από τις διάφορες μορφές ετερονομίας και νόθευσής της3. Το πολιτικό, ως ιστορική και νοηματική differentia specifica του εγχειρήματος της νεωτερικότητας επιτρέπει ουσιαστικά δύο αναγνώσεις της πολιτικής. Η πολιτική, ή αποτελεί σύνολο δράσεων που εντάσσονται στη λογική της πραγμάτωσης του πολιτικού και αποτελεί έκφραση της διαδικασίας ανάδειξής του, ή αποτελεί σύνολο δράσεων με στόχο τη διακοπή της διαδικασίας συγκρότησης του πολιτικού, ή την αναίρεσή του ή την περιθωριοποίησή του4. Η οριοθέτηση της επικράτειας του έθνους-κράτους σήμαινε ταυτόχρονα την οριοθέτηση της εθνικής κοινωνίας (το δικαίωμα στην ιθαγένεια και η αρχή της εθνικής κυριαρχίας) και επέτρεψε την εμβάθυνση και διεύρυνση της διαδικασίας εκδημοκρατισμού, την (εσωτερική) διεύρυνση της ιδιότητας του φορέα δικαιωμάτων και ελευθεριών (bourgeois/citoyen), την μετάβαση από την έννοια του υπηκόου στην έννοια του πολίτη. Η αντίδραση σ’ αυτή τη διαδικασία εκδημοκρατισμού και ειδικότερα η αντίδραση στην διεύρυνση των πολιτικών δικαιωμάτων, η αντίδραση απέναντι Η έννοια της αξίας του ανθρώπου προϋποθέτει και απαιτεί την υπόσταση του ως φορέα δικαιωμάτων και ελευθεριών ως übergesetzliches (Radbruch), überpositives (Maus) Recht, ως υπερνομικό, υπερθετικό Δίκαιο που θετικοποιείται στην συνταγματική κατοχύρωση των θεμελιωδών δικαιωμάτων και ελευθεριών. Υπό αυτή την έννοια η αρμοδιότητα της αρμοδιότητας του κυρίαρχου (KompetenzKompetenz) δεν είναι απεριόριστη αλλά υπόκειται στις αξιακές προϋποθέσεις (αξία του ανθρώπου, ο άνθρωπος ως φορέας δικαιωμάτων και ελευθεριών) που αποτελούν το sine qua non των κατευθυντηρίων αρχών της θεμελίωσης του δημοκρατικού, συνταγματικού Κράτους Δικαίου. Άλλωστε ακριβώς γι αυτόν τον λόγο ο κυρίαρχος (λαός) έχει την ικανότητα της πλήρους νομικής αυτοδιάθεσης. Πρβλ. Maus, Ingeborg: Bürgerliche Rechtstheorie und Faschismus. Zur sozialen Funktion und aktuellen Wirkung der Theorie Carl Schmitts, Sink München 1980 και της ιδίας: Zur Aufkälrung der Demokratietheorie, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1994. 3 Πρβλ.: Χαραλάμπης, Δημήτρης Η συγκρότηση του πολιτικού ως τέλος αλλά όχι ως έσχατον του κανονιστικού εγχειρήματος της νεωτερικότητας, στο: Στράγγας, Ι. Παπαχαραλάμπους,, Χαρ., Σκοπός, τελεολογία και Δίκαιο, Εκδ. Σάκκουλας, Αθήνα-Θεσσαλονίκη, Nomos Verlag, Baden-Baden, L΄ Harmattan,Paris 2010 σελ. 297-341. 4 Πρβλ: Χαραλάμπης, Δημήτρης: Η έννοια του πολιτικού και της πολιτικής. Σημασιολογικές αποκλίσεις και συγκλίσεις περιεχομένων, στο: Μεταξάς, Α.Ι.Δ.(επιμ.): Πολιτική Επιστήμη. Διακλαδική και θεματική προσέγγιση της πολιτικής πράξης, εκδ. Σάκκουλα Αθήνα-Κομοτηνή 2012 (υπό έκδοση), όπου και ο συγκεκριμένος ορισμός της έννοιας του πολιτικού και της πολιτικής που παρατίθεται και εδώ. 2 85 στην επιβολή της καθολικής ψηφοφορίας ανέδειξε μια άλλη ερμηνεία της έννοιας του διαχωριστικού ορίου-συνόρου. Ανέδειξε την διαχωριστική (συνοριακή) γραμμή, όχι πλέον ως προστατευτικό κέλυφος, όχι πλέον ως προστατευτική περιχαράκωση που επέτρεπε την ανάδειξη της διαδικασίας εκδημοκρατισμού, ή την διασφάλιση των κεκτημένων αυτής της διαδικασίας, αλλά ως απόλυτη αξία. Η για πρακτικούς λόγους αναγκαία διαχωριστική γραμμή-σύνορο μεταβάλλεται σε αξία αφεαυτής. Η μετάλλαξη του ορίου από σύνορο προστασίας/εγγύησης σε υπέρτατη αξία σήμανε συγχρόνως την έκπτωση του ορθού λόγου και την ανάδειξη του ανορθολογισμού στο καθοριστικό περιεχόμενο της αντίδρασης. Πρόκειται για την μετάλλαξη την οποία ο Habermas περιγράφει ως την μετάβαση από την πολιτική έννοια του έθνους (δήμου-λαού) στην πολιτισμική έννοια του έθνους5. Η αναγκαία και πρακτική διάσταση της διαχωριστικής γραμμής-οριοθέτησης ως αντικειμενικά αναγκαίας συνθήκης διασφάλισης του τόπου, του πεδίου ανάδειξης του πολιτικού, μετεβλήθη, υπό την απειλή της ανάδειξης της κοινωνίας των ελεύθερων και ίσων ως συλλογικής χειραφετητικής έννοιας, σε έννοια-ταυτότητα αναιρετική της ίδιας της έννοιας της κοινωνίας. Η ανθρώπινη ιδιότητα, η ανθρώπινη αξιοπρέπεια ως κεντρικό πολιτικό αίτημα και περιεχόμενο των πολιτικών αγώνων, αναζήτησε την δικαίωσή της μέσα από την σχετικοποίηση-υποχώρηση των παραδοσιακών (φεουδαρχική πυραμίδα, νομικές τάξεις), αλλά και των αρχικών νεωτερικών (ιδιοκτησία ως κριτήριο συμμετοχής στην ιδιότητα του φορέα δικαιωμάτων) διαχωριστικών γραμμών περιχαράκωσής της. Η αντίδραση σ’ αυτήν την διαδικασία συγκρότησης κοινωνίας μετέβαλλε την οριοθέτηση (Abgrenzung) σε υπερκοινωνική και γι’ αυτό υπεριστορική ταυτότητα. Το αρχικά δευτερογενές, πρακτικό πλαίσιο μυθοποιείται μέσα από την απόλυτη άρνηση των (αξιακών) περιεχομένων που είχαν διαμορφώσει τον -ιστορικά αναγκαίο- λόγο ύπαρξής του. Η άρνηση του περιεχομένου, η αντίδραση απέναντι στην πορεία επιβολής του περιεχομένου, η αντίδραση και αποδέσμευση από αυτό αναιρεί το περιεχόμενο και νοηματοδοτεί το όριο, τον διαχωρισμό, τον αποκλεισμό ως το κατεξοχήν αξιακό περιεχόμενο. Η διαδικασία εκδημοκρατισμού ανατρέποντας την ολιγαρχική ερμηνεία της ανθρώπινης ιδιότητας και ως εκ τούτου επιβάλλοντας την γενική ισχύ της έννοιας της ανθρώπινης αξιοπρέπειας διαμορφώνει την (πολιτική) έννοια του λαού (των ελεύθερων και ίσων) ως κυρίαρχου, ως του κυρίαρχου πολιτικού σώματος και καθιστά τον εντός των εθνικών συνόρων πληθυσμό (εθνική) κοινωνία. Αντίθετα η αντίδραση απέναντι στη διαδικασία εκδημοκρατισμού απολυτοποιεί το όριο, απολυτοποιεί τον αποκλεισμό για να ανατρέψει όχι μόνο την διεύρυνση των δικαιωμάτων και ελευθεριών, αλλά και την ίδια την υπόστασή τους. Αυτός είναι και ο λόγος για τον οποίο η αντιδραστική σκέψη θεωρεί το όριο, τον διαχωρισμό ως το περιεχόμενο του πολιτικού. Η διαχωριστική γραμμή που διαχωρίζει τον φίλο από τον εχθρό, ο διαχωρισμός φίλου-εχθρού ανακηρύσσεται ως η έννοια, η πεμπτουσία του πολιτικού. Ουσιαστικά είναι τα όρια-σύνορα του έθνους-κράτους που διαχωρίζουν την ολότητα ενός λαού από έναν (εθνικά) άλλο λαό (Volk/Volksgemeischaft) και ταυτίζονται με την έννοια του πολιτικού. Ο εθνικά άλλος, ο ανήκων σε άλλη 5 Πρβλ. Habermas, Jürgen: Faktizität und Geltung, Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1992 σελ. 632κ.ε. 86 κοινότητα λαού είναι ο εχθρός. Την πιο συστηματική διατύπωση αυτής της έννοιας του πολιτικού κατασκευάζει ασφαλώς ο Carl Schmitt στο περίφημο ομώνυμο έργο του6. Ο άλλος δεν είναι καν εχθρός. Είναι πολέμιος.7 Είναι υπαρξιακά κάτι άλλο κάτι εχθρικό8. Ο πόλεμος (η φυσική εξόντωση του άλλου – die physiche Tőtung) είναι η αναγκαία, η υπαρξιακά αναγκαία συνέπεια γιατί είναι η υπαρξιακή άρνηση ενός άλλου είναι, die seinsmässige Negation eines anderen Seins9. Ο άλλος είναι πολέμιος γιατί είναι απόλυτα άλλος, είναι το άλλο είναι. Ο άλλος είναι δηλαδή ο φυσικός πολέμιος της εθνικής ύπαρξης. Χρησιμοποιώντας τις διατυπώσεις του Cromwell στο λόγο του της 17.9.1656 εναντίον της παπικής Ισπανίας, ο Carl Schmitt ορίζει τον άλλο ως τον «natural enemy, the povidential enemy», ως τον εχθρό/πολέμιο του εθνικού είναι, του «National Being»10. Για να μετουσιώσει σε πράξη την συνέπεια της απόλυτης, υπαρξιακής διαχωριστικής γραμμής η κοινότητα του λαού (die Volksgemeinschaft) ενσωματώνεται, απορροφάται ( wird aufgenommen) από το κράτος, το οποίο μέσα από αυτή τη διαδικασία ολοκληρώνεται πολιτικά ως απόλυτο, ολοκληρωτικό κράτος (der totale Staat), το οποίο για να πραγματώσει το πολιτικό οδηγείται στον ολοκληρωτικό πόλεμο (der totale Krieg)11. Η ειρήνη δεν είναι τίποτα άλλο παρά η προετοιμασία της συνέπειας του ούτως νοηματοδοτούμενου πολιτικού, δηλαδή η προετοιμασία του πολέμου. Το μεσοδιάστημα μεταξύ ειρήνης και πολέμου είναι ουσιαστικά πόλεμος χωρίς στρατιωτικές συγκρούσεις. Inter pacem et bellum nihil est medium12. Η πραγματική (ιστορική) αναφορά-εμπειρία για τον Carl Schmitt είναι η συνθήκη των Βερσαλλιών (1918), η οποία εκτός από προδοτική πράξη (Dolchstosslegende), ερμηνεύεται ως απλή ανακωχή που δεν σταμάτησε τον πόλεμο αλλά προς στιγμή τις στρατιωτικές εχθροπραξίες. Γι αυτό αυτή η συνθήκη καθιστά νόμιμη και πολιτικά και ηθικά ορθή πράξη την επανέναρξη της στρατιωτικής σύγκρουσης από τη Γερμανία, η οποία όλη την περίοδο (19181939) υπομένει τον πόλεμο, με άλλα μέσα, των νικητών του πρώτου μέρους της πολεμικής σύγκρουσης (Η θυματοποίηση είναι πάντοτε ουσιαστικό στοιχείο του εθνικισμού, ενδεικτικό παράδειγμα η σκηνοθεσία της γερμανικής επίθεσης εναντίον της Πολωνίας ). Η αντίδραση απέναντι στη διαδικασία εκδημοκρατισμού αποβάλλει τον χειραφετητικό χαρακτήρα της έννοιας του (κυρίαρχου) λαού, αφού δεν αποδέχεται (καθοριστικό στοιχείο του λαϊκισμού) την υπόσταση των αυτόνομων, ελεύθερων και αυτοπροσδιοριζόμενων υποκειμένων που τον συγκροτούν και μεταλλάσσει την έννοια της κοινωνίας/λαού στο απρόσωπο (αποϋποκειμενικοποιημένο) σύνολο της -μυστικιστικής- κοινότητας του λαού (Volksgemeinschaft). Υπ’ αυτούς τους όρους η αρμοδιότητα του κυρίαρχου μεταφέρεται στον προστάτη, εκφραστή, οδηγητή, αφηγητή της υπερκοινωνικής και υπεριστορικής κοινότητας πεπρωμένου. Αυτός μετουσιώνει τη θέλησή του, που εκφράζει το πεπρωμένο του λαού στο απόλυτο κράτος, το οποίο ως ο 6 Schmitt, Carl: Der Begriff des Politischen. (Text von 1932), Duncker und Humblot, Berlin 1979. στο ίδιο, ελληνικά στο πρωτότυπο σελ. 25. 8 στο ίδιο, σελ. 26. 9 στο ίδιο σελ. 33. 10 στο ίδιο, αγγλικά στο πρωτότυπο σελ. 67. 11 στο ίδιο, σελ. 109. 12 στο ίδιο, σελ. 106. 7 87 Λεβιάθαν της Protection and Obedience προστατεύει την ίδια την υπόσταση της κοινότητας του λαού και γι αυτό απαιτεί απόλυτη υποταγή. Protego ergo obligo ως το cogito ergo sum του κράτους13. Η κυριαρχία επί του λαού υποκαθιστά την λαϊκή κυριαρχία και ταυτίζει την έννοια του πολιτικού με το αντίθετό της. Η διαχωριστική γραμμή, ως υπαρξιακή διαφοροποίηση και θεμελίωση της εχθρότητας και της υπεροχής, αποτελεί το καθοριστικό περιεχόμενο του λόγου του αφηγητή/οδηγού και απολυτοποιεί την εθνική ταυτότητα ως φυσική διαφορά. Αυτή η ακραία εκδοχή του εθνικισμού μέσω της απώθησης της πολιτικής έννοιας του έθνους, της αποδέσμευσής της από τα χειραφετητικά περιεχόμενα των επαναστάσεων του 18ου και του 19ου αιώνα (1848) και της αντιδραστικής μετάλλαξής της στην πολιτισμική έννοια του έθνους αποτελεί και την βασιλική οδό της ανάδειξης του ρατσισμού ως του ερμηνευτικού θεμελίου της εθνικής ταυτότητας. Ο άλλος ως το απολύτως αντίθετο του εαυτού, δεν μπορεί να είναι πλέον ένας απλά πολιτικά άλλος (φορέας άλλης ιθαγένειας). Ο άλλος, ως – πάντα- πολέμιος, δεν αποκλείεται απλώς μέσω του πρακτικά αναγκαίου ορίου/συνόρου της επικράτειας. Η απόλυτη, υπαρξιακή (existentiell seinsgemässe) ερμηνεία της διαχωριστικής γραμμής ως φυσικής ειδοποιού διαφοράς αναζητεί εξωιστορικές, εξωκοινωνικές θεμελιώσεις. Η ευγονική έχει ήδη εμφανισθεί ως η υποτιθέμενη επιστημονική θεμελίωση της διαφοράς. Η διαφορά, για να είναι απόλυτη δεν μπορεί να είναι αποτέλεσμα της ανθρώπινης πράξης. Για να είναι απόλυτη πρέπει να είναι a priori δεδομένη. Πρέπει να είναι εγγεγραμμένη στη φυσική ουσία (Wesen) των ανθρώπων ως φυσική, βιολογική ποιοτική ιεραρχία. Η έννοια της βιολογικής/φυλετικής διαφοράς μεταβάλλεται έτσι στο θεμελιωτικό ιδεολόγημα της ποιοτικής ιεράρχησης της αξίας της ανθρώπινης ζωής. Η διαφορά αλλά και η ταυτότητα πρέπει να θεμελιωθούν σε μια υποτιθέμενη φυσική αξιακή κλίμακα. Η αδελφότητα (το έθνος) των ελευθέρων και ίσων, αποδεσμευόμενη από τα αξιακά της περιεχόμενα, αναζητεί το κοινό σημείο (την αδελφότητα) στον ανορθολογισμό της κοινότητας του αίματος. Ο ανορθολογισμός του κοινού αίματος είναι αυτός ο οποίος συγκροτεί την (εθνική/φυλετική) κοινότητα ως φυσικά διακριτή κατηγορία. Η ομοιογένεια προϋποθέτει και παράγει την αλλογένεια. Ο εθνικισμός ταυτίζεται με τον ρατσισμό. Ο άλλος είναι φυλετικά άλλος, είναι άλλου αίματος, εχθρικού, πολέμιου και πάντοτε απειλητικού. Η ίδια η έννοια του πολιτισμού μεταβάλλεται σε φυσικό στοιχείο του αίματος μεταφερόμενη κληρονομικά από γενιά σε γενιά. Από την φυσική πολιτισμική υπεροχή του αριστοκρατικού αίματος στον Gaubineau μέχρι την φυσική πολιτισμική υπεροχή της άριας φυλής, που ταυτίζεται με τον γερμανικό λαό, στον Houston Stewart Chamberlain, το αίμα θεμελιώνει την υπαρξιακή και πολιτισμική διαφορά. Το στο ίδιο, σελ. 53, όπου και οι αναφορές στον Hobbes. Στο συστηματικότερο και ουσιαστικότερο έργο του Carl Schmitt, στην συνταγματική θεωρία του (Carl Schmitt: Verfassungslehre, (Text von 1928), Duncker und Humblot, Berlin 1993), τονίζεται ότι το κράτος είναι η πολιτική ενότητα του λαού και ότι το αναφερόμενο στα δικαιώματα και τις ελευθερίες μέρος του Συντάγματος είναι το α-πολιτικό του μέρος, το διαιρετικό για την ενότητα του έθνους -λαού (σελ. 3,125,200). Αναλυτικά γι αυτό το θέμα πρβλ. υποσ. 1 Χαραλάμπης, Δημήτρης: Παγκοσμιοποίηση και Δημοκρατία , κεφ. 7 και υποσ. 74. Για τον ανορθολογικό χαρακτήρα του Αντιδιαφωτισμού και της Αντίδρασης κατά τον 19 ο αιώνα και τις επιπτώσεις τους πρβλ. και Winkler, Heinrich August: Geschichte des Westens. Bd. 1, C.H. Beck, München 2009, Wolin, Richard: Η γοητεία του Ανορθολογισμού, Πόλις, Αθήνα 2007, Sternhell, Zeev: Ο Αντιδιαφωτισμός, Αθήνα 2009. 13 88 αίμα, ως φορέας του πολιτισμού, είναι φορέας της βιολογικής ποιοτικής ιεραρχίας, της βιολογικής φυσικής ιεραρχίας της αξίας και απαξίωσης του ανθρώπου. Ο άλλος, ως πολέμιος, ως αλλογενής είναι η συνεχής απειλή του κοινοτικά και φυλετικά οριζόμενου εαυτού. Ο άλλος, ο φυλετικά κατώτερος άλλος, απειλεί την φυλετική καθαρότητα. Απειλεί την καθαρότητα του αίματος η οποία εξασφαλίζει την φυλετική ταυτότητα της κοινότητας. Με αυτόν τον τρόπο η καθαρότητα του αίματος αναδεικνύεται σε υπέρτατη προστατευόμενη αξία. Μια απλή σταγόνα αίματος (one drop blood-principle) μπορεί να νοθεύσει, να καταστρέψει την καθαρότητα, την ποιότητα της υπέρτατης αξίας. Το σύνορο, η διαχωριστική γραμμή δεν αποτελεί πλέον εξωτερικό φραγμό απέναντι στον άλλο. Εσωτερικεύεται. Η διαχωριστική γραμμή διαχέεται στην κοινότητα για να διασφαλίσει την ομοιογένειά της. Ο εχθρός-πολέμιος δεν είναι μόνο απέναντι είναι και εντός. Η προστασία της καθαρότητας του αίματος απαιτεί την εσωτερίκευση των διαχωριστικών ορίων, απαιτεί την κάθαρση του σώματος του έθνους, της Volksgemeinschaft, από το ξένο σώμα, από το αλλογενές αίμα, που απειλεί την ομοιογένειά της κοινότητας. Το άλλο αίμα πρέπει να εξοστρακισθεί, πρέπει να εξοντωθεί. Οι φορείς του άλλου αίματος, οι φυλετικά άλλοι (όπου οι εβραίοι είναι ο απόλυτος φυλετικός εχθρός) δεν θεωρούνται άνθρωποι, αλλά κτήνη με ανθρώπινη όψη (mit menschlischem Antlitz). Η ζωή τους δεν έχει αξία (unwertes Leben). Η ύπαρξη τους είναι η συνεχής απειλή της καθαρότητας του αίματος και του πολιτισμού που αυτό φέρει ως συστατική, φυσική του ουσία. Από την υποτιθέμενη φυλετική και ως εκ τούτου πολιτισμική ανωτερότητα των αποικιοκρατών απέναντι στους πληθυσμούς των αποικιών (η εφεύρεση του «αγρίου»)14 και την ψευδοεπιστημονική της τεκμηρίωση από την «θεωρία περί των φυλών» (Rassentheorie) και τα σχετικά όργανα μέτρησης της «αντικειμενικής» κατωτερότητας (όπως π.χ. το «κεφαλόμετρο» του Pierre Marie Dumontier του 1842), μέχρι τις γενοκτονικές εθνοκαθάρσεις (όπως ενδεικτικά των Αρμενίων από τους Νεότουρκους), την Segregation των Πολιτειών του Νότου των ΗΠΑ, τους φυλετικούς νόμους της Νυρεμβέργης του 1935, το Ολοκαύτωμα, και το Apartheid της Νότιας Αφρικής, η παράνοια της φυλετικής ποιοτικής ιεραρχίας και καθαρότητας είναι το θεμέλιο της απόλυτης άρνησης της αξίας του ανθρώπου, της απόλυτης άρνησης της νεωτερικότητας, της απόλυτης άρνησης του πολιτικού, όπου ασφαλώς το Ολοκαύτωμα διεκδικεί την μοναδικότητα της βιομηχανοποιημένης μαζικής γενοκτονίας. Η εμπειρία των καταστροφικών και τραγικών συνεπειών αυτής της παρανοϊκής, αλλά και συνεπούς στον ανορθολογισμό μετάλλαξης του επικρατειακού ορίου σε υπερκοινωνική, υπεριστορική ταυτότητα και στη συνέχεια η μετάλλαξη της εθνικής ταυτότητας σε φυλετική καθαρότητα αποτέλεσε την καθοριστική εμπειρία που οδήγησε στην ιδέα της υπέρβασης των συνόρων και της εθνοκεντρικής ιδεολογίας μέσω της ιδέας της συγκρότησης της Ενωμένης Ευρώπης μετά τον Β’ Παγκόσμιο Πόλεμο. Η ιδέα της Ενωμένης Ευρώπης ως υπέρβαση του ανορθολογισμού. Η σχετική βιβλιογραφία είναι εκτενέστατη, ενδεικτικά α.α. Bowden, Brett: The Empire of Civilization.The Evolution of the Ιmperial Idea,The University of Chicago Press, Chicago and London 2009. 14 89 Ο φασισμός, ο ναζισμός, το Ολοκαύτωμα, ο πόλεμος αποτέλεσαν την εμπειρία που οδήγησε στην κατανόηση των εγκληματικών και καταστροφικών επιπτώσεων της ταύτισης της έννοιας του πολιτικού με την έννοια της –εκ φύσεως δεδομένης- διαχωριστικής γραμμής (φίλος-πολέμιος) ως υπόβαθρο μιας κατάστασης συνεχούς πολέμου και συνεχών φυλετικών εκκαθαρίσεων στο πλαίσιο του ολοκληρωτικού κράτους. Τα σύνορα, ως συμβολικά και υλικά διαχωριστικά όρια, έπρεπε να σχετικοποιηθούν, να καταργηθούν, να ξεπεραστούν. Μόνο η σταδιακή συγκρότηση της κοινωνίας των Ευρωπαίων πολιτών θα επέτρεπε την υπέρβαση της εθνοκεντρικής λογικής, την υπέρβαση των ενδοευρωπαϊκών συνόρων που συγκροτούσαν και αναπαρήγαγαν τον συγκρουσιακό χαρακτήρα της απολυτοποίησης του διαχωριστικού ορίου. Η πολιτική υπέρβαση των συνόρων/ορίων αποτέλεσε την προοπτική υπέρβασης του κατακερματισμού της ευρωπαϊκής κοινωνίας και τελικά την προοπτική ανάδειξης της (νεωτερικής) έννοιας του πολιτικού ως του πραγματοποιήσιμου αντιθέτου της καρλσμιτιανής έκπτωσής του. Η πολιτική οικοδόμηση της ενωμένης Ευρώπης στο πλαίσιο της διεθνούς (δυτικής) οικονομικής σταθερότητας που εξασφάλισε η συμφωνία του Bretton Woods, η οποία και επέτρεψε την θεσμική κατοχύρωση του κοινωνικού κράτους σε εθνικό επίπεδο ως συνέπεια της εμπειρίας της κρίσης του 1929, της Μεγάλης Ύφεσης της δεκαετίας του ’30 και κυρίως της κοινωνικής, οικονομικής και πολιτικής κρίσης, η οποία είχε οδηγήσει, στο πλαίσιο της εθνοκεντρικής /ρατσιστικής/ ιμπεριαλιστικής λογικής, στον λεγόμενο νέο τριακονταετή πόλεμο στην Ευρώπη (1914-1945)15, υπήρξε η μεγαλύτερη πολιτική και πολιτισμική επιτυχία του εγχειρήματος της νεωτερικότητας στην γηραιά ήπειρο. Τα ενδοευρωπαϊκά σύνορα σχετικοποιούνται, ενώ σταδιακά υλοποιείται η ώσμωση των εθνικών και του κοινοτικού Δικαίου σε μια ευρωπαϊκή έννομη τάξη. Η τιθάσευση της βίας της αγοράς από το κοινωνικό κράτος (η κοινωνική οικονομία της αγοράς) σχετικοποιεί την κοινωνική ανισότητα και εντείνει την κοινωνική κινητικότητα, ως καθοριστικό στοιχείο του εκδημοκρατισμού των ευρωπαϊκών κοινωνιών και της σχετικοποίησης των στεγανών της κοινωνικής διαστρωμάτωσης. Η πολιτισμική επανάσταση των δικαιωμάτων και ελευθεριών, που δρομολογείται από το κίνημα του 1968, θέτει τις ουσιαστικές βάσεις της ισότητας των φύλων, αλλά και της απελευθέρωσης της έννοιας του ανθρώπου από τα σύνορα/όρια που είχε κατασκευάσει η ρατσιστική ιεράρχηση της αξίας της ζωής. Είναι ιδιαίτερα ενδιαφέρουσα και ενδεικτική διαπίστωση, ότι η ευρεία κοινωνική αποδοχή της ρατσιστικής ιεράρχησης της αξίας του ανθρώπου είχε ουσιαστικά αποσιωπηθεί, με διάφορους τρόπους μετάθεσης ή αγνόησης ευθυνών, κατά τις δύο μεταπολεμικές δεκαετίες. Δεκαετίες που χαρακτηρίζονται από την απώθηση του ναζιστικού παρελθόντος (Γερμανία, Αυστρία) και των μορφών συνεργασίας με τα ναζιστικά στρατεύματα κατοχής16. Πρβλ. Winkler, Heinrich August: Geschichte des Westens. Bd. 2, Die Zeit der Weltkriege 1914-1945, C.H. Beck, München 2011, όπου αναλύεται η περίοδος του νέου τριακονταετούς πολέμου στην Ευρώπη τον 20ο αιώνα και σε αντιπαράθεση προς τη θέση του Nolte περί ευρωπαϊκού εμφυλίου πολέμου. 16 Ενδεικτικό είναι και το γεγονός, ότι οι πρώτες δίκες ναζιστών εγκληματιών πολέμου ενώπιον γερμανικών δικαστηρίων άρχισαν διστακτικά μετά το 1966. Επίσης ο ρόλος της κυβέρνησης του 15 90 Η πολιτική έννοια του έθνους επιβάλει και πάλι τα αξιακά της περιεχόμενα και υπό την προοπτική υπέρβασης της εθνοκεντρικής λογικής απελευθερώνει την κοινωνία από τους ιστορικά αναγκαίους όρους-εθνικής- συγκρότησής της. Η ευρωπαϊκή μεταεθνική κοινωνία, ως προοπτική, διεκδικεί την ιστορική της καταξίωση και εμφανίζεται ως το επιτυχημένο οργανωτικό- θεσμικό παράδειγμα, στο πλαίσιο της παγκόσμιας κοινωνίας που διαγράφεται προοπτικά. Η ευρωπαϊκή ενοποίηση αναδεικνύεται ουσιαστικά ως υπερεθνική μορφή υλοποίησης της οικουμενικής απαίτησης ισχύος των ατομικών δικαιωμάτων και ελευθεριών. Η κατάρρευση του σοβιετικού συστήματος και το τέλος του ψυχρού πολέμου ήταν η τελευταία πράξη του δράματος του ολοκληρωτισμού στην Ευρώπη του 20ου αιώνα. Το τέλος της Σοβιετικής Ένωσης έθεσε όμως τη διαδικασία της ευρωπαϊκής ενοποίησης μπροστά σε νέες προκλήσεις. Η ενοποίηση της Γερμανίας και η Νομισματική Ένωση. Το άμεσο πρόβλημα που τέθηκε, μετά την κατάρρευση του τείχους, ήταν η ενοποίηση της Γερμανίας, η οποία θα αποτελούσε και αποτελεί την επισφράγιση του τέλους των αποτελεσμάτων του Β’ Παγκοσμίου Πολέμου στην Ευρώπη. Η προοπτική όμως της γερμανικής ενοποίησης επανέφερε στο προσκήνιο τον φόβο της αναγέννησης του γερμανικού εθνικισμού. Τον φόβο της επανεμφάνισης της γερμανικής απαίτησης για επιβολή της κυριαρχίας της στην ηπειρωτική Ευρώπη που είχε στιγματίσει την ευρωπαϊκή ιστορία από τον γαλλο-πρωσικό (γερμανικό) πόλεμο του 1870 και μετά και κυρίως κατά το πρώτο μισό του 20ου αιώνα. Η ευφορία μετά την κατάρρευση του σοβιετικού συστήματος και την απελευθέρωση των κρατών-δορυφόρων της ανατολικής Ευρώπης από την ρωσική επικυριαρχία σκιάστηκε από τα τραύματα της συλλογικής μνήμης της ιστορίας του 20ου αιώνα. Σκιάστηκε από τον φόβο της επανεμφάνισης του γερμανικού μεσευρωπαϊκού Sonderfall και της δι αυτής ακύρωσης της μεταπολεμικής διαδικασίας ένταξης της (Δυτικής) Γερμανίας στη Δυτική Ευρώπη17. Για πολλούς από μας, που γεννηθήκαμε μετά τον πόλεμο, ο φόβος μπροστά στην πιθανότητα αναβίωσης του γερμανικού εθνικισμού φαντάζει παράλογος, υπερβολικός και εξωπραγματικός, αφού η θεμελίωση τα δημοκρατίας στην (Δυτική) Γερμανία ήταν και είναι παραδειγματική, εν αντιθέσει με την περίοδο της Βαϊμάρης. Όμως η ιστορική εμπειρία επέβαλε την ανάγκη ουσιαστικών θεσμικών κατοχυρώσεων και οργανωτικών ενσωματώσεων που θα καθιστούσαν την αναβίωση του παρελθόντος αδύνατη. Η Νομισματική Ένωση προέβαλε ως η θετική/οργανωτική κατοχύρωση, η οποία θα ενέτασσε την ενοποιημένη πλέον Γερμανία ανεπιστρεπτί στον υπερεθνικό κορμό της Δυτικής Vichy παρέμεινε ουσιαστικά ταμπού μέχρι την τελευταία περίοδο της Προεδρίας του Mitterrand. Άλλωστε μόνο τα τελευταία χρόνια και μετά την πρωτοβουλία του Joschka Fischer στο Υπουργείο Εξωτερικών άρχισε η ιστορική επεξεργασία του ρόλου του στρατού, των διαφόρων υπουργείων και γενικότερα της δημόσιας διοίκησης της ναζιστικής Γερμανίας στο Ολοκαύτωμα και στην «αρειοποίηση» της Ανατολικής Ευρώπης όπως και της παρουσίας απλών ή και εξεχόντων μελών του ναζιστικού κόμματος σε όλα τα επίπεδα της δημόσιας διοίκησης και στο δικαστικό σώμα κατά την πρώτη μεταπολεμική εικοσαετία. 17 Πρβλ. Winkler, Heinrich August: Der lange Weg nach Westen Bd.1 και 2, C.H. Beck, München 2000. 91 Ευρώπης (δηλαδή στην δημοκρατική κοινότητα των δυτικών χωρών) και θα απέτρεπε την –πάντα-συγκρουσιακή αναβίωση του εθνικισμού. Η ίδια η γερμανική συντηρητική κυβέρνηση Kohl έγινε ο κεντρικός φορέας της πραγματοποίησης αυτής της (γαλλικής) ιδέας που καθησύχασε τους γαλλικούς και αγγλικούς φόβους και επέτυχε το μεταπολεμικά αδιανόητο, την γερμανική ενοποίηση. Ενοποίηση, η οποία πραγματοποιήθηκε όχι μόνο σε ουσιαστικά μηδενικό ιστορικό χρόνο και έναντι του ευτελέστατου ποσού των 15 δις μάρκων που δόθηκε από την γερμανική κυβέρνηση ως βοήθεια στην καταρρέουσα Σ.Ε. και εξασφάλισε την αποδοχή της, αλλά και ως από όλους αποδεκτό σημαίνον του τέλους του τραγικού και «σύντομου» 20ου αιώνα που άρχισε με τη δολοφονία στο Σεράγεβο και τελείωσε με την κατάρρευση της Σοβιετικής Ένωσης και την ενοποίηση της Γερμανίας. Συγχρόνως η ταυτόχρονη αποδοχή από την Γερμανία των ανατολικών συνόρων της γραμμής Oder-Neisse σηματοδότησε προς όλους, ότι η ενοποιημένη Γερμανία αποδεσμεύεται πλήρως από την παράδοση του γερμανικού μεγαλοϊδεατικού αλυτρωτικού εθνικισμού. Ασφαλώς η απόλυτη υποστήριξη των ΗΠΑ στη διαδικασία της τάχιστης ενοποίησης έπαιξε καθοριστικό ρόλο στην υπέρβαση των ευρωπαϊκών φόβων και ενίσχυσε ουσιαστικά την carpe diem πολιτική της κυβέρνησης Kohl. Οι ΗΠΑ, ως νικήτρια δύναμη του ψυχρού πολέμου, ζούσαν άλλωστε την ιστορική στιγμή της απόλυτης αυτοπεποίθησης της υπεροχής τους, που τους επέτρεπε να αγνοήσουν κάθε φόβο αναβίωσης του εθνικισμού στην Ευρώπη, αφού την θεωρούσαν αδιανόητη στο πλαίσιο της παγκόσμιας πλέον κυριαρχίας τους. Η ιστορική διαδικασία που ακολούθησε ανέδειξε όμως τέσσερα σημεία δημιουργίας νέων προβλημάτων, τα οποία συνοπτικά είναι: α) Ο ελλειμματικός χαρακτήρας της συνθήκης του Maastricht (1991/1993) και των συμπληρωματικών συνθηκών του Amsterdam (1997) και της Λισσαβόνας (2007/2009). β) Η επιβολή της (αγγλικής) επεκτατικής λογικής της ευρωπαϊκής ενοποίησης έναντι της λογικής της θεσμικής-οργανωτικής εμβάθυνσης της ήδη επιτευχθείσας δυτικοευρωπαϊκής ενοποίησης, ως επισφράγιση-εγγύηση του τέλους της ψυχροπολεμικής διαίρεσης της Ευρώπης και της συρρίκνωσης της ρωσικής επιρροής. γ) Η ευφορία της εποχής που επηρέασε και την ίδια την συνθήκη του Maastricht και απέτρεψε κάθε πρόβλεψη αντιμετώπισης κρίσεων, αφού η παγκόσμια επικράτηση της οικονομίας της αγοράς ανέδειξε το παράδειγμα της ακραίας εκδοχής της αυτορρυθμιζόμενης και γι’ αυτό αλάνθαστης αγοράς σε κυρίαρχη λογική του συστήματος που ως τέτοια θεωρείτο ότι απέκλειε κάθε πιθανότητα οικονομικών κρίσεων. δ) Το γεγονός ότι η οικονομική πορεία των αναπτυγμένων οικονομικά χωρών της Δύσης, με σχετική εξαίρεση τη Γερμανία, είχε ήδη μπει σε μια τροχιά που χαρακτηρίζεται από την διαδικασία μετεγκατάστασης της βιομηχανικής παραγωγής στις αναδυόμενες οικονομίες (BRIC) και κυρίως στην Κίνα και από την ανάδειξη της κυριαρχίας του χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου ως λόγο και αποτέλεσμα της απορρύθμισης των αγορών (παγκοσμιοποίηση). Εξελίξεις οι οποίες σηματοδότησαν την επιβολή της πολιτικής της ανισότητας, την σταδιακή σχετικοποίηση της δυτικής υπεροχής στην παγκόσμια οικονομία και στις διεθνείς σχέσεις, την υποχώρηση του κοινωνικού κράτους και την 92 διάβρωση του πολιτικού από την ραγδαία διεύρυνση της ανισότητας στον δυτικό κόσμο18. Ο ελλειμματικός χαρακτήρας των συνθηκών Maastricht, Amsterdam και Λισσαβόνας. Η Δυτική Γερμανία ήταν ήδη η ισχυρότερη οικονομική δύναμη στην Ευρώπη και ως εκ τούτου το μάρκο το πιο ισχυρό και σταθερό νόμισμα της Ευρωπαϊκής Κοινότητας. Συγχρόνως η οικονομική και Νομισματική σταθερότητα καθιστούσε το μοντέλο της πολιτικά ανεξάρτητης γερμανικής κεντρικής τράπεζας (Bundesbank) το πιο επιτυχημένο μοντέλο λειτουργίας εθνικής κεντρικής τράπεζας στην Ευρώπη. Κάτω από αυτό το πρίσμα το αντάλλαγμα της αποδοχής της εγκατάλειψης του μάρκου από τη Γερμανία και της αποδοχής του ευρώ ως του κοινού νομίσματος ήταν η επιβολή του γερμανικού μοντέλου Νομισματικής πολιτικής ως μοντέλου λειτουργίας της Νομισματικής Ένωσης. Δεν επρόκειτο απλώς και μόνο για όρο που τέθηκε από την Γερμανία, αλλά έβρισκε και τους υπόλοιπους συμβαλλόμενους στην Ευρωζώνη σύμφωνους, αφού: α) prima facie δέσμευε την Γερμανία στο ευρωπαϊκό γίγνεσθαι, β) δημιουργούσε την εντύπωση ότι η σχετικοποίηση της εθνικής κυριαρχίας θα παρέμενε σε αποδεκτά πλαίσια και γ) επρόκειτο για μία ιδιαίτερα επιτυχημένη εμπειρία. Όμως η μετάσταση του μοντέλου ήταν εξαρχής προβληματική και ελλειμματική. Η Bundesbank είχε λειτουργήσει θετικά και αποτελεσματικά στο πλαίσιο μιας κρατικής οργάνωσης που διέθετε τα απαραίτητα θεσμικά κατοχυρωμένα οργανωτικά εργαλεία οικονομικής και δημοσιονομικής πολιτικής και μάλιστα σε μια οικονομία της οποίας η βιομηχανική παραγωγή ήταν ο κομβικός πυλώνας της οικονομίας με τον οποίο ήταν, μέχρι τότε τουλάχιστον, σχεδόν απόλυτα συνδεδεμένη η λειτουργία των ιδιωτικών τραπεζών. Αυτά τα εργαλεία, ως ρυθμιστικά εργαλεία της οικονομίας, δεν εντάχθησαν στην κατασκευή της Νομισματικής Ένωσης, που εξαρχής διέπετο από το παράδειγμα της αυτορρύθμισης της αγοράς, το οποίο είχε ήδη υποσκελίσει το παράδειγμα της κεϋνσιανής συναίνεσης. Αντίθετα η οργανωτική δομή και λειτουργία της Ευρωπαϊκής Κεντρικής Τράπεζας αναπαρήγαγε μόνο την πολιτική ανεξαρτησία της Bundesbank. Αναπαρήγαγε τη μονόπλευρη στόχευσή της στην καταπολέμηση του πληθωρισμού, στην με κάθε τρόπο διασφάλιση της αξίας του χρήματος, ήτοι στην σταθερότητα των τιμών και στη διασφάλιση των συμφερόντων του χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου. Η τυπικά γερμανική προσήλωση σ’ αυτόν τον στόχο προέρχεται κυρίως από την ιστορική εμπειρία της απαξίωσης του νομίσματος. Ο πληθωρισμός αποτελεί θεμελιώδες ιστορικό τραύμα της γερμανικής κοινωνίας από την εποχή του μεσοπολέμου (1920-1923,1930-1932) και θεωρείται καθοριστικός λόγος της κατάρρευσης της Δημοκρατίας της Βαϊμάρης. Η κάτω από αυτό το πρίσμα οργανωμένη ΕΚΤ αποποιήθηκε καταστατικά κάθε προοπτική λειτουργίας της, ακόμα και σε περιόδους κρίσης, ως μηχανισμού Πρβλ.: Χαραλάμπης, Οι έννοιες του αγαθού και του συμφέροντος στην κανονιστική πολιτική θεωρία και οι επιπτώσεις της απορρύθμισης, στο: Στράγγας, Ι. Παπαχαραλάμπους,, Χαρ.: Αγαθό, συμφέρον και Δίκαιο, Εκδ. Σάκκουλας, Αθήνα-Θεσσαλονίκη, Nomos Verlag, Baden-Baden, L΄ Harmattan, Paris 2012. 18 93 καταπολέμησης της ύφεσης, π.χ. μέσω της δυνατότητας άμεσου δανεισμού των κρατών της Ευρωζώνης, ή έκδοσης ευρωπαϊκών ομολόγων με αναπτυξιακή στόχευση κλπ. Αγορές κρατικών ομολόγων από την ΕΚΤ στη δευτερογενή αγορά, δηλαδή πολιτικές ποσοτικής χαλάρωσης (quantitative easing), άρχισαν δειλά να υλοποιούνται μόνο μετά την ουσιαστική κατάρρευση της ελληνικής οικονομίας και την απειλή κατάρρευσης του υπόλοιπου Ευρωπαϊκού Νότου, και πάντοτε υπό τη συνεχή αντίθεση της Bundesbank. Η γερμανική κεντρική τράπεζα θεωρεί αυτή τη λειτουργία εξωκαταστατική πολιτική νόθευση της καθαρότητας και ανεξαρτησίας της λειτουργίας της ΕΚΤ και μετάλλαξης της Ένωσης σε μεταβιβαστική Ένωση (Transfer Union), δηλαδή στην συνομοσπονδιοποίηση της Ένωσης19. Είναι προφανές ότι η επιμονή στην απόρριψη της «μεταβιβαστικής ένωσης», ως καταστροφικής προοπτικής για τη Νομισματική Ένωση, δεν δηλώνει μόνο την συνεπή υπεράσπιση των συνθηκών και τον φόβο πληθωριστικών επιπτώσεων και μεταφοράς της δημοσιονομικής κρίσης στον πυρήνα της ευρωζώνης, αλλά εκφράζει κυρίως την άρνηση απέναντι στην προοπτική μετάλλαξης της ταυτότητας της Ένωσης και περαιτέρω σχετικοποίησης της εθνικής κυριαρχίας. Πράγμα που σαφώς προκύπτει και από τη διατύπωση της απόφασης του Συνταγματικού Δικαστηρίου της Καρλσρούης (προσφυγή Gauweiler) μετά την υπογραφή της συνθήκης της Λισσαβόνας από τη γερμανική κυβέρνηση (απόφαση της 30/6/2009). Αυτό που μπορεί οριακά να κάνει η ΕΚΤ είναι, ως ύστατος δανειστής, να δανείζει με χαμηλό επιτόκιο τις ιδιωτικές τράπεζες20, οι οποίες –αν το κρίνουν σκόπιμο, δηλαδή αρκούντως κερδοφόρο- μπορούν με πολύ υψηλότερο επιτόκιο, να δανείζουν τα κράτη (αγορά κρατικών ομολόγων) ως αποκλειστικοί δανειστές. Αυτή η διαδικασία όμως δεν αναιρεί την αναπαραγωγή και εμβάθυνση της δημοσιονομικής κρίσης (αύξηση των τόκων, και ως εκ τούτου του ελλείμματος και του χρέους), την εξάρτηση των κρατών-μελών της Νομισματικής Ένωσης από τις ιδιωτικές τράπεζες και την συνεχή αύξηση της δύναμης των οίκων αξιολόγησης, αφού αυτοί είναι οι αξιολογητές της εμπιστοσύνης που μπορεί να έχουν οι ιδιώτες επενδυτές (δανειστές) στη φερεγγυότητα των κρατών της Ευρωζώνης. Αυτή η θεσμικά κατοχυρωμένη, μέσω των ευρωπαϊκών συνθηκών, εξάρτηση των κρατών-μελών της Νομισματικής Ένωσης από τις ιδιωτικές τράπεζες συμπληρώθηκε με το άρθρο 125 της Συνθήκης της Λισσαβόνας που απαγόρευσε απολύτως τη δυνατότητα ενός κράτους-μέλους της Νομισματικής Ένωσης να προστρέξει προς βοήθεια ενός άλλου κράτους-μέλους της Ένωσης που απειλείται από χρεοκοπία (ρήτρα-no bail out ). Υποτίθεται ότι αυτό το τεράστιο οργανωτικό κενό των Συνθηκών, που εμπεριέχει τον κίνδυνο της θνησιγενούς κατασκευής, δεν επρόκειτο να έχει επιπτώσεις, λόγω της αποδοχής από τα κράτη της ΟΝΕ του λεγόμενου Συμφώνου Σταθερότητας και Ανάπτυξης. Αυτό, ως κριτήριο ένταξης, υποχρεώνει τα κράτη μέλη της ΟΝΕ να υλοποιούν τον «χρυσό κανόνα» του ισοσκελισμένου προϋπολογισμού, όπως αυτός προβλεπόταν από τη συνθήκη του Maastricht (60% του ΑΕΠ το ανώτατο όριο του δημοσίου χρέους, 3% του Πρβλ. υποσημείωση 4 και 18 όπου αναλύεται και η σχετική προβληματική και βιβλιογραφία. Πολιτική την οποία θα μπορούσε κανείς να θεωρήσει ως μία μορφή πολιτικής «ποσοτικής χαλάρωσης» και την οποία ακολουθεί πλέον η ΕΚΤ υπό τη νέα προεδρία του Draghi (ήδη έχουν διοχετευτεί στις ιδιωτικές τράπεζες 1018 δις ευρώ). Τουλάχιστον με αυτόν τον τρόπο επανακτούν σε ένα βαθμό ρευστότητα οι τράπεζες και ανοίγει η προοπτική δανεισμού των επιχειρήσεων. 19 20 94 ΑΕΠ το ανώτατο όριο του δημοσίου ελλείμματος, το οποίο ήδη έχει υποβαθμιστεί σε 0,5% του ΑΕΠ για να πειθαρχηθούν οι οικονομίες που βρίσκονται σε κρίση και πρέπει να πάρουν μέτρα για να πετύχουν ισοσκελισμένο προϋπολογισμό). Σχεδόν εξαρχής έγινε εμφανές ότι αυτά τα -αυθαίρετα- όρια του ισοσκελισμένου προϋπολογισμού ήταν εξωπραγματικά, αφού δεν τα τήρησε ούτε η Γερμανία, λόγω του κόστους της ενοποίησης, ούτε η Γαλλία, ενώ θεμελίωναν καθοριστικά την θεσμική κατοχύρωση της πολιτικής της ανισότητας, γιατί καθιστούσαν απαγορευτική κάθε διορθωτική των επιπτώσεων της αγοράς παρέμβαση του κράτους. Ήταν δηλαδή απαγορευτικά για κάθε επεκτατική δημοσιονομική πολιτική. Υπ’ αυτούς τους όρους η συνθήκη του Maastricht και η συμπλήρωση της από τις συνθήκες του Amsterdam και της Λισσαβόνας διαμορφώνουν μια Νομισματική Ένωση, η οποία καταστατικά αρνείται κάθε μορφή ουσιαστικής ρυθμιστικής παρέμβασης και στο επίπεδο της Ένωσης και στο επίπεδο των κρατών-μελών, που αποποιήθηκαν την μέχρι τότε παρεμβατική δυνατότητα τους, για να γίνουν μέλη της Ένωσης. Ειδικότερα βέβαια αποποιήθηκαν αυτόματα των δυνατοτήτων που παρέχει σε ένα κράτος η ύπαρξη εθνικού νομίσματος χωρίς τη δυνατότητα αντικατάστασης αυτής της έλλειψης από ρυθμιστικούς μηχανισμούς στο πλαίσιο της Νομισματικής Ένωσης. Με αυτό τον τρόπο τα κράτη-μέλη της ΟΝΕ μετατρέπονται σε έρμαιο των ιδιωτικών αγορών και των συμφερόντων του διεθνούς χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου. Κατάσταση την οποία επιδεινώνει η γαλλογερμανική, ουσιαστικά η γερμανική, αναποτελεσματική προσπάθεια διαχείρισης της μετά το 2010 δημοσιονομικής κρίσης. Στο πλαίσιο αυτών των συνθηκών και της οικονομικής πορείας της Ευρώπης μόνο η Γερμανία, η Ολλανδία, η Φινλανδία, το Λουξεμβούργο και δευτερευόντως η Αυστρία διατηρούν την οικονομική τους δυναμική και ανταγωνιστικότητα. Η Γερμανία, η οποία λόγω της ανταγωνιστικότητας της βιομηχανικής της παραγωγής, που διασφαλίστηκε μέσω της εισοδηματικής αναδιανομής την οποία επέβαλε η Agenda 2010 της σοσιαλδημοκρατικής κυβέρνησης Schröder, παρήγαγε και σε ευρωπαϊκό και σε παγκόσμιο επίπεδο, τα πλεονάσματα εκείνα (σύμφωνα με τον Hans Werner-Sinn 1600 δις ευρώ την τελευταία δεκαετία), που την κατέστησαν ηγεμονική οικονομική δύναμη στην Ευρώπη και βεβαίως στο χώρο της Νομισματικής Ένωσης και την κατέστησαν μαζί με την Κίνα, την πιο ανταγωνιστική εξαγωγική βιομηχανική οικονομία στον κόσμο. Το αποτέλεσμα είναι, ότι το πλεόνασμα της γερμανικής οικονομίας αποτέλεσε και αποτελεί το έλλειμμα των άλλων χωρών (κυρίως των νοτίων) της Ένωσης, λόγω του χάσματος της παραγωγικότητας που καθόρισε την εσωτερική οικονομική ασυμμετρία στο πλαίσιο της ΟΝΕ. Η αύξηση της γερμανικής παραγωγικότητας και ανταγωνιστικότητας, και η ραγδαία ανάλογη υποχώρηση της ανταγωνιστικότητας κυρίως του ευρωπαϊκού Νότου επιτείνουν συνεχώς αυτή την ασυμμετρία. Οι πραγματικές επιπτώσεις αυτής της άνισα κατανεμημένης ανταγωνιστικότητας των οικονομιών καλύπτονταν, μέχρι την έξαρση της δημοσιονομικής κρίσης, από την εικονική/πλασματική ευημερία που εξασφάλιζε το φθηνό χρήμα, αφού τα επιτόκια δανεισμού λόγω της γενικότερης θετικής εικόνας της ΟΝΕ, ήταν περίπου ίδια με τα επιτόκια δανεισμού της Γερμανίας για όλες τις χώρες της Νομισματικής Ένωσης. Άλλωστε η καταστατική υποχρέωση του κατά 95 Maastricht «χρυσού κανόνα» του ισοσκελισμένου προϋπολογισμού θεωρείτο ικανή εγγύηση φερεγγυότητας, ενώ κανένας δεν πίστευε ότι η non bail out ρήτρα θα τηρείτο. Αυτό άλλαξε με την εκτίναξη της διαφοράς των επιτοκίων δανεισμού (spreads) τη στιγμή της βίαιης εμφάνισης του προβλήματος με την de facto χρεοκοπία της Ελλάδας, την απειλή χρεοκοπίας του Ευρωπαϊκού Νότου και την ανάδειξη των αδιεξόδων της οργανωτικής διάρθρωσης της Ευρωζώνης. Σήμερα, μετά την χρηματοπιστωτική κρίση του 2007/2008 και την μετάλλαξή της σε δημοσιονομική κρίση, ως συνέπεια της ιδιωτικοποίησης του κέρδους και της κοινωνικοποίησης του γιγάντιου κόστους της χρηματοπιστωτικής κερδοσκοπίας, όπως και της μέσω δανεισμού δημιουργίας πλασματικής ευημερίας ως συγκάλυψης της συνεχούς διεύρυνσης της ανισότητας, έρχονται πλέον στο προσκήνιο οι λόγοι που οδήγησαν στη μεγαλύτερη οικονομική κρίση της οικονομίας της αγοράς μετά το 1929. Κρίση, η οποία είναι ασφαλώς και η μεγαλύτερη πολιτική και κοινωνική κρίση των δυτικών κοινωνιών μετά τον Β’ Παγκόσμιο Πόλεμο. Η ασυμμετρία, που χαρακτηρίζει την παγκόσμια οικονομία και την οικονομία στο πλαίσιο της Ε.Ε. και η δραματική διεύρυνση της ανισότητας που προοδευτικά χαρακτηρίζει την τελευταία τριακονταετία, θέτει και πάλι σε δοκιμασία το εγχείρημα της νεωτερικότητας και στο πλαίσιο αυτής της διάβρωσης του πολιτικού και το μεταπολεμικό εγχείρημα της ευρωπαϊκής ενοποίησης. Οι τάσεις καταστροφικής δυναμικής Η επιβολή του παραδείγματος της ακραίας εκδοχής της αγοράς οδηγεί σε δύο συγκεκριμένες μορφές καταστροφικής δυναμικής. Στις ΗΠΑ, παίρνει τη μορφή της υπερσυγκέντρωσης του πλούτου, της συρρίκνωσης της μεσαίας τάξης, της πρωτοφανούς έντασης του κοινωνικού αποκλεισμού και της υποχώρησης της κοινωνικής κινητικότητας, της αποβιομηχάνισης και της παράλυσης του πολιτικού συστήματος, λόγω της λυσσαλέας ενορχηστρωμένης αντίδρασης της Δεξιάς, συμπεριλαμβανομένου και του από αυτήν ελεγχόμενου Ομοσπονδιακού Ανωτάτου Συνταγματικού Δικαστηρίου, και των υπερσυγκεντρωμένων οικονομικών συμφερόντων απέναντι σε κάθε προσπάθεια επανασύστασης του κεϋνσιανού παραδείγματος. Εν ονόματι της ανεξέλεγκτης κερδοσκοπικής κερδοφορίας επιταχύνεται με αυτό τον τρόπο η υποχώρηση της θέσης της Αμερικής στον κόσμο, ενώ συγχρόνως εισέρχεται ένας ιδιότυπος υστερικός ανορθολογισμός στη δημόσια χρήση του λόγου21. Στην Ευρώπη, παράλληλα, η καταστροφική δυναμική της ακραίας εκδοχής της αγοράς απειλεί να παρασύρει το μεταπολεμικό εγχείρημα της ευρωπαϊκής ενοποίησης. Αυτή τη φορά η κρίση του πολιτικού δεν εστιάζεται στον κρατικό ολοκληρωτισμό. Εστιάζεται στην πολιτική της ανισότητας μέσω και της θεσμικής κατοχύρωσης του παραδείγματος της αυτορρυθμιζόμενης και αυτοποιούμενης αγοράς. Αυτή η και θεσμικά επιβαλλόμενη ανισότητα καταγράφεται ως όρος και απαίτηση των ευρωπαϊκών συνθηκών από το Maastricht και μετά, λόγω της καταστατικής απόρριψης της διασφάλισης των όρων αναπαραγωγής της κοινωνίας μέσω επεκτατικών δημοσιονομικών πολιτικών. Η άσκηση επεκτατικής δημοσιονομικής πολιτικής θεωρείται Η σχετική βιβλιογραφία για τα ανορθολογικά στοιχεία της αμερικανικής συντηρητικής πολιτικής και την ενορχηστρωμένη δράση της αμερικανικής Δεξιάς σήμερα είναι ήδη ογκώδης. Ενδεικτικά για την προβληματική και την συνοπτική επεξεργασία της σχετικής βιβλιογραφίας πρβλ. υποσημείωση 18. 21 96 αντιπαραγωγική και ανορθολογική πολιτική προσπάθεια νόθευσης της καθαρότητας της αυτορρυθμιστικής λειτουργίας του υποτιθέμενου ορθού λόγου της αγοράς. Η μόνη προσαρμογή των συνθηκών που γίνεται αποδεκτή από την συντηρητική γερμανική κυβέρνηση υπό τον όρο «Ένωση Δημοσιονομικής Σταθερότητας», είναι η (υφεσιογόνος) ένταση της λιτότητας, της δημοσιονομικής πειθαρχίας και της ανισότητας ως υποτιθέμενης μήτρας της προσέλκυσης κεφαλαίων, της παραγωγικότητας, της ανταγωνιστικότητας και της αντιμετώπισης της διόγκωσης του δημοσίου χρέους. Η επανεμφάνιση των διαχωριστικών γραμμών απειλεί να ορίσει και πάλι το πολιτικό πεδίο θέτοντας σε κίνδυνο την υπέρβαση των περιχαρακώσεων, την υπέρβαση των συνοριακών γραμμών. Αυτή τη φορά με την ελάχιστα συγκεκαλυμμένη μορφή και πολιτική εργαλειοποίηση του οικονομικού εθνικισμού. Άλλωστε η Λίγκα του Βορρά στην Ιταλία και το οριακά αποτρεπόμενο σχίσμα της εθνικής οντότητας στο Βέλγιο έχουν ήδη φέρει αυτή την οικονομική διαχωριστική γραμμή στο προσκήνιο, και μάλιστα στο επίπεδο του εθνικού κράτους. Ασφαλώς τα πράγματα δεν χαρακτηρίζονται σήμερα από την αγριότητα του μεσοπολέμου και την κατάληψη της κοινωνίας από τα πολιτικά άκρα. Τα 60 περίπου χρόνια της επιτυχίας του ευρωπαϊκού εγχειρήματος συγκροτούν καθοριστικό εμπόδιο στον ανορθολογισμό. Η διάβρωση όμως του εγχειρήματος αυτού μέσω της προοπτικής της σταδιακής μετάλλαξης της Νομισματικής Ένωσης, βάσει της οποίας το κοινό νόμισμα θα αποτελούσε τον καθοριστικό συνδετικό ιμάντα της Ένωσης και τον μηχανισμό εμβάθυνσης της ενοποίησης, σε εκρηκτικό φυγόκεντρο παράγοντα ανοίγει αρνητικές προοπτικές που δύσκολα μπορεί κανείς σήμερα να προβλέψει. Το βήμα της Νομισματικής Ένωσης προτάχθηκε στη διαδικασία της ευρωπαϊκής ενοποίησης για τους λόγους που ανέφερα πιο πάνω και όχι ως «φυσική» ωρίμανση της ενοποιητικής διαδικασίας που λογικά θα προϋπέθετε, ή τουλάχιστον θα καθιέρωνε ταυτοχρόνως την πολιτική και δημοσιονομική ένωση. Η πρόταξη της πολιτικής και δημοσιονομικής ένωσης θα ήταν η «φυσική» διαδικασία, η οποία θα είχε δρομολογήσει την σταδιακή νομιμοποίηση της αλλαγής ταυτότητας της ίδιας της Ένωσης, αλλά και των εθνών-κρατών που την αποτελούν, υπό τη μορφή της θεσμικής αναδιάρθρωσης της οργάνωσης των αρμοδιοτήτων (της κυριαρχίας) σε μεταεθνικό, υπερεθνικό-ενωσιακό επίπεδο. Χωρίς βέβαια να υποτιμηθεί το γεγονός ότι η εθνοκεντρική αντίληψη παραμένει ισχυρή στην Ευρώπη –με κύριο όχημα τον οικονομικό εθνικισμό και την αντίληψη της προτεραιότητας της εθνικής πολιτικής- όπως απέδειξε και η δημοψηφισματική άρνηση της αποδοχής του Ευρωπαϊκού Συντάγματος στη Γαλλία και την Ολλανδία. Θα πρέπει άλλωστε να σημειωθεί ότι η πρόταξη της Νομισματικής Ένωσης μάλλον αποπροσανατόλισε την πολιτική στοχοθεσία της ευρωπαϊκής ενοποίησης, γιατί η πρόταξη ουσιαστικά ανέτρεψε τη λογική αλληλουχία της ενωσιακής διαδικασίας. Θέμα προς ανάλυση είναι ασφαλώς το γεγονός, που δεν μπορεί να εξετασθεί εδώ, ότι ο δημόσιος λόγος στην Ευρώπη και οι πολιτικές δυνάμεις στην πλειοψηφία τους δεν έπαυσαν να θεωρούν το εθνικό προνομιακό πεδίο έναντι του ευρωπαϊκού, αναπαράγοντας την υποβάθμιση των ευρωπαϊκών θεσμών έναντι των εθνικών (ενδεικτικότερη ίσως η περίπτωση του Ευρωκοινοβουλίου, αλλά και η επιλογή του van Rοmpuy και της Ashton) και την εντύπωση στην κοινή γνώμη, ότι το ευρωπαϊκό θεσμικό πλαίσιο είναι πάντοτε (τεχνοκρατικά) 97 επικουρικό της εθνικής πολιτικής και συνήθως υπεύθυνο για τις όποιες αποτυχίες της. Άλλωστε η διακυβερνητική προσπάθεια διαχείρισης της κρίσης και ειδικότερα οι γερμανικές πρωτοβουλίες –έστω και με το άλλοθι της γαλλικής συνεργασίας- υποβαθμίζουν το Ευρωκοινοβούλιο και μεταβάλλουν τους υπόλοιπους ευρωπαϊκούς θεσμούς σε εκτελεστικές γραμματείες, των οποίων η ελλιπής δημοκρατική νομιμοποίηση είναι έτσι κι αλλιώς εξαρτημένη και διαμεσολαβημένη από τη θέληση των εθνικών κυβερνήσεων. Το αποτέλεσμα αυτής της ιδιότυπης και συγκυριακά επιβληθείσας πρόταξης της Νομισματικής Ένωσης αντί της πολιτικής και δημοσιονομικής ενοποίησης εμβάθυνε με συνεχώς επιταχυνόμενο ρυθμό την ήδη (προ-ευρώ) υπάρχουσα οικονομική ασυμμετρία μεταξύ των χωρών που συγκρότησαν την ΟΝΕ καθιστώντας την κρίση μια από τη μορφή της θεσμικής οργάνωσης της Νομισματικής Ένωσης προαναγγελθείσα κατάληξη. Υπ’ αυτούς τους όρους η ισχυρότερη και γι αυτό ηγεμονική οικονομία της Ένωσης, η Γερμανία, πήρε την πρωτοβουλία της προσπάθειας επίλυσης της κρίσης, έστω και με την για ιστορικούς λόγους και γι αυτό πολιτικά αναγκαία αποδοχή της σύμπραξης της Γαλλίας. Η διστακτικότητα όμως της γερμανικής συντηρητικής κυβέρνησης, αποτέλεσμα της υποταγής της πολιτικής διαχείρισης στο κυρίαρχο παράδειγμα της ακραίας εκδοχής της αγοράς, με κομβικό σημείο την θεώρηση της πολιτικής της ανισότητας ως του μονόδρομου για την επίτευξη ανταγωνιστικότητας, καθιστά τις προτεινόμενες λύσεις, μέσω του Ταμείου Χρηματοπιστωτικής Σταθερότητας (EFSF) και της επικείμενης μετεξέλιξής του σε Ευρωπαϊκό Μηχανισμό Σταθερότητας (ESM), αναποτελεσματικές και το μέλλον της Ένωσης άδηλο. Χωρίς βέβαια στην ερμηνεία της στάσης της γερμανικής κυβέρνησης να υποβαθμίζεται το γεγονός της αρνητικής στάσης της πλειοψηφίας των συντηρητικών ψηφοφόρων απέναντι σε μια προοπτική υπέρβασης της εθνοκεντρικής λογικής, αλλά και της αρνητικής στάσης του Ομοσπονδιακού Συνταγματικού Δικαστηρίου της Γερμανίας. Το δίλημμα τίθεται μεταξύ της επιλογής της πορείας προς μια μεταεθνική Ευρωπαϊκή Δημοκρατία, ή της πορείας προς μια ασταθή και συνεχώς υπό διακινδύνευση ευρισκόμενη μεταδημοκρατική Ένωση. Το δεύτερο σηματοδοτεί την κυριαρχία των οικονομικών υπερσυγκεντρωμένων συμφερόντων και την με αυτά συνδεδεμένη λογική της διαχείρισης κορυφής από την εκτελεστική εξουσία των ισχυρότερων κρατών της Ένωσης υπό την κηδεμονία της Γερμανίας. Το γερμανικό συντηρητικό μοντέλο και μάλιστα με την πιο ήπια μορφή του, την οποία εκφράζει η κυρία Μέρκελ, και όχι ο κυβερνητικός συνασπισμός στο σύνολό του, θεωρεί ότι προϋπόθεση για τη διατήρηση της Ένωσης είναι η λιτότητα, η «προσαρμοσμένη στην αγορά Δημοκρατία», η «marktkonforme Demokratie», όπως η ίδια έχει υποστηρίξει, ώστε σταδιακά να υποχωρήσει η υπερχρέωση, να πέσουν οι τιμές και να καταστούν ελκυστικές για το κεφάλαιο οι παραγωγικές επενδύσεις, λόγω της μείωσης του κόστους και της μέσω αυτής αύξησης της κερδοφορίας. Η αύξηση της κερδοφορίας θα οδηγήσει σε επενδύσεις και μέσω αυτής της επενδυτικής δραστηριότητας, θα αυξηθεί η παραγωγικότητα της οικονομίας της Ευρωζώνης. Πρότυπο είναι και πάλι η διαδικασία που θα μπορούσαμε να ονομάσουμε «διαδικασία παραγωγικής ανισότητας», η οποία κατέστησε την Γερμανία την πιο εξαγωγική ανταγωνιστική οικονομία στον κόσμο μαζί με την Κίνα. Το συντηρητικό αυτό μοντέλο δεν αναφέρεται όμως στο γεγονός, ότι η Γερμανία, ακριβώς λόγω του 98 πλεονασματικού χαρακτήρα της οικονομίας της, μπόρεσε να διατηρήσει μια, εντόνως άνισα κατανεμημένη, δυναμική εσωτερική αγορά. Ουσιαστικά, βάσει αυτού του σκεπτικού του μονόδρομου της λιτότητας, στο μοντέλο της Bundesbank ως υπόδειγμα για την ΕΚΤ προστίθεται και το μοντέλο της διαστρωμάτωσης της γερμανικής κοινωνίας. Η επιτευχθείσα δια της Agenda 2010 αναδιάρθρωση της γερμανικής κοινωνίας φαίνεται να θεωρείται όχι μόνον υπόδειγμα για τις ευρωπαϊκές εθνικές κοινωνίες, αλλά υπόδειγμα για την διάρθρωση των σχέσεων-ιεραρχήσεων μεταξύ των κρατών της Ένωσης. Ρεαλιστικά εξετάζοντας την σημερινή κατάσταση στην Ευρώπη αυτό σημαίνει ουσιαστικά τρία επίπεδα χωρών στο πλαίσιο της Ένωσης: α) Χώρες με ανταγωνιστική οικονομία με επίκεντρο την Γερμανία, β) χώρες που οριακά μπορούν να ακολουθήσουν την πορεία που χαράσσει η πρωτοκαθεδρία των ανταγωνιστικών χωρών και ίσως έχουν προοπτικές ένταξής τους στο παραγωγικό φάσμα και γ) χώρες οι οποίες, πρωτίστως η Ελλάδα και δευτερευόντως η Πορτογαλία, αλλά ίσως και η Ισπανία, αν θέλουν να παραμείνουν στην Νομισματική Ένωση και τελικά στην Ε.Ε. θα πρέπει, επιβλεπόμενες από την αυστηρή εποπτεία των ανταγωνιστικών χωρών, να επανέλθουν στο επίπεδο δημόσιας και ιδιωτικής χαμηλής κατανάλωσης (εσωτερική υποτίμηση) που θα αντιπροσωπεύει την πραγματική τους παραγωγική επιφάνεια, στο πλαίσιο όμως πάντα της ισχύουσας ασυμμετρίας. Υπ’ αυτούς τους όρους υποτίθεται ότι δρομολογείται η μελλοντική, και κατά πάσα πιθανότητα ανέφικτη, προοπτική της επανάκτησης της (σχετικής) ανταγωνιστικότητάς τους μέσα από την επιβολή της (νεοφιλελεύθερης) εξίσωσης: φτωχό κράτος + φτωχή μεσαία τάξη + φτωχοί εργαζόμενοι (συρρίκνωση άμεσων και έμμεσων μισθών)= μεγαλύτερα κέρδη + χαμηλή φορολόγηση επιχειρήσεων = προσέλκυση επενδυτών = εξαγωγικές επενδύσεις. Ουσιαστικά πρόκειται, τουλάχιστον ως προς την τρίτη κατηγορία κρατών, για μία ιδιόρρυθμη ερμηνεία του μοντέλου μέσω του οποίου α) ενσωματώθηκε η Ανατολική στη Δυτική Γερμανία, όπου βέβαια η δυναμική της εθνικής αλληλεγγύης, παρ’ όλες τις εντάσεις, άμβλυνε το εισοδηματικό χάσμα και διαμόρφωσε μια άλλη ποιότητα οικονομικής υποστήριξης (1,5 τρις ευρώ έχει κοστίσει μέχρι σήμερα η ενσωμάτωση της Ανατολικής Γερμανίας), και β) πραγματοποιήθηκε κατά την τελευταία δεκαετία (Agenda 2010) η αναδιάρθρωση της γερμανικής κοινωνίας υπό όρους εργαλειοποίηση της κοινωνικής ανισότητας ως ανταγωνιστικού πλεονεκτήματος. Πολιτική αναδιάρθρωσης και αναδιανομής εισοδημάτων και συρρίκνωσης του κοινωνικού κράτους μέσω της οποίας επετεύχθη η αύξηση της κερδοφορίας των κεφαλαίων με αποτέλεσμα α) την διατήρηση των συγκριτικών πλεονεκτημάτων της Γερμανίας ως τόπου εγκατάστασης της βιομηχανικής παραγωγής και β) την αύξηση της ανταγωνιστικότητας και παραγωγικότητας της μεταποίησης γιατί παρέμειναν ελκυστικές οι επενδύσεις στη βιομηχανία, πράγμα που απέτρεψε τη μεταστροφή των επενδύσεων προς τον χρηματοπιστωτικό τομέα, όπως έχει συμβεί κυρίως στις Η.Π.Α και στο Ηνωμένο Βασίλειο. Και πάλι βέβαια ο βιομηχανικός και ανταγωνιστικός χαρακτήρας της γερμανικής παραγωγικής βάσης αποτελεί την καθοριστική προϋπόθεση εφαρμογής του μοντέλου, αλλά αγνοείται από αυτό το διαφαινόμενο σκεπτικό εφαρμογής του στις άλλες χώρες της Ένωσης. Αυτό συμβαίνει επειδή προφανώς η μορφή της ανταγωνιστικότητας της γερμανικής βιομηχανίας, που αποτελεί την πηγή της αναπαραγωγής της ασύμμετρης σχέσης πλεονασμάτων/ελλειμμάτων εντός της 99 Ευρωζώνης, δεν τίθεται υπό αμφισβήτηση από τη γερμανική κυβέρνηση, ενώ η βιομηχανική παραγωγή, ή έχει συρρικνωθεί, ή είναι ουσιαστικά ανύπαρκτη (Ελλάδα) στον ευρωπαϊκό Νότο. Για να μείνουμε στο πλαίσιο της εικόνας αυτού του υποδείγματος μεταφοράς του μοντέλου εσωτερικής αναδιανομής και διαστρωμάτωσης της γερμανικής κοινωνίας, η Ελλάδα μπορεί να παραμείνει στην Ένωση ως ένα είδος χώρας-Ηartz 4 εφόσον και όσον αποδέχεται και υλοποιεί τους όρους που θέτει η αυστηρή εποπτεία και η επιβολή ραγδαίας εσωτερικής υποτίμησης22. Διαφορετικά η Ελλάδα, ως ειδική και παραδειγματική περίπτωση (Sonderfall) μη προσαρμόσιμης χώρας, είναι αναγκασμένη να οδηγηθεί στην απόλυτα καταστροφική επιστροφή στη δραχμή και προφανώς και στον εξοστρακισμό της από την Ε.Ε. Τελικά βέβαια στο ότι το δίλημμα τίθεται με αυτό τον τρόπο, εστιάζεται και η τρομακτική ευθύνη της ελληνικής πολιτικής τάξης. Οι ως άνω παρατηρήσεις, σχετικά με την γερμανική ευρωπαϊκή πολιτική και τη γερμανική οικονομία, με κανέναν τρόπο δεν αναιρούν το ανορθολογικό περιεχόμενο των πελατειακών σχέσεων, τη φορολογική ασυλία και την από αυτήν προκύπτουσα φοροδιαφυγή που οδήγησε στην υποκατάσταση της είσπραξης φόρων από τον εξωτερικό δανεισμό, την παθολογία της σχέσης δημοσίου-ιδιωτικού, την κρατικιστική ετερονομία της οικονομίας και την αποσύνδεση μισθών και εισοδημάτων από την παραγωγικότητα που οδήγησαν τη χώρα μας για πολλοστή φορά στη χρεοκοπία και αποτελούν τους καθοριστικούς παράγοντες του γιγαντιαίου ελλείμματος του ισοζυγίου πληρωμών και της ελλιπέστατης παραγωγικότητας της εργασίας στην Ελλάδα. Ειδικότερα δεν σχετικοποιούν τις τεράστιες ευθύνες της καταστροφικής κυβερνητικής περιόδου 2004-2009 και την διαπραγματευτική αποχή, ή ανικανότητα, μετά το 2009, που οδήγησε στην σπειροειδή καθοδική γραμμή επιδείνωσης της ύφεσης ήδη για πέμπτη συνεχή χρονιά. Το ουσιαστικό ευρωπαϊκό πρόβλημα όμως δεν είναι η Ελλάδα, αλλά αν η Ένωση μπορεί να διατηρηθεί υπ’ αυτές τις συνθήκες και αν η Ένωση μπορεί να υπάρξει, στο πλαίσιο του σημερινού ανταγωνιστικού πολυπολικού κόσμου, ως μια υπολογίσιμη οντότητα. Ο επαπειλούμενος από την αποτυχία των πειραμάτων διάσωσης επανακατακερματισμός της Ευρώπης σε έθνη-κράτη και η κατάρρευση του ευρωπαϊκού οικοδομήματος, εφόσον δεν υπάρξει πολιτική αντίδραση στη συντηρητική προβληματική και αναποτελεσματική διαχείριση των επιπτώσεων της δημοσιονομικής κρίσης, θα σήμαινε απλώς την περιθωριοποίηση της Ευρώπης και τελικά την περιθωριοποίηση και της Γερμανίας στο πλαίσιο της νέας παγκόσμιας πολυπολικής πραγματικότητας. Το καθοριστικό πρόβλημα βρίσκεται στην λανθάνουσα επανεμφάνιση των διαχωριστικών γραμμών. Με τη μορφή του οικονομικού εθνικισμού οι διαχωριστικές γραμμές αναδεικνύονται και πάλι ως προοπτική έκπτωσης του Σύμφωνα με την Agenda 2010, που κωδικοποιεί την στρατηγική συρρίκνωσης των κοινωνικών παροχών και καθήλωσης ημερομισθίων, μισθών και συντάξεων για την επανάκτηση της ανταγωνιστικότητας της γερμανικής οικονομίας μέσω της προσέλκυσης κεφαλαίων, η κατηγορία εισοδημάτων Hartz4 αποτελεί το κατώτατο επίπεδο κοινωνικών παροχών για ανέργους που έχουν παραμείνει πέραν του έτους εκτός αγοράς εργασίας και πιθανολογείται ότι δεν πρόκειται πλέον να επανενταχθούν σε αυτήν. Η κατηγοριοποίηση αυτή των εισοδημάτων και παροχών ονομάστηκε έτσι λόγω του Peter Hartz, σύμβουλου του καγκελαρίου Schröder για θέματα μεταρρύθμισης των εργασιακών σχέσεων και του συνταξιοδοτικού συστήματος, ο οποίος είναι ο εμπνευστής των σχετικών προτάσεων. Ο Hartz, υπεύθυνος διαχείρισης ανθρώπινου δυναμικού της VW καταδικάστηκε αργότερα για διαφθορά. 22 100 πολιτικού. Το ζητούμενο είναι μια πειστική και αποτελεσματική διαδικασία που θα επαναφέρει τη Δημοκρατία στο προσκήνιο και θα αντιμετωπίσει με επιτυχία τις διάφορες μορφές έκφρασης της ισχύος και αντοχής του παραδείγματος της ακραίας εκδοχής της αγοράς και της αναπαραγόμενης αυτοεξαπάτησης σχετικά με τις δυνατότητες του μεμονωμένου έθνους-κράτους υπό τις συνθήκες της παγκοσμιοποίησης23. Ausgewählte Literatur Die Kursteilnehmer entnehmen Anmerkungen des Basistextes die ausgewählte Literatur aus den Bildungsmedien / DVDs (Die mit dem Eurocomenius-Preis prämierte historische Dokumentation ist von höchster Qualität. Trotz der Sprachschwierigkeit (holländisch) ist das Film- und Bildmaterial absolut geeignet um die Thematik den Kursteilnehmern näher zu bringen) Dokumentation Produktionsdaten Abbildung: Titel: Retrospect 1900 - 2000 / Retrospect, De geschiedenis van de 20e eeuw. Kroniek encyclopedie documentaires Medienart: CD Rom Herausgeber: Academic Service, Schoonhoven Η πληρέστερη θεωρητική προσπάθεια ανάλυσης του πολιτικού μορφώματος της Ε.Ε. και της θεσμικής ιδιαιτερότητας που συνιστά αυτό είναι η σχετική ανάλυση του Δημήτρη Τσάτσου. Πρβλ. Τσάτσος, Δημήτρης: Ευρωπαϊκή συμπολιτεία. Για μια ευρωπαϊκή Ένωση των Κρατών, των Λαών, των Πολιτών και του Ευρωπαϊκού Συνταγματικού Πολιτισμού, Λιβάνης, Αθήνα 2007. Πρβλ. επίσης και Habermas Jürgen: Zur Verfassung Europas. Ein Essay, Edition Suhrkamp, Berlin 2011 όπου εξετάζεται η ίδια προβληματική μετά την έκρηξη της δημοσιονομικής κρίσης και τις μεταδημοκρατικού χαρακτήρα επιπτώσεις των αποτυχημένων προσπαθειών επίλυσής της. 23 101 Hersteller-Land: Niederlande Hersteller-Ort: Schoonhoven Hersteller-Jahr: 2000 Produktumfang: 6 CD-ROM Begleitmaterial: Handbuch im CD-ROM-Format, Seiten Systemvoraussetzungen: Multimedia-PC mit Pentium-Prozessor(ab 133 MHz); Windows 95/98; Windows NT (mit 48 MB RAM); Windows 2000 (mit 128 MB RAM); mindestens 200 MB Festplattenspeicher; 20-fach CD-ROM-Laufwerk oder schneller; von Windows unterstόtzte 16-BitSoundkarte; Grafikkarte 800x600 Pixel Auflφsung oder hφher und 65000 Farben und hφher; ISBN/ Mediennummer: 90-395-1278-7 Inhalt Abstract: Die CD-ROM "Retrospect 1900 - 2000" besteht aus sechs CD-RÖM und ist die niederlδndische Fassung der multimediale Zeitreise in die deutsche Nachkriegsgeschichte mit Fotos, Texten, Grafiken, Dokumenten, Video- und Audio-Clips; mit Einfόhrung, Ausschnitten, Sprechertexten, Schrifttexten und Hintergrundinformationen. The CD-ROM "Retrospect 1900 - 2000" consists of 6 CD-ROMs and is the dutch version of multimedial time trevel in the german after war history with photoes, texts, graphics, documents, video and audio clips; with introduction, abstracts, speaker texts and background information. Inhalt: vgl. Bewertung Retrieval Bildungsbereich: Sekundarstufe II, Weiterbildung/Fortbildung, Erwachsenenbildung Bildungskategorie: ethische Bildung, europolitische Bildung, historische Bildung, politische Bildung EthikThemenfeld: 4. Gewalt und Ausgrenzung 4.1. Gewalt und Verfolgung in der Zeit von 1933 bis 1945 – Zeitzeugen und Zeitzeugnisse 4.2. Gewalt und Ausgrenzung in der Zeit von 1945 bis 1989 – Zeitzeugen und Zeitzeugnisse 6. Bόrger und Gesellschaft 6.1. Der Einzelne und die Gesellschaft 6.2. Die Gesellschaft fόr den Einzelnen Schlagwort: Zeitgeschichte, Geschichte, Politik, Gesellschaft, Welt, Europa, Deutschland, Nachschlagewerk/Lexikon, Ethik, history, ethics Systematik: Ethik, Geschichte, Politische Bildung, Weiterbildung Auszeichnung Auszeichnungs-Art: Euromedia-Medaille Auszeichnungs-Jahr: 2000 Auszeichnungs-Ort: Hagen Auszeichnungs-text: Kategorie: Zeitgeschichtliche Bildung CD-ROM: Retrospect. De geschiedenis van de 20e eeuw. Kroniek 102 – encyclopedie – documentaires (Retrospect. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Chronik – Enzyklopδdie – Informationsmaterial) Academic Service, Schoonhoven; Digital Publishing, Mόnchen Die sechsteilige CD-ROM-Sammlung ‚Retrospect‘ ist ein Lexikon und eine ausfόhrliche Chronik όber Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik im zwanzigsten Jahrhundert, zusammengestellt durch den Verlag Academic Service Schoonhoven in Zusammenarbeit mit Digital Publishing Mόnchen. Die speziell auf die Niederlande bezogenen Artikel wurden fόr diese Ausgabe extra eingefόgt. Sie nehmen ungefδhr ein Viertel dieser Ausgabe ein. Auf dem niederlδndischen Markt ist Retrospect zur Zeit das Multimedianachschlagewerk fόr die gesamte Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die sechs CD-ROM beinhalten insgesamt 20.000 Artikel, mehr als drei Stunden Filmmaterial, 12 Stunden authentische Tondokumente, 10.000 Fotos, Karten und Illustrationen, sowie Informationsmaterial, das auf authentischen Quellen basiert. In dem Dokumentationsmaterial werden bestimmte historische Themen in zehn bis fόnfzehn Minuten mit Hilfe von gesprochenem Text, Video, Bild und Ton dargestellt. Die Chronik enthδlt Zeitleisten (time labels). Die Biographien und das Lexikon bieten einen Schatz an Informationen und verschiedenen Zugangsmφglichkeiten. Insgesamt liefert ‚Retrospect‘ zum Beispiel 200.000 anklickbare, kontextbezogene Verweise zu nδheren Information όber bestimmte Personen und Geschehnisse. Folgendes Dokumentationsmaterial ist auf den CD-ROM enthalten: CD-ROM 1: Beginn des Jahrhunderts, Niedergang der alten Welt Europa, Zwischen den beiden Weltkriegen; CD-Rom 2: Zeitalter der Diktatoren, Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges, Der Zweite Weltkrieg; CD-Rom 3: Umsturz in China, Beginn des Kalten Krieges, Das Rote Imperium; CDRom 4: Das Ende der Kolonialmδchte, Aufrόstung und Entspannung, Naturkatastrophen und Unglόcke; CDRom 5: Krise in Indo-China, Krisenherd Mittlerer Osten, Der neue Zeitgeist; CD-Rom 6: Europδische Einheit, Wende im Osten, Deutschland wiedervereinigt, Hin zu einer neuen Weltordnung? Um die groίe Menge an Material so benutzerfreundlich wie mφglich anzubieten, wurde SmartCD entwickelt. Diese raffinierte Technologie funktioniert folgendermaίen: auf jeder CD-ROM ist das komplette Material von „Retrospect„ zu finden, mit Ausnahme von Dokumentarfilmen und Ton- und Bildfragmenten. Diese sind auf sechs CD-ROM verteilt. Beim Suchen fordert das Programm dazu auf, nur fόr bestimmte Bild- oder Tonfragmente eine andere CD-ROM in das Laufwerk einzulegen. Das Programm wird nicht unterbrochen, es geht aber nur weiter, wenn die richtige CD-Rom im Laufwerk liegt. Hierdurch kann man seine Suche auf einfache Weise nachvollziehen. Ein weiterer Vorteil von SmartCD ist, daί Retrospect 103 arbeitet, ohne Festplattenspeicher in Beschlag zu nehmen. ‚Retrospect‘ ist eine deutsch-niederlδndische Co-Produktion, wobei der Inhalt όberwiegend vom deutschen Partner zusammengestellt wurde. In Anbetracht des relativ kleinen niederlδndischen Sprachraums hat die Jury jedoch viel Respekt fόr den Unternehmergeist des niederlδndischen Partners. Am wichtigsten ist, daί diese sechsteilige CD-Rom vollstδndig den Kriterien genόgt, um mit der Comenius-Medaille ausgezeichnet zu werden. ‚Retrospect‘ bietet hervorragende Bildungssoftware fόr die Schule und fόr die Erwachsenenbildung/allgemeine Weiterbildung. Es handelt sich um ein pδdagogisch, inhaltlich und gestalterisch herausragendes Bildungsmedium, das die Auszeichnung mit der Euro-Comenius-Medaille ohne Vorbehalt verdient. In den letzten Jahren wird in den Niederlanden immer wieder όber Mφglichkeiten diskutiert, die heranwachsende Generation mit Zeitgeschichte vertraut zu machen. ‚Retrospect‘ zeigt historische Prozesse. Das statische Bild der Vergangenheit wird durch den multimedialen Zugang zu einem dynamischen Bild, das Entwicklungen auf auίergewφhnlich faszinierende Weise visualisiert und hφrbar macht. ‚Retrospect‘ bietet alle Mφglichkeiten die Bedeutung von Entwicklungen zu entdecken. Die sechs CD-RÖM ermφglichen dem Benutzer, sich die Vergangenheit als sinnvolles Ganzes vorzustellen, zwingen ihm aber keine menschlichen oder gesellschaftlichen Werte auf. Die Verlage Academic Service, Schoonhoven, und Digital Publishing, Mόnchen, werden fόr die Entwicklung der didaktischen Multimedia-Software „Retrospect - De geschiedenis van de 20e eeuw. Kroniek (Retrospect Die Geschichte des 20. Jahrhunderts)„ mit der EuroComenius-Medaille 2000 der GPI ausgezeichnet. LAUDATIO von Univ.-Prof. Dr. Joan Hemels, Amsterdam, im Namen der Jury Laudator: Univ.-Prof. Dr. Joan Hemels Bewertung Bewertungen: Es liegen noch keine Bewertungen vor. Als nicht angemeldeter Benutzer können Sie keine Bewertungen vornehmen. 104 Dimitris Charalambis 3.7. Evaluierungs- und Weiterbildungsangebot für Multimediaprodukte und Bildungsmedien zur politischen und zeitgeschichtlichen Erwachsenenbildung: Der Begriff des Politishen und der Politik.Semantische Konvergenzen und Divergenzen. (In griechischer Sprache) Weiterbildungsmodul 4 Basistext 4 Η έννοια του πολιτικού και της πολιτικής. Σημασιολογικές αποκλίσεις και συγκλίσεις περιεχομένων Η χρηματοπιστωτική κρίση του 2007/2008 και η μετάλλαξή της σε κρίση του δημοσίου χρέους, ως συνέπεια της διάσωσης των τραπεζών από τα κράτη, δηλαδή από το σύνολο της κοινωνίας, ανέδειξε το πολιτικό της περιεχόμενο. Η «πολιτικοποίηση» της κρίσης όμως δεν είναι απλώς αποτέλεσμα της κρατικής παρέμβασης και της ανάγκης πολιτικής διαχείρισης του γιγάντιου κοινωνικού κόστους της χρηματοπιστωτικής κερδοσκοπίας. Το ουσιαστικό περιεχόμενο της κρίσης είναι πολιτικό, γιατί το κάθε φορά κυρίαρχο παράδειγμα που διέπει την οικονομία της αγοράς εκφράζει μια συγκεκριμένη συγκρότηση των κοινωνικών σχέσεων, των σχέσεων εξουσίας. Την σημασιοδοτεί, την επιβάλλει και την αναπαράγει, έως ότου η κανονιστική δύναμη του πραγματικού θέσει τα όρια εκείνα που οδηγούν στην αλλαγή του παραδείγματος. Συνήθως τα όρια παίρνουν τη μορφή μιας θεμελιώδους κρίσης του μέχρι τότε κυρίαρχου παραδείγματος. Tο βάθος, η ένταση και η διάρκεια αυτής της κρίσης εξαρτώνται από τη δυσκολία ανάδειξης και επιβολής του νέου παραδείγματος. Εξαρτώνται δηλαδή από την ανθεκτικότητα του ισχύοντος παραδείγματος και τη δύναμη, ή αδυναμία των τάσεων υπέρβασής του. Στην πράξη αυτό σημαίνει, ότι η αντοχή του ακόμη ισχύοντος παραδείγματος, παρά τις καταστροφικές συνέπειές του, εξαρτάται από τη διάβρωση των όρων ανάδειξης μιας εναλλακτικής δυνατότητας, ενός εναλλακτικού παραδείγματος. Διάβρωση, την οποία η ίδια η ισχύς του έχει επιφέρει. Το πολιτικό και η πολιτική Ο άνθρωπος είναι ζώον πολιτικόν. Ο άνθρωπος καθίσταται άνθρωπος εν πόλει. Είναι άνθρωπος γιατί σχεδιάζει, διαμορφώνει, συγκροτεί την πόλη, ως τον χώρο τιθάσευσης της βίας, η οποία τιθάσευση είναι αυτή που επιτρέπει τη συμβίωση. Με μια πιο σύγχρονη, ήτοι νεωτερική (στη βάση της διφυούς ιδιότητας του ανθρώπου ως ιδιώτη/πολίτη) και όχι πρωτοπολιτική – όπως η αριστοτελική – διατύπωση, μπορούμε να ορίσουμε το πολιτικό, ως τον τρόπο, τη διαδικασία μέσω της οποίας ένας αριθμός ανθρώπων, ένα (αδιάρθρωτο) πλήθος συγκροτείται σε κοινωνία. Όπου κοινωνία δεν είναι απλά ένα άμορφο πλήθος – αντικείμενο επί του οποίου ασκεί εξουσία ένας (προσυμβολαιικός) κυρίαρχος, ούτε μια καθ’ οιονδήποτε τρόπο συνεκτική κοινότητα πεπρωμένου (Volksgemeinschaft/Schicksalsgemeinschaft). Το σημασιολογικό περιεχόμενο της έννοιας κοινωνία αναδεικνύεται μέσω της ωρίμανσης και διαμόρφωσής της από τον διαφωτισμό, τις χειραφετητικές επαναστάσεις του 18ου αιώνα (και του προηγηθέντος αιώνα των αγγλικών επαναστάσεων), το σοσιαλιστικό κίνημα του 19ου αιώνα και την υπέρβαση των ολοκληρωτισμών του 20ου αιώνα. Αυτή η γενεσιουργός διαδικασία αναδεικνύει την έννοια της κοινωνίας ως την δικαιοκρατικά οργανωμένη συμβίωση ελευθέρων και ίσων ατόμων – υποκειμένων φορέων δικαιωμάτων και ελευθεριών. Η λαϊκή κυριαρχία και η διάκριση των εξουσιών, υπό την θεμελιωτική δέσμευση της αξίας του ανθρώπου, η οποία είναι ο πυρήνας του πρακτικού λόγου του ηθικού κανόνα που ως υπερθετικό Δίκαιο (Maus) καθορίζει το κανονιστικό πλαίσιο της έννομης τάξης, είναι τα θεμέλια της δικαιοκρατικής οργάνωσης της κοινωνίας24. Αυτή είναι η θεσμική και οργανωτική μορφή του πλέγματος εγγυήσεων της ισχύος των δικαιωμάτων και ελευθεριών, η οποία υλοποιεί τον τρόπο – πολιτικής – συγκρότησης αυτής της (νεωτερικής) κοινωνίας. Το πολιτικό είναι ο τόπος του νεωτερικού εγχειρήματος και η διαδικασία αναζήτησής του ταυτίζεται με την επίτευξη του συγκεκριμένου χαρακτήρα της κανονιστικής οργάνωσης, η οποία αναδεικνύει τον τόπο ως το ζητούμενο. Η εσωτερική λογική της διαδικασίας είναι τελεολογικού χαρακτήρα, χωρίς αυτό να σημαίνει, ότι η οδύσσεια δεν επιδέχεται ανατροπές, οπισθοδρομήσεις, ή/και ίσως ανυπέρβλητα εμπόδια πραγμάτωσης - επικράτησης (Χαραλάμπης, 2010)25. Γι’ αυτό και η διαδικασία θα πρέπει να χαρακτηρισθεί ως ατελής και το εγχείρημα – πάντοτε – ανολοκλήρωτο (Habermas). Η πραγματική ιστορική πορεία δεν δεσμεύεται από την τελεολογική απαίτηση ισχύος που ενυπάρχει στη συγκρότηση της έννοιας του πολιτικού, η οποία, ως αναστοχαστική κατασκευή, είναι προϊδέαση και σκοπός συγχρόνως. Στο εγχείρημα αυτό της αναζήτησης και κατασκευής η κατανόηση της έννοιας της κοινωνίας (της πόλης) και ιδιαίτερα της έννοιας του ενταγμένου στην οργανωμένη κοινωνία (στην ευταξία της πόλης) ανθρώπου είναι αυτή που καθιστά δυνατή την νοηματοδότηση του πολιτικού, και κατ’ επέκταση και της έννοιας του πολιτισμού, ως αποτέλεσμα της συγκεκριμένης νοηματικής σύνδεσης της έννοιας της αξίας του ανθρώπου και της έννοιας του πολιτικού ως έννοιες σημασιολογικής συνάρθρωσης. Αν η συνάρθρωση αυτή δεν επιτευχθεί ή απορριφθεί, τότε έχουμε την ταυτόχρονη έκπτωση της έννοιας του ανθρώπου και της έννοιας του πολιτικού. Στην πρόσφατη ευρωπαϊκή ιστορία η ανατροπή αυτής της συνάρθρωσης αποτέλεσε συγκεκριμένη ιστορική εμπειρία, η οποία συμπυκνώνεται σε μια έννοια – εικόνα – ιστορική πραγματικότητα, στο Auschwitz. Η ολοκληρωτική άρνηση της συνάρθρωσης της αξίας του ανθρώπου και του πολιτικού δεν αποτελεί, όπως η καρλσμιτιανή προσέγγιση και οι μετανεωτερικοί επίγονοί της υποστηρίζουν, την απόλυτη έκφραση Η έννοια της αξίας του ανθρώπου προϋποθέτει και απαιτεί την υπόστασή του ως φορέα δικαιωμάτων και ελευθεριών ως übergesetzliches [Radbruch, Gustav (2003): Rechtsphilosophie, Heidelberg, C.F. Müller UTB], ή überpositives [Maus, Ingeborg (1994): Zur Aufklärung der Demokratietheorie, Frankfurt a.M., Suhrkamp] Recht (υπερνομικό ή υπερθετικό Δίκαιο), που θετικοποιείται στην συνταγματική κατοχύρωση των θεμελιωδών δικαιωμάτων και ελευθεριών. Υπό αυτήν την έννοια η αρμοδιότητα της αρμοδιότητας του κυρίαρχου (Kompetenz- Kompetenz) δεν είναι απεριόριστη, αλλά υπόκειται στις αξιακές προϋποθέσεις (αξία του ανθρώπου, ο άνθρωπος ως φορέας δικαιωμάτων και ελευθεριών) που αποτελούν το sine qua non της θεμελίωσης του δημοκρατικού, συνταγματικού Κράτους Δικαίου. Άλλωστε, ακριβώς γι’ αυτόν το λόγο, ο κυρίαρχος (λαός) έχει την ικανότητα της πλήρους νομικής αυτοδιάθεσης. 25 Αναλυτικότερα γι’ αυτήν την προβληματική πρβλ.: Χαραλάμπης (2010, σελ. 297-341) 24 106 του πολιτικού, αλλά την ολοκληρωτική άρνησή του (Agamben, 2003, 2004)26. Γι’ αυτό και συνέπεια της άρνησης είναι η αυτοκαταστροφή, αφού η συνάρθρωση είναι στην κυριολεξία η μόνη βιώσιμη κοινωνική προοπτική. Η πορεία της ναζιστικής Γερμανίας, τουλάχιστον μετά την απόπειρα στις 20-7-1944, είναι η πιο ενδεικτική περίπτωση αυτής της αυτοκαταστροφικής συνέπειας. Είναι, κατά τη γνώμη μου, προφανές ότι η μόνη δυνατή νοηματοδότηση του πολιτικού ενσωματώνει την έννοια της Δημοκρατίας, και μάλιστα υπό όρους ισχύος και τυπικών και ουσιαστικών δικαιωμάτων ως τέλους (σκοπού), αλλά και ως εννοιολογικά πρωτογενώς ενυπάρχουσας κανονιστικής προϋπόθεσης. Πρωτογενώς ενυπάρχουσα προϋπόθεση του σημαντικού περιεχομένου της έννοιας του πολιτικού, αφού η έννοια ωριμάζει και τείνει προς την ολοκλήρωσή της ως εγχείρημα-σκοπός τελεολογικής και όχι εσχατολογικής λογικής, μέσω της ιστορικής πορείας χειραφέτησης από τις διάφορες μορφές ετερονομίας και νόθευσής της (Χαραλάμπης, 2010). Το πολιτικό, ως ιστορική και νοηματική differentia specifica του εγχειρήματος της νεωτερικότητας επιτρέπει ουσιαστικά δύο αναγνώσεις της πολιτικής. Η πολιτική, ή αποτελεί σύνολο δράσεων που εντάσσονται στη λογική της πραγμάτωσης του πολιτικού και αποτελεί έκφραση της διαδικασίας ανάδειξής του, ή αποτελεί σύνολο δράσεων με στόχο τη διακοπή της διαδικασίας συγκρότησης του πολιτικού, ή την αναίρεσή του ή την περιθωριοποίησή του27. Το κλασικό φιλελεύθερο παράδειγμα της αγοράς Αναμφίβολα τα έργα των Foucault και Agamben αποτελούν την πιο ουσιαστική μετανεωτερική προσέγγιση στην έννοια του πολιτικού. Ανατρέποντας τη λογική της «δομικής ταυτότητας» του φουκωικής προέλευσης παραδείγματος του Agamben περί βιοπολιτικής και κυριαρχίας, πρέπει να επισημανθεί, ότι το Auschwitz είναι η απόλυτη άρνηση του πολιτικού. Το στρατόπεδο συγκέντρωσης αποτελεί την υλική απαξίωσηαπόρριψη του πολιτικού (ευ ζην – βίος) και την βιολογική αποϋποκειμενοποίηση (ζην) του ανθρώπου, ως έκπτωσης κάθε έννοιας της αξίας του ανθρώπου και της μεταβολής του (der “Muselmann”) σε απογυμνωμένο από κάθε ιδιότητα σώμα (das nackte Leben). Πρβλ. Agamben, Giorgio (2003): Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben, Frankfurt a.M., Suhrkamp, σελ. 127 κ.ε. Η ίδια ανατροπή ισχύει και για την κατάσταση ανάγκης/εξαίρεσης (Ausnahmezustand). Πρβλ. και Agamben, Giorgio (2004): Ausnahmezustand, Frankfurt a.M., Suhrkamp. Το ψευδεπίγραφο π.χ. «θετικό» δίκαιο του Γ’ Ράιχ δεν είναι δυνατόν να χαρακτηριστεί θετικό δίκαιο (χαρακτηρισμός που αποτέλεσε το καθοριστικό επιχείρημα-άλλοθι για την αποενοχοποίηση της στάσης των δικαστών κατά την περίοδο της ναζιστικής δικτατορίας), αφού το βουλησιαρχικό-αναρθολογικό του υπόβαθρο υποκαθιστά τις αρχές (Grundnorm) και το κανονιστικό περιεχόμενο που όριζαν το δημοκρατικό θετικό δίκαιο (ενδεικτική η «καθαρή θεωρία του δικαίου» της Σχολής του Kelsen) με την αυθαιρεσία της ανορθολογικής/παρανοϊκής (καρλσμιανής) απόφασης της απόλυτης απαξίωσης της αξίας του ανθρώπου. Η βούληση του συντακτικού και του κοινού νομοθέτη μπορεί να εμφανίζεται και στον Kelsen αξιακώς ουδέτερη, υπό την έννοια της υποκειμενικής θεωρίας της αξίας και της αναφοράς σε επιμέρους κοσμοθεωρητικές αξιακές μήτρες, αλλά προϋποθέτει την αυτονομία και την ελευθερία αντιπροσωπευομένων και αντιπροσώπων. Ως εκ τούτων η «τυραννία των αξιών» του Carl Schmitt δεν είναι παρά ωμότατη άρνηση της Δημοκρατίας. 27 Για μια άλλη ανάγνωση της διαφοράς πολιτικού και πολιτικής και ειδικότερα για τις διάφορες μορφές της «πολιτικής σκέψης ως σκέψης περί του πολιτικού» και την «εκθεμελίωση» του πολιτικού ως καθοριστικού στοιχείου της διαφοροποίησης μεταξύ πολιτικού και πολιτικής θα πρέπει κανείς να προσφύγει σε κριτικές μετανεωτερικές προσεγγίσεις, κυρίως μετά το 1989 και σε αναφορά με το έργο του Carl Schmitt και της Hanna Arendt υπό την επιρροή της «γαλλικής» ερμηνείας του έργου του Heidegger. 26 107 Το κυρίαρχο παράδειγμα της οικονομικής επιστήμης σήμερα βασίζεται στο κλασικό φιλελεύθερο παράδειγμα της αγοράς ως θεμέλιο των υλικών όρων της νεωτερικής συγκρότησης της κοινωνίας. Το ελεύθερο, αυτόνομο υποκείμενο εμφανίζεται στη σκηνή της ιστορίας και εισάγει το εγχείρημα της νεωτερικότητας. Το δικαίωμα στην ιδιοκτησία και η προστασία της ιδιοκτησίας αποτελούν την εγγύηση της αυτονομίας και της ελευθερίας του υποκειμένου. Είναι αυτό το δικαίωμα στην ιδιοκτησία που περιορίζει το απολυταρχικό κράτος και εισάγει τη διαδικασία εκδημοκρατισμού. Η προστασία της ιδιοκτησίας (αρνητική ελευθερία, ελευθερία από τον καταναγκασμό) διασφαλίζει την υλική υπόσταση και αυτονομία του υποκειμένου, του επιτρέπει να αντιμετωπίσει τους εκβιασμούς της εξουσίας του απολυταρχικού κράτους και τελικά να την αντικαταστήσει με την εξουσία των από αυτό εκλεγμένων αντιπροσώπων του (θετική ελευθερία). Το δικαίωμα στην ιδιοκτησία ανατρέπει τις φεουδαρχικές εξαρτήσεις, υποβιβάζει την απόλυτη μοναρχία σε ιστορική μεταβατική περίοδο, η οποία σταδιακά ή και επαναστατικά υποχωρεί μπροστά στην επιβολή της αυτονομίας του υποκειμένου και θεμελιώνει την αγορά (διάκριση δημοσίου-ιδιωτικού) ως τον κεντρικό μηχανισμό οργάνωσης της παραγωγής (αγορά εργασίας) και της διανομής εμπορευμάτων, υπηρεσιών και κερδών. Η υλική παραγωγή και αναπαραγωγή της κοινωνίας διαμεσολαβείται από την αγορά, η οποία αναδεικνύεται σε καθοριστική οργανωτική αρχή. Υπ’ αυτούς τους όρους οι λειτουργίες του κράτους αποκτούν σταδιακά ένα νέο συγκεκριμένο περιεχόμενο και επικεντρώνονται στην ανατροπή, ή τιθάσευση όλων των παραγόντων που θα μπορούσαν να σταθούν εμπόδιο στην απρόσκοπτη λειτουργία της αγοράς. Οι συμμετέχοντες στην αγορά ακολουθούν το ατομικό τους συμφέρον. Η μόνη ηθική που γνωρίζουν είναι η ηθική του ατομικού συμφέροντος. Η (φυσική, ουσιαστικά ενστικτώδης) επιδίωξη του ατομικού συμφέροντος τοποθετείται στο κέντρο της οικονομικής λειτουργίας και αυτός ο σχεδόν αυτιστικός εγωκεντρισμός θέτει σε λειτουργία έναν αυτοματισμό, ο οποίος κατασκευάζει τον καλύτερο δυνατό κόσμο της αναδυόμενης ατομικής ιδιοκτησίας. Η επιδίωξη του ατομικού συμφέροντος των συμμετεχόντων στην αγορά λειτουργεί σαν ένα αόρατο χέρι (Adam Smith) που οδηγεί στην υλοποίηση του συμφέροντος όλων, στην εξυπηρέτηση του γενικού συμφέροντος. Το ατομικό συμφέρον είναι το κέντρο βάρους αυτού του συστήματος που διαμορφώνει το παράδειγμα της αγοράς ως αντικειμενικοποιημένης ισχύος του ορθού λόγου, ο οποίος δεν χρειάζεται κανένα θεό, κανένα θρησκευτικό δόγμα και καμιά ηθική πέραν της ηθικής του ατομικού συμφέροντος για να λειτουργήσει αποτελεσματικά. Η επιδίωξη του ατομικού συμφέροντος αρκεί. Η εκκοσμικευμένη μεταφυσική του παραδείγματος της αγοράς επιβάλλεται και επιβάλλει την υποτιθέμενη ισορροπία που πραγματώνει το γενικό συμφέρον (Vogl, 2010)28. Στο πλαίσιο του κλασικού φιλελεύθερου παραδείγματος, η ισορροπία της αγοράς, ως αποτέλεσμα της αυθορμησίας της οικονομικής πράξης των συμμετεχόντων σε αυτήν, ταυτίζεται με την κοινωνική ισορροπία και ως εκ τούτου, αυτόματα, με την πραγμάτωση του γενικού συμφέροντος. Η εκβιομηχάνιση και η υπαγωγή της εργασίας στο κεφάλαιο (Marx) εντάσσει τον ανταγωνισμό στο μοντέλο της ισορροπίας της αγοράς, που μέσω αυτής της ισορροπίας επιτυγχάνει την ιδανική ισορροπία κόστους – τιμής. Η μετάφραση των αξιών σε τιμές μέσω της αγοράς αναδεικνύει την τιμή στην αντικειμενική έκφραση του ορθού λόγου της αγοράς και το παράδειγμα σε ένα σύστημα τιμών. Σ’ αυτό το σύστημα οι τιμές των πάσης φύσεως αγαθών δεν αποτελούν μόνο την πληροφορία περί της πραγματικότητας, αλλά ταυτίζονται με την πραγματικότητα, είναι η πραγματικότητα. Η τιμή είναι η μορφή με την οποία ο ορθός λόγος της αγοράς συστηματικοποιεί και εντάσσει στο κυρίαρχο παράδειγμα την πραγματικότητα. Οι βάσεις του αλάνθαστου και αυτορυθμιζόμενου της αγοράς έχουν τεθεί. Κρίσεις υπάρχουν ακόμη. Όμως αυτές 28 Γι’ αυτήν τη σχέση αγοράς και εκκοσμίκευσης πρβλ. Vogl (2010, σελ. 31-82). 108 θεωρείται ότι λειτουργούν ως κάθαρση από εξωγενείς παράγοντες, οι οποίοι έχουν νοθεύσει τη λειτουργία του καθαρού λόγου της αγοράς. Ο πιο ουσιαστικός εξωγενής παράγοντας που μπορεί να δημιουργήσει τριβές και αποσταθεροποιητικές ταλαντώσεις στον τέλειο αυτό κόσμο του παραδείγματος της ισορροπίας της αγοράς είναι η πολιτική. Όσο η πολιτική εντάσσεται στη λογική και στην υπηρεσία του παραδείγματος το παράδειγμα μένει αλώβητο. Ο αιώνας της επανάστασης στην Αγγλία (1603-1714), η ανάδειξη των ορίων της απόλυτης μοναρχίας (Habeas Corpus, Magna Charta)29 και κυρίως η αμερικανική και η γαλλική επανάσταση έθεσαν το αυτόνομο και ελεύθερο υποκείμενο, που επιδιώκει το ατομικό του συμφέρον, ως πρωταγωνιστή της αγοράς στο κέντρο του κόσμου. Οι επαναστατικές διακηρύξεις εξέφρασαν όμως μια θεμελιώδη αντίφαση μεταξύ της ιστορικής πραγματικότητας και της απαίτησης ισχύος των δικαιωμάτων και ελευθεριών. Το Habeas Corpus δεν αποτελεί το κείμενο-θεμέλιο των ελευθεριών, αφού αυτές μόνο με τη διεύρυνση των πολιτικών δικαιωμάτων (από την κατάσταση του υπηκόου στην ιδιότητα του πολίτη) υπερβαίνουν πραγματικά την ολιγαρχικής μορφής οριοθέτησή τους (Χαραλάμπης, 1998), αλλά αποτέλεσε το θεμέλιο της ανάδειξης του δικαστικού σώματος ως διακριτής εξουσίας, η οποία έθεσε όρια στην αυθαιρεσία της απόλυτης μοναρχίας και θεμελίωσε την ανεξαρτησία της δικαστικής εξουσίας. Ειδικά: Halliday, D. Paul (2010): Habeas Corpus, Cambridge, Massachusetts and London England, The Belknap Press of Harvard University Press 29 109 Ιστορική πραγματικότητα και απαίτηση ισχύος των δικαιωμάτων Όλοι οι άνθρωποι είναι φορείς αναπαλλοτρίωτων δικαιωμάτων διακηρύσσει ο Jefferson και οι συγγραφείς των Federalist Papers (Hamilton, Madison, Jay), ορίζοντας με αυτήν τη διατύπωση την πεμπτουσία της επαναστατικής πράξης. Όμως ουσιαστικά ως άνθρωποι νοούνται οι ελεύθεροι, λευκοί, ενήλικοι άνδρες – ιδιοκτήτες, έστω και αν η γαλλική διακήρυξη έδωσε προς στιγμήν την εντύπωση ότι τα όρια της πλήρους ανθρώπινης ιδιότητας δεν είναι προκαθορισμένα από την ατομική ιδιοκτησία. Ο homo oeconomicus του φιλελεύθερου παραδείγματος της αγοράς (Τσουκαλάς, 1991) είναι ο αποδέκτης των διακηρύξεων. Όμως η απαίτηση των διακηρύξεων ξεπερνά τα όριά του. Με τη βιομηχανική επανάσταση και την υπαγωγή της εργασίας στο κεφάλαιο απελευθερώνεται μια δυναμική, η οποία, με τη μορφή του αγώνα για την καθιέρωση της καθολικής ψηφοφορίας σχετικοποιεί και τελικά ανατρέπει το κριτήριο της ιδιοκτησίας ως το καθοριστικό κριτήριο της ανθρώπινης ιδιότητας. Αυτή η δυναμική δεν σταματά όμως εκεί. Μέσα από το κίνημα της πολιτικής χειραφέτησης των γυναικών και μέσα από την κατάρρευση της αποικιοκρατίας αποδεσμεύει την ιδιότητα του ανθρώπου από όλους τους προκαθορισμούς που αναφέρονται στην καταγωγή, στο φύλο, στη φυλή ή στην εθνική ή θρησκευτική ταυτότητα. Die Gattung findet sich selbst (Marx), το είδος ανακαλύπτει τον εαυτό του, για να οδηγηθεί στην ανάδειξη της οικουμενικότητας της νοηματοδότησης της νεωτερικής έννοιας του ανθρώπου ως έννοιας πραγματικής αφαίρεσης (Χαραλάμπης, 1998). Αυτή η διαδικασία εκδημοκρατισμού καθορίζει το εγχείρημα της νεωτερικότητας, το εγχείρημα της – ανολοκλήρωτης – ολοκλήρωσης του πολιτικού. Η Aντίδραση Η αντίδραση στη διαδικασία εκδημοκρατισμού κατά τον 19ο αιώνα, παίρνει τρεις κύριες μορφές. Η πρώτη θα μπορούσε να θεωρηθεί ως η προσπάθεια καθυστέρησης, ή αναβολής του αναπόφευκτου και παίρνει τη μορφή της εκλογίκευσης του περιορισμού των πολιτικών δικαιωμάτων, ως αναγκαίας από τα πράγματα επιβαλλόμενης συνθήκης (τιμηματική ψήφος κλπ). Η δεύτερη παίρνει τη μορφή της μετωπικής αντίδρασης στο εγχείρημα της νεωτερικότητας και θεμελιώνεται στον ανορθολογισμό του εθνικισμού και του ρατσισμού για να οδηγηθεί στην απόλυτη άρνηση της αξίας του ανθρώπου από τον φασιστικό και ναζιστικό ολοκληρωτισμό στον 20ο αιώνα (Sternhell, 2009, Winkler, 2009, Χαραλάμπης,1998). Η τρίτη μορφή της άρνησης του εκδημοκρατισμού στηρίχτηκε στη θεμελιακή άρνηση της ατομικής ιδιοκτησίας και της οικονομίας της αγοράς, στην πρόταξη της ιδέας της απόλυτης ισότητας έναντι της ελευθερίας, στην άρνηση της αυτονομίας και ελευθερίας του υποκειμένου και στη θεώρηση της διαδικασίας εκδημοκρατισμού και της διεύρυνσης της ισχύος των πολιτικών δικαιωμάτων ως ιδεολογικής κάλυψης (ψευδής συνείδηση) της από την ιδιοκτησία αναπαραγόμενης ανισότητας στο πλαίσιο της ταξικής σύγκρουσης. Αυτή η μορφή της αντίδρασης, υπό το πρίσμα ενός ιδιόμορφου συνδυασμού της οικονομιστικής – εξελικτικής ερμηνείας της ιστορίας και του πολιτικού βολονταρισμού της πρωτοπορίας της εργατικής τάξης, οδήγησε μέσα από το σχίσμα του εργατικού κινήματος (1916) στην εγκαθίδρυση του κομματικά ελεγχόμενου κρατικού ολοκληρωτισμού του υπαρκτού σοσιαλισμού. Καθολική ψηφοφορία και θεσμική ασυγχρονία Ο αγώνας για την επιβολή της καθολικής ψηφοφορίας εισάγει μια δυναμική που απειλεί να μεταβάλλει τη σχέση μεταξύ πολιτικής και οικονομίας του κλασικού φιλελευθερισμού. 110 Η διεύρυνση των συμμετεχόντων στη διαδικασία λήψης αποφάσεων φαίνεται να επαληθεύει την ερμηνεία της πολιτικής ως απειλής για το κλασικό φιλελεύθερο παράδειγμα. Η αναπαραγωγή της κεφαλαιοκρατικής σχέσης απαιτεί τη διεύρυνση της προστασίας και προς τον πόλο της εργασίας. Σε συνδυασμό με τη διεύρυνση του εκλεκτορικού σώματος, που σηματοδοτεί και την πραγματική διάσταση της εθνικής ολοκλήρωσης (Rosanvallon, 1992 και Rorty, 1998) η θεσμική αναδιοργάνωση των όρων αναπαραγωγής της κεφαλαιοκρατικής σχέσης καθίσταται αναγκαία συνθήκη για τη διατήρηση του καπιταλιστικού συστήματος υπό συνθήκες δημοκρατικής διακυβέρνησης. Αυτό στην πράξη σημαίνει αναδιάρθρωση της θεσμικής οργάνωσης στη βάση της αναδιανομής πόρων, ώστε η θεσμική κατοχύρωση της υποχώρησης της ανισότητας, μέσω της τιθάσευσης της από την αγορά αναπαραγόμενης βίας, να επιτρέψει τις διαδικασίες συναίνεσης που προοπτικά θα είναι σε θέση να διασφαλίσουν την αναπαραγωγή της κεφαλαιοκρατικής σχέσης. Η δυναμική του χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου απέτρεψε για ένα διάστημα αυτή την αναγκαία μετάλλαξη του κυρίαρχου φιλελεύθερου παραδείγματος. Η εκμηχάνιση της γεωργίας και η ραγδαία εφαρμογή νέων τεχνολογιών στην αγροτική παραγωγή περιόριζε δραματικά την απασχόληση στον γεωργικό τομέα, ενώ οι κερδοφόρες επενδύσεις στον χρηματοπιστωτικό τομέα απέτρεπαν επενδύσεις στη μεταποίηση, οι οποίες θα μπορούσαν να εντάξουν το πλεονάζον πλέον εργατικό δυναμικό στη βιομηχανική παραγωγή, να διευρύνουν την πραγματική οικονομία και να αναδιαρθρώσουν την κατανομή του εισοδήματος. Το καθοριστικό πλαίσιο αυτής της αυτοκαταστροφικής πορείας του φιλελεύθερου παραδείγματος ήταν η ρυθμιστική αποχή του κράτους που άφηνε ελεύθερο το πεδίο στις αντιπαραγωγικές δυνάμεις της ανισότητας. Η διατήρηση της κατανάλωσης, χωρίς αναδιανομή μέσω δανεισμού και η έξαρση της κερδοσκοπίας στο χρηματιστήριο καθυστέρησε την έκρηξη της αντίφασης μεταξύ της γιγάντιας ανισότητας που παρήγαγε η οικονομία της αγοράς και της ανάγκης παραγωγικής επέκτασης αλλά και διασφάλισης της καπιταλιστικής οικονομίας από κοινωνικές εκρήξεις. Άλλωστε η δεκαετία πριν το 1929 και η δεκαετία πριν το 2007 είναι οι ιστορικές περίοδοι με τον υψηλότερο δείκτη ανισότητας30. Επρόκειτο πλέον για την εσωτερική αντίφαση ενός πολιτικού συστήματος, του οποίου η οργανωτική – θεσμική διάρθρωση ανταποκρινόταν πολύ περισσότερο στην ολιγαρχική δομή της προ της καθολικής ψηφοφορίας περιόδου, παρά στην αναδιαρθρωτική απαίτηση που αναδείκνυε η καθιέρωση της καθολικής ψηφοφορίας. H θεσμική οργάνωση του κράτους, παρέμενε ουσιαστικά ενταγμένη στη λογική του πολιτικού αποκλεισμού του κλασικού φιλελευθερισμού, ενώ η διεύρυνση των πολιτικών δικαιωμάτων (καθιέρωση της καθολικής ψηφοφορίας) απαιτούσε την – αναγκαία – οργανωτική και θεσμική προσαρμογή του, που θα αποτελούσε και τον όρο sine qua non της βιομηχανικής ανάπτυξης. Η ανάδειξη του νέου παραδείγματος Η εκδήλωση αυτής της αντίφασης πήρε τη μορφή του σεισμού που έπληξε την οικονομία το 1929. Η αναγκαία αναπροσαρμογή εισάγεται από τα μέτρα της κυβέρνησης Roosevelt, τα οποία υπό το γενικό όρο New Deal σηματοδοτούν μια άλλη σχέση οικονομίας και πολιτικής και τα οποία, μέσω της πρωτοφανούς ανάπτυξης της βιομηχανικής παραγωγής λόγω του πολέμου και της κυριαρχίας του βιομηχανικού κεφαλαίου μετά τον πόλεμο, αποδίδουν πραγματικά κατά την μεταπολεμική περίοδο. Πρβλ. και τα συγκριτικά στοιχεία που παραθέτει ο Max Otte στην εισαγωγή του στην επεξεργασμένη γερμανική επανέκδοση της πρώτης αμερικανικής έκδοσης του 1954 της ανάλυσης του Galbraith για την κρίση του 1929. Στο: Galbraith, John Kenneth (2008): Der grosse Crash. 1929, München, FinanzBuch Verlag, σελ. 13. Ειδικότερα για τα αμερικανικά οικονομικά στοιχεία: http://www.census.gov/hhes/www/income/income.html. 30 111 Η νέα αυτή σχέση οικονομίας και πολιτικής σηματοδοτεί την ανατροπή του κλασικού φιλελεύθερου παραδείγματος και την αναδιάρθρωση του κράτους και της έννομης τάξης, μέσω της σταδιακής διαδικασίας θεσμικής τιθάσευσης της βίας της αγοράς, η οποία, τουλάχιστον στο δυτικό βιομηχανικό κόσμο, πήρε την πιο καθαρή μορφή της με τη θεμελίωση της κεϋνσιανής συναίνεσης από το κοινωνικό κράτος. Στην ηπειρωτική Ευρώπη η θεμελιακή αυτή αντίφαση οδήγησε στην κρίση του μεσοπολέμου, στην έκρηξη της αντίδρασης μέσω της φασιστικής και ναζιστικής δικτατορίας, στην αποκοπή του πιο υποανάπτυκτου τμήματος του καπιταλιστικού κόσμου από την οικονομία της αγοράς μέσω της κομμουνιστικής δικτατορίας και τέλος στην τραγωδία της φυλετικά οριζόμενης απαξίωσης της ζωής (Shoah) και στον Β΄ Παγκόσμιο Πόλεμο. Οι εμπειρίες και τα τραύματα της οικονομικής κρίσης του 1929, της οικονομικής και κοινωνικής κρίσης του μεσοπολέμου, του φασισμού, του ναζισμού, της βιομηχανικής οργάνωσης της γενοκτονίας, των ασύλληπτων καταστροφών του πολέμου, της απειλής της κομμουνιστικής δικτατορίας και η ανάγκη ανοικοδόμησης της Ευρώπης και της γενικότερης σταθεροποίησης του καπιταλιστικού συστήματος και της δημοκρατίας οδήγησαν στη συμφωνία του Bretton Woods το 1944 και λίγο αργότερα στη διαδικασία της ευρωπαϊκής ενοποίησης. Η συμφωνία του Bretton Woods αποτέλεσε το ρυθμιστικό πλαίσιο της παγκόσμιας καπιταλιστικής οικονομίας και κατέστησε δυνατή την επιβολή του κεϋνσιανού παραδείγματος και της κεϋνσιανής συναίνεσης στο εσωτερικό των ανεπτυγμένων βιομηχανικών χωρών της Δύσης (Χαραλάμπης, 1998). Στη νέα αυτή δημοκρατία της κοινωνικής οικονομίας της αγοράς, με διάφορες διαβαθμίσεις έντασης στις επιμέρους μεταπολεμικές δημοκρατίες, η απαίτηση της διασφάλισης και εγγύησης των υλικών όρων συμμετοχής οδήγησε στην ανάδειξη της υλικότητας της συμμετοχής υπό τη μορφή μιας νέας γενιάς δικαιωμάτων, των κοινωνικών δικαιωμάτων. Οδήγησε στην ανάδειξη μιας νέας γενιάς ατομικών δικαιωμάτων, αφού τα κοινωνικά δικαιώματα αποτελούν την ουσιαστική επέκταση της προστασίας των υλικών όρων ύπαρξης, αυτονομίας, ελευθερίας που εξασφάλιζε η προστασία της ατομικής ιδιοκτησίας και σε αυτούς που δεν είχαν de facto ιδιοκτησία, ή που η μόνη τους ιδιοκτησία ήταν αυτή της, χρονικά πεπερασμένης, εργατικής τους δύναμης. Η εμβάθυνση του σεβασμού και της προστασίας της αξίας του ανθρώπου, της ουσιαστικής νοηματοδότησης της ανθρώπινης αξιοπρέπειας, μέσω της καθιέρωσης των κοινωνικών δικαιωμάτων, διαμόρφωσε τους όρους υπέρβασης της τυπικής ισότητας με τη μορφή θεσμικής κατοχύρωσης ουσιαστικών περιεχομένων υλικής διασφάλισης της κοινωνικής, οικονομικής και πολιτικής συμμετοχής με όρους διανεμητικής δικαιοσύνης. Η ωρίμανση αυτή του πολιτικού ανέδειξε νέες μορφές κοινωνικής διαπραγμάτευσης, νέες διαδικασίες λήψης αποφάσεων και διαμόρφωσε το μεταπολεμικό ρυθμιστικό πλαίσιο της λειτουργίας της αγοράς. Σ’ αυτό το ρυθμιστικό πλαίσιο η αυτονομία των εργασιακών συμβάσεων μεταξύ εργοδοσίας και συνδικάτων, ο ελάχιστος μισθός, η διάρθρωση του λεγόμενου έμμεσου μισθού και η διανεμητική λειτουργία της προοδευτικής φορολογικής κλίμακας αποτέλεσαν τους κύριους δείκτες της διανεμητικής δικαιοσύνης που χαρακτήριζε την κοινωνική διάσταση της λειτουργίας της αγοράς. Η κοινωνική συναίνεση που επετεύχθη στη βάση του κοινωνικού κράτους είχε τρία καθοριστικά αποτελέσματα. Πρώτον οδήγησε, και στις ΗΠΑ (όπου ίσχυσε η πιο ήπια μορφή του κράτους πρόνοιας) και στην Ευρώπη, σε μια πρωτοφανή στην ιστορία της οικονομίας της αγοράς επίτευξη κοινωνικής δικαιοσύνης. Δεύτερον, μέσω και λόγω αυτής, οδήγησε στην ταχύτατη αύξηση του εθνικού προϊόντος και στην επιτάχυνση της εφαρμογής τεχνολογικών καινοτομιών και στο επίπεδο της παραγωγής και στο επίπεδο της κατανάλωσης. Τρίτον, λόγω των ανωτέρω, επέτρεψε τη διεύρυνση της κοινωνικής κινητικότητας. Η πολιτική, ήτοι οι πολιτικές ρυθμίσεις της αναπαραγωγής της κεφαλαιοκρατικής σχέσης, δεν νοείται πλέον ως παράγοντας αποσταθεροποίησης του οικονομικού 112 παραδείγματος. Το νέο παράδειγμα της κεϋνσιανής συναίνεσης περιθωριοποιεί την ακραία εκδοχή της αγοράς, αποσυνθέτει τη μεταφυσική του καθαρού λόγου του κλασικού φιλελεύθερου παραδείγματος και συμφιλιώνει την πολιτική με το πολιτικό. Το τέλος της μεταπολεμικής κεϋνσιανής συναίνεσης Η αντίστροφη μέτρηση αρχίζει ήδη κατά τη δεκαετία του ’70. Το καθοριστικό στοιχείο ήταν η σταδιακή απελευθέρωση των αγορών και η με αυτή συνδεδεμένη διαδικασία παγκοσμιοποίησης. Το ζητούμενο είναι η αποσύνδεση της οικονομίας από το πολιτικό, οργανωτικό και θεσμικό πλαίσιο στο οποίο ήταν ενταγμένη (Χαραλάμπης, 1998 σελ. 191 κ.ε.). Η αποσύνδεσή της από τις δεσμεύσεις του πολιτικού και η επέκταση και διάχυσή της στο πολιτικό κενό του υπερεθνικού χώρου. Αυτή η διεθνοποίηση του κεφαλαίου παρήγαγε μια νέα ασυμμετρία στη σχέση της οικονομίας με το πολιτικό. Το πολιτικό παρέμεινε εντεταγμένο στο εθνικό οργανωτικό θεσμικό πλαίσιο και ως εκ τούτου έγινε αντικείμενο αναπαραγόμενων διαδικασιών αξιακής του έκπτωσης, ενώ το κεφάλαιο, ελεύθερο από εθνικές ρυθμιστικές πολιτικές διαμορφώνει, μετά την κατάρρευση του συστήματος του Βretton Woods, πολιτικά αρρύθμιστες υπερεθνικές αγορές, οι οποίες δεν υπόκεινται πλέον σε όρους κοινωνικής διαπραγμάτευσης. Η μετάθεση, μετεγκατάσταση της παραγωγής εκτός των κλασικών βιομηχανικών χωρών και η διεθνοποίηση του χρηματοπιστωτικού κερδοσκοπικού κεφαλαίου χαρακτηρίζει αυτή την διαδικασία παγκοσμιοποίησης. Η αποσύνδεση του κερδοσκοπικού κεφαλαίου από τη λεγόμενη πραγματική οικονομία διαμορφώνει τους νέους όρους της πολιτικής και επαναφέρει στο προσκήνιο την πολιτική της ανισότητας, την πολιτική ως άρνηση, ως έκπτωση του πολιτικού. Οι τρεις κύριοι λόγοι που αποτέλεσαν το εφαλτήριο της υποχώρησης του κεϋνσιανού παραδείγματος είναι συνοπτικά οι εξής: α) Η γιγάντια υπερεθνική αναδιανομή πλούτου, που υπήρξε το αποτέλεσμα της πρώτης και της δεύτερης πετρελαϊκής κρίσης παρήγαγε έναν πρωτοφανή όγκο κεφαλαίων (πετροδολάρια), ο οποίος κινούμενος εκτός παραγωγικής διαδικασίας αναζήτησε υψηλή κερδοφορία στον χρηματιστηριακή αγορά. Οι διαχειριστές αυτών των κεφαλαίων αποκτούν σύντομα τεράστια επιρροή στην αγορά, λόγω της ουσιαστικά αστείρευτης ρευστότητας των κεφαλαίων που διαχειρίζονται. β) Το κόστος παραγωγής στις δυτικές βιομηχανικές χώρες αυξάνει συνεχώς, λόγω του κόστους του κοινωνικού κράτους και της διαπραγματευτικής δυνατότητας των συνδικάτων και παρ’ όλο που αυτό συμβαδίζει με την συνεχή αύξηση της καταναλωτικής δύναμης, περιορίζει τις δυνατότητες κερδοφορίας του κεφαλαίου. Αποτέλεσμα είναι, πρώτον η μετεγκατάσταση της παραγωγής σε χώρες όπου το κοινωνικό κράτος είναι άγνωστο και δεύτερον η μετάλλαξη των τραπεζών σε επενδυτικές τράπεζες δραστηριοποιούμενες εκτός παραγωγής στο πεδίο της χρηματιστηριακής αγοράς, όπου η κερδοφορία είναι πολλαπλώς υψηλότερη απ’ ό,τι στην παραγωγή. Η μετεγκατάσταση της παραγωγής, αλλά και η είσοδος στον παγκόσμιο καταμερισμό της εργασίας νέων χωρών (η Ιαπωνία αρχικά, οι λεγόμενες τίγρεις της Νοτιοανατολικής Ασίας αργότερα και μέχρι την κρίση του 1997-98, και σήμερα οι χώρες του BRIC και κυρίως η Κίνα) ανατρέπει τις ισορροπίες του κοινωνικού ανταγωνισμού και λειτουργεί αποσταθεροποιητικά για το κοινωνικό κράτος. Παράλληλα η νέα τεχνολογική επανάσταση στο πεδίο της παραγωγής περιορίζει την απασχόληση, αποσταθεροποιεί τις διαπραγματευτικές δυνατότητες των εργαζομένων και σε συνδυασμό με την μετεγκατάσταση οδηγεί στο φαινόμενο της οικονομικής μεγέθυνσης χωρίς απασχόληση (Χαραλάμπης, 1998). Η εξέλιξη αυτή, που σήμερα αρχίζει να πλήττει και τις αναδυόμενες οικονομίες, σε συνδυασμό με τη γήρανση των ευρωπαϊκών κοινωνιών, αυξάνει το κόστος του κοινωνικού κράτους ενώ συγχρόνως περιορίζει τους πόρους του. Άλλωστε η μεγέθυνση χωρίς απασχόληση πλήττει ήδη και τον χρηματοπιστωτικό 113 τομέα, λόγω του συνδυασμού μετεγκατάστασης (κυρίως σε Σιγκαπούρη και Χονγκ Κονγκ) και αυτοματοποίησης των συναλλαγών. Το κοινωνικό κράτος στοχοποιείται πλέον, ως ο καθοριστικός συντελεστής του περιορισμού της ανταγωνιστικότητας λόγω της διόγκωσης του κόστους παραγωγής, ενώ η λογική της προοδευτικής διαβάθμισης της φορολογικής κλίμακας ανατρέπεται, ώστε να απελευθερωθούν κεφάλαια, αφού το κοινωνικό κράτος περιορίζει την κερδοφορία και γι’ αυτό την επενδυτική δραστηριότητα. Το ότι τα κεφάλαια αυτά επενδύονται στον χρηματοπιστωτικό τομέα είναι απλά λογικό, αφού εκεί επιτυγχάνονται και τα μεγαλύτερα κέρδη, ενώ για το γεγονός ότι δεν επενδύονται στην παραγωγή θεωρείται υπεύθυνο το κοινωνικό κράτος που περιορίζει την κερδοφορία… Η συρρίκνωση του κοινωνικού κράτους εγκαινιάζεται από τις κυβερνήσεις Thatsher και Reagan με το αίτημα του μικρότερου κράτους, δηλαδή του όσον το δυνατόν μικρότερου και ασθενέστερου κοινωνικού κράτους. Η πολιτική παύει να είναι παράγοντας αποσταθεροποίησης του φιλελεύθερου παραδείγματος. Αντίθετα γίνεται ο ουσιαστικός παράγοντας επανεγκαθίδρυσής του στο κέντρο της οικονομικής και κοινωνικής διεργασίας, και πάλι ως διαδικασίας έκπτωσης του πολιτικού (Krugman, 2003 και Thompson, 2007)31. Η ένταξη της Κίνας στην παγκόσμια αγορά (1978) λειτουργεί ως περαιτέρω εγγυητής της πολιτικής της ανισότητας, ως περαιτέρω εγγυητής της επαναθεμελίωσης της ανισότητας της κεφαλαιοκρατικής σχέσης. Η ολοκληρωτική εξουσία του κομμουνιστικού κόμματος εξασφαλίζει την πειθάρχηση των εργαζομένων και αναιρεί κάθε διαπραγματευτική δυνατότητα του πόλου της εργασίας, συνεπικουρούμενη από την πίεση του γιγάντιου εφεδρικού εργατικού δυναμικού των πάμπτωχων αγροτικών στρωμάτων και από την, μέσω της ένταξης στην παραγωγική διαδικασία, εμφάνιση της προοπτικής εξόδου από τη φτώχεια, για πρώτη φορά στη σύγχρονη ιστορία της Κίνας. Συγχρόνως η εμφάνιση μιας συνεχώς αυξανόμενης μεσαίας τάξης στην Κίνα και στην Ινδία, αλλά και στις άλλες χώρες του BRIC, υποκαθιστά τις απώλειες αγοράς στις οποίες οδηγεί η συρρίκνωση των εισοδημάτων και της μεσαίας τάξης στην Αμερική και στην Ευρώπη. Ακόμα κι αν οι νέες αυτές μεσαίες τάξεις δεν υπερβαίνουν το 20% έως 30% του πληθυσμού των χωρών των αναδυόμενων οικονομιών και η καταναλωτική τους δύναμη είναι ακόμα συγκριτικά υποδεέστερη αυτής των κλασικών βιομηχανικών χωρών, σε απόλυτους αριθμούς ο όγκος τους είναι γιγάντιος και μπορούμε πλέον να αναγνωρίσουμε και μία, παράλληλα προς την παραγωγή, μετατόπιση και της καταναλωτικής δύναμης προς την Ανατολή και ως εκ τούτου και της κερδοφορίας των επενδύσεων στην παραγωγή. Άλλωστε η μετατόπιση της βιομηχανικής παραγωγής από τη Δύση προς την Ανατολή σταδιακά αναιρεί ή θα αναιρέσει, σύμφωνα με τους κανόνες της οικονομικής της τεχνολογίας (Βερναρδάκης, 2006), την τεχνολογική υπεροχή της Δύσης, ως τελικά λογική συνέπεια της υπεροχής του φιλελεύθερου παραδείγματος. Οι αγορές επενδυτικών αγαθών και οι επενδύσεις των αναδυόμενων οικονομιών και κυρίως της Κίνας όχι μόνο πλέον στη μεταποίηση και τις υποδομές, αλλά και σε τομείς παραγωγής και υπηρεσιών υψηλής τεχνολογίας διεθνώς και κυρίως στην Ευρώπη, η οποία λόγω της κρίσης στην ευρωζώνη αναζητεί κεφάλαια, επιταχύνει αυτή τη διαδικασία. Ο Thompson (Thompson, J. Michael (2007): The Politics of Inequality. A Political History of the Idea of Economic Inequality in America, New York, Columbia University Press) συστηματοποιεί τις πολιτικές της ανισότητας ως καθοριστικού πυρήνα της πολιτικής στις ΗΠΑ. Το έργο του Krugman [ενδεικτικά: Krugman, Paul (2008): Η συνείδηση ενός προοδευτικού, Αθήνα, Πόλις] αποτελεί την πιο συστηματική ανάλυση της πολιτικής της ανισότητας κατά την τελευταία τριακονταετία και της διαδικασίας συρρίκνωσης του κοινωνικού κράτους και των επιπτώσεων της πολιτικής της Δεξιάς στις ΗΠΑ. Σήμερα ο Krugman φαίνεται να είναι μια μοναχική εξαίρεση της κεϋνσιανής προσέγγισης στο πλαίσιο της κυριαρχίας του νεοφιλελεύθερου παραδείγματος. 31 114 γ) Ο όγκος της κυκλοφορίας των κεφαλαίων, η αναδιάρθρωση του διεθνούς εμπορίου και του καταμερισμού της εργασίας, ήδη από τα τέλη της δεκαετίας του ’60 και συγκεκριμένα το γιγάντιο κόστος του πολέμου του Βιετνάμ και το ελλειμματικό ισοζύγιο πληρωμών των ΗΠΑ ανάγκασαν την κυβέρνηση Νixon να αποδεσμεύσει το δολάριο από τον κανόνα χρυσού και τις ισοτιμίες των νομισμάτων από το δολάριο, πράγμα που σήμανε και το πανηγυρικό τέλος της συμφωνίας του Bretton Woods. Η κατάργηση του συστήματος των σταθερών ισοτιμιών άνοιξε τις πύλες της οικονομίας στην παγκόσμια κερδοσκοπία και σήμανε το τέλος της διεθνούς οικονομικής μεταπολεμικής σταθερότητας και ως εκ τούτου και το τέλος των όρων σταθερότητας που είχαν επιτρέψει την ανάδειξη του κοινωνικού κράτους. Ενώ η κατάρρευση της Σοβιετικής Ένωσης και το τέλος του ψυχρού πολέμου ολοκλήρωσε τον παγκόσμιο χαρακτήρα της οικονομίας της αγοράς. Ίσως το πιο καθοριστικό σημείο της στροφής στην παγκόσμια οικονομία να είναι η κατάργηση του νόμου Glass – Steagall του 1933 το 1999 από την κυβέρνηση Clinton. H κατάργηση δηλαδή του διαχωρισμού των απλών τραπεζών (που δέχονται αποταμιεύσεις και δανείζουν επιχειρήσεις και νοικοκυριά) από τις επενδυτικές τράπεζες (κερδοσκοπικές επενδύσεις στα χρηματιστήρια, αγοραπωλησίες «καινοτόμων» χρηματοπιστωτικών προϊόντων, επενδύσεις υψηλού ρίσκου στην αγορά παραγώγων, επισφαλών δανείων κ.λπ.). Από τη στιγμή εκείνη αρχίζει το κερδοσκοπικό πανηγύρι που οδηγεί την παγκόσμια οικονομία (κυρίως βέβαια τη δυτική και πρωτίστως την αμερικανική) στην χρηματοπιστωτική κρίση του 2007/2008 και στη συνέχεια στη δημοσιονομική κρίση του 2009/2010, η οποία και συνεχίζεται, χωρίς το πανηγύρι να έχει τελειώσει. Η ακραία εκδοχή της αγοράς Το κεφάλαιο, ελεύθερο από τις δεσμεύσεις της αναπαραγωγής της κεφαλαιοκρατικής σχέσης, λόγω της μετατόπισης της παραγωγικής διαδικασίας, ή της απειλής αυτής της μετατόπισης, αποδεσμευόμενο από τις όποιες ρυθμίσεις της χρηματοπιστωτικής λειτουργίας και από το κόστος της φορολογίας που επέφερε η συρρίκνωση του προοδευτικού χαρακτήρα της φορολογικής κλίμακας, επενδύει στον εαυτό του. Νέα χρηματοπιστωτικά προϊόντα σχεδιάζονται και κατασκευάζονται, ή ήδη υπάρχοντα ανασύρονται από το περιθώριο και τίθενται στο κέντρο των κερδοσκοπικών επενδύσεων. Η χρηματοπιστωτική «βιομηχανία» παράγει τα «καινοτόμα προϊόντα» της; Παράγωγα, σύνθετα χρηματοπιστωτικά πακέτα, εγγυήσεις εξασφάλισης κινδύνου (CDOs, CDSs), τιτλοποιήσεις υποθηκών και δανείων, μοχλεύσεις κεφαλαίων, swaps παντός τύπου (συναλλαγές επιτοκίων, συναλλάγματος, τιμών, εγγυήσεων κ.λπ.), στοιχήματα προοπτικών αγοράς ή πώλησης, παράγωγα συναλλάγματος κ.λπ., προστίθενται στην κερδοσκοπία συναλλάγματος, τιμών πρώτων υλών, ενέργειας και τροφίμων. Η στιγμή των μαθηματικών έχει φθάσει. Καινοτόμα χρηματοπιστωτικά προϊόντα σχεδιάζονται και τιτλοποιούνται, ενώ οι οίκοι πιστωτικής αξιολόγησης παρακολουθούν και εγγυώνται την αξία τους. Η αυτοποίηση και αυτοαναφορά του συστήματος φτάνει το ιστορικό της ζενίθ. Το παράδειγμα του αποτελεσματικού, αλάνθαστου καθαρού λόγου της ελεύθερης από τις ανορθολογικές επεμβάσεις του πολιτικού αγοράς αγγίζει πλέον την κοσμική του αποκάλυψη. Ο εξοστρακισμός της πραγματικής κοινωνίας, η απώθηση του πολιτικού επιτρέπει την επιβολή της καθαρότητας της ακραίας εκδοχής της αγοράς. Με τη βοήθεια της τεχνολογίας της πληροφορικής και την χρήση ταχύτατων ηλεκτρονικών υπολογιστών συστηματοποιείται το παρελθόν ως βάση επεξεργασίας και υπολογισμού μελλοντικών πιθανοτήτων. Πίνακες, διαγράμματα και εξισώσεις διαφορικού λογισμού υπολογίζουν τις προοπτικές των τιμών ως δεσμευτικών δεικτών 115 ενός μελλοντικού παρόντος που προκύπτει από τον σημερινό υπολογισμό του μέλλοντος (Vogl, 2010 σελ. 83 κ.ε., Fox, 2009)32. Ο χρόνος και η προσδοκία του μελλοντικού αποτελέσματος συγκροτεί άλλωστε τον πυρήνα της κερδοσκοπικής λειτουργίας. Η μαθηματική δέσμευση των πιθανών αποκλίσεων της πορείας των τιμών, η μαθηματική δέσμευση της πιθανότητας εξασφαλίζει τον έλεγχο του μέλλοντος. Οι κρίσεις εξοβελίζονται από το παράδειγμα, αφού η καθαρότητά του έχει εξοβελίσει, έχει υποτάξει μαθηματικά το πολιτικό, την κοινωνία, την λειτουργία του πραγματικού κόσμου. Το παράδειγμα του κόσμου ως πλέγματος και σχέσεων τιμών ταυτίζει τον υπολογισμό της μεταβλητότητας των τιμών με τον ορθολογικό, καθαρό από εξωοικονομικούς παράγοντες έλεγχο της πραγματικότητας. Η διαμεσολάβηση της πραγματικότητας από τις τιμές και η ταύτισή της με αυτές δεν αποτελεί μόνο καθαρή μετανεωτερική θεώρηση της πραγματικότητας, αλλά εντάσσοντάς την στη μαθηματική δέσμευση των πιθανοτήτων ενσωματώνει ελεγκτικά την απροσδιοριστία της. Σύμφωνα με τα στοιχεία του ΔΝΤ ο όγκος των συναλλαγών συναλλάγματος είχε φθάσει το 2010 τα 995 τρισ. δολάρια, ο όγκος των συναλλαγών παραγώγων τα 601 τρισ., ο όγκος των συναλλαγών μετοχών και ομολόγων τα 87 τρισ., ενώ ο όγκος των παραγομένων αγαθών και υπηρεσιών, δηλαδή το Παγκόσμιο Ακαθάριστο Προϊόν (η πραγματική οικονομία), ανήρχετο σε 63 τρισ. δολάρια33. Και όλα αυτά παρά την τραπεζική κρίση του 2007/2008. Η αντοχή της ακραίας εκδοχής της αγοράς Πολλοί πίστεψαν ότι ο σεισμός της Λισσαβόνας της εκκοσμικευμένης οικονομικής θεοδικίας επήλθε το Σεπτέμβριο του 2007 με την κατάρρευση της Τράπεζας Lehman. Η κρίση της αγοράς ενυπόθηκων δανείων, η τιτλοποίηση των οποίων είχε αποτελέσει τη βάση του σχεδιασμού και της σύνθεσης των παραγώγων, μετέτρεψε τη γιγάντια κερδοφορία και τα ακόμη μεγαλύτερα αναμενόμενα κέρδη στη μεγαλύτερη κρίση της οικονομίας μετά το 1929. 12 εκατ. άνθρωποι στις Η.Π.Α. δεν ήταν πλέον σε θέση να πληρώσουν τα στεγαστικά ή καταναλωτικά δάνεια που είχαν συνάψει και που ήταν η βάση του οικοδομήματος της χρηματοπιστωτικής «καινοτομίας» (Rajan, 2010, Stiglitz, 2010, Shiller, 2008). Η εικονική πραγματικότητα της αλάνθαστης, αυτορυθμιζόμενης και αποτελεσματικής αγοράς κατέρρευσε μαζί με τον μαθηματικό έλεγχο των πιθανοτήτων, συμπαρασύροντας την εικονική πραγματικότητα της ευημερίας, η οποία, μέσω του δανεισμού, είχε καλύψει την πραγματικότητα της γιγάντιας ανισότητας των επιπτώσεων της αποβιομηχάνισης και της επί 30 χρόνια τουλάχιστον συνεχιζόμενης αναδιανομής του εισοδήματος υπέρ μιας όλο και ισχυρότερης κοινωνικής μειοψηφίας, στο πλαίσιο της επιταχυνόμενης ασυμμετρίας του διεθνούς οικονομικού συστήματος. Αυτή η ασυμμετρία, κυρίως μέσω της αγοράς αμερικανικών ομολόγων από την Κίνα είχε δημιουργήσει τη γιγάντια ρευστότητα κεφαλαίων, η οποία επέτρεψε την εικονική πραγματικότητα της γενικευμένης ευημερίας. Ενδεικτική είναι η ανάλυση του Vogl για τον ανορθολογισμό του «καθαρού λόγου» της εξίσωσης διαφορικού λογισμού των Black, Scholes και Merton, η οποία ως εξίσωση BlackScholes αποτελεί την κατ’ εξοχήν αναγνωρισμένη εξίσωση τιμολόγησης χρηματοπιστωτικών προϊόντων. Γι’ αυτό άλλωστε στους Scholes και Merton απενεμήθη το βραβείο Nobel 1997. Ο Fox [Fox, Justin (2009): The Myth of the Rational Market, New York, Harper Collins] αναδεικνύει και αναλύει ειδικότερα τον ανορθολογισμό των «ορθολογικών» θεωριών που καθόρισαν την χρηματιστηριακή και χρηματοπιστωτική αγορά. 33 Der Spiegel, „Gelduntergang. Die zerstörerische Macht der Finanzmärkte“ No 34, 22-82011 σελ. 60 κ.ε. 32 116 Όμως η διάσωση των τραπεζών και του τραπεζικού συστήματος από το κράτος, η παρέμβαση δηλαδή της ορατής χειρός από τη στιγμή που η αόρατη απεδείχθη ανύπαρκτη, δεν είχε ως αποτέλεσμα την αλλαγή του παραδείγματος. Η κεϋνσιανής λογικής παρέμβαση είχε ως μοναδικό στόχο τη διάσωση του χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου και οδήγησε στην κοινωνικοποίηση των ζημιών και στην αναπαραγωγή της ιδιωτικοποίησης του κέρδους. Η διάσωση του χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου είχε και έχει ένα γιγάντιο δημοσιονομικό κόστος, το οποίο και αποτέλεσε τον αμέσως επόμενο στόχο της κερδοσκοπίας του διασωθέντος χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου. Η κρίση δεν περιόρισε την κυριαρχία του. Αντίθετα την ενέτεινε, εμβαθύνοντας την οικονομική ανισότητα, μέσω της πρωτοφανούς νέας αναδιανομής πόρων που ήταν και είναι απαραίτητη για να καλυφθεί το κόστος του ανορθολογισμού του υποτιθέμενου καθαρού λόγου του παραδείγματος της απόλυτης εκδοχής της αγοράς. Άλλωστε η δημοσιονομική κρίση διευκόλυνε και τη μετάθεση των ευθυνών. Αν για τη χρηματοπιστωτική κρίση ήταν υπεύθυνες οι επενδυτικές τράπεζες, τότε για τη δημοσιονομική υπεύθυνα είναι τα κράτη και όχι οι τράπεζες. Παρόλο που το επιχείρημα αποκρύπτει τις ευθύνες των τραπεζών και επαναπροσανατολίζει την ανεξέλεγκτη ροή των πόρων προς τις (επενδυτικές) τράπεζες και όχι προς την παραγωγική διαδικασία, αναδεικνύει αθέλητα το γεγονός, ότι ο συνδυασμός πολιτικών της ανισότητας και δανεισμού με στόχο τη διαμόρφωση της εικονικής πραγματικότητας της ευημερίας, είναι αυτός που συγκροτεί τον πυρήνα της υπαγωγής της πολιτικής στην απόλυτη εκδοχή της αγοράς. Η κρίση του πολιτικού δεν εστιάζεται στον κρατικό ολοκληρωτισμό, όπως στον μεσοπόλεμο. Εστιάζεται στην ανθεκτικότητα της πολιτικής της ανισότητας (Crouch, 2011), η οποία, είτε με τη μορφή της λυσσαλέας ενορχηστρωμένης αντίδρασης της Δεξιάς στις ΗΠΑ απέναντι σε κάθε προσπάθεια επανασύστασης του κεϋνσιανού παραδείγματος, είτε με τη μορφή της θεσμικής κατοχύρωσης του ισοσκελισμένου προϋπολογισμού ως υποδομής του παραδείγματος της αποτελεσματικής αγοράς, συνεπικουρούμενη από την αναβίωση του (οικονομικού) εθνικισμού, περιθωριοποιεί και πάλι το πολιτικό. Ήδη η συνθήκη του Maastricht είχε θεμελιώσει την ελλειμματική οργανωτική μορφή της ευρωζώνης (μονοδιάστατη λειτουργία της κεντρικής ευρωπαϊκής τράπεζας, έλλειψη κοινής οικονομικής και δημοσιονομικής πολιτικής) και τον «χρυσό κανόνα» του ισοσκελισμένου προϋπολογισμού. Αυτή τη φορά, η περιθωριοποίηση του πολιτικού δεν παίρνει τη μορφή του εθνικιστικού, ή/και ρατσιστικού ανορθολογισμού, αλλά εμφανίζεται με τη δύναμη του υποτιθέμενου καθαρού λόγου της απόρριψης των αναγκαίων όρων αναπαραγωγής της κοινωνίας, ως ανορθολογικής πίεσης στην ισχύ του ορθού λόγου της αγοράς (Ordoliberalism). Θέση η οποία εστιάζεται στην απόρριψη κάθε πολιτικής πρωτοβουλίας που θα περιόριζε την εσωτερική ασυμμετρία της ευρωζώνης και η οποία κωδικοποιείται στην απόρριψη της μεταβολής της Νομισματικής Ένωσης σε «μεταβιβαστική ένωση» (transfers union). Η παγκόσμια οικονομική ασυμμετρία, λόγω της μετεγκατάστασης της βιομηχανικής παραγωγής, η οικονομική ανισότητα και η εμβάθυνση της, λόγω του δημοσιονομικού κόστους και της ανακατανομής των φορολογικών βαρών, που συγκεκριμενοποιούν την αναπαραγωγή της συμπαρασύροντας και τις μεσαίες τάξεις, δεν συρρικνώνουν απλώς το κοινωνικό κράτος και τα εισοδήματα. Θέτουν επί τάπητος την ίδια την υπόσταση της Δημοκρατίας και εν τέλει και πάλι το εγχείρημα της νεωτερικότητας. Τη στιγμή μάλιστα που τα κοινωνικά δικαιώματα συρρικνώνονται και τα πολιτικά εξουδετερώνονται εξαρτώμενα από την κρίση των οίκων αξιολόγησης, ως εκφραστών της κυριαρχίας του χρηματοπιστωτικού κεφαλαίου, η αποτελεσματικότητα του αυταρχισμού και του ολοκληρωτισμού, αυτή τη φορά στο πλαίσιο της καπιταλιστικής οικονομίας και της ακραίας εκδοχής της αγοράς, εμφανίζεται ως εναλλακτική λειτουργική λύση. Η γοητεία της οικονομικής αποτελεσματικότητας του κινεζικού αυταρχισμού μοιάζει ακαταμάχητη και ταυτίζεται με την «από τη Δύση απολεσθείσα ηθική της εργασίας» (Ferguson, 2011). 117 Η απειλή είναι τελικά η μεταδημοκρατία της απόλυτης επιβολής των οικονομικών συμφερόντων. Το ζητούμενο είναι, σύμφωνα με τη διατύπωση του Habermas34, η διάσωση της αξιοπρέπειας, της Δημοκρατίας. Το ζητούμενο είναι η απελευθέρωση του πολιτικού από την καταστροφική δύναμη της νεοφιλελεύθερης πολιτικής της ανισότητας (Habermas, 2011). Στις ΗΠΑ η καταστροφική δυναμική του παραδείγματος της ακραίας εκδοχής της αγοράς, παίρνει τη μορφή της υπερσυγκέντρωσης του πλούτου, της συρρίκνωσης της μεσαίας τάξης, της πρωτοφανούς έντασης του κοινωνικού αποκλεισμού, της αποβιομηχάνισης και της παράλυσης του πολιτικού συστήματος, λόγω κυρίως της ενορχηστρωμένης δράσης της αντίδρασης, που επιταχύνει την υποχώρηση της θέσης της Αμερικής στον κόσμο35. Στην Ευρώπη, το θεμελιώδες βήμα αυτής της καταστροφικής δυναμικής θα είναι η κατάρρευση της Ευρωζώνης και της Ε.Ε. Η κατάρρευση τελικά του καθοριστικού πολιτισμικού και πολιτικού εγχειρήματος της μεταπολεμικής Ευρώπης ως προοπτικής της διαμόρφωσης μιας κοινότητας Δικαίου, όπου η έννοια του πολίτη συμπυκνώνει τη διαδικασία υπέρβασης των εθνικών ορίων της Δημοκρατίας, ίσως υπό τη μορφή της ομοσπονδίας ή της συνομοσπονδίας. Υπό την καθοδήγηση των συντηρητικών δυνάμεων της Γερμανίας36, η θεμελιωμένη στη συνθήκη της Λισσαβόνας διακυβερνητική λογική37 της – αναποτελεσματικής – διαχείρισης της κρίσης και η ηθικολογική και γι’ αυτό αντιδημοκρατική και αντίθετη προς την πολιτική της γερμανικής σοσιαλδημοκρατίας ερμηνεία του κυρίαρχου οικονομικού μοντέλου, σηματοδοτούν την προσπάθεια αναπαραγωγής αλλά και επέκτασης της ανισότητας όχι μόνον στο εσωτερικό των ευρωπαϊκών εθνικών κοινωνιών, αλλά και στην ίδια τη μορφή της διάρθρωσης των σχέσεων μεταξύ των κρατών-μελών της Νομισματικής Ένωσης (Χαραλάμπης, 2012). Άλλωστε η Γερμανία είναι η μόνη χώρα που διατήρησε τον βιομηχανικό της χαρακτήρα και τη δυναμική της Habermas, Jürgen (2011) „Rettet die Würde der Demokratie“, Frankfurter Allgemeine Zeitung 5-11-2011, σελ. 31. Αναλυτικά για το επιχείρημα του Habermas για την κρίση και τις προοπτικές της Ευρώπης: Habermas, Jürgen (2011): Zur Verfassung Europas. Ein Essay, Berlin, Suhrkamp 35 Η σχετική βιβλιογραφία και αρθρογραφία είναι αχανής. Για μία συνοπτική ανάλυση των φαινομένων αυτών στις ΗΠΑ και των αντιδράσεων στην Ευρώπη βλ. Χαραλάμπης (2012). 36 Στη Γερμανία το τραυματικό σύνδρομο του υπερπληθωρισμού της Βαϊμάρης διακατέχει την πολιτική και την οικονομική σκέψη κυρίως του συντηρητικού χώρου. Υποβαθμίζονται όμως συνειδητά οι λόγοι που οδήγησαν στον υπερπληθωρισμό. Το γεγονός δηλαδή ότι ο υπερπληθωρισμός ήταν α) αποτέλεσμα της οικονομικής κατάρρευσης (1920-1922), λόγω των καταστροφικών/ληστρικών όρων της συνθήκης των Βερσαλλιών και β) αποτέλεσμα της αποπληθωριστικής πολιτικής του Brüning (1930-1932). Προφανώς αυτή η υποβάθμιση καθίσταται αναγκαία, ώστε να αποενοχοποιηθεί η σήμερα εφαρμοζόμενη πολιτική λιτότητας και αποπληθωρισμού ως η μοναδική μέθοδος για τον υποτιθέμενο εξορθολογισμό της οικονομίας. Η ιστορία δεν είναι όμως η μόνη εξήγηση. Η αγωνία για το μέλλον των υψηλών αποταμιεύσεων της μεσαίας τάξης στη Γερμανία αναπαράγει με πολύ συγκεκριμένο τρόπο το φόβο του πληθωρισμού. 37 Στην πράξη πρόκειται για τον γαλλογερμανικό άξονα στον οποίο η Γαλλία είναι ουσιαστικά το άλλοθι της γερμανικής ηγεμονικής θέσης. Το ενδεικτικότερο ίσως δημόσιο κείμενο για τις θέσεις των συντηρητικών δυνάμεων στη Γερμανία είναι οι «16 θέσεις για την κατάσταση της Νομισματκής Ένωσης» των φίλων του Ινστιτούτου Ifo του Μονάχου (Bogenberger Erklärung), που δημοσιοποιήθηκαν στην Frankfurter Allgemeine Zeitung δύο ημέρες πριν τη συμφωνία των Βρυξελλών (09-12-2011) στις 07-12-2011, σελ. 12 και 13. Όπως ασφαλώς και οι τοποθετήσεις των Axel Weber (τέως Πρόεδρος της Bundesbank), Jürgen Stark (τέως επικεφαλής οικονομολόγος της ΕΚΤ), Jens Weidmann (νυν Πρόεδρος της Bundesbank), Jörg Asmussen (υπεύθυνος διεθνών οικονομικών σχέσεων της ΕΚΤ) και HansWerner Sinn (Διευθυντής του Ινστιτούτου Ifo). 34 118 βιομηχανικής της παραγωγής και ανταγωνιστικότητας (Agenda 2010) και γι’ αυτό αντιμετώπισε με επιτυχία την οικονομική κρίση και σταθεροποίησε την οικονομική κυριαρχία της στην Ευρώπη. Η αυτόματη επιβολή κυρώσεων στους παραβάτες του «χρυσού κανόνα» του ισοσκελισμένου προϋπολογισμού και κυρίως η πρόταση της γερμανικής κυβέρνησης να ανατεθεί στο Δικαστήριο της Ευρωπαϊκής Ένωσης ο έλεγχος και η τιμωρία των παραβατών της από τη λογική του κεφαλαίου οριζόμενης συγκεκριμένης μορφής της δημοσιονομικής πειθαρχίας, καταλήγει στην ανάδειξη μιας συγκεκριμένης πολιτικής άρνησης του πολιτικού. Το ίδιο ισχύει ασφαλώς και για την απόφαση συνταγματικής κατοχύρωσης από όλες τις χώρες της ευρωζώνης, όπως έχει ήδη γίνει στη Γερμανία, του «χρυσού κανόνα» του ισοσκελισμένου προϋπολογισμού βασισμένου στα εξωπραγματικά όρια του χρέους (60% του ΑΕΠ) και του ελλείμματος (3% του ΑΕΠ, το οποίο πλέον απαιτείται να υποχωρήσει στο 0,5% του ΑΕΠ) που είχε θέσει η συμφωνία του Maastricht. Είναι άλλωστε πολιτισμικά ιδιαίτερα ενδιαφέρον ότι στη γερμανική γλώσσα η έννοια του χρέους και της ενοχής ταυτίζονται στο σημασιολογικό περιεχόμενο της έννοιας Schuld. Σύμφωνα με αυτήν την συντηρητική λογική η πολιτική της ανισότητας επιβάλλει, ως προϋπόθεση sine qua non της αποδοχής της διατήρησης της ευρωζώνης, την τιμωρία των οφειλετών ως ενόχων38. Έστω και αν με αυτό τον τρόπο η ύφεση και η ανισότητα δυνητικά ολοκληρώνουν τον κύκλο της έκπτωσης του πολιτικού και αφήνουν ανοικτή την προοπτική της διάλυσης της Νομισματικής Ένωσης και της ΕΕ. Οι παρατηρήσεις αυτές δεν σχετικοποιούν ασφαλώς το ανορθολογικό περιεχόμενο των πελατειακών σχέσεων, τη φορολογική ασυλία και την από αυτήν προκύπτουσα φοροδιαφυγή, την παθολογία της σχέσης δημοσίου-ιδιωτικού, την κρατικιστική ετερονομία της οικονομίας, την αποσύνδεση των μισθών και εισοδημάτων από την παραγωγικότητα και τον αντιπαραγωγικό και καταναλωτικό χαρακτήρα της οικονομίας που οδήγησαν τη χώρα μας για πολλοστή φορά στη χρεοκοπία. Το τέλος δεν έχει όμως ακόμη προδιαγραφεί. Η κανονιστική δύναμη του πραγματικού του μεταπολεμικού ευρωπαϊκού εγχειρήματος θα αποδειχθεί, πιστεύω, ισχυρότερη από την πολιτική της ανισότητας που διαβρώνει τα θεμέλιά του, γιατί το διακύβευμα είναι θεμελιώδες. Όπως διαπιστώνει ο Radoslaw Sikorski, υπουργός εξωτερικών της Πολωνίας, το δίλημμα είναι απλό και αναπόφευκτο: “deeper integration or collapse”. Ήδη η συμφωνία της 9ης Δεκεμβρίου 2011 μπορεί μεν να θεμελιώνει τη γερμανική συντηρητική και περιοριστική αρχιτεκτονική λιτότητας και πειθάρχησης των ευρωπαϊκών κοινωνιών αναπαράγοντας τις πολιτικές της ανισότητας, μέσω της διακρατικής συμφωνίας της «Ένωσης Δημοσιονομικής Σταθερότητας» (Fiskalunion/Stabilitätsunion) των 17+8, αλλά τουλάχιστον υπεραμύνεται καταρχήν της ευρωπαϊκής ενοποίησης, έστω και αν αγνοεί επιδεικτικά και αναπαράγει την εσωτερική οικονομική ασυμμετρία της ευρωζώνης, υπαναχωρεί ως προς την αναδιάρθρωση του χρέους που κατέχουν οι ιδιωτικές τράπεζες (εκτός της υπό κατάρρευση ελληνικής περίπτωσης) και μεταφέρει αρμοδιότητες και ευρωπαϊκά κεφάλαια στο ΔΝΤ. Ασφαλώς η υφεσιογόνος γερμανική λογική της λιτότητας (ανισότητας) είναι επικίνδυνη και ανίκανη να αποτρέψει την πορεία της κρίσης. Όμως η διατήρηση της Ένωσης και ο διαχωρισμός της από την ακραία αγγλική λογική της αγοράς, διαμορφώνουν δυνητικά τις προϋποθέσεις για αλλαγή της πολιτικής, όταν η συντηρητική γερμανική αρχιτεκτονική αποδειχθεί ότι αγνοεί την στατική του ευρωπαϊκού οικοδομήματος, είναι τελικά αρνητική για την ίδια τη Γερμανία και «Schädliche deutschnationale Kraftmeierei» (σε ελεύθερη απόδοση: επιζήμια και υπερφίαλη επίδειξη ισχύος γερμανικού μεσοπολεμικού εθνικιστικού τύπου) χαρακτήρισε ο Helmut Schmidt αυτή τη στάση του χριστιανοδημοκρατικού-φιλελεύθερου συνασπισμού στην εισαγωγική ομιλία του στο συνέδριο του σοσιαλδημοκρατικού κόμματος στις 4-122011.http://www.spd.de (http://www.youtube.com/watch?v=OYQxYuU6GwI&feature=player_embedded) 38 119 περιθωριοποιεί την Ευρώπη και στο πεδίο της διεθνούς πολιτικής39. Όμως το ύψος του κόστους αυτής της καθυστέρησης και αναβλητικότητας είναι άγνωστο και θα είναι τεράστιο, όπως αποδεικνύει και το κόστος δανεισμού (εκτός των γερμανικών ομολόγων) παρά τις όποιες «ιστορικές συμφωνίες». Το τι θα σήμαινε η κατάρρευση της Ευρωζώνης και κατά συνέπεια της Ε.Ε. είναι για μας που ζήσαμε την μεταπολεμική εξηκονταετία ουσιαστικά αδιανόητο. Η εμπειρία του ευρωπαϊκού εθνικισμού, η υποχώρηση της παγκόσμιας ρυθμιστικής δύναμης των ΗΠΑ και η μεταβλητότητα του σύγχρονου πολυπολικού κόσμου καθιστούν αυτή την προοπτική σίγουρα τρομακτική. Προοπτική μίας «crisis of apocalyptic proportions», όπως επισημαίνει και πάλι ο Sikorski40, μιας θεμελιώδους κρίσης του πολιτικού. Η απειλή της μεταδημοκρατίας είναι ήδη προ των πυλών. Η πολιτική της «marktkonforme Demokratie», της προσαρμοσμένης στην αγορά Δημοκρατίας που επαγγέλλεται η κ. Μέρκελ είναι η επικίνδυνη κληρονομιά της Margaret Thatcher, έστω κι αν η λογική του «καπιταλισμού του Ρήνου» δεν πρόκειται να απαρνηθεί το βιομηχανικό χαρακτήρα της γερμανικής οικονομίας, ο οποίος είναι και το καθοριστικό πλεονέκτημά της. Συγχρόνως το έλλειμμα και το δημόσιο χρέος μεταβάλλονται στο μεγαλύτερο εκβιασμό των αγορών απέναντι στις εθνικές κοινωνίες. Η «marktkonforme Demokratie» είναι η αποδοχή αυτού του εκβιασμού και η προσαρμογή της πολιτικής στους όρους που αυτός θέτει με πυρήνα και αποτέλεσμα τη θεμελίωση και την εμβάθυνση της ανισότητας. Ausgewählte Literatur Βιβλιογραφία α) Άρθρα Χαραλάμπης, Δημήτρης (2010): “Η συγκρότηση του πολιτικού ως τέλος, αλλά όχι ως έσχατον του κανονιστικού εγχειρήματος της νεωτερικότητας”, στο: Ι. Στράγγας, Χαρ. Παπαχαραλάμπους: Σκοπός, τελεολογία και δίκαιο. ΑθήναΘεσσαλονίκη, Εκδόσεις Σάκκουλα, Baden-Baden, Nomos Verlag, Paris, L’ Harmattan σελ. 297-341 Ήδη η στροφή της ΕΚΤ, υπό τη νέα προεδρία του Draghi, προς μία μορφή πολιτικής ποσοτικής χαλάρωσης (quantitative easing), ώστε να επανακτήσουν ρευστότητα οι ιδιωτικές τράπεζες (έχουν ήδη διοχετευθεί ένα δις ευρώ) σηματοδοτεί ίσως την αρχή μιας σταδιακής αλλαγής της πολιτικής της ΕΚΤ παρά τις αντιδράσεις της Bundesbank που φοβάται πληθωριστικές επιπτώσεις. Παρόλα αυτά η πολιτική αυτή δεν αναιρεί το γεγονός της εμβάθυνσης της εξάρτησης των κρατών-μελών της Ένωσης από τις ιδιωτικές τράπεζες τη διατήρηση των υψηλών επιτοκίων του δημόσιου δανεισμού (αύξηση ελλείμματος και χρέους), αφού οι τράπεζες δανειζόμενες με ελάχιστο επιτόκιο δανείζουν με πολύ υψηλότερο και την αύξηση της δύναμης των οίκων αξιολόγησης αφού είναι οι κριτές της δανειοληπτικής φερεγγυότητας των κρατών της Ευρωζώνης. 40 Sikorski, Radoslaw (2011) “I fear Germany’s power less than her inactivity” Financial Times 29-11-2011, σελ. 13. 39 120 Χαραλάμπης, Δημήτρης (2012): “Οι έννοιες του αγαθού και του συμφέροντος στην κανονιστική πολιτική θεωρία και οι επιπτώσεις της απορρύθμισης”, στο: Ι. Στράγγας, Χαρ. Παπαχαραλάμπους: Αγαθό, συμφέρον και δίκαιο, ΑθήναΘεσσαλονίκη, Εκδόσεις Σάκκουλας, Baden-Baden, Nomos Verlag, Paris, L’ Harmattan β) Βιβλία Βερναρδάκης, Νίκος (2006): Οικονομική της τεχνολογίας, Τόμος Α’, Αθήνα, Τυπωθήτω- Δαρδανός Crouch, Colin (2011): The Strange Non-Death of Neoliberalism, Cambridge, Polity Press Ferguson, Niall (2011): Civilization. The West and the Rest, London, Allen Lane Rajan, G. Raghuram (2010): Fault Lines, Princeton and Oxford, Princeton University Press Rorty, Richard (1998): Achieving Our Country. Leftist Thought in Twentieth Century America, Cambridge Massachusetts, Harvard University Press. Rosanvallon, Pierre (1992): Le sacre du citoyen. Histoire du suffrage universelle en France, Paris, Gallimard. Shiller, J. Robert (2008): The Subprime Solution, Princeton and Oxford, Princeton University Press Sternhell, Zeev (2009): Ο αντι-διαφωτισμός, Αθήνα, Πόλις Stiglitz, Joseph (2010): Freefall America. Free Markets and the Sinking of the World Economy, New York, Norton and Company Τσουκαλάς, Κωνσταντίνος (1991): Είδωλα πολιτισμού. Ελευθερία, ισότητα και αδελφότητα στη σύγχρονη πολιτεία, Αθήνα, Θεμέλιο. Vogl, Joseph (2010): Das Gespenst des Kapitals, Zürich, diaphanes Χαραλάμπης, Δημήτρης (1998): Παγκοσμιοποίηση και Δημοκρατία. Η έννοια του ανθρώπου στη Νεωτερικότητα: Πραγματική αφαίρεση και ορθός λόγος, Αθήνα, Ίδρυμα Σάκη Καράγιωργα/Εξάντας Winkler, Heinrich August (2009): Geschichte des Westens, Bd.I., München, Beck Bildungsmedien / DVDs Man kann die DVDs vom Unterrichtsmodul 1 und 3 einsetzen oder weitere DVDs aus dem Schatz der Eurocomenius-Preise auswählen. Anmerkungen Vom 5. bis 6. Februar 2010 wurde an der Universität Erfurt die internationale Tagung ‘Religion in der niederländischen Gesellschaft. Mitgestalterin oder 1 121 Auβenseiterin?’ von den Lehrstühlen für Kirchenrecht (Prof. Dr. Myriam Wijlens) und Liturgiewissenschaft (Prof. Dr. Benedikt Kranemann) veranstaltet. Für die Bearbeitung des vorliegendes Textes habe ich mich inspirieren lassen von dem Erfurter Sammelband Religion –Kultur – Bildung. Religiöse Kulturen im Spannungsfeld von Ideen und Prozessen der Bildung, herausgegeben von Benedikt Kranemann, Vasilios N. Makrides & Andrea Schulte, Münster: Aschendorff, 2008 (Vorlesungen des Interdisziplinären Forums Religion der Universität Erfurt, Nr. 5), mit der Einleitung ‘Religion – Kultur – Bildung’ der Herausgeber (S. 7-10) und verschiedenen Beiträgen zur islamischen, christlichen und jüdischen Bildung, zum Thema Religion und Menschenbildung, sowie dem Themenfeld Erwachsenenbildung. 2 Thom Meens, “Bagger op het blog”, in: Tageszeitung de Volkskrant, vom 27. März 2010. Vgl. Tamara Witschge, (In)difference online. The openness of public discussion on immigration [Dissertation Universiteit van Amsterdam/The Amsterdam School of Communication Research (ASCoR)], Amsterdam: ASCoR, 2007. 4 Idem, S. 100. 5 Diese, für mich neue, zweite Bedeutung entdeckte ich in dem Beitrag von Myriam Wijlens, “‘Alle Menschen haben das unveräuβerliche Recht auf educatio’ (Vaticanum II, GE 1) – das Recht der katholischen Kirche”, in: Kranemann, Makrides & Schulte (Hrsg.), Religion – Kultur - Bildung (siehe Anm. 1), S. 175-191, hier S. 176. 6 Siehe: Joan Hemels, Regulierung, Selbstregulierung und Medienkompetenz in den Niederlanden. Die Entwicklung und die öffentliche Debatte, Hilversum: Nederlands Instituut voor de Classificatie van Audiovisuele Media (NICAM) 2005 (NICAM Dossier 4); auch auf: http://www.kijkwijzer.nl/upload/download_pc/7.pdf.. Das niederländische System ‘Kijkwijzer’ wird positiv bewertet in: tv diskurs. Verantwortung in audiovisuellen Medien 13/2009, Nr. 4 (Sonderheft “Kijkwijzer! Das System der Selbstklassifizierung in den Niederlanden”); später auch auf Englisch erschienen: tv diskurs, 14/2010, Nr. 3 (‘special edition’ “Kijkwijzer! The Dutch SelfClassification System”). Siehe auch: www.kijkwijzer.nl 7 Siehe das Interview “Empfehlenswert! Das niederländische Onlinesystem mediasmarties informiert über Medien, die Kindern guttun”, von Claudia Mikat mit Cathy Spierenburg, der Leiterin von mediasmarties, in: tv diskurs. Verantwortung in audiovisuellen Medien, 16/2012, Nr. 1 (Themanummer “Kinder vor der Kiste. Was sie sehen und wie sie damit umgehen”), S. 46-49. Siehe auch: www.mediasmarties.nl 8 Vgl Joan Hemels, Geloven in communicatie. Religie in de media, Kampen: Uitgeverij Kok, 2009, S. 230, 268 und 281. 9 Atte Jongstra, “Liturgie. Uitgesproken schijnheiligheid. Lieddichter Huub Oosterhuis botst met censor Cor Mennen”, in: Tageszeitung NRC Handelsblad, Beilage “Cultureel Supplement”, vom 26. März 2010. 10 Vgl. Walter Goddijn, Jan Jacobs & G.érard van Tillo (Hrsg.), Tot vrijheid geroepen. Katholieken in Nederland: 1945-2000, Baarn: Uitgeverij Ten Have, 1999. 3 Vgl. Joan Hemels, “Massamedia”, in: Goddijn, Jacobs & Van Tillo (Hrsg.), Tot vrijheid geroepen (siehe Anm. 10), S. 137-150, 251-262, 367-375 und 477-485. 12 Vgl. ausführlicher: Hemels, Geloven in communicatie (siehe Anm. 8) und idem, Journalistiek en religie in de actuele cultuurbeleving, Amsterdam: Otto Cramwinckel Uitgever, 1999. Die vier Kabinette unter Leitung von Jan Peter Balkenende förderten im ersten Dezennium des 21. Jahrhunderts auch das öffentliche Debatt über die 11 122 Normverwässerung und die Bedeutung von Moral und Werten. Siehe.: L. M. [Bertus] de Rijk, Religie, normen, waarden. Een kritische blik op een maatschappelijk debat, Amsterdam: Uitgeverij Bert Bakker, 2006. 13 Siehe für den vollständigen Text dieser Erklärung der Brückenbauer: http://www.bruggenbouwers.com/2010/01/11/vijf-vernieuwde-principes -voorreligiejournalistiek/ . 14 N.N., “James Kennedy: kerk moet zijn als een stad op een berg” [anlässlich: James C. Kennedy, Stad op een berg. De publieke rol van protestantse kerken, Zoetermeer: Uitgeverij Meinema, 20102], in: Tageszeitung Trouw, Beilage de “Verdieping”, vom 2. Februar 2010. 15 Alexander Rinnooy Kan, “Onzeker land, in strijd met zichzelf”, in: Tageszeitung NRC Handelsblad, wöchentliche Beilage “Bücher”, vom 12. Februar 2010 [anlässlich: James C. Kennedy, Bezielende verbanden. Gedachten over religie, politiek en maatschappij in het moderne Nederland, Amsterdam: Uitgeverij Bert Bakker, 2009]. 16 Emile Hakkenes, “Kerken maken zichzelf overbodig”, in: Tageszeitung Trouw, Beilage “de Verdieping”, vom 2. Februar 2010 [anlässlich: G.erard Dekker, Heeft de kerk zichzelf overleefd? Beschouwingen over de rol van de kerk in de moderne samenleving, Zoetermeer: Uitgeverij Meinema, 2009]. 17 Vgl. einem Aufsatz von Stig Hjarvard, “The mediatization of society. A theory of the media as agents of social and cultural change”, in: Nordicom Review, 29/2008, S. 105-134, hier S. 105. Joan Hemels, “Medien und religiöse Sehnsucht. Ein aktuelles Diskussionsthema in den Niederlanden”, in: Communicatio Socialis. Themenheft “Blickpunkt Religion und Medien”, 36/ 2003, S. 97-129. 19 Ulrich Saxer (Hrsg.), Medien-Kultur-Kommunikation, Opladen: Westdeutscher Verlag (Publizistik Sonderheft 2/1998). 20 Michael Schmolke,“Religionskommunikation durch Medien”, in: Saxer (Hrsg.), Medien-Kultur- Kommunikation (siehe Anm. 19), S. 199-214, hier S. 212. 21 Denis McQuail, McQuail’s mass communication theory, London/Thousand Oaks/New Dehli: Sage Publications, 20055, S. 553. 22 Hent de Vries & Samuel Weber (eds.), Religion and media. Stanford, CA: Stanford University Press, 2001. Siehe für die religionswissenschaftliche Themen der letzten zehn Jahren in den Niederlanden auch Willem B. Drees, Religion and science in context. A guide to the debates, London: Routledge, 2010, und in Bezug zu der Bundesrepublik Deutschland Nicolai Hannig, Die Religion der Öffentlichkeit. Kirche, Religion und Medien in der Bundesrepublik 1945-1980, Göttingen: Wallstein Verlag, 2010. 23 Vgl verschiedene Aufsätze in: Helmuth Rolfes & Angela A. Zukowski (eds.), Communicatio socialis. Challenge of theology and ministry in the Church. Festschrift für Franz-Josef Eilers, Kassel: Kassel University Press, 2007, somit: Franz-Josef Eilers, Communicating church. Social communication documents. An introduction, Manila: Logos (Divine Word) Publications, 2011; idem, “Social communication – Development of a Vatican II concept”, in: Verbum SVD, 51/2009, Nr. 1, S. 21-32; idem, Communicating in community. Introduction to social communication, Manila: Logos (Divine Word) Publications, 20094 , und idem, Communicating in ministry and mission. Introduction to pastoral and evangelizing communication, Manila: Logos 18 123 (Divine Word) Publications, 20093. Wie Eilers betont, existiert das Begriff‚ “soziale Kommunikation” seit mehr als vierzig Jahren, und zwar seit der Veröffentlichung des Konzilsdokument Inter Mirifica, aber gibt es praktisch nirgendwo nähere Überlegungen, was er wirklich bedeutet und beinhaltet. Dabei enthält er seiner Meinung nach spezielle Herausforderungen und Bestimmungen für kirchliche Aktivitäten, Forschung und Lehre, die sich aus einer Vision ergeben, die besonders wichtig sei für die moderne Zeit und die klarer wird, wenn man Ursprung und Entwicklung des Begriffs betrachtet. 24 “Hardhorende paus“, Kommentar in: Tageszeitung NRC Handelsblad, vom 25. März 2010. 25 Wim Deetman, Nel Drayer, Peter Kalbfleisch, Harald Merckelbach, Marit Monteiro & Gerard de Vries, Seksueel misbruik van minderjarigen in de Rooms-Katholieke Kerk, Amsterdam: Uitgeverij Balans, 2011, 2 Bnde. Es erschien nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine populäre Ausgabe des Endberichts. 26 Bert Wagendorp, “De paus”, in: Tageszeitung de Volkskrant, vom 27. März 2010. 27 Siehe auch die Homepage www.akademie-wien.at). 28 Dieses Merkmal des Theologie- und Religionsstudiums in Groningen war ein wichtiger Grund bei der Entscheidung des Frühjahrs 2010, die protestantische theologische Universität (Protestantse Theologische Universiteit, PThU) die im Auftrag der protestantischen Kirche in den Niederlanden (Protestantse Kerk in Nederland, PKN) für die Ausbildung der protestantischen Pfarrer verantwortlich ist, am Anfang des Studienjahres 2012-2013 von den theologischen Studiengängen in Utrecht, Leiden und Kampen nach Groningen und Amsterdam (Vrije Universiteit) zu übersiedeln. Die Universitäten in Utrecht und Leiden werden ihre theologische und/oder religionswissenschaftliche Bachelor- und Masterstudien weiterführen können. Wer jedoch protestantischer Pfarrer werden möchte soll nach dem Bachelorabschluss der Universität wechseln. Die Niederlassung der PThU in Kampen wird aufgehoben. Die orthodox-protestantische Universität der nicht zur PKN gehörenden, erst 1944 gegründeten “Gereformeerde Kerken vrijgemaakt”, bleibt in Kampen ansässig 29 H.-J. Nannen, “Generation Online – Anforderungen an das Medium der Zukunft”, in: MUT – Medien und Transformation. Sonderbeilage zu den Medientagen München, 28. – 30.10.09, S. 6. 30 Die Darstellung von Religionen in Schweizer Massenmedien: Zusammenprall der Kulturen oder Förderung des Dialogs? Schlussbericht. Ein Projekt im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms “Religionsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft (NFP 58)”. Projektleitung: Prof. Dr. Urs Dahinden, Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur. Weitere Informationen zum Projekt: http://www.nfp58.ch/d projekte religion.cfm?projekt=63 Im Rahmen dieses NFP-58-Forschungsprojekts entstanden u.a. die folgenden Publikationen: Carmen Koch, Religion in den Medien. Eine quantitative Inhaltsanalyse von Medien in der Schweiz, Konstanz: UVK Universitätsverlag Konstanz, 2012; Urs Dahinden & Carmen Koch, “Mediale Darstellung von Religion aus der Perspektive der Kommunikations- und Medienwissenschaft”, in: Constanze Jecker (Hrsg.), Religionen im Fernsehen. Fakten Analysen, Zukunftsperspektiven, Konstanz: UVK Universitätsverlag Konstanz, 2011, S. 99-112; Urs Dahinden, Carmen Koch, Vinzenz Wyss und Guido Keel, “Representation of Islam and Christianity in the Swiss media”, in: Journal of Empirical Theology, 24/2011, S. 197208, und Urs Dahinden & Vinzenz Wyss, “Spezialisierung im 124 Journalismus”Allgemeiner Trend? Herausforderungen durch das Thema Religion”, in: Beatrice Dornbach & Thorsten Quandt (Hrsg.), Spezialisierung im Journalismus, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften/GWV Fachverlage GmbH, 2009, S. 123-136. Als Einstieg zu diesem Abschnitt möchte ich die in Kreisen von niederländischen Theologen und Religionswissenschaftlern meiner Meinung nach relativ unbekannte Zeitschrift Communicatio Socialis, die “Internationale Zeitschrift für Kommunikation in Religion, Kirche und Gesellschaft”, wie der Untertitel inzwischen lautet, hervorheben. Sie wurde 1968 in Münster von einem Dreigestirn, das die Aufmerksamkeit des Zweiten Vatikanischen Konzils für Medienfragen wach halten möchte, gegründet. Insbesondere beabsichtigten die Gründer-Herausgeber Franz-Josef Eilers, Karl R. Höller und Michael Schmolke, das Gedankengut des nicht so gelungenen Konzildokuments Inter Mirifica weiter zu entwickeln. Seit einigen Jahren 31 wird Communicatio Socialis redaktionell von dem Studiengang Journalistik der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt betreut. Vincent Wyss & G.uido Keel, “Religion surft mit. Journalistische Inszenierungsstrategien zu religiösen Themen”, in: Communicatio Socialis, 42/2009, S. 351-364. 33 Carmen Koch, “Das Politische dominiert. Wie schweizer Medien über Religionen berichten”, in: Communicatio Socialis, 49/2009, S. 365-382. 34 Koch, “Das Politische dominiert, ibidem (siehe Anm. 33), S. 369-370. 35 Vgl. Joan Hemels, “Faith and journalism under strain. Some observations with relation to printed media in the Netherlands”, in: Hans Geybels, Sara Mels & Michel Walrave (eds.), Faith and media. Analysis of faith and media: representation and communication, Bruxelles/Bern/Berlin/Frankfurt am Main/New York/Oxford/Wien: P.I.E. Peter Lang, 2009, S. 105-133. 36 Seit März 2007 wurden zwölf amerikanische Zeitungen eingestellt. Siehe: Beate Uerlings, “Leser verzweifelt gesucht”, in: Rheinische Merkur, vom 5. November 2009. 32 Joan Hemels, “The revival of religion in Dutch journalism. A case study in a multireligious society”, in: Communicatio Socialis, 40/2007, S. 129-157, und idem, “A Dutch miracle? The rediscovery of religion by journalists in the Netherlands”, in: Rolfes & Zukowski (eds.), Communicatio socialis. Challenge of theology and ministry in the Church (siehe Anm. 23), S. 224-245. 38 Stephan Russ-Mohl, “Qualität inszenieren. Ein Buch über Anspruch und Wirklichkeit im Journalismus”, in: Neue Zürcher Zeitung, vom 1. Dezember 2009 (anlässlich: Klaus Arnold, Qualitätsjournalismus. Die Zeitung und ihr Publikum, Konstanz: UVK Universitätsverlag Konstanz, 2009. 39 Dane S. Claussen (ed.), Sex, religion, media, New York, NY: Rowman & Littlefield Publishers, 2002. 40 Eric Gormly [Buchbesprechung von Claussen (ed.), siehe Anm. 39], in: Journalism & Mass Communication Quarterly 79/2002, special issue “Mythology in Journalism”, S. 509-511, hier S. 510. 37 125 Bericht “Rooms-katholieken kampen met imagoprobleem”, in: Tageszeitung Nederlands Dagblad (orthodox-protestantisch) vom 11. März 2004 und “RK Kerk kampt met imagoprobleem”, in: Brabants Dagblad (eine regionale, allgemeine Tageszeitung mit katholischen Wurzeln). Seitdem blieb das Imageverlust der katholischen Kirche ein Dauerthema in den Medien. 42 Hemels, Geloven in communicatie (siehe Anm. 8), S. 217-247. 43 Birgit Donker, in ihrer wöchentlichen Rubrik “De lezer schrijft over te veel aandacht voor r.k.-misbruik. De krant antwoordt”, in: NRC Handelsblad, Beilage “Opinie & Debat” vom 3.-4. April 2010. Die Journalisten Joep Dohmen (NRC Handelsblad) und Robert Chesal (Radio Nederland Wereldomroep), die sich in den Niederlanden eingehend mit der Missbrauchaffäre beschäftigten, wurden ausgezeichnet. Sie verteidigten ihre Arbeitsweise öfters: Siehe u.a. das Interview mit Linda Nab, “Spitten in een verborgen geschiedenis”, in: Villamedia, [Fachblatt der niederländischen Journalisten], 2/2010, Nr. 6 vom 26. März, S. 10-13, und Joep Dohmen, Vrome zondaars. Misbruik in de Rooms-Katholieke Kerk, Rotterdam: NRC Boeken, 2010. 44 Ein zweites Endbericht der Kommision-Deetman in Bezug zu psychischer und physischer Gewaltanwendung in Internaten für Jugendliche wird Ende 2012/Anfang 2013 erwartet. 41 126