200Das besonders Schwierige bei der Aufnahme

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Vorwort
Seit frühester Jugend mache ich mir politische Gedanken und stelle mir - jeweils
altersentsprechend - vor, welche Entscheidungen ich an Stelle der “Herrschenden” treffen
würde. “Was wäre wenn...”, dehnte ich auch auf historische Bereiche aus und schlüpfte in
meinen Fantasien in die Rolle historischer Figuren.
Dass ich bei Wahlen zur Urne ging, seit ich wahlberechtigt bin, erschien mir
selbstverständlich:
Dies ist meine Möglichkeit “entscheidend mitzuwirken”.
Im Laufe der Zeit und insbesondere seit der Wiedervereinigung mußte ich feststellen, daß ich
grundlegend andere Wege eingeschlagen hätte, hätte ich die Möglichkeit gehabt, politischen
Einfluss zu nehmen.
Schließlich kam es soweit, daß der seit sechzehn Jahren lang regierende Bundeskanzler
abgewählt und durch einen neuen Mann aus einer alten Partei ersetzt wurde. Einige Zeit
später wurde dieser wiederum durch eine Frau aus den neuen Bundesländern verdrängt, die
ihrerseits ihren Vorgänger in der Parteiführung, den vorerwähnten Kanzler der Einheit, der 16
Jahre lang regiert hatte, in der Spendenfalle verschwinden ließ und aus ihrer Partei mit einer
Reihe von drastischen politischen Wendungen etwas ganz anderes machte.
“Ein Regierungswechsel ist für eine Demokratie etwas Selbstverständliches”. So oder ähnlich
lauteten von allen Seiten die Kommentare und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den
Augen:
Unterschiede habe ich schon lange keine mehr zwischen den Regierungsparteien und der
Opposition feststellen können. Kleinigkeiten unterscheiden die großen Parteien... Das
Wichtigste jedoch für das Wahlvolk ist der Wechsel. Dampf kann abgelassen werden und hier
liegt auch wohl der Hauptgrund für die “Normalität des Regierungswechsels”: Das Wahlvolk
glaubt, wirklich etwas ändern zu können und muss nach dem Ergebnis des Wechsels
feststellen, es bleibt mehr oder weniger alles beim Alten - außer daß “der Druck weg ist”.
Gleichzeitig spielten in meinen Überlegungen wirtschaftliche Aspekte eine Rolle: “Die
Sozialisten machen jetzt wirtschaftlich alles wieder kaputt, was zuvor die Konservativen
aufgebaut haben.” Nach einer Welle der Enttäuschung werden die Wähler sich wieder den
Konservativen zuwenden, damit das System wieder einigermaßen stabilisiert wird. Das baut
sozialen Druck auf, der danach wieder zu einem nichtssagenden Wechsel führen muß, den
man im Nachhinein wieder korrigieren kann. Im System geht nichts voran. Alles bleibt, wie es
war.
Wirklich? Steigt nicht die Staatsverschuldung? Häufen sich nicht die Pleiten? Verelenden
nicht die Menschen in einer Welle von Drogen, Sex und Gewalt nach der anderen, je weiter
die Zeit fortschreitet? Gibt es überhaupt noch Ideale?
Man muss nicht unbedingt das kommunistische Manifest oder das „Kapital“ von Karl Marx
studiert haben, um zu verstehen, was Kommunismus als Wirtschaftssystem bedeutet (1).
Greifen nicht immer mehr internationale Krisen auf Europa und das Inland über, wo
inzwischen nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Währung und damit das gesamte
Gemeinwesen auf´s Äußerste bedroht sind? Löst nicht dabei eine Krise die andere ab, denken
wir doch an die „New Technology – Blase“, an die „Bankenkrise“, die zur Finanzkrise wurde,
an die Eurokrise der immer mehr Mitgliedsländer offensichtlich schon lange zum Opfer
gefallen wären, wenn nicht ein Vielfaches des hiesigen Staatshaushalts zur Stabilisierung
dieser Länder eingesetzt werden würde, wobei die Summe aller Risiken bis heute nicht einmal
feststeht!
Ist es nicht Zeit, etwas an diesem System zu ändern?
So habe ich mir schließlich überlegt, was besser zu machen wäre und wo konkret die
Schwächen des Systems liegen, damit sie und möglicherweise auch das System überwunden
werden kann, ohne dass das Volk Schaden nehmen muss. Zu diesen neuen Ideen kommen alte
Erfahrungen und plötzlich bildet sich etwas heraus, was wie ein neues Programm für eine
neue politische Kraft aussieht. Diese neuen Denkansätze und Überlegungen stelle ich im
folgenden vor.
Dass neue Ideen immer ihre Gegner finden, ist eine altbekannte Tatsache. Dass insbesondere
die potentiellen Gegner die neuen Ideen als “schon mal dagewesen” abtun, ist die eine Sache.
Dass sie von Anfang an diese Ideen als “rechts” abstempeln oder gar als “rechtsextremistisch”
verteufeln könnten, ist eine andere Sache und mir war diese mögliche Gefahr schon klar, als
ich begann, diese neuen Ideen zu Papier zu bringen. Ohne mich in irgend einer Weise
rechtfertigen zu wollen, möchte ich an dieser Stelle zum besseren Verständnis etwas über
mich mitteilen:
Geboren 1953, wird mir kaum jemand eine Nähe zum dritten Reich nachsagen können.
Während meiner Studienzeit wurde ich vom Institut für Begabtenförderung der KonradAdenauer-Stiftung großzügig unterstützt - auch nicht unbedingt ein “rechtsextremes
Markenzeichen”.
Militärisch habe ich keine Probleme gehabt, Soldaten aller Rassen auszubilden. Besonders
interessant fand ich die Ausbildung von Mudschahedin, die damals wirklich keinerlei
Berührungspunkte zur christlich-abendländlichen Kultur hatten. Ähnlich sah es aus, als ich
schwarzafrikanischen Soldaten eine militärische Spezialausbildung vermitteln konnte.
Als Rechtsanwalt bildete ich Mädchen verschiedenster Nationalität zu
Rechtsanwaltsgehilfinnen bzw. Rechtsanwaltsfachangestellten aus. Auch hier hatte ich
keinerlei Probleme, obwohl es sich bei den Auszubildenden das eine Mal um eine Türkin, das
andere Mal um eine Aramäerin, später um eine Araberin, eine Römerin, eine Sizilianerin, eine
Rumänin, eine Serbin und eine Russin handelte. Den Umgang mit Menschen aus
verschiedenen Kulturkreisen empfand ich sogar als Herausforderung und war dabei stets von
der Überzeugung geleitet, dass bei gegenseitiger Achtung nicht nur ein gedeihliches
Zusammenleben möglich sein musste, sondern darüber hinaus im Miteinander jedes Problem
zu meistern sei.
Schließlich habe ich im Umgang mit internationaler Klientel als Rechtsanwalt und
Wirtschaftsprüfer immer wieder unter Beweis stellen können, dass bei beiderseitigem guten
Willen die Herkunft, die Rasse, der Kulturkreis und die Muttersprache niemals ein Hindernis
für ein gemeinsam zu erarbeitendes Ziel sein kann. Insbesondere bei Auslandsaufenthalten
habe ich die Erfahrung machen dürfen, dass man auch als Ausländer in einer fremden
Umgebung dem Gastgeber eigene Vorstellungen in einer Weise näher bringen kann, ohne zum
einen übertrieben auf eigenen Werten zu beharren, zum anderen in anbiedernder Weise eigene
Werte hintan zu stellen. Insbesondere Chinesen waren es, die mir in China deutlich machten,
dass ein selbstbewusstes Auftreten im Sinn des Bewusstseins des Wertes der eigenen Nation
und Kultur eher akzeptiert wird, als das dem Deutschen heute vielfach anerzogene
übermäßige “Achtung - haben vor fremden Werten”: Meine chinesischen Gesprächspartner
stellten bei ihren Entscheidungen insbesondere darauf ab, dass ich bei aller Achtung vor der
chinesischen Kultur und Denkweise stets die Problemlösung von der meiner Herkunft und
Ausbildung entsprechenden “christlich - abendländlichen Tradition” anging.
Was ich als selbstverständlich natürlich empfand, wurde von chinesischer Seite – und im
Vergleich mit anderen Europäern bzw. Amerikanern - als besonders aufrichtig-ehrlich und
damit chinesischer Mentalität verwandt, akzeptiert. Ähnliche Erfahrungen machte ich in der
arabischen Welt, wo mir frei erklärt wurde, es sei wohltuend, einmal einen Deutschen zu
treffen, “der nicht mit dem Schuldkomplex belastet sei und eine Sprache spreche, deren
Offenheit man Offenheit entgegensetzen könne”. Schließlich wurde mir am Rande beruflicher
Tätigkeiten in Frankreich frank und frei erklärt, man könne im Gespräch mit mir wieder
Achtung vor der deutschen Nation gewinnen, die über lange Strecken hinweg verloren
gegangen war, insbesondere weil andere deutsche Gesprächspartner zum Bild des
kriecherischen “political correcten” Deutschen geführt haben, das zwar manchem zunächst
ein wohlgefälliges Nicken abgerungen habe, aber insgesamt auf Ablehnung stieß und
insbesondere zur Vorsicht vor soviel “Schleim” geführt hat.
Wenn ich im Folgenden Begriffe wie „Volk und Nation“, „Kultur und Kulturkreis“ verwenden
werde, bitte ich darum, dies richtig zu verstehen: Ein gesundes Nationalgefühl ist kein
Chauvinismus, das Ersetzen des Begriffes “Volk” durch “Gesellschaft” kein offenes
Weltbürgertum, statt „Rasse“ immer „Ethnie“ zu sagen, ist nicht „fortschrittlich“, sondern
dumm. Auch in einer Welt der Globalisierung kann es erforderlich werden, den Begriff Volk
bzw. Volksgemeinschaft zu verwenden, um Dinge auszudrücken, die anders nicht darstellbar
sind. Auch eine Welt der Globalisierung kommt nicht ohne den Begriff der Nation aus, wie sie
auch nicht ohne das Institut der Familie auskommen kann. Es ist daher an der Zeit, sich über
die Zusammenhänge Gedanken zu machen, ohne überkommene Begriffe einfach in die
Rumpelkammer der Geschichte zu verbannen.
Theorie und Praxis - Die Wirklichkeit der Wirtschaftsordnungen
In jüngerer Zeit gab es in der Wirtschaft einschneidende Krisen:
2008 erschütterte die erst Finanz– und später „Wirtschaftskrise“ genannte globale
Erscheinung das derzeitige Weltwirtschaftsystem. Angefangen mit der Lehman-BrothersPleite, die dem globalen Bankensystem einen Schlag versetzte, folgte das Platzen der sog.
„Immobilienblase“, die erneut den Bankensektor heftig zusetzte. Vorangegangen war das
Platzen der sog. „New Economy Blase“, die jedoch relativ harmlos wirkte im Vergleich zu
dem, was dann folgen sollte.
Wenig später stellte sich für den Euroraum heraus, dass Staaten aufgenommen worden waren,
die nicht in dieses System passten und spätestens seit 2010 wird von der „Eurokrise“
gesprochen, die die Gemeinschaftswährung plötzlich schwächeln lies. Wieder einmal stand
das gesamte Wirtschaftssystem der Erde auf dem Spiel, obwohl nur EU-Staaten betroffen
waren. Insbesondere die USA waren es, die plötzlich den Europäern Vorgaben machen
wollten, wie diese ihr Währungssystem wieder in Ordnung bringen sollten.
Gleichzeitig traten plötzlich Schwellenländer wie China und Indien auf den Weltmärkten
insbesondere als Nachfrage auf und beeinflussten so nachhaltig die Energiepreise, während
Russlands Wirtschaft früh nach dem Niedergang des Kommunismus kapitalistische Züge
annahm.
Ungeachtet solcher globaler Vorgänge ist immer noch die Rede vom Gegensatz der
Wirtschaftssysteme, „Kapitalismus“- „Kommunismus“.
Auch nach dem Ende der Sowjetunion und dem Niedergang des Kommunismus als
dominierendem Wirtschaftssystem Osteuropas erscheint es dennoch wichtig, sich
grundsätzlich mit den Erscheinungsformen dieses Wirtschaftssystems auseinanderzusetzen,
weil nur auf diese Weise die Mechanismen der sich heute noch theoretisch-ideologisch
diametral gegenüberstehenden Wirtschaftssysteme verständlich dargestellt werden können.
1. 1
Kommunismus: Planwirtschaft und Kollektiveigentum
Es genügt insoweit der Blick in ein Geschichtsbuch oder auch nur ein aufmerksames Lesen
der Tageszeitung. Im Kommunismus gibt es kein Privateigentum an Produktionsmitteln. Das
Gewinnstreben einzelner Wirtschaftssubjekte kann somit nicht als Steuerungsmechanismus
der Wirtschaft überhaupt eine Rolle spielen. Aus diesem Grund bedarf es der Lenkung der
Wirtschaft durch den Staat.
Der Zusammenbruch der „Deutschen Demokratischen Republik“ sowie der Sowjetunion war,
vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet, schon einige Zeit vorher prognostiziert worden (2).
Insbesondere die staatliche Lenkung war nicht in der Lage, die Ressourcen in der Weise zur
Verfügung zu stellen, dass eine sinnvolle Wirtschaft im Sinn einer Verwaltung der knappen
Mittel darstellbar gewesen wäre. Am Ende war es vor allem die mangelnde Versorgung des
Privatsektors, die zum Fall der Mauer und damit zum Zusammenbruch des Systems geführt
hat(3). Ähnlich verhielt es sich beim Niedergang in der Sowjetunion bzw. nach deren Zerfall
in den einzelnen noch kommunistisch dominierten Systemen.
Da jedoch grundsätzlich - von der Theorie ausgehend - eine sinnvolle Planung zumindest
theoretisch durchaus akzeptable gesamtwirtschaftliche Ergebnisse liefern könnte, ist der Frage
nachzugehen, warum dieses System in der Realität nicht funktionieren konnte.
1. 2
Kapitalismus: Marktwirtschaft und Privateigentum
Quasi als Antipode zum Kommunismus stellt sich der Kapitalismus bzw. die freie
Marktwirtschaft(4) dar. Auch wenn heute - aus welchen Gründen auch immer - die freie
Marktwirtschaft bzw. der Kapitalismus fast nirgends in Reinform praktiziert wird(5), ist
zunächst die systemorientierte Betrachtungsweise angebracht, um das Funktionieren des
Wirtschaftssystems auch hier begreifen zu können:
In der freien Marktwirtschaft bleiben dem Markt sämtliche regulativen Funktionen überlassen
(6). Die Wirtschaftssubjekte halten in unterschiedlichem Umfang Eigentum an den
Produktionsmitteln. Die anonymen Kräfte des Marktes steuern sämtliche Vorgänge, was sogar
soweit gehen kann, dass gewisse Wirtschaftszweige verloren gehen, andere dagegen zu neuem
Leben aufblühen. Es sind nicht die Schicksale der einzelnen Wirtschaftssubjekte, sondern der
gesamtwirtschaftliche Erfolg schlechthin, der entscheidet und über den entschieden wird.
1. 3
Mischformen
Wie bereits dargelegt, kann es in der Realität weder Kommunismus noch Kapitalismus in der
theoretischen Reinform geben(7). Dies zu erklären stellt sich als schwieriges Unterfangen dar.
Der Kommunismus als Marxismus-Leninismus hat dies schon sehr früh erkannt und versucht,
argumentativ auf das Vollendungsstadium des Kommunismus abzustellen: Die Diktatur des
Proletariats sei solange nicht beendet, bis sie weltweit durchgesetzt sei(8). Aus diesem Grund
könne auch das Wirtschaftssystem bis dahin nicht einwandfrei funktionieren. Eingriffe von
erheblicher Tragweite werden zugestanden und man fand sich auch mit vielen divergierenden
Entwicklungen ab. In diesem Zusammenhang tauchte im übrigen erstmals der Begriff des
“neuen (sozialistischen) Menschen”(9) auf. (Was das im einzelnen bedeutet, soll später
erörtert werden.)
Festzuhalten bleibt in diesem Zusammenhang jedoch, dass im Kommunismus klar erkannt
wurde, dass das System zumindest vorläufig nicht in der reinen Form funktionieren konnte.
Etwas schwieriger war eine solche Erkenntnis im Kapitalismus. Noch in den Gründerjahren
nahm man weltweit an, dass Wachstum unbegrenzt vorausgesetzt werden könne(10) und im
übrigen alles dem Spiel der Marktkräfte überlassen werden dürfe, ja müsste.
An dieser Überzeugung änderte schließlich auch nichts die als Jahrhundertwerk (des
neunzehnten Jahrhunderts) gefeierte Sozialgesetzgebung Bismarcks. Systemtheoretisch
betrachtet, wurden solche Entwicklungen als “Daten” bzw. “Rahmendaten” begriffen,
innerhalb derer sich ein marktwirtschaftliches System frei entfalten konnte (11).
Während für Deutschland der verlorene erste Weltkrieg, zumindest im Hinblick auf die akute
Not, der freien Entwicklung der Marktkräfte ein vorläufiges Ende setzte(12), konnten die
Siegermächte seinerzeit weiterhin in derartigen systemtheoretischen Überlegungen
schwelgen. Schließlich kam es dazu, dass die Stafette dieser “Marktführerschaft” vom
englischen Nationalökonom John Maynard Keynes(13) an den Amerikaner Milton
Friedman(14) abgegeben wurde. Beide haben in ihren Theorien der Art und der Kraft des
Marktes breiten Raum eingeräumt. Während Keynes insbesondere dabei den
Interdependenzen der Marktkräfte im Inland Beachtung schenkte, interessierte sich Friedman
mehr für das Instrumentarium dieser Kräfte, nämlich das Geld. Beide Theorien sahen es als
ungemein störend an, wenn der Staat in irgend einer Form in das freie Spiel der Marktkräfte
einzugreifen drohte. Dementsprechend versuchte man, die Rolle des Staates darauf zu
reduzieren, das freie Spiel der Marktkräfte zu gewährleisten.
Schließlich kam mit dem Ende der Wachstumsepoche auch für Amerika der Zeitpunkt,
darüber nachzudenken, inwiefern eine Beendigung oder Einschränkung der übermächtigen
Marktkräfte geboten erscheinen möge(15).
Die immer restriktivere Gesetzgebung konnte von Anfang an nicht mehr nur als
Rahmenbedingung für die Marktkräfte definiert werden und so kam es insbesondere im Zuge
der Entwicklungen nach dem zweiten Weltkrieg im besiegten Deutschland zu einer
Ausprägungsvariante, die die Marktkräfte ergänzte durch eine auf die schwächeren
Wirtschaftssubjekte rücksichtnehmenden Sozialgesetzgebung:
Die “soziale Marktwirtschaft” wurde verstanden als ein vom “Wildwuchs” entarteter
Marktkräfte befreiter Kapitalismus, bei dem zwar das Grundmodell der Marktwirtschaft im
Vordergrund stand, jedoch immer dort Eingriffe des Staates zu tolerieren waren, wo die
Menschlichkeit als Modell bedroht war(16). Wieder einmal spielte das Menschenbild eine
Rolle für die Entwicklung des Wirtschaftssystems. Anders als jedoch bereits oben erwähnt,
musste der “neue Mensch” nicht erst geschaffen werden, sondern man orientierte sich am
augenblicklichen Wirtschaftssubjekt “Mensch”!(17)
Als grundsätzlich anderer Qualität in diese Reihe passen scheinbar die Auswirkungen der
Krisen zu Anfang des 3. Jahrtausends: Sowohl in der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008,
als auch in der Eurokrise wurde nach einer Einschränkung der Marktkräfte gerufen und die
Staaten beeilten sich, derartigen Rufen nachzukommen. Die selbst schon hoch verschuldeten
Staaten retteten hoch verschuldete Banken, vorgeblich um eine für das System wichtigen
Wirtschaftsfaktor zu erhalten. Unter Hinweis auf mögliche Folgen von Bankenpleiten wurden
de facto Geldhäuser verstaatlicht. Allein die Rettung von Lehman und Konsorten führte nicht
dauerhaft zu dem angestrebten Ergebnis. Schon drei Jahre nach Lehman kehrte die Panik
zurück(18). Unter dem Stichwort ( „Unwort“) „Rettungsschirm“ sollen überschuldete EULänder, die sich den Euro erschlichen hatten, in der Weise gerettet werden, dass die Schulden
unionsweit vergesellschaftet werden, was nicht nur dem EU Vertrag widerspricht; denn dieser
hatte bewusst das Einstehen müssen für andere Staaten vermieden; sondern auch die
Maastricht Kriterien zur Defizit- und Schuldenstanzquote wurden außer Kraft gesetzt. Das
Ganze wurde sogar vom Bundesverfassungsgericht wiederholt bestätigt(19) Dabei hat das
höchste deutsche Gericht wieder einmal seine Unschuld verloren, denn es hat einer
offensichtlich gegen das (eigene) Recht gerichteten Politik den Weg geebnet, indem der schon
aus anderen Entscheidungen bekannte Hinweis auf den politischen „Einschätzungsspielraum“
zur Begründung herangezogen wurde. Knopp (a.a.O.) stellt dazu die Frage: „Wer „rettet“
denn den ursprünglichen Helfer?“ Gerettet werden nämlich hier wieder einmal nur die
Banken, die ansonsten gigantische Ausfälle hätten verkraften müssen. Claus Hulverscheidt
stellt schon 2011 in der Süddeutschen Zeitung(20) unverblümt in Aussicht, dass diese Rettung
für die Steuerzahler teurer werden könnte.
Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass letztlich hier marktwirtschaftliche Mechanismen
staatlicherseits außer Kraft gesetzt wurden, nicht um wirtschaftlich schwache Privatpersonen
im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft (vgl. unten) in Schutz zu nehmen, sondern um
angeblich das System der Marktwirtschaft tragende Geldinstitute vor dem eigentlich nach
diesen Regeln notwendigen Insolvenz dennoch am Leben zu erhalten. Christian
Seidenbiedel(21) hat hierzu eindrucksvoll die systematisch fremde Rolle der Banken unter der
Überschrift „Wie die Banken sich um die Griechenrettung drücken“ eindrucksvoll
beschrieben.
Als es um die Jahresmitte 2012 auch für andere Eurostaaten eng wurde, (Spanien, Italien,
Zypern) taucht zum ersten Mal das Wort „Fiskalunion“ auf und die Bundesregierung
verwahrte sich zunächst dagegen, überhaupt über eine solche „Vergemeinschaftung der
Schulden“ zu verhandeln, um kurze Zeit später einzuknicken und das Paket des ESF
(Eurorettungsschirm) im Gesetzgebungsverfahren durchzudrücken. Die hiergegen
eingereichten Verfassungsbeschwerden gaben immerhin dem Bundesverfassungsgericht
Gelegenheit, deutlich zu machen, dass es sich um eine höchst wichtige – schicksalhafte – und
schwierige wie komplexe Frage handele, sodass nicht -wie sonst üblich- eine Entscheidung im
Eilverfahren innerhalb von 3 Wochen, sondern erst im September folgte. Der Bundespräsident
wurde gebeten, das Gesetz nicht vor Erlass der Entscheidung auszufertigen und so muss
Europa in Sachen Fiskalunion auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts warten.
Dass es sich letztlich nicht um die Rettung schwächelnder „Eurostaaten“, sondern vielmehr
um die Erhaltung maroder Geldinstitute geht, wird immer wieder verschleiert, wobei hier die
Art und Weise der Täuschung variiert. Festzustellen in diesem Zusammenhang ist, dass
inzwischen ein „neues Bankinstitut“ als echtes „Völkerrechtssubjekt“ etabliert wurde: Der
Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) hat nicht nur einen völkerrechtlichen Status über
den „ESM-Vertrag“ erhalten, sondern ist darüber ein in gewissen Sinn der europäischen
Zentralbank ähnliches Bankinstitut, das über eine Kreditvergabe zu Lasten u.a. auch der
deutschen Steuerzahler verfügt, um die Banken schwächelnder Eurostaaten in der Weise zu
retten, dass es deren wertlose Staatsanleihen aufkauft.
Der ESM wurde durch Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 12.09.2012 im
Wesentlichen bestätigt(22). (vgl. hierzu unten) In gewissem Sinn tritt dieser ESM neben die
Europäische Zentralbank (EZB), die seit Anfang September 2012 ebenfalls in Not geratenen
Banken zur Seite springt, um eigentlich wertlose Staatsanleihen südeuropäischer
Schuldnerstaaten aufkauft, was den Bürgern als „Staatenrettung“ deklariert wird. Auch hier
haften u.a. die deutschen Steuerzahler über die Einlage der BRD bei der EZB.
Der Mensch als Subjekt ökonomischen Handelns - Ökonomische
Menschenbilder
Es wird nun Zeit, sich mit diesem Phänomen “Menschenbild” auseinanderzusetzen, weil sich
- wie bereits festgestellt - die Reinform des Wirtschaftssystems gerade im Hinblick auf das
Bild vom Wirtschaftssubjekt nicht verwirklichen lässt.
Wenn oben vom “neuen“ oder „sozialistischen Menschen” die Rede war, den es im Laufe der
Entwicklung erst zu erschaffen galt, so herrscht im Kapitalismus das liberalistische Bild des
"freien Menschen" vor(23).
Von vornherein ist beiden Systemen zunächst das Bild vom “guten Menschen” gemein: Der
“gute Mensch” wirtschaftet allgemein sinn- und zweckvoll zum allseitigen Nutzen.
Dabei tritt in den Vordergrund, dass der “sozialistische Mensch” eine von vornherein
altruistische Natur hat und ihm der Begriff des Eigennutzes völlig fremd ist, da er dem
Gemeinwohl verpflichtet ist(24).
Der “kapitalistische Mensch” dagegen handelt zwar aus egoistischen Motiven. Seine
Profitorientierung verspricht ihm selbst den bestmöglichen Gewinn(25). Da jedoch alle
“verantwortlich-egoistisch” handeln, folgt hieraus der größte gesamtwirtschaftliche Nutzen.
In beiden Fällen weicht jedoch der tatsächlich existierende Mensch erheblich von den
theoretischen Menschenbildern ab. In beiden Fällen ist es ein anderer Egoismus, der die
Triebkraft des Menschen darstellt. Es ist ein dominierender Egoismus, der so stark wird, dass
er seine Grenzen lediglich in den schwächere schützenden Gesetzen finden kann, soweit
solche überhaupt existieren. Leugnet man von Anfang an jedoch die Möglichkeit einer
derartigen Einstellung, kann es auch nicht sie begrenzende Gesetze geben, was letztlich dazu
führen muss, dass der Einzelne in vielfältiger Weise das Opfer anderer Einzelner werden
kann. Derartiges wird schließlich auch in dem heutigen Wirtschaftssystem der Bundesrepublik
Deutschland immer häufiger vor Augen geführt(26).
Die logische Konsequenz wäre nun die allgemeine Feststellung, dass die theoretisch “reinen”
Wirtschaftssysteme jeweils am falschen Menschenbild scheitern.
Interdependenzen- Zusammenwirken zwischen Wirtschaftssystem
und Menschenbild
Gehen wir nun der Frage nach, inwiefern eine Mischform des Wirtschaftssystems positiver zu
bewerten sei als eine andere Mischform: Sehen wir die Wirtschaftssysteme als Mischformen
auf einer Skala, auf deren einem Ende der Kommunismus, auf deren anderem Ende der
Kapitalismus in Reinform die Begrenzung bilden, so lässt sich eine Aussage von vornherein
recht einfach treffen: Je stärker die kapitalistische Basis (marktwirtschaftliche Basis) des
Systems ist, um so größer fällt der gesamtwirtschaftliche Erfolg aus(27).
Dieser Umstand lässt sich leicht aus der jüngeren Geschichte belegen:
Die Politik der englischen Konservativen hat dem Land in den 70er und 80er Jahren des 20.
Jahrhunderts erhebliche wirtschaftliche Erfolge beschert. Der gesamtwirtschaftliche Nutzen
war zweifellos größer als zu der Zeit, als die Sozialisten (Labour) zuvor das Land
regierten(28).
Die Wirtschaftspolitik Chiles, die an die Theorien Friedmans sehr stark angelehnt war,
bescherte dem Land eine wirtschaftliche Blüte(29) und lässt genau den gleichen Schluss zu
wie die Tatsache, dass sich das kommunistische China nunmehr „kapitalistische Zonen“
schafft, die wirtschaftliche Erfolgsgarantien abgeben(30). Der Kernsatz führt daher zu dem
eindeutigen Ergebnis: Je mehr Kapitalismus in die ”Mixtur” eingerührt wird, desto
erfolgreicher wird das wirtschaftliche Ergebnis derselben(31).
Daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, der Kapitalismus sei die Lösung sämtlicher Probleme,
stößt sich an dem vorhin gesagten(32). Es ist daher notwendig, sich umgekehrt dem Problem
anzunähern und die Frage nach dem gültigen Menschenbild in den Vordergrund zu stellen.
Nachdem festgestellt wurde, dass die treibende Kraft im natürlichen Menschenbild der
Egoismus des Einzelnen ist, stellt sich nunmehr die Frage, ob nicht neben diesem,
ausschließlich auf das eigene Fortkommen gerichteten Grundgedanken, andere, ebenfalls
treibende Kräfte vorhanden sind, die im Sinn des Wirtschaftssystems der Lenkung zugänglich
sind(33).
Hier erscheint als erstes die Überlegung, inwieweit ein kollektiver Egoismus der jeweiligen
Gruppe vorteilhaft werden kann. Der Egoismus des einzelnen geht in der Regel über die
eigene Person hinaus und deckt grundsätzlich auch den engsten Kreis, das heißt die Familie,
mit ab(34). Dieser kleinste „gruppendynamische“ Egoismus ist die Triebfeder jeder
Gesellschaft und daher auch bei uns grundgesetzlich geschützt(35). Der Schutz der Familie
genießt Vorrang vor vielen anderen verfassungsrechtlich geschützten Werten. Die heutige
Familie reduziert sich auf Eltern und Kinder. Noch vor nicht all zu langer Zeit erfasste sie
auch das gesamte Wirtschaftssystem, das in Großfamilien oder „Clans“ gegliedert war. Die
Großfamilie war gleichzeitig die Produktionsstätte in einer landwirtschaftlich dominierten
Gesellschaftsordnung(36).
Nach dem Ende des Feudalismus war es die Nation, die als “Großfamilie” im umfassenden
Umfeld die Rolle der Projektionsebene für den Gruppenegoismus übernahm.
Erstaunlicherweise funktionierte dort der Gruppenegoismus zum allgemeinen Wohl aller im
Staatsverband Lebenden(37). „Wildwüchse“ führten allerdings zu Randerscheinungen, die
besonders in Deutschland diese Form des Gruppenegoismus zeitweise in Verruf gebracht
haben(38). Überlegt man sich an dieser Stelle, welche positiven Wirkungen der so
verstandene Gruppenegoismus hatte, so muss man zu dem Ergebnis gelangen, dass er gerade
die Triebfeder für wirtschaftlichen Erfolg war(39), dass in dem schützenden Rahmen des
Nationalstaates sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer einbezogen wurden und jedes
Wirtschaftssubjekt sich am Gesamterfolg beteiligt sah(40).
Überträgt man die hier gewonnene Erkenntnis auf die Ausgestaltung eines zu schaffenden
Wirtschaftssystems, so kann man zwanglos unterstellen, dass eine Marktwirtschaft dann alle
derzeitigen Probleme zu lösen vermag, ohne dass es irgendwo der Einflechtung
kommunistischer (sozialistischer) Tendenzen bedarf: Die Nation als soziale Rahmengrundlage
ist in der Lage, die Basis einer Marktwirtschaft zu gestalten, ohne dass es überhaupt aus
marktwirtschaftlicher Sicht negativ zu bewertende Hemmschwellen geben muss. Wenn
tatsächlich hierbei einige Wirtschaftssubjekte mit dieser Wirtschaftsordnung nicht zurecht
kommen und drohen, auf der Strecke zu bleiben, bedarf es der Korrektur, die dann zwar nicht
marktwirtschaftlichen Gesetzen zu folgen, sich aber dennoch dem als Vorrangsfaktor
zugrunde gelegten gruppenegoistischen Basismodell anzupassen hat. Das aber bedeutet nichts
anderes, als dass in diesem Rahmen die Wirtschaft fast ausschließlich marktwirtschaftlichen
Gesetzen unterliegt, während die Korrektur durch solche sozialen Regeln erfolgt, die deshalb
nicht als systemfremd betrachtet werden, weil erst durch sie das marktwirschaftliche System
vom zugrundeliegenden Menschenbild akzeptiert wird(41). Der wirtschaftliche Gesamtnutzen
der Sozialstaatskomponente bleibt einem begrenzten Kreis vorbehalten, während
Außenstehende vom System nicht auf Kosten des Systems entsprechend den Gesetzen der
Marktwirtschaft erhalten werden müssen(42).
Gerade hier wird deutlich, dass die Rettung von Banken und schwächelnden Eurostaaten sich
als systemfremd darstellt und deshalb grundsätzlich nicht mit dem Prinzip des Sozialstaates in
Einklang zu bringen ist:
Die Rettung einer von der Insolvenz bedrohten Bank durch den Staat passt niemals zu den
Grundsätzen der freien Marktwirtschaft:
In einem solchen Fall hätten nämlich die Marktkräfte das Ausscheiden des Geldinstitutes aus
dem Wirtschaftssystem begründet und ein „Auffangen“ mit staatlichen Mitteln würde die
Sozialstaatskomponente als Ergänzung zum marktwirtschaftlichen System gerade in ihr
Gegenteil verkehren. Auf diese Weise würde nämlich ein überdurchschnittlich risikofreudiges
Verhalten, dessen Zweck einzig und allein die Erwirtschaftung überdimensionaler Gewinne
und Renditen sein kann, belohnt. Anders ausgedrückt würde dies nämlich bedeuten, dass
Gewinne aufgrund zu hoher Risikobereitschaft der Bank und den hinter ihr stehenden
Wirtschaftssubjekten verbleiben könnten, während im Fall der Verwirklichung des Risikos im
Sinne einer Pleite der Verlust durch das Eintreten des Staates vergesellschaftet werden würde.
Zu Recht wird daher die heutige Praxis vieler Staaten, marode Banken und zahlungsunfähige
Euroländer zu retten als himmelsschreiendes Unrecht empfunden. Norbert Blüm(43) geht
sogar so weit, neue Begriffe, wie z.B. den „Finanzkapitalismus“, den er einer neuen
Weltreligion gleichsetzt, deren „heilige Trinität“ Deregulierung, Privatisierung und
Kostensenkung heißen. Wenn dennoch im schlimmsten Fall die Pleite Gehenden nach dem
Staat rufen, widerspricht das letztlich sogar den eigenen Glaubensgrundsätzen, denn es sind
nicht die Selbstheilungskräfte des Marktes, sondern „eine ganze Reihe von hoheitlichen
Gewaltakten“(44), die dann das Schlimmste verhindern. Zu Recht folgert Blüm aus dem eben
gesagten, dass die Vertreter dieser neuen „Weltreligion“ zwar auf Scheiterhaufen usw.
verzichten, aber ihre Widersacher dadurch „exkommunizieren,“ indem sie die von Menschen
gemachten Regeln und Strukturen unserer Weltwirtschaft zu höheren Mächten oder gar zu
einer Art von Naturgesetzen erklären, gegen diese sich nur Dummköpfe und Demagogen zu
widersetzen glauben.“ Folgerichtig führt Blüm fort: Also zelebrieren die neoliberalen
Ökonomen die Liturgie der Liberalisierung, bis auch die letzten Entscheidungsträger in
Politik und Wirtschaft die Regeln der Finanzmärkte für den wahren Glauben hielten. Dass
hieran etwas Wahres ist, lässt sich leicht daran ablesen, dass bspw. für eine Rettung des
zahlungsunfähigen Griechenland sogar Sozialisten und Grüne entgegen ihren eigenen
Parteigrundsätzen sind, obwohl letztlich eine „Rettung“ dieses südeuropäischen Landes - wie
auch weiterer von der Insolvenz bedrohter Euroländer - lediglich Geldinstitute davor
bewahren kann, enorme Summen abschreiben zu müssen. Letzteres würde auch hier den
Regeln der Marktwirtschaft entsprechen, denn wenn eine Bank im Rahmen ihres
operationalen Geschäfts die ausgeliehenen Gelder nicht mehr hereinbringen kann, müssen
diese auch dann abgeschrieben werden, wenn das in letzter Konsequenz zur Insolvenz des
Geldhauses führt.
Weite Kreise haben - wie Blüm (a.a.O.) glaubhaft ausführt – durch Schaffung von
Hedgefonds, private Equity Fonds und sonstiger Derivate den Finanzkapitalismus mehr und
mehr in eine Illusionswelt verwandelt, in der die Herstellung nützlicher Güter und die
Erbringung von Dienstleistungen mit dem verwechselt werden, was doch eigentlich nur zum
real wirtschaftlichen Zweck ist: Geld(45) Der „Finanzkapitalismus“ versucht sich durch
Vergesellschaftung der Verluste auf Kosten der Gesellschaft auch dann am Leben zu halten,
wenn eine „Nachfolgeblase“ die „Vorgängerblase“ auflöst(46). und immer mehr „Pump auf
Pump“ finanziert wird(47).
Das hier Gesagte wird überdeutlich, wenn man in der Tagespresse liest, dass Bankmanager
„Milliarden verzockt haben(48)“ Hier wird nämlich deutlich, dass der Geldmenge keinerlei
reale Werte mehr gegenüber stehen und dennoch eine kleine Gruppe von „eingeweihten“
Traumvermögen in einer Größenordnung sich zueignen, dass ihnen am Ende die ganze Welt
gehört. Blüm belegt dies – wie übrigens auch viele andere renommierte Wirtschaftsfachleute –
mit Zahlen: Weltweit betrug der Anteil der Realwirtschaft am gesamten Geldverkehr 2008
gerade einmal 0,4 %. Umgekehrt bedeutet dies: „99,6 % aller getätigten Investments haben
nichts mehr mit der realen Wirtschaft zutun… Das durchschnittliche Nettoeinkommen des
deutschen Haushaltes liegt derzeit bei knapp 2.700,00 €. Verhielte sich eine Familie nach den
Spielregeln der Weltwirtschaft (d.h. des Finanzkapitalismus), dann dürfte sie monatlich, man
kann es glauben, nur 10,8 € für ihren gesamten Lebensunterhalt ausgeben. Den „Rest“ müsste
sie in die Wiesenspekulationen oder Futures stecken(49)“. In diesem Zusammenhang erinnert
Blüm an den Nobelpreisträger Edmund Phelps, der forderte: „Wir müssen zurückkehren zu
altmodischen Banken, die Investitionen für reale Dinge finanzieren.“
Ordnet man demgegenüber Marktwirtschaft und die sie korrigierende Sozialgesetzgebung
dem vorherrschenden Menschenbild unter (Gruppenegoismus), so versteht es sich von selbst,
dass die Schwachen unter den Schutz der Starken gestellt werden und die dies bedingende
Gesetzgebung braucht nicht als Fremdkörper im marktwirtschaftlichen System angesehen zu
werden(50).
Der Feudalismus hatte mit derartigen Problemen überhaupt nicht zu kämpfen, denn es war
Sache des "Patron", auch für seine kranken und schwachen Anvertrauten zu sorgen(51). Nicht
der Staat als solcher war gefordert, es war Sache des Arbeitgebers im weitesten Sinn, anstatt
einer Sozialgesetzgebung, die soziale Komponente darzustellen.
Die Wirtschaftsform, die zu diesem originären Menschenbild passt, ist auch die
Wirtschaftsform, die den größtmöglichen Nutzen für alle in das System Eingeschlossenen
garantieren kann. Auf diese Weise wird das an sich als “unsympathisch” empfundene
egoistische Motiv für alle Betroffenen zum altruistischen Moment, wenn nämlich die
Triebkraft der Profiterziehlung gleichzeitig die Versorgung der Schutzbefohlenen mit
einbezieht(52).
Ein solches Menschenbild bedingt somit:
1.
2.
Eine (begrenzte) Verwirklichung sämtlicher ökonomischen Ziele(53)
Ein Funktionieren ohne einschneidende Wirkungsabflüsse
Auf diese Weise vollzieht sich das, was mühsam in der heutigen Form der sozialen
Marktwirtschaft vorgenommen wurde, ohne dass es zu Friktionen in erheblichem Umfang
kommt.
Planwirtschaftliche Elemente werden in diesem Zusammenhang lediglich außenwirtschaftlich
notwendig, nämlich dort, wo knappe Ressourcen eine Bewirtschaftung notwendig
machen(54).
Ein solches in sich geschlossenes System kann einem anderen System, das in gleicher Weise
aufgebaut ist, auf marktwirtschaftlicher Basis gegenübertreten, ohne dass es dabei
planwirtschaftlicher Komponenten bedarf. Auch andere Systeme können einem solchen
System gegenübertreten; dann allerdings wird es wahrscheinlich, dass das egoistische System
dem anderen System die Marktgesetze vorschreiben wird. Das bedeutet im Wesentlichen
nichts anderes, als heute auch schon praktiziert wird, nämlich die Durchsetzung staatlicher
Interessen nach außen gegenüber anderen staatlichen Interessen(55).
Ein solches System ist letztlich auch in der Lage, mit den Problemen der Zeit ohne Weiteres
fertig zu werden. Die Arbeitslosigkeit als ein Faktor, der dem Gruppenegoismus im Wege
steht, wird von selbst abgebaut(56). Tarifkonflikte in der Weise, wie sie heute bekannt sind,
fallen zwanglos weg, wenn damit die gruppenegoistischen Ziele im Inneren den Vorrang vor
Individualinteressen erhalten(57). Am Ende steht somit ein neues Wirtschaftssystem, das die
Vorteile des marktwirtschaftlichen Fortschritts mit den Vorteilen eines modernen
Wohlfahrtsstates vereint.
Soweit andere Systeme sich nicht schnell genug auf die Neuentwicklung einstellen, bedeutet
dies einen Vorsprung, der sich letztlich auch außenwirtschaftlich niederschlagen muss.
Gruppenegoistische Ziele werden auch in einem solchem System ihren Weg finden. Die
Auseinandersetzungen können jedoch, anders als in der Vergangenheit, wertfreier gestaltet
werden, wo sich nicht ein ideologisch in sich gefestigtes kapitalistisches System einem
gefestigten kommunistischen System gegenübersieht. Die kleineren Rahmen schaffen andere
Bedingungen, die es wiederum erlauben, ohne globale Auseinandersetzungen
auszukommen(58).
Letztlich wird ein solches System dem Weltfrieden dienen, denn eine Auseinandersetzung
globalen Ausmaßes, wie noch zur Zeit des kalten Krieges ins Kalkül gezogen, scheitert von
vornherein an der Vielfalt der Systeme.
Es stellt sich nunmehr die Frage, warum ein solches System sich bis jetzt nicht etablieren
konnte. Die Antwort hierauf ist denkbar einfach:
Das kapitalistische System trägt nach der Überwindung des Kommunismus immer noch
individualegoistische Züge und die dort in kollektiver Weise Herrschenden möchten um jeden
Preis eine Infragestellung ihrer Position verhindern(59). Es ist deshalb nicht von der Hand zu
weisen, dass gerade hierin die Rigidität des gegenwärtigen Systems eine Entwicklung
behindert, intentionsmäßig sogar verhindern muss(60).
Das System, das nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wie eine Glocke dem europäischen
Kontinent übergestülpt wurde(61) beharrt auf der Einhaltung sämtlicher Verträge, um damit
einer Entwicklung entgegenzuwirken, die die Macht dieses Systems bedrohen könnte(62). So
erklärt es sich auch, dass die Familie als Keimzelle des “guten” gruppenegoistischen Systems
von Anfang an in Frage gestellt wurde und sukzessiv der Stigmatisierung anheim fiel(63). Die
monetäregoistischen(64) Systeme versuchen, von außen die Entstehung eines solchen
Systems zu verhindern, so dass ohne Weiteres dadurch erklärbar wird, warum gerade
Deutschland in systemtheoretischer Hinsicht in der Schwebe gehalten werden soll(65).
Betrachtet man weiterhin, dass dieses System den wirklich Herrschenden jede Macht gibt und
gleichzeitig über pseudo-soziale Komponenten die „untersten“ Schichten ernährt, ohne dass
diese auch nur einen Finger rühren müssen(66), erkennt man, dass gerade hier ein
systemstabilisierender Faktor liegt: Während die wahren Herrschenden, das heißt die Reichen,
ihren Reichtum, soweit eine gewisse Grenze überschritten wurde, um jeden Preis halten
können(67), werden die Ärmsten dadurch ernährt und bei der Stange gehalten, dass zu ihrer
Ernährung das Vermögen des Mittelstandes eingesetzt wird(68). Gerade der Mittelstand aber
ist die kritische Masse, die allein das gegenwärtige System in Frage stellen könnte(69). Er hat
daher zu verschwinden. Es ist das erklärte Ziel der Herrschenden, den gesamten Mittelstand,
das heißt alle diejenigen, die eine gewisse Reichtumsschwelle noch nicht überschritten haben,
aber sich noch selbst ernähren, zu vernichten. Steigende Insolvenzzahlen(70) sind ein
deutliches Signal sowie der Indikator für die Richtigkeit dieser Aussage. Anders betrachtet,
bedeutet es, dass jede vernichtete Mittelstandsexistenz das Heer der Armen vergrößert und
damit die Stabilität dieses international moneträregoistischen Systems mittelfristig sichert.
Aus diesem Grund erscheint es vorgegeben, dass eine Steuerreform(71), dass
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen(72), usw. immer nur darauf ausgerichtet sein können, die
Reichen reicher zu machen und das Heer der Armen in der Weise zu vergrößern, in der es
noch zu ernähren ist. Wenn man jedoch etwas nachdenkt, wird einem von vornherein klar,
dass auch hier zeitliche Grenzen gesetzt sind: Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, in
dem die Umverteilung des Mittelstandsvermögens nicht mehr ausreichen kann, die Masse der
„Armen“ zu ernähren, ohne dass diese gezwungen sind, selbst am Erwerbsprozess
teilzunehmen. Dieser Zeitpunkt ist noch lange nicht erreicht. Es ist daher an der Zeit, die
Mehrheit dieser Kräfte, die es heute noch gibt, zusammenzufassen, um diesem schleichendem
Prozess ein Ende zu bereiten.
Richtig verstandene Mittelstandspolitik ist somit systemgefährdend, als Idee nur
durchzusetzen von einer neuen politischen Richtung, die nicht den vorher beschriebenen
Prinzipien verhaftet ist. Auf Europa bezogen, hat dies noch weitere Konsequenzen: die hier
Werktätigen haben sämtliche am Produktionsprozess nicht beteiligten Angehörigen auch
anderer Völker mitzuernähren(73). So betrachtet, bedeutet jeder Schritt in Richtung Europa
einen weiteren Schritt in Richtung Umverteilung, diesmal nicht im nationalen sondern im
internationalen Rahmen, was zu einer Beschleunigung des Zerfalls führen muss. Aus diesem
Grund ist es unumgänglich, hier Dämme einzuziehen, die einer Umverteilung nach außen
hin(74) den Weg versperren.
Definition: Sozialstaat
Zur Sozialstaatskompenente(75) gehört zunächst jede Leistung, die das Gemeinwesen
entweder direkt oder indirekt seinen Bürgern ohne Gegenleistung und ohne
wirtschaftspolitische Zielrichtung zuwendet. Im klassischen Sinn(76) handelt es sich hierbei
um Sozialhilfe, Wohngeld, Kindergeld usw. Dem Sozialstaatsprinzip entspricht aber auch die
Zuwendung über dritte, wie zum Beispiel das Arbeitslosengeld(77), das vom Arbeitsamt
gezahlt wird ebenso wie die Leistungen durch die gesetzlichen Krankenkassen(78), weil hier
letztlich der Staat - wenn auch indirekt - Leistungen erbringt.
Dem Sozialstaatsprinzip entspricht im weiteren Sinn auch eine Gesetzgebung “mit sozialem
Einschlag”, wie z. B. das soziale Mietrecht(79) oder in weiten Teilen das Arbeitsrecht(80).
Auch wenn hier der Staat selbst weder aus eigener Kasse, noch aus Kassen hinzuzuordnender
Dritter Leistungen erbringt, wird hier das marktwirtschaftliche System, das lediglich zum
Ausgleich von Angebot und Nachfrage fähig ist, durchbrochen. Somit stellt sich die weiteste
Definition des Sozialstaatsprinzips als negative Beschreibung dar:
Dem Sozialstaatsprinzip ist jeder Leistungsverkehr zuzuordnen, der nicht das Ergebnis einer
durch Angebot und Nachfrage geregelten oder eine solche fördernde Transaktion ist.
Bereits hier wird deutlich, wie weitgehend das Sozialstaatsprinzip neben den
marktwirtschaftlichen Prinzipien in unserer Gesellschaft verankert ist. Deutlich wird dabei
auch das zahnradartige Ineinandergreifen marktwirtschaftlicher und sozialstaatlicher
Prinzipien(81). Der rein kapitalistisch (marktwirtschaftlich) organisierte Staat und der rein
kommunistisch (planwirtschaftlich) organisierte Staat kommen, wie bereits oben
dargestellt(82), in der Realität nicht vor. Mischformen sind es somit, die den Alltag
bestimmen. Unterscheidet man zwischen marktwirtschaftlich organisierten Gesellschaften mit
sozialstaatlichem Einschlag und planwirtschaftlich organisierten Staaten mit
marktwirtschaftlichen Enklaven, fällt sofort auf, dass letztere heute lediglich noch am Rande
vorkommen wie z. B. in China(83), Nordkorea(84) und einigen Entwicklungsländern. Das bei
uns dominierende Prinzip ist somit diejenige Mischform, bei der die Wirtschaftsordnung
grundsätzlich marktwirtschaftlich organisiert ist, jedoch sozialstaatlichen Korrekturen
unterliegt. Die bei uns zeitweise hochgelobte soziale Marktwirtschaft ist das wohl beste
Beispiel einer solchen Kombination(85).
Wie oben dargestellt, kann dieses Modell Umverteilungsprozesse im großen Stil bedingen, die
irgendwo an natürliche Grenzen stoßen(86). Zu einer Zeit blinder Wachstumsgläubigkeit
waren die tatsächlichen Grenzen außer Betracht gelassen worden und es schien so, als ob auf
Dauer ein System gefunden war, das nicht nur den Interessen der Wirtschaft entsprach,
sondern auch den Interessen derer, die mit dieser Marktlage nicht zurechtkommen
konnten(87).
Nach Zeiten der Rezession(88) konnte man die oben dargestellten Grenzen nicht mehr einfach
außer Acht lassen und es drängte sich die Frage auf, wie das Sozialstaatsprinzip in diesem
Modell einer Begrenzung(89) unterworfen werden dürfte, ohne es insgesamt abzuschaffen. In
letzter Zeit kamen insbesondere aus den Reihen der Sozialdemokratie in Europa(90)
“(Schröder-Blair-Modell”, “Agenda 2010”) Überlegungen, Sozialleistungen abzubauen, um
einem Kollaps des Systems vorzubeugen. Parallel dazu forderten sozialdemokratische Führer
in verschiedenen Bundesländern, aber auch im europäischen Ausland die Gewerkschaften zur
Zurückhaltung bei Lohnforderungen auf(91) (Ministerpräsidenten in Rheinland-Pfalz und
Nordrhein-Westfalen: 2 Nullrunden für Arbeitnehmer!). Weitergehender noch war im Ansatz
die sogenannte „Agenda 2010“ der vormaligen Regierungskoalition, die jedoch durch die
eigenen Genossen der Basis in Frage gestellt wird(92). Diese Beispiele machen deutlich, dass
das ursprüngliche Parteiengefüge über die Frage der sozialen Marktwirtschaft ins Rutschen
geraten ist(93). Erstaunlich erscheint insbesondere, dass linke Parteien einen Abbau des
Sozialstaatsprinzips fordern, während rechte Parteien diese Frage nur zögernd in den
Mittelpunkt politischer Entscheidungen gerückt haben(94). Diese linken Parteien schwingen
sich plötzlich zum Fürsprecher einer mehr marktwirtschaftlich organisierten sozialen
Marktwirtschaft auf und überholen dabei die traditionellen Rechtsparteien rechts, während die
traditionellen Rechtsparteien ihre politische Zukunft zeitweise auf der linken Seite entdecken
und für den Erhalt sozialstaatlicher Grundwerte lautstark eintreten. Zu mutige Initiativen
werden mit einem „Salto Rückwärts“ korrigiert, wie etwas das Kirchhoff-Merz-Konzept(95),
von dem im Frühjahr 2004 in der offiziellen CDU-Ideologie und Speachregelung nicht mehr
viel übrig geblieben ist(96). Dieses Durcheinander verstellt zunächst den Blick für die
politische Realität. Beide Richtungen, nämlich linke und rechte Parteien bewegen sich
scheinbar in die Mitte und damit aufeinander zu, wenn sie, um das System, das auch ihre
Existenz bedingt, zu erhalten versuchten, die Argumente des jeweiligen Gegners übernehmen.
Dabei ist ihnen jedes Mittel recht, wenn sogar mit vertauschten Rollen gegeneinander um die
scheinbare Mitte gefochten werden soll(97).
Es versteht sich von selbst, dass der Sache mit derartigen Scheingefechten nicht gedient ist.
Sowohl die Wirtschaft als auch die Arbeitnehmer verstehen plötzlich nicht mehr, bei wem ihre
Interessen gut aufgehoben sind. Eine Vermischung des Wählerpotentials - ob gewünscht oder
nicht - ist die Folge. Dies entspricht auch der Intention beider Richtungen, sich als die neue
Mitte darzustellen(98). Das Ganze erinnert eher an Theater und Rollenspiele als an seriöse
Politik. Diese Erkenntnis scheint sich auch langsam durchzusetzen, denn gleichzeitig, fast wie
koordiniert, rücken Parteistrategen auf beiden Seiten ihre Formationen wieder zurück in
Richtung Ausgangsstellung, um das System auch optisch zu erhalten. Auch wenn dieses Spiel
den Eindruck von Dynamik und Bewegung zu vermitteln vermag, kann es nicht darüber
hinwegtäuschen, dass bestenfalls etwas an den Symptomen der Krankheit des Systems kuriert
werden soll und eine Chance zu wirklicher Heilung der Fehler desselben überhaupt nicht
besteht. Einer Heilung muss nämlich zunächst eine korrekte Diagnose vorausgehen, um auf
dieser aufbauend, einen Heilungsplan zu entwickeln.
Diagnose: Die soziale Marktwirtschaft auf dem Prüfstand
Entsprechend der allgemeinen – oben erläuterten - Erkenntnis, dass ein Mehr an
Marktwirtschaft ein Mehr an allgemeinem wirtschaftlichem Wohlstand bedeutet, muss man
den Reformern im linken Lager(99) Recht geben, die den Sozialstaat begrenzen wollen.
Gleichzeitig jedoch stellt sich die Frage, ob eine in dieser Weise vorgenommene Reduzierung
überhaupt realisierbar ist. Die Reaktionen der verschiedenen Verbände, insbesondere der
Gewerkschaften, haben bereits deutlich gemacht, dass eine Reduzierung sozialer Leistungen
bzw. sozialstaatlicher Errungenschaften von weiten Teilen der Bevölkerung ganz einfach nicht
hingenommen wurden(100).Wie zu erwarten war, wurden die meisten Reformen überhaupt
nicht in die Realität umgesetzt und stellten so lediglich eine „Attraktionsfunktion“ für
bestimmte Wirtschaftskreise dar. Nachdem die rotgrüne Bundesregierung abgewählt und
durch eine große Koalition ersetzt worden war, zeigte sich, dass auf diese Weise eine
Ausuferung des Sozialstaatsprinzips nicht beizukommen war, weil so eine erhebliche
Strapazierung des Sozialgefüges schließlich dazu geführt hat, dass auch die schwarz-rote
(„Große“) Koalition beendet wurde. Die nachfolgende schwarz-gelbe Koalition brachte eine
regelrechte Abkehr von den ursprünglich rot-grünen Zielen(101). Sollte jedoch tatsächlich
aufgrund zweifelhafter Mehrheitsverhältnisse in dieser Weise einer "Ausuferung" des
Sozialstaatsprinzip beizukommen sein, würde dies in jedem Fall eine erhebliche
Strapazierung des Sozialgefüges bedeuten, die unter Umständen in einer regelrechten
Revolution enden könnte(102). Getreu dem Modell des Sperrklinkeneffekts (Ratchet-Effect)
lässt sich das allgemeine Niveau sozialstaatlicher Entwicklung nicht zurückdrehen, ohne dass
der Hebel (die Sperrklinke) bricht(103).
Es stellt sich daher als nächstes die Frage, ob überhaupt eine derartige Reduzierung von
Sozialleistungen im weitesten Sinn in diesem vorgesehenen Umfang erforderlich ist.
Zur Beantwortung dieser Frage muss weiter ausgeholt werden. Rufen wir uns ins Gedächtnis
zurück, dass das Sozialstaatsprinzip in erster Linie die Aufgabe hat, Fehler
marktwirtschaftlicher Strukturen zu korrigieren(104). Menschen, die mit den
marktwirtschaftlichen Prinzipien, sei es aufgrund ihrer Ausbildung, ihrer Herkunft, sei es
aufgrund ihrer körperlichen Konstitution bzw. ihres Alters, nicht zurechtkommen, müssen im
Rahmen staatlicher Wohlfahrtspflege vor schädlichen marktwirtschaftlichen Konsequenzen
geschützt werden. Die Regeln für diese Korrektur dürfen begrifflich nicht die gleichen sein,
wie die des zu korrigierenden Systems. Sonst bestünde die Gefahr, dass man sich als
besonders weltoffen darstellen will und Menschen von außerhalb als gleichberechtigt
aufnimmt und am marktwirtschaftlichen System partizipieren lässt(105). Sobald sich bei
ihnen Unverträglichkeiten mit dem System der freien Markwirtschaft einstellen, spannt sich
über ihnen den “Schirm des Sozialstaatsprinzips” unter Hinweis auf den Gleichheitsgrundsatz
des Grundgesetzes(106) auf, als ob diese Menschen hier immer gelebt hätten. Der
Sozialstaatsgedanke nimmt marktwirtschaftliche Züge an, wenn ein Zuzug bzw.
Einwanderung gerade im Hinblick auf das hiesige Sozialsystem erfolgt: Das gesamte System
des Sozialstaats wird als Angebot verstanden, das von Gebietsfremden angenommen wird,
indem sie ihren Lebensmittelpunkt hierher verlegen. Die Entscheidung, hier leben und
arbeiten zu wollen, zieht unweigerlich die Konsequenz einer Partizipation am hiesigem
Sozialstaatsprinzip nach sich. Damit aber ist die Überlegung, mit Hilfe des
Sozialstaatsprinzips systemimmanente Fehler des marktwirtschaftlichen Prinzips korrigieren
zu wollen, in ihr Gegenteil verkehrt: Mit marktwirtschaftlichen Prinzipien wird nunmehr das
Sozialstaatsprinzip in einem Markt dargeboten, was dazu führt, dass fast ohne Gegenleistung
von Anfang an alle in den Genuss der Früchte dieses Systems gelangen. Der
Ausnahmecharakter entfällt, die Ausnahme wird zur Regel.
Und wie jede gelungene marktwirtschaftliche Marketingoperation ist auch hier plötzlich der
Erfolg die Leitlinie für zukünftige Entscheidungen: Der Segen des hiesigen Sozialsystems,
der Fremden hier zuteil wird, führt dazu, dass weitere Fremde das großzügige Angebot des
Sozialstaatsprinzips annehmen; auf diese Weise werden nicht ein hohes Lohnniveau und ein
angeglichener Lebensstandard zum Maßstab für eine intendierte Immigration, sondern ein
allgemeines hohes Sozialleistungsniveau, das über die reine Sozialhilfe hinaus als
Determinanten insbesondere Arbeitslosengeld, Gesundheitswesen, Kindergeld und die oben
erwähnte Sekundärsozialstaatsstruktur wie Mietgesetzgebung und Arbeitsgesetzgebung
einschließt. Marktwirtschaftlich ausgedrückt, bedeutet dies den Ausverkauf des Sozialstaats.
Der mit Familie „zugezogene“ Ausländer erhält von Anfang an alle Vergünstigungen des
Sozialstaats wie Kindergeld, Wohngeld etc. und sieht sich gleichzeitig nicht nur unter dem
Schutz einer sozialen Mietgesetzgebung und Arbeitsgesetzgebung, sondern hat die
Gewissheit, dass ihm nach eventuellem Verlust seines Arbeitsplatzes, vor dem ihn vielfach
großzügig gewährte Prozesskostenhilfe schützen kann, ein Anspruch auf Arbeitslosengeld und
nach Ablauf desselben auf Arbeitslosenhilfe (ALG 2) sicher ist.
Die hier aufgezählten Auswirkungen auf den Sozialstaat sind jedoch in keiner Weise
abschließend. So ist in Zeiten einer wirtschaftlichen Rezession bzw. einer
Massenarbeitslosigkeit klar, dass jeder zusätzlich in den Wirtschaftskreislauf integrierte
ausländische Arbeitnehmer einem inländischen Arbeitnehmer entweder potentiell oder aktuell
den Arbeitsplatz kostet. Dieser fällt dann zunächst der Arbeitslosenversicherung und im Fall
von Dauerarbeitslosigkeit der Sozialhilfe (Arbeitslosenhilfe)(107) zur Last. Mit anderen
Worten: Ein hier integrierter ausländischer Arbeitnehmer verweist einen verdrängten
inländischen Arbeitnehmer auf das Arbeitslosengeld und somit wieder an den Sozialstaat.
Darüber hinaus wird der verdrängte Arbeitnehmer unter Umständen hinsichtlich Wohngeld
und weiterer Sozialleistungen sozialhilfeberechtigt. Die Auswirkungen werden um so
gravierender, je weitergehend der Einfluss des „Zuwanderers“ unter markwirtschaftlichen
Gesichtspunkten wird(108). Steigender Bedarf an Wohnraum führt zu steigenden Mieten, die
vom verdrängten Arbeitnehmer wiederum über Sozialleistungen (Wohngeld) kompensiert
werden. Steigende Nachfrage auf heimischen Märkten führt - bei zunächst gleichbleibendem
Angebot - zu steigenden Preisen. Hieraus resultierende soziale Spannungen schlagen sich als
höhere Sicherheitskosten nieder, usw.
Aus dem vorher gesagten ergibt sich zweifelsfrei, dass die sozialstaatliche Komponente
erheblich weniger strapaziert würde und damit entlastet werden könnte, wenn man den
Sozialstaat auf die Nation beschränken wollte. Entsprechend dem “Schröder - Blair - Modell”
würde eine geringere Inanspruchnahme des Sozialstaats diesen überleben lassen und eine
grundsätzlich marktwirtschaftlich orientierte Welt sichern. Im Gegensatz zu derartigen
Modellen jedoch würde die Beschränkung des Sozialstaats auf die Nation nicht an einem
Sperrklinkeneffekt - wie oben beschrieben - scheitern, sondern vielmehr per se, d. h. allein
durch die Existenz der Beschränkung, den Zuwanderungsdruck verringern und damit über die
oben beschriebenen Sekundäreffekte in umgekehrter Richtung die Basis des Sozialstaates
stärken.
Besonders altruistisch erscheinende Elemente des internationalistischen Kommunismus(109)
wie auch des Neoliberalismus(110) haben hiergegen natürlicherweise Argumentationsketten
entwickelt. So heißt es an erster Stelle, ausländische Mitbürger übten beruflich Tätigkeiten
aus, für die sich Deutsche “zu schade” seien. Zur Untermauerung dieses Argumentes wird
vielfach auf die Müllbeseitigung verwiesen(111). Diesem Argument ist sehr leicht zu
begegnen, wenn man auf die marktwirtschaftlichen Prinzipien verweist. So ist es Sache von
Angebot und Nachfrage, derartige Tätigkeiten ausführen zu lassen. Finden sich in Zukunft
wegen eingeschränkter Sozialleistungen für ausländische Mitarbeiter keine Ausländer für
bestimmte Tätigkeiten, führt dies automatisch zu einer Angleichung des Lohnniveaus und
damit dazu, dass Inländer schließlich dazu bereit sein werden, derartige Tätigkeiten
auszuführen. Unter dem Strich ist in jedem Fall diese Lösung günstiger, da hiermit die Zahl
der Arbeitslosen reduziert wird und Leistungen an Außenstehende wegfallen.
Demgegenüber wirkt es geradezu kontraproduktiv, wenn in letzter Zeit Mindestlöhne
gefordert und sogar gesetzlich fortgeschrieben werden (vgl. hierzu Kurt J. Lauk, Handelsblatt
13.04.2005 zum Thema “Mindestlohn”). Mindestlöhne bewirken nämlich einmal eine
gesetzliche Fixierung des unseligen “Erwartungslohns”(112), zum anderen eine dauerhafte
Verteuerung des Faktors Arbeit in der BRD generell.
Schließlich führen höhere fixierte Löhne dazu, dass weitere Anreize an das Ausland gesendet
werden, auf die ein weiterer Migrationsstrom von Arbeitnehmern ins Inland ausgelöst werden
kann.
Ein anderes Argument dieser linken „Pseudoliberalen“ ist der Hinweis auf geltende Gesetze,
insbesondere den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Dieses Argument dürfte das
schwerwiegendste gegen die Verfechter des Nationalen Sozialstaats sein(113). Gerade hier
handelt es sich jedoch um eine reine Definitionssache: Der Ausländer, der sich erst aufgrund
einer genaueren Wirtschaftsanalyse hierher begibt, ist begrifflich nicht in diesen Schutz
einzubeziehen(114).
Ebenso kontraproduktiv ist es in dem hier dargelegten Sinn, wenn Staaten Banken wegen
ihres „funktionalen Charakters für die Wirtschaft“ dann vor der Insolvenz retten, wenn
Forderungsausfälle für das Geldhaus grundsätzlich das wirtschaftliche Aus bedeuten.113
Dies gilt umso mehr, wenn diese Banken „mittelbar“ gerettet werden, d.h. wenn ein Staat zur
Rettung eines von der Insolvenz bedrohten Staates (z.B. Euroland) diesem in der Weise unter
die Arme greift, dass dieser zahlungsfähig bleibt und die dort engagierten Banken keine
Verluste erleiden. Das perfide an dieser indirekten Rettung des „Finanzkapitalismus“ ist, dass
das Glaubensbekenntnis der „Finanzkapitalisten“ erhalten bleibt, weil mit schönen altruistisch
klingenden Floskeln dem Bürger vorgegaukelt wird, er erhalte auf diese Weise unsere
Gemeinschaftswährung, den „Euro“ und trage dazu zur Stärkung Europas bei, ohne welche
wir ohnehin keine Zukunft mehr hätten in einer immer mehr globalisierten Welt.
Gegensätze und Umkehrung der Wirkung - Sozialstaatsprinzip in inhomogenen
Gesellschaften
Wie bereits oben ausgeführt(115), sollen die Regeln des nationalen Sozialstaates Fehler(116)
des marktwirtschaftlichen Systems bzw. der Globalisierung korrigieren.
Auch in einem vom Gruppenegoismus geprägten System kann es zu Absprachen einzelner
zum Nachteil des Systems kommen. So wäre es durchaus denkbar, daß auch im nationalen
Sozialstaat einzelne Wirtschaftssubjekte zum Nachteil des Ganzen zu handeln beabsichtigen
und dies auch in der Realität umsetzen. Einem derartigen kollusiven Handeln müsste das
Rechtssystem des nationalen Sozialstaats von vorneherein einen Riegel vorschieben,
vergleichbar der Kartellgesetzgebung(117).
Jedenfalls genügt die heutige strafrechtliche Gesetzgebung, wie z. B. gegen das “Erschleichen
von Leistungen“ nicht(118).
Es versteht sich einerseits von selbst, dass durch Gesetze kollusive Individualabreden niemals
ausgeschlossen werden können. Andererseits ist gerade das Sozialstaatsprinzip als solches an
Hand der oben geschilderten gruppenegoistischen Tendenzen einfacher zu begreifen, als sich
auf ein abstraktes internationales Modell des Sozialstaates zu beziehen(119).
Gruppenegoistische Tedenzen sind nicht eo ipso richtungskonform; insbesondere wenn sie
gegenläufig ausgestaltet sind, führt dies zwangläufig zu Friktionen und Belastung jeden
Systems.
Als Beispiel verweise ich auf das Problem des Sozialneids einzelner Gruppen, der im
Zusammenhang mit Fremden nochmals weitere egoistische Antriebskräfte freisetzt. (Studien
gibt es hierüber vor allem in Amerika, wo das Problem besonders rassistischen Auftretens der
Hafenarbeiter in New York als Beispiel dienen mag)(120).
In einer solchen Situation würde auch ein gruppenegoistisches Modell den Sozialstaat mehr
belasten, weil man damit zu dem paradoxen Ergebnis gelangt, dass ein einstweiliges
Ausbeuten des Sozialsystems von verschiedenen Seiten gewünscht wird, weil es der
ungeliebten anderen Nationalität oder Gruppe schadet. Mit anderen Worten: Das
grundsätzlich positive Moment des nationalen Gruppenegoismus wird in sein Gegenteil
verkehrt, wenn der Gruppenegoismus den Sozialstaat aus gruppenegoistischen Beweggründen
schwächt.
Umgekehrt wird im homogenen nationalen Sozialstaat nicht nur eine derartige zusätzliche
Belastung wegfallen, sondern weil eben eine homogene Volksgruppe den Sozialstaat formt,
ein positiver Effekt zu Tage treten, der letztlich dazu führen wird, daß der Sozialstaat von
seinen Mitgliedern schonend behandelt wird und somit effizienter wirken kann, weil man sich
der Tatsache bewußt ist: „unsere Einrichtung ist nur für uns da.“(121).
Nicht zu übersehen bleibt im Übrigen, dass das Auseinanderbrechen multikultureller
Siedlungsgebiete sich ohnehin fast immer gewaltsam vollzieht. Insbesondere die jüngeren
Entwicklungen in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo und in Mazedonien deuten an, was sich
aus denjenigen Industriegebieten ergeben könnte, in denen man zum einen eine besonders
hohe Bevölkerungsdichte vorfindet, zum anderen ein besonders hoher Anteil an Ausländern
lebt. Auch wenn unter Alltagsumständen ein friedliches Zusammenleben ohne allzu große
Reibungsverluste die Regel sein kann, genügt oft nur ein Funke, das heißt, ein geringfügiges
Abweichen vom gewohnten Alltag. Im Fall mangelnder Versorgung oder allgemeiner Krisen
und Katastrophen würden diese Gebiete zu menschlichen Katastrophengebieten, vergleichbar
den humanitären Katastrophen im Kosovo bzw. in Bosnien.
Bereits dieses Argument allein, das vom Grundsatz her nicht zu widerlegen ist, sollte Anlass
dazu sein, einer weiteren Zuwanderung (besser: Einwanderung) und einer diese
begünstigenden Gesetzgebung kritisch gegenüber zu stehen: Wer hier aus falschverstandenem
Humanismus Nachgiebigkeit oder Nachlässigkeit an den Tag legt, wird sich einst für das
verantworten müssen, was sich hier möglicherweise einmal abspielen wird, wenn das
Wachstum der einheimischen Bevölkerung weiter zurückgehen sollte und sich gleichzeitig die
Tendenz der demographischen Entwicklung der Zuwanderer (Einwanderer) fortsetzt:
Während ein negatives Bevölkerungswachstum von mindestens 0,2% bei der einheimischen
Bevölkerung zu beobachten ist, liegt eine Vermehrung der zuwandernden Bevölkerungsteile
um bis zu 20% nachweislich vor(122).
Soweit ein positives Gruppenbewußtsein in dem Sinn, daß “unsere Einrichtung nur für uns da
ist”, geschaffen sein wird, wird es auch leichter sein, ein “sozialstaatsfreundliches” Verhalten
bei den Bürgern und den Wählern zu beschreiben und einzufordern. Dabei ist auch hier zu
unterscheiden zwischen einer unmittelbaren Inanspruchnahme der Leistungen des Sozialstaats
durch jemanden, der nie eine direkte Gegenleistung erbracht hat, einerseits und andererseits
einer Teilnahme an Leistungen, für die zu einem früheren Zeitpunkt Gegenleistungen durch
den jetzt Berechtigten erbracht wurden, wie beispielsweise Beitragszahlungen zur
Arbeitslosenversicherung oder zur Rentenversicherung.
Sicher ist es einfacher, dem Bürger klarzumachen, dass wenn noch keine direkten Leistungen
erbracht worden sind, grundsätzlich nur Leistungen beansprucht werden dürfen, wenn es
sozial definitiv unumgänglich ist(123).
Gerade hier gibt es auch noch eine soziale Scham(124), die dazu führt, dass gewisse
Leistungen zumindest von vielen Inländern nicht in Anspruch genommen werden, weil sie
sich der Inanspruchnahme solcher Leistungen wie beispielsweise der Sozialhilfe schämen.
Diese Scham ist aber nicht mehr so ausgeprägt und verbreitet wie früher und bei manchen
Ausländern so gut wie nicht vorhanden.
Es bedarf hier eines Lernprozesses(125) im Rahmen des Sozialstaats, der in den Vordergrund
zu stellen ist:
Die Gemeinschaft hat weniger Sozialaufwendungen, wenn weniger Inanspruchnahmen auf
Leistungen zu verteilen sind.
Noch schwieriger zu erfassen sind dem Sozialstaatsgedanken entspringende Leistungen, die
sich als solche überhaupt nicht mehr in einer Zahlung niederschlagen, wie z. B. die auf dem
Sozialstaatsgedanken beruhende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall des Arbeitnehmers durch
den Arbeitgeber oder Kündigungsschutzvorschriften im Arbeits- oder Mietrecht. Auch hier ist
das „Wir-Gefühl“ des gruppenegoistisch gestalteten Gemeinwesens in einer etwas besseren
Lage, als im heutigen System(126).
Das heutige System ist gerade in diesen Bereichen mehr vom Gegeneinander als vom
Miteinander der Wirtschaftskräfte geprägt. Was dem Gegner an Leistungen weggenommen
wird, wird gruppenintern allgemein akzeptiert(127).
Nach einem entsprechenden Bildungs- und Besinnungsvorgang wird das Verhältnis
Arbeitgeber/Arbeitnehmer anders zu betrachten sein und es wird deutlich ein Miteinander im
Vordergrund stehen, so wie es heute schon bei kleineren Betrieben vielfach die Regel ist.
In solchen Betrieben ist sich der Arbeitnehmer sehr wohl bewußt, dass ein Überspannen des
hier eben nicht vorhandenen krassen Klassengegensatzes die Existenz des Arbeitgebers und
damit die eigene Existenz aufs Spiel setzen würde. Gerade dieser Vorgang aber ist
gleichbedeutend mit dem Wandel vom Gegeneinander zum Miteinander.
Die Tarifautonomie unseres Systems hat ab einem bestimmten Moment zu einer
gegeneinander gerichteten Gruppen- oder Klassenbildung im Sinn früherer Jahrhunderte
geführt, wonach auf der einen Seite “die Arbeitgeber” und auf der anderen Seite “die
Arbeitnehmer” jeweils in Verbänden organisiert sind und sich eher kritisch bis feindselig als
kooperativ gegenüberstehen.
Die Schwierigkeiten bei der Bildung der vielgerühmten und vielzitierten „Bündnisse für
Arbeit“(128) machen deutlich, um was es hier geht:
Es herrscht ein Verteilungskampf, der nicht zuletzt das Ergebnis einer Umverteilung im
breiten Stil ist(129). Damit sind die Gegensätze auch heute noch wie schon im vorletzten
Jahrhundert existenziell, denn wie damals bei Fehlen einer Sozialgesetzgebung den
Arbeitnehmern der Entzug nahezu jeglicher Lebensgrundlage drohte, droht heute bei sozialer
Abfederung dieser Interessen eher den Betrieben der Entzug der Existenzgrundlage zu einer
Zeit, in der eine Konzentrationswelle nach der anderen ebenso wie eine Insolvenzwelle nach
der anderen über das Land rollt(130) und die Steuer- und Abgabenbelastung(131) zum Erhalt
des Sozialsystems die unternehmerischen Existenzen bereits jetzt vielfach im Keim zu
ersticken droht(132).
Im Modell des nationalen Sozialstaats verschwinden solche Gegensätze zusehends,
insbesondere weil die Umverteilung ersetzt wird durch eine das System der Marktwirtschaft
ergänzender Sozialgesetzgebung(133).
Begrifflich kann es diesen Gegensatz schon deshalb nicht mehr geben, weil das Spektrum
möglicher Gegensätze kleiner geworden ist und damit ein sozialschädliches Verhalten des
Einzelnen vielmehr als „Akt gegen alle“ verstanden werden würde, so dass sich der als
„Sozialschädling“ Verschrieene sofort in ausgegrenzter Position wiederfinden würde(134).
Das Prinzip des nationalen Sozialstaats würde im Gruppenegoismus ein
Disziplinierungsinstrument ohnegleichen finden, das allein den meisten Missbräuchen
vorbeugen könnte.
Rahmenbedingungen: Nationaler Sozialstaat im internationalen
Rahmen
Die teilweise sogar zerstörerische Kraft gruppenegoistischen Denkens in inhomogenen
Wirtschaftsgebieten(135) muß nicht zwangsläufig im internationalen Rahmen wirksam
werden. Auch wenn es nicht von der Hand zu weisen ist, daß in der Vergangenheit
gruppenegoistisches Denken, auf einzelne Völker bezogen, die Welt in eine Vielzahl von
Kriegen und Weltkriegen gestürzt hat, läßt sich das Modell vom Kräfteverschleiß in
inhomogenen Gesellschaften nicht auf einen globalen Rahmen übertragen. Hier spielt nämlich
gerade der räumliche und staatliche Abstand eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der
Definition der Richtung gruppenegoistischer Tendenzen. Als einprägsames Beispiel mag hier
die deutsch-türkische Freundschaft stehen, die solange absolut in Takt war, solange ein
Zusammenleben in einzelnen Städten, Stadtteilen oder gar Häusern nicht die Regel war.
Während noch 1914(136) Deutsche und Türken Waffenbrüder waren und gemeinsam,
teilweise sogar unter einem Oberkommando, in den Ersten Weltkrieg zogen, stellt sich heute
das Zusammenleben der Türken in Deutschland als hier stärkster Ausländergruppe mit der
hiesigen Bevölkerungsmehrheit teilweise als höchst problematisch dar(137), während in den
türkischen Medien oft geradezu von einer “Deutschenhetze” gesprochen werden
muß.(138),(139)
Gruppenegoismus in einem Staat muß nicht zwangsläufig gegen den anderen Staat oder
dessen Bevölkerung gerichtet sein. Es ist sogar viel wahrscheinlicher, daß der oben
beschriebene positiv zu bewertende Gruppenegoismus in einer homogenen Gesellschaft ein
“Wir-Gefühl” erzeugt, das in der Regel neben dem im Nachbarstaat in gleicher Weise
organisch gewachsenen “Wir-Gefühl” der dortigen Bevölkerung steht(140). In Ermangelung
ständiger mikroökonomischer Reibereien werden sich die Staaten dabei eher näher kommen,
als entfremdet werden. Der richtig verstandene, positiv zu bewertende Gruppenegoismus wird
letztlich auch einen Schutz vor denjenigen Kräften ermöglichen, die es in der Vergangenheit
wiederholt geschafft haben, Völker aus eigenen individualegoistischen Motiven zum Schaden
aller aufeinander zu hetzen(141).
So ist es auch durchaus konsequent, wenn sich verschiedene Völker und Volksgruppen zu
bestimmten Zwecken, beispielweise aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus,
zusammentun(142). Zu “multiethnischen” bzw. inhomogenen Siedlungsgebieten muß es
dabei nicht zwangsläufig kommen. Allerdings ist nicht zu verkennen, daß neue Probleme
entstehen können, wenn Kooperationen im internationalen Rahmen geschaffen werden. Es
hängt dann von einer gewichteten Bewertung aller Vor- und Nachteile ab, ob die
Zusammenarbeit insgesamt überwiegend positiv zu bewerten ist(143). Die Entwicklungen in
der Europäischen Union sind in weiten Bereichen heute schon Geschichte und es kann fast
zweifelsfrei festgestellt werden, daß zu Anfang die "Gemeinschaft der Sechs”, die sich
ethnisch, sprachlich und kulturell sehr ähnlich waren, allen fast nur Vorteile gebracht
hatte(144), während eine spätere Ausweitung der Gemeinschaft zu immer größeren
Problemen geführt hat und heute eine gewisse Grenze erreicht wurde(145), weitere
Aufnahmekandidaten bringen aufgrund ihrer Wirtschaftslage oder auch im Hinblick auf
kulturelle und politische Differenzen so große Probleme mit sich, daß vielerseits eine
Aufnahme, wenn schon nicht ausgeschlossen, so doch auf die lange Bank geschoben werden
sollte(146).
Nicht nur der Kreis der Partner, sondern auch die Intensität der Beziehungen kann
fortschreitend zu komplexeren Problemen führen. So lange es noch Grenzen in Europa gab
und nur ein zusammenhängender europäischer Wirtschaftsraum geschaffen wurde, waren die
Probleme noch wenig komplex(147). Im Schengen-Abkommen(148) fielen die
Binnengrenzen und schon entstanden administrative Probleme, nicht zuletzt bei der
Strafverfolgung(149). Die einheitliche Währung hat schließlich einen Bevölkerungstransfer
ausgelöst, der mit den Regeln des nationalen Sozialstaats kollidieren könnte(150).
Beispielsweise wurden vor der Währungsunion Arbeitnehmer aus Niedriglohnländern, durch
marktwirtschaftliche Kriterien von dem “Hochlohnland BRD” veranlasst, hier zu
arbeiten(151). Die Familie, die daheim blieb, hatte nicht nur den bisherigen Lebensstandard
einschließlich Wohnung und Unterhalt, sondern einen wesentlich höheren, während der
Ernährer der Familie hierzulande sparsam, aber doch angemessen leben konnte(152). Durch
die Währungsunion fiel das Währungsgefälle weg, so dass der ausländische Arbeitnehmer
höhere Kosten zur Erhaltung seiner Familie im Heimatland aufzubringen hat(153). Der in
Deutschland erwirtschaftete Betrag reicht in der Regel nicht mehr zur “doppelten
Haushaltsführung”, da Lebenshaltungskosten im Heimatland durch die einheitliche Währung
fast ohne jede Schranke angehoben werden. Für ihn fällt somit der Vorteil des
Währungsgefälles weg, so dass er sich gezwungen sieht, auf eine “doppelte
Haushaltsführung” zu verzichten und die Daheimgebliebenen nachkommen lässt(154).
Hierzulande lebt nunmehr die Familie bei einem vergleichsweise niedrigeren Lebensstandard,
da die Vorteile des Währungsgefälles weggefallen sind. Im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit,
bzw. Unterbeschäftigung in der Heimat stellt sich diese Lösung als einzige für diesen
Arbeitnehmer dar.
Die Folge hieraus ist ein verstärkter Wettbewerb am Arbeitsmarkt hier(155), der unbestreitbar
heimischen Arbeitnehmern Arbeitsplätze kostet, während gleichzeitig ein
Einwanderungsdruck in die Ballungsgebiete einsetzt. Da bereits mit dem Kindergeld das
Sozialstaatsprinzip tangiert ist, wird deutlich, dass die Korrektur am Sozialstaatsprinzip
einsetzen muss: Lässt man nämlich eine Einwanderung aus den oben gezeigten Gründen zu,
wächst unweigerlich allein wegen des Nachzugs von Familienmitgliedern die Belastung des
heimischen Sozialstaats, dem keine weiteren Einnahmen gegenüberstehen(156). Hier wird
bewusst das Krankenversicherungsabkommen Deutschland-Türkei(157) ignoriert, weil es
einmal absolut atypisch ist und zum aderen ohnehin nicht von sehr langer Dauer sein kann,
weil es sich nicht mehr finanzieren lässt. Man denke in diesem Zusammenhang nicht nur an
das Kindergeld, sondern außerdem an das Wohngeld(158) an das Arbeitslosengeld(159) im
Fall der Arbeitslosigkeit von nachziehenden Familienmitgliedern, an die Probleme der
Versorgung im Krankheitsfall und nicht zuletzt an die aufgeschobenen aber nicht
aufgehobenen Probleme einer Altersversorgung.
Hier kann die Korrektur aufgrund völkerrechtlich(160) wirksamer Verträge, wenn überhaupt,
nur über den nationalen Sozialstaat erfolgen: Man darf sich nicht der Hoffnung hingeben, das
Problem sei in der Weise zu lösen, dass Arbeitnehmer von außerhalb des Wirtschaftsgebiets
nichts in die Sozialversicherung einbezahlen, damit sie auch keine Leistung fordern können.
Dies wiederum würde nämlich nur zu einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ausländischer
Arbeitnehmer führen. Der Sozialstaat hat hier die Aufgabe der Korrektur dessen, was das
marktwirtschaftliche System nicht zu leisten vermag(161). Während einerseits nämlich der
Sozialstaat Leute unter seine Fittiche nahm, die niemals hier eine Einzahlung erbracht haben,
nur weil sie dem gleichen Volk angehörten, wie im Fall der Rentenversicherung für die neuen
Bundesländer(162), muss hier das Sozialstaatsprinzip im Fall ausländischer Arbeitnehmer
zurücktreten. Dies mag beispielsweise im vorher erwähnten Fall dadurch geschehen, dass das
Niveau des Sozialstaats für den betreffenden „Zuwanderer“ nach dem Niveau seines
Heimatlandes gestaltet wird. In der Praxis könnte das so aussehen, dass der Heimatstaat die in
seinem Bereich üblichen Sozialleistungen seinem Bürger erbringt und dafür
Ausgleichszahlungen des hiesigen Sozialstaats erhält, während gleichzeitig Abgaben nach
dem Niveau des Aufnahmestaats zu entrichten sind(163). Ein eventuell überschießender Teil
müsste als “Arbeitsplatzabgabe” verstanden werden und würde sicher generell Ausgleich für
eine Mehrbelastung durch verstärkten Zuzug aufgrund eines regionalen wirtschaftlichen
Gefälles akzeptiert. Auf diese Weise vollzieht sich eine Neutralisierung des
Sozialstaatsgefälles auf Niveau des Entsendestaates bei gleichzeitiger Anpassung der
Sozialkostenstruktur auf Niveau des Aufnahmestaats. Im Ergebnis entspricht diese
Neutralisation marktwirtschaftlichen Prinzipien, denn zum einen bleibt es für den hiesigen
Arbeitsmarkt ohne Auswirkungen auf das Lohnniveau, weil Löhne plus Lohnnebenkosten
durch die Arbeitsplatzabgabe gleichbleiben, unabhängig davon, ob Arbeitnehmer beschäftigt
werden, die verschiedenen Sozialsystemen angehören;(164) andererseits bewirkt das gleiche
Sozialniveau im Heimatland des Zuwanderers, dass Überlegungen, am hiesigen
Sozialstaatsprinzip zu partizipieren, als Motive für eine Einwanderung wegfallen(165).
Daraus folgt, dass rein marktwirtschaftliche Überlegungen für eine Zuwanderung den
Ausschlag geben und nicht mehr wie bisher, ein marktwirtschaftliches Sozialstaatsprinzip als
Grundlage für Überlegungen von Einwanderern entscheidend wird. Mit anderen Worten: das
marktwirtschaftliche System wird von marktwirtschaftsfremden, dem Sozialstaatsprinzip
zuordenbaren Regeln entlastet, was gleichzeitig eine nachhaltige Entlastung des nationalen
Sozialstaats bedeutet. Insbesondere wird die Entlastung schon deshalb spürbar, weil reine,
außerhalb der Arbeitsnebenkosten anfallende Sozialkosten, wie z. B. Kindergeld, Wohngeld,
Sozialhilfe und Kosten des Gesundheitswesens dem nationalen Sozialstaat nicht mehr in
vollem Umfang zur Last fallen.
Die Befürworter internationalistischer Tendenzen (166) haben dies schon lange erkannt, bevor
überhaupt Beschränkungen des Sozialstaats in der öffentlichen Diskussion erörtert wurden. Es
dürfte nicht zuletzt eine Konsequenz der Erkenntnis sein, dass der Sozialstaat nur als
nationaler Sozialstaat überleben kann, wenn heutzutage gefordert wird, Einwanderern
möglichst großzügig die deutsche Staatsangehörigkeit zu gewähren(167). Ein solches
Verfahren würde nämlich im weiten Umfang das Prinzip des nationalen Sozialstaats
unterlaufen, weil dann nämlich jeder Einwanderer Deutscher werden könnte und damit in den
Genuss der vielfach weitergehenden Leistungen des hiesigen Sozialstaats kommen würde.
Auch politisch sind derartige Überlegungen bereits wirksam berücksichtigt worden. So
erstaunt es nicht und versteht sich geradezu von selbst, dass politische Parteien, die besonders
in aggressiver Weise eine doppelte Staatsbürgerschaft fordern, von “Neubürgern” gewählt
wurden und auch weiterhin von Leuten gewählt werden, die auf diese Weise in den Genuss
der Vorteile des hiesigen Sozialstaats gelangen, indem sie hier Staatsbürger werden(168).
Nachdem festgestellt wurde, dass manche Merkmale des nationalen Sozialstaats besonders
im Inland kontrovers diskutiert und behandelt werden, wenden wir uns nunmehr der Frage zu,
welche Auswirkungen ein nationaler Sozialstaat im internationalen Rahmen hätte. Vom
innenpolitischen Gegner wird nämlich in diesem Zusammenhang immer sofort auf eine
außenpolitische Isolation der BRD für den Fall einer Beschränkung des Sozialstaats in dieser
Weise verwiesen(169).
Außenpolitisch wirkt sich der nationale Sozialstaat zunächst in der Weise aus, dass der
Einwanderungsdruck auf die BRD wegfällt. Den meisten europäischen Staaten ist dies mehr
oder weniger gleich und wird sogar überwiegend befürwortet werden, da eine Tendenz zu
Auswanderung generell beeinträchtigt, wenn nicht gar jeden Staat in seiner Existenzgrundlage
trifft(170). Nicht zu übersehen ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass ein
Einwanderungsdruck im Inland unter Umständen den “Entsendestaat” in zweifacher Hinsicht
entlastet. Zum einen erfährt er eine Korrektur seiner Arbeitslosenzahlen, wenn seine Bürger
Arbeit oder aequivalente sozialstaatliche Versorgung irgendwo im Ausland finden. Zum
anderen wird aber auch das Sozialbudget entlastet, wenn Bürger dieses Staates von einem
anderen Staat Sozialhilfeleistungen empfangen(171). Ohne jetzt auf einem bestimmten Staat
abzustellen, könnte der nationale Sozialstaat bewirken, dass Staaten, die dadurch einer
sozialpolitischen und finanzpolitischen Entlastung verlustig gehen, einen gewissen Groll
gegen den nationalen Sozialstaat hierzulande entwickeln. Dem lässt sich jedoch entgegnen,
dass die oben als “Arbeitsplatzabgabe” bezeichnete Differenz zwischen Sozialleistungen und
Aufkommen für Sozialleistungen diesem Staat zu Gute kommen könnte. In der europäischen
Union können besondere Belastungen, beispielsweise diejenigen, die durch Einführung des
nationalen Sozialstaats entstehen, im Rahmen einer Umlage eben dem Staat zugeführt
werden, für den die Auswirkungen der Einführung des nationalen Sozialstaats greifbar
werden(172). Sogar in der Überkompensation könnten diesen Staaten Anreize gegeben
werden, eigene Arbeitsplätze zu schaffen und das Sozialstaatsniveau dem hiesigen
Sozialstaatsniveau in der Weise anzupassen, dass ein Transfer überhaupt nicht mehr nötig
wird. Staaten, die auch trotz derartiger Kompensationsleistungen gegen die BRD agieren
würden, würden sich dem konkreten Vorwurf aussetzen, sie genießen sowohl den
Bevölkerungstransfer zur BRD als auch das Partizipieren eigener Bürger am Sozialstaat der
BRD und wären auf diese Weise als "völkerrechtliche Sozialschmarotzer"(173) entlarvt. Kein
verantwortungsbewusster Staat wird nämlich seine Landeskinder ohne hintergründige Motive
ins Ausland zur Arbeit schicken, wenn sogar Kompensationen zur Rückführung bzw. zum
Daheimbleiben gewährt werden. Ein solcher Staat könnte, wenn er nicht ganz als
"völkerrechtlicher Sozialschmarotzer" abzuqualifizieren wäre, nur als eine Form von
"Neoimperialismus" bezeichnet werden, denn ein überdimensionaler Zustrom solcher Bürger
bringt den Aufnahmestaat in Gefahr einer besonderen Form der "Kolonisation durch
Zuwanderung"(174). Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass diese Leute durch Aufnahme
in der BRD auch Einfluss auf die Politik der BRD zugunsten ihres Entsendelandes erlangen
könnten und dadurch ein Kalkül erfüllen, das die politischen Verhältnisse der BRD in den
Manipulationsbereich der Führung des Entsendestaates bringt(175). Das wäre zweifellos dann
der Fall, wenn die Bürger des Entsendestaates durch Aufnahme hier über das Wahlrecht
politischen Einfluss gewinnen könnten und damit politische Entscheidungen im Inland
abhängig machen würden von Entscheidungen der ausländischen Staatsmacht. Gerade hierin
liegt auch das besondere Problem der Einwanderung in die BRD: Je stärker der Einfluss durch
das Verhältnis von Wählerstimmen entsprechend dem Anteil an der Bevölkerung gewinnt, um
so bedeutsamer wird die Rücksichtnahme auf den Entsendenden und seine hier lebenden
Bürger. In jüngerer Zeit wurde das ungeschminkt der hiesigen Öffentlichkeit vor Augen
geführt im Zusammenhang mit der Festnahme des Kurdenführers Öcalan. Aus Angst vor einer
Auseinandersetzung mit türkischen Einwanderern hat die BRD regelrecht eine “heilige Kuh”
geschlachtet, indem das grundrechtlich gesicherte Asylrecht dem asylsuchenden Kurdenführer
Öcalan(176) verwehrt wurde. Die Bedeutung dieses teilweise politischen Zwischenfalls
erhielt als “Sahnehäubchen” noch eine Beschränkung der Pressefreiheit im Rahmen der
nachfolgenden Kurdendemonstrationen: Um sowohl der israelischen Regierung, deren
Konsulat in Berlin von Kurden besetzt wurde, wobei es in der anschließenden
Auseinandersetzung zu Todesfällen kam, als auch der türkischen Regierung, die mutmaßlich
mit Hilfe des israelischen Geheimdienstes den flüchtigen Öcalan, dem hier Asyl verweigert
wurde, ergreifen konnte, gerecht zu werden, entschied man sich zu einer
Nachrichtensperre(177) um beeinträchtigende Arbeiten der Presse bei Recherchen zu den
Todesschüssen in der israelischen Botschaft zu vermeiden.
Wenn also bereits einfache Fahndungsmaßnahmen eines auswärtigen Staates im
Zusammenhang mit einem “Zuwanderungsdruck” maßgeblich zu einer Beeinträchtigung der
deutschen Innenpolitik werden können, wird es deutlich, dass staatliche Lenkungsmaßnahmen
aus dem Ausland in Bezug auf hier lebende Bürger in ganz erheblichen Umfang das staatliche
Leben hier vollständig verändern können. Umso unverständlicher ist es, wenn sich der
Sozialstaat hier geradezu in die entgegengesetzte Richtung entwickelt:
Hier lebende und arbeitende Ausländer werden oftmals bessergestellt als Einheimische in der
gleichen Situation. So sind beispielsweise in der Türkei lebende Angehörige von hier
arbeitenden Türken bei der deutschen gesetzlichen Krankenkasse sozialversichert(178)
Vielfach nimmt die hiesige Sozialversicherung auch Rücksicht auf Sitten und Gebräuche von
Ausländern, die oftmals bestimmte Speise- und Reinigungsvorschriften haben und darüber
hinaus in Mehrfachehen leben dürfen. Fast ausnahmslos stellt sich die hiesige gesetzliche
Kranken- und Rentenversicherung für hier einwandernde Ausländer besser dar, als in ihren
Heimatländern(179). Diese Umstände entfalten geradezu eine „Sogwirkung“, die weitere
Einwanderungswellen oder, wie es von amtlicher Seite euphemistisch heißt „den Zuzug“ bzw.
die „Zuwanderung von Neubürgern“ begünstigt. In diesem Zusammenhang sei auch darauf
hingewiesen, dass ausländische Kulturen einen völlig andern Umgang mit Emotionen wie
Aggressivität und Gewalt pflegen können. Gerade die in Deutschland am zahlreichsten
vertretene Ausländergruppe wird durch eine sie kennzeichnende aggressive Geschichte und
eine beispielhaft aggressive Religion geradezu prädestiniert, eine nur noch Schwäche und
Nachgeben repräsentierende Bundesrepublik irgendwann letztlich zu „übernehmen“(180).
Allgemeine Beispiele für eine Verrohung gibt zweifellos die Reihe der endlosen Balkankrisen.
Dabei soll keineswegs verkannt werden, dass mit einer Stärkung des Islams und der
türkischen Einwanderer auch durchaus positive Entwicklungen verbunden sein können.
Vergegenwärtigen wir uns in diesem Zusammenhang, dass der Balkan über Jahrhunderte lang
osmanisch, d. h. türkischer Einflussbereich und türkisches Staatsgebiet war(181). Die dort im
Vergleich zum damaligen Europa noch herrschenden rauheren Sitten, haben zweifellos dazu
beigetragen, dass die Völker des Balkan entsprechend dem Erlebten eine gnadenlose hassund gewalterfüllte Alltagspraxis erlernten. Die gleiche Gewalt, die ihnen seitens der neuen
Herren entgegengebracht wurde, vergalten sie diesen auf blutigste Weise(182). So ist es auch
wenig erstaunlich, dass gerade ein Balkanfürst, Vlad Tepesch(183), genannt Dracula, oder der
“Pfähler”, in einem regelrechten “Auge - um - Auge - Zahn - um - Zahn - Denken” dem
Gegner oftmals ein grausiges Ende bereiten konnte. Aber nicht nur die “Legende Vlad
Tepesch - alias Dracula” -, sondern die allgemeinen Erfahrungen der Auseinandersetzungen
auf dem Balkan auch im 20. Jahrhundert -, lehren uns, dass Gewalt immer wieder Gewalt
erzeugt(184). Die Qualen und Demütigungen, die Serben bosnischen und albanischen
Mitbürgern bereiteten, schlugen gnadenlos zurück, als letztere schließlich mit Hilfe der NATO
und teilweise auch der UNO ihre Rechte wiederherstellten(185) und es ist nicht abzusehen,
wie weit diese Spirale der Gewalt in diesem Teil Europas noch gehen und vielleicht ganz
Europa irgendwann einmal in einen “Strudel der Gewalt” ziehen könnte(186).
Feindbilder: Nationaler Sozialstaat gegen Einbürgerung und doppelte
Staatsangehörigkeit
Wie oben ausgeführt, vermag eine großzügige Einbürgerungspraxis jegliche Vorteile einer
Beschränkung des Sozialstaats auf die Nation zu unterlaufen. Es ist daher selbstverständlich,
dass Überlegungen zu einem nationalen Sozialstaat nur unter der Voraussetzung sinnvoll
erscheinen, eine Einbürgerungspraxis nicht so auszugestalten, dass sie sämtliche
Überlegungen in dieser Richtung auszuhebeln vermag.
Mit zweifelhaften Argumenten wurde insbesondere von linker Seite (internationalistischer
Seite: SPD, PDS heute: „Die Linke“ und Grüne) versucht, das Staatsbürgerschaftsrecht der
Bundesrepublik Deutschland so aufzuweichen, dass von einem eigentlichen Staatsvolk
überhaupt keine Rede mehr sein kann(187). Insbesondere im Kompromiss mit rechten
Parteien (kapitalistischen Parteien: FDP und großen Teilen der CDU) wurde ein Kompromiss
gefunden, der das gesamte Staatsbürgerschaftsrecht ad absurdum zu führen vermag(188):
Kinder ausländischer Mitbürger, die in der BRD geboren wurden, sollen ein Wahlrecht bis
zum 23. Lebensjahr erhalten, ob sie die ihnen großzügig gewährte deutsche
Staatsangehörigkeit weiter behalten und ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft abgeben
wollen, oder ob sie sich für ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit entscheiden(189). Dieses
Recht ist geeignet, einen nationalen Sozialstaat im Keim zu ersticken, weil auf diese Weise
eine Unterscheidung nach den vorgenannten Prinzipien ohnehin obsolet werden würde.
Andererseits ist gerade die Zeit des Wahlrechts für viele dieser hiervon betroffenen die Zeit
der Fruchtbarkeit. Meistens werden weibliche Personen aus den “Zuwanderungsgebieten” bis
zum 23. Lebensjahr schon mehrfach schwanger(190). Die auf diese Weise hier zur Welt
gekommenen Kinder wären automatisch Staatsbürger der BRD ohne jede Einschränkung, d.
h. eine spätere Option der Eltern für die Staatsbürgerschaft der BRD würde für diese Kinder
ohne jede Auswirkung bleiben, denn sie wären ja Abkömmlinge von “jedenfalls zu diesem
Zeitpunkt ihrer Geburt” Deutschen. Damit aber würden zwangsläufig die Eltern dieser
„Deutschen“ auch dann in den Genuss des hiesigen Sozialstaats gelangen, wenn sie später für
ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft optieren würden.
Insbesondere aber für diejenigen, die aus der nahen Vergangenheit Schlüsse für eine
Verpflichtung des gesamten deutschen Volkes ziehen, wäre die doppelte Staatsbürgerschaft
der Dreh- und Angelpunkt aller weiteren Überlegungen: Wäre jemand, der sich für die
Staatsbürgerschaft der BRD entscheidet, für solche Ansprüche, die ihre Grundlage in der Zeit
vor 1945 finden, automatisch mitverpflichtet, oder könnten sich diese Neubürger als
"lastenfreie" Deutsche bezeichnen? Würde nicht damit das gesamte System einer
Kollektivhaftung der Deutschen aufgehoben werden, dann nämlich, wenn auch Deutsche, die
nach 1945 geboren wurden, das gleiche Recht einer lastenfreien Existenz für die Zukunft in
Anspruch nehmen würden(191). Derartige Überlegungen sollten insbesondere in der
Argumentation mit den Verfechtern der doppelten Staatsangehörigkeit in die Diskussion
eingeführt werden. Es versteht sich von selbst, dass eine derartige Diskussion um
Einbürgerung und doppelte Staatsbürgerschaft im Verhältnis zum nationalen Sozialstaat
höchst emotionsgeladen ist und, da sie die Grundfeststellungen für das heutige System
nachhaltig tangiert, unversöhnlich geführt werden wird(192).
So gesehen wird es für die Verfechter eines Multi - Kulti - Komplexes dazu führen, dass die
Frage des nationalen Sozialstaats zum “Feindbild Nummer eins” hochstilisiert werden wird.
Da andererseits gerade die existentielle Not des Sozialstaats sich nur bei einer Beschränkung
desselben lösen lässt, könnte diese Notwendigkeit den politischen Sprengstoff bieten, um in
einer ersten wirklichen Revolution in diesem Lande zu münden:
Entweder kommt es nicht zu einer Beschränkung des Sozialstaats, so dass das soziale Netz
irgendwann seine Flexibilität verliert und endgültig reißt, was gleichbedeutend wäre mit einer
reinen Sozialrevolution, oder es kommt zu einer Beschränkung im vorbeschriebenen Sinn
gegen den Willen der Apologeten dieses Systems, die sich mit Täuschungshandlungen(193)
zu seinem Determinanten aufgeschwungen haben, was ebenfalls gleichbedeutend wäre mit
einer sozialen Revolution, die dann allerdings wegen der Art der Beschränkung des
Sozialstaats nationale Züge tragen würde.
Kapitalismus oder Kommunismus- Historisch der richtige Weg
dazwischen
Bereits eingangs wurde versucht, das Spannungsverhältnis zwischen dem Kapitalismus als
Wirtschaftsordnung einerseits und dem Kommunismus andererseits darzulegen. Die dort
gefundene Lösung eines vermittelnden Ansatzes soll nun zunächst historisch und dann
ökonomisch-soziologisch unter die Lupe genommen werden.
In einer Zeit, zu der noch keinerlei Erfahrung mit dem Kommunismus und nur sehr wenig
Erfahrung mit dem Kapitalismus vorhanden war, standen sich beide Systeme bereits in
militärischen Auseinandersetzungen verwickelt, gegenüber: Auf der einen Seite die neu
geschaffene Sowjetunion, auf der anderen Seite die “Interventionistenmächte”, die in
großangelegten militärischen Aktionen sowohl von Norden (Murmansk-Expeditionskorps) als
auch von Süden (Schwarzmeer-Expeditionskorps) versuchten, den Bundesgenossen aus
Weltkriegszeiten zurück ins richtige, das heißt zu dieser Zeit: ins "kapitalistische Lager" zu
führen.
Der Versuch scheiterte kläglich und an Stelle des Zarenreiches etablierte sich ein
einigermaßen “reines” kommunistisches System. Dies hinderte jedoch die kapitalistischen
Staaten nicht, in Zeiten der nächsten weltweiten Auseinandersetzung mit diesem, vom System
her verhassten Kommunismus, ein Bündnis einzugehen, um ihm zunächst das Leben und
dann sich selbst das eigene Überleben zu sichern. Feind beider Systeme zu dieser Zeit war ein
System, das ökonomisch grundsätzlich zwischen beiden Systemen einzuordnen war. Der
deutsche Nationalsozialismus dieser Zeit war größtenteils planwirtschaftlich organisiert,
wobei das private Eigentum (auch) an Produktionsmitteln die Regel war. Entsprechend dem
systemeigenen Ansatz eigenverantwortlicher Führung war das Gesellschaftesrecht bis hin zur
Aktiengesellschaft (Aktiengesetz 1937) in der Weise organisiert, dass eine Spitze die Führung
bei voller Eigenverantwortung zu übernehmen hatte.
Planwirtschaftliche Komponenten waren insbesondere zu dieser Zeit notwendig, da
außenwirtschaftlich eine sehr hohe Abhängigkeit bestand und ohne diese planwirtschaftlichen
Maßnahmen ein eigenstaatliches Überleben in Frage gestellt war. Trotz dieser anfänglichen
planwirtschaftlichen Struktur legte das System großen Wert auf marktwirtschaftliche
Regeln,(194) die von der planwirtschaftlichen Grundstruktur vor allem im Bereich der
Devisenbewirtschaftung überlagert wurden. Man kann daher heute mit Fug und Recht sagen,
das System war von der Wirtschaftsverfassung her eher kapitalistisch als kommunistisch
ausgerichtet. Die Wohlfahrtskomponente des Systems, verstanden als das, was heute mit
Sozialstaatsstruktur umschrieben wird, war demgegenüber im höchsten Maße nach
sozialistischen, teilweise sogar nach kommunistischen Regeln gestaltet. Auch wenn heutige
linke Parteien dies nicht mehr wahrhaben wollen, war diese Zeit die erste Periode in der
deutschen Geschichte, die weitgehend sozialistische Maßstäbe beim Aufbau des Sozialstaats
anlegte. Besonders erwähnt werden soll hierbei die Vermeidung von Verteilungskämpfen, die
als Aufgabe zum Wohle des nationalen Ganzen der “deutschen Arbeitsfront”, in der
Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichberechtigt zusammenwirkten, übertragen wurde.
All denen, die heute den “Weltfeind Nummer eins” in jeder Art von "Rechtstendenz" sehen,
möge in diesem Zusammenhang vor Augen geführt werden, dass sowohl der damalige
Kommunismus als auch der Kapitalismus Hand in Hand zusammenarbeiteten, um das
Hochkommen eines dritten Systems im Keim zu ersticken.
Nach dem Ende des Krieges verschrieb sich vom Prinzip her der westliche Teil des
ehemaligen deutschen Reichs entsprechend den Besatzungsordnungen dem Kapitalismus,
während der östliche kommunistisch wurde. Dabei muss unbedingt erwähnt werden, dass von
Anfang an in der “Bi-Zone” und später in der gesamten Bundesrepublik der Kapitalismus
allein schon als Ergebnis des verlorenen Krieges und der damit verbundenen Not der
Bevölkerung niemals in seiner in Amerika und in England praktizierten Form ausgestaltet
werden konnte. Von Anfang an lagen dem entstehenden neuen System “BRD” auch
sozialistische Tendenzen zugrunde(195). Man entschied sich letztlich für eine später als sehr
erfolgreich empfundenen Mischform, nämlich die soziale Marktwirtschaft. Die
Wirtschaftsordnung basierte auf dem Prinzip der Marktwirtschaft, während die erforderliche
Korrektur sozialistische Züge aufwies. In der sozialen Marktwirtschaft versuchte man zwar
einen Neubeginn, setzte aber in Wirklichkeit nur das fort, was die Not aus Krieg und
Nachkriegszeit verlangte: Eine Wirtschaftsordnung, in der die grundsätzliche Preisgestaltung
den Kräften des Marktes übertragen war, während man durch begleitende, einrahmende und
ausgestaltende Gesetze den einzelnen letztlich vor den Kräften des Marktes für den Fall in
Schutz nahm, dass er nicht entsprechend den Marktkräften sein Leben gestalten konnte(196).
Das einzelne Wirtschaftssubjekt konnte nach dieser Wirtschaftsordnung selbst dann nicht als
Subjekt untergehen, wenn es nach wirtschaftlichen Maßstäben bereits versagt hatte.
Vergleichbar einem Hochseilakrobaten, der seinen Auftritt mit einem Sturz als Abgang
beendet, fiel der wirtschaftliche “Versager” in das soziale Netz, das erheblich den Absturz
“abfederte” und dämpfte und damit letztlich wirkliche Not ausschloss und einen
wirtschaftlichen Neubeginn als Möglichkeit offen ließ(197).
Zu einer Zeit, in der ein Einwanderungsdruck für das System schon deshalb nicht bestehen
konnte, weil die Menschen hierzulande in Ruinen lebten, erwies sich diese “vermittelnde”
Wirtschaftsordnung als geradezu ideal. Ein Wirtschaftswunder bisher nicht gekannten
Ausmaßes vergoldete der leidgeprüften Kriegsgeneration nicht nur den Lebensalltag sondern
auch noch den Lebensabend. Als sich schließlich das bereits erwähnte Wirtschaftswunder
entfaltete, zeigte sich für das neue System erstmals eine internationale Ausstrahlung. Es
mangelte einer Fortsetzung des Aufschwungs an inländischen Arbeitskräften, woraufhin im
internationalen Rahmen Marktkräfte für einen geregelten Zufluss an menschlicher
Arbeitskraft sorgten. In den 60er Jahren kam es bereits zu gewaltigen Zuzugswellen,
insbesondere aus Italien, das zu dieser Zeit bereits unter einer national-strukturellen
Arbeitslosigkeit insbesondere im Süden des Landes litt. An warnenden Stimmen hat es auch
zu dieser Zeit nicht gefehlt, aber insbesondere, weil diese „Gastarbeiter“ dem christlichabendländlichen Bereich entstammten, war ihre Aufnahme relativ unproblematisch.
Die Einwanderung heutiger Zeit geht weit über den damaligen Rahmen hinaus und ist auch
nicht mehr mit einer strukturellen überhitzten Konjunktur hierzulande zu erklären: Bei
gleichzeitiger hoher Arbeitslosigkeit erleben wir derzeit einen weiteren permanenten, meist
sozioökonomisch motivierten Einwanderungsdruck.
Es ist in diesem Zusammenhang nicht nur erforderlich, die Unterschiede der ersten
Zuwanderungswelle von Arbeitnehmern mit dem nunmehrigen Einwanderungsdruck zu
vergleichen, sondern auch notwendig, die Grundvoraussetzungen von heute denen von damals
gegenüberzustellen.
Nach dem Kriege lag das Land größtenteils zerstört und wirtschaftlich am Boden. Die
Menschen vor Ort führten einen regelrechten Überlebenskampf, indem sie Unterstützung bei
der Arbeit in erste Linie bei den Kriegsheimkehrern fanden. Darüber hinaus galt es, trotz der
wirtschaftlichen Not, Vertriebene, insbesondere aus den Ostgebieten einschließlich Böhmens
und Mährens zu integrieren. Die Integration erfolgte nicht in erster Linie - wie heute - über
die Sozialhilfe eines satten Landes, sondern über die Form der Beteiligung am
Wiederaufbau(198).
Marktwirtschaftlichen Überlegungen entsprechend, kamen gerade in der Anfangsphase gar
keine Ausländer, denn die vorhandene Arbeit konnte von den Verbliebenen und von den
Kriegsheimkehrern selbst erledigt werden. Das damals ausgebildete Sozialwesen der jungen
Bundesrepublik war insofern wirklich “sozial” gestaltet, als man durch die Leistungen der
arbeitenden Bevölkerungsteile die Alten, Kranken und Schwerkriegsversehrten ebenso
integrieren musste wie die wohnungssuchenden Vertriebenen, die hier, jeder für sich, eine
Bleibe zu suchen hatten.
Das System war von solcher Effizienz, dass es im Ausland vielfach nachgebildet wurde.
Insbesondere wird in diesem Zusammenhang auf die Rückführung der Algerien-Franzosen
(“Pieds Noirs”) ins französische Mutterland in den sechziger Jahren verwiesen(199). Die
junge Bundesrepublik hatte auch keinerlei Probleme bei der Eingliederung außen gebliebener
Landesteile, wie die Eingliederung des Saarlandes 1957 beweist(200). Gewiss ist das
Saarland, verglichen mit der Masse der neuen Bundesländer, ein kleiner Schritt; dem
gegenüber ist aber von besonderer Bedeutung, welche Probleme die Rückgliederung, bzw. der
Anschluss der neuen Bundesländer für die BRD bedeutete(201).
Gab es in den neuen Bundesländern vor der “Wende” weniger als ein Prozent Ausländer, so
strömten in die neuen Bundesländer von Anfang an Massen an Menschen, die vorher weder
Bürger der BRD noch der DDR waren: Von Süden und Osten erlebte die ehemalige DDR
einen enormen Zustrom insbesondere von Heimatlosen und Asylsuchenden, während von
Westen auch Menschen kamen, die glaubten, im Rahmen eines neuen Wirtschaftswunders
eine schnelle Mark machen zu können. Das Kapitel “Vereinigungskriminalität” ist noch lange
nicht abgeschlossen und wird ergänzt durch ein Kapitel “Organisierte Kriminalität”, die ihre
Wurzeln in Osteuropa hat. Anstelle eines neuen Wirtschaftswunders kam es zu einer
„wunderbaren Wirtschaft“, die im wesentlichen auf kapitalistischen Grundlagen basierte und
Marktstrukturen vorgab, die nicht nur marktgerechten Teilnehmern den Aufbau einer neuen
Existenz bot. Gerade in den neuen Bundesländern siedelte sich eine neue Form organisierter
Kriminalität an, die einerseits ihren Ursprung im ehemals autoritär-kommunistisch geführten
Bereich hat, andererseits aber die Kooperation mit kapitalistischer organisierter Kriminalität
und dem dort vorherrschenden Wirtschaftsbedingungen bereits kannte. Die
Wiedervereinigung war nicht nur ein Anlass nationaler Freude, sondern insbesondere ein
unglaublicher Aufschwung für das international organisierte Verbrechen, das besonders in
dem zeitweise rechtsfreien Raum geradezu ideale Lebensbedingungen fand(202). Gleichzeitig
sah sich das Land einem enorm gewachsenen und teilweise ungehinderten Zulaufsdruck von
Asylbewerbern ausgesetzt, die ihrerseits schon durch die Methode des Eindringens der
internationalen Kriminalität verschrieben waren(203).
Die Zeit nach 1989 ist für die Bundesrepublik gekennzeichnet durch überproportional
steigende Ausländerquoten, überdimensional ansteigende Kriminalität und gleichzeitig durch
sinkende soziale Leistungsfähigkeit des Systems bei ständig steigender Tendenz der
Ausnutzung derselben.
Aus dem vorher gesagten ergibt sich, dass insbesondere die Anfangszeit der jungen
Bundesrepublik Maßstab sein muss für eine gesunde Volkswirtschaft, die einerseits
marktwirtschaftlichen Grundsätzen verpflichtet ist, andererseits aber auch die sozialen
Komponenten bietet, um Unverträglichkeiten zwischen der Marktwirtschaft und dem oben
dargelegten Menschenbild zu vermeiden. Mit anderen Worten, die Wirtschafts- und
Verfassungsstruktur der jungen Bundesrepublik, die allgemein als „soziale Marktwirtschaft“
bezeichnet wird, muss auf ihre Brauchbarkeit für die Zukunft untersucht werden, um
gegebenenfalls dann solche Strukturen mit denen des zu schaffenden nationalen Sozialstaats
zu vergleichen.
Sozialismus im Kapitalismus - Das Hohe Lied der sozialen
Marktwirtschaft
Die soziale Marktwirtschaft der BRD hat von Anfang an eine Wirtschaftsentwicklung(204)
mit marktwirtschaftlichen Grundzügen ermöglicht, ohne soziale Belange der Bürger auf der
Strecke zu lassen. Insbesondere war neben der marktwirtschaftlich orientierten
Grundverfassung anfangs jedes einzelne Wirtschaftssubjekt im Grunde gesichert. Eine solche
Wirtschaftsverfassung stellte in der damaligen Welt etwas Einmaliges dar, verzichtet man auf
die - als politisch unerwünscht geltenden - Vorbilder in Deutschland in den 30er und frühen
40er Jahren.(205)
Betrachten wir zunächst das Sozialsystem der alten Bundesrepublik, um es als
“Sozialstaatskomponente” dem nationalen Sozialstaat gegenüber zu stellen:
Sämtliche Sozialleistungen des Systems flossen Mitbürgern zu, die grundsätzlich als
gleichwertig im Sinn von „gleichartig“ betrachtet wurden und auch zur Zeit ihrer
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit am gleichen System mitgearbeitet hatten. Das Wir-Gefühl
dieser Zeit gipfelte in dem Gedanken, auch diejenigen zu versorgen, denen eine Versorgung
aus systemimmanenten Mitteln des Wiederaufbaus nicht zufließen konnte, weil sie dem
System - aus welchen Gründen auch immer(206) - nicht in letzter Konsequenz folgen
konnten. Es war die Zeit, in der regelrecht sozialistische Elemente Eingang in die
Gesetzgebung fanden. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist die Mitbestimmung im
Montanbereich von 1952. Dort wurden Arbeitnehmer gleichberechtigt den Arbeitgebern
gegenüber gestellt, was zu dieser Zeit für ein marktwirtschaftlich orientiertes Land wirklich
einmalig war. Gleichzeitig wurde eine besondere Form des Eigentums geschaffen, die das
Zusammenleben auf engstem Raum - vergleichbar einer heute verpönten Legebatterie -
ermöglichte: Das Wohnungseigentumsgesetz(207) aus der gleichen Zeit schaffte die
Möglichkeit, den Luftraum über einem abgesteckten Grundstück als Eigentum verschiedenen
Parteien zuzuweisen. Das Zusammenrücken des vormals Hundertmillionenvolkes auf einem
Bruchteil seines Staatsgebiets erforderte eine dem Kriegssozialismus vergleichbare
Beschränkung der eigenen Interessen zum Wohle der Allgemeinheit. Sie wurde zu dieser Zeit
von allen mitgetragen, weil es alle wieder irgendwie gleichermaßen betraf. Die Geburtsstunde
des nationalen Sozialstaats im Sinn eines die Fehler der freien Marktwirtschaft mit sozialen,
ja sogar mit sozialistischen Mitteln korregierenden Systems, liegt also gerade dort, wo die
soziale Marktwirtschaft in die Realität umgesetzt wurde(208).
Das Wirtschaftswunder baute von Anfang an auf dem Prinzip des richtigen Haushaltens auf:
Sparsamkeit ist nicht nur eine Zier, sondern eine wesentliche Verpflichtung des nationalen
Sozialstaats. Da das Sozialstaatsprinzip nicht marktwirtschaftlichen Regeln unterliegen kann,
sondern gerade zu dem Zweck da ist, Unzuträglichkeiten der marktwirtschaftlichen
Prinzipien zu korrigieren, kann es nicht im kaufmännischen Sinn ein bloßes Gegenüberstellen
von Einnahmen und Ausgaben geben, so dass eine Budgetrechnung stets nur den Sinn haben
kann, Mittel für die Ausgabenseite zu beschaffen, denn eine Gewinnerzielung ist hier weder
gefordert noch möglich. Daraus folgt, dass gerade im Hinblick auf die mit der
Mittelverwendung verbundene Belastung diese möglichst gering gehalten werden muss(209).
Sparsamkeit ist also einer der tragenden Grundsätze des Sozialstaatsprinzips. Dies wird um so
deutlicher, wenn man bedenkt, dass Ausfälle immer das Gemeinwesen als Ganzes treffen.
Sparen in internationalem Rahmen - Keine unnötige Abflüsse nach
außen.
In allen internationalen Abkommen und Zusammenschlüssen trägt die Bundesrepublik soviel
mehr an Ausgaben als andere Mitglieder(210), dass die Opposition der jeweiligen
Regierungspartei vorwarf, Steuermittel zu vergeuden und gleichzeitig gefordert wurde, dass
bei nächsten “Gipfelverhandlungen” auf eine Verringerung der Beitragsleistungen gedrungen
werden müsse(211). Und jedes Mal versäumt es die jeweilige Regierung, diesen notwendigen
Forderungen nachzukommen und zahlt statt dessen mehr(212).
Nicht genug, dass die Bundesrepublik im europäischen Rahmen als Zahlmeister auftritt, sie
verwendet auch Gelder, um vorgebliche Schuld zu tilgen, beispielsweise im Golfkrieg von
1991. Hier bestand bei der Bundesregierung das Gefühl, zu wenig im Kreis der Verbündeten
zu einem höchst zweifelhaften Sieg beizutragen. Aus diesem Grund versuchte man, sich
freizukaufen und verwendete unendliche Mittel, ohne jemals einen Beleg für die
Erforderlichkeit dieser Aufwendungen zu verlangen(213): Gleichzeitig bezahlte man fremde
Rechnungen im Zusammenhang mit dem Golfkrieg(214) und verteilte Rüstungsgüter an
Staaten, die indirekt in den Golfkrieg hätten hineingezogen werden können(215). Insgesamt
wurde hier ein Betrag vergeudet (um nicht zu sagen veruntreut), der ausgereicht hätte, um die
damals prognostizierten Kosten der Wiedervereinigung relativ leicht zu tragen(216).
Seitens der BRD wurde weitergezahlt. Gezahlt wird an alle möglichen internationalen
Institutionen(217), an verschiedene Staaten(218), bei denen man sich in der Schuld glaubte.
Es wird gezahlt für Opfer der Gewaltherrschaft, für Opfer des Krieges in Osteuropa(219) und
in anderen Erdteilen(220). Im Rahmen einer großzügigen Entwicklungshilfe werden
Zahlungen erbracht, für die nie eine Gegenleistung erfolgte und auch niemals erfolgen
wird(221).
Insbesondere an die vereinten Nationen werden Zahlungen erbracht, obwohl der
Bundesrepublik ein ständiger Sitz im Weltsicherheitsrat(222) ohne jede Begründung bis heute
vorenthalten wird, von einer noch gültigen „Feindstaatenklausel“(223) ganz zu schweigen.
Aus politischen Gründen wurden Kredite an Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion
abgesichert und nach Ausfall bezahlt(224).
Schließlich sah sich nach den erheblichen Wiedergutmachungszahlungen die deutsche
Industrie regelrecht erpresst, weitere Zahlungen an frühere Zwangsarbeiter zu erbringen(225).
Nicht genug mit dieser Form der Vergangenheitsbewältigung, wurde gegen den
ausdrücklichen Willen der Mehrheit der Bevölkerung ein Mahnmal errichtet und es steht zu
erwarten, dass auch hier für umweltschädliche, an Gigantomanie grenzende Bauwerke - als
Mahnmale deklariert - wiederum Millionenbeträge ausgegeben wurden(226).
Mit Sicherheit werden dies nicht die letzten Forderungen sein, die an eine Regierung der BRD
und ihre Wirtschaft herangetragen werden(227). Mit Sicherheit werden aus den gleichen
Ursachen heraus weitere Zahlungen „fällig“ werden. Ein ordentlicher Kaufmann würde an
dieser Stelle bereits Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden(228).
Die Eurokrise stellt schließlich eine besondere Herausforderung für die BRD und ihre
Steuerzahler dar, werden sie doch als Hauptzahler für Rettungsschirme,
Stabilitätsmechanismen und schließlich als Hauptanteilseigner der europäischen Zentralbank
belastet. In seiner Verfassungsbeschwerde zum ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus)
kommt Prof. Dr. Murswiek vom 29.06.2012(229) zu dem beeindruckenden Ergebnis, dass das
Gesamtrisiko sich auf 925 Milliarden Euro + Zinsen beläuft. Auch wenn bis heute hier noch
kaum Zahlungen geflossen sind, ist davon auszugehen, dass inzwischen das Obligo des
Bundes über eine Billion Euro beträgt und damit mehr als das 3-fache eines Bundeshaushalts.
Statt die Vergangenheit endlich ruhen zu lassen, rühren geldgierige Kreise immer und immer
wieder am Schuldkomplex der Deutschen, um hieraus Kapital zu schlagen(230), während die
Deutschen entweder zu einfältig oder zu einfallslos sind und ihrerseits nicht einmal auf die
Idee kommen, Forderungen geltend zu machen, um wenigstens ein Aufrechnungspotenzial zu
schaffen: Es wäre beispielsweise daran zu denken, eine Entschädigung bei der Regierung der
Vereinigten Staaten anzumelden für die Opfer des Bombenterrors gegen die Zivilbevölkerung
im zweiten Weltkrieg(231). Das gesamte Auslandsvermögen, das während des zweiten
Weltkriegs von ausländischen Staaten im Zuge der Beschlagnahme entzogen wurde, könnte
einmal im Rahmen einer Aufrechnung ebenso in Rechnung gestellt werden(232) wie der
Verlust eigener Territorien mittels Tod und Vertreibung.
Die "Bank für internationalen Zahlungsausgleich", die heute Milliardenbeträge verwaltet,
stammt schließlich aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg und steht rein rechtlich der BRD
als Rechtsnachfolger des früheren Deutschen Reichs zu(233).
Die Ausbeutung inländischer Patente durch ausländische Wirtschaftssubjekte könnte ebenso
in eine Verrechnung hineingenommen werden, denke man doch nur daran, dass beispielsweise
Aspirin weltweit unter Verletzung von Patentrechten seit den 20er Jahren des letzten
Jahrhunderts kostenlos genutzt wird(234),
Ein Staat, der sich auf seine Wurzeln und die Bedeutung als Sozialstaat besinnt, würde in
diesen Fällen, statt ohne Rückfrage einfach zu zahlen, selbst versuchen, Forderungen zu
realisieren, anstatt mehr oder weniger fiktive Verbindlichkeiten bedingungslos auszugleichen.
Von Bedeutung in diesem Zusammenhang sind auch die Transferleistungen der gesetzlichen
Krankenversicherer an Familienangehörige hier arbeitender ausländischer Arbeitnehmer(235).
Dies ist umso erstaunlicher, als hier nicht lebende Verwandte gesetzlich versicherter Personen
sonst nicht ohne weiteres in den gesetzlichen Umfang integriert sind, noch dazu, wenn sie
selbst in einen Erwerbsprozess eingegliedert sind. Ein diesbezüglich geschlossener
völkerrechtlicher Vertrag läuft heute weiter, ohne dass die ursprünglich möglicherweise
einmal gegebenen Voraussetzungen überhaupt überprüft werden. Die Belastungen für den
Sozialstaat können angeblich nicht einmal geschätzt werden(236), obwohl der Umfang von
Wirtschaftsinstituten mit „vielen Milliarden Euro pro Jahr“ angegeben wird.
In allerletzter Zeit hat sich das Procedere, mit dem die BRD „angezapft“ wird, etwas
verändert: Wie oben beschrieben, wird die „Weltwirtschaft“ am Anfang des 3. Jahrhunderts
durch eine Reihe von Blasen und in ihrem Gefolge von Krisen erschüttert und erinnert sei in
diesem Zusammenhang an die Bankenkrise, die zur Finanz- und dann zur Wirtschaftskrise
wurde und an die Krise der pleitegehenden Eurostaaten. In beiden Fällen wird die BRD in ein
System eingebettet, das nicht von vornherein deutlich sagt, dass irgendwann der Steuerzahler
bluten muss. Vielmehr werden Mittel von der Weltbank bzw. von anderen internationalen
Institutionen bereit gestellt, für die sich die BRD verbürgt. Während diese Technik im
Zusammenhang mit einfachen oder auch komplexeren Bankrettungen zu einem relativ
überschaubaren Obligo führt – wenn etwa Banken, denen die Illiquidität droht, vom Staat
übernommen werden – wird letztlich das Obligo, das durch sog. „Rettungsschirme“ für
darniederliegende Euroländer geschaffen werden, unüberschaubar. War noch in Art. 125
AEU-Vertrag festgeschrieben, dass weder die Europäische Union, noch ihre Mitgliedstaaten
für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten haften sollten, wurde schon im Gesetz zur
Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines Europäischen
Stabilitätsmechanismus(237) und noch mehr im Gesetz zu dem Beschluss des Europäischen
Rates vom 25.03.2011 zur Änderung des Artikel 36 des Vertrages über die Arbeitsweise der
Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren
Währung der Euro ist(238) bzw. das Gesetz zu dem Vertrag vom 02.02.2012 zur Einrichtung
des Europäischen Stabilitätsmechanismus(239) sowie das Gesetz zur finanziellen Beteiligung
am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM Finanzierungsgesetz)(240), die Bestimmung,
die als No-Bail-Out bezeichnet wird, wird jetzt regelrecht ausgehebelt. Dies führte schon
bereits 2010 zu einer Verfassungsbeschwerde, die von Professor Murswiek eingereicht wurde
und vom Bundesverfassungsgericht letztlich abgewiesen wurde(241). Dies erscheint umso
erstaunlicher, als das Bundesverfassungsgericht Jahre zuvor den AEU-Vertrag von 1993, der
damals schon Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde war, billigte, indem es wörtlich die
Nichtbeistandsklausel so interpretierte: „Diese Konzeption der Währungsunion als
Stabilitätsgemeinschaft ist Grundlage und Gegenstand des deutschen Zustimmungsgesetzes…
Sollte die Währungsunion, die bei Eintritt in die 3. Stufe vorhandene Stabilität nicht
kontinuierlich im Sinn des vereinbarten Stabilisierungsauftrages fortentwickeln können, so
würde sie die vertragliche Konzeption verlassen.“ Zu dem Zeitpunkt, als Professor Murswiek
bzw. Professor Starbatty erneut das Bundesverfassungsgericht bemühten, wussten weder sie,
noch das Gericht etwas von der schon zu diesem Zeitpunkt erfolgten 123 Milliarden Euro
Zusage der Bundesregierung.
Die Krise der Eurostaaten, die eigentlich eine Krise der Banken ist, bei denen die Eurostaaten
verschuldet sind, entwickelte sich schneller als erwartet fort und schon wieder musste
insbesondere von der BRD eine Garantie nach der anderen nachgeschoben werden bis hin
zum Abschluss eines das Budgetrecht des Parlaments konterkarierenden Vertrages, der
völkerrechtlich bindend im Risiko über drei Bundeshaushalte hinausgeht. Es muss als ein
einmaliger Vorgang betrachtet werden, dass hiergegen ca. 37.000(!) Verfassungsbeschwerden
eingereicht wurden. Aber ebenso wie die Bundesregierung entsprechend den
Herausforderungen der Krisen „nachsteuert“, folgte auch das höchste deutsche Gericht diesem
Beispiel und wies im Grunde sämtliche Verfassungsbeschwerden zurück(242). Dies
verwundert im Grunde genommen nicht, denn auch das Bundesverfassungsgericht hat zu
jedem Zeitpunkt das gegenwärtige politische System in der BRD gestützt, denn es begreift
sich als Teil dieses Systems. Im Ergebnis salomonisch erscheint in diesem Zusammenhang die
Einschränkung der Interpretation der Verträge und die vom Gericht geforderten Garantien.
Dabei wird jedoch von den meisten Kommentatoren verkannt, dass hier ein völkerrechtlicher
Vertrag im Raum steht, für den das Bundesverfassungsgericht nur schwer eine Legaldefinition
geben kann: Da im ESM das deutsche Direktoriumsmitglied nicht einmal Deutscher sein
muss, darüber hinaus auch ohne die Anwesenheit des deutschen Direktoriumsmitglieds
entsprechend der dann vorherrschenden Mehrheiten auch gegen ausdrückliche Weisungen der
Bundesregierung entschieden werden kann, wird das Budgetrecht des Parlaments regelrecht
ausgehebelt. Darüber hinaus ist zu beachten, dass den Direktoriumsmitgliedern
diplomatenrechtliche, strafrechtliche und zivilrechtliche Immunität gegeben ist. Als ob sie die
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorweg nehmen, entschied die Europäische
Zentralbank schon vor der Entscheidung gegen die Stimme des deutschen Vertreters,
Staatsanleihen von maroden Euroländern aufzukaufen, was natürlich wieder im Hinblick auf
die Anteile an der Bank den deutschen Steuerzahler über Gebühr belasten muss.
Auch wenn momentan kaum ein Zahlungsmittelabfluss erfolgt, drückt eine solche Last in
solcher Zeit so schwer, dass sich die Entscheidungsträger notwendigerweise an ihren zu
Anfang der Amtszeit geleisteten Eid erinnern lassen müssen. Gerade die BRD wird hier vom
Ausland her gedrängt, mitzumachen, auch wenn dies grundsätzlich die Kompetenzen der
Entscheidungsträger hierzulande übersteigen dürfte. (Vgl. Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes vom 07.09.2011) Bei der Höhe der im Raum stehenden Beträge
ist es nicht erstaunlich, dass immer die BRD den Löwenanteil zu tragen hat, denn andere
Staaten wären gar nicht in der Lage, auch nur annähernd gleichhohe Wechsel auf die Zukunft
zu ziehen. Dies steht in diametralen Gegensatz zu der Tatsache, dass bei der Abstimmung die
BRD erheblich unterrepräsentiert ist und nach den entsprechenden Regeln die
Mehrheitsverhältnisse sich noch ändern könnten bei Neuaufnahme von Mitgliedern in den
EU-Raum. Schließlich zählt bspw. beim ESM nur die Mehrheit der anwesenden Mitglieder,
sodass grundsätzlich eine die BRD bindende Entscheidung getroffen werden könnte ohne
deutsche Stimme. Anschauliches Beispiel dürfte im Übrigen auch die Abstimmung bei der
EZB zu dem vorerwähnten Beschluss, notleidende Staatsanleihen anzukaufen, sein, die gegen
die ausdrückliche Stimme des deutschen Vertreters erfolgt ist.
Der Schaden, der verursacht wird, trifft in letzter Konsequenz das Volk in seiner Gesamtheit
und damit das marktwirtschaftlichen Prinzipen nicht zugängliche Sozialstaatsprinzip.
Letztlich zahlen daher die Kleinen die Zeche, was in krassem Widerspruch zum
Sozialstaatsgedanken an sich steht(243).
Sparsamkeit beginnt im eigenen Haushalt - Der nationale Sozialstaat
muss zuerst bei sich selbst sparen
Die staatlichen Entscheidungsträger, die letztlich für alle Rahmenbedingungen des nationalen
Sozialstaats verantwortlich sind, haben natürlich darauf zu achten, dass Werte nicht
unnötigerweise nach außen abfließen, d. h. sie müssen den “Schatz” des nationalen
Sozialstaats für das eigene Volk bewahren. Daraus folgt, dass jede Zahlung des Sozialstaates
an das Ausland einer (besonderen) Rechtfertigung bedarf. Jede nicht gerechtfertigte Zahlung
ins Ausland oder an Ausländer ist somit selbstverständlich nicht rechtmäßig und erfüllt
grundsätzlich sogar einen Straftatbestand(244).
In diesem Zusammenhang stellt sich hier die Frage, welche Wirkung einem gerichtlichen
Urteil zukommt, das ausdrücklich Zahlungen an das Ausland als begründet bezeichnet und
gesetzgeberisches Wirken als Grundgesetz konform betrachtet. Die Urteile des
Bundesverfassungsgerichts zu den „Rettungsschirmen“ sind hier signifikant: Würde man hier
wegen der Qualität des Urteils als Urteil schon am Tatbestand zweifeln, könnte dies nur
rechtlichen Bestand haben, wenn das Urteil – wie hier die Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts – insoweit schlüssig wären, dass sie sich nicht widersprächen.
Gerade dies erscheint jedoch im Hinblick auf die Festlegungen des
Bundesverfassungsgerichts in vorangegangenen Entscheidungen höchst zweifelhaft,
insbesondere dann, wenn nachfolgende Entscheidungen ursprünglich festgesetzte Regeln
aushebeln. Wie oben gezeigt, hat das Bundesverfassungsgericht nach 1993 auf die sogenannte
No-Bail-Out Klausel gebaut, während es in seinen Entscheidungen 2011 und noch mehr in
seiner Entscheidung von 2012 diese entscheidenden Grundsätze zum Budgetrecht des
Parlaments mehr oder weniger „vergisst.“ Darauf gestützte politische Entscheidungen wären
somit keinesfalls mehr gerechtfertigt, sondern bestenfalls aufgrund des mangelnden Intellekts
der Entscheidungsträger entschuldigt.
Viel schwieriger ist jedoch das Haushalten gegenüber den eigenen Bürgern. Anders als im Fall
von Zahlungen an das Ausland oder an Ausländer, fehlt für die Qualifizierung als Missbrauch
des Sozialstaats zunächst das „besondere“ Kriterium für eine Rechtfertigung einer Zahlung,
da Begünstigte grundsätzlich Zahlungsempfänger im Rahmen dieses Sozialstaats nur eigene
Staatsangehörige sein sollen.
Da es Zweck des nationalen Sozialstaats ist, unentgeltliche Leistungen an die eigenen Bürger
zu erbringen, kommt es jetzt (nur) darauf an, dass die Regeln für diese Zuwendungen gerecht
sind und genau eingehalten werden. Das Volk hat selbst ein sehr gutes Gespür dafür, was
sozial gerechtfertigt und was nicht. Im Rahmen der Ausgestaltung geht es also vor allem
darum, dass sowohl die Regeln als auch die Umsetzung in die Realität umfassend akzeptiert
werden.
Dabei darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass gerade ungerechtfertigte
Zahlungen ins Ausland oder an Ausländer die Notwendigkeit besonderer Sparsamkeit im
internen Bereich verursacht haben. Im Ergebnis bedeutet dies eine Umverteilung und zwar
diesmal nicht im nationalen, sondern im internationalen Rahmen. Dessen ungeachtet ist aber
andererseits nicht zu verkennen, dass die Tendenz des Individualegoismus von vornherein
jede Form des Sozialstaats bedroht. Zahlungen an Inländer sind vom System her damit
grundsätzlich von vornherein ebenso kritisch zu betrachten, wie Leistungen an Externe. Der
Sozialstaat darf auch nach innen kein Selbstbedienungsladen privater Interessen werden.
Der Sozialstaat hat die Tendenz in sich, bestimmte Personen zu veranlassen, Leistungen ohne
Gegenleistung zu fordern. Während in der mittelalterlichen Welt(245) das Almosen als Gnade
empfunden wurde von demjenigen, der es empfing, wie auch von demjenigen, der es in
Gottes Namen geben durfte, hat sich in jüngerer Zeit das Prinzip zu einer Verpflichtung
umgewandelt, der auf Seiten des Empfängers ein Recht gegenübersteht: Der “Berechtigte”
verlangt etwas vom verpflichteten Staat oder von dem durch staatliche Gesetze verpflichteten
und dies ohne Gegenleistung.
Wie bereits oben festgestellt wurde, ist der Sozialstaat grundsätzlich nur gegenüber Personen
und Personenkreisen verpflichtet, die Angehörige des Gemeinwesens sind; die dort
festgelegten Forderungen, etwas ohne Gegenleistung zu erlangen, widersprechen in eklatanter
Weise dem marktwirtschaftlichen System. Anstelle der Gegenleistung muss ein anderes
Kriterium die Begründetheit der Forderung belegen. Hier ist strikt zu unterscheiden zwischen
solchen Leistungen, die beansprucht werden können, weil sie Gegenstand vorangegangener
Leistungen des nunmehr Berechtigten sind und solchen Forderungen, die letztlich ganz ohne
Gegenleistung, also wirklich “gratis” sind.
Der Generationenvertrag(246) hat zu einer besonderen Form der Leistungspflicht und der
Verpflichtung geführt: Die im Arbeitsprozess stehende Generation versorgte die aus Altersoder Gebrechlichkeitsgründen ausgeschiedenen Personen, weil diese in früheren Perioden
selbst Leistungen vergleichbarer Art erbracht haben, während er selbst durch diese Leistungen
Leistungen nachfolgender Generationen erwarten darf.
In diesem Bereich gibt es, wie bereits dargestellt, Durchbrechungen, die nur dadurch
begründbar sind, dass es sich um Angehörige der gleichen Schicksalsgemeinschaft, d. h. des
gleichen Volkes handelt. Aus diesem Grund sollte die Altersversorgung auch in diesem
Rahmen begrenzt bleiben, weil anderenfalls Verzerrungen die Folge sein müssten, nämlich
dann, wenn Personen anspruchsberechtigt sein sollen, die außerhalb des Volkes leben und
gegebenenfalls auch empfangene Mittel außerhalb ausgeben werden. In derartigen Fällen
bedeutet nämlich eine Berechtigung eine unverdiente Sicherheit, wenn dahinter die Kraft
eines anderen arbeitenden Volkes steht. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass oftmals von
außerhalb kommende Einzahlende mehr Nachkommen haben als hiesige Berechtigte. Im
Hinblick auf die mangelnde eindeutige Volkszugehörigkeit bedeutet aber gerade dieser
Umstand, dass damit zu rechnen ist, dass die Nachkommen abwandern und den Staat nicht
mehr unterstützen. Daraus folgt, dass eben grundsätzlich nur Inländer am nationalen
Sozialstaat partizipieren können, denn Ausländer haben in ihrem Heimatland genügend
Möglichkeiten, sich an einem solchen “Gemeinschaftssystem” zu beteiligen.
Um so weniger ist verständlich, warum Ausländer am hiesigen Sozialstaatssystem
partizipieren sollen, ohne überhaupt irgend welche Leistungen erbracht zu haben. Insofern
kann lediglich für ganz außerordentliche Situationen eine Hilfe Fremden zuteil werden,
nämlich wenn sie ohne diese Hilfe lebensbedrohlichen Schaden nehmen würden. Die
Maßstäbe, die hier anzulegen sind, dürften keinesfalls einseitig unkritisch am
Gleichheitsgrundsatz gemessen werden, denn insoweit ist eben Gleichheit im eigentlichen
grundrechtlichen Sinn nicht gegeben.
Lebensgrundlage - Die Bedeutung der „eigenen“ Landwirtschaft
Seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ist Deutschland kein “Agrarstaat” mehr und
seither wird die Landwirtschaft kontrovers beurteilt. Während sich im wilhelminischen
Deutschland die Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft gewandelt hatte, verharrte die
Führungselite in ihrem Denken im wesentlichen weiter im Agrarstaat: Die wichtigsten
Entscheidungsträger entstammten der ”Junkerschicht”, was von Anfang an Auswirkungen auf
die Politik hatte(247). Die “beherrschte” Industriegesellschaft, die in offenem Widerspruch
zur “Agrarstaatselite” stand, blockierte vielfach sowohl politisch-technologische als auch
technologisch-militärische Entwicklungen(248), was schließlich dazu führte, dass das
wilhelminische Deutschland zu spät mit der Flottenrüstung begann und zu spät im
Rüstungswettlauf vor dem ersten Weltkrieg anfing, seine Angelegenheiten zu ordnen. Allein
schon diese Erkenntnis steht im krassen Widerspruch zu der Kriegsschuldfrage(249), weil
sich gerade Deutschland im Hinblick auf die Gegensätze von Gesellschaft und Führung nicht
am Wettrüsten beteiligen wollte.
Nach dem ersten Weltkrieg führten die Beschränkungen des Versailler Vertrages(250) zu
Belastungen der Industrie und der Landwirtschaft, was schließlich zu einer Annäherung
beider Seiten führte.
Nach dem zweiten Weltkrieg gab es auf Siegerseite eine stark vertretene Meinung,
Deutschland künftig wieder zum Agrarstaat werden zu lassen (Morgenthau-Plan)(251). Die
Beschränkung wirtschaftlicher Tätigkeit auf die Landwirtschaft sollte das
“Aggressionspotential” Deutschlands für alle Zeiten eliminieren. Insbesondere der Gegensatz
zwischen Ost und West führte schließlich dazu, dass Deutschland zum Industriestaat par
excellence und die Landwirtschaft regelrecht in den Hintergrund gedrängt wurde(252). Trotz
unterschiedlicher Entwicklungen in den verschiedenen Teilen Deutschlands kam es
landesweit zur Vernichtung einer Vielzahl landwirtschaftlicher Existenzen. Internationale
Verträge wie das GATT-Abkommen, die OECD und die europäischen Verträge führten dazu,
dass immer mehr Landwirte ihren Beruf aufgaben und schließlich heute die verbliebenen
bäuerlich-landwirtschaftlichen Betriebe häufig am Rande des Existenzminimums
vegetieren(253).
Mit dem Ruf nach mehr Marktwirtschaft setzen vor allem Interessenvertreter aus den USA
eine weitgehende Öffnung des europäischen Marktes für amerikanische Produkte durch.
Während europäische High-Tech-Unternehmen immer mehr Schutz durch den Staat zur
Erhaltung ihrer Existenz erfahren(254), bleibt eine derartige Protektion für die Landwirtschaft
nur zu wünschen: Jedem Entscheidungsträger kann deutlich vor Augen geführt werden, dass
deutsche High-Tech-Unternehmen fast nie mit den Giganten aus der neuen Welt, sei es in der
Hardware, sei es in der Software ohne Schutz überleben können. Demgegenüber ist es
offensichtlich bisher nicht möglich gewesen, deutlich zu machen, dass kleine und mittlere
landwirtschaftliche Betriebe - insbesondere im Bergland - niemals in Konkurrenz treten
können mit den Farmen der großen Ebenen Nord- und Südamerikas(255). Rationalisierung in
diesem Bereich heißt Benachteiligung und Schwächung der Schwächsten. Um
landwirtschaftliche Produkte überhaupt wettbewerbsfähig anbieten zu können, muss bei den
Kosten gespart werden. Insbesondere bei der Tierhaltung heißt dies Abwälzung der Nachteile
auf die Tiere, die in Form der Massentierhaltung den letzten Rest an Lebensqualität und
Würde des Lebewesens einbüßen(256). Tierepedemien sind eine Folge dieser die Schöpfung
ausbeutenden Form des Kapitalismus. In der Geflügelzucht wird um Quadratmillimeter
gerungen, während die armen Schweine oft niemals das Tageslicht zu sehen bekommen.
Milch wird im Rahmen der Automatisierung und Rationalisierung von toten Maschinen den
lebenden Kühen einfach abgepumpt, während Hühnern die Eier auf das Förderband zu legen
zugemutet wird. Eine Gesellschaft, in der das Individuum zu immer neuen Höhenflügen
ansetzt, verliert den Kontakt zu anderen, schwächeren Mitgliedern der Schöpfung, die
ihrerseits zu bloßen Grundstoffen der Nahrungskette degradiert werden. Der Bauer wird zum
wirtschaftlich denkenden Unternehmer "umerzogen", der nicht nur seine Produkte zu
vermarkten hat, sondern darüber hinaus noch, um im Wettbewerb mithalten zu können, neben
kostengünstigster Produktion auch noch die Produkte “zu schönen” hat und dabei immer mehr
auf Chemie und Gentechnik zurückgreifen muss.
Schließlich bedeutet marktgerechtes Verhalten, auch an den richtigen Märkten präsent zu sein,
um möglichst noch an allen möglichen Subventionen partizipieren zu können. In seiner
Perversion bedeutet dies, dass das Schlachtvieh auf dem Weg zum Schlachthof tausende
Kilometer lang zu leiden hat, damit der landwirtschaftliche Betrieb noch einige Euro
gutmachen kann.
Gerade hier kann anschaulich dargelegt werden, dass der nationale Sozialstaat andere Wege
gehen muss, um der ihm obliegenden Schutzfunktion für alle Subjekte in seinem
Wirkungsbereich gerecht zu werden. Lebendtiertransporte über große Strecken sind nicht nur
eine lebensverachtende Perversion marktwirtschaftlichen Denkens und Handelns, sondern
auch letztlich ökonomisch unsinnig: Der Platzbedarf für Lebendtiertransporte ist wesentlich
höher und mit erheblichen Gefahren nicht nur für das zu transportierende Vieh, sondern auch
für die “Qualität der Ware” verbunden. In einer Zeit, in der Kühlwaggons auf der Schiene im
Container überall hin möglich sind, ist völlig unverständlich, warum zu höheren Kosten Tiere
in einer solchen Weise gequält werden müssen. Schlachttiertransporte sind somit nur bis zum
nächsten Schlachthof zu dulden.
Aber auch das Leben der Tiere vor der Schlachtung birgt große Gefahren, nicht nur für die
Tiere selbst, sondern auch für die Verbraucher, wenn jeder Euro bei der Aufzucht herausgeholt
werden muss, um wettbewerbsfähig produzieren zu können. Auch hier ist der nationale
Sozialstaat Garant für eine gesunde Ernährung gleichermaßen wie für eine der Würde der
Tiere entsprechende Haltung. Eine Massentierhaltung, die den Tieren oft auch noch
hormonhaltiges Futter bietet, birgt Gefahren für die Konsumenten. Gequälte und leidende
Kreaturen stellen keine menschenwürdige Ernährungsquelle dar und sind daher von Grund
auf abzulehnen. Das Wir-Gefühl im nationalen Sozialstaat ist auszudehnen auf die im
Wettbewerb stehenden landwirtschaftlichen Betriebe, die ihrerseits in unseren Tieren lebende
Kreaturen sehen müssen. Auf das Verhältnis, das der Bauer zu seinen ihm anvertrauten Tieren
bisher immer gehabt hat, ist auch in Zukunft vertrauensvoll hinzuwirken. Ein durch
Globalisierung verursachter Wettbewerbsdruck darf nicht dazu führen, dass am Schluss der
Kette der Verbraucher kranke Nahrung erhält und das Leid von lebenden Kreaturen den Alltag
einer industrialisierten Landwirtschaft bestimmt. Es entspricht den klassischen Forderungen
an den nationalen Sozialstaat, gerade in diesen Fällen fehlender Vergleichbarkeit den
Leistungs- und Wettbewerbsdruck von der heimischen Landwirtschaft zu nehmen, die ohne
diesen Schutz ohnehin, auf Dauer gesehen, nicht überleben kann.
Umgekehrt zur Fragestellung des Morgenthauplans heißt jetzt die Fragestellung: Braucht
Deutschland überhaupt eine Landwirtschaft oder kann es sich nicht "am Markt"
landwirtschaftliche Produkte billiger im Ausland besorgen?(257)
Die Beantwortung dieser Frage ist nicht einfach: es ist wirtschaftlich nicht sinnvoll und nicht
vertretbar, einen Wirtschaftszweig am Leben zu erhalten, wenn von auswärts gleiche Produkte
in besserer Qualität billiger zu beziehen sind.
Ein Vergleich mit Bodenschätzen ist hier sicher nicht unproblematisch(258): Deutsche
Erzgruben müssen schließen, weil am internationalen Markt höherwertiges Erz zu niedrigeren
Preisen als zu hiesigen Gestehungskosten angeboten wird. Eine jahrtausendalte
Kulturlandschaft kann andererseits nicht über Nacht im Hinblick auf Preisvorteile
preisgegeben werden. Eine Verarmung der Regionen wäre unweigerlich die Folge.
Auch wenn beispielsweise die Marktpreise für Allgäuer Rinder höher liegen als diejenigen für
argentinisches Schlachtvieh, kann dies nicht dazu führen, dass ab jetzt Fleisch, Milch und
Käse nur noch aus Übersee bezogen werden. Der Fleischpreis ist nur eine Determinante in
einem sehr komplexen internationalen Rahmen. Nichts braucht der Mensch mehr, als die
Grundnahrungsmittel und mit nichts ist er leichter zu beeinflussen als mit dem Entzug
derselben. Schon aus diesem Grund - nicht um irgend eine Autarkie durchzusetzen, sondern
allein um Lebensgrundlagen beim Menschen zu halten, muss die heimische Landwirtschaft
nicht nur erhalten, sondern auch gefördert und lebensfähig aus sich heraus werden(259).
Dabei bestimmt ihre Vielfalt die Lebensqualität aller hier lebenden Menschen. Der nationale
Sozialstaat greift hier im Rahmen seiner Aufgaben ein, um Nachteile des
marktwirtschaftlichen Systems auszugleichen, ohne das marktwirtschaftliche System als
solches in irgend einem Bereich in Frage zu stellen. Subventionen für die Landwirtschaft sind
notwendig, aber auf ein Minimum zu reduzieren. Auch in der Landwirtschaft ist
marktkonformes Verhalten Voraussetzung zur Teilnahme am Wirtschaftsleben. Das
Sozialstaatsprinzip darf auch hier nicht zur Eintrittskarte in ein Nirwana verkommen, bei dem
Leistung bestraft wird(260). Leistung ist auch im landwirtschaftlichen Bereich zu belohnen,
ohne dass Lasten an die Schwächsten der menschlichen Gesellschaft oder noch darunter
weitergereicht werden.
Die Durchführung dieser Maßnahmen kann nicht allein den Interessenverbänden der
Landwirtschaft überlassen bleiben. Teilzunehmen haben auch Interessenvertreter der
Konsumenten und des Staates. Ein Interessenausgleich ist hier anzustreben nach dem Muster
der Tarifvertragsparteien. Exakte Kontrollen der Vorgaben erscheinen hier ebenso nötig wie
im Bereich gefährdender Stoffe und Technologien. Die wirtschaftliche Existenz des
Landwirtes ist einerseits grundsätzlich sicherzustellen, andererseits darf sie nicht
“Kaskoversicherungscharakter” bekommen(261). Der Schutz ist vor allen Dingen nach außen
hin erforderlich, denn von dort droht die größte Gefahr für die heimische Landwirtschaft.
Diese Aufgabe steht allein dem nationalen Sozialstaat zu, der seinerseits Charakterfestigkeit
und Durchhaltevermögen im Rahmen internationaler Verhandlungen zu beweisen hat. Ein
“Bauernopfer” auf dem Altar des Internationalismus darf und kann nicht hingenommen
werden im Interesse der Lebensfähigkeit des gesamten Volkes. Diese Problematik stellt eine
der größten Herausforderungen an den nationalen Sozialstaat dar, der sich an der Bewältigung
solcher Probleme messen lassen muss.
Da auf jeden Fall feststeht(262), dass die insgesamt heimische Landwirtschaft nicht in der
Lage ist, die Versorgung der hier lebenden Menschen sicherzustellen, muss darauf geachtet
werden, dass ein modus vivendi geschaffen wird, der ein Nebeneinander in der Versorgung
durch die heimische Landwirtschaft einerseits und Importe andererseits ermöglicht. Dabei ist
darauf zu achten, dass im internationalen Rahmen Produkte der europäischen Union den
Vorzug vor außereuropäischen Produkten erhalten, ohne dass dabei die Regeln des nationalen
Sozialstaats, die die heimische Landwirtschaft schützen sollen, unterlaufen werden können.
Der Schutz der Landwirtschaft darf jedoch nicht in alten “Protektionismus” ausarten. Die
Landwirtschaft darf nicht von der Marktwirtschaft getrennt und so geschützt werden, sondern
muß in der Marktwirtschaft vor Marktverzerrungen in Schutz genommen werden, um selbst
im Markt ihre Stellung halten zu können.
Die Landwirtschaft muss sich daran gewöhnen, im Wettbewerb zu stehen und sich damit
markttechnischer Strategien zu bedienen. Im günstigsten Fall wird dann durch das im
nationalen Sozialstaat vorherrschende Wir-Gefühl das Qualitätskennzeichen „aus unserer
Landwirtschaft” besondere Qualität der Produkte signifikant hervorheben und einen höheren
Preis als das Konkurrenzprodukt aus Übersee rechtfertigen.
Kinder und Zukunft - Unsere Jugend ist unser höchstes Gut
Der Begriff “Jugend” ist im Denken unserer Gesellschaft in erster Linie zum
Kostenfaktor(263) geworden: Jugendarbeitslosigkeit kostet zunächst Geld;
Kindergartenplätze, Schule und Ausbildungsplätze belasten den Staatshaushalt bzw. die
öffentliche Hand im Allgemeinen. Jugendkriminalität kostet die Gesellschaft wieder Geld im
Rahmen des Jugendstrafvollzugs und wegen kostspieliger Resozialisierungsmaßnahmen.
In diesem Zusammenhang wird oft verkannt, dass es gerade der Generationenvertrag(264) ist,
der es in unserer Gesellschaft Menschen ermöglicht, ein Auskommen ohne Arbeit zu haben:
Die ältere Generation lebt davon, das sie während der Lebensschaffensperiode in die
Rentenkasse eingezahlt hat und somit eine Rentenanwartschaft erwirtschaften konnte. Diese
Ansprüche schließlich werden im Rentenalter realisiert, dass heißt, Zahlungen sind zu
erbringen, ohne dass eine augenblickliche Gegenleistung verlangt wird. Eingezahlt wird zu
dieser Zeit von den dann im Arbeitsprozess stehenden werktätigen Menschen, die zur Zeit der
Einzahlung von Beiträgen der Berechtigten Kinder bzw. Jugendliche waren. Der Gedanke der
Rentenversicherung ist nicht neu; neu ist lediglich, dass sich die Alterspyramide im Laufe der
Zeit nach zwei verlorenen Weltkriegen bei uns umgekehrt hat in eine „Altersbirne“. Stellt man
sich ein Koordinatensystem vor, bei dem das Lebensalter die Koordinate, die Anzahl der
Personen die Ordinate darstellt, so war 1914 eine regelrechte Pyramide das Abbild. Zwei
Kriege haben zunächst in diesem Abbild ihre Spuren in der Weise hinterlassen, dass tiefe
Einschnitte die Pyramide zu einem “gerupften Tannenbaum” werden ließen. Erster und
zweiter Pillenknick haben schließlich die Pyramide geradezu auf den Kopf gestellt, so dass
heute das Mittelfeld erst im unteren, dann im oberen Bereich überrepräsentiert wurde. Im
Ergebnis bedeutete dies zweifelsohne, dass früher erheblich mehr junge Menschen für das
Altersaufkommen einer geringeren Zahl arbeiten mussten. Verlängerte Lebensdauer und
geringere Geburtenzahlen haben schließlich das Bild abgerundet, so dass heute ohne Weiteres
davon gesprochen werden kann, dass immer weniger junge Menschen den Lebensabend von
immer mehr länger lebenden Greisen zu finanzieren haben.
Wer dann noch den Mut(265) hat, von Kosten Jugendlicher oder der Jugend schlechthin zu
sprechen, übersieht diejenigen Zeitgenossen, die heute überhaupt noch den Mut haben, Kinder
in die Welt zu setzen und großzuziehen. Die derzeitigen Eltern sind im heutigen System
wirklich die “Idioten der Nation”: Sie haben die Schwierigkeiten des Umgangs und der
Erziehung junger Menschen als Alternative zur Lohn- bzw. Gewinnmaximierung, sind an
Ferientermine während der Schulpflicht gebunden, was gleichbedeutend mit
Hauptsaisontarifen in den Feriengebieten ist, müssen dem Generationskonflikt, der von den
Medien und der Politik auf breitem Raum geradezu herbeigeredet wird, standhalten und
finanzieren schließlich durch ihre Entscheidung für Kinder den gesamten Lebensabend der
Leute mit, die - ob freiwillig oder nicht - auf einen Kindersegen verzichten.
Schlaue Zeitgenossen freuen sich in diesem Zusammenhang über ausländische
Mitbürger(266), die - aus welchen Gründen auch immer, seien es religiöse oder sonstige - sich
vermehren, wie die Deutschen vor hundert Jahren, weil “auf diese Weise” unsere Renten
stabilisiert werden würden. Ganz “progressive” Mitbürger sehen im Hinblick auf die
Geburtenrückgänge in unserem Land ein “Einwanderungsland”, damit hier überhaupt in
Zukunft die Renten finanziert werden könnten.
Nicht bedacht wird dabei, dass wegen sinkender Geburtenraten und der Notwendigkeit, im
Rahmen des Generationsvertrages künftige Rentenzahlungen sicherzustellen, eine
Überfremdung letzlich die notwendige Folge ist. Denken diese sich lautstark artikulierenden
„Mitbürger“ überhaupt darüber nach, dass in einer Welt, in der ungewolltes, in der Entstehung
befindliches menschliches Leben einfach abgetrieben werden kann, ungewünschtes, irgend
wann einmal gezeugtes, heute am absteigenden Ast befindliches Leben, das im Übrigen dann
fremder Herkunft ist, nicht vielleicht „zwangsterminiert“ werden könnte? Warum sollte sich
etwa der Abkömmling eines Einwanderers aus fremden Kulturkreisen irgendwann in der
Zukunft noch damit belasten, Altbürger, die er als Relikte aus dem vergangenen Jahrtausend
betrachtet, in der Rente zu ernähren? Könnten diese „Neubürger“ irgendwann nicht einmal
Gesetze beschließen, die das Rentenalter nach oben begrenzen? Glauben diese Verfechter des
neuzeitlichen Humanismus daran, Menschen, die den christlichen Humanismus nie
kennengelernt haben, müssten aus ethischen Gründen in die Verbindlichkeiten anderer
Generationen aus anderen Kulturkreisen ohne jede “echte” Einstandspflicht eintreten?
Der nationale Sozialstaat hat es sich zur Pflicht zu machen, Bürger des eigenen Volkes auch
dann noch in Würde leben zu lassen, wenn sie am Erwerbsprozess nicht mehr teilnehmen
können. Der Generationenvertrag war von Anfang an auf das Volk begrenzt, das sich von
Generation zu Generation möglicherweise im Laufe der Zeit verändert, aber als nichts anderes
darstellt, als die Entwicklung einer Generation aus der vorangegangenen, die gleichzeitig
Basis für die nachfolgende Generation ist. Der oben geschilderte Gruppenegoismus bedingt
geradezu eine Beschränkung auf das eigene Volk, denn ein Motiv für die Ernährung und
Sicherung anderer fällt gerade aus dem Rahmen. Es ist nicht der Umstand, dass jemand
zufällig in dem geographischen Bereich eines Staates lebt, der es rechtfertigt, daß er und seine
Nachkommen auch von diesem Staat ernährt werden. Es ist das Volk, das diesen Staat prägt
und es ist das Volk, das im Generationswechsel dafür sorgt, dass ein Ausgleich für die Zeit
geschaffen wird, in der der Mensch aufgrund seiner Lebensphase keine Leistungen erbringen
kann; Leistungen, die einmal erbracht wurden, sollen künftigen Generationen nicht nur ein
Beispiel abgeben, sondern auch diese verpflichten, während ihrer Schaffensperiode
Leistungen denen zuteil werden zu lassen, die ihre Schaffensperiode überschritten haben und
damit nicht mehr im Produktionsprozess tätig werden können.
Gerade hier wird die Bedeutung des Volkes für den Generationenvertrag deutlich, die weit
über die Rolle der Gesellschaft hinausgeht: Die Gesellschaft(267) ist etwas Gegenwärtiges,
etwas Augenblickliches und stellt somit eine Momentaufnahme der Menschen, die in einem
bestimmten Gebiet augenblicklich zusammenleben, dar. Bei der Betrachtung der Gesellschaft
fällt nicht ins Gewicht, ob jemand aus diesem Gebiet stammt, die gleiche Sprache oder
Kultur(268) hat oder sonst in irgend einer Weise zusammengehört im Sinn von “schicksalhaft
zusammengeschweißt” zu sein. Zur Gesellschaft gehören Menschen unterschiedlicher
Nationalität und Rasse, die als "Zeitgenossen" eine bestimmte Fläche besiedeln. Ihre
Verpflichtungen gegeneinander sind weit weniger fordernd als die Verpflichtungen der
Menschen, die ein Volk(269) bilden. Hier ist weit mehr als die reine Zeitgenossenschaft in
einem begrenzten Abschnitt der Erdoberfläche gefordert. Hier geht es darum, bedingungslos
füreinander einzustehen, unabhängig vom Lauf der Zeit und Geschichte.
Oben wurde bereits auf Belastungen des Volkes aus der Vergangenheit hingewiesen. Solche
Mitglieder der Gesellschaft, die nicht Mitglieder des Volkes sind, könnten niemals
beispielsweise von einem jüdischen Weltkongress für Verbrechen ihrer Vorfahren
verantwortlich gemacht werden. Der reine Umstand, dass jemand hier gerade jetzt lebt und
arbeitet, kann nicht eine Verpflichtung für diejenigen Menschen begründen, die irgendwann
einmal hier gelebt, gearbeitet und getötet haben. So gesehen stellt die Flucht in die
Gesellschaft einen ernstzunehmenden Versuch dar, sich den "Verpflichtungen aus der
Vergangenheit gegenüber Opfern" zu entziehen.
Unabhängig davon müssen wir uns völlig im Klaren darüber sein, dass unsere Gesellschaft,
jedenfalls soweit sie sich als ein Volk versteht, nur überleben kann in den Grenzen, die das
Volk als solches auferlegt. Eine Gesellschaft kennt keine Jugend, denn Gesellschaft ist ein
statischer Begriff. Ein Volk jedoch kann nur weiterbestehen durch seine Jugend und damit
wird so eine Zukunft gleichzusetzen sein mit der Sorge um die eigene neue Generation. Im
Folgenden ist vor allem zu klären, was für die Jugend getan werden muss, welche
Verpflichtungen der Jugend in ihrer Jugend auferlegt werden können und was die heutige
Jugend der heutigen alten Generation bringen muss, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad.
In diesem Zusammenhang wird bereits deutlich, dass auch hier rationale Elemente neben
emotionalen Elementen die Zusammenhänge von Verpflichtung und Berechtigung
beherrschen: Rente beziehen auch Menschen, die sich nicht fortgepflanzt haben, für ihre
Altersversorgung zahlen Menschen, die nicht mit ihnen verwandt sind. Gerade hier wird der
Zusammenhang zwischen Rentenzahlungen an Bürger der neuen Bundesländer aus den
Rentenkassen der alten Bundesländern erkennbar: Es ist der Begriff des Volkes, der diese
marktinkonformen Verhältnisse begründet(270). Für die Zukunft hat der nationale Sozialstaat
hier Überlegungen anzustellen und Entscheidungen zu treffen, damit weitgehend emotionale
Momente bei der Begründung von Zahllasten der Generationen zurücktreten und durch
rationale Überlegungen und Gesetze ersetzt werden. Anders als im Fall der Übertragung von
Rentenanwartschaften auf Bürger aus den neuen Bundesländern, die zu keinem Zeitpunkt
Zahlungen an die Rentenkasse der BRD erbracht hatten, kann für die Zukunft sehr wohl eine
rationale Steuerung der Zahlungen erfolgen, die den hohen Prinzipien des nationalen
Sozialstaats entsprechen und damit gruppenegoistischen Überlegungen Rechnung tragen.
Grundsätzlich geht es dabei darum, den Beitrag der Eltern, die Leistungen für die Zukunft der
Rentenkassen dadurch erbringen, dass sie Kinder großziehen, zu bewerten und sie gegenüber
Menschen zu entlasten, die einen solchen Beitrag nicht erbringen.
Kein Licht ohne Schatten: Die Rolle der Gewerkschaften und
Arbeitgeberverbände im nationalen Sozialstaat
Die Erkenntnis, dass es im nationalen Sozialstaat Klassengegensätze wie im 19. und 20.
Jahrhundert nicht mehr geben wird, versteht sich von selbst. Der Rückblick in die Geschichte
zeigt, dass es bereits zu verschiedenen Zeiten in diesen Jahrhunderten möglich war, ohne
klassenkämpferische Gegensätze(271) wirtschaftlich sinnvoll zu leben.
Dabei soll auch nicht vergessen werden, dass gerade in Deutschland die
klassenkämpferischen Gegensätze nie ein Ausmaß wie beispielsweise in England, Frankreich
oder Italien(272) erreicht haben. Es gab hier immer irgendwo doch ein gerüttelt Maß an
wirtschaftlicher Einsichtsfähigkeit, so dass durchaus die Meinung(273) vertreten wird, das
“heutige ausgewogene System” sei „sozialstaatsfähig“ und bedürfe keiner Modifikation. Es
verwundert nicht, dass diese Betrachtungsweise hauptsächlich von Funktionärsseite aus
Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften kommt. Insbesondere die heutigen
Flächengewerkschaften versuchen, ihre Rolle als unantastbar hinzustellen und reagieren
äußerst gereizt bis aggressiv, wenn irgendwo an eine Veränderung gedacht werden
könnte(274).
Aber gerade die Rolle dieser Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften in letzter Zeit gibt
eben Anlass, über Verbesserungen nachzudenken(275). Gerade unter dem Gesichtspunkt,
Umverteilungen stoppen zu müssen, muss man sich darüber im Klaren sein, dass heute
vielfach Tarifabschlüsse bereits eine Form der Umverteilung darstellen:
Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften vertreten weitgefächerte Idealvorstellungen,
insbesondere führt bei Tarifverhandlungen der jeweilige Flächenarbeitgeberverband einen
Spagat vor, der eigentlich oftmals überhaupt nicht begriffen wird, dann nämlich, wenn über
Tarife verhandelt wird, die für die großen, im wirtschaftlichen Aufschwung befindlichen
Unternehmen überhaupt keinerlei echtes Problem darstellen, während gleichzeitig kleinere
Unternehmen, die oftmals mit strukturellen Krisen zu kämpfen haben, einfach nicht mehr auf
Dauer mit derartigen Tarifabschlüssen leben können.
Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass Unternehmen, die leicht automatisieren können,
eher bereit sind, Arbeitsplätze abzubauen, je teurer die Lohnkosten aufgrund der für sie
ungünstigen Ergebnisse der Tarifabschlüsse werden. Das gruppenmäßige Aushandeln von
Tarifverträgen wird daher zur Umverteilung, wenn nämlich Arbeitnehmer eines großen
Betriebs Leistungen, die die Leistungsfähigkeit ihres Betriebs überhaupt nicht tangieren,
erhalten. Dieser Vorgang verteilt zugunsten des großen Unternehmens und zu Lasten der
Arbeitnehmer.
Im umgekehrten Fall erhält der Arbeitnehmer wesentlich mehr, als die Leistungsfähigkeit
seines Betriebes verkraften kann. Der Umverteilungsprozess hier geht also zu Lasten des
Unternehmens und zugunsten des Arbeitnehmers.
Beide Verteilungsprozesse miteinander verglichen, führen zu dem Ergebnis, dass gleichzeitig
ein Umverteilungsprozess zugunsten des stärkeren Unternehmens und zu Lasten des
schwächeren Unternehmens einsetzt, weil eine Überlebensfähigkeit des schwächeren
Unternehmens nachhaltig beeinträchtigt sein kann, was zu einer marktmäßigen Stärkung des
großen Unternehmens führen muß.
Die Alternative zu derartigen “Klassenkämpfervereinigungen"(276) aus den letzten
Jahrhunderten ähnlichen Tarifvertragsparteien von heute wären, statt auf Länder bezogene
Gruppierungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Organisationen, die mehr Rücksicht auf
die Belange der einzelnen Betriebe und der dort beschäftigten Mitarbeiter nähmen.
Ein solcher Zusammenschluss würde die Idee des Miteinander mehr betonen und damit von
vorneherein den Regeln des Gemeinwesens mehr entsprechen. Ein weiterer Vorteil wäre, dass
die Arbeitnehmer größerer und stärkerer Betriebe der Leistungsfähigkeit dieser Unternehmen
entsprechend auf gerechtere Lohnabschlüsse hinwirken könnten, ohne Rücksicht auf kleinere
und schwächere Unternehmen nehmen zu müssen.
Andererseits würden die Interessen schwächerer und kleinerer Unternehmen auf diese Art
eher geschützt und damit auch eher die damit im Zusammenhang stehenden Arbeitsplätze.
Beide Seiten brauchten auch nicht vor der Schwächung ihrer Durchsetzungskraft Angst zu
haben, denn großen Arbeitgebern würden große Arbeitnehmerzusammenschlüsse
gegenüberstehen, während in kleineren Betrieben kleinere "Betriebszellen" mehr
„miteinander als gegeneinander“ alle betrieblichen Probleme einvernehmlich lösen könnten.
Inwiefern in großen Unternehmen eine Gliederung beispielsweise bei überregional tätigen
Konzernen notwendig werden könnte, kann hier offenbleiben. In jedem Fall muß die
Willensbildung im Unternehmensbereich Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen
berücksichtigen, wobei funktionale Gesichtspunkte der Tarifgestaltung im Vordergrund stehen
würden.
Dem nationalen Sozialstaat entsprechende Verbände wären sozusagen auf die Unternehmen
maßgeschneidert und nicht an politische Grenzen gebunden. Hierzu müssten zunächst weder
Arbeitgeberverbände noch Gewerkschaften aufgelöst und durch diese
„Betriebszellenorganisation“(277) ersetzt werden. Es würde in den meisten Fällen genügen,
die Mitarbeitersprecher in den einzelnen Unternehmen mit mehr Kompetenzen gegenüber
dem eigenen Verband auszustatten und in einvernehmlicher Zusammenarbeit mit den
"Betriebszellen" Haustarife auszuhandeln, wobei lediglich für den Fall des
Nichtzustandekommens auf die alten Verbände zurückgegriffen werden könnte.
Die Konsequenz wäre zunächst ein leichteres und flexibleres Anpassen an die wirtschaftlichen
Gegebenheiten, wobei auch hier mit Übergangsschwierigkeiten größeren Ausmaßes nicht zu
rechnen wäre.
Nach einiger Zeit würden alle Branchen und alle Unternehmen die Vorteile dieses Systems
erkennen, so dass dann die alten Verbände (Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften)
überflüssig werden dürften.
Mangels eines fundamentalen Gegensatzes in den Zielen, würden sich die Gruppen auch nicht
mehr oder weniger unversöhnlich gegenüberstehen, sondern könnten entsprechend den
Gliederungen der Unternehmen zusammengeschlossen werden.
Die Unternehmen sind nämlich heute schon durch die weitgehende Mitbestimmung überhaupt
nicht mehr einseitig dem Unternehmer zuzuordnen, sondern im Rahmen eines demokratischen
Aufbaus insgesamt bereits weitgehend pluralistisch gestaltet.
Die Stärkung des Unternehmens als Einheit bei gleichzeitiger stärker zu berücksichtigender
Arbeitnehmerstellung trüge in gewissem Sinn „sozialistische Züge“(278).Dabei darf jedoch
nicht aus den Augen verloren werden: Die Stellung des Unternehmers würde insgesamt
gestärkt, da er sich nicht mehr Flächengewerkschaften gegenüber sieht, dies gleichzeitig zum
Wohle des Unternehmens, das sowohl Zielpunkt seiner Interessen wie auch Zielpunkt der
Interessen seiner Mitarbeiter ist. Auch hier würde das verstärkte Wir-Gefühl zu
gruppenegoistischem Denken im positiven Sinn.
Das Verhalten der hier zusammenarbeiteten Menschen würde insgesamt weit weniger von
sozialschädlichen Tendenzen bestimmt werden als bisher. Eine besondere Regelung für
Krankheitsfälle dürfte ebenso den selbstregulierenden Kräften des im Wir-Gefühl stehenden
Unternehmens überlassen bleiben wie auch die Frage des Ausschlusses aus dem Unternehmen
nach Kündigung, die wiederum in einer geringeren Belastung von Arbeitslosenversicherung
und Sozialhilfe münden könnte.
Lang geplant - nie erreicht: Der nationale Sozialstaat und die
Steuerreform
Auch der nationale Sozialstaat kann nicht ohne die Steuerzahlungen seiner Bürger leben. Er
wird aber, da das Sozialsystem gestärkt ist durch gruppenegoistische Tendenzen, mit
niedrigeren Zahlungen auskommen, so dass eine Steuerreform, die in unserem System schon
lange überfällig ist, jetzt endlich im richtigen Ausmaß durchgesetzt werden kann:
Sämtliche Steuern, die der Umverteilung dienen(279), können wegfallen, da eine eigentliche
Umverteilung nicht mehr notwendig ist. Andererseits hat auch der Sozialstaat gewaltige
Anstrengungen zu verkraften, die zunächst einmal den Umstellungszeitraum betreffen. Nur
bei Beschränkung auf Angehörige des Volkes als Berechtigte braucht ein Abbau des
Sozialstaatsniveaus nicht hingenommen zu werden. Andernfalls sind kräftige Einschnitte bis
hin zu einem teilweisen Wegfall für alle die unvermeidbare Folge. Wie oben bereits
ausgeführt, wollen sogar Parteien, die sich “sozial” nennen, den Sozialstaat auf diese Weise
einschneidend umbauen, eben zu Lasten der kleinen Leute und der Rentner.
Genau dies schien auch die „Agenda 2010“(280) zu bezwecken, wobei nicht zu verkennen ist,
dass ohne jede Änderung dieses System scheitern muss, andererseits diese Planung als solche
sozialunausgewogen ist und letztlich mit der Basis der sie durchführenden Regierungsparteien
unmöglich war.
Ebenso unrealistisch stellen sich die übrigen Reformvorschläge, insbesondere das sogenannte
“Kirchhoffmodell” bzw. das sogenannte “Merzmodell” dar:
Beide vertauschen nur Begriffe, die an anderer Stelle mit anderer Definition wieder
auftauchen und letztlich nichts anderes sind, als der Versuch, dem mündigen Bürger ein X für
ein U vorzumachen(281).
Die allgemeine Notwendigkeit von Änderungen wird plausibel damit begründet, dass immer
weniger Leute in der Produktion einschließlich Dienstleistung Werte schöpfen, während
immer mehr an immer mehr Menschen, die keine Wertschöpfung betreiben, verteilt wird.
Im nationalen Sozialstaat wird sich dieses Verhältnis aufgrund der oben gezeigten
Funktionsänderungen umkehren, d. h. es werden bald verhältnismäßig mehr Menschen Werte
schöpfen und es werden weniger Menschen da sein, die geschöpfte Werte konsumieren, ohne
zu arbeiten.
Eine Steuerreform kann, gerade weil nicht mehr mit einer exzessiven Ausnutzung des
Systems durch seine Bürger gerechnet werden muss, wesentlich klarer und einfacher
konzipiert werden. Das Steuersystem wird wesentlich durchschaubarer gestaltet werden
können, weil es nicht mehr in erster Linie darauf ausgerichtet sein muss, Schlupflöcher zu
schließen. Die einfachere Ausrichtung dieses Steuersystems schlägt sich dann auch nieder in
den Kosten der Steuerverwaltung, die auch wesentlich reduziert werden können.
Eine heute höchst streitige Frage(282), ob die Vermögenssteuer wieder eingeführt werden soll
oder nicht, läßt sich in diesem System höchst einfach mit „Ja“ beantworten. Ein wirkliches
Sozialsystem muss in sich die Tendenz tragen, sozialschädlichen überdimensionalen
Reichtum als Leistungsfähigkeit im System zu begreifen, die ebenso besteuert werden muss,
wie aktuell erwirtschaftete Erträge.
Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass Freibeträge bzw. der Beginn einer Versteuerung an
wesentlich anderen Wertvorstellungen aufgehängt wird, als bei der alten Vermögenssteuer.
Ein gerechtes Steuersystem im nationalen Sozialstaat macht im Übrigen Überlegungen zu
einer Besteuerung der sogenannten „Geringbeschäftigung“ unnötig:
In einem solchen System wird nicht mehr in sozial schädlicher Weise versucht, durch
Aufsplitterung verschiedener Tätigkeiten die Steuerpflicht bzw. die Sozialabgabenpflicht zu
unterlaufen. Im Übrigen wäre dieses Unterfangen wegen der viel geringeren Gesamtbelastung
ein unvertretbarer Aufwand. Aus diesem Grund ist hier nicht zu der Frage Stellung zu
nehmen, ab welchen Grenzen Sozialversicherungspflicht und Steuerpflicht beginnen. Diese
Vereinfachung allein spart so erhebliche Beträge bei der Verwaltung der Steuern sowohl auf
Seiten des Fiskus als auch auf Seiten des Pflichtigen ein, dass grundsätzlich auch kleinere
denkbare Ungereimtheiten(283) hier hingenommen werden könnten.
Die Steuer als Instrument der Wirtschafslenkung würde auch im System des nationalen
Sozialstaats eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Es kann allerdings gleich gesagt werden,
dass irrsinnige Vorstellungen von Wirtschaftslenkung weder notwendig noch sinnvoll wären,
etwa Lenkungen im Bereich der Arbeitsplatzförderung.
Die sogenannte „ökologische Steuerreform“(284) trägt in sich den Makel des
Widersprüchlichen, wenn auf der einen Seite Lohnkosten gesenkt werden sollen, während auf
der anderen Seite Rationalisierungsmaßnahmen bzw. Energiekosten sich verteuern. In diesem
System, das als höchst asozial einzustufen ist, verliert der Durchschnittsbürger auf beiden
Seiten, so dass lediglich eine verstärkte Steuerverwaltungstätigkeit zu vergüten ist, die jeden
Vorteil dieser steuerlichen Gestaltung von vorneherein zunichte macht.
Eine sinnvolle Wirtschaftslenkung(285) durch steuerliche Gestaltung erscheint hier möglich
im Rahmen einer Strukturförderung oder auch bei der Hilfe für heimische Primärproduktion,
die ohne solche Lenkungsmaßnahmen nach dem Prinzip der Marktwirtschaft
unwiderbringlich ins Ausland verlegt werden würde und damit den Staat erpressbar machen
könnte.(286)
Die Tendenz(287) nämlich, jede Form der Produktion, insbesondere wenn sie mit Belastungen
verbunden ist, ins Ausland zu verlegen und im Inland nur noch Dienstleistungen anzubieten,
könnte bei einer Änderung der weltwirtschaftlichen Gesamtsituation dazu führen, dass ein
Land, das ohne jede Produktion (Urproduktion wie Landwirtschaft, Energiegewinnung,
Metallverabeitung usw.) ist, in kürzester Zeit durch Isolation und ähnliche Maßnahmen unter
Druck gesetzt werden könnte. Im Übrigen wäre auch jegliche Verteidigungsmöglichkeit in
einer existenzgefährdenden Weise beeinträchtigt. Da auch ein solcher Schutz nach außen
verpflichtend für den nationalen Sozialstaat wäre, hätte dieser dafür Sorge zu tragen, dass
auch weiterhin in Deutschland beispielsweise Bergbau betrieben würde, aber auch eine
gesunde Marktwirtschaft erhalten bliebe, selbst wenn die Gestehungskosten - gemessen am
Weltmarktpreis - höher wären.
Ausbildung und Elite - Herausforderungen an sich selbst
Der nationale Sozialstaat kann ohne Führung nicht existieren. Anders als das gegenwärtige
System kann es sich nämlich der nationale Sozialstaat nicht leisten, von einer mittelmäßigen
Auswahl, die oftmals nach dem Kriterium: „Wer von allen ist der Schwächste?“ ausgesucht
wird, geführt zu werden.
Er kann es sich auch nicht leisten, einer korrupten Gruppe in die Tasche zu arbeiten, wie dies
heute vielfach sowohl im kapitalistischen System, als auch in den noch existierenden
kommunistischen Systemen der Fall ist.
Dies ergibt sich schon daraus, dass die Mittel, die der nationale Sozialstaat von seinen
Bürgern erhält, viel geringer sind, als die, die die anderen Systeme erhalten, weil es gerade
darum geht, die wirtschaftliche Schaffenskraft der Werktätigen zu erhalten.
So gesehen könnte eben der nationale Sozialstaat nicht ein Mehr an Mitteln für Korruption
und Unfähigkeit seinen Bürgern abnehmen, weil er dann begrifflich entweder ein
kommunistisches oder kapitalistisches System wäre, je nachdem welche Ausprägung im
nationalen Sozialstaat aufgrund der näheren Umstände die Priorität hätte(288).
Sein Kennzeichen ist und bleibt nämlich in erster Linie, dass er seine Bürger schont und im
Wir-Gefühl nur eine minimale steuerliche Belastung für diejenigen, die es tragen können, mit
sich bringt.
Gerade hier beginnt die Unterscheidung aber schon im Kindesalter: Der nationale Sozialstaat
hat wegen der optimalen Resourcenallokation die Aufgabe und das Ziel, die Fähigkeiten
seiner Bürger - auch der Kinder und Kleinen - nach besten Möglichkeiten zu fördern: Statt
eine überdimensionierte Rücksicht auf Schwächere vordergründig zu üben, gilt es, die Besten
auszuwählen und zu fördern. Dass dies zu Anfang besondere Schwierigkeiten bereiten wird,
weil gerade im pädagogischen Sektor oftmals Mittelmäßigkeit und unterqualifizierte Führung
Tradition hat, versteht sich von selbst.
Aber schon bald werden für diesen Beruf auch wirklich berufene pädagogische Kräfte die
erste Auslese treffen können. Dies bedeutet auf keinen Fall, dass schwächere Glieder Schaden
nehmen könnten. Gerade diese schwächeren Mitglieder der Gemeinschaft werden eine
Ausbildung erfahren, die ihren Intentionen und Mögleichkeiten besser entgegenkommt. Eine
solche schonende, von Anfang an vorgenommene, verteilende Auswahl ist besser, als wenn wie es heute oftmals der Fall ist - nach einem gerade noch geschafften Studium der Absolvent
oftmals feststellt, seine Begabung liegt mehr im Technisch-Praktischen, wofür er aber
nunmher aufgrund der langen, unsinnigen Ausbildung zu alt ist.
Ausbildung muss lösgelöst sein von sozialen Motiven und einer den Realitäten
hohnlachenden Mode. Schon frühzeitig sind alle Mitbürger auf Eigenverantwortung
hinzuweisen und zu erziehen.
Gemeinnutz hat sicher vor Eigennutz zu gehen, aber Eigenverantwortung hat immer den
Vorrang vor einer Verlagerung der Verantwortung auf Fremde. Wenn heute oftmals Kinder
von Sozialhilfeempfängern von ihrer Umgebung geradezu dazu angehalten werden, ebenfalls
irgenwann einmal primär Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, entspricht dies einem
umgekehrten Standesbewußtstein, welches leider besonders häufig an den „Schnittstellen der
Kulturen“ im multikulturellen Bereich zu beobachten ist:
Hier kann Gemeinsamkeit schnell gefunden werden, weil sehr häufig die Inanspruchnahme
von Sozialhilfe die einzige Gemeinsamkeit sich ansonsten fremd gegenüberstehender
Menschen ist. Statt einem starken, auf alle positiv wirkenden Wir-Gefühl kristallisiert sich ein
gemeinsames „Underdog-Bewußtsein“ heraus, das mit einer Eigendynamik ausgestattet den
Staat und seinen Bürgern Schaden bringt.
Ausbildung darf im nationalen Sozialstaat nicht zweckentfremdet werden. Es darf kein
zusätzliches Schuljahr geben, nur um Arbeitslosenzahlen - besonders in den Bereichen
Jugendarbeitslosigkeit und Ausbildung - zu schönen. Ein Aufschieben des Berufseintritts um
ein Jahr, wie es heute oft willkommenermaßen zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit
angeführt wird, hilft niemandem.
Ausbildung hat auch dann noch Ausbildung zu bleiben, wenn in bestimmten Fällen eine
Wertschöpfung im Betrieb sich ausschließlich durch Auszubildene vollzieht.
Ausbildungsplätze werden von einer verantwortungsbewußten Wirtschaft frei von
augenblicklichem Gewinnmaximierungsstreben geboten.
Nach dem Gedanken, dass Lehrjahre keine Herrenjahre sind, ist die vom Betrieb zu zahlende
Ausbildungsvergütung im nationalen Sozialstaat so zu wählen, dass sie den Auszubildenden
zum Anreiz dienen kann, ohne den ausbildenden Betrieb wirtschaftlich in dem Sinne
beeinträchtigten, dass er künftig auf Ausbildungsplätze verzichtet.
In diesem Bereich ist die marktwirtschaftliche Überlegung oft überfordert, denn ein
Ausbildungsplatz kostet - jedenfalls in der Anfangsphase - den Betrieb mehr, als er in seiner
Erfolgsrechnung zu bieten vermag.
Andererseits sind gerade solche Betriebe einer kurzfristigen Erfolgsrechnung verhaftet, denen
es nicht so gut geht, dass sie sinnvoll langfristig planen können. Hier hat der nationale
Sozialstaat einen Ausgleich in der Weise zu schaffen, dass ausbildende Betriebe aus einer
Umlage heraus entlastet werden, die solche Betriebe erbringen müssen, die auf eine eigene
Ausbildung aus Kostengründen verzichten wollen.
Wie in allen Punkten in diesem System ist das allgemeine Lohn - Preis - Niveau oder der
Gedanke, dass der Auszubildende als Grundgehalt noch nicht das Gehalt wie ein
Ausgebildeter erwarten darf, andererseits aber mehr verdienen soll als ein gleichaltriger, der
auf eine mühevolle Ausbildung aus Bequemlichkeit verzichtet.
Ähnlich und doch anders stellt sich das Problem der Ausbildungsvergütung für den
akademischen Nachwuchs dar. In der Regel garantiert eine abgeschlossene akademische
Ausbildung heute nicht mehr so hohe Gehälter, dass damit ein Vergütungsverzicht während
des Studiums gerechtfertigt wäre.
Andererseits ist nicht zu verkennen, dass das heutige System der staatlichen
Ausbildungsförderung gerade in diesem Bereich dermaßen spart, dass es zu viel zum Sterben
und zuwenig zum Leben der Geförderten ist. Auch Leistungsanreize, wie ein früherer
Abschluss des Studiums werden heute schon verwendet, um Studenten zum Studieren
anzuhalten.
Derartige Instrumentarien sind in der Weise noch ausbaufähig, als leistungsbezogene
Stipendien noch mehr Berücksichtigung finden sollten als reine qualitative Größen.
Alle die vorgenannten Maßnahmen fangen aber erst nach einiger Zeit an zu greifen und
können nicht verhindern, dass Studenten ohne Neigung und Begabung das falsche Fach
studieren. Um hier eine bessere Wirkung entfalten zu können, muss zunächst das anfängliche
Studium durchlässiger gestaltet werden, so dass ein Wechsel des Studienganges ohne große
Nachteile in den ersten beiden Semestern möglich sein muss.
Geeignete Beratungen können hier sehr wirksam sein, insbesondere in der Zeit zwischen
Hochschulreife und Studienbeginn. Die Beratung kann in der Form einer
Einführungsveranstaltung, kombiniert mit Leistungsanreizen, schnell dazu führen, dass sich
unsichere Studenten rechtzeitig Gedanken über ihre weitere Ausbildung machen.
Schließlich ist das akademische Studium praxisnäher zu gestalten, wobei auch hier heute
schon gute Beispiele existieren, wie ein Stundent im Wechsel zwischen praktischer und
theoretischer Ausbildung mittels einer in der praktischen Ausbildung erwirtschafteten
Ausbildungsvergütung die theoretische auch schulische Zeit mitfinanziert.
Auf diese Art würde die oft als nicht gerechtfertigt empfundene Diskrepanz zwischen Student
und Azubi verringert, was sicher wünschenswert wäre.
Den letzten akademischen „Schliff“ könnte - bei geeignetem Leistungsnachweis - der Student
im Rahmen eines Werksstudiums erfahren, das wegen der höheren Anforderungen insgesamt
aufgewertet werden würde.
Nach dem Grundsatz „Man lernt nie aus“ könnte auch - ebenfalls bei entsprechendem
Leistungsnachweis - eine Ausbildung nach dem Ausbildungsalter erfolgen. Eine solche
Weiterbildung, die sehr viel weitgehender als der zweite Bildungsweg wäre, würde einerseits
den nationalen Sozialstaat entlasten, dann nämlich, wenn die Arbeitslosigkeit abgebaut
werden würde, während zu einem anderen Zeitpunkt freistehende Kapazitäten besser genutzt
werden könnten, andererseits könnte ein höheres Zufriedenheitsniveau in der Bevölkerung
insgesamt erreicht werden, da der Berufs-„Abschluss“ nicht zuletzt abschließend wäre.
Dies käme dem schon vielfach erwähnten „Wir-Gefühl“ zugute, und hätte außerdem den
Vorteil, große Abwechslung für entsprechend einsatzbereite Bürger bei gleichzeitig erhöhter
Mobilität und Durchlässigkeit der bisher als gefestigt geltenden Schranke zwischen
Werktätigen und Studierenden, zu bieten.
Schließlich würde ein „Verteilungskampf“(289) um Ausbildungsplätze weniger einschneidend
geführt als heute noch oder gar zur Zeit des generellen Numerus Klausus. Eine Aufschiebung
eines Ausbildungsabschnittes würde damit auch die Ausbildungsstätten entlasten.
Gesundheitswesen - Staatliche Fieberkurve?
Das Gesundheitswesen, das seinen Bürgern die erforderliche Sicherheit und Heilung
gewähren kann, kostet sehr viel Geld. Wenn heute verstärkt von der
“Solidargemeinschaft”(290) der Versicherten die Rede ist, muss auch Berücksichtigung
finden, dass diese “Solidargemeinschaft” auf Dauer angelegt ist und “Gäste” in dieser
Gemeinschaft unter Umständen weniger aus dem gemeinsamen Topf holen können als solche
Mitglieder, von denen absehbar ist, dass sie von Geburt bis zum Tod diesem System treu
bleiben.
Diese oben schon grundsätzlich geklärte Problematik bedarf hier nicht unbedingt weiterer
Vertiefung. So viel sei jedoch in diesem Zusammenhang noch angemerkt:
Neu Hinzutretende können nicht von Anfang an das volle Spektrum des hiesigen
Gesundheitssystems ohne Gegenleistung erwarten, sondern müssen von Anfang an darauf
vorbereitet werden, dass die Differenz zwischen dem Heimatstaatniveau und dem hier
üblichen Standard der kostendeckenden Zuzahlung des Patienten bedarf.
Dass die BRD heute gerade das Gegenteil macht und Ausländer als mit im Inland
beschäftigten Familienangehörigen mitversichert, steht auf einem anderen Blatt(291). Dass
dies durch Staatsverträge abgesichert wurde, ist schon insofern ein Skandal, als heute
angeblich nicht einmal diese Kosten geschätzt werden können, obwohl die gesetzlichen
Krankenkassen bis vor kurzem vor dem Kollaps gestanden haben.
Ein anderer Punkt der Kostensparung betrifft die unerwünschte Lebensverlängerung. Oftmals
werden Menschen unendlichen Qualen unterworfen, indem ihnen ein nicht mehr lebenswertes
Leben gegen ihren Willen aufgedrängt wird. Bereits unter dem Aspekt der Menschenwürde
darf so etwas nicht zur Regel werden.
Es entspricht einer schon krankhaften Übersteigerung eines überlebten Humanismus, dass
Leben mit allen Mitteln erhalten werden muss, wenn es eigentlich aufgrund der
Gegebenheiten nicht mehr erhalten werden kann und von selbst erlöschen würde.
Sophistisch wäre in diesem Zusammenhang die Frage, ob der Einzelne in einer derartigen
Situation überhaupt von der Solidargemeinschaft verlangen kann, dass derartige - letztlich
unnötige - Kosten akzeptiert und getragen werden. Es fehlt nämlich in einem solchen Fall die
Möglichkeit der Willensäußerung, so dass ohnehin vom mutmaßlichen Willen auszugehen ist.
Unter diesem Aspekt kann ohne Weiteres angenommen werden, dass ein mutmaßlicher Wille
des menschlichen Individuums einem menschenwürdigen Ende nicht entgegenstehen kann.
Ohne in diesem Zusammenhang auf Kosten einzugehen, bedarf es einer menschlichen und
menschenwürdigen Entscheidung, die kontrollierbar und kontrolliert sein muss.
Das Instrumentarium für eine derartige, im wahrsten Sinne des Wortes „lebenswichtige“
Entscheidung kann sehr vielfältig sein, um den Interessen aller irgendwie Beteiligten gerecht
zu werden und darf letztlich nicht das Gesundheitswesen über Gebühr belasten. Dabei ist
selbstverständlich eine strikte Hierarchie der Entscheidungen zu wahren:
In erster Linie liegt die Entscheidung beim Betroffenen selbst. In zweiter Linie bei nahen
Verwandten und so fort.
In besonderem Umfang wird heute über die gesetzlich Versicherten „gespart“(292). Dabei
wird die Akzeptanz des Sparens bei den Betroffenen dadurch besonders erschwert, dass diese
letztlich gar keine Kenntnis über die Abrechnung erhalten, sondern lediglich mit dem
Krankenschein einen “Blankoscheck” hingeben und selbst bei der Kontrolle der Leistung
ausgeschlossen bleiben.
Dieses System wird der Rolle des mündigen Bürgers ebensowenig gerecht wie dem Umstand,
dass der Arzt letztlich eine Entscheidung treffen muss, die nicht in erster Linie unter einem
Kostendiktat stehen darf. Die Errechnung eines Budgets ohne konkrete
Beurteilungsspielräume verstößt im Prinzip schon an sich als Ungleichbehandlung gegen den
Gleichheitssatz(293), denn hier wird deutlich Ungleiches gleich behandelt.
Das System muss somit zum einen dem bevorzugten Menschenbild angepasst, zum anderen
insgesamt transparenter werden. Daraus folgt, dass der gesetzlich Versicherte grundsätzlich
Herr des Geschehens zu bleiben hat und nicht jede Verantwortung mit dem Krankenschein
abgibt.
Ihm gegenüber hat die verrechnende Stelle - vergleichbar den Privatpatienten - eine Rechnung
zu erteilen, die dieser dann bei seinem Versicherungsträger einreichen kann, gegebenenfalls
mit Anmerkungen versehen. Ein solches System würde mehr sparen als sämtliche Versuche
bisheriger Kostendämpfung. Der Kranke würde wieder mehr Individuum und
Entscheidungsträger und weniger Patient, d. h. Leidender sein.
Schließlich wäre im Rahmen der Eigenverantwortung auch daran zu denken, Anreize zu
geringerer Schadenshäufigkeit analog der jetzigen Schadensfreiheitsrabatte bei der
Fahrzeugversicherung zu schaffen. Ein solches System kombiniert mit einem System besserer
Vorsorge wäre geeignet, insgesamt der Gesundheit ebenso zu dienen wie dem Kostensystem
der gesetzlichen Krankenversicherung.
Bei der Finanzierung müsste eine individuellere Abstufung möglich sein: An einem
umfassenden Schutz im Sinn einer “Luxusedition”(294) kann nicht ohne Weiteres der
Arbeitgeber zur Hälfte beteiligt werden. So gesehen müsste das System abgestuft gestaltet
sein. Einen weitgehenden Basisschutz finanzieren Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen
Teilen. Weitergehende, besonders kostenintensive, medizinisch nicht unbedingt notwendige
Maßnahmen kann der Einzelne selbst versichern.
Ein solches System würde Arbeitskosten senken und damit Arbeitsplätze schaffen, bei
gleichzeitiger internationaler Konkurrenzfähigkeit der hiesigen Löhne. Auch hier könnte nach
einem gewissen Leistungsschema der Staat stärker am Versicherungsschutz bestimmter
Bürger beteiligt werden und so diese selbst und die Arbeitgeber in angemessenen Umfang
entlasten. Man denke in diesem Zusammenhang beispielsweise an die Kosten einer
Schwangerschaft mit Vorsorge und Entbindung sowie Nachbehandlung. Es ist nicht
einzusehen, daß Kosten, die hierfür anfallen, rechnerisch dem Arbeitgeber und dem
Betroffenen direkt zugeordnet werden, indem dort über Krankenschein abgerechnet wird.
Während versicherungstechnisch hier vom “Geburtsrisiko” die Rede ist, sollte sich ein
vernünftiger Staat, der auf seine Zukunft baut, nicht lumpen lassen und sämtliche Kosten, die
mit einer Geburt in Zusammenhang stehen, ohne Rücksicht auf die Versicherungsart der
Betroffenen übernehmen. Eine solche Praxis würde fördernd und entlastend zugleich
zukunftsorientiert wirken(295).
Sicherheit - Das unteilbare Problem
Willi Brandt hat einmal gesagt: "Sicherheit ist nicht das Wichtigste, aber ohne sie ist alles
nichts." Dieser Satz sollte schon deshalb zu denken geben, weil er von einem Mann kommt,
der am Anfang einer Entwicklung stand, an deren Ende Sicherheit im ursprünglichen Sinn
nicht mehr gegeben sein wird.
Bei der Frage der Sicherheit(296) wird heute landläufig unterschieden zwischen innerer und
äußerer Sicherheit. Diese Unterscheidung ist schon aus funktionalen Gründen wichtig, denn
das Grundgesetz unterscheidet strikt die für die Sicherheit zuständigen Organe:
Für die innere Sicherheit ist im wesentlichen die Polizei und damit das Land, für die äußere
Sicherheit die Bundeswehr und damit der Bund zuständig(297).
In einer Zeit, in der die Bedrohung allgegenwärtig ist und im übrigen die Bedrohung der
inneren Sicherheit auch oft von Ausländern ausgeht - man denke daran, daß das organisierte
Verbrechen seine Wurzeln in Rußland, China und früher noch in Italien hatte - der
Terrorismus sowieso überall auf der Welt zu Hause ist, erscheint diese Unterscheidung
unzeitgemäß und unzweckmäßig.
Überlegt man, daß mitunter verschiedene Techniken des Kampfes bzw. eine andere Taktik
oder Strategie verlangt werden könnte, so wird in diesem Zusammenhang daran erinnert, daß
der internationale Terrorismus sich auch militärischer Waffensysteme bedient und daß in
verschiedenen Fällen auch das organisierte Verbrechen schon einer militärähnlichen
Organisation gleicht.
Auf der anderen Seite kann nicht verkannt werden, daß heute schon die Polizei Waffen
einsetzt, die noch bis vor kurzem einer militärischen Auseinandersetzung vorbehalten waren.
Denkt man schließlich an die Notwendigkeit einer Kosteneinsparung und daran, daß eine
geteilte Organisation vielfach gleiche Verwaltungsaufgaben verschiedenen Gremien zuweist
und dass im übrigen eine Unterscheidung lediglich rechtshistorische Bedeutung haben kann,
so muß man zu dem Ergebnis kommen, daß Sicherheit als Aufgabe nicht teilbar ist und ein
und derselben Exekutive zugewiesen werden muss.
Dass dies auch ohne weiteres funktionieren kann, zeigen Polizeieinsätze der Bundeswehr
beispielsweise in Bosnien, im Kosovo und in Afghanistan:
Auch Soldaten können mit Feingefühl einer Bevölkerung gegenübertreten, die nicht
militärisch aktiv ist und die im Grunde genommen das Objekt der Sicherheit und des Schutzes
zu sein hat.
Da im nationalen Sozialstaat vor allen Dingen gespart werden muß, ist eine Bündelung der
Sicherheitskräfte unbedingt erforderlich. Daraus folgt, daß künftige Sicherheitsorgane nicht
auf Länderebene zu verteilen sind, sondern der Bund insgesamt für die Sicherheit
verantwortlich sein muß. Nichts Anderes gilt bei jeder größeren Demonstration, wenn nämlich
die Länderpolizeien Unterstützung anderer Länder anfordern und schließlich der Ruf nach
dem Einsatz der Bundespolizei unüberhörbar ist. Neben der Kostensparung hat die
Bündelung der Kräfte auch den Vorteil, daß ein Kompetenzgerangel zwischen den
Sicherheitskräften der Vergangenheit angehört und die Verantwortlichkeiten für die Sicherheit
von vornherein feststehen.
Haushaltspolitische Vorteile und funktionale Notwendigkeiten verlangen also nach einer
Bündelung der Kräfte, die sowohl die Sicherheit im Äußeren als auch im Inneren weit
wirkungsvoller gewährleistet, als dies bisher der Fall ist.
Ein weiterer Grund für diese Bündelung der Kräfte ist die veränderte Ausgangssituation am
Anfang des dritten Jahrtausends:
Große Ansammlungen von gepanzerten Kräften bieten heute jedem potentiellen Gegner ein
"Atomziel"(298) und sind daher tunlichst zu vermeiden.
Sämtliche Konflikte seit 1950 finden im Wesentlichen im Rahmen hochmobiler
schwerbewaffneter Verbände statt; Panzerschlachten á la Zweiter Weltkrieg sind die absolute
Ausnahme. Daraus folgt die Überlegung, den Schwerpunkt einer künftigen Rüstung
allgemein auf die Mobilität und die Einzelbewaffnung zu legen. Das heißt nicht, daß auf
Panzerverbände konventionellen Zuschnitts ganz verzichtet werden müßte. Panzerverbände
sind in erster Linie mit einer besonderen Technologie verbunden und sollten daher möglichst
nicht jedem zur Verfügung stehen. Panzerverbände sind darüber hinaus der obersten
Führungsebene ebenso wie eine nukleare Ausrüstung in speziellen Situationen vorbehalten.
Nachdem zum ersten Mal in der Geschichte ein Krieg aus der Luft entschieden werden
konnte (Kosovo), ist auch hier für die politische Planung eine neue Situation entstanden:
Allein die Luftüberlegenheit ermöglicht es, politische Prinzipien durchzusetzen, egal wo. Nur
unter der Prämisse einer Luftüberlegenheit ist es überhaupt noch möglich, schwere gepanzerte
Kräfte am Boden zu bewegen. Aus diesem Grund ist ein besonderer Wert darauf zu legen, daß
zumindest im eigenen Territorium kein anderer die Luftüberlegenheit für sich reklamieren
kann. Daraus folgt, daß eine eigene Luftwaffe umfassend so auszurüsten ist, daß zumindest
zum Zeitpunkt der Beschaffung keine andere Luftwaffe in der Lage sein wird, wirksam in den
eigenen Luftraum einzudringen. Darüber hinaus muß auch die eigene Luftwaffe in der Lage
sein, im Krisenfall selbst ihre Überlegenheit außerhalb des eigenen Luftraumes unter Beweis
zu stellen. Die derzeitige Bundesluftwaffe ist hierzu in keiner Weise bereit, sowohl was die
technische Ausrüstung anbelangt, als auch was die strategischen Fähigkeiten der Führung und
die Führungsmittel betrifft.
Auch zur See muß ein eigenständiger Staat Präsenz beweisen können. Tut er das nicht, läuft er
Gefahr, in einer Zeit der Globalisierung den Anschluß zu den Rohstoffquellen zu verlieren
oder wird auf fremde Hilfe angewiesen sein, wenn er sich unter Druck sieht. Das bedeutet,
daß konventionelle Teilstreitkräfte, wie Luftwaffe und Marine in noch stärkerem Maße
gefördert werden müssen, während das Heer teilweise durch Übernahme der Polizeikräfte der
Länder entlastet werden könnte. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, daß
Einspareffekte bei der Zusammenlegung und Bündelung der Sicherheitskräfte bei denselben
zu verbleiben haben, da allein durch das Vorhandensein dieser Kräfte die eigene Sicherheit in
ausreichendem Maße gewahrt werden kann.
Wenden wir uns nämlich der Frage zu, von wo die Sicherheit bedroht wird, so stellt sich von
vornherein augenblicklich heraus, daß die Bedrohung nach dem Zerfall der Sowjetunion nicht
geringer geworden, sondern zumindest gleich geblieben ist(299).
Allein was die Agententätigkeit auf unserem Territorium anbelangt, ist festzustellen, daß diese
nach dem Ende des kalten Krieges noch virulenter geworden ist(300). Gleichzeitig operieren
hierzulande sämtliche kriminellen Vereinigungen der ganzen Welt. Darüberhinaus ist es nur
eine Frage der Zeit, bis die Armee der russischen Föderation kein Betätigungsfeld mehr im
unmittelbaren Bereich der ehemaligen Sowjetunion (Tschetschenien) findet, um von den
Fehlern der Politik ablenken zu können. Es wird dann Zeit für diese Kräfte, daran zu denken,
daß hier sämtliche Supermarktregale, Tankstellen, usw. wohl gefüllt sind und eine Kraft, die
sich ihnen entgegen stellen könnte, lediglich auf dem Papier besteht. Die kommunistische
Gefahr aus dem Osten im ursprünglichen Sinn scheint mit dem Zerfall der Sowjetunion
vielleicht gebannt. Eine völlig neue Gefahr, die ihre Avantgarde in der Russenmafia sieht, ist
jedoch bereits im Herzen Mitteleuropas.
Wer dies als Hirngespinst abtut und im übrigen darauf verweist, daß in Rußland ein
Demokratisierungsprozeß stattfinde, muß sich die Frage gefallen lassen, warum Rußland nicht
in der EU oder die NATO aufgenommen werden soll:
Dort herrschen eben andere Verhältnisse und die Macht ist undurchschaubar. Unabhängig
davon besteht noch ein gewaltiges militärisches Potential aus den Zeiten der
niedergegangenen Sowjetunion, das mit Nuklearwaffen und mit einer ungeheuren Armada an
See- , Luft- und Panzerfahrzeugen jederzeit in der Lage ist, einem abgerüsteten Europa das
Fürchten zu lehren. Darüber hinaus rüsten insbesonders islamische Staaten in einem Maße
auf, das nicht mehr mit allgemeinen Fragen der Grenzsicherung erklärbar ist. Hier sollte daran
gedacht werden, daß es jahundertelang der Traum des Islam war, in das Herz Europas
vorzustoßen. Versuche, dies über Spanien und Frankreich bzw. über den Balkan und
Jugoslawien zu bewerkstelligen, sind in der Geschichte vielfach überliefert. Jetzt stellt sich
somit die Frage, ob Europa unter diesen Prämissen dem höchst fragwürdigen Schutz durch
die USA und deren Waffen überlassen werden kann.
Bedenkt man das oben zum nationalen Sozialstaat Gesagte, so gilt es insbesondere, dieses in
der menschlichen Geschichte "einmalige Pflänzchen" zu wahren und vor jeglichen
Übergriffen zu schützen, denn in einer Welt der sozialen Gegensätze sind internationale
soziale Gegensätze die gefährlichsten und könnten auf absehbare Zeit den Anlaß für einen
verheerenden Krieg bieten:
Je schwächer sich ein System nach außen darstellt, desto größer wird die Einladung zu einem
militärischen Abenteuer an seinen Nachbarn und allein aus diesem Grund ist es die Pflicht des
nationalen Sozialstaats, seine Bürger nicht nur im Innern gegen kriminelle Machenschaften zu
schützen, sondern auch nach außen Wehrhaftigkeit jeder Form der Aggression
entgegenzusetzen.
Gerade deshalb ist völlig unverständlich, warum in unserem Land die Wehrpflicht abgeschafft
wurde. Gerade die Wehrpflicht hat den Vorteil alle Schichten und Gruppen des Volkes zu
akzeptablen Kosten in die Verteidigung der eigenen Werte einzubinden. Wenn heute hierzu die
Auffassung vertreten wird, professionelle Streitkräfte seien letztlich billiger, ist das schon
deshalb nicht nachvollziehbar, weil spätestens im Falle ihrer Bewährung Streitkräfte
grundsätzlich verschlissen werden, was in unserem Fall bedeuten muss, dass schon nach
kurzer Zeit gar keine Sicherheitsorgane mehr zur Verfügung stehen würden.
Welche Auswirkung hat eine derartige Umgliederung der Sicherheitsorgane für den Staat?
Die Antwort ist nicht ganz einfach. Zum einen werden Kosten eingespart, weil die
"Wasserköpfe der Verwaltung" auf ein bundesweites Sicherheitssystem reduziert werden
können und vielfach Länderverwaltungen für die Polizeikräfte wegfallen. Da jedoch die
Länderpolizeien sich schon verstärkt ausländischer Kräfte bedienen, kommt es hier zu
Schwierigkeiten. Kann ein türkischer Polizist beispielsweise Dienst in den einheitlichen
Sicherheitsorganen weitertun? Geht man davon aus, daß staatliche Organe dem Staatsvolk
vorbehalten sind, ist die Antwort hier relativ einfach:
Angehörige der Sicherheitsorgane müssen Angehörige des Volkes sein, welches sie zu stellen
hat. Dies ist unabhängig davon wichtig, ob es zu einer Vereinheitlichung der
Sicherheitsorgane kommt. Die innere Sicherheit in Deutschland kann nicht durch Ausländer
bzw. durch ausländische Polizisten gewährleistet werden. Die Sicherheit geht wie alle Macht
vom Volk aus. Soweit einheitliche Sicherheitsorgane geschaffen werden sollten, ist dies von
besonderer Bedeutung:
Die Arsenale an Waffen, die den einheitlichen Sicherheitsorganen zur Verfügung stehen,
gehen weit über das hinaus, was heute der Polizei zur Verfügung steht. Im Fall von
Ausschreitungen durch ausländische "Mitbürger" wären die Fronten verwischt, würden
ausländische Diensttuende in den Sicherheitsorganen toleriert; sie könnten sich mit schweren
Waffen versehen und die Folge wäre ein ans Infernalische grenzender Bürgerkrieg. Daraus
folgt, daß nur Angehörige des Volkes Angehörige der Sicherheitsorgane sein dürfen.
Bestimmte, heute der Polizei zugewiesene Aufgaben, könnten ausgegliedert werden, da sie
mit dem Begriff der Sicherheit im engeren Sinn nichts zu tun haben:
So könnten beispielsweise Verkehrsregelungs- und Überwachungsaufgaben ohne Weiteres
einer zivilen Behörde(301) übertragen werden, die nicht mehr Teil der Sicherheitsorgane
wäre. Straßenverkehr beispielsweise bedarf nicht bewaffneter Macht. Hier ist es auch ohne
Bedeutung, ob der die rot-grüne Kelle hebende Beamte Deutscher im Sinne des
Grundgesetzes bzw. ob ein Migrationshintergrund gegeben ist. Ohne Bedeutung ist es, ob bei
einem Ampelausfall auf einer Kreuzung ein Deutscher oder ein ausländischer "Mitbürger"
den Verkehr regelt. Letztlich ist es auch ohne Bedeutung, ob lebensmittelpolizeiliche
Kontrollen von einem Deutschen oder einem ausländischen "Mitbürger" durchgeführt werden.
Erkennbar wird an diesen Beispielen, daß es keine Rolle spielt, wer letztlich hier tätig wird. In
allen Fällen handelt es sich nicht um Fragen der inneren oder äußeren Sicherheit im engeren
Sinn. Daraus folgt, daß nicht sicherheitsspezifische Aufgaben auch im nationalen Sozialstaat
von Teilen der Exekutive ausgeführt werden, die nicht für die primäre Sicherheit zuständig
sind.
Sicherheitsspezifische Aufgaben haben jedoch eine besondere Qualität, die unmittelbar die
Sicherheit des Volkes und damit das Volk selbst berühren. Diese Aufgaben sind ausschließlich
solchen Menschen zu übertragen, die Angehörige des eigenen Volkes sind, denn nur sie
können einen Anspruch auf Autorität gegenüber jedermann erheben. Bei der Auswahl dieser
Kräfte ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen und es ist im Besonderen darauf zu
achten, daß diese Menschen möglichst nicht von außerdienstlichen Motiven geleitet werden.
Ein besonders restriktives Dienstrecht hat sicherzustellen, daß sämtliche Sicherheitsorgane im
Besonderen und im Allgemeinen ihren Dienst zweckentsprechend erfüllen können.
Der Preis für diese Sicherheit mag hoch sein. Es ist Aufgabe der Politik, die Effizienz zu
gewährleisten. Effiziente Sicherheitspolitik dient jedem und ist deshalb auch dann zu
akzeptieren, wenn die Kosten höher sind, als bei der derzeitigen ineffizienten Organisation der
Sicherheitsorgane.
Terrorismus - Umgang mit einem Phänomen
Terrorismus gewinnt erheblich an Bedeutung, seit es Gewalt gibt, die nicht unmittelbar dem
materiellen Fortkommen der Täter dient(302). Das Phänomen terroristischer Gewalt trifft
nicht nur unser Land und ist nicht nur auf unsere Zeit begrenzt. Aber es ist unser Land und
unsere Zeit, die in diesem Zusammenhang dieser Herausforderung zu genügen haben.
Terroristische Gewalt zielt auf politischen Einfluß. Was hat beispielsweise die terroristische
Gewalt einer Roten Armeefraktion (RAF)(303) bewirkt? Die Antwort auf diese Frage fällt
relativ leicht: "Wenig bis nichts."
Dies ist das Ergebnis einer Überlegung, in deren Vordergrund die Ökonomie steht. Wären die
terroristischen Aktivitäten der RAF ökonomisch geplant gewesen, wäre hier durchaus eine
Wirksamkeit zu verzeichnen gewesen. Im folgenden betrachten wir einen fiktiven
"ökonomischen Terrorismus".
Als Beispiel bietet sich ein militanter "Umweltterrorismus" an:
Will ein solcher Lebendtiertransporte für die Zukunft verhindern, so wäre er gut beraten, die
Kosten für Lebendtiertransporte in die Höhe zu schrauben. Die Folge wäre zwangsläufig eine
Verminderung solcher Transporte. So wäre ohne weiteres nachvollziehbar, daß
Lebendtiertransporte dann unterbleiben würden, wären ihre Kosten von den entsprechend
Interessierten zu tragen. Würde sich also die Gewalt beispielsweise gegen die Fahrer solcher
Transporte richten, würden also eine Anzahl Fahrer bei Durchführung ihrer Aufgabe von
Terroristen verletzt oder getötet, wäre kaum noch jemand bereit, solche Transporte
durchzuführen. Somit wäre beispielsweise der Tod weniger Fahrer solcher Transporte die
Ursache dafür, daß weitere Fahrer für die Zukunft nur bei einer entsprechenden
Gefahrenzulage bereit wären, derartige Transporte durchzuführen. Die Folgen wären
erheblich gestiegene Kosten für die Durchführung von Lebendtiertransporten. Die erhöhten
Kosten jedoch würden derartige Transporte vermindern und im Extremfall sogar zum
Erliegen bringen. Daraus folgt, daß ein in dieser Weise gearteter "Umweltterrorismus"
Lebendtiertransporte für die Zukunft ausschließen könnte, wäre es ein Risiko für jeden Fahrer,
einen derartigen Transport durchzuführen. Der Terrorismus hätte damit zu einem
zieldefinierten Erfolg geführt.
Wie gefährlich ein solcher „ökonomischer Terrorismus“ gesehen wird, ergibt sich schon
daraus, dass in England drastisch verschärfte Strafen schon für bloße Drohungen von
Umweltschützern angedroht werden(304).
Jeder Terrorismus, der in einer Gesellschaft von Erfolg gekrönt sein will, müßte sich insoweit
den Gesetzen dieser Gesellschaft unterwerfen. Im Extremfall könnte beispielsweise ein
politisch motivierter Terrorismus wie in Nordirland eine Autonomie herbeiführen, wenn die
Zentralverwaltung mit allzu hohen Kosten belastet wäre. Neuzeitlich organisierte
terroristische Vereinigungen werden, ob kurz oder lang, sich insoweit den Gegebenheiten
anpassen und dabei partiell ihren Willen durchsetzen.
Da der nationale Sozialstaat - wie oben gezeigt - selbst sparen muß, würde sich seinerseits die
Abwehrtätigkeit ebenfalls dem Ökonomieprinzip zu stellen haben:
Je riskanter sich eine terroristische Operation für die Täter darstellt, desto höher wäre das Ziel
zu bewerten oder die Aktion würde unterbleiben.
Ein systemgefährdender Terrorismus läßt sich nicht ganz in dieses Schema einordnen.
Derartige Täter zielen insbesondere auf die Vernichtung bzw. die Veränderung eines
herrschenden Systems, dessen Mittel oft nicht zu einem effektiven Schutz reichen. Sie
orientieren sich nicht primär an ökonomischen Werten. Ökonomische Werte spielen für sie
nur insofern eine Rolle, als deren Zerstörung als Kostenfaktor generell das angegriffene
System schwächen. Umgekehrt lassen sich diese Leute nicht unmittelbar durch „Kosten“ von
ihrem Ziel abbringen.
Der Anschlag vom 11. September 2001 hat gezeigt, dass eine rein ökonomische Betrachtung
diesem Phänomen nicht gerecht werden kann. Zum einen hätte ein noch größerer materieller
Schaden angerichtet werden können. Dennoch haben sich diese Terroristen darauf beschränkt,
„herausragende Objekte“ anzugreifen, um damit eine für die Öffentlichkeit durchschlagendere
Wirkung zu erzielen. Dies ist wiederum zum einen darin zu sehen, dass die in dem
angegriffenen System lebenden Menschen zunächst einen Schock erleben, denn das beim
Angriff beschädigte oder zerstörte Gut galt für sie bis zu diesem Zeitpunkt als höchst stabil,
allen anderen überlegen und hatte bis dahin eigene Stärke repräsentiert. Dem Schock folgte
wenig später ein permanentes Gefühl der Ohnmacht des eigenen Systems, mit dem man sich
nicht mehr wie bisher identifizieren kann. Nicht aus dem Auge verloren werden darf dabei
auch der entstandene materielle Schaden, der zwar nicht mehr die primäre Intension der
Angreifer ist, von ihnen jedoch sozusagen „am Rande“ gerne „mitgenommen“ wird.
Der Staat kann im Gegensatz zu diesen Terroristen nicht auf eine möglichst hohe materielle
Schädigung derselben hinwirken. Der Terrorismus ist hiermit staatlichen Organen einen
Schritt voraus, denn mit rechtsstaatlichen Mitteln kann das System hier eigentlich mit den
Terroristen niemals gleichziehen, ohne sich selbst aufzugeben. Wie wir am Beispiel der USA
nach dem 11. September 2001 feststellen konnten, kam es erstaunlicherweise zu einer
umfassenden Aufweichung des Rechtsstaatsgedanken:
Infolge der Anschläge vom 11. September 2001 wurden eine ganze Reihe von
Freiheitsrechten außer Kraft gesetzt(305), das gesamte ursprünglich an rechtsstaatlichen
Idealen aufgebaute System wurde umgewandelt in ein solches ohne feste Bindung an Gesetz
und Ordnung und steht damit ethisch und moralisch gesehen auf der Stufe der Volksrepublik
China, auf die die Bürger dieses Systems bisher sogar mit gewisser Verachtung herabblicken
konnten. Gerade aber dieser Umbau der rechtsstaatlichen Ordnung und die Einschränkung der
Freiheitsrechte führt zu einem neuen Phänomen: Die in diesem System lebenden Menschen
fühlen sich vom eigenen System in die Enge getrieben, überwacht, gegängelt und schließlich
bedroht(306). Kritische Geister voran werden in die „Sympathisantenecke“ gedrängt und
empfinden dieselbe einer Geiselhaft vergleichbar, in der nach einiger Zeit eine Solidarisierung
mit den Tätern beginnt, die sich gegen das „draußen verharrende“ System richtet(307). Das
Volk beginnt, dem System wegzulaufen, was den Intentionen der Terroristen entgegenkommt.
Als Reaktion beginnt das System repressiver zu werden, was den ganzen Vorgang noch
beschleunigt. Das so agierende, seine rechtsstaatlichen Wurzeln aufgebende System leitet
damit seinen Niedergang ein, wobei infolge immer mehr die Ökonomie des Terrorismus in
den Vordergrund treten wird: Eine kapitalistisch organisierte Ordnung wird sich immer nur
am Profit messen lassen können. Der Profit sinkt jedoch drastisch. Mit steigenden materiellen
Verlusten wachsen die Kosten für die Sicherheit, die immer mehr auch auf den niedrigeren
Ebenen teuer erkauft werden muss. Wenn am Ende dann derartige Kosten gesellschaftlich
verteilt werden müssen, werden immer mehr Bürger dem eigenen System den Rücken kehren.
Auch wenn sie nicht zu den Terroristen überlaufen, sind sie nicht mehr bereit, für das System
und seine schwindenden Kräfte einzutreten. Der Kampf muss mit immer neuen Repressionen
sich dann offen auch gegen das eigene Volk richten(308) Der Niedergang des kapitalistischen
Systems wird noch beschleunigt durch den Umstand, dass die Zuordnung der Anschläge
letztlich nicht klar definiert werden kann(309). Ganz abgesehen von Verschwörungstheorien
bleiben sehr viele Fragen offen. Unzweifelhaft hat das US-System schon lange vor den
Anschlägen die von ihm später geführten Kriege in Afghanistan und dem Irak geplant. Allein
die Tatsache, dass zur Rechtfertigung solcher Feldzüge die Anschläge herangezogen wurden,
ist nicht geeignet, das Vertrauen des eigenen Volkes zu vertiefen, unabhängig davon, ob
tatsächlich etwas an den Verschwörungstheorien hängenbleibt, oder die Terroristen nur die
Gunst der Stunde nutzen wollten und dabei aus völlig anderen Motiven heraus vom USSystem für die Durchsetzung aggressiver Ziele benutzt wurden. Der Gang der Geschichte
läuft zu Gunsten der Terroristen und zum Nachteil des Staates: Nach den Anschlägen auf
Kulminationspunkte folgen die vielen Nadelstiche, die dem System nicht nur primär Kosten
verursachen, sondern darüberhinaus in einer ungleich höheren Zahl von blinden Alarmen
weitaus höhere Kosten als die eigentlichen Zerstörungen verursachen. Ein Beispiel mag dies
in diesem Zusammenhang erläutern: Zu einem wirklich schweren Anschlag auf die
Infrastruktur der westlichen Länder ist es bisher noch nicht gekommen, abgesehen von dem
Anschlag auf die Vorstadtzüge in Madrid am 23.03 2004. Dennoch gab es im Vorfeld schon
eine große Vielzahl von blinden Alarmen allein in der Lodoner U-Bahn. Die Kosten hierfür
gehen einschließlich der Ausfälle in der Londoner City heute schon in den dreistelligen
Millionenbereich. Wenn tatsächlich das Sicherheitsniveau auf Grund der Vielzahl von blinden
Alarmen irgendwann einmal sinken wird – was natürlich mit sinkenden Kosten für den Staat
verbunden wäre – muss es aus der Planungssicht der Terroristen zu einem gewichtigen
Anschlag kommen, damit das Sicherheitsniveau wieder hochgefahren wird und die damit
verbundenen Kosten ein für das System exsistenzgefährdendes Niveau erreichen. Danach
wird wiederum der geringste Anlass - wie bereits geschehen, genügt hier ein einfacher
Telefonanruf – um das System zu veranlasen, Maßnahmen einzuleiten, die dann weite
Bereiche der Wirtschaft lahmlegen. In zunehmendem Maße werden dann die Reaktionen des
Systems weniger koordiniert, der Koloss beginnt zu wanken und den Rest erledigen dann die
das System dominierenden Entscheidungsträger von selbst.
Der Nationale Sozialstaat würde, weil er sich vom gegenwärtig vorherrschenden System
essentiell unterscheidet, mit gewisser Wahrscheinlichkeit gar nicht das Ziel derartiger
Terroristen werden. Eine Gefährdung kann umso mehr verneint werden, als schon die Nuance
einer Abweichung der deutschen Führung, wie beispielsweise vor dem Irakkrieg, dazu
beigetragen hat, unser Land nicht zum Ziel derartiger Terroranschläge werden zu lassen.
Wieviel mehr müsste dann das System des nationalen Sozialstaats potenzielle Terroristen
davon abhalten, Anschläge auf dem Gebiet der BRD zu verüben. Darüberhinaus schafft allein
die mit dem nationalen Sozialstaat verbundene Solidarität seiner Angehörigen ein wirklich
effizientes Mittel gegen Anschläge jeder Art, ohne dass es der wesentlichen Einschränkung
rechtsstaatlicher Grundsätze bedürfte. Der Rechtsstaat als solcher bliebe unangetastet, ohne
die Effizienz einer Gefahrenabwehr auch nur im Ansatz in Frage zu stellen.
Als Fazit bleibt festzuhalten: Nicht zuletzt, weil der nationale Sozialstaat sich von Anfang an
in ökonomisch sinnvollen Strukturen etabliert, sondern auch, weil er weltweit nicht dem
Feindbild der kapitalistisch dominierten Gesellschaftsstruktur subsumiert werden kann, stellt
er damit das sicherste und kostengünstigste Modell zur Abwehr terroristischer Gefahren dar.
Für das heutige System unvorstellbar, für den nationalen Sozialstaat aufgrund seiner Aufgabe
jedoch nachvollziehbar, hat auch der neue Staat hier Stärke zu zeigen. Es würde den Rahmen
dieser Darstellung sprengen, wollte man hier ins Detail gehen. Festzustellen bleibt jedoch in
diesem Zusammenhang, daß gerade hier die besondere Verwundbarkeit des heutigen westlich
Systems liegt. Es kann noch so weit die geltenden Gesetze ausschöpfen, es wird dennoch
niemals diesen systematischen Fehler ausmerzen können, ohne sich selbst aufzugeben.
Dabei ist es doch heute umso wichtiger, den künftigen Bedrohungen sachgerecht begegnen zu
können, denn die nukleare Komponente der terroristischen Bedrohung ist heute schon
Realität(310).
In der Schuldenfalle – bei wem ist der Staat verschuldet?
Zu verschiedenen Zeiten taucht immer wieder einmal die Forderung auf, der Staatshaushalt
müsse saniert, einer neuen Verschuldung müsse begegnet und die Schulden müssen verringert
werden. Derartige Forderungen kommen von der Opposition wie auch von
Regierungsseite(311); dabei wird sehr weit in der Argumentation ausgeholt:
Die Schulden müssten nächste Generationen abtragen(312), weshalb es unverantwortlich sei,
sich ein Wohlleben auf Kosten späterer Generationen „zu leisten“. (Andere argumentieren mit
diesem Problem, wenn es darum geht, Lohn- und Gehaltsansprüchen zu widerstehen,
beispielsweise, wenn ein Arbeitskampf im öffentlichen Dienst droht.)(313).
Ungeachtet aller „Appelle zum Sparen“ und aller „bösen Konsequenzen“ einer zu hohen
Verschuldung steigt die Staatsverschuldung ständig an(314). Es gibt viele wissenschaftliche
Ansätze, dieses Phänomen zu untersuchen; eine Antwort auf die Frage, warum sich die
Verschuldung insbesondere der Bundesrepublik Deutschland nicht zurückführen lässt, wurde
noch nicht präsentiert(315).
Bevor wir uns den Antworten auf diese Frage nähern könnte, müsste untersucht werden, wer
überhaupt Gläubiger des Staates ist. Erst wenn diese Frage beantwortet wäre, könnte das
Phänomen einer weiteren Untersuchung unterzogen werden.
Der Staat als Schuldner zahlt – wie auch private Schuldner – Zinsen und Tilgung. Dabei
finden die staatlichen Zinsenzahlungen meistens anonymisiert in der Weise statt, daß über
Banken sogenannte Coupons vorgelegt werden(316); wem die Obligationen und Anleihen
gehören, interessiert dabei in der Regel niemanden. Es handelt sich nämlich meist um
sogenannte Inhaberpapiere(317). Die Frage, an wen die Zinsenzahlungen laufen, lässt sich nur
sehr schwer aufhellen, weil hier das Bankgeheimnis doch tatsächlich wie ein Geheimnis
behandelt wird und auch steuerliche Aussagen hierzu nicht eindeutig ausfallen. Aussagen
lassen sich daher nur im statistischen Rahmen treffen(318). So fällt zum Beispiel auf, dass
allein das relativ niedrige (deutsche) Kapitalertragssteueraufkommen den Schluß eindeutig
zuläßt, die Mehrheit der Gläubiger des Staates unterfallen nicht der Einkommenssteuer bzw.
der Kapitalertragssteuer und leben daher nicht im Inland(319). Dies allein läßt jedoch nur den
weiteren Schluß zu, dass ein erheblicher Transfer an Zins und Tilgung ins Ausland erfolgt.
Anonym lässt sich der Zahlungsverkehr der Banken schon darstellen, wobei jedoch die Höhe
der Einzelzahlungen nicht bekannt wird. Wie gesagt, lässt sich jedoch eine statistische
Aussage im Hinblick auf den globalen Transfer treffen: Die meisten Zinszahlungen – und
diese teilweise auch durch den Weg der Coupons nachvollziehbar dargestellt - laufen in das
Finanzzentrum New York(320).
Es liegt also die Vermutung belegbar nahe, dass die meisten Gläubiger des Staates zumindest
mit New York in der Weise verbunden sind, dass sie hier ihre Bankkonten führen lassen.
Zweifellos müssen diese Konten sehr werthaltig sein, denn allein der Zinsfluß ist
gewaltig(321).
Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass die Bundesrepublik vergleichsweise sehr gute
Konditionen erhält, während gleichbonitäre andere Länder wie z. B. die Niederlande
konditionsmäßig die BRD geradezu beneiden(322).
Aus der privaten Kreditwirtschaft ist bekannt, dass Banken gerne Kredite an sehr bonitäre
Kunden geben. Sollte es sich da nicht vielleicht im internationalen Rahmen ähnlich verhalten,
d. h. könnte es nicht sein, dass die Geldgeber, die derzeit die Hauptgläubiger des Staates zu
sein scheinen, sehr gern dem Staat weiterhin als Kreditgeber zur Verfügung stehen?
Stelle man sich doch einmal vor, die BRD würde tatsächlich in die Lage versetzt sein, Kredite
zurückzuzahlen, also zu tilgen. Die Kreditgeber des Staates müssten sich dann nach anderen
Anlagemöglichkeiten umsehen, d. h. sie hätten zunächst einmal zu viel Liquidität(323). Diese
Liquidität müßte möglicherweise zu ähnlich günstigen Bedingungen – wie bisher der BRD anderen zur Verfügung gestellt werden, die die verbesserten Konditionen ebenfalls dazu
verwenden könnten, damit anzufangen, sich zu entschulden(324), Die gesamte Liquidität
würde, wenn sie einmal vorhanden wäre, sich nicht verbergen lassen, d. h. es wäre trotz
Bankgeheimnis und Steuergeheimnis erkennbar, wo übermäßige Geldmengen vorhanden
waren(325). Dies könnte auf keinen Fall im Interesse dieser Anleger sein, denn es würde ja
geradezu die Anonymität offenbaren.
Es stellt sich nunmehr die Frage, was von (Anleger-) Kreditgeberseite möglicherweise dazu
beigetragen werden kann, dass sich die BRD nicht durch Rückzahlung ihrer Schulden von der
Zinslast befreien kann.
In erster Linie würde also hier eine Manipulation der Liquidität im „Kreditnehmerland“ BRD
betroffen sein. Zunächst gibt es hier – je nach Mächtigkeit auf Anlegerseite - verschiedene
Möglichkeiten, insbesondere im Währungsbereich, auf die Liquidität eines Landes Einfluß zu
nehmen.
Die Liquidität der Bundesrepublik beispielsweise hängt im Wesentlichren schon deshalb von
Währungsparitätsschwankungen ab, weil sehr viele Güter und fast alle Rohstoffe eingeführt
werden müssen. In den meisten Fällen wird in US$ fakturiert(326); so beispielsweise führt
eine Verteuerung des Dollars zu einer erheblichren Verteuerung der Energieeinfuhren, was
von vornherein mit höheren Kosten im Inland verbunden ist und damit gleichzusetzen wäre
mit Steuerausfällen.
Eine andere Möglichkeit wäre beispielsweise dann gegeben, wenn von Kreditgeberseite eine
Einflussmöglichkeit bestünde, den Staat mit Forderungen zu überziehen.
Betrachtet man die Zeit nach dem letzten Weltkrieg, so fallen insbesondere vier verschiedene
Forderungsarten auf, mit denen sich die jeweilige Bundesregierung konfrontiert sah :
1.
Die Wiedergutmachungsforderung der frühen
Nachkriegszeit
2.
Forderungen der internationalen Institution für friedliche und kriegerische Zwecke,
wie
beispielsweise UNO-Beiträge, Beiträge für Golfkrieg usw.
3.
Die Reperationsfrage der Jahrtausendwende
4.
Zahlungen der BRD an schwächelnde Eurostaaten, damit diese ihrerseits Schulden an
Bankinstitute Zahlen können, die anderenfalls nicht zu retten wären. In diesem
Zusammenhang ist jedoch die weit größere Gefahr, dass unbegrenzt Risiken eingegangen
werden durch Rettungsschirme etc. zu beachten. Damit könnte letztlich die BRD selbst an den
Rand des Staatsbankrotts gebracht werden.
Erstaunlich ist, dass die an die Bundesregierung herangetragenen Forderungen immer dann
besonders akut wurden, wenn eine besondere Liquidität vorhanden war, die zu einer
Schuldenreduzierung hätte genutzt werden können: Nach dem ersten Wirtschaftswunder gab
es sogar im Staatshaushalt kurzfristige Überschüsse, die sofort zur Wiedergutmachung zu
verwenden waren, um nicht der Regierung die Möglichkeit zur Schuldenreduzierung zu
geben(327).
Nach der Wiedervereinigung war es so, dass Angespartes vorhanden war und für den Aufbau
Ost Verwendung finden sollte, um auf diesem Wege Zahlungsmittelrückflüsse für den Saat zu
ermöglichen, die seinerseits zur Schuldentilgung hätten eingesetzt werden können. Zu dieser
Zeit wurden besonders hohe Prämien für den Golfkrieg fällig, die alle
Liquiditätsüberlegungen zunichte machten(328).
Schließlich gab es um die Jahrtausendwende Sparbestrebungen und Steuerreformvorschläge,
die insgesamt theoretisch zumindest eine Staatsentschuldung hätten ermöglichen können. Es
fällt auf, dass zu dieser Zeit wieder – und dies mit besonderer Vehemenz - Forderungen im
Rahmen der Zwangsarbeiterentschädigungsdebatte an die BRD herantragen wurden(329).
Auffällig dabei ist, dass - wie in den vorangegangenen Forderungsszenarien - auch hier die
USA eine Vorreiterrolle übernommen hatten(330) und dabei sogar noch weitergehende
Reperationsforderungen in Aussicht stellten, die für fremde Länder geradezu als Ermutigung
aufgefasst werden könnten, Forderungen an die BRD für im Krieg erlittenes Unrecht zu
stellen(331).
Was passiert, wenn der nationale Sozialstaat nicht kommt ? - Düstere Zukunft
Soweit die Prinzipien des nationalen Sozialstaats nicht zur Anwendung kommen, werden
immer mehr Ausländer in den Geltungsbereich des Grundgesetzes einwandern. Sie und der
Anteil an der Bevölkerung, der vom Sozialstaat lebt, werden durch ständige und ausgeweitete
Entnahmen letztlich den Sozialstaat über Gebühr in Anspruch nehmen, so daß er am Ende
seine Leistungsfähigkeit verliert. Dies ist der Zeitpunkt, an dem das System zusammenbricht.
Ohne funktionierende Sozialstaatskomponete kann die Marktwirtschaft hier nicht mehr
funktionieren. Sie ist es, die nicht nur die Fehler des marktwirtschaftlichen Systems korrigiert,
sondern letztlich auch das marktwirtschaftliche System garantiert. Fällt diese Komponente
weg, hört auch die Marktwirtschaft auf zu funktionieren, denn ihre Funktion wird dann durch
eine allgemeine Abwehrhaltung der Bewohner dieses Gebietes in Frage gestellt. Das System
kann sich dann nicht mehr nach innen behaupten und damit auch nicht mehr nach außen
verteidigen. Auswärtige Kräfte, die an einem Funktionieren des Gemeinwesens hierzulande
interessiert sind, werden es auf kurz oder lang übernehmen. Diese Kräfte sind jedoch in ihren
Lebensbereich eingebettet und er ist es, der die Ziele der Politik dann definieren wird.
Ein System, das keine transzendentale Komponente besitzt, wird im Kampf der Systeme im
Laufe der Zeit unterliegen. Aufgrund der geographischen Nähe ist damit zu rechnen, daß es
islamische Staaten sein werden, die auf Dauer dann diesen Teil der Welt dominieren werden.
Kräfte, wie beispielsweise die USA werden ihre Herrschaft in Europa dann aufgeben, wenn
der ökonomisch gerechnete Preis hierfür die Gewinnmöglichkeiten übersteigt. Auf absehbare
Zeit würde in einem solchen Fall Europa dann dem islamischen Kreis zufallen, der seinerseits
seine ideologische Grenze an der sino-hinduistischen Sphäre finden würde.
Die Welt wäre dann wieder zweigeteilt, wie zu Zeiten des Kalten Krieges und mit gewisser
Phantasie könnte man dann auch wieder von einem Ost-West-Gegensatz reden, dessen
Grenzen allerdings ein wenig verschoben wären.
Eine solche Welt hätte für die hier lebenden Menschen regelrecht die Qualität eines
Weltunterganges.
Wer diese Überlegung als absurd abtut, sollte im Auge behalten, daß es zu verschiedenen
Zeiten seit unserer Zeitrechnung schon Versuche gab, Europa zu islamisieren. Es war immer
millitärische Gewalt, die dies verhinderte: Die von Westen in Europa eindringenden
moslemischen Araber wurden schließlich in der Schlacht bei Tours und Poitier vernichtend
geschlagen und in den darauffolgenden 800 Jahren Schritt für Schritt nach Nordafrika
zurückgedrängt. Die über den Balkan, also von Osten angreifenden islamischen Osmanen
wurden im 16. und 17. Jahrhundert aus Süddeutschland bis fast zum Bosperus ebenfalls
zurückgeschlagen. Europa hat im übrigen in seiner Geschichte schon wiederholt bewiesen,
daß es in der Lage ist, sich und die Seinen wirksam gegen Invasionen zu verteidigen. Zu
erinnern ist in diesem Zusammenhang daran, daß auch schon die mongolisch-chinesischeWelt versucht hat, sich Europa zu unterwerfen. Auch hier ist der Versuch letztlich mit
vereinter millitärischer Gewalt zurückgewiesen worden.
Unser heutiges System scheint die Fähigkeit, globalen millitärischen Widerstand zu leisten, zu
verlieren. Zu viel verläßt sich der Kontinent auf eine höchst zweifelhafte Hilfestellung von
jenseits des Atlantik. Zu viel ist man bereit, für diese denkbare Hilfe zu bezahlen. Zu wenig
besinnt man sich auf die eigene Kraft, die im Rahmen der Globalisierung nur noch als
Umsatzzahl Gewicht zu behalten scheint.
Die letztlich über Jahrhunderte die Widerstandskraft Europas stärkende Funktion der Kirche
wird total vergessen. All dies bietet am Anfang des dritten Jahrtausends höchst zweifelhafte
Erwartungen für die Zukunft. Eine "entgötterte" Welt hat schon der dreißigjährige Krieg in
Europa hinterlassen. Eine Welt ohne Ideale, wie sie nach dem zweiten Weltkrieg in Europa
entstand, erscheint wie ein Körper, dem jede Immunstärke fehlt. Der Verfall von Sitte und
Kultur hat eine bisher nicht gekannte Krankheit und ihre Verbreitung in Europa geschaffen:
AIDS zerstört das Immunsystem des menschlichen Körpers. Gleichzeitig zerfällt bei
Globalisierung und falsch verstandener Toleranz die Widerstandskraft der europäischen
Staatenwelt und wie ein Schnupfen letztlich zum Tode eines Aidskranken führen kann,
erscheint das Ende der abendländischen Kultur plötzlich in greifbare Nähe gerückt.
Eine Medizin gegen AIDS ist bisher nicht gefunden worden, ein Heilmittel gegen den Zerfall
unserer Kultur ebenfalls nicht. Eine Entscheidung für einen nationalen Sozialstaat hierzulande
wäre jedoch geeignet, den Zerfallprozeß erheblich zu verlangsamen. Sicher hätten die
Menschen noch keine Ideale, wenn lediglich der Sozialstaat nationalisiert werden würde. Aber
das damit verbundene "Wir-Gefühl" wäre in der Lage, alte Ideale für die Gemeinschaft
wiederzubeleben. Die begleitende Kraft der Kirche könnte das dann neu entstehende System
mit der die Zeit überdauernden Transzendentalfunktion ausstatten und dem Volk einen neuen,
dem alten vergleichbaren, Idealismus zurückgeben.
Die alte, neue Welt wäre dann gerettet.
Auf die Richtung kommt es an... Das Ringen um die politische Mitte
Das aus liberalistischer Tradition und Betrachtungsweise stammende und im Grunde
inzwischen überlebte Einteilungsschema sieht ein Spektrum der Parteien von rechts über die
Mitte nach links vor. Versucht man nun, die oben gewonnenen Erkenntnisse zum nationalen
Sozilalstaat in ein derartiges Spektrum einzuordnen, muß man sofort feststellen, daß dies
nicht so ohne weiteres möglich ist. Spätestens jetzt kommt der Zeitpunkt, sich mit den
allgemeinen geschichtlichen, politischen und propagandistischen Fragen einer derartigen
Einteilung auseinanderzusetzen:
In Deutschland ist bereits seit geraumer Zeit ein allgemeiner Kampf um die politische Mitte
entbrannt: Um in der Wählergunst Punkte zu machen, reklamieren die Parteien alle für sich,
die “Mitte” darzustellen und versuchen, den jeweiligen Gegner nach “rechts” und manchmal
“links” einzuordnen, wobei maßgeblich auf die Einstellung zum angestrebten
Wirtschaftssystem abgestellt wird. Im Wesentlichen stehen sich diametral zwei
wirtschaftspolitische Systeme gegenüber:
Der Kommunismus (“Planwirtschaft”) und der Kapitalismus (“Freie Marktwirtschaft”)
Beide Wirtschaftsordnungen sind zunächst einmal modellhafte Darstellungen, die sich in der
Realität – wie oben gezeigt - nirgends durchsetzen konnten. Politische Realität sind heute
Mischformen. Sehen wir die Wirtschaftssysteme als Mischformen auf einer Skala, auf deren
einem Ende der Kommunismus, auf deren anderen Kapitalismus in Reinform die Begrenzung
bildet, so gilt folgendes: Je stärker die kapitalistische Basis (marktwirtschaftliche Basis) des
Systems ausgeprägt ist, um so größer wird der gesamtwirtschaftliche Erfolg.
Ungeachtet dessen hat sich der Begriff “politisch links” für diejenigen, die das
planwirtschaftliche Instrumentarium bevorzugen, eingebürgert, während als “politisch rechts”
diejenigen bezeichnet werden, die marktwirtschaftlichen Kräften das größere Vertrauen
entgegenbringen.
Daraus die Schlußfolgerung zu ziehen, der Kapitalismus sei die Lösung sämtlicher Probleme,
wäre höchst zweifelhaft und wird nicht einmal von den politisch rechts stehenden Parteien
behauptet. Auch kam es zu dem Phänomen, dass die „Rechtsparteien“ CDU und FDP schon
bei den Bundestagswahlen 1998 vom Wähler eine vernichtende Absage erhalten haben. Die
Ursachen hierfür sollen im Folgenden betrachtet werden; gleichzeitig soll nach Lösungen für
die Zukunft gesucht werden, denn es sind erhebliche Zweifel angebracht, ob ein Mehr an
Planwirtschaft, wie es die Linksparteien propagieren, überhaupt ökonomisch tragbar
erscheint.
Nach dem zweiten Weltkrieg mutierte die politische Rechte insbesondere in Deutschland zu
einer möglichst emotionsfreien ökonomistischen Bewegung: Dem Kommunismus wurde die
Marktwirtschaft mit dem zentralen Menschenbild des “homo oeconomicus”
gegenübergestellt. Grundwerte wurden nur akzeptiert, wenn sie ins Bild passten. Homogene
Märkte hatten der kommunistischen Welt vom Systemansatz her ablehnend gegenüber zu
stehen, denn dort galten ja die Regeln des Marktes nicht. Jede Form von Nationalgefühl
wurde misstrauisch als unerwünschte Emotion abgetan, konnte doch von dort eine
Marktbeschränkung erwartet werden. Statt dessen wurde ein emotionales “Wir - Gefühl”
gefördert - “Freie Welt” -, das die Solidarität der allein auf die Marktkräfte Vertrauenden
stärkte und geeignet sein sollte, der übrigen Welt Stärke zu demonstrieren und dabei mit Hilfe
der so erreichten Abschreckung ein Gleichgewicht zu gewährleisten.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion schien die Notwendigkeit dieser emotionalen
Komponente überholt. Die Rechte als rationale ökonomistische Gruppierung brauchte nur
noch von denjenigen in Frage gestellt zu werden, die im sozialen Bereich emotionalen
Überlegungen gegenüber der rationalen Erkenntnis der Rechten den Vorrang gaben.
Diese Linken stellten darüber hinaus das Menschenbild der Ökonomisten in Frage und
erwiesen sich als zeitgemäß, indem sie feststellten, dass zum Regieren eine soziale und eine
emotionale Komponente unabdingbar sind:
Die Menschen, denen wirtschaftliche Entscheidungsbefugnisse gegeben waren, nutzten diese
nicht zum allgemeinen Besten, sondern - im kapitalistischen Sinn definitionsgemäß - zum
eigenen Vorteil; darüber konnte schließlich auch nicht mehr das Jahrzehnte lang als
“Feigenblatt” kapitalistischer wirtschaftlicher Rationalität gepriesenen Sozialstaatsprinzip
hinwegtäuschen. Emotionale Begriffe, wie insbesondere der der “Sozialen Gerechtigkeit”,
wurden in den Vordergrund gerückt und führten im Zusammenspiel mit modernen
Marketingstrategien zum “Politikwechsel”.
Was in der BRD den linken Kräften gelang, war zuvor schon in fast allen Ländern der “Freien
Welt” vorexerziert worden: Linke Regierungen hatten unzeitgemäße rechte abgelöst, weil
diese mit verkrusteter scheinrationaler Politik nur noch Umverteilungen in die eigenen
Taschen, bzw. in die Taschen der ihnen zugetanen Entscheidungsträger der Wirtschaft
bewerkstelligen konnten und am emotionalen Bedürfnis der nach sozialer Gerechtigkeit
hungernden Bevölkerung vorbei regierten.
Wer glaubt, nun am glücklichen Ende einer Entwicklung zu sein, die den Herausforderungen
der immer stärker in den Vordergrund tretenden Globalisierung gerecht werden könnte,
verkennt zum einen, dass diejenigen, die den Politikwechsel fertiggebracht haben, von ihrer
politischen Herkunft aus gesehen, die gleichen sind, die das zusammengebrochene
marxistische System geführt haben. Es ist kaum zu erwarten, dass diese geistigen Enkel und
Urenkel von Marx und Konsorten gerade aus den Fehlern der Nachkriegsrechten in der
Erkenntnis der Notwendigkeit sozialer Gerechtigkeit das Einmaleins des Wirtschaftens neu
gelernt haben. Von daher war seit dem „Politikwechsel 1984“ auf Dauer wirtschaftlicher
Niedergang, höhere Arbeitslosigkeit und wachsende soziale Ungerechtigkeit nicht nur nicht
auszuschließen, sondern geradezu als sicher zu erwarten.
Zum anderen können diese Kräfte der als globale Herausforderung verstandenen
Globalisierung niemals gerecht werden, solange der Wesensgehalt des Sozialstaats nicht
verstanden wird: Globalisierung ist gleichbedeutend mit “ein Markt in einer mit besseren
Verkehrsmitteln und aufgrund leistungsgesteigerter Netze kleiner werdenden Welt”. Da diese
Sieger des Politikwechsels nicht begriffen haben, dass sich Globalisierung nicht auf den
Sozialstaat beziehen kann, weil dieser gerade Fehler des Marktes auszugleichen hat, ist
zwingende Voraussetzung des Sozialstaats seine Beschränkung. Daran ändern auch weitere
Regierungswechsel zu „Schwarz-Rot“ und dann zu „Schwarz-Gelb“ überhaupt nichts.
Trotz Globalisierung ist hier der Begriff der Nation in ihrer ursprünglichen Bedeutung der
Garant sozialer Gerechtigkeit, denn nur er kann verhindern, dass dieses Gut zum Nulltarif
ausverkauft wird. Als Solidargemeinschaft hat die Nation den Sozialstaat zu organisieren, zu
erhalten und zu finanzieren. Daraus folgt, dass nur der nationale Sozialstaat zu finanzieren ist.
Gleichzeitig folgt aber auch, dass alle “Politikwechsler” letztendlich scheitern müssen, wenn
sie die emotionalen Beweggründe zwar nach dem Sozialstaatsprinzip ausrichten, die Nation
jedoch als emotionale Grundkomponente ablehnen.
Nur eine Marktwirtschaft, ergänzt durch die Regeln eines nationalen Sozialstaats kann den
Herausforderungen der Zukunft gerecht werden. Da diese neue Form eines
Wirtschaftssystems weder “rechts” noch “links” eingeordnet werden kann, stellt er die wahre
Mitte dar, von wo aus rechts die bürgerlichen Parteien wie CDU und FDP, links die
Klassenkämpfer wie SPD und PDS stehen.
In einem Punkt jedoch wird sich der Übergang zum nationalen Sozialstaat vom
“Machtwechsel” (1969), von der “Wende” (1982) vom “Politikwechsel” (1998) und vom
späten „Wechseln“ unterscheiden(332): während bisher das jeweils “Neue” peinlichst darauf
bedacht war, das Alte kontinuierlich fortzusetzen, wird der nationale Sozialstaat entschieden
alte Fehler vermeiden und mit einer als falsch erkannten Praxis brechen, denn nur dadurch
wird glaubhaft der Wille des Wählers in die Realität umgesetzt und der Mut zu etwas Neuem
nicht von der Angst vor der eigenen Courage ausgebremst.
Fußnoten
Vgl. hierzu Felderer – Homburg, „Makroökonomik und neue Makroökonomik“, 8. Auflage,
Berlin, Heidelberg, New York, Hong Kong, London, Mailand, Paris, Tokio, 2002, Seite 28 f.
Blaut, „Systematische Theorien, Geschichte der Ökonomie“, München 1971
Woll, „Allgemeine Volkswirtschaftslehre“, 3. Auflage, München 1971, Seite 53 ff.
Vgl. hierzu Christoph Schwennicke, Die verspätete Partei, Der Spiegel, 15.08.2011 Seite 31
2Bereits vor 1989 gab es vereinzelt Stimmen in der Literatur und insbesondere in der
Tagespresse, die das nahe ökonomische Ende der DDR skizzierten. Unter anderem wird in
diesem Zusammenhang auf Franz Josef Strauß verwiesen, der diesen Zerfallsprozess durch
eine großzügige Kreditvermittlung bremsen konnte (vgl. Michael Hänel, „Das Ende vom
Ende“, zuerst erschienen in: „Occasional Papers“, German Studies, 1998, mit weiteren
Hinweisen und Bölsche/Pötzl, „Die DDR war bankrott“ in „Der Spiegel“, 15.11.1999).
3IInsbesondere der Mangelsektor der privaten Haushalte war ausschlaggebend für die
„Montagsdemonstrationen“ in Leipzig und daraufhin auch für den Untergang des DDRSystems. Damals hatte „Die Welt“ (03.12.1990) getitelt: „Es werden die Fleischtöpfe gewählt
und nicht die Ideologie“.
Vgl. dazu Werner Obst „Der rote Stern verglüht; Moskaus Abstieg – Deutschlands Chance“.
Der Autor war nebenbei bemerkt Mitglied der Staatl. Plankommission der DDR während der
60er Jahre. Er kann somit als Insider angesehen werden.
4Müller-Armack, „Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft“, Hamburg 1947,
Diersch, „Allgemeine Wirtschaftspolitik – Grundlagen“, Wiesbaden 1960,
Ohm, „Allgemeine Volkswirtschaftspolitik“, Band 1, „Systematisch – theoretische
Grundlegung“, 2. Auflage, Berlin 1965,
Geffgen, „Allgemeine Wirtschaftspolitik in: Kompendium der Volkswirtschaftslehre“, Band 2,
Woll, „Allgemeine Volkswirtschaftslehre“, 3. Auflage, München 1971, Seite 53 ff., (56)
5Woll, a. a. O., Seite 58 ff., wo insbesondere auf die Konvergenztheorie eingegangen wird,
wonach sich die Systeme im Ansatz annähern.
6Müller-Armack aaO
Ohm, „Allgemeine Volkswirtschaftslehre“, Bd. 1, „Systematische-theorethische Grundlegung,
2. Aufl. Berlin 1965
7Vgl. oben und insbesondere Woll, a. a. O., Seite 65 ff.
8Begriff von Karl Marx, der ihn von Louis Auguste Blanqui (1805 – 1881) übernommen hat
(Critique sociale) Führungsanspruch der revolutionären Avantgarde bei Lenin (Wladimir
Iljitsch Lenin)
9erstmals von Sergej Michailowitsch Eisenstein (1898 – 1948) verwendeter Begriff (in
Zusammenhang mit dem kommunistischen Kollektiv).
10vgl. Woll, a. a. O., Seite 58 ff.
11vgl. Woll, mit Verweis auf Cannan, der von „Konsumentensouveränität“ spricht,
Felderer Homburg, a. a. O., Seite 133 ff.
12„Geschichte der Marktwirtschaft“, Müller-Armack, „Wirtschaftslenkung und
Marktwirtschaft“, Hamburg, 1947
13John Maynard Keynes (1833 – 1946) gilt heute schon als Klassiker, seine Werke
beschäftigten sich in der Anfangszeit insbesondere mit der Kritik an den hohen
Geldforderungen für Reparationen an das geschlagene Deutschland, weil insoweit
marktwirtschaftlichen Entwicklungen der Boden entzogen wurde: „The Economic
Consequences of the Peace“, London, 1919,
Seine Theorien breitete er in dem heute noch bedeutungsvollen Werk „The General Theorie of
Employment, Interest and Money“, 1936, aus.
Jedem Studenten der Volkswirtschaftslehre sind die von ihm entworfenen Diagramme, die im
Wesentlichen auf der Relation „Price-Output“ aufbauen, bekannt.
14Milton Friedman, geboren 1912, hat die Lehre des Monetarismus begründet. Seine
bekanntesten Werke: „Utility Analysis of Choices Involving Risk“, 1948, „A Monetary and
Fiscal Framework for Economic Stability“, „The Methodology of Positive Economics“, 1953,
„The Quantity Theorie of Money“, 1956, „Capitalism and Freedom“, 1962, „A Monetary
History of the United States“, 1963, „The Relative Stability of Monetary Velocity and the
Investment Multiplier in the United States“, 1963, „A Monetary Theory of National Income“,
1971, „Inflation and Unemployment“, 1977, „The Case for free Trade“, (with Rose Friedman)
1997
Im Gegensatz zu John Maynard Keynes stellte Milton Friedman fest, dass die
Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre nicht auf einem Marktversagen beruhte, sondern die Folge
eines Regierungsversagens war: Die Zentralbank der USA hatte die Geldmenge um ein Drittel
reduziert in einer Situation, in der eine Erhöhung der Geldmenge angemessen gewesen wäre:
„The fact is, that the great depression, like most other periods of severe unemployment was
produced by government with management rather than by any inherent instability of the
private economy“ „ A Theory of the Consumption Function“, 1957. Hier zeigt Friedman, dass
der von Keynes unterstellte Multiplikatoreffekt staatlicher Ausgaben in der Realität kaum
nachweisbar ist. Friedman bleibt dennoch insofern Nachfolger von Keynes, als er dessen
theoretischen Apparat benutzt, um ihn dabei jedoch teilweise zu widerlegen.
15Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts brach auch das amerikanische
Wirtschaftswunder ein und Probleme wurden offenbar, auch wenn es in der Folgezeit
Präsident William Jefferson Clinton gelang, während seiner Amtszeit über acht Jahre
ununterbrochen wirtschaftliches Wachstum zu erreichen; auch danach ist – wohl durch die
militärischen Unternehmen der USA – ein moderates Wachstum zu verzeichnen.
16So schon die Darstellung der sozialen Marktwirtschaft im Wahlkampf zum 2. Deutschen
Bundestag 1953, wo Adenauer sie als tragende Säule neben die Westintegration stellte.
17So ausdrücklich Erhard vor den Bundestagswahlen 1965 zum 5. Deutschen Bundestag
(„Der Wirtschaftskanzler“).
18 (z.B. Patrick Bernau in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 07.08.2011, Seite 17,
„Der Crash“; „Ohne praktischen Nutzen“, Lothar Knopp, Eurozone in der Dauerkrise!, NJW
Heft 38/2011)
19 (vgl. Urteile vom 07.09.2012 bzw. vom 12.09.2012)
2016.09.2011, Seite 16
21Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 12.07.2011, Seite 43
22 (vgl. NJW)
23So schon Adam Smith (1723 – 1790) „The Theory of Moral Sentiments“, 1759 und David
Ricardo (1772 – 1823) „The High Price of Boullion, a Proof of the Depreciation of Bank
Notes“, 1809.
24vgl. hierzu Eisenstein bei Fußnote 9. im 1. Kapitel
25Allgemeine Lehrbücher über die Mikroökonomie, z. B. Woll, „Allgemeine
Volkswirtschaftslehre“, 3. Auflage, München 1971, Seite 91
26Man betrachtete die beispielsweise in (Mai 2005) geführte Diskussion zu dem Vergleich
zwischen Unternehmern und Heuschrecken (Müntefering), vgl. auch zu Hartz IV, wo ständig
von den Sozialschwachen die Rede ist, die Opfer der großen Unternehmen werden, welche
ihre Gewinne gerade in dieser Zeit noch steigern konnten. Sogar die Kirchen appelieren mit
dem Kanzler an die Unternehmerseite, “verantwortlich zu handeln” (Welt am Sonntag,
28.03.2005, S. 21).
27Um diese Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, muss man nur konsequent die
Medien beachten. Statt aller sei hier auf die Volksrepublik China verwiesen, die nach Maos
Kulturrevolution 1966 wirtschaftlich zurückgefallen ist, bis schließlich in den 90er Jahren des
20. Jahrhunderts Reformer marktwirtschaftliche Strukturen mit steigendem wirtschaftlichen
Erfolg eingeführt haben; auch Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zeigt die
Richtigkeit dieser Feststellung, auch wenn dort der Abstand zwischen arm und reich erheblich
gestiegen ist.
28Als Margaret Thatcher im Mai 1979, in einem überwältigenden Wahlsieg die absolute
Mehrheit erringen konnte, war das Wachstum der britischen Industrie auf 0,6 % gesunken und
hinkte dem Zuwachs der übrigen Staaten in der europäischen Gemeinschaft weit hinterher.
Wenige Monate später schon war ein erheblicher Anstieg des Wirtschaftswachstums zu
verzeichnen und am Ende der Herrschaft der Konservativen war Großbritannien hinsichtlich
des Wirtschaftswachstums an der Weltspitze; sogar die nachfolgenden Labourregierungen
haben am wirtschaftlichen Konzept der Konservativen kaum etwas geändert.
29Nach dem Militärputsch im September 1973 hatte die Regierung unter Augusto Pinochet
die Möglichkeit, die Lehren Friedmans in der Realität zu testen, was mit einem unerhörten
Wirtschaftsaufschwung für das Land verbunden war.
30Nachdem Deng Xiaoping (1904 – 1997) 1966/1967 als Machthaber auf dem
„kapitalistischen Weg“ entlassen und politisch geächtet wurde, hatte China wirtschaftlich
erheblich zu kämpfen; erst nach seiner Rehabilitierung durch Zhou Enlai 1973 konnte er seine
Wirtschaftspolitik durchsetzen, was wieder mit einem wirtschaftlichen Aufschwung
verbunden war, vgl. oben Fußnote 26.
31vgl. oben Fußnote 26.
32vgl. 2. Kapitel Ökonomische Menschenbilder
33Der Egoismus des einzelnen ist einer Untersuchung ebenso zugänglich, wie die Planungen
einer zentralen Dienststelle, wenn auch nicht in gleicherweise quantifizierbar.
34Die Familie als eigentliche „Keimzelle des Staates“ fällt in der Regel wirtschaftliche
Entscheidungen einheitlich.
35vgl. hierzu Artikel 6 Grundgesetz
36Dieses System, das seinen eigentlichen Anfang in der römischen Klientela hatte und mit
dem germanischen Gefolgschaftswesen zum mittelalterlichen Lehnswesen weiterentwickelt
wurde, baute auf der durch verwandtschaftliche Beziehungen geprägten Gesellschaft auf. Das
Wort „Clan“, was in den durchaus vergleichbaren keltischen Gesellschaften Schottlands und
Irlands aufkam, bezeichnet die Abstammung, also auch nichts Anderes, als die familiären
Bande, die das Wirtschaften als „Familienbetrieb“ in einer landwirtschaftlichen Umgebung
verstehen. Eingebettet sind hier alle zusätzlichen Formen wirtschaftlichr Betätigung, also
Handwerk, Handel und Veredelung landwirtschaftlicher Produkte. Dem Bild der Familie mit
dem Pater Familias entspricht die hierarchische Gliederung im Staat, wo der König an der
Spitze des Volkes stand.
37Nach dem Höhepunkt der breit angelegten Forschungen über politische Ursachen des
Krieges in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, in der vor allem Nationalismus und
Militarismus die Schuld am Weltkrieg zugesprochen wurde, hat sich die Weltkriegsforschung
der Folgezeit verstärkt den gesellschaftlichen und ökonomischen Problemen der Vorkriegszeit
zugewandt und es traten nach langen Jahren der Forschung von Staatsmännern, Völkern und
Bündnisverträgen zunehmend andere Fragestellungen in den Vordergrund. Hier geht es um
das Entstehen der Nationen im 19. Jahrhhundert. Gerade die Gründerzeit fällt nicht ohne
Grund in diese Zeit des erlebten „Wir“. Gerade in dieser Zeit kam es zur epochalen
Sozialgesetzgebung Bismarcks; es war aber auch die Zeit der Reichsjustizgesetze, die noch
am Anfang des dritten Jahrtausend Geltung beanspruchen konnten.
38Die geschichtliche Forschung ist sich in dieser Frage noch nicht einig: „Welchen Anteil
hatten die Nationalstaaten an den Ursachen des ersten und damit des zweiten Weltkriegs?“
Die Historiker kommen in diesem Zusammenhang regelmäßig auf die Stichworte
„Bündnispolitik“, „Wettrüsten“, „Kolonialpolitik“, „Elsass-Lothringen-Frage“ und
„Panslawismus“. Diese Stichworte allein scheinen zunächst die Richtigkeit der These, dass
grundsätzlich der Nationalismus ursächlich für die Weltkriege war, zu tragen. Dies darf jedoch
nicht dazu führen, dass der Blick für weitere wesentliche Grundlagenforschung verstellt wird.
So gibt es ernstzunehmende Überlegungen, dass sich vielfach Kräfte des Nationalismus
bedient hätten und erst so der Aufeinanderprall der Völker ausgelöst wurde. Die
Überlegungen, denen meist mit dem „Totschlagsargument“ - „Verschwörungstheorie“ begnet
wird, gehen schon auf Churchill zurück (Hoppe, „The Political Economy of Monarchy and
Democray“, 1997. Nach einer Theorie sollte der 30jährige Krieg 1914 – 1944 zur „weltweiten
Durchsetzung der Demokratie“ geführt worden sein, weil „Demokratien friedlicher seien, als
alle anderen Regime“ (Rummil in: „European Journal of International Relations“, 1995), a.
A.: Radnitzky m. w. Hinweisen, „Thesen im Criticón“, 1999, S. 162 ff.). Dass es auch
Nutznießer dieser Auseinandersetzungen gab, zeigt Murray Rothbord (in Denson, „The Costs
of War: American Pyrrhic Victories“, 1997).
39Das größte wirtschaftliche Wachstum bis zu dieser Zeit war in Deutschland im letzten
Viertel des 19. Jahrhhunderts zu verzeichnen.
40Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Deutsche Arbeitsfront, in der Arbeiter,
Angestellte und Unternehmer als gleichberechtigte Mitglieder in einer Organisation
zusammengefasst waren.
41Beispielsweise kann das christlich humanistische Menschenbild nur dann mit einem
marktwirtschaftlichen System in Einklang gebracht werden, wenn für die sozial Schwachen
auch dann gesorgt wird, wenn sie mit den Marktregeln nicht zurecht kommen.
42Ohne diese Einschränkung würde das Sozialsystem wie ein Angebot an Externe verstanden
werden müssen, sich auch in seinen Schutzbereich zu begeben, was letztlich in der heutigen
Realität geschieht. Die Folge ist dann zwangsläufig eine Überforderung des Sozialsystems,
weil zu wenige für zu viele arbeiten müssen; mit anderen Worten: Die dem Sozialsystem zur
Last fallenden stammen nicht aus dem Bereich der für das Sozialsystem Arbeitenden, so dass
schon von daher die oben dargestellte Effektivitätsrelation von vorne herein gestört ist.
43(„Ehrliche Arbeit“ Gütersloh 2010, S. 17ff.“)
44vgl. Blüm, den SZ Journalisten Thomas Steinfeld
45vgl. Blüm, A.A.O. Seite 22
46vgl. Blüm, A.A.O. Seite 23
47vgl. Blüm, A.A.O. Seite 23
48vgl. Time Magazine 23.07.2012 S. 18 ff London, City of Scandal
49vgl. Blüm A.A.O. Seite 29)
50vgl. hierzu Fußnote 36: die ethische Verpflichtung der das System tragenden besteht nur
zum Schutz der dem Sozialsystem Integrierten und nicht zu einer Schadensabwendungspflicht
weltweit
51Vgl. Fußnote 31: jede in einem Feudalsystem existierende Hierarchie konnte und musste
nur für sich planen und handeln. Ein darüber hinausgehendes Engagement hätte automatisch
Einfluss genommen auf eine andere Hierarchie und wäre somit mit dieser kollidiert.
52Vlg. hierzu Fußnote 38. Nur der Schutz, der im Sozialsystem integrierten Personen ist
politisch, wirtschaftlich und faktisch durchsetzbar, denn alles, was darüber hinausgeht,
tangiert fremde Systeme.
53Vollbeschäftigung, Geldwertstabilität, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, Preisstabilität
54Im Fall von Auslandsmärkten kann es andernfalls zu unerwünschten
Wechselkursschwankungen kommen, wenn das Ausland in die Kreislaufdarstellung der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung integriert wird. In diesem Fall könnte die
marktwirtschaftliche Harmonie im Inland zum Manipulationsobjekt ausländischer Interessen
werden. Erst bei Stärkung der wirtschatlichen Stellung des Systems in der Welt können auch
solche Einschränkungen entfallen.
55vgl. Tendenzen in der heutigen Außenpolitik der USA! Man denke in diesem
Zusammenhang auch beispielsweise an das Kiotoabkommen, aber auch an Preisdiktate
gegenüber ärmeren, rohstofferzeugenden Ländern.
56Auf dem Arbeitsmarkt treffen Arbeitsnachfrage der Unternehmen und das Arbeitsangebot
der Haushalte zusammen (Felderer/Homburg, „Makroökonomik und neue Makroökonomik“,
8. Auflage, Berlin, Heidelberg, New York, Hong Kong, London, Mailand, Paris, Tokio). In
unserem Modell gibt es hier grundsätzlich keine Grenzwerte der zu ermittelnden Reallöhne,
insbesondere keine Mindestlöhne und auch keine Erwartungslöhne (Siebert, „Der
Kobraeffekt“, Stuttgart, München, 2. Aufl., 2003, S 108 ff.). Es bleibt somit Sache der reinen
Sozialstaatskomponente, einen Ausgleich in den Ausnahmefällen zu schaffen, in denen ein
Reallohn sich nicht finden lässt, der den Anbieter von Arbeit nicht unter eine gewisse Grenze
fallen lassen würde. Das Ergebnis wäre somit die Erreichung des Vollbeschäftigungsniveaus
als Ergebnis optimaler Ressourcenallocation.
57Ob es überhaupt noch eines kollektiven Arbeitsrechts im neuen System bedarf, lässt sich an
dieser Stelle noch nicht abschließend klären. Der systemtheoretische Ansatz jedenfalls geht
mehr von einem Miteinander als von einem Gegeneinander aus, so dass ein
Interessenausgleich sich auf Betriebsebene vollziehen kann (vgl. im weiteren unten Kapitel
15).
58vgl. unten Kapitel 15, insbesondere wird es dann “Haustarife” auf Betriebsebene geben.)
59Man denke in diesem Zusammenhang an die heute noch üblichen krampfhaften Versuche
einer Konsensfindung im Rahmen „runder Tische“ bzw. der vielfach gescheiterten Bündnisse
für Arbeit.
60Siebert, „Der Kobraeffekt“, S. 126 ff.
61Bereits auf der Konferenz von Casablanca haben sich die drei Hauptmächte der Alliierten,
die USA, die Sowjetunion und das Vereinigte Königreich Gedanken über eine
„Nachkriegsordnung“ gemacht, die dann später auf den Konferenzen von Jalta und Potsdam
langsam Realität wurden. Festgeschrieben wurde dabei die Zweiteilung, die den ganzen kalten
Krieg über andauern sollte. Historisch von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die
Gründung der Vereinten Nationen als Pakt der Weltmächte gegen den Störenfried Deutschland
(und Japan). Dabei wurden die Interessenssphären in der Weise abgegrenzt, dass die
Sowjetunion ihr kommunisitisches System in dem ihr zugeschlagenen Teil Europas ebenso
ausgebaut wurde, wie im westlichen Teil der in den USA und Großbritannien übliche
Parlamentarismus. Vgl. auch Schelsky, „Systemüberwindung, Demokratiesierung,
Gewaltenteilung“, München, 1974, 4. Aufl., S. 14 f.
62Vgl. Fußnote 49; Die in den jeweiligen Einflusssphären etablierten Systeme wurden mit
Billigung des jeweils anderen Teils gegen jede Art von Umsturzversuch, unter Umständen
auch mit militärischer Macht, gehalten. Aufstände wie in der DDR 1953, in Ungarn 1956 und
in der Tschechoslowakei 1968 wurden blutig niedergeschlagen. Ein derartig massives
Vorgehen gab es in der westlichen Einflusssphäre zwar nicht, jedoch wurde unter Einsatz
sämtlicher geheimdienstlicher Mittel auch hier das etablierte System gegen jeden Versuch
einer Unterwanderung oder eines Umsturzes gehalten. So hat beispielsweise in Italien 1948
der amerikanische Geheimdienst ein Abdriften zum Kommunismus und damit zum
„Ostblock“ hin mit Härte unterbunden. Ein eventuelles Abfallen der BRD konnte allein schon
durch das Besatzungsstatut wirksam verhindert werden. Weitergehend kam es zur Aufstellung
von Schutzmechanismen, wie beispielsweise der vom amerikanischen Geheimdienst
eingesetzten Organisation „Gladio“.
63Besondere Privilegien der Familien fielen der Nivilierung anheim, daneben etablierten sich
in der Gesetzgebung familienähnliche Strukturen, etwa im Bereich des
Lebenspartnerschaftsgesetzes, das homosexuelle Verbindungen Familien gleichzusetzen
versucht.
64Dieser Begriff wird nicht dem Begriff „kapitalistisch“ gleichgesetzt, obwohl die
kapitalistischen Grundsätze das gleiche sind; der Begriff soll den Gegensatz zum
gruppenegoistischen Modell deutlich machen.
65Jedem Versuch, der BRD einen anderen Weg zu gehen, wurde konsequent
entgegengetreten. Dies trifft auf die frühen Isolationsversuche der damaligen SPD Ende der
40er/Anfang der 50er Jahre ebenso zu, wie auf die Weigerung der BRD-Führung, sich am
letzten Golfkrieg zu beteiligen. Im letzteren Fall konnte die westliche Führungsmacht zwar
kein Einschwenken auf ihren Kurs formell erreichen; im Ergebnis beugte sich die Regierung
der BRD jedoch amerikanischen Forderungen auf Teilnahme an Schulung von Systemkräften
im Irak bzw. begrenzte uneigennützige Teilnahme am Wiederaufbau.
66Siebert, „Der Kobraeffekt“, S. 128 ff.
67Schon Augustinus grundsätzlich in: „De civitate dei” dem er die “civitas diaboli“
gegenübergestellt; Marin Behr, „Theater der Unterdrückten“, 1975.
68Franz Oppenheimer, „Der Staat“, 3. Aufl. 1929, S. 43 f.
69Helmut Schelsky, „Der Mensch in der wissenschaftlichen Zivilisation“, 1961. Hiernach gilt
der Mittelstand als sozial, kulturell und politisch prägende Schicht, d. h. die Unterschichten
und Oberschichten orientieren sich tendeziell an seinen Wertvorstellungen, was Schelsky dazu
veranlasst, von nivellierter Mittelstandsgesellschaft zu sprechen; ebenso Johann von Leers,
“Kräfte hinter Roosevelt”, 2. Aufl. Berlin 1942, S. 123 ff. (129).
70Statistisches Bundesamt: kontinuierlicher Anstieg der Insolvenzen um ca. 15 – 20 % im
Jahr (z. B. Dezember 2003: 8.276 – Dezember 2004: 10.789 zuletzt).
71siehe unten Kapitel 16
72Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gab es immer umfangreicher bei jedem Ansteigen der
Arbeitslosenzahl. Dabei ist nicht zu verkennen, dass nach jeder Rezession sich der Anteil der
Arbeitslosen erhöhte, d. h. nicht mehr auf das Niveau vor Beginn der Rezession zurückführen
ließ. Der Charakter fortschreitender Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen kann nur noch als
„kosmetisch“ bezeichnet werden, denn tatsächlich wurde keine Arbeit geschaffen, denn jede
Maßnahme war nur geeignet, die Arbeitslosenzahl zu schönen. Auch die „Hartz IV“ kann zu
keinem anderen Ergebnis führen, da lediglich der Stand der Arbeitslosigkeit verwaltet wird,
ohne dass tatsächlich irgendein Arbeitsplatz mehr geschaffen werden kann. Vlg. Siebert, a. a.
O. Schaubild 6.1.
73In diesem Zusammenhang sei als Beispiel auf völkerrechtliche Verträge, wie das
Abkommen zur Krankenversicherung zwischen der BRD und der Türkei hingewiesen.
Danach gelten auch in der Türkei lebende Angehörige von in der BRD Beschäftigten als
Mitversichert, d. h. die Abrechnung der Behandlungen in der Türkei erfolgt über die
gesetzlichen Krankenkassen der BRD.
74Deutsch-türkisches Abkommen vom 30.04.1964 (vgl. auch deutsch-jugoslawisches
Abkommen vom 12.10.1968.
75Dieser Ausdruck wird ausdrücklich deshalb hier verwendet, weil die „Teileinheit“
Sozialstaat vom eigentlichen Gesamtstaat heute weder weggedacht noch sonst wie auch nur in
der Betrachtung getrennt werden könnte. Im Allgemeinen ist mit dem Ausdruck
„Sozialstaatskomponente“ das Wort „Wohlfahrtsstaat“ gebräuchlich (vgl. hierzu Siebert, „Der
Kobraeffekt“, 2 Aufl. S. 126 ff.). Dieser Ausdruck entstammt dem 19. Jahrhundert und könnte
zu der Fehleinschätzung führen, bei einem Staat handle es sich generell um einen
„Wohlfahrtsstaat“ (vgl. hierzu im angelsächsischen Sprachraum: „Commonwealth“).
76Hiermit ist eben nicht der „Wohlfahrtsstaat“ des 19. Jahrhunderts gemeint, sondern es wird
ausdrücklich auf den Ausbau des „Wohlfahrtsstaats“ in den 70er und 80er Jahren in der BRD
Bezug genommen (vgl. hierzu Siebert, „Der Kobraeffekt“, 7. Kapitel „Die Fehlanreize der
sozialen Sicherung“).
77Diese Regelung ist inzwischen durch Hartz IV in Frage gestellt; zum besseren Verständnis
wird hier noch auf die „Vor-Hartz-Regelung“ eingegangen. Zu erwähnen ist jedoch, dass,
naxh “Hartz IV”, die Kommunen in weiten Bereichen die Aufgaben der Arbeitsämter zu
übernehmen hätten. Im Übrigen vergleiche zum Sozialbudget des Bundesministeriums für
Arbeit, Siebert, „Der Kobraeffekt“, Schaubild 7.1).
78Auch hier finden derzeit „kosmetische Reformen“ statt. Zur besseren Verständlichkeit wird
auf die Gesetzeslage vor diesen Reformen Bezug genommen. Im übrigen vergleiche hierzu
Siebert, „Der Kobraeffekt“, 2. Auflage, 8. Kapitel, „Im Gesundheitswesen die richigen
Anreize finden“, dort insbesondere einprägsam Schaubild 8.2. „Fehlanreize im
Gesundheitssystem“).
79Auch hier scheint der Gesetzgeber inzwischen verstanden zu haben, dass der Bogen „etwas
überspannt“ wurde. Zu Reformen des Mietrechts hat sich die rot-grüne Bundesregierung
jedoch bis jetzt nicht durchringen können und auch die Opposition hat trotz aller
Profilierungsversuche bis jetzt darauf verzichet, eigene Gesetzesvorlagen hierzu einzubringen.
80Das Arbeitsrecht befindet sich nicht nur wegen Hartz IV im Wandel, gestritten wird
insbesondere über die Kündigungsschutzbestimmungen, wo die Vorschläge für den
Kündigungsschutz von der Abschaffung desselben zur Schaffung neuer Arbeitsplätze über die
Variante, den Kündigungsschutz abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu
machen, bis hin zum Erhalt desselben im Sinne der Gewerkschaften, reicht. In diesem
Zusammenhang wird auch auf Siebert, „Der Kobraeffekt“, Kapitel 6 „Das Regelwerk für
Arbeit steuert falsch“, verwiesen.
81Man stelle sich in diesem Zusammenhang nur vor, wie sehr sozialstaatliche
Rahmenbedingungen die Angebotspreise von Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen
beeinflussen können und so in der Regel voll auf den „echten“ Markt durchschlagen können
und sich sogar im internationalen Rahmen auswirken. Umgekehrt spürt jetzt erstmals der
Faktor Arbeit, insbesondere wegen der durch die Sozialstaatskompenente verteuerten
Arbeitslöhne die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit eigener Produkte am Markt, insbesondere
am Weltmarkt und reagiert zunächst mit Lohnverzicht. Dass dies auf Dauer nicht genügen
kann, ist heute schon klar und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Kosten der
Sozialstaatskompenente sich nicht mehr auf die Kosten der Produkte umlegen lassen werden,
mit anderen Worten: Der Sozialstaat lässt sich auf Dauer nicht durch Kostenadditive beim
Faktor Arbeit finanzieren.
82vlg. oben Kapitel 1.1. und 1.2.
83vgl. oben Fußnote 25:
Zu anfangs nur in den besonderen Wirtschaftszonen wie Chenzen, nach Rückgabe Hongkongs
auch dort und heute fast überall in der Volksrepublik China.
84ZDF, Auslandsjournal vom 23.02.2004, in Nordkorea lässt sich durch die Isolation ein
physisches Überleben großer Teile der Bevölkerung nur durch strikte Planwirtschaft
sicherstellen.
85Vlg. oben Fußnote 6, Kapitel 1
86Wenn zunächst eine Umverteilung der Einkommen insofern vorgesehen war, als Menschen
ohne Einkommen von dem leben sollten, was überdurchschnittliche Einkommen abzugeben
hatten, kam es etwas später nach dem Ende des Wachstums zu einer Umverteilung der
Vermögen, da allein Einkommen nicht mehr ausreichten, einkommenslose Menschen zu
ernähren.
87Tatsächlich schien das System zur Zeit des Wirtschaftswunders allen entgegenzukommen,
denn die Einkommenssteigerungen reichten ohne weiteres aus, die Bezieher hoher
Einkommen ebenso zufrieden zu stellen, wie den relativ kleinen Anteil der Bevölkerung, der
auf Zuwendungen angewiesen war und von diesen höher als erwartet ausgefallenen
Zahlungen sehr gut leben konnte.
88Hier sei nicht an die ersten Rezessionen der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts erinnert,
sondern es wird gerade die Zeit nach der Zusammenführung von BRD und DDR abgestellt,
wo sich 1994 und 1997 Spitzen in der Entwicklung der Arbeitslosigkeit einstellten, die das
bisher Erlebte insgesamt in den Schatten stellten (vgl. insoweit Siebert, „Der Kobraeffekt“,
Schaubild 6.1 „Entwicklung der Arbeitslosigkeit“).
89Die Begrenzung des Sozialstaatsprinzips setzt in der Regel bei der Höhe der Zahlung und
der besonderen Qualifizierung der Berechtigten ein - vgl. beispielsweise Hartz IV und die
Praxis im Gesundheitswesen. - Der Versuch, die Begrenzung über die Staatsangehörigkeit o.
ä. zu optimieren, wurde noch nicht in der BRD erwogen.
90Tatsächlich hat Labour am 01.05.1997 das beste Wahlergebnis seit 1945 unter dem
Spitzenkandidaten Tony Blair eingefahren, der später in viel beachteter Weise den Sozialstaat
mit Sparmaßnahmen den veränderten Bedingungen anpasste und damit zum Vorbild für
Schröder wurde, der sich ausdrücklich in den Konsens mit Blair dafür einsetzte,
Sozialleistungen in Europa wie in der BRD abzubauen. Die in jüngerer Zeit von den
Regierungsparteien als Rahmenplan entworfene sogeannte „Agenda 2010“ stellte den
vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung dar.
91Die SPD-Ministerpräsidenten der Länder Rheinland-Pfaz und Nordrhein-Westfalen setzten
sich 2004 bei den Tarifauseinandersetzungen im öffentlichen Dienst für „Nullrunden“ ein und
warben mit diesem Modell auch für weitere Bereiche in der Wirtschaft.
92Danach wurde insbesondere von enttäuschten SPD-Mitgliedern und Funktionsträgern die
Gründung einer neuen Linkspartei realisiert.
93Besondere Unterstützung erfuhr die rot-grüne Regierungskoalition erstaunlicherweise
zunehmend von den Unionschristen, wo sich gerade im Oktober 2004 der von seinen Ämtern
zurückgezogene Friedrich Merz ausdrücklich lobend über die Regierung Schröder äußert und
sich ein Festhalten an dessen Reformen wünscht.
94Bei CDU/CSU haben sich einzelne Modelle nicht nachhaltig durchsetzen können,
insbesondere die sogeannten Kirchhoff-, Merz- und Seehofer-Modelle. Aus dieser Sicht
heraus bleibt die Union in der politischen Landschaft des Jahres 2005 ein Unsicherheitsfaktor,
was insbesondere dem Wirtschaftsrat auffällt, der in seinen Veröffentlichungen gerade seit
September und Oktober 2004 Konsequenzen durch die Unionsspitze einfordert.
95Deutschlandfunk in einer Sendung vom 28.09.2003.´
96Beispielsweise beschneidet die Regierungskoalition Rechte der Arbeitnehmer, während die
CDU/CSU sich zum Fürsprecher für Arbeitnehmerrechte aufschwingt.
97Sowohl Sozialdemokraten und Grüne, als auch Christdemokraten und Christsoziale
behaupten von sich selbst gleichzeitig, „die Mitte darzustellen“, während sie auf der anderen
Seite diesen Platz dem Gegner streitig machend, diesen versuchen, propagadistisch nach
außen abzudrängen. Das vollzieht sich derzeit in fast unsachlicher Art und Weise,
beispielsweise, wenn von Seiten der Sozialdemokraten im Zusammenhang mit CDUÄußerungen zum Türkeibeitritt diese als „Rechtspartei“ dargestellt wird, während seitens
verschiedener CDU-Mandatsträger die Sozialdemokraten im Zusammenhang mit Äußerungen
zu Werksschließungen an ihre „sozialistische Vergangenheit“ erinnert werden.
98vgl. oben Fußnote 78, insbesondere aber sollte man beobachten, wie die etablierten Parteien
einvernehmlich reagieren, wenn neue politische Kräfte Erfolg haben. Die Geschlossenheit
reicht hierbei von der Ablehnung der Schill-Partei in Hamburg bis zu offener gemeinsam unhöflich brüsker Ablehnung der NPD im sächsischen Landtag nach deren Wahlerfolg im
September 2004.
99vgl. Fußnote 78, durch die Reformen wird das linke Lager tatsächlich als „nicht mehr so
links“ erscheinen. Dennoch wird im weiteren insoweit auf die herkömmlichen Begriffe
zurückgegriffen werden.
100Man denke in diesem Zusammenhang an die sogenannten neuen Montagsdemonstationen,
in denen doch beachtliche Menschenmassen auf die Straße gebracht wurden, wobei eine
besondere Rolle den Gewerkschaften zukommt, die ganz deutlich hier den Tatkt vorgeben,
obwohl ihre Mitgliederzahlen weiter zurückgehen (vgl. hierzu Siebert, „Der Kobraeffekt“,
112...der dort nachweist, dass die Gewerkschaften allein in den letzten 10 Jahren um fast mehr
als 25 % ihrer Mitglieder verloren haben.)
101Tatsächlich haben die Arbeitgeberverbände durch ihre Funktionäre schon sehr früh
Zustimmung zur Agenda 2010 und den sonstigen Modellen der Regierung gezeigt und aktive
Unterstützung für die damalige Regierungskoaltition nicht missen lassen. Allen voran, biedern
sich den dort egierenden Arbeitgeberfunktionäre in besonderer Weise an, indem sie öffentlich
auf die Regierungsunfähigkeit der Unionsparteien verweisen (vgl. Olaf Henkel im Interview,
AWV Informationen 6/2002).
102Die „Financial Times Deutschland“ weist bereits darauf hin, dass mit ersten echten
sozialen Unruhen in der BRD im Jahr 2006 gerechnet werden kann (Financial Times
Deutschland, 17.09. 2004, Seite 1).
103Ratchet-Effekt, John M. Litwack, 1993, „Coordination, Incentives and the Ratchet Effect
in: The Ground Journal of Economics, Volume 24, No. 2, pp 271 – 285.
104vgl. hierzu Kapitel 3, Fußnote 38.
105vgl. hierzu Fußnote 35; wenn das weiltweit bekannte hohe Niveau des hiesigen
Sozialstaates auf potentielle Einwanderer in der Weise wirkt, dass sie sich die BRD zum Ziel
nehmen, anstatt beispielsweise in Italien zu verbleiben, das sie als erstes Land der EU
betreten, spricht dies bereits für sich. Nach verschiedenen Umfragen ist heute davon
auszugehen, dass die Mehrheit der in Italien gestrandeten Nordafrikaflüchtlinge als Reiseziel
die BRD nennt.
106Artikel 3 GG.
107SGB: Bisher §§ 190 ff SBG III, ab 01.01.2005 Arbeitslosengeld II, §§ 19 ff SGB II.
108Da die hier einwandernden Wirtschaftsflüchtlinge in absehbarer Zeit die Möglichkeit
erhalten, die Staatsangehörigkeit der BRD zu erwerben, ist heute schon absehbar, dass
Gesetze in Zukunft anders “gemacht” werden, als heute.
109Dieser Begriff steht im Gegensatz zum real existierenden Sozialismus und hat es
tatsächlich geschafft, in der BRD Fuß zu fassen. Seine Exponenten haben schon lange
Regierungsämter bekleidet, bevor die rot-grüne Koalition ins Amt gelangen konnte. Namen
wie Willi Brandt und Herbert Wehner mögen aus heutiger Sicht Antipoden gewesen sein. Im
hier verwendeten Sinn stellten sie die eine Einheit dar, der es gelungen ist, die Macht in der
BRD zu erlangen. Weitere bekannte Köpfe aus der früheren DDR sind in künftigen
Regierungen zu erwarten. In diesem Zusammenhang ist an die Rolle Gregor Gysis zu denken.
110Auch Liberale arbeiteten und arbeiten Hand in Hand zur Stabilisierung des mit linken
Kräften gemeinsam geschaffenen Systems (vgl. insoweit Helmut Schelski,
„Systemüberwindung, Demokratisierung, Gewaltenteilung“, 4. Aufl., 1977, S. 19 ff („Die
Strategie der „Systemüberwindung“ – der lange Marsch durch die Institutionen“): In dieser
Abhandlung, die zuerst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 10.12.1971 erschienen ist
und die weltweit in verschiedenen Sprachen veröffentlicht wurde, geht Schelski auch auf die
Zusammenarbeit zwischen Jusos und Judos ein und zeigt die gemeinsam strategisch
revolutionären Ziele, die wohl heute von einigen der „Kombattanten“ erreicht wurden.
111Nach einer neueren Statistik, die hier als Fundstelle nicht genannt werden kann, arbeiten
in der BRD in der Müllbeseitigung/-verwertung mehr als 75 % Ausländer.
112Horst Siebert, “Der Kobraeffekt”, S. 109 ff.
113vgl. hierzu Fußnote 94, Artikel 3 Grundgesetz
114Der von der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts weiterentwickelte
Gleichbehandlungsgrundsatz vermag in diesem speziellen Fall nicht zu greifen, da
ausdrücklich hier Ungleiches sonst gleich behandelt werden würde.
115Kapitel 3 bei Fußnote 41.
116Es handelt sich hier nicht um „tatsächliche Systemfehler“, sondern um als negativ
empfundene Begleiterscheinungen, hier insbesondere der Umstand, dass nicht alle Menschen
mit dem marktwirtschaftlichen Regelwerk zu Recht kommen können.
117Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung vom 15.07.2005 (BGBl I,
2114, 2009 I 53850)), die auch mit einer strafrechtlichen Komponente ausgestattet ist.
118§ 265 a StGB oder z. B. § 264 StGB (“Subventionsbetrug”).
119In der Europäischen Union wird eine Angleichung des Sozialstaatsniveaus angestrebt,
wobei sich die Vertragsstaaten von Anfang an darüber im Klaren waren, dass selbst langfristig
die sozialstaatliche Regelung in der Kompetenz und damit in der Finanzstruktur der
Mitgliedsstaaten zu verbleiben hat. Im internationalen Rahmen lassen sich nur als ganz grobe
Ungerechtigkeiten empfundene Spitzen regeln, bzw. werden weltweit in Gebieten sogenannter
humanitärer Katastrophen Regelungen getroffen, die jedoch mit einem bloßen
Sozialstaatsmodell nichts mehr zu tun haben.
120Johnson´s Jahrestage 30.03.1968
121Es handelt sich um ein in der Psychologie bekanntes Phänomen, für einen selbst oder die
eigene Gruppe reservierte Bereiche mehr zu schonen, als solche, die der Allgemeinheit
generell zur Verfügung stehen.
122NRW-Lexikon, Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, Recht, Kultur, Opladen 2000.
123Vgl. Fußnote 106; eine Inanspruchnahme des für die eigene Gruppe reservierten Bereichs,
ist nach den oben ausgeführten Gedanken von vorne herein nur für „als Extremfälle“ gedacht
und wird aus den oben genannten Gründen deshalb akzeptiert.
124vgl. Lewis, „Scham – Annäherung an ein Tabu“, Hamburg, 1993, S. 151 ff.
125Im Hinblick darauf, dass sich das Sozialverhalten in der BRD jedenfalls in den
vergangenen vierzig Jahren erheblich in der von vielen Politikern schon angeprangerten Weise
geändert hat („Anspruchsdenken“), muss auch hier davon ausgegangen werden, dass nicht
von heute auf morgen eine Änderung dieser Gesinnung und dem darauf beruhenden Verhalten
zu erreichen sein wird. Die Übergangszeit wird entsprechend der anzustrebenden Entwicklung
als „Lernprozess“ bezeichnet.
126vgl. Fußnote 110; selbst Vertreter des heutigen Systems sprechen von Ausplünderung
desselben durch „Mitbürger“, die nur noch einem ausbeuterischen Anspruchsdenken verhaftet
sind.
126Schon Gustave Le Bon, „Psychologie des Foules, Paris 1895, S. 5.
127Politisches Schlagwort, mit dem seit Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts in der BRD
gemeinsame Anstrengungen der Arbeitgeberverbände, der Gewerkschaften des Staates zur
Schaffung neuer Arbeitsplätze bezeichnet werden. Sie gehen zurück auf eine Initiative der
Industriegewerkschaft Metall vom November 1995, nach der die Arbeitgeberseite für drei
Jahre auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten sollte, wenn die Arbeitnehmerseite
untertarifliche Einstiegslöhne akzeptierte und die Einkommenssteigerung nur die Höhe der
Inflationsrate erreichen sollten. Der Staat sollte dabei selbst Ausbildungs- und Arbeitsplätze
schaffen und auf weitere Senkungen des Arbeitlosengeldes, der Arbeitslosenhilfe und der
Sozialhilfe verzichten. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl schloss sich diesen
Vereinbarungen im Ergebnis an, konnte jedoch notwendig werdende drastische
Sparbeschlüsse nicht vermeiden, so dass die Gewerkschaftsseite schon im April 1996 aus dem
Bündnis ausschied. Die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder bastelte im
Dezember 1998 ein neues „Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit“, das
ebenfalls ohne entscheidende Ergebnisse endete, dennoch kam es im Juli 1999 wieder zu
einer Annäherung der Tarifvertragsparteien, die schließlich eine Flexibilisierung der
Arbeitszeitpolitik sowie eine beschäftigungswirksame Reduktion von Überstunden
vereinbarten. Ein weiteres Bündnis für Arbeit Anfang Januar 2000 betraf die
Vorruhestandsregelung und eine künftige Tarifpolitik. Weitere „Bündnistreffen“ folgten,
jedoch ohne greifbare Ergebnisse.
128vgl. oben 4. Kapitel, Fußnote 56
129vgl. die Statistik von Insolvenzen des statistischen Bundesamtes.
130Zwar wird angeblich versucht, mit Steuerreformen den Unternehmen eine durchaus als
notwendig erkannte Entlastung zu geben. Tatsächlich jedoch wird diese Entlastung
weitgehend zunichte gemacht durch die Verlängerung des Erhebungszeitraumes für
Solidaritätszuschlag und durch die Erhöhung der sogenannten Ökosteuern. Dabei darf auch
die sog. „Energiewende“ nicht unerwähnt bleiben.
131Tatsächlich wird lediglich die sogenannte „Ich-AG“ gefördert, die jedoch mit
unternehmerischer Initiative kaum noch etwas zu tun hat und lediglich dem Zweck dient, die
Zahlen der Arbeitslosenversicherung zu schönen.
132vgl. oben Fußnote 56; tatsächlich wird dann auch die sogenannte „Sozialgesetzgebung“
diesem Begriff gerecht, was heute vielfach in Frage zu stellen ist, denn bei den diese Leistung
in Anspruch nehmenden handelt es sich oftmals um „Asoziale“.
133vgl. oben Fußnote 118; das Wort „Sozialschädling“ ist hier im wahrsten Sinne des Wortes
zu verstehen, denn der das Sozialsystem ausplündernde Asoziale schädigt nicht nur den
„Sozialstaat“ als solchen, sondern auch das Ansehen der vielen Mitbürger, die auf die
Sozialgesetzgebung tatsächlich angewiesen sind.
134Hierunter ist ein begrenzter Wirtschaftraum zu verstehen, in dem keine ethnisch-kulturell
einheitliche Bevölkerung lebt und arbeitet, beispielsweise das ehemalige Jugoslawien bzw.
dort Bosnien, wo jedenfalls drei
Bevölkerungsgruppen sich unversöhnlich gegenüber stehen. Weitere ähnliche inhomogene
Wirtschaftsgebiete gibt es im spansichen Baskenland, in den englischen Industriegebieten, wo
die englische Bevölkerung heute schon teilweise in die Minderheit geraten ist; hier kam es
beispielsweise in Middleton schon im letzten Jahrhundert wiederholt zu Rassenunruhen.
135Im August 1914 schloss für die Türkei Enver Pascha, der als Führer der Jungtürkischen
Revolution angesehen wird, ein Bündnis mit dem Deutschen Reich, obwohl vorher in der
Bosnienkrise die Türkei sich mit Protestnoten gegen Deutschland und besonders Österreich
gewandt hatte. Auf Grund dieses Bündnisses kam es zu einer sehr engen Zusammenarbeit
zwischen Deutschland und der Türkei. Teilweise führten Deutsche Generalstabsoffiziere
türkische Einheiten, insbesondere in den Kämpfen bei den Dardanellen und im arabischen
Raum, auch in Palästina. Das Schicksal beider Völker war in der Weise miteinander
verknüpft, dass die drohende Niederlage Deutschlands das Ende des osmanischen Reichs
einleitete. Als es schließlich zum Waffenstillstand von Mudros kam, hatte die Türkei alle
Gebiete mit Ausnahme von Anatolien verloren und wurde im Friedensvertrag von Sevres
gezwungen, nicht nur alle arabischen Provinzen aufzugeben, sondern auch eine Teilung
Anatoliens hinzunehmen, die in den griechisch-türkischen Kriegen wieder rückgängig
gemacht werden konnte.
136Offiziell leben 2004 mehr als 3,8 Mio. Türken in Gebiet der BRD. Übergriffe dieser
Minderheit werden in den Medien wenig beachtet. Der Anteil an Verurteilungen im
Zusammenhang mit Gewaltdelikten erscheint überproportional, auch wenn offizielle
Statistiken hier nicht zugänglich sind.
137Vgl. z. B. Hürriyet, 22.11.2003, 26.05.2002.
138 z. B. zuletzt: Vakit 04.03.2005.
139Beispiele für ein Nebeneinander von nationalorganisierten Gesellschaften sind auf der
Iberischen Halbinsel zu finden, wo es bisher nicht zu Auseinandersetzungen nennenswerten
Umfangs zwischen Spaniern und Portugiesen gekommen ist; ähnliches gilt für die
skandinavischen Staaten, wo sich die Völker ihres eigenen Wertes sehr bewusst sind, ohne
dass es Konflikte mit den Nachbarvölkern gab. Im Ergebnis bleibt in diesem Zusammenhang
festzuhalten, dass es zum Konflikt zwischen Völkern eben mehr, als nur der Gesellschaften
mit einem sehr starken „Wir-Gefühl“ (Nationalgefühl) bedarf.
140An dieser Stelle soll bewusst nicht auf einen bestimmten Konflikt des 20. Jahrhhunderts
bezug genommen werden. Es genügt hier ein Hinweis auf den amerikanischen Bürgekrieg,
der mehr als jede andere kriegerische Auseinandersetzung zuvor Menschenleben auf beiden
Seiten gefordert hat, anderseits Banken und einem Teil der Industrie riesige Gewinne beschert
hat.
In diesem Krieg waren es vor allen Dingen Wirtschaftsinteressen, die schließlich dazu geführt
hatten, dass Amerikaner auf beiden Seiten in einer weder vorher noch nachher auf diesem
Kontinent bekannten Anzahl zu Tode kamen. Besonders interessant erscheint dabei, dass die
Finanzierung beider Kriegsparteien bei den gleichen Bankhäusern lagen.
141Als Beispiele bietet sich hier die Europäische Union, aber auch die Gemeinschaft
unabhängiger Staaten an.
142Besonders problematisch kann eine weitere Ausdehnung solcher Kooperationen dann
werden, wenn Mitglieder aufgenommen werden, die nicht von allen bisherigen Mitgliedern in
gleicher Weise akzeptiert werden, wie derzeit die Diskussion über Beitrittsverhandlungen der
Türkei zur EU zeigen.
143Aus den drei Gemeinschaften europäischer Staaten (1951 Europäische Gemeinschaft für
Kohle und Stahl, Europäische Atomgemeinschaft und Europäische Wirtschaftsgemeinschaft),
die durch die römischen Verträge begründet wurden, entwickelte sich aus der Gemeinschaft
der sechs (BRD, Frankreich, Italien, Belgien, Niederlande, Luxemburg) zunächst die
Gemeinschaft der zwölf, deren langfristiges Ziel der Zusammenschluss zur politischen Union
waren. Letzere wurde durch den Vertrag von Maastricht (November 1993), der Gründung der
Europäischen Union,realisiert.
144Während die Gemeinschaft der zwölf erste Probleme brachte – immerhin kam es zum
Austritt des Mitgliedes Norwegen -, führte die stetige Erweiterung zu immer größeren
ökonomischen und politischen Problemen.
145Schon der Beitritt der mittelosteuropäischen Staaten wurde für die Union als nicht mehr
verkraftbar verstanden und von vielen als „Denaturierung“ der Union insofern verstanden, als
auf lange Frist beispielsweise die Freizügigkeit von Arbeitnehmern sowie der Erwerb von
Grundvermöge auch für Angehörige von Mitgliedsstaaten ausgeschlossen bleibt. Die
inzwischen ins Auge gefasste Erweiterung durch Aufnahme der Türkei könnte grundsätzlich
zum Ende der ursprünglichen Union führen, denn die dort einmal gefundenen Regeln würden
dann nicht mehr auf die dann ins Auge gefasste Union passen, die dann auch strenggenommen
keine Europäische Union mehr wäre, weil der größere Teil der Türkei eben nicht in Europa
gelegen ist.
146Die ursprünglichen Gemeinschaften beinhalteten lediglich die Stahlerzeugung, die
Atomwirtschaft und die Schaffung des Binnenmarktes, was im Hinblick auf die angestrebte
Union nur einen sehr kleiner Ausschnitt der Ziele darstellen konnte.
147Das Schengener Abkommen ist eine internationale Vereinbarung einiger europäischer
Staaten über den kontrollfreien Grenzverkehr sowie über eine gemeinsame Sicherheits- und
Asylpolitik. Das im Juni 1990 in der luxemburgischen Kleinstadt Schengen zwischen der
französischen Republik, der BRD und den Benelux-Staaten geschlossene Abkommen
beinhaltet eine Verschärfung der Personenkontrollen an den Außengrenzen und eine engere
polizeiliche Zusammenarbeit durch ein zentralcomputergestütztes Fahndungs- und
Informationssystem. Inzwischen sind dem Abkommen auch Italien, Spanien, Portugal,
Griechenland, Österreich, Dänemark, Schweden und Finnland beigetreten. Großbritannien
und Irland lehnten einen Beitritt ab. Die Schweiz ist assoziiert.
148Insbesondere den Strafverfolgungsorganen sind im Zusammenhang mit dem SchengenerAbkommen das Schengener Informationssystem sowie die Praxis zu Gute gekommen, da
länderübergreifende Sicherheitsmaßnahmen möglich wurden und die Polizei Straftäter auch
im Nachbarland kurzzeitig weiterverfolgen kann.
149Bis heute gibt es lediglich eine Südnordwanderung beachtlichen Ausmaßes, insbesondere
aus den wirtschaftlich schwächeren Mitgliedern der EU, wie Griechenland, Spanien und
Portugal in der jeweiligen Statistik.
150Bundestagdrucksache 15/3150, 13/4498
151Nadine Leiner, Internationale Migration, Verteilung und öffentliche Güter, Dissertation
Konstanz 1997, S. 66 ff.
152Preissteigerung im Zusammenhang mit der Einführung des Euro in Griechenland bzw.
Portugal.
153Migrationsbericht des Bundesministeriums, aktualisierte Ausgabe November 2004.
154Statistik Verhältnis von sinkendem Angebot an Arbeitsplätzen gegenüber höheren Zuzug
ausländischer Mitarbeiter.
155Statistik über die Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch nachziehende
Familienangehörige, derzeit nicht zugänglich.
156Vgl. Fußnote 62.
157In der BRD staatlicher Zuschuss zu den Kosten für Wohnraum. Die Leistungen hängen
von der Miete bzw. der Belastung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Haushalts ab
und gelten für Deutsche und Ausländer, die in der BRD leben gleichermaßen. Die Höhe hängt
von der Höhe des Familieneinkommens, von der Zahl der Haushaltsmitglieder und von der
Höhe der Miete bzw. der Belastung durch den Wohnraum ab. Das Wohngeld wird bei der
zuständigen Wohngeldstelle der Gemeinde-, Stadt- oder Kreisverwaltung beantragt.
158Dieser Begriff wird unabhängig von den Änderungen in der Sozialgesetzgebung (Hartz IV
etc.) weiterhin verwendet. Es ist die wichtigste Leistung der Arbeitslosenversicherung und
stellt eine Lohnersatzleistung dar, die nach persönlicher Meldung und Antragstellung beim
Arbeitsamt erhält, wer arbeitslos ist. Es wird für maximal zwölf Monate gezahlt und beträgt
für Arbeitslose mit Kindern 67 %, für Arbeitslose ohne Kinder 60 % des zuletzt bezogenen
Nettogehalts.
159vgl. hierzu Fußnote 141 aber auch weitere Verträge, u. U. auch die EU-Verträge, die
gewisse Korrekturen rechtlich erschweren dürften.
160vgl. hierzu Fußnote 37; diese Überlegung regelt nach dem hier vertretenen Verständnis das
Zusammenspiel zwischen Wohlfahrtsstaat und marktwirtschaftlicher Ordnung.
161z. B. Sozialpolitische Umschau, 03.07.2000, Gesetz zum Staatsvertrag vom 18.05.1990,
vom 25.06.1990 (BGBl. II, 518 ff.).
162Diese müssten tabellarisch verbindlich festgestellt werden.
163Verschiedenen Sozialsystemen gehören Arbeitnehmer dann an, wenn sie rechtlich
Angehörige eines anderen Staates sind und somit nicht ohne weiteres als Angehörige des
hiesigen Sozialsystems angesehen werden können.
164Sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge fliehen nicht allein wegen politischer Umstände,
sondern grundsätzlich, um dem niedrigen Lebensstandard ihrer Heimat zu entgehen, d. h. um
wirtschaftlich an dem hohen Niveau des Ziellandes zu partizipieren. Das allein bedeutet, dass
zu Anfang des Aufenthaltes gerade Überlegungen hinsichtlich der Inanspruchnahme von
Sozialleistungen im Vordegrund stehen.
165Hierzu schon Schelski, „Systemüberwindung, Demokratisierung, Gewaltenteilung“, 4.
Aufl., München 1974, „Propaganda und Information“, S. 109 ff.
166Das neue Staatsangehörigkeitsrecht baut nicht mehr, wie das Reichs- und
Staatsangehörigkeitsgesetz auf einer Volkszugehörigkeit auf, sondern geht bedenkliche neue
Wege (vlg. Staatsangehörigkeitsgesetz von 1993 BGBl. 583 in der Fassung vom 21.08.2002,
BGBl. I, 3322: das Abstammungsrecht (ius sanguinis) wird durch das Bodenrecht (ius soli)
ergänzt (§ 4 StAG). Weitere Einbürgerungsmöglichkeiten finden sich in §§ 85 – 91 AuslG.
167Staatsbürger der BRD, denen erst kürzlich die Deutsche Staatsangehörigkeit zuerkannt
wurde, wählen mehrheitlich SPD und Grüne, vgl. Wolfgang Harlesten, „Den Wählern auf der
Spur“, St. Ingbert 2002, S. 74 ff., Max Kaase/Hans-Dieter Klingemann „Wahlen und Wähler,
Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 1994“, Opladen 1998, S. 463 ff.
168So z.B. Bundesaußenminister Fischer im Oktober 2004, als die Oppositionsführerin und
späte Kanzlerin mit dem Gedanken spielte, eine Unterschriftenaktion zum EU-Beitritt der
Türkei zu organisieren.
169Die DDR musste noch einen Zaun bzw. eine Mauer errichten, um den Wegzug von
Arbeitskräften zu verhindern.
170Statistisches Bundesamt, Auswertungen aus der Beschäftigungsstatistik der
Bundesagentur für Arbeit.
171Solche Maßnahmen würden gerade dazu führen, den Aufbau von Sozialsystemen in
anderen Staaten der Gemeinschaft zu fördern.
172Der Begriff soll keinen Staat diskriminieren und lediglich plakativ deutlich machen, dass
bestimmte Reaktionen seitens verschiedener Länder anders gar nicht bewertet werden können.
173Die heute größte Ausländergruppe in Deutschland ist sich nicht nur selbst ihrer
weitgefächerten Rechte in der BRD bewusst, sondern auch der Staat, dem diese Gruppe
entstammt, beginnt Einfluss auf die Politik der BRD zu nehmen, was nicht nur in politischen
Ausnahmesituationen, wie z. B. Der Verhaftung politischer Straftäter deutlich wird.
174Vgl. Fußnote 158; gerade Heimatstaaten von in der BRD lebenden Ausländern sollten sich
jeglicher Einflussnahme enthalten, damit solche Verdachtsmomente eben nicht aufkommen.
175Der Chef der PKK wurde im Februar 1999 von einem türkischen Sonderkommando in
Nairobi ergriffen und in die Türkei verbracht, wo er wegen Verbrechen gegen das Land und
die Souveränität des Staates zum Tode verurteilt wurde. Im Zusammenhang mit seiner
Festnahme kam es zu Demonstrationen in der BRD.
176Philipp Gessler, taz Nr. 6678 vom 16.02.2002, Seite 3.
177Vertrag Türkei, vgl. oben Fußnote 62
178Da die BRD die „sozialste“ gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung eingeführt hat,
kann es nicht vorkommen, dass einwandernde Ausländer sich in der BRD tatsächlich
schlechter stellen würden.
179Nach Erhebungen soll bereits in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts der Islam stärker als
jede andere Konfession in Deutschland sein.
180„Rumelien“ hieß der Teil der europäischen Türkei, der formell bis 1908 Bosnien und
Herzegowina einschloss.
181Auch für die damalige Zeit kam es zu besonderen Grausamkeiten im Anschluss an die
Kämpfe mit Türken auf dem Balkan.
182Vlad Tepesch IV, 1448 – 1476, manchmal auch mit Vlad V verwechselt, „Prinz der
Walachai“, gelangte zunächst mit türkischer Hilfe an die Macht im untergehenden
oströmischen Reich, kämpfte dann mit Ungarn gegen die Türkei, die seinen Kopf nach seinem
gewaltsamen Tod in Konstantinopel (jetzt Istanbul) ausstellte (durch Bram Stoker, 1897, als
„Dracula“ unsterblich geworden, interessant:
www.rosswell.fortunecity.com/seanse/500/vamps).
183Man denke in diesem Zusammenhang nur an die Kriege in Bosnien und in Kosovo in den
90er Jahren des 20. Jahrhunderts.
184Am 24.03.1999 entschied sich die NATO für eine Intervention im Kosovo.
185Erinnert sei an die Einwanderung der Europäer in Amerika im 16. Jahrhundert. Vgl. zu
diesem Thema die Internetseite des Schweizerischen Nationalrats Bernhard Hess
(www.bernhard-hess.ch, wo, wie bei vielen anderen, die zunehmende Gewaltanwendung
durch Ausländer diskutiert wird).
186Vorschlag der Regierungskoalition in Bundestatsdrucksache BT 14/7378. Im Hintergrund
steht wohl der Gedanke, durch möglichst großzügig geregelte Einreise und damit verbundene
Einwanderung, Wähler für morgen zu gewinnen. Dass dies letztlich zum Sturz des deutschen
Außenministers führen muss, ist insofern nur eine logische Konsequenz (siehe Bayernkurier,
26.03.2005, “Das Protokoll: Fischers kalter Putsch”).
187Neues Staatsbürgerschaftsgesetz der BRD: Staatsangehörigkeitsrecht vom 22.07.1913,
RGBl. 585 in der Fassung des Gesetzes vom 21.08.2002, BGBl. I 3322, damals noch:
“Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG).
188§ 85 Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung vom 21.08.2002 (BGBl I 3322).
189Die Statistik hierzu ist nach Wissen des Verfassers nicht veröffentlicht und kann deshalb
nur über die generelle Statistik von Geburten und in diesem Zusammenhang mit einer
Statistik des Alters der Eltern nachvollzogen werden.
190Dies gilt nur, wenn man von einer “Vereuropäisierung” der Schuld und Erinnerung
absieht; diese “Identitätsstiftung” durch Erinnerung der Verstrickung aller Europäer in die
Ereignisse vor der Mitte des 20. Jahrhunderts wird beispielsweise von Eckhard Fuhr im
Leitartikel der “Welt” vom 28.01.2005 vorgestellt.
191Man denke nur an die Reaktionen in den Niederlanden zum Tod des Schriftstellers Van
Gogh und die darauf folgenden Äußerungen von Offiziellen in der BRD. Danach räumen
sogar heute Grüne Politiker ein, dass zu viel „Multi-Kulti“ von unserem System nicht
verkraftet werden könne. Besonders schwierig stellt sich die Situation dann dar, wenn eine
türkische Zeitschrift in der BRD den Holocaust leugnet und dafür mit einem
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren überzogen wird (Vakit, 01.12.2004).
192siehe: Brüderle, Pressemitteilung vom 05.11.2002, Kolb, Pressemitteilung vom
13.03.2003.
193Ungeachtet der 5-Jahrespläne erfolgten Ausschreibungen für die Deutsche Industrie für
den öffentlichen Sektor, während im Privatsektor Angebot und Nachfrage in der Regel zur
Preisbildung führten.
194Angefangen vom Lastenausgleich über die Preisgestaltung bis zur
Arbeitnehmermitbestimmung gab es Elemente, die in eine rein marktwirtschaftlichen Struktur
nicht passen und dem Instrumentarium sozialistischer Wirtschaftssysteme entnommen zu sein
scheinen.
195In diesem Zusammenhang kann man an den Minderjährigenschutz genauso denken, wie
an das soziale Arbeits- oder Mietrecht und schließlich an das gesamte, im Sozialgesetzgebuch
zusammengefasste Sozialrecht, einschließlich der dortigen Nebengesetze.
196Eine Insolvenz brauchte nicht mehr, wie in früheren Zeiten, für alle damit in Verbindung
stehenden natürlichen Personen mit Armut und gesellschaftliche Ausgrenzung verbunden zu
sein, wenn auch noch zu Anfang der Bundesrepublik nicht das Institut der
Verbraucherinsolvenz (seit 2001, BGBl. I 2710, §§ 304 ff. InsO, vgl. Schmidt/Räntsch, MDR
94, 321 ff) geschaffen war.
197Auch dieser Unterschied ist insbesondere bei der Betrachtung des heutigen
Zuwanderungsdruckes “deutschstämmiger” aus dem Osten erforderlich.)
198(Lastenausgleich auf Französisch) www.perso.wanadoo.fr/jeunepiednoire/jpn.wst oder
www.pierdnoir.com, Patrick Rotman, „L´ennemi intime”, Paris, 2002
199Auch schon damals gab es beispielsweise ein D-Mark-Bilanzgesetz.
200Das besonders Schwierige bei der Aufnahme der neuen Bundesländer lag in deren
Wirtschaftsordnung, die nicht mit derjenigen der alten Bundesrepublik vergleichbar war, weil
die öffentliche Hand als Eigentümer der Produktionsmittel ganz entflochten werden musste,
was bei der Aufnahme des Saarlandes schon deshalb wegfiel, weil die Wirtschaftsstruktur die
gleiche, wie in der aufnehmenden Bundesrepublik war.
201Gerade in der Wendezeit gab es keine wirksame staatliche Verbrechensbekämpfung, denn
die ursprünglich hierzu verpflichteten Organge wussten im Prinzip nicht, wie es weitergehen
sollte und verhielten sich passiv.
202Außer einer allgemeinen Statistik sind keine Quellen heute zugänglich, interessant ist in
diesem Zusammenhang die Statistik des Instituts für Kriminalwissenschaften an der
Universität Münster (www.uni.muenster.de/jura.krim).
203Nicht ohne Grund sprach man von „Wirtschaftswunder“, von dem nämlich alle
Bundesbürger profitierten und sich schon drei Jahre nach Gründung der Bundesrepublik ein
Drittel der Bevölkerung wieder einen Urlaub leisten konnte.
204Auch nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 gab es einen Aufschwung hierzulande, der
zwar nicht die möglicherweise verfängliche Bezeichnung „Wunder“ erhielt; auch damals
wurde einige Jahre später nicht ohne Stolz darauf verwiesen, dass nunmehr mit dem Progamm
“Kraft durch Freude” für jeden ein Urlaub möglich werden konnte.
205Da man grundsätzlich davon ausgehen konnte, dass eine ungerechtfertigte
Inanspruchnahme des Sozialstaats „schäbig“ gewesen wäre, wurden auch solche Menschen in
Schutz genommen und versorgt, die äußerlich nicht krank waren, sondern auf Grund
dramatischer Erlebnisse während des Krieges psychisch Schaden gelitten hatten. Wollte man
heute so verfahren, wären die Ressourcen des Sozialstaates mit Sicherheit schon erschöpft,
fällt es doch äußerst schwer, psychisch angelegte Schäden überhaupt zu erkennen und
nachzuweisen. „Neurosen“, wie sie heute vielfach einen Grund für eine Arbeitsunfähigkeit
darstellen, gab es in der Statistik zur Zeit der Gründung der Bundesrepublik so gut wie nicht.
206Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz
vom 15.03.1951, BGBl. I, Seite 175, 209 ff.).
207Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz
vom 15.03.1951, BGBl. I, Seite 175, 209 ff.).
208Schon vor Erlass des Grundgesetzes (23.05.1949) gibt es für Länderverfassungen
(beispielsweise Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18.05.1947) in Art. 51 die Soziale
Marktwirtschaft.
209Vgl. schon das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft
vom 08.06.1967, BGBl. I 582 ff. Dieses Gesetz lässt auch Lenkungsmaßnahmen zu, macht
jedoch - ähnlich dem Vertrag von Maastricht - deutlich, dass Sparsamkeit unverzichtbare
Voraussetzung für wirtschaftliche Stabilität ist (Vertrag über die Europäische Union (Vertrag
von Maastricht) vom 07.02.1992 (Abl. EG 1992 C 191/1)). Art. 115 GG verpflichtet
ausdrücklich dazu, die Substanz des Staates für die nachfolgenden Generationen zu sichern, in
dem er vorschreibt, dass der Staat im Regelfall neue Schulden nur zur Finanzierung von
Investitionsausgaben aufnehmen dürfe.
210Die BRD bezahlt in der Regel allen internationalen Zusammenschlüssen, in denen sie eine
Mitgliedschaft hat, wesentlich mehr, als alle anderen Mitglieder – vielleicht noch mit
Ausnahme der USA. Dies trifft mit Sicherheit zu für die NATO, die UNO und ihre
Unterorganisationen und die EU, wo die Mitgliedsbeiträge relativ transparent sind; aber auch
in anderer Umgebung, wie beispielsweise bei Forschungsprojekten wie der ESA,
Rüstungsprojekten wie beispielsweise beim Eurofighter, übernimmt die BRD regelmäßig den
größten zu zahlenden Anteil, auch wenn sie nur in untergeordneter Größenordnung an den
Projekten partizipiert. Die BRD zahlt in der Regel – eventuell mit Ausnahme der USA – die
höchsten Beiträge und erbringt auch die höchsten Zahlungen und Sachleistungen in
verschiedene Abkommen, Zusammenschlüsse oder Aktionen ein. So ist Deutschland bei
weitem der größte Zahler für die ISAF, die NATO-Kräfte in Afghanistan (vgl. hierzu
Deutsche Botschaft WashingtonD. C., Informationen 16.11.2004: “Germany is by far the
largest contributor...”). Als weitere Bespiele können genannt werden: Zahlungen der NATOLänder in den Infrastrukturfont, wo Deutschland 23,1350 % erbracht hat, während die USA
nur 22,3330 % erbracht haben (Türkischer Generalstab, Informationen
www.tsk.mil.tr/eng/uluslrrarasi/natoaltyapip.htm. Auch für die KFOR, die Friedenstruppe für
das Kosovo hat die BRD die Hauptlast ebenso getragen, wie für die ganzen Balkaneinsätze:
Zahlungen aus der BRD in Höhe von € 73,4 Mio!, für Mazedonien allein noch einmal € 87
Mio.! Auch hier ist die BRD größter Zahler (Deutsche Botschaft Washington D. C.,
Backgroundpapers www.germany-info.org/relaunch/info/archives/background/kosovo.html,
16.12.2004). Für die UNO trägt die BRD 8,7 % des gesamten UN-Budgets und ist damit etwa
so stark wie Japan und wird bei den Leistungen lediglich von den USA übertroffen, die jedoch
Zahlungen in erheblichem Umfang zurückhalten (Deutsche Botschaft Washington D. C.,
24.09.2004). Dies ist umso erstaunlicher, als die UNO im Prinzip schon 1942 durch
Deklaration der Aliierten, die sich ab diesem Zeitpunkt United Nations genannt haben,
gegründet wurde (vgl. hierzu Vikipedia, Enzyklopedia, Stichwort „United Nations“). Nur am
Rande soll erwähnt werden, dass zu den offiziellen Sprachen der UNO Englisch, Französisch,
Spanisch, Russisch, Chinesisch und Arabisch, nicht jedoch Deutsch gehören (vgl. zu den
Beiträgen insbesondere www.un.org/). Während in deutschen Medien grundsätzlich die
deutschen Beiträge kaum Erwähnung finden, ist die Bundesrepublik derzeit in ihren
Internetveröffentlichungen in den USA bemüht, die deutschen Beiträge möglichst hoch
darzustellen, insofern empfiehlt sich diese Lektüre zu der oben aufgeworfenen Frage.
211Als Beispiel Bundestagsdrucksache 13/8005 vom 20.06.1997.
212Unabhängig davon, ob die SPD einen CDU-Kanzler zum Sparen aufruft oder umgekehrt
die CDU einen SPD-Kanzler, die Zahlungen an irgendwelche Institutionen wie EU, UNO
oder NATO sind niemals zurückgegangen sondern stetig ausgeweitet worden. Vgl. im übrigen
unter umgekehrten Vorzeichen „Junge Welt“, 19.02.2002.
213So im österreichischen Rundfunk ORF nachzulesen in
www.oe1.orf.at/highlights/21714.html.
214Lt. “US News World Report” 1992, 413 beteiligte sich die BRD mit 17,22 Mrd. US$ an
den Kosten des Krieges, Michael Inaker, “Unter Ausschluss der Öffentlichkeit, Die Deutschen
in der Golfallianz”, Bonn/Berlin, 1991, S. 104 ff. (nach Angaben des Finanzministeriums
betrug der BRD-Anteil “nur” 11,5 Mrd. US$).
Ullrich Franke, “Vom konträren Umgang mit einem Tabu”, Magisterarbeit an der Johann
Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main, 2002.
215Insbesondere Israel hätte im Rahmen des Golfkrieges einen Angriff des Iraks befürchten
müssen und wurde deshalb von Deutschland mit besonderem Spürgerät (Spürpanzer Fuchs)
beliefert. Eine Verrechnung ist nie erfolgt, d. h. sämtliche Gerätschaften im mehrstelligen
Millionenbereich wurden kostenlos geliefert. Aber auch Patriotraketen wurden entgegen den
üblichen Exportfreigaberichtlinien an Israel geliefert (vgl. FAZ vom 27.11.2002, „Israel erhält
Patriot – System und Spürpanzer“). Darüber hinaus erfolgte eine kostenträchtige Ausbildung
von einer Vielzahl israelischer Soldaten in Sonthofen (BITZ Researchreport 03.1 September
2003).
216Das Parlament Nr. 28, 07.07.2000, Kosten der Einheit.
217UNO, NATO, EU, KFOR, SFOR, Unicef, etc, etc.
218siehe hierzu tagesaktuelle Presse...
219Insbesondere an Einwohner Polens und der Nachfolgestaaten der Sowjetunion (vgl.
www.ns-zwangsarbeiterlohn.de).
220An „Opfer“ des Herreroaufstands am Anfang des letzten Jahrhunderts. Jedenfalls wird
dies deutschen Schülern in jüngster Zeit so nähergebracht durch einen Verein „Schulen ans
Netz eV“, www.lehrer-online.de/url/herreroaufstandvonhochscher.
221Von vornherein steht beispielsweise fest, dass die Lkw in der Fahrschule in Kuwait ebenso
dort bleiben sollen, wie die Spurpanzer Fuchs im Irak, in Kuwait und in Israel (vgl. hierzu
FAZ vom 27.11.2002, „Israel erhält Patriot – System und Spürpanzer“).
222Hierzu die Deutsche Botschaft Washington D. C. „We in germany“, 24.09.2004, zu
weiteren Hinweisen www.germany-info.org/relaunch/info/publications/week2004/0409924.
223Art. 53 und 107 UN-Satzung: Hiernach können alle Länder der Welt gegen “Deutschland”
ohne UN-Beschluss “auf eigene Faust” vorgehen, wenn es sich unbotmäßig verhalten oder gar
gegen die “Weltordnung” auflehnen sollte.
224Vgl. hierzu „Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft“, www.ost-ausschuss.de und
www.ns-zwangsarbeiterlohn.de.
225vgl. zuletzt: Deutsche Welle, 14.04.2005.
226Das sogenannte „Holocaustmahnmal“ in Berlin besteht aus über 2.700 „Stelen“
(griechisch: Säule, Pfeiler), zu Deutsch bis zu fünf Meter hohen Betonblöcken; das Gelände in
der Nähe des Reichstags kann als beste Lage bezeichnet werden und stellt nun nicht nur
ökologisch ein fragwürdiges Experiment dar, denn der Boden wurde versiegelt. Außerdem
sind hier Grünflächen verlorengegangen, die für eine Stadt diesen Ausmaßes sicher nützlicher
gewesen wären; der erklärte Wille der Bevölkerung war gegen den Bau dieses Mahnmals
(vgl. hierzu Spiegel-Online: „2711 Stelen für die Ewigkeit“, 15.12.2004 und „Endsieg des
Absurden“, 25.11. 1999, Severin/Weiland „No more jokes“, Dezember 2004. Der Bundestag
hatte sich 1999 mit großer Mehrheit für den Bau des € 30 Mio. teuren Projekts entschieden,
obwohl das Volk in seiner Mehrheit diese Entscheidung weder verstanden noch gebilligt hat.
Inzwischen ist davon auszugehen, dass die endgültigen Kosten sich auf weit mehr als DM 100
Mio. belaufen, Henryk M. Broda, „Der Spiegel“, 25.01.1999.
227Auch heute noch gibt es Sammelklagen vor US-Gerichten, vgl. haGalil Online,
18./19.04.2004 mit weiteren Hinweisen, ebenso Stuart Eizenstat, „Unvollkommene
Gerechtigkeit (Schonungslose Abrechnung)“, München 2003, S. 470 ff.
228§ 249 HGB
229Für den Beschwerdeführer Peter Gauweiler, S. 58
230Norman G. Finkelstein, „Die Holocaust-Industrie“, München/Zürich 2000, S. 17 ff. und
David Korn, „Das Netz“, München 2003, S. 144 ff.
231Bis heute gibt es lediglich Gedenkminuten, die mit Gedenkminuten für US-Opfer
verglichen werden (Johan Galtung, Norwegischer Friedens- und Konfliktforscher, Träger des
alternativen Nobelpreises 1987, geht von 12 bis 16 Mio. von den USA weltweit getöteten
Menschen aus.). Eine Berechnung von Schadensersatzforderungen, insbesondere für die
Opfer des Luftterrorismus gibt es nach Kenntnis des Verfassers nicht.
232Deutsches Auslandsvermögen wurde überall auf der Welt nach dem zweiten Weltkrieg
beschlagnahmt, Abrechnungen über behauptete oder tatsächliche Schadensersatzansprüche
gibt es so gut wie überhaupt nicht. In einigen Fällen haben sich auch deutsche Gerichte zur
Frage der Beschlagnahme des Auslandsvermögens geäußert, so beispielsweise das
Bundesverfassungsgericht in BverfGE 29, 348, wo es um die Beschlagnahme deutschen
Auslandsvermögens in den Niederlanden ging. Andere Entscheidungen betreffen
verschiedene europäische Länder: im Rahmen von Verhandlungen sollten derartige
Beschlagnahmen zur Aufrechnung gestellt werden können.
233Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BTZ) wurde 1930 mit Sitz in Basel
gegründet und hat dort die Aufgabe, im Rahmen einer Verwertung insbesondere des deutschen
Auslandsvermögens die Abwicklung der deutschen Reparationszahlungen zu organisieren.
Ihre Tätigkeit wurde durch den zweiten Weltkrieg unterbrochen, nach Abschluss der
Reparationszahlungen für den ersten Weltkrieg im Abkommen über die deutschen
Auslandsschulden (Londen, Februar 1953) ist die BTZ eine wichtige Koordinierungsstelle für
die internationale Wirtschaft. Ihre Bilanz wies zum 31.03.1998 eine Summe von 185 Mrd.
Franken aus. Die Bank untersteht im wesentlichen nicht der Schweizerischen
Bundesgesetzgebung und genießt steuerliche, wie auch administrative Privilegien. Ihr
Aktienkapital wird von ungefähr 50 Notenbanken in aller Welt gehalten.
234Goethe-Institut, Materialien für Schulen und Hochschulen, 1921, “Reparationen, das
große Thema der Nachkriegszeit”;
Ute Emig, “Generationen”, Stadtanzeiger, Bonn, 06.06.1998.
235Deutsch-Türkisches Sozialversicherungsabkommen vom 30.04.1964 (wortgleich auch:
das Deutsch-Jugoslawische Sozialabkommen).
236Antwort der rot-grünen Bundesregierung auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten
Homann
237 Bundesratsdrucksache 291/10, Bundestagsdrucksache 17/1685, Bundetagsdrucksache
1740
238 Bundestagsdrucksache 17/9047
239 Bundestagsdrucksache 17/9045, Bundestagsdrucksache 17/10126
240 Bundestagsdrucksache 17/9048, Bundestagsdrucksache 17/10126
241 Vgl. Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 07.09.2011
242Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 12.09.2012
243Vgl. Prof Dr. Hans-Werner Sinn
244Vgl.§ 266 StGB, gedacht werden könnte in diesem Zusammenhang an Untreue in
Ausprägung des Missbrauchtatbestands.
245Vgl. Almosenordnung der Stadt Nürnberg von 1370; 1522 wurde das Bettelwesen
verboten und dafür das Almosenamt geschaffen.
Aus: “Geschichte der Menschen mit Behinderung in Nürnberg”, Nürnberg, 2004.
246Dieses Wort wird heute auch im ökologischen Sinn verwendet, d. h. Umweltrisiken des
Wohlstandes sollen nicht anderen überantwortet werden. Vgl. hierzu Simin Nameni, NJW
1995, 1807 ff., 10. Trierer Koloquium zum Umwelt- und Technikrecht vom 14. bis
16.09.1994. Hier soll der Begriff jedoch im Sinne einer im Berech der Sozialpolitik
wirksamen Sozialprinzips gebraucht werden, wonach jeweils die jüngere, erwerbstätige
Generation zur Unterstützung der älteren, im Ruhestand lebenden Gerenation verpflichtet ist.
Vgl. hierzu Kirchhoff, „Die Zukunftsvergessenheit unserer Rechts- und Wirtschaftordnung,
NJW 2002, 3677 ff. bzw. Muckel, „Verfassung, Theorie und Praxis des Sozialstaats“,
Festschrift für Hans F. Zacher, Heidelberg 1998, S 22. Das Problem ist im übrigen
Gegenstand von wichtigen Tagungen im Zusammenhang mit der Rentefinanzierung, bspw. in
Bitburger Gesprächen und in Dresden die Walter-Raymond-Stiftung, vgl. hierzu statt aller:
Adomeit, „Unser Sozialstaat – verkalkt?“, NJW 2000, 3186 ff.
247Erstaunlicherweise ist dieses Kapitel deutscher Geschichte bisher wenig beachtete
worden. Gordon A. Craig, „Deutsche Geschichte 1869 bis 1945“, Verlag C. H. Beck, 1980, 5,
66 ff, erwähnt nur am Rande die Rolle der Agrarstaatselite, der er Bismarck und die
Nationalliberalen gegenüberstellt.
248Gerade die Tatsache, dass die „Agrarstaatselite“ den politsch-technologischen, wie auch
den technologisch-militärischen Fortschritt hemmte, ist ebenfalls so gut wie nicht historisch
erforscht. Allein Suchenwirth, Deutsche Geschichte, München, 1941, 472 ff. sieht die
Zusammenhänge hier in der Weise, dass er der preussichen Agrarelite die österreichische
„Industriegesellschaft“, insbesondere im damaligen Böhmen und Mähren gegenüberstellt. Er
kommt jedoch trotz fundierter Feststellungen in diesem Zusammenhang nicht zu den
technologischen Entwicklungen sondern stellt mehr auf die Rolle Österreichs im deutschen
Bund ab, wo Kaiser FranzJosef auf dem Fürstentag zu Frankfurt am Main 1863 versucht
hatte, den Einfluss Österreichs zu Gunsten des gesamten Reichs zu steigern. Er lässt völlig
unerwähnt, dass es gerade die “Polenfraktion” Ende der achtziger Jahre im Reichstag war, die
überhaupt ein Rüstungsprogramm zur See wenigstens in Ansätzen ermöglichte.
249Lediglich Hans-Erich Stier, „Deutsche Geschichte”, Berlin/Leipzig, 1934, S.616, erkennt
überhaupt einen Widerspruch zwischen tatsächlicher Rüstungspolitik und politischer
Kriegsschuldfrage; auch er geht hier nicht weiter in die Tiefe. Auch Craig, „Deutsche
Geschichte 1866 bis 1945, a. a. O., S. 370 ff., versäumt es hier, Kriegsschuldfrage und
tatsächliche Rüstungspolitik einer genaueren Untersuchung zuzuführen.
250Vgl. hierzu Craig a. a. O, S. 371 ff.
251Greiner, „Die Morgenthau-Legende“, zur Geschichte eines umstrittenen Plans, Hamburg
1995. Interessanterweise wird an dieser Stelle ebenso wie von linksextermistischer Seite
versucht, den Plan des amerikanischen Finanzministers Henry Morgenthau, der die
Ausarbeitung eines Memorandums zur Behandlung Deutschlands nach dessen Niederlage in
Auftrag gegeben hatte in das Reich der rechtsextremistischen Phantasie verwiesen.
Tatsächlich jedoch wurde in diesem Vorhaben die Zerstückelung Deutschlands propagiert.
Nach umfangreichen Gebietsabtretungen sollten zwei deutsche Staaten mindestens übrig
bleiben. Im Zuge der völligen Entwaffnung und Abrüstung sollte nach dem Morgenthau-Plan
Deutschland zum Agrarstaat werden, dass es keine Möglichkeit zu aggressiver Politik mehr
haben könnte. Der Plan kursierte in verschiedenen Versionen (vgl. hierzu Bundeszentrale für
politische Bildung, Themenblätter und Schriftenreihe: „Der Morgenthau-Plan“). Sicher kann
man davon ausgehen, dass der Morgenthau-Plan in diesen Versionen eines AgrarDeutschlands nicht realisiert wurde. Die Sache jedoch in den Bereich der Legende zu
verweisen, ist höchst kritisch zu berurteilen. Es verwundert insbesondere deshalb, weil auch
ein anderer „Plan“ heute zur Legende stilisiert wird: Theodor N. Kaufmann hat in seinem
Buch mit dem vielsagenden Titel „Germany must perish“einen „Plan“ aufgestellt, der auf den
Holocaust Referenzseiten im Internet (www.h-ref.de/feindbilder/...) als reine Propaganda
dargestellt wird. Tatsache jedoch ist, dass in weiten Bereichen der Plan besondere Ähnlichkeit
zum „Morgenthau-Plan“ aufweist. Backhaus (Backhaus, “Volk ohne Führung“, 2. Aufl. 1956,
S. 206 ff.) erwähnt überhaupt keinen „Morgenthau-Plan“ sondern stellt allein auf die
„Kaufmann-Idee“ ab (vgl. hierzu: Verfahren vor dem Bundesgerichtshof, Az. 1 StE 1/60).
Sicher wird das Buch von Kaufmann, „Germany must perish“ von verschiedenen
Gruppierungen als Propaganda missbraucht. Die Broschüre hat mit Sicherheit auch in den
USA der 40er Jahre keine Millionenauflage erreicht. Nicht zu verkennen ist jedoch der
Zusammenhang mit verschiedenen tatsächlich angedachten Lösungen für ein Deutschland als
ein Agrarland, das in mehreren Staaten zu leben hat.
252Bereits am 07.08.1950 wurde die BRD Mitglied des Europarats und wenig später
Gründungsmitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, während am 27.09.1950 die
DDR Mitglied des Comecon, des Östlichen Wirtschaftsbündnis wurde. Damit stand für diese
beiden deutschen Staaten fest, dass sie nicht nur eine Agrarstaatszukunft haben würden.
253Vgl. die Einkommensberichte der Bundesrepublik seit ihrem Bestehen.
254vgl. Fördermittel und Kreditnehmer, alls Förderungsprogramme des Bundes, der Länder
und der Europäischen Union, Hauffe Verlag, lose Blattsammlung, neuester Stand mit CDRom. Vom Ergebnis her kann jedenfalls festgestellt werden, dass High-Tech-Unternehmen in
der BRD unter einem besonderen Schutz zu stehen scheinen, denn die Vergabepraxis
begünstigt sie ständig.
255Allein die Rindfleischpreise für amerikanische Rinder sind geeignet, europäischen und
deutschen „Herstellern“ die Angst kommen zu lassen. Man denke nur an den täglichen
Preisvergleich der Hausfrau im Supermarkt an der Fleischtheke: Hier ist beispielsweise
argentinisches Rindfleisch um oft mehr als 40 % preisgünstiger als deutsches.
256Sie haben nämlich weder eine Lobby noch Interessenvertreter und können nur darauf
hoffen, dass Tierschutzverbände sich ihrer annehmen.
257Diese Frage ist allen ernstes schon gestellt worden; eine eindeutige Antwort blieb jedoch
bisher aus. Zeitungen, wie beispielsweise der „Bayern-Kurier“ machen sich oft stark für eine
„eigene Landwirtschaft“, ohne dass die dahinter stehende politische Partei jedoch tatsächlich
genug für die Landwirtschaft tun würde.
258Nach Gründung der Montanunion in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts ist für
heimische Bodenschätze außer einer vordergründigen Subentionspolitik zu Gunsten von
Arbeitplätzen nichts mehr getan worden.
259Nur eine Hilfe zur Selbsthilfe kann das Überleben der heimischen Landwirtschaft
überhaupt gewährleisten.
260Dem Sozialstaatsprinzip kann nämlich beim einzelnen Wirtschaftsubjekt die Überlegung
anhaften, bei möglichst geringer eigener Leistung, möglichst viel zu bekommen.
261Wenigstens sollte hier eine Art Schadensfreiheitsrabatt den allgemeinen
Anspruchscharakter der Versicherten dämpfen.
262Jedenfalls wurde bereits in den Notzeiten des letzten Jahrhunderts, d. h. sowohl im ersten
als auch im zweiten Weltkrieg festgestellt, dass die heimische Landwirtschaft auf keinen Fall
in der Lage sein kann, die Versorgung aller hier im Staatsgebiet lebenden Menschen
sicherzustellen (vgl. hierzu ausdrücklich den zweiten Fünfjahresplan von 1938 bzw. man
beachte, dass allein durch die Hungerblockade im ersten Weltkrieg 763.000 Zivilisten an
Unterernährung und deren Folgen gestorben sind.).
263Immer häufiger taucht der Begriff „Jugend“ zusammen mit dem Begriff „Kostenfaktor“
auf. So hat beispielsweise das „Darmstädter Echo“ im Oktober 1999 mehrere Beiträge zum
Thema „Kostenfaktor Jugend“ gebracht. Die SP-Fraktion in Bern hat ausdrücklich dazu
aufgerufen, in der Jugend keinen bloßen Kostenfaktor zu sehen (www.pascalebruderer.ch/pol_rede_mittelschule.html).
Auch die schweizerische Volkspartei stellt in ihrem Programm fest, dass die Junged nicht als
Kostenfaktor gesehen werden darf.
264Vgl. oben 12. Kapitel bei Fußnote 224.
265Bezeichnend ist, dass eine „liberale demokratische Volkspartei“ den entsprechenden
Abschnitt aus dem Programm der „Partei des Volkes“ wörtlich abgeschrieben hat:
www.volkspartei.de. Und auch der grüne Jugendbundesverband verwendet hier die gleichen
Worte: www. Gruene-Jugend.de/spunk/65437.html.
266Jedenfalls wird in dieser Weise argumentiert, wenn es gilt, der „Zuwanderung“ das Wort
zu reden. Die Begründung steht insbesondere ausdrücklich hinter dem Zuwanderungsgesetz
(ZuWG, BGBl. Teil I Nr. 41 vom 05.08.2004, S. 1950 ff.)
267Richard Herzinger, „Republik ohne Mitte“, 2004, erschienen beim Siedlerverlag.
268 Kultur ist hier nicht um Sinn von Gloria Steinem, “Ängstliche Machos”, Welt am
Sonntag vom 09.01.2005, S. 14 verstanden. Vgl. auch zu diesem Begriff Jürg Altwegg,
“Bonjour im Freizeitpark”, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27.12.2004, S. 27. Völlig
differenziert: Georg Diez, “Die Armen sind die Avantgarde, die Kultur der Unterschicht ist
womöglich unser aller Zukunft”, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 06.03.2005, S.
25.
269Isaaih, Berlin, „Revolution der Romantik“, „Lettre International“, Europas Kulturzeitung,
Heft 67.
270Vgl. hierzu die Begründung zur Wirtschafts- Währungs- und Sozialunion.
271Vgl. hierzu Schönig, Werner/Theisen, Heinz, „Wirtschafts- und Sozialpolitik“ aus Politik
und Zeitgeschichte (B 46- 47/2002, 5 ff.). Hier geht es im wesentlichen um die Leitbilder der
politischen Mitte, nicht jedoch um die wenig beachtete „strikelose“ Zeit zwischen den
Weltkriegen.
272So richten beispielsweise gewerkschaftliche Aktionen in England, Frankreich oder Italien
Jahr für Jahr einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden an, dem gegenüber im Vergleich
Deutschland fast als „ökonomischer Musterknabe“ dasteht. Vgl. z. B. Bundestagsdrucksache
13/2416 vom 22.09.1995 bzw. 14/8175. Besser als die BRD steht lediglich Österreich da
(www.bmf.gv.at/budget/budget2003/budgetrede0304.pdf).
273Vgl. „Spiegel-online, forum.spiegel...
274Vgl. hierzu „Amtliche Bulletin des Nationalrates“ (Schweiz) vom 20.12.1999, 14 h 30,
Nr. 99.3588. Dieses Bulletin wurde auch auf deutsche Verhältnisse übertragen: Verbreitete
Fehlurteile in Bezug auf Ökonomische Tatsachen, Uni Siegen 2000 (www.uni-siegen.demerk/downloads/oekonomische_fehlurteile.doc).
275Hier mag der Gedanke im Vordergrund stehen, dass deutsche Gewerkschaften überhaupt
nicht in aggressiver Weise vorzugehen brauchen, da in ihrem Plan die rot-grüne Regierung
das ihre dazu beiträgt, in ihrem Sinn umzuverteilen.
276Aus dem 19. und 20. Jahrhundert kennen wir das „einander belauern“ von
Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, vergleichbar Hundekämpfen und tatsächlich kann
man diesbezügliche Merkmale in den Gesichtszügen der Vertreter beider Parteien erkennen...
277Es wird hier auf die Gefahr einer Verwechslung mit der NSBO (von 1928 – 1935) bzw.
mit kommunistischen Zellen hingewiesen (z. B. “Die Thesen von Lyon”, 1926) bzw. nach
dem 2. Weltkrieg (Birchall, “Arbeiterbewegung und Parteiherrschaft”, Teil 2, 1953 – 1963)
278verstanden als Gegenpol zum Liberalismus, keineswegs hier zu verwechseln mit
internationalistisch!
279Siebert, Horst, „Der Kobraeffekt – wie man Irrwege der Wirtschaftspolitik vermeidet“,
Stuttgart/München 2001, 1. Aufl., S. 140 f.
280Zur Jahreswende 2004/2005 gab es zahlreiche Änderungen, insbesondere im Arbeits- und
Sozialrecht, dabei sind die weiteren Hartz-Gesetze bis einschließlich Hartz IV sowie die
Reformen des Arbeitsrechts aus der Agenda 2010 (Schlagwort aus der Regierungskoalition
aus SPD und Grünen).
281Deshalb heißt es auch immer häufiger zur Steuerreform: “Besser keine Reform, als eine
falsche” (Marc Beise, Zeitschrift für soziale Markwirtschaft, S. 24 ff.).
282Nachdem das Bundsverfassungsgericht die Bewertung des Grundvermögens mit dem
Einheitswert für verfassungswidrig erklärt hatte, erhielt der Gesetzgeber den Auftrag bis
spätestens 31.12.1996 eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen. Nachdem sich
jedoch der Gesetzgeber auf eine Neuregelung des Vermögenssteuergesetzes nicht einigen
konnte, ist dieses zum 31.12.1996 außer Kraft getreten. Seitdem wird über eine
Neueinführung der Vermögenssteuer gestritten, wobei insbesondere linke Parteien sich für die
Einführung einer Vermögenssteuer stark machen, während rechte Parteien eine solche
ablehnen und darauf verweisen, dass der Steuerausfall zum Teil mit den ab 01.01.1996
geltenden Neuregelungen der Erbschaftssteuer/Schenkungssteuer ausgeglichen werden.
283So etwa könnten Geringverdiener bei Steuer und Sozialversicherung in einem bestimmten
Umfang außer Ansatz bleiben, obwohl streng genommen auch hier eine
Bemessungsgrundlage vorhanden wäre. Bei der Bemessungsgrenze müsste die Verwaltung im
Bereich der Steuer und Sozialversicherung den erreichbaren Zuflüssen gegenüber gestellt
werden, um zu ermitteln, bis zu welchem Betrag diese Kosten höher, als die daraus
erzielenden Steuern/Beiträge überhaupt sind bzw. ob sie die damit in Verbindung stehenden
Kosten decken.
284Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24.03.1999 (BGBl. I, 378),
zuletzt geändert durch das Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom
16.12.1999 (BGBl. I, 2432). Hier soll eine nachhaltige Umsteuerung der Nachfrage in
Richtung energiesparender und resourcenschonender Produkte erreicht und die Entwicklung
umweltfreundlicher Verfahren und Technologien gefördert werden. Mit den Einnahmen soll
die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge finanziert und damit der Faktor Arbeit entlastet
werden. Das Gesetz sieht in Artikel 1 die Einführung eines neuen Stromsteuergesetzes und in
Artikel 2 Änderung der bestehenden Mineralölsteuer vor. Das Gesetz sieht eine jährliche
Anhebung der Mineralölsteuer auf Kraftstoffe für die Jahre 2000 bis 2003 um jeweils 13 je
Liter vor. Die Stromsteuer wird vom 01.01.2000 an jährlich von vormals 2 Pfennig je
Kilowattstunde um 0,26 Cent heraufgesetzt und damit bis 2003 verdoppelt.
285Vgl. zu diesem Begriff E. Schuler-Steindl, “Wirtschaftslenkung und Verfassung”,
Wien/New York, 1996.
286Vgl. Fußnote 236.
287In diesem Zusammenhang denke man nur an größere Unternehmen, die im Rahmen der
Globalisierung den „Standort Deutschland“ verlassen, um kostengünstiger im Ausland
produzieren zu können. Insbesondere die neuen EU-Staaten in Mittelosteuropa profitieren
hiervon. Aber auch reine Dienstleister wie die Deutsche Bank beabsichtigen, zur
Kostensenkung Teile ihres Geschäftes global von Deutschland wegzuverlagern.
288In kommunistischen Systemen werden Transaktionskosten mehr durch unfähige, als durch
korrupte Staatsdiener verursacht. Im kapitalistischen System vollzieht sich die Auswahl der
Staatsdiener vielfach über das Leistungsprinzip, so dass weniger unfähige, dafür aber häufig
umso geldgierigere Staatsdiener höhere Transaktionskosten verursachen.
289Um einen solchen handelt es sich nämlich dann, wenn Bewerber sich vielfach gegenseitig
einen Ausbildungs- oder Studienplatz streitig machen.
290Der Begriff kommt zunächst im Zusammenhang mit der Rentenversicherung vor (Franz
Ruhland, „Schwerpunkte der Rentenreformen, Reformen in Deutschland“, NJW 2001, 3505
ff.). Er wird aber ebenso von Anfang an für die gesetzliche Krankenversicherung verwendet
(vgl. schon Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.05.2001, NJW 2001, 2786). Siebert
(„Der Kobraeffekt“, a. a. O., S. 126 ff.) verwendet den Begriff allgemein im Rahmen der
sozialen Sicherung und stellt, wenn auch nicht in direktem Zusammenhang das Problem des
„Moral Hazards“ fest, worunter er das allgemeine Verhalten der Versicherten versteht, mehr
Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen, als den Beiträgen entsprechen. Hier wird
der Begriff der Solidargemeinschaft der Versicherten ganz allgemein, also sowohl für die
Kranken- als auch für die Renten- und die Arbeitslosenversicherung verwendet. Vgl. auch
Franz Ruhland, „Solidarität“, NJW 2002, 3518 ff. Er stellt folgerichtig die Solidarität der
Individualität gegenüber und unterscheidet zwischen der Solidarität gegenüber der eigenen
„sozialen Klasse“ und der Solidarität der Generationen.
291Vgl. oben bei Fußnote 62.
292Man denke in diesem Zusammenhang nicht nur an die Praxisgebühr sondern auch über die
Einschränkung von bisher üblichen Leistungen, nicht zuletzt die Einsparungen bei den
Krankentransporten der gesetzlich Versicherten.
293Nach Artikel 3 Grundgesetz sind alle Menschen „vor dem Gesetz gleich“. Dieses
Grundrecht, das den Charakter eines vorstaatlichen Menschenrechtes hat, bindet Legislative,
Exekutive und Judikative. Dieser Gleichheitssatz gebietet, tatbestandlich Gleiches rechtlich
gleich zu behandeln, während Ungleiches demgegenüber je nach seinen Eigenarten
unterschiedlich zu behandeln ist. Insoweit ist Artikel 3 Grundgesetz nur verletzt, wenn der
Gesetzgeber Fälle gleich behandelt, zwischen denen offensichtlich so gewichtigen
Unterschiede bestehen, dass sie gerechterweise unterschiedlich zu behandeln sind oder wenn
er Fälle ungleich behandelt, zwischen denen keine Unterschiede erkennbar sind, die gewichtig
genug wären, die unterschiedliche Behandlung auch zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 65, 354;
71, 58).
294Entsprechend dem Grundgedanken der gesetzlichen Krankenversicherung ist von einer
durchschnittlichen Versorgung auszugehen, denn nur den Kosten einer solchen wird das
generell gestaffelte Beitrittsaufkommen auch deckend gegenüber stehen können.
295Beim Geburtsrisiko versagt nämlich das üblicherweise bei Risiken Anwendung findende
Verursacherprinzip: In mehr als 80 % der Fälle zahlt nämlich gerade nicht der Erzeuger
sondern der Arbeitgeber die Kosten einer Geburt.
296Die Theorie des liberalen Rechtsstaates, die noch als herrschend angesehen werden kann,
sieht den Zweck des Staates allein darin, die innere und äußere Sicherheit der Einwohner zu
gewährleisten. Auch wenn grundsätzlich die Theorie des liberalen Rechtsstaates hier in Frage
gestellt werden soll – der Staatszweck ist nämlich viel weitergehender und soll auch
materielle Gerechtigkeit so weit als möglich verwirklichen – sollen dennoch in der
Ausgangsfrage die Begriffe der inneren und äußeren Sicherheit Verwendung finden (vgl.
hierzu Artikel 87 a ff. GG). Nicht eingegangen werden soll in diesem Zusammenhang auf
Unterschiede des Polizeibegriffs in den Bundesländern (Institutioneller bzw. materieller
Polizeibegriff).
297Artikel 87 a IV GG: hierzu Maunz Dürig, GG, Art. 87 a Rn. 174 ff.
298Dieser Begriff ist keineswegs auf eine augenblicklich im Sinken begriffene
Nuklearschwelle abgestimmt, denn auch mit konventionellen Waffen lässt sich eine
Massierung von Panzern sehr schnell ausschalten, so dass hier lediglich auf eine geänderte
Strategie ein Umgang mit schweren Waffen aufmerksam gemacht werden soll.
299Wer etwas Anderes behauptet, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, entweder nicht
realistisch zu argumentieren oder bewusst etwas verschleiern zu wollen, was für jeden
einigermaßen am Tagesgeschehen interessierten doch augenfällig ist. Nicht zuletzt ist in
diesem Zusammenhang im übrigen interessant, dass der Präsident der russischen Förderation
ausdrücklich von neuen Nuklearwaffen spricht, mit denen Russlands Schutz auch in Zukunft
gegenüber jedermann gewährleistet werden soll.
300 Insbesondere die Ausspähung von Seiten der GUS-Staaten hat erheblich zugenommen
(vgl. hierzu sämtliche Verfassungsschutzberichte, beispielshaft Verfassungsschutzbericht des
Landes Berlin, 2003, S. 141 ff), vgl. auch Welt am Sonntag 20.10.2012 S.2 ff.
Tätigkeitsbericht 1999 des Rheinland-Pfälzischen Verfassungsschutzes Seite 64; hiernach sind
auf dem Gebiet der BRD sämtliche russischen Nachrichtendienste wie SWR, GRU, FAPSI
und FFB tätig, um die Zielbereiche Politik, Militär, Wissenschaft, Technologie, Wirtschaft
aufzuklären sowie deutsche Nachrichten und Sicherheitsdienste zu unterwandern.
301Vgl. insbesondere die Ordnungsebörden der Länder, in denen im Rahmen der
Entpolizeilichung der institutionelle Polizeibegriff nur die Polizei als solche erfasst und die
Ordnungsbebörden insoweit ausgliedert. Dabei ist jedoch die Terminologie in den
verschiedenen Ländern recht unterschiedlich.
302Das ist lange vor dem 11.09.2001.
303Die Rote Armeefraktion hatte als Exponenten die zu lebenslanger Haft verurteilten
Andreas Bader, Gudrun Ensslin, Jan-Karl Raspe und Ulrike Meinhoff. Diese verübten seit
Anfang der 70er Jahre Bombenanschläge, unter anderem auf die USA-Hauptquartiere in
Frankfurt am Main und Heidelberg (1974). Nach dem Versuch, die vier Genannten durch
Entführung einer Lufthansamaschine freizupressen, der mit der Erstürmung der Maschine
durch die GSG9 am 18.10.1977 in Mogadischu scheiterte, begingen die Vorgenannten in der
Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim Selbstmord. Danach gingen die Aktivitäten der
RAF ständig zurück, bis sich die gesamte Sache nach einigen weiteren Gewalttaten ganz
überlebt hatten.
304„Welt am Sonntag”, November 2004.
305Der Patriot-Act vom 26.10.2001 beschneidet in den USA in ganz erheblichem Umfang
Bürgerrechte, so dass der Rechtsschutz der ehemals freien Vereinigten Staaten von Amerika
tatsächlich auf das Niveau der Volksrepublik China gesenkt wurde. Weitere Maßnahmen
waren die Kündigung des ABM-Vertrages mit Russland über die Begrenzung von
Raketenabwehrsystemen und schließlich verkündete der Präsident der USA am 04.09.2002
die Bush-Doktrien, nach der sich die USA generell Präventivschläge gegen Staaten
vorbehalten, von denen sie eine Gefahr ausgehen sehen. Schließlich wurde am 25.11.2002 das
Ministerium für Heimatschutz zum 01.01.2003 geschaffen, das im Grunde genommen den
Handlungsspielraum, der inzwischen zur Verbrecherorganisation erklärten geheimen
Staatspolizei des Dritten Reichs hat.
306ARD-Weltspiegel, www.ndrtv/Weltspiegel/2011202/usa.html.
307Dies entspricht dem sogenannten „Stockholm-Syndrom“, benannt nach der Geiselnahme
in der Botschaft der Bundesrepublik in Stockholm am 24.04.1975. Dort waren sieben
Terroristen eingedrungen und hatten ultimativ die Freilassung von sechsundzwanzig der RAF
zugerechneten Häftlinge verlangt. Während der Verhandlungen kam es zu einer nicht näher
erklärbaren Symphatie bzw. Kollaboration zwischen Geiseln und Geiselnehmern.
308Neu sind jedoch Berichte über Ausspähungen, insbesondere von Wirtschaftsunternehmen
und Privatpersonen durch Geheimdienste der USA, die immer häufiger in der Tagespresse
auftauchen (vgl. hierzu besonders Süddeutsche Zeitung, Nicolas Richter, 30.05.2001). Aber
auch die Fachpresse beschäftigt sich schon mit der NSA (FB) Anlage Echelon in Bad Aibling
(Gabriele Hofacker, Chip 2000/1), Uni Kassel (AG Friedensforschung
www.uni.Kassel.de/fb5/frieden/Geheimdienste).
309 Andreas von Bülow, CIA, 2011
310Vgl. hierzu FAZ 13.10.2004, IAIA über irakische Atomanlagen besorgt, systematisch
abgebaut und Lager geräumt, Ausrüstung verschwunden.
Einen völlig neuen Umgang mit dem Terrorismus empfehlen Frey und Mayntz (Bruno S.
Frey, Dealing with Terrorism-Stick or Carrot?, Northhampton 2004, Renate Mayntz,
Organizational Forms of Terrorism -Hierarchy network for Type sui generis?, Max-PlackInstitut für Gesellschaftsforschung, Diskussionpaper 04/04 (MPI–FG–Koeln.mpg.de)
Hier wird vorgeschlagen, der Assymetrie des Terrorismus mit einer Assymetrie auf
Abwehrseite zu begegnen. Mit anderen Worten: Der assymetrische Krieg wird als solcher
begriffen und akzeptiert, gleichzeitig jedoch die Gegenmaßnahme in der Form aufgegriffen,
dass auch die Staatszentren nicht mit Gewalt sondern mit Dezentralisierung begegnen. Die
Dezentralisierung vermindert die Effektivität terroristitscher Schläge, indem große Zentren
überhaupt nicht bestehen bleiben und dem Terrorismus sozusagen nur sekundäre Ziele
angeboten werden. Gleichzeitig soll den Terroristen eine Resozialisierung gewährt werden,
ohne dass Gewalt immer mit Gewalt begegnet wird. Die besondere Pointe einer solchen
Behandlung gipfelt in der Feststellung, dass ein Terroristenführer möglicherweise eine neue
„Karriereleiter“ angeboten wird. Auch wenn Osama bin Laden als ehrbarer Kaufmann in
Saudi-Arabien schwer vorstelltbar war, gibt es doch Beispiele für diese Theorie. Der ExTerrorist Martin McGuinnes ist inzwischen Erziehungsminister der Republik Irland und auf
Deutschland übertragen stellt Frey fest: „Wenn es nach Bush ginge, dürfte Deutschland nie
einen Außenminister Joschka Fischer gehabt haben, der früher der terroristischen Szene ganz
nahe war.“
Eine solche Karriere könnten auch andere Köpfe des Terrors durchleben und in nicht
allzuferner Zeit Ministerposten in verschiedenen Ländern bekleiden (vgl. hierzu auch
Frankfurter Allgmeine Sonntagszeitung, 29.08.2004, Nr. 35 Seite 33 :“Umarmt die
Terroristen!“ von Rainer Hank).
311Zum Beispiel der SPD-Abgeordnete Struck, Bundestagsdrucksache, 14. Wahlperiode, 102.
Sitzung, 11.05.2000, S. 9494. Er wiederholt hier Forderungen, die schon gestellt wurden, als
die SPD noch in der Opposition war, während in der gleichen Sitzung der CDU-Abgeordnete
Merz die gleiche Forderung an die Regierung stellt.
312So hat der Bund der Steuerzahler bereits in den 90er Jahren festgestellt: „Die Schulden
von heute sind die Steuern von morgen!“ In diesem Zusammenhang folgt die Feststellung,
dass die Staatsverschuldung auf krasse Weise das Prinzip der Generationesgerechtigkeit
verletze, weil eine echte Erblast aufgebaut werde und die Schulden damit kommenden
Generationen aufgelastet werden (vgl. hierzu www.staatsverschuldung.de).
Die gleiche Feststellung traf im übrigen die Bundesfinanzminister Eichel am 09.11.2000
anlässlich eines Vortrages in der Berliner Humboldt-Universität.
313Neue Initiativen, neue soziale Marktwirtschaft, Lexikon, Begriff:
Generationsgerechtigkeit (www.chancefüralle.de/lexikon).
314Die Veröffentlichungen des Bundesamtes für Statistik zeigen dies Monat für Monat und
Jahr für Jahr (www.destatis.de).
315Zwar zeigen das Statistische Bundesamt und auch die Deutsche Bundesbank in ihren
Veröffentlichungen vielfach Teilansätze zur Antwort auf die oben gestellte Frage.
Insbesondere die Erläuterungen zu den Leistungspositionen der Zahlungsbilanz (Deutsche
Bundesbank, Statistische Sonderveröffentlichung, z. B. Nr. 7, September 2001, S. 33, 49, 72
behandeln umfangreich Zinsen auf Anleihen sowie Dividendenzahlungen und Erträge aus
Investmentzertifikaten). Auch werden Angaben zur Quellensteuer in Verbindung mit den
korrespondierenden Erträgen untersucht und bewertet. Sogar die Meldepflichten mit der
Regulierung von Coupon- oder Dividendenzahlungen fließen in die Untersuchungen ein.
Insgesamt jedoch wird der hier gestellten Frage nicht nachgegangen.
316Wenn es sich nicht um sogenannte Zerobonds handelt. Ein Inhaberpapier, ist ein
Wertpapier, bei dem das verbriefte Recht dem jeweiligen Inhaber zusteht. Es ist ein
Wertpapier im engeren Sinn, d. h. das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier. Zu
den Inhaberpapieren gehören insbesondere die Inhaberschuldverschreibungen und der
Inhaberanteilsschein.
317Hier wird werden nur anonymisierte Daten verarbeitet.
318Beispielsweise im Rahmen der Zahlungsbilanz (zum Begriff der Zahlungsbilanz vgl.
Rose, 5. Aufl., München, 1974: Als Zahlungsbilanz bezeichnet man die Aufzeichung aller
ökonomischen Transaktionen zwischen Einwohnern, Regierungen und Institutionen des
Inlands und Einwohnern, Regierungen und Institutionen des Auslandes für eine bestimmte
Periode, normalerweise für ein Jahr).
319§ 38 b EStG. Hiernach gibt es vielfältige Freistellungsmöglichkeiten, die für den Fall von
Ausländern in der Regel greifen, da sie im Inland nicht mit ihrem Mondialeinkommen zur
Steuer veranlagt werden.
320Diese Feststellung findet sich weder in den Veröffentlichungen der Deutschen
Bundesbank noch in denen des Statistischen Bundesamtes. Lediglich eine Vielzahl von
Einzelüberprüfungen kann zu diesem Schluss führen. Der Staatsschuldenausschuss in Wien
hat in seinem Bericht über die Finanzschuld des Bundes beispielsweise 1999 festgestellt, dass
die Zinsausgaben für die Finanzschuld des Bundes in erheblichen Umfang an die
Weltfinanzplätze, insbesondere nach New York fließen; Bericht über die Finanzschuld des
Bundes, S. 31 (vgl. auch Schneider u. a., „Betriebs- und Volkswirtschaft FW3“, 4. Aufl.,
2001, Wien 2004, Aktualisierung 2004 zu Buch Nr. 1051, S. 6). Die Pressenotizen der
Deutschen Bundesbank gliedern ausdrücklich zwar nach Kreditverkehr, Finanzderivaten,
Wertpapieren und Direktinvestitionen, lassen aber nicht erkennen, wohin welche
Zahlungsströme fließen. Demgegenüber zeigt die österreichische Statistik Zuordnung nach
Ländern (Österreichische Wirtschaft im Überblick, Österreichisches Gesellschafts- und
Wirtschaftsmuseum 2003/2004).
321Vergleicht man Zinszahlungen insgesamt aus der Zahlungsbilanz mit den den
Kapitalertragssteueraufkommen entsprechenden Zinsen, die an Inländer fließen.
322So steht die BRD – inzwischen abgerutscht von Platz 5 auf Platz 7 – nach Österreich,
Luxemburg, der Schweiz und den USA, dennoch sind die Konditionen (Triple A = AAA) 95
% bei 100 % Sicherheit.
323Hier wird unterstellt, dass eine sofortige Wiederanlage freiwerdender Mittel nicht in der
Form möglich wäre, dass sie nicht statistisch erfasst werden würde. Der Einfluss ceteris
paribus steht insoweit fest, d. h. die Wechselkursparität müsste in diesem Modell gehalten
werden.
324Dies gilt nur, wenn nicht sonstige Umstände unabhängig von der geringeren Zinslast den
Einsatz der freiwerdenden Mittel anders notwendig machen würde.
325Bei den heutigen statistischen Gepflogenheiten wäre es entgegen dieser Feststellung
durchaus möglich, dass überschüssige Liquidität nicht erfasst werden würde (vgl. hierzu den
Unterschied in der statistischen Erfassung zwischen dem Österreichischen
Staatsschuldenausschuss und den Erfassungen des Bundesamtes für Statistik bzw. der
Deutschen Bundesbank).
326Im internationalen Waren- und Leistungsverkehr wird sogar entsprechend den Richtlinien
der OECD für Rohstoffe, insbesondere für Erdöl grundsätzlich in US$ fakturiert.
327Man denke in diesem Zusammenhang nur an den sogenannten „Julius-Turm“ (vgl.
„Rheinischer Merkur“-Online 2003, Nr. 36, 02.09.2004: Der damalige Bundesfinanzminister
Fritz Scheffer hatte es tatsächlich geschafft, eine eiserne Reserve von 7 Milliarden D-Mark
aufzubauen, anstatt Schulden anzuhäufen, wie dies später üblich wurde. Unmittelbar in
diesem Zusammenhang setzten Forderungen ein, die über das Londoner Schuldenabkommen
hinausgingen und sofort dazu führten, dass anstatt des „Schatzes“ die Staatsverschuldung
begann.
328Die BRD hat für den zweiten Golfkrieg mindestens 30 Milliarden Dollar gezahlt, wobei
eine Verteilung auf die Empfängerländer niemals offengelegt wurde. Auch wurden keinerlei
Belege für entstandene Kosten seitens der Bundesregierung gefordert. Hagalil (www.nahostpolitik.de/irak/fakten-2.htm) stellt die Leistungen Israels in den Vordergrund und erinnert an
die 74 Toten durch Scud-Raketenangriffe, die neben den finanziellen Leistungen verblassen
würden. Die wahren Kosten des zweiten Golfkrieges werden unterschiedlich angegeben,
Daten werden teilweise vom Zentralarchiv für Emperische Sozialforschung an der Universität
zu Köln, Bachemer Straße 40 in 50931 Köln, zur Verfügung gestellt.
329Stuart E. Eizenstat, der amerikanische Chefunterhändler bei den Verhandlungen über die
Entschädigung für Zwangsarbeiter, hat in seinem eigenen Buch („Unvollkommene
Gerechtigkeit“, München 2003) selbst geschildert, wie er vehement die Sache in die Hand
genommen hat und schonungslos mit dem schäbigen Versuch der deutschen Wirtschaft
abrechnen wollte. Von Anfang an stand er der Gegenseite absolut feindlich gegenüber und war
sogar über Hombach, den “seltsamen” Vertreter der BRD, entsetzt. Schließlich hat er durch
eine besondere Steigerung des Drucks erreicht, dass die BRD von ihrem “lächerlichen”
Angebot von 1 Milliarde DM abrückte. Sein Buch stellt klar fest, dass hier keine Partnerschaft
sondern ein Diktat der USA Vorrang für eine „Final solution“ hatte.
330z. B. Frankfurter Rundschau, “Die Brücke von Vorbarin”, 14.10.2003, Kölnische
Rundschau “Tod am Tag der Dreifaltigkeit”, 14.10.2003, Bundesverband für Informationen &
Beratung für NS-Verfolgte, www.nsberatung.de.
331In diesem Zusammenhang sei erinnert an die zu Lasten der BRD ergangene Entscheidung
des griechischen Areopag über die Entschädigung griechischer Opfer der deutschen
Besatzungszeit; darüber hinaus wurden etwa zeitgleich Forderungen aus Namibia an die BRD
als Nachfolger des Deutschen Kaiserreichs gestellt.
332Dies ist auch nötig: So stellt Siebert (jenseits des sozialen Marktes) eine notwendige
Neuorientierung der deutschen Politik 2005 fest, dass die Deutschen unter Niophobie leiden,
sie also von der Angst vor Neuerungen gelähmt werden. Vgl. hierzu auch Horst Siebert, “Den
stotternden Motor wieder in Gang bringen”, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung,
19.03.2005, S. 13.
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