Hintergrundinformation Roche Biotechnologie-Zentrum Penzberg Technische Entwicklung neuer Wirkstoffe Biologisch, d.h. mit Hilfe von lebenden Zellen hergestellte Wirkstoffe, sind komplexe Moleküle. Für jedes neue Molekül gilt es, einen speziell dafür ausgelegten neuen Herstellungsprozess zu entwickeln. Hierbei muss sichergestellt sein, dass der neue Wirkstoff zur Durchführung der klinischen Entwicklung und für die Marktversorgung stets in der geforderten Menge und Qualität zur Verfügung steht. Das ist - für ausgewählte Projekte aus der Roche-Forschungspipeline - Aufgabe der Technischen Entwicklung in Penzberg. Hier werden in modernsten Anlagen neue Antikörper nicht nur „konstruiert“, sondern auch mit allen heute verfügbaren biochemischen, biophysikalischen und molekularbiologischen Methoden charakterisiert und schließlich für die präklinische und klinische Entwicklung produziert. Dafür erforderlich ist eine große biotechnologische Expertise - von der Forschung bis zur Produktion. Diese ist im Penzberger Center of Excellence für therapeutische Proteine - einem der größten weltweit - seit vielen Jahren etabliert. Für Anfragen zum Unternehmen: Nicole Gorfer Head of Communications & Public Affairs [email protected] Tel. 07624/14 – 4000 Für Anfragen zu Produkten: Ulla Satzger Team Lead Product Communications [email protected] Tel. 07624 /14 - 4030 Ablauf der Herstellung Zu einem Herstellprozess gehören Zellbank, Fermentations- und Aufreinigungsprozess, sowie die dazugehörige Analytik. Den finalen Produktionsprozess transferiert die Technische Entwicklung in enger Kooperation an die Marktproduktion. Zur Herstellung monoklonaler Antikörper werden häufig Chinese Hamster Ovary (CHO)Zelllinien als sogenannte Wirtszellen verwendet – so auch für Gazyvaro. Bei der Auswahl des besten Zellklons werden bestimmte Kriterien bewertet, wie z.B. erzeugte Antikörpermenge pro Zelle und Zeit, Qualität des Antikörpers und Stabilität der Wirtszelle. Einmal aus tausenden verschiedenen CHO-Klonen ausgesucht, bildet die selektierte Wirtszelle die zukünftige Grundlage für die Produktion zur klinischen Studien- und Marktversorgung. Fermentationsprozess für gleichbleibende Qualität Um die erforderlichen Produktmengen in der gewünschten Qualität herzustellen, erfordert es einen effizienten und robusten Fermentationsprozess. Zu Beginn dieses Prozesses wird der in flüssigem Stickstoff lagernden Zellbank eine Ampulle mit Zellen entnommen und diese in einem Nährmedium vermehrt. Ist eine bestimmte Zellkonzentration erreicht, wird die Zellsuspension steril in einen Fermenter (Bioreaktor) überimpft. Schrittweise finden danach weitere Zelltransfers bis in den zwölf Kubikmeter-Produktionsfermenter statt, welcher nach ca. zwölf Tagen Produktionsdauer (je nach Produkt) geerntet wird. Um mit jedem Roche Pharma AG Emil-Barell-Straße 1 79639 Grenzach-Wyhlen Tel. +49 7624 14 - 0 Fax +49 7624 14 – 3366 www.roche.de Produktionsansatz zur gewünschten Produktionsmenge und -qualität zu gelangen, müssen die kritischen Prozessparameter während der Entwicklungsphase identifiziert und deren optimaler Bereich herausgearbeitet werden. Eine Vielzahl von Daten, wie Lebendzelldichten, Zellstoffwechselmetaboliten, Glukoseverbrauch und Produktqualität werden dazu laufend analytisch erfasst. Erst wenn die Prozessgrenzen durch eine Vielzahl an Versuchsreihen im Labormaßstab ausgelotet und durch Ansätze im Produktionsmaßstab verifiziert worden sind, kann der endgültige Fermentationsprozess festgelegt werden. Das Fermentationsverfahren für Gazyvaro ist das erste Roche-Verfahren auf Basis eines chemisch definierten Mediums. Damit ist eine präzisere Standardisierung des Prozesses möglich, auf die auch die Zulassungsbehörden großen Wert legen. Am Ende des Fermentationsprozesses werden die Zellen, die das Produkt in das Medium ausscheiden, durch Zentrifugation abgetrennt. Im zellfreien Überstand befindet sich das gewünschte Produkt - der Antikörper - aber auch Begleitsubstanzen wie Bestandteile von Zellen oder des Mediums. Letztere müssen anschließend mithilfe eines mehrstufigen Aufreinigungsprozesses entfernt werden. Auch dieser Teil des Herstellprozesses ist für jeden Wirkstoff neu zu entwickeln. Dieser Prozess besteht aus einer Abfolge von verschiedenen Chromatographieschritten. Die Isolierung des gewünschten Produkts und Abtrennung der unerwünschten Begleitsubstanzen basiert auf den unterschiedlichen physikochemischen Eigenschaften der Moleküle. Nach mehreren Verfahrensstufen liegt der Wirkstoff als hochreines Produkt vor. Wie beim Fermentationsprozess müssen auch beim Aufreinigungsprozess die kritischen Prozessparameter im Labormaßstab identifiziert und deren Optimum bestimmt werden. Die Parameter Leitfähigkeit, pH und Beladungsdichte spielen hier eine wichtige Rolle. Der komplexe Einfluss der kritischen Prozessparameter auf die Produktqualität wird mit Hilfe von DoE (Design of Experiments)-Versuchsreihen untersucht. Hochauflösende analytische Methoden sind für die Bewertung unverzichtbar. Die Festlegung des Aufreinigungsprozesses erfolgt nach Verifizierung im Produktionsmaßstab. Quality by Design-Konzept: mehr Sicherheit für Patienten Gazyvaro ist das erste Medikament, das von der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA sowie der EMA nach dem Quality by Design (QbD)-Konzept zugelassen wurde. Bei diesem Konzept werden Grenzbereiche festgelegt, in denen sich die verschiedenen Prozessparameter bewegen können, ohne die Qualität des Produkts zu beeinflussen. Dieser Rahmen wird Design Space genannt. Die erforderliche Qualität des Produktes ist dabei selbst dann gewährleistet, wenn sich alle Prozessparameter innerhalb des Design Space an ihrem jeweils ungünstigsten Limit befinden. Ein nach QbD entwickelter Prozess liefert ein besseres Prozessverständnis, eine höhere Produktionszuverlässigkeit und letztlich eine erhöhte Sicherheit für den Patienten. Das Gazyvaro-Team hat bezüglich der Entwicklung und Implementation des QbD-Konzepts Pionierarbeit geleistet. 2/3 An den Unterlagen für die Marktzulassung wurde 18 Monate lang gearbeitet und das entwickelte QbD-Konzept den Behörden im Rahmen von zahlreichen Meetings verständlich und transparent dargelegt. Roche entwickelt in Zukunft alle Biologics-Prozesse auf der Basis von QbD. Der hochreine Wirkstoff wird von Roche in Mannheim zum fertigen Medikament abgefüllt. Dort wurde unter Hochdruck gearbeitet, so dass die ersten Patienten nur zwei Tage nach Zulassung durch die FDA behandelt werden konnten. 3/3