Mit Kindern wachsen Die Praxis der Achtsamkeit in der Familie Myla & Jon Kabat-Zinn S. 78 Und hilft es nicht uns allen, wenn wir uns verwirrt und hilflos fühlen, zu spüren, dass die Menschen, die uns am nächsten stehen, immer noch unsere Verbündeten sind, dass sie immer noch tief in unser Inneres zu sehen vermögen und dass sie uns immer noch lieben? Deshalb ist es unsere Aufgabe als Eltern, unsere Beziehung zu unseren Kindern immer wieder neu herzustellen. Dies erfordert Zeit, Aufmerksamkeit und eine wirkliche innere Verpflichtung. Wenn wir ständig abwesend sind - oder zwar körperlich anwesend, aber mit unserer Aufmerksamkeit und mit unserem Herzen abwesend -, spürt unser Kind nicht das Vertrauen und die Nähe, die es braucht, um uns seine Probleme mitteilen zu können. S. 106 Intensive Meditationspraxis ist sowohl ein Spiegel als auch ein Reinigungsprozess. Sie hilf uns, eine umfassendere und genauere Sichtweise zu entwickeln, die uns tiefe Erkenntnisse über uns selbst offenbaren und ein ebenso tiefes loslassen bewirken kann - ein loslassen all dessen, womit wir uns auf ausschließende und starre Weise identifizieren: ein Loslassen unseres Haftens an Dingen sowie an bestimmten Ansichten und Vorstellungen. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit über längere Zeit auf unseren eigenen Geist richten, erkennen wir, dass er immer wieder bestimmten Mustern folgt. ... Vielleicht sehen wir, dass der Geist ungeheuer viel Zeit in der Vergangenheit weilt, indem er sich an Dinge erinnert, sich ärgert oder sich selbst und anderen Vorwürfe macht, und in der Zukunft, indem er sich Sorgen macht, plant, hofft und träumt... Wir lernen außerdem zu sehen, wie schwer es dem Geist fällt, im Gegenwärtigen Augenblick präsent zu sein, und wir merken, dass es möglich ist, ihn so weit zu beruhigen, dass er einen großen Teil seiner eigenen unablässigen Aktivitäten zu sehen und zu einer inneren Stille und einem Gleichgewicht zu gelangen vermag, das sich nicht mehr so leicht durch seine eigene Geschäftigkeit stören lässt.... Denn der Geist ähnelt in vielerlei Hinsicht einem Gewässer, einem Meer. Je nach Jahreszeit, Witterung und Windverhältnissen kann seine Oberfläche völlig ruhig und glatt oder von meterhohen Wellen aufgewühlt sein. Doch wenn man tief genug hinabtaucht, bleibt das Wasser sogar bei heftigen Stürmen sehr ruhig. S. 109 ... Denn jedes Leben besteht aus einer nahezu unendlichen Folge einzelner Augenblicke. Wenn wir in der Gegenwart leben, verlassen wir das Reich der linearen Zeit und treten in die zeitlose Gegenwart ein. S. 110 Vielleicht erkennen wir dass unsere Kinder ebenso wie wir nur für kurze Zeit Gäste in dieser wunderschönen und gleichzeitig so seltsamen Welt sind und dass unsere Zeit mit ihnen zusammen sogar noch kürzer ist und niemand weiß, wie lange sie dauern wird. Könnte diese Erkenntnis uns nicht zutiefst berühren und uns etwa sehr Wichtiges lehren? Könnte uns das nicht vor Augen führen, wie kostbar die Zeit ist, die wir mit unseren Kindern zusammen sind, und uns wünschen lassen, unsere schnell dahin fließenden Augenblicke mit ihnen zusammen mit Gewahrsein zu genießen? Könnte das alles sich nicht darauf auswirken, wie wir unsere Kinder in den Arm nehmen, wie wir ihnen Gute Nacht sagen, wie wir sie im Schlaf anschauen und sie am Morgen wecken? S. 129 Ruhige Augenblicke, in denen wir uns in Achtsamkeit üben, nähren Körper und Seele. ... Wenn wir im Augenblick präsent sind, aus dem Strom der ständigen Gedanken heraustreten und Vergangenheit und Zukunft wirklich loslassen, machen wir eine Erfahrung der Zeitlosigkeit. Schon ein paar Minuten unserer normalen, linearen Zeit können dann sehr erholsam wirken, weil zeitlose "Augenblicke" uns befreien. S. 140 Da die Welt immer komplizierter und schnelllebiger wird und wir immer stärker unter Zeitdruck und Stress stehen, müssen wir lernen, nicht nur Energie in unsere äußeren Aktivitäten zu investieren, sondern gleichzeitig auch mehr für uns selbst zu sorgen, für unser Herz, unsere Seele und generell für unser sein. ... Andernfalls werden wir leicht zu nervösen Wracks, in deren Leben es weder Stille noch echtes Verstehen gibt - im Grunde ein sehr trauriges Leben. S. 219 Manche Eltern sind nur in der Lage Nähe und Verbundenheit zu empfinden, wenn andere sich um ihre Verletztheit und ihren Schmerz kümmern. Sie versuchen deshalb unbewusst, ihre Kinder dazu zu bringen, dass diese ihren Schmerz mit ihnen teilen, und manchmal sogar dazu, ihn für sie zu tragen. Ohne dass sich solche Eltern ihrer Intention bewusst sind, versuchen sie, ihrem Kind beizubringen, sich auf ihre emotionalen Bedürfnisse einzustellen. Dies geschieht oft, ohne dass darüber gesprochen wird. Das Kind übernimmt also eine Rolle, die eigentlich die der Eltern ist, und versucht, empathisch und mitfühlend auf ihre emotionalen Probleme, ihre Schwierigkeiten und ihren Stress einzugehen. Indem ein solches Kind als Vertrauensperson eines Elternteils oder beider Eltern, als mitfühlender Zuhörer fungiert, lernt es, sich auf die Bedürfnisse anderer zu konzentrieren und seine eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche zu vernachlässigen. Der Sohn wird dann zu einem "guten Jungen" und die Tochter zu einem "guten Mädchen" - auf Kosten ihrer eigenen Gefühle, ihrer eigenen inneren Wirklichkeit. Um sich selbst nicht ganz aufgeben zu müssen, haben Kinder oft keine andere Wahl, als in sehr extreme Reaktionen zu verfallen, indem sie beispielsweise ihre Eltern völlig ablehnen, sich selbst zerstörerisch verhalten, weglaufen oder sich isolieren und sich völlig in sich selbst zurückziehen. Kinder müssen ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln, bevor sie sich auf eine Weise um andere kümmern können, die ihnen selbst nicht schadet. Sie müssen zunächst spüren, wie SIE sich fühlen, was SIE brauchen und was SIE wollen. In vielen Familien ist das äußere Erscheinungsbild wichtiger als alles andere. Brüllen und schreien sind in solchen Familien absolut tabu, und die wichtigsten Orientierungsmaßstäbe sind "gutes Benehmen", ein "ansehnliches Äußeres" und "geschliffene Umgangsformen" sowie "gesellschaftlicher Erfolg". In diesen Familien sind nur ganz bestimmte Emotionen akzeptabel. Wenn wir uns bemühen, uns der Bedeutung dessen bewusst zu bleiben, was unter der oberflächlichen Erscheinung liegt, nämlich im Bereich des Fühlens, im Bereich der Seele, und wenn wir bereit sind, ehrlich zu kommunizieren und auch unsere Kinder zu dieser Art der Kommunikation zu ermutigen, so bringen wir dadurch zum Ausdruck, dass wir das, was im Inneren eines Menschen vor sich geht, für wichtiger halten als die äußere Erscheinung des Betreffenden. S. 226 Familienrituale können ein wichtiger Bestandteil [einer] Familienkultur sein. Rituale erzeugen eine Atmosphäre der Geborgenheit, die die Familienmitglieder in Raum und Zeit lokalisiert und die Gefühlsbindungen zwischen Eltern und Kindern und der Kinder untereinander stärkt. Alles kann zu einem Familienritual werden: das Aufwecken der Kinder am Morgen, das Baden, das gemeinsame Essen, das Anzünden der Kerzen am Esstisch ... All das kann das Familienleben bereichern. S. 231 Wenn wir unsere Kinder zu wenig beachten, uns überwiegend anderen Dingen zuwenden und sie mit Hilfe von Objekten beschäftigt halten - indem wir beispielsweise die Schaukel möglichst stak in Bewegung setzen, damit wir eine Weile Ruhe haben, eine Tonbandkassette auflegen, um ihnen nicht selbst eine Geschichte erzählen zu müssen, oder das Fernsehen einschalten und sie dadurch ruhig stellen - , so erziehen wir sie dadurch, ohne uns dessen bewusst zu sein, zu Passivität und Abhängigkeit, statt ihnen die aktive Teilnahme an einer lebendigen Welt zu ermöglichen, die auf wechselseitigen Beziehungen basiert. ... Ein Bedürfnis, das in der frühen Kindheit erfüllt wird, verschwindet; ein Bedürfnis, das nicht erfüllt wird verschwindet nie vollständig, sondern kehrt später in Form von verschiedenen Störungen zurück - Aggressionen, Wut, Distanzierung oder Rückzug und Disziplinprobleme" S. 233 (zum Thema Medien:) ... Es kann sein, dass sie unsere Kinder in die Isolation treiben oder dass sie ihr Nervensystem überlasten. Oft stellt sich am Ende heraus, dass wir für den vermeintlichen Zeitgewinn mit einem Vielfachen an Zeit bezahlen müssen denn unsere Kinder drehen plötzlich durch, weil sie zu wenig Aufmerksamkeit, physischen Kontakt und menschliche Wärme erhalten haben oder weil sie sich an die ständige Überschwemmung mit immer neuen Reizen schon so gewöhnt haben, dass sie diese nicht mehr missen mögen. Kinder, die sich in diesem Zustand befinden, sind ungeheuer anstrengend, und das ist auch nicht weiter Verwunderlich. Den so entstandenen Schaden zu beseitigen ist weitaus schwieriger und weniger zufrieden stellend, als ihre echten Bedürfnisse gleich zu berücksichtigen. S. 237 Wenn die Bedürfnisse von Kindern auf jeder Entwicklungsstufe innerhalb der Familie adäquat erfüllt werden, können sie innere Ressourcen entwickeln, die sie gegenüber den destruktiven "schnellen Lösungen" weniger anfällig machen, mit denen sie mit zunehmendem Alter immer stärker konfrontiert werden. ... Weil Kinder in ihren Familien immer weniger Wärme und Nähe erleben, suchen sie früh Intimität in Form von Sex. S. 249 Insbesondere, wenn sie in die Pubertät kommen, kann die Verbindung zu ihnen, verglichen mit früheren Zeiten, sehr schwach werden. Diesen dünnen Faden nicht abreißen zu lassen, zu tun, was wir können, um ihn zu stärken, selbst wenn wir manchmal nichts weiter tun können, als präsent zu bleiben, ist schon an sich ungeheuer schwierig und eine Aufgabe, die im Herzen der Achtsamkeitsübung liegt. Die Verbindung wird zu bestimmten Zeiten nur dann stärker werden, wenn wir bereit sind, unseren Kindern die Freiheit zu geben, ihren eigenen einzigartigen Weg zu finden trotz unserer Bedenken und Zweifel, unseres Missfallens und sogar unserer Trauer über das Ende einer idyllischeren Zeit. Gleichzeitig müssen wir, um ein gewisses Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, in Situationen, in denen es uns notwendig erscheint, Grenzen setzen ... S. 250 Als Erwachsene müssen wir in der Lage sein, der Wut unserer Kinder stand zu halten, ohne uns verletzt zu fühlen, oder selbst wütend zu werden und ihre negativen Gefühle zu erwidern. S. 309 Insbesondere kleine Kinder fühlen sich geborgen und geradezu erleichtert, wenn ihre Eltern ihnen klare Grenzen setzen. Wenn Kinder älter werden, übernehmen sie allmählich mehr Verantwortung - sowohl für das, was sie konkret tun, als auch für ihr generelles Verhalten. Es hilft ihnen, dass wir sie für das was sie tun, verantwortlich machen und dass wir auf eine Weise mit ihnen umgehen, die sowohl ihre Souveränität respektiert und gleichzeitig natürliche und angemessene Konsequenzen für das beinhaltet, was sie tun. Auch ist es unerlässlich, ständig neu zu überprüfen, welche Erwartungen ihnen gegenüber angemessen sind und was nicht mehr stimmig ist, wenn sie älter werden. S. 310 Oft handeln Eltern aus der Perspektive ihrer eigenen Bedürfnisse und Wünsche ohne die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Kinder zu berücksichtigen. Unsere Aufgabe als Eltern ist es, zu erkennen, was im Rahmen des Möglichen für unsere Kinder das Beste ist, und, wenn es nötig ist, uns von unserer eigenen Fixierung darauf, wie wir die Dinge gern hätten zu lösen. ... Wir machen unseren Kindern ein großes, wenn auch oft unbemerktes Geschenk, wenn wir uns mit unseren eigenen Erwartungen auseinandersetzen und wenn es uns gelingt, diejenigen darunter loszulassen, die eine destruktive Wirkung auf sie haben könnten. Das ist die innere Arbeit, die Eltern und ganz generell Erwachsene zu leisten haben. Wenn wir dies tun, wird die Atmosphäre innerhalb unserer Familie leichter und es entsteht mehr Raum und ein ausgewogener Zustand, in dem alle die Möglichkeit haben zu wachsen. S. 313 Grenzen und Öffnungen Es gibt Untersuchungen, aus denen hervorgeht, dass Kinder, deren Eltern entweder sehr nachgiebig sind und kaum Grenzen setzen oder aber sehr autoritär, streng und dominant sind unter einem schwachen Selbstwertgefühl leiden. Wann Kinder respektvoll behandelt werden und ihnen innerhalb eines klar abgesteckten Rahmens ein großer Bewegungsspielraum zugestanden wird - wobei die Grenzen durchaus flexibel sein können und manchmal, je nach Alter, sogar mit den Kindern darüber verhandelt werden kann -, entwickeln sie ein gesundes Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Wir setzen in unserer Familie Grenzen nicht, um unsere elterliche Macht zu spüren. Wir versuchen, uns nicht autoritär zu verhalten und bedingungslosen Gehorsam zu erwarten. Wenn wir Grenzen definieren, so betreffen sie gewöhnlich Dinge, von denen wir das Gefühl haben, dass sie sich auf das Wohl eines Kindes negativ auswirken, beispielsweise das späte Zubettgehen, Fernsehen, Junkfood, Filme, Videospiele und negative Verhaltensweisen anderen gegenüber wie Respektlosigkeit, körperliche Gewalt und der Gebrauch von Schimpfwörtern. ... Wenn wir zu streng sind, kann es sein, dass sie ihr Vertrauen in uns verlieren, uns belügen oder sich völlig zurückziehen. Sind wir hingegen zu nachgiebig ihnen gegenüber - und das gilt für jedes Alter können wir schon bald die negativen Auswirkungen bei ihnen beobachten, dass sie etwa erschöpft, angespannt, überreizt, ängstlich oder aggressiv wirken, dass sie ein schlechtes Urteilsvermögen entwickeln oder sich respektlos verhalten. S. 315 Letztlich hängt die Bereitschaft unserer Kinder, Grenzen zu akzeptieren, davon ab, wie eng sie sich mit uns Eltern und mit der gesamten Familie verbunden fühlen - davon, ob sie erkennen, dass wir ihnen Grenzen setzen, weil uns ihr Wohlergehen wichtig ist, und schließlich auch davon, dass sie das Gefühl haben, dass wir uns ihnen gegenüber fair verhalten. S. 323 Die Qualität und Wärme unserer Beziehung zu unseren Kindern wird immer damit zusammenhängen, wie wir mit unserer eigenen inneren Arbeit fortfahren, und mit unserer Bereitschaft, ihnen die Möglichkeit zu geben, ihren Weg selbst zu finden und selbstständig Entscheidungen zu treffen. Wahrscheinlich sind sie eher bereit, uns mitzuteilen, was sie bewegt, wenn wir sie nicht bedrängen. Gegenwärtigkeit und Offenheit, Liebe und Interesse sowie die Bereitschaft, auf sie einzugehen, sind die Dinge, die nötig sind. Diese Art von innerer Weite ist die Grundlage für eine Atmosphäre von Respekt und Vertrauen zwischen Eltern und Kind. DAS sind die Angelegenheiten, um die wir uns zu kümmern haben. S. 342 Es braucht oft Jahre der inneren und äußeren Arbeit an uns selbst, um von den Verlusten verschiedenster Art sowie von dem Mangel an Anerkennung, Respekt und angemessener Fürsorge zu genesen unter dem wir in unserer Kindheit gelitten haben. S. 356 Es ist in jedem Fall hilfreich, wenn wir inmitten eines Sturms einen Augenblick innehalten, uns des eigenen Atems bewusst werden und uns zugestehen, dass wir nicht unbedingt alles in diesem Augenblick lösen müssen. Das kann uns helfen, nicht aus unserem Wutgefühl heraus zu reagieren, denn dadurch würden wir die Situation nur auf die Spitze treiben. Es kann manchmal schrecklich sein, wenn wir die Beherrschung verlieren. Doch können wir aus solchen Vorfällen auch etwas lernen und daran wachsen - sofern wir den Mut haben, uns einzugestehen, dass dies tatsächlich geschehen ist, statt unsere eigene Reaktion zu leugnen, oder herunterzuspielen oder unsere Energie darauf zu verwenden, uns selbst oder unsere Kinder zu beschuldigen oder uns schlicht zu wünschen, dass die Situation anders sein möge, als sie tatsächlich ist, ohne die Verantwortung für unser Tun zu übernehmen. Gleichzeitig kann es sein, dass wir unseren Kindern je nach ihrem Alter helfen müssen, ihren eigenen Anteil am Geschehen zu begreifen, und mit ihnen zusammen überlegen, ob es für sie effektivere Möglichkeiten gibt, ihre Gefühle auszudrücken und die verschiedenen Verhaltensalternativen zu sehen, die sie in schwierigen Situationen haben. ------------------------------------- Zwölf Übungen zur Entwicklung von Achtsamkeit in der Familie 1. Versuchen Sie, sich die Welt aus der Perspektive Ihres Kindes vorzustellen und sich dabei bewusst von Ihrer eigenen Sichtweise zu lösen. Tu Sie das jeden Tag wenigstens ein paar Augenblicke lang, um sich daran zu erinnern, wer dieses Kind ist und womit er oder sie in der Welt konfrontiert wird. 2. Stellen Sie sich vor, wie Sie auf Ihr Kind wirken oder wie Sie in seinen Ohren klingen - auf das Kind, das Sie heute, in diesem Augenblick, zur Mutter oder zum Vater hat. Wie könnte sich das darauf auswirken, wie Sie in Ihrem Körper zuhause sind und sich im Raum bewegen, wie auf Ihrer Art zu sprechen und auf das, was Sie sagen? Wie möchten Sie zu Ihrem Kind in diesem Augenblick in Beziehung treten? 3. Übern Sie sich darin, Ihre Kinder, so wie sie sind, als vollkommen zu sehen. Versuchen Sie, sich in jedem Augenblick ihrer Souveränität bewusst zu bleiben, und arbeiten Sie daran, dass Sie sie so annehmen können, wie sie sind - auch in Situationen, in denen Ihnen dies besonders schwer fällt. 4. Bringen Sie sich Ihre Erwartungen Ihren Kindern gegenüber zu Bewusstsein, und überlegen Sie sich, ob diese wirklich zu ihrem besten sind. Versuchen Sie sich auch wahrzunehmen, wie Sie diese Erwartungen vermitteln und welchen Einfluss sie auf Ihre Kinder haben. 5. Üben Sie sich in einer selbstlosen Haltung, indem Sie die Bedürfnisse Ihrer Kinder, wann immer möglich, über Ihre eigenen stellen. Versuchen Sie dann zu sehen, ob es vielleicht doch gemeinsamen Boden gibt, so dass auch Ihre eigenen wahren Bedürfnisse erfüllt werden können. Sie werden möglicherweise überrascht sein, wie viele Überschneidungen es tatsächlich gibt, insbesondere, wenn Sie geduldig sind und sich um ein Gleichgewicht bemühen. 6. Halten Sie inne, wenn Sie das Gefühl haben, Sie hätten sich verirrt, so wie es Davi Wagoner in seinem Gedicht "Lost" beschreibt: " Der Wald atmet... " Lassen Sie seine Botschaft zu sich sprechen: "Der Wald weiß, wo du bist. Du musst nur zulassen, dass er dich findet..." Meditieren Sie über das Ganze, indem Sie der Situation, Ihrem Kind, sich selbst und Ihrer Familie Ihre volle Aufmerksamkeit schenken. Auf diese Weise können Sie vielleicht über das Denken hinausgelangen, so positiv und umfassend es auch sein mag, und intuitiv mit ihrem ganzen Wesen (Ihren Gefühlen, Ihrer Intuition, Ihrem Körper, Ihrem Geist und Ihrer Seele) wahrnehmen, was wirklich zu tun ist. Wenn Ihnen das nicht in jedem Augenblick klar ist, ist es vielleicht am besten, gar nichts zu tun, bis es klarer geworden ist. Manchmal ist es gut, einfach still zu bleiben. 7. Üben Sie sich im stillen Gegenwärtigsein. Diese Fähigkeit kann sich sowohl aus der formellen als auch aus der nicht-formalen Achtsamkeitspraxis entwickeln, wenn Sie darauf achten, wie Sie sich verhalten und was Sie mit Körper, Geist und Ihren Worten ausdrücken. Hören Sie sich selbst sorgfältig zu. 8. Lernen Sie, mit Anspannungen zu leben, ohne dass Sie Ihr Gleichgewicht verlieren. In seinem Buch "Zenn in der Kunst des Bogenschießens" beschreibt Eugen Herrigel, wie er lernte, im Augenblick größter Anspannung mühelos dazustehen, ohne den Pfeil abzuschießen. Im richtigen Augenblick schießt der Pfeil sich auf geheimnisvolle Weise selbst ab. Tun Sie das, indem Sie üben, in jeden noch so schwierigen Augenblick hineinzugehen, ohne irgend etwas verändern zu wollen und ohne ein bestimmtes Ergebnis zu erwarten. Bringen Sie einfach Ihr volles Gewahrsein und ihre Präsenz in diesen Augenblick hinein. Üben Sie sich darin, zu sehen, dass alles, was in Erscheinung tritt, zu verarbeiten ist, wenn Sie bereit sind, auf diese Weise in der Gegenwart zu sein und dabei auf ihre Intuition und auf ihre Instinkte zu vertrauen. Für Ihr Kind ist es, insbesondere, wenn es noch sehr jung ist, wichtig, dass Sie ein Zentrum der Ausgewogenheit und Vertrauenswürdigkeit sind, ein verlässlicher Orientierungspunkt, mit dessen Hilfe es Punkte in seiner eigenen Landschaft anpeilen kann. Pfeil und Ziel brauchen einander. Etwas erzwingen zu wollen führt zu nichts. Sie finden einander besser durch weise Aufmerksamkeit und Geduld. 9. Entschuldigen sie sich bei Ihrem Kind, wenn Sie sein Vertrauen auch nur geringfügig verletzt haben. Entschuldigungen wirken heilend. Wenn Sie sich entschuldigen, bringen Sie dadurch zum Ausdruck, dass Sie über die fragliche Situation nachgedacht haben, dass Sie sie nun klarer sehen und vielleicht auch die Sicht des Kindes besser verstehen. Doch sollten wir uns andererseits auch davor hüten, dass uns zu oft etwas leid tut. Wenn wir uns zu häufig entschuldigen, wenn wir uns das zur Gewohnheit machen, verliert es seinen Sinn. Dann kann es dazu führen, dass wir die Verantwortung für unsere Handlungen nicht in vollem Umfang übernehmen. Behalten Sie das im Auge. Hin und wieder im Gefühl echter Reue zu schmoren, ist eine gute Meditation. Schalten Sie den Herd nicht ab, bevor das Essen fertig ist. 10. Jedes Kind ist einzigartig, und jedes Kind hat ganz spezielle Bedürfnisse. Jedes sieht die Welt auf seine eigene, einzigartige Art und Weise. Bewahren Sie in Bild jedes Ihrer Kinder in Ihrem Herzen. Lernen Sie das Wesen eines jeden einzelnen Kindes zu würdigen, und wünschen Sie all Ihren Kindern das Beste. 11. Es gibt sehr wichtige Situationen, in denen wir uns darin üben müssen, unseren Kindern gegenüber klar, stark und unmissverständlich zu sein. Bemühen Sie sich darum, in solchen Fällen, so gut Sie können, aus Gewahrsein, Großzügigkeit und Unterscheidungsvermögen heraus zu handeln, statt aus Angst, Selbstgerechtigkeit oder dem Bedürfnis, die Situation zu kontrollieren. Achtsamkeit bedeutet nicht, dass wir als Eltern übermäßig nachsichtig, nachlässig oder schwach sind, und ebenso wenig dass wir rigide und dominant sind und alles kontrollieren. 12. Das größte Geschenk, dass Sie Ihrem Kind machen können, sind Sie selbst. Deshalb besteht ein Teil Ihrer Aufgabe als Mutter oder Vater darin, an Selbsterkenntnis und Gewahrsein zu wachsen. Wir müssen im gegenwärtigen Augenblick verwurzelt sein, um unsere tiefsten und besten Aspekte mit anderen teilen zu können. Dies ist eine ständige innere Arbeit, aber sie kann dadurch unterstützt werden, dass wir regelmäßig eine Zeitspanne für stille Kontemplation reservieren - wie auch immer uns das am meisten zusagt. Wir haben nie etwas anderes als das Jetzt. Wir haben immer wieder von neuem die Gelegenheit, es zu unserem Besten zu nutzen, um unserer Kinder und um unserer selbst willen.