Erziehen mit Humor Vertrauen, Zuversicht und Gelassenheit sind drei wichtige Grundpfeiler in der ElternKind-Beziehung. Was benötigen Eltern, um diese Grundhaltungen einnehmen zu können? Humor. Humor signalisiert Zuversicht, Gelassenheit und Souveränität. Humor ermöglicht: 1. Perspektivenwechsel. Ein humorvolles Lebenskonzept zeigt sich unter anderem darin, dass Situationen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden können. Die Perspektive einer anderen Person einzunehmen, verbessert die Empathie, das Einfühlungsvermögen. Kinder, die noch unbefangen an viele Lebenssituationen herangehen, zeigen das oft durch Aussagen, die uns Erwachsene erheitern: Mama hat einen Magen-Darm Infekt und läuft zur Toilette. Patrick (5) tröstet sie: »Sei froh, dass du Durchfall hast, sonst müsstest du dich anstrengen.« Der Sohn einer Bekannten fühlt sich nicht so gut, er hat Kopf-, Hals- und Bauchschmerzen. Der Arzt fragt ihn bei der Untersuchung: »Was stört dich denn am meisten ?«. Der Kleine antwortet prompt: »Meine kleine Schwester!« Der Arzt guckt auf meinen kugelrunden Bauch und fragt meinen Sohn Alexander (6): »Bekommst du noch ein Brüderchen oder ein Schwesterchen?« Alexander: »Ein Brüderchen.« »Hast du dir denn ein Brüderchen gewünscht?« »Nein!« Arzt: »Was denn?« Alexander: »Einen Fußball!« 2. Emotionale Distanz: Eine humorvolle Grundhaltung ermöglicht es uns auch, in emotional sich aufheizenden Situationen, emotional auf Distanz zu gehen. Eine angespannte Situation wird mit einer humorvollen Bemerkung entschärft, es wird Wohlwollen signalisiert und verbissene Machtkämpfe vermieden. Auch da können wir Erwachsenen uns Kinder manchmal zum Vorbild nehmen. Linus (2) lässt sich schon seit Wochen abends nicht mehr ohne heftigen Protest und Heulen ins Bett bringen. Zur Bettgehzeit fragt ihn seine große Schwester Alena (3): »Linus, kann Papa jetzt eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen, oder willst du erst weinen ?« 3. Aufrechterhaltung einer positiven tragfähigen Beziehung: Humor trägt in Beziehungen zu einer positiven Grundstimmung bei. Mit Humor drücke ich Zuneigung, Leichtigkeit, Großzügigkeit und Freundlichkeit aus. Kritik wird in seiner Schärfe gemildert und ein Gefühl der Ablehnung vermieden. Kinder wissen sehr gut, wann ein Lob besonders angebracht ist. Eine Mutter berichtet: Mutti, du hast die schönste Unterschrift!, sagte mein Sohn, als ich eine 4 unterschreiben sollte... 4. Optimismus: ein positiver Blick auf die Entwicklung des Kindes Humor drückt Zuversicht aus. Das ist in der Beziehung zu den eigenen Kindern besonders wichtig. Zu oft entwerfen wir vor unseren Kindern ein worst-case Szenario, phantasieren die schlimmsten Folgen und nehmen eine pessimistische Perspektive ein. Eine Szene mit meiner Tochter habe ich noch gut in Erinnerung, wo mir die Kinder aus meiner negativen Sicht herausgeholfen haben. Meine Tochter Miriam hatte mal wieder lustlos und nicht sehr aufmerksam ihre Englisch-Hausaufgaben erledigt, da sie das Fach Englisch und auch die Lehrerin nicht mochte. Ich war ratlos und sagte in meiner Hilflosigkeit typische Elternsätze. „Ich weiß nicht, welchen Beruf du später einmal ergreifen möchtest, mit deiner Einstellung sehe ich schwarz für deine Zukunft.“ Die Tochter reagierte auf diese Pauschalkritik entsprechend patzig: „ Pah, ich heirate sowieso einen Millionär“. Wenig beruhigt wandte ich mich an die neben ihr stehende Freundin, eine gute Schülerin: „Annika, willst du auch Millionärsgattin werden oder hast du andere Berufsvorstellungen?“ Die beste Freundin meiner Tochter ging mir nicht auf den Leim und ließ sich nicht gegen ihre Freundin in Stellung bringen, sie konterte knapp: „Nein, ich werde nicht Millionärsgattin, ich werde Millionärswitwe.“ Daraufhin schüttelten wir drei uns vor Lachen und die Situation war wieder entspannt und freundlich. ________________________________________________________________ Was lässt uns den Humor im Umgang mit den Kindern verlieren? Eine sehr begrenzte Sicht auf unseren erzieherischen Einfluss lässt uns oft zu pessimistisch und humorlos werden. Wir verhalten uns den Kindern gegenüber oft noch immer so, als gäbe es den „Nürnberger Trichter“. Wir versuchen oft, unsere Kinder mit Belehrungen, Ratschlägen, Ermahnungen und Argumenten zu lenken und positiv zu beeinflussen. Außerdem setzen wir Strafen oder auch Belohnungen ein. Diese intentionale Erziehung stellt jedoch nur einen kleinen Teil der erzieherischen Wirkungsfaktoren dar, weit wirkungsvoller ist die funktionale Erziehung, das, was Kinder aktiv aufnehmen an Erfahrungen, Beobachtungen, eigenen Schlussfolgerungen und durch selektives Interesse. Denn Erziehung heißt nicht, dass wir an den Kindern zerren und ziehen, sondern dass sie etwas von uns lernen und Lernen ist ein aktiver Aneignungsprozess, bei dem die Kinder aktiv mitwirken. Insofern lernen die Kinder in der Familie durch Vorbilder (Eltern, Geschwister, Großeltern), also ist jedes elterliche Verhalten „vorbildliches Verhalten“, ob wir es wollen oder nicht. Der Lernprozess erfolgt durch Nachahmung, Schlussfolgerungen und gewecktes Interesse. Interesse und Lernbereitschaft gedeihen am besten in positiven tragfähigen Beziehungen. Folgende Fragestellungen werden behandelt: Wie kann ich zu einer tragfähigen positiven Atmosphäre in der Familie beitragen? Wie kann ich emotionale Verstrickungen lösen und eine angemessene emotionale Distanz zum Kind erreichen? (Z.B. durch Perspektivenwechsel: Statt: Was ist mit meinem Kind los? Nun: Was will mein Kind mit seiner Wut, seiner Unzufriedenheit erreichen?) Wie gebe ich Kindern angemessen Verantwortung für ihr Verhalten? (Konsequenzen statt Schimpfen, Drohungen und Strafen) Wie schaffe ich es, häufiger ruhig und gelassen zu reagieren? (Auf die Wirkungen der funktionalen Erziehung bauen: Kinder lernen durch mein Vorbild) Lösungsbeispiele werden anhand humorvoller Interventionen besprochen.