Projektbeschrieb Maja Krämer Unterrichtsentwicklungsprojekt Fragestellung 1. Wie kann im Unterricht eine Fehlerkultur gefördert werden, bei der aus Falschem + Fehlern gelernt wird? Leitsätze für LP und SuS, Algorithmus anwenden 2. Wie wird ein sozialer Umgang mit Fehlern von anderen gefördert? Ziele Bewusst werden des Falschen und „Norm“ des Richtigen verinnerlichen in Bezug aufs Thema „Selbstständigkeit“ Vorgehen für die Arbeit an der Selbstständigkeit entwickeln Durch Hospitation der Mentorin Leitsätze zur Fehlerkultur gezielt beobachten und reflektieren Sozialer Umgang mit Fehlern von anderen Evaluation der entstandenen Fehlerkultur Teil I: Selbstständigkeit Bezug zum LP 21 „Überfachliche Kompetenzen“ Personale Kompetenzen (Selbstreflexion, Selbstständigkeit und Eigenständigkeit) Selbstreflexion: Eigene Ressourcen kennen und nutzen Die Schülerinnen und Schüler ... können eigene Gefühle wahrnehmen und der Situation angemessen ausdrücken. können ihre Interessen und Bedürfnisse wahrnehmen und formulieren. können Stärken und Schwächen ihres Lern- und Sozialverhaltens einschätzen. können auf ihre Stärken zurückgreifen und diese gezielt einsetzen. können Fehler analysieren und über alternative Lösungen nachdenken. können auf Lernwege zurückschauen, diese beschreiben und beurteilen. können die eigene Einschätzung mit der Einschätzung von aussen abgleichen und Schlüsse ziehen (Selbst- und Fremdeinschätzung). können die aus der Einschätzung gewonnenen Schlüsse umsetzen. Selbstständigkeit: Schulalltag und Lernprozesse zunehmend selbstständig bewältigen, Ausdauer entwickeln Die Schülerinnen und Schüler ... können sich in neuen, ungewohnten Situationen zurechtfinden. können Herausforderungen annehmen und konstruktiv damit umgehen. können sich Unterstützung und Hilfe holen, wenn sie diese benötigen. können das eigene Lernen organisieren und sich unter anderem einen geeigneten Arbeitsplatz einrichten oder bei Bedarf Pausen einschalten. können sich auf eine Aufgabe konzentrieren und ausdauernd daran arbeiten. können eigenverantwortlich Hausaufgaben erledigen und sich auf Lernkontrollen vorbereiten. 1 von 7 Projektbeschrieb Maja Krämer können übertragene Arbeiten sorgfältig, zuverlässig und pünktlich erledigen. können Strategien einsetzen, um eine Aufgabe auch bei Widerständen und Hindernissen zu Ende zu führen. Eigenständigkeit: Eigene Ziele und Werte reflektieren und verfolgen Die Schülerinnen und Schüler ... können sich eigener Meinungen und Überzeugungen (z.B. zu Geschlechterrollen) bewusst werden und diese mitteilen. können eigene und andere Meinungen und Überzeugungen auf zu Grunde liegende Argumente (Fakten, Interessen, Werte) hin befragen. können Argumente abwägen und einen eigenen Standpunkt einnehmen. können die Argumente zum eigenen Standpunkt verständlich und glaubwürdig vortragen. können aufgrund neuer Einsichten einen bisherigen Standpunkt ändern; sie können in Auseinandersetzungen nach Alternativen bzw. neuen Wegen suchen. können einen eigenen Standpunkt einnehmen und vertreten, auch wenn dieser im Gegensatz zu vorherrschenden Meinungen/Erwartungen steht. Grobablauf, offener Algorithmus nach Oser/Spychiger, 2005, S. 126f 1. Fehlerdetektion vornehmen häufig vorkommende Fehler Fokussierung + sprachliche Äusserung darüber mit Mentorin Stimulierung der SuS, neues Projekt, bei dem sie etwas verbessern + verändern wollen in den nächsten 10 Wochen 2. Zeit zur Fokussierung nehmen Umgang mit dem Falschen + Fehlern steht ab jetzt im Mittelpunkt, UT darf jederzeit unterbrochen werden, um Falsches zu nutzen, dem Richtigen gegenüber zu stellen, eine Norm aufzubauen, LP wendet das so an und teilt das dem Kollegium + SuS mit 3. Exzessive Kontrastierung von richtig-falsch und deren Begründung Spiegelung des Richtigen durch das Falsche, richtig/falsch, besser/schlechter, präzise/unpräzise, schön/hässlich, negative Emotionen, Erfahrungen, Beziehungen = Abgrenzung und Orientierung, emotionale Seite ansprechen + unvergessliches produzieren Falsches vorspielen lassen, dann das Gegenteil Falsches demonstrieren und dem Richtigen gegenüber stellen Dreckiges, Schmutz, Unordentliches finden, nach ihrer Arbeit das Saubere analysieren 4. Möglichkeiten zu Öffentlichmachung des Fehlers erkennen Fehler der Einzelnen dürfen im Mittelpunkt stehen, können wertvolle Lernprozesse für alle einleiten, gemeinsames öffentliches Lernen = sensibler Umgang untereinander, ohne beschämen oder blossstellen Generalisierbares + Sachen, die alle etwas angehen Respektvolles, offenes und öffentliches Fehlerentdecken + Verarbeiten Respektvoller, offener und öffentlicher Fehlerdiskurs 2 von 7 Projektbeschrieb Maja Krämer findet laufend/ständig statt! 5. Aufbau von Gedächtnisstützen Selber lernen, dass gewisse Verhaltensweisen nicht mehr vorkommen dürfen, dafür braucht es Erinnerungssysteme, Warnsysteme, soll Hilfsgestell sein für andere, eben verstandene Dinge Warnlampe Plakate Spickzettel mündliche Wiederholung durch die LP 6. Repetitionsmöglichkeiten schaffen Gleiche oder ähnliche Fälle erkennen, hervorheben und bearbeiten, „verführen“ der SuS zu ähnlichen Fehlersituationen, die sie dann bewähren und erfolgreich erleben ähnliche Aufräumarbeiten ähnliche Lebensmittel, gleiche Zubereitung unter Stress (Zeitdruck, Beurteilung) findet laufend statt 7. Überprüfung + Bewertung des richtigen Verhaltens bewirken 8. Aufbau eines tragfähigen Bewertungssystems organisieren Bewertung gibt Orientierung, Sicherheit im Selbsturteil durch ein Wertsystem, aktualisiert Negatives Wissen, Zugewinn an Schutzwissen festhalten, darstellen Selbsteinschätzung grafische Darstellungen Diskussion 9. Flexible Evaluation der individuellen Fehlermechanismen vornehmen Fehler-Scaffolding, d.h. kleinste Fortschritte sichtbar machen, Rückmeldung bei Rückfällen geben, Ermunterungen vornehmen, Fortschritte durch alte Kontrastierungen aufzeigen, Unterschiede sichtbar machen SuS müssen wissen, dass LP von jedem weiss, wo er/sie steht Individualität und Lob 10. Langzeitwirkung des Geleisteten wiederholend überprüfen Schutzwissen = nur „Wissen“, muss in Erinnerung gerufen + aktualisiert werden, überprüfen ob es noch vorhanden ist, etc., evtl. auch anpassen Erinnern an Szenen dieser Zeit Verhältnis zur eigenen Lerngeschichte Leitsätze zur Fehlerkultur nach Oser/Spychiger, 2005, S. 168ff Lernorientierung + positives Lernklima (auch Spannungen des Ärgers über das Falsche und Scham aushalten und auffangen) 1 Nicht blossstellen sozialen Schutz der SuS wahrnehmen, auch Blossstellen durch andere SuS verhindern 3 von 7 Projektbeschrieb Maja Krämer 2 Ermutigen, Fürsorge walten lassen SuS sollen sich getragen fühlen 3 Auf Fehler kontrolliert reagieren souverän, kompetent, klar und sachlich reagieren, nicht überfordert, verärgert, verwirrt 4 Positive Mitschüler-Reaktionen fördern Hilfsbereitschaft, Diskussion, Disziplin, Fürsorge fördern, destruktive Reaktionen (z. Bsp. auslachen) verhindern 5 Gute Strategien, Intensität der Auseinandersetzung mit Falschem fördern Eigenaktivität, Selbststeuerung, Reflexion fördern, ermutigen zu eigenen Lösungswegen, Korrektur von Fehlern 6 Erkennen von hemmenden Emotionen Angst, Scham, Schuld erkennen und natürlichen Umgang damit fördern, positiv werden lassen 7 Fehlerbereitschaft der SuS und Bedeutsamkeitseinschätzung fördern LP muss überzeugt sein, dass Fehlermachen natürlich + bedeutsam und zutragend für Lernprozess ist, fehlerbejahende Einstellung, Unterscheidung von bedeutsamen und nicht bedeutsamen Fehlern 8 Eigene Fehlerbereitschaft + -toleranz Motto „Fehler machen erlaubt“ muss erkennbar sein, sachlicher Umgang seitens der LP 9 Eigene Fehler gestehen, zu ihnen stehen Platz für Fehler der LP, zugeben, offen zu ihnen stehen, gutes Vorbild sein 10 Korrekturen + Repetitionsmöglichkeiten bieten Üben – Korrigieren – Repetieren = genügend Zeit und Aufmerksamkeit, Üben-Phase = Phase des Lernens aus Fehlern (nicht Evaluationsphase) Evaluation Methode In der ersten Lektion haben die SuS sich anhand eines Fragebogens selbst eingeschätzt. Die Fragen bezogen sich alle auf die Kategorien der Selbstständigkeit (siehe 2.1). Diese Selbsteinschätzung hat dazu gedient, dass sich die SuS zuerst einmal mit ihrem aktuellen Stand an Selbstständigkeit auseinandersetzen und ich als LP jedem SuS in der nächsten Lektion eine Rückmeldung geben kann, auf was besonders geachtet werden muss. Für die regelmässige Evaluation erstellte ich ein Raster, auf dem sich die SuS am Ende jedes Morgens in Bezug auf ihre Selbstständigkeit und zum Erreichen der Lektionsziele einschätzten. Auch ich hielt darauf jeweils meine Rückmeldung anhand eines Kreuzes fest. Diese Blätter hingen während der sieben Wochen zusammen mit den Merkblättern „(Un-) und Selbstständigkeit“ und den Lektionszielen an der Wandtafel. Damit war die Einschätzung jederzeit von allen einsehbar und somit öffentlich. 4 von 7 Projektbeschrieb Maja Krämer Abb. 1: Beispiel der wöchentlichen Einschätzung Nach fünf Wochen zogen die SuS zuerst in Einzelarbeit für sich ein Zwischenfazit und hielten dies schriftlich fest, danach kamen wir im Plenum zusammen und diskutierten über den Verlauf der letzten Wochen, welche Dinge verbessert werden können und was bereits gut gelaufen ist. Das Teilprojekt Selbstständigkeit lief dann noch zwei Wochen, in denen die SuS nochmals fokussiert auf ihr Zwischenfazit an ihrer Selbstständigkeit arbeiten sollten. Die Einschätzung an der Wandtafel erfolgte gleich wie die Wochen zuvor. Am Ende dieser sieben Wochen hielten die SuS wiederum zu erst für sich alleine ein Schlussfazit zur Veränderung und Zufriedenheit schriftlich fest, danach folgte ein „Blitzlicht“ im Plenum, sodass auch die Mitschüler jeweils einen Eindruck der individuellen Entwicklung erhielten. Auswertung Dabei beteiligten sich alle, äusserten sich zu ihrer Entwicklung, ihren Zielen und auch zur Wahrnehmung von ihren Mitschülern. Dieses konstruktive und angeregte Gespräch zeigte mir, dass die SuS das Projekt ernst nehmen und ich sie wirklich von der Wichtigkeit dieser überfachlichen Kompetenz überzeugen konnte. Teil II: Umgang mit Fehler von anderen Bezug zum LP 21 „Überfachliche Kompetenzen“ Soziale Kompetenzen (Kooperationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit und Umgang mit Vielfalt) Kooperationsfähigkeit: Mit anderen Menschen zusammenarbeiten Die Schülerinnen und Schüler ... können sich aktiv an der Zusammenarbeit mit anderen beteiligen. können in der Gruppe und in der Klasse oder in einem Schülerrat Abmachungen aushandeln und Regeln einhalten. können auf Meinungen und Standpunkte anderer achten und darauf eingehen. können je nach Situation eigene Interessen zu Gunsten der Zielerreichung in der Gruppe zurückstellen oder durchsetzen. können Gruppenarbeiten planen. können verschiedene Formen der Gruppenarbeit anwenden. Konfliktfähigkeit: Konflikte benennen, Lösungsvorschläge suchen, Konflikte lösen Die Schülerinnen und Schüler ... können sachlich und zielorientiert kommunizieren, Gesprächsregeln anwenden und Konflikte direkt ansprechen. Körpersprache, alle äussern sich, nachfragen, Feedback bei Bewertung, wenn Fehler geschehen können sich in die Lage einer anderen Person versetzen und sich darüber klar werden, was diese Person denkt und fühlt. Gefühle bei einem Fehler erkennen und nachvollziehen im Gespräch 5 von 7 Projektbeschrieb Maja Krämer können Kritik angemessen, klar und anständig mitteilen und mit konstruktiven Vorschlägen verbinden. Auf den Fehler sachlich, ohne zu beleidigen hinweisen, Verbesserungsvorschlag geben, nachfragen können Kritik annehmen und die eigene Position kritisch hinterfragen. Im Gespräch über die eigenen Fehler die Kritik einsehen, Ursachen finden, „Ziele“ und Verbesserungen vorschlagen können Formen und Verfahren konstruktiver Konfliktbearbeitung anwenden. können in einer Konfliktsituation einen Konsens suchen und diesen Konsens anerkennen. können Konfliktsituationen, die sich nicht lösen lassen, aushalten und nach neuen Konfliktlösungsmöglichkeiten suchen; wenn nötig holen sie bei Drittpersonen Unterstützung. können die von der Schule bereitgestellten Hilfen nutzen und Instrumente zur gewaltfreien Konfliktlösung akzeptieren. Umgang mit Vielfalt: Vielfalt als Bereicherung erfahren, Gleichberechtigung mittragen Die Schülerinnen und Schüler ... können Menschen in ihren Gemeinsamkeiten und Differenzen wahrnehmen und verstehen. können respektvoll mit Menschen umgehen, die unterschiedliche Lernvoraussetzungen mitbringen bzw. die sich in Geschlecht, Hautfarbe, Sprache, sozialer Herkunft, Religion oder Lebensform unterscheiden. können die Wirkung von Sprache reflektieren und achten in Bezug auf Vielfalt auf einen wertschätzenden Sprachgebrauch. Feedback formulieren, auf was muss ich achten? ICH-Botschaften, konstruktiv, nicht persönlich werden können einen herabwürdigenden Sprachgebrauch erkennen und nehmen einen solchen nicht passiv hin. Bei beleidigenden Aussagen, auslachen reagiere die SuS, Eigenregulierung Ablauf Rollenspiel zum Kontrastieren: Wie geht ihr positiv/richtig mit Fehlern von anderen um? Wie nicht? Merkblätter dazu erklären, aufhängen an WT, bei Situationen darauf hinweisen, schriftlich festhalten – ständige Aufnahme von Ereignis, Beteiligte, Reaktion, Feedback 30.04. Vorbereiten des gegenseitigen Einschätzen während dem Zubereiten, Ablauf klären, Beobachtungsraster erklären 07.05. SuS beobachten einander abwechselnd während ca. 20’) – halten Fehler fest und geben einander dann Feedback (genauer Ablauf, zu erst A > B, Metaebene, dann B > A, Metaebene, Metaebene) 18.06. Plakat evaluieren und Merkblätter-Kriterien thematisieren, kurze schriftl. Evaluation von allen SuS 6 von 7 Projektbeschrieb Maja Krämer Kontrastierung i.A. LP 21 Positiv: - ruhige Stimme, freundlich - Augenkontakt, offene und ruhige Körperhaltung - Gefühle des anderen erkennen und angemessen reagieren - Sachliche, anständige Aussagen - ICH-Botschaften, ernst nehmen - Verbesserungsvorschläge machen, ermutigen - Eingreifen bei negativen Vorkommnissen Negativ: - Anschreien, auslachen - wild gestikulieren, kein Augenkontakt, abgewandt, verschlossen - gleichültig ggü. den Gefühlen des anderen - beleidigende, ungenaue, falsche Aussagen - DU-Botschaften - Hoffnungslosigkeit, Sinnlosigkeit und Aufgeben vermitteln - Wegschauen, mitmachen bei negativen Vorkommnissen 7 von 7