Oberon ab. - Theaterwerkstatt Freigymi

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William Shakespeare
Ein Sommernachtstraum
Übersetzt von Jurgen Gosch, Angela Schanelec
und Wolfgang Wiens
SZENEN
Anzahl Seiten
1. SZENE: Athener Schauspieler versammeln sich
2.5
2. SZENE: Hermia kämpft um Lysander
5
3. SZENE: Titania und Oberon streiten
7
4. SZENE: Die Zauberblume
4
5. SZENE: Squenz verteilt die Rollen
4
6. SZENE: Oberon tadelt Puck und viel Streit
10.5
7. SZENE: Oberon erlöst Titania
3.5
8. SZENE: Zettel staunt
1
9. SZENE: Die Aufführung
9
Total
46.5
11
PERSONEN:
THESEUS, Herzog von Athen
Eric Ohlund
HIPPOLYTA, Königin vom Amazonas
Annika Sütsch
EGEUS (Vater von Hermia)
Maximilian Probst
LYSANDER (liebt Hermia)
Robin Mettler
DEMETRIUS (liebt Hermia)
Ioannis Meili
HELENA (liebt Demetrius)
Lea Schaad
HERMIA (liebt Lysander)
Marisa Wanner
OBERON (Feenkönig)
Eric Ohlund
TITANIA (Feenkönigin)
Annika Sütsch
PUCK
Amedée Schaub
ELFE
Julia Wanner
SENFSAMEN
Lara Pfister
BOHNENBLÜTE
Sarah Horrer
Handwerker:
SQUENZ (Prolog, Thisbes Vater)
Ioannis Meili
ZETTEL (Pyramus)
Robin Mettler
FLAUT (Thisbe)
Lea Schaad
SCHNAUZ (Wand, Pyramus’ Vater)
Max Probst
SCHNOCK (Löwe)
Julia Wanner
SCHLUCKER (Mond, Thisbes Mutter)
Marisa Wanner
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1. Szene: SQUENZ VERTEILT DIE ROLLEN
Im Wald sudlich von Athen, gegen Abend.
Squenz, Schnock, Zettel, Flaut, Schnauz, Schlucker treten nacheinander auf.
SQUENZ. Sind alle da?
ZETTEL. Am besten, du rufst alle zusammen auf, Mann fur Mann, wie es auf
deinem Zettel steht.
SQUENZ. Hier ist die Besetzung, Meisters! Jeder, der fur fähig
gehalten wird von ganz Athen, in unserem kleinen Zwischenspiel mitzuspielen vor
dem Herzog und der Herzogin, an deren Hochzeitstag nachts.
ZETTEL. Erst, lieber Peter Squenz, sag, wovon das Stuck handelt, dann lies die
Namen der Schauspieler vor; und dann ist gut.
SQUENZ. Verflucht noch mal, unser Stuck ist “Die höchst beklagenswerte
Komödie und höchst grausamer Tod von Pyramus und Thisbe.“
ZETTEL. Ein sehr gutes Stuck Arbeit, mein lieber Mann, und lustig. Jetzt, lieber
Peter Squenz, ruf deine Schauspieler auf, nach der Tabelle. Meisters, breitet euch
aus.
SQUENZ. Antwortet, wie ich euch aufrufe. Klaus Zettel, der Weber.
ZETTEL. Hier. Sag mir die Rolle und dann weiter.
SQUENZ. Du, Klaus Zettel, bist hier als Pyramus aufgefuhrt.
ZETTEL. Was ist Pyramus? Ein Liebhaber oder ein Tyrann?
SQUENZ. Ein Liebhaber, der sich äußerst tapfer selber umbringt, aus Liebe.
ZETTEL. Das wird einige Tränen kosten bei entsprechender Darstellung. Wenn ich
es mache, muss das Publikum auf seine Augen achten. Ich will Sturm erregen, ich
will einigermassen lamentieren. Jetzt die Andern – aber meine eigentliche
Veranlagung ist der Tyrann. Ich könnte einen Herkules köstlich spielen, oder eine
Rolle, wo man alles kurz und klein schlagen muss.
„Der Felsen ruckt
Die Erde zuckt
Der Schlund verschluckt
Des Kerkers Tur.
Und Phöbbus’ Karr’n,
Kommt angefahr’n
Und macht erstarr’n
Des stolzen Schicksals Zier.“
So in der Richtung. Nun nennt die ubrigen Akteure. Das war der Stil von Herkules,
Tyrannenstil, ein Liebhaber ist mehr lamentierend.
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SQUENZ. Franz Flaut, der Blasebalgflicker.
FLAUT. Hier, Peter Squenz.
SQUENZ. Flaut, du musst Thisbe ubernehmen.
FLAUT. Was ist Thisbe? Ein fahrender Ritter?
SQUENZ. Es ist das Fräulein, das Pyramus lieben muss.
FLAUT. Nein, bitte, lass mich keine Weiberrolle machen. Ich kriege schon einen
Bart.
SQUENZ. Das ist egal: du spielst es mit Maske, und du sprichst es so hoch, wie du
kannst.
ZETTEL. Wenn ich mein Gesicht verstecken darf, lass mich auch die Thisbe
spielen. Ich werde mit einer furchterlich feinen Stimme sprechen. ‚Thisbe, Thisbe!’
‚Ah! Pyramus, mein Liebster mein, Bin Thisbe dein und Fräulein fein.’
SQUENZ. Nein, nein, du musst den Pyramus spielen, und du Flaut, Thisbe.
ZETTEL. Na gut, dann weiter.
SQUENZ. Robert Schlucker, der Schneider?
ZETTEL. (schiebt Schlucker nach vorne). Hier, Peter Squenz.
SQUENZ. Du spielst Thisbes Mutter. Thomas Schnauz, der
Kesselflicker?
SCHNAUZ. Hier, Peter Squenz.
SQUENZ. Du Pyramus’ Vater; ich selbst Thisbes Vater. Schnock, der Schreiner, du
die Löwenrolle. Und damit, hoff' ich, ist das Stuck gelaufen.
SCHNOCK. Hast du die Löwenrolle schon rausgeschrieben? Bitte, wenn ja, gib sie mir,
ich lerne so langsam.
SQUENZ. Du kannst sie ex tempore machen, es ist nur Brullen.
ZETTEL. Lass mich den Löwen auch noch spielen. Ich werde brullen, dass alle
Herzen höher schlagen, wenn sie mich hören. Ich werde brullen, dass der Herzog
sagen wird: ‚Lasst ihn nochmal brullen, lasst ihn nochmal brullen.’
SQUENZ. Und wenn du es zu furchterlich machst, erschreckst du vielleicht die
Herzogin und die Damen, sie wurden kreischen, und das wurde reichen, uns alle an
den Galgen zu bringen.
ALLE. Wir könnten uns aufhängen, einer wie der andere.
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ZETTEL. Klar, wenn die Damen vor Schreck ihren Verstand verlieren, dann wird
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ihnen nichts anderes mehr einfallen, und sie hängen uns auf. Aber ich werde
meine Stimme so exaltieren, dass ich brullen werde so sanft wie ein saugendes
Täubchen, ich werde euch brullen, als wärs eine Nachtigall.
SQUENZ. Zettel. Komm mal mit. Du kannst keine andere Rolle spielen als den Pyramus, denn
Pyramus ist ein schöner Mann; ein eleganter Mann, wie man ihn nur sonntags sieht; ein äußerst
feiner, kavaliersmäßiger Mann, deswegen musst du ihn spielen.
ZETTEL. Gut, dann ubernehm ich ihn.
SQUENZ. Meisters, hier sind eure Rollen; und ich muss euch bitten, ermahnen und dringend
ersuchen, sie bis morgen Nacht auswendig zu lernen; wir treffen uns im Wald, eine Meile vor der
Stadt, bei Mondschein; da ist es ruhig; dort wollen wir proben. Ich werde inzwischen eine Requisitenliste anlegen. Ich flehe euch an, lasst mich nicht hängen.
ZETTEL. Wir werden kommen. Da können wir ganz intim und ungeniert
dramatisieren. Gebt euch Muhe, seid perfekt. Adieu.
SQUENZ. Unter der Herzogseiche treffen wir uns.
ZETTEL. Ja, ja! – Also: Hals- und Beinbruch.
ALLE. Hals- und Beinbruch.
Handwe rke rlie d: G lückauf, G lückauf de r Ste ige r kommt
Alle ab.
2. Szene: HERMIA KÄMPFT UM LYSANDER
Ein Saal im Palaste des Theseus. Morgen.
Theseus, Hippolyta.
THESEUS. Nun naht, Hippolyta, die Hochzeitsstunde
Mit schnellem Schritt. Vier frohe Tage bringen
Den neuen Mond herauf. Doch, o wie langsam
Nimmt jener alte ab!
Er hält mich hin wie eine Witwe, die nicht sterben kann
Und ihren Sohn aufs Erbe warten lässt.
HIPPOLYTA. Vier Tage tauchen schnell sich in die Nacht,
Vier Nächte träumen schnell hinweg die Zeit;
Dann soll der neue Mond, gleich einem Silberbogen
Am Himmel neu gespannt herunterschauen
Auf unsre Festlichkeit.
THESEUS. Hippolyta, Geliebte, mit dem Schwert umwarb ich dich,
Gewann dein Herz, als ich dir Wunden schlug.
Doch freien will ich dich auf andre Art.
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Mit Pomp, mit Jubel, und mit Lustbarkeiten.
Egeus, Hermia, Lysander und Demetrius treten auf.
EGEUS. Sei glucklich, Theseus, glorreicher Furst.
THESEUS. Ach, Egeus. Was willst du?
EGEUS. Es ist sehr ärgerlich, denn ich bin hier,
Um meine Tochter Hermia anzuklagen.
Tritt vor, Demetrius. Mein Furst,
Dem Mann da hab ich sie zur Frau versprochen.
Tritt vor, Lysander. Und, mein Furst,
Der Mann hat meines Kindes Herz verhext.
Du, du Lysander, du hast Liebespfänder mit ihr getauscht,
Ihr Verse zugesteckt.
Du sangst im Mondlicht unter ihrem Fenster,
Mit falscher Stimme falsche Liebeslieder.
Voll Arglist hast du mir ihr Herz geraubt,
Hast den Gehorsam, den das Kind mir schuldet
in starren Trotz verwandelt. Und, mein Furst,
Ist sie vor dir und zwar sofort, nicht willig,
Hier dem Demetrius ihr Wort zu geben,
Erbitte ich das alte Recht Athens:
Da sie mein Kind ist, hab ich zu bestimmen,
Und ich bestimme sie jetzt diesem Mann,
Wenn nicht, dann ihrem Tod, der im Gesetz
So vorgesehen ist fur diesen Fall.
THESEUS. Und was sagst du dazu? Pass auf, mein Kind,
Der Vater sollte wie ein Gott dir sein.
(Ein Gott, der deine Schönheit schuf.
Von ihm geprägt, steht es in seiner Macht,
Die Form zu lassen oder zu zerstören.)
Demetrius ist doch ein feiner Mann.
HERMIA. Lysander auch.
THESEUS. Fur sich gesehen schon.
Doch hier, wo ihm des Vaters Stimme fehlt,
Muss man dem Anderen den Vorzug geben.
(Hermia kniet nieder.)
HERMIA. Ich bitte Sie, mein Furst, mir zu verzeihen.
Ich weiß nicht, welche Kraft mich mutig macht,
In Ihrer Gegenwart von mir zu sprechen,
Doch flehe ich Sie an, mir zu erklären,
Was mich im schlimmsten Falle treffen kann,
Wenn ich mich dem Demetrius verweigre.
THESEUS. Entweder deinen Tod zu sterben, oder
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Fur alle Zeit auf Männer zu verzichten.
Deshalb befrage, Hermia, dein Begehren,
Ob du, wenn du dich nicht dem Vater beugst,
Zu ertragen weißt, im Schatten eines Klosters eingesperrt,
Als unfruchtbare Schwester hinzuleben,
Mit mattem Singsang an den kalten Mond.
Denn glucklicher ist die gepfluckte Rose, Die
nicht am unberuhrten Strauch verwelkt, Und
wächst und lebt und stirbt in Einsamkeit.
HERMIA. Doch, so will ich wachsen, leben und so sterben,
(eh ich das Recht auf meine Jungfernschaft dem lasse,
Unter dessen Joch zu stehen,
Sich meine Seele immer weigern wird.)
THESEUS. Denk nach und nimm dir Zeit; beim nächsten Mond,
Schon bald, hast du bereit zu sein,
Zu sterben, oder wie dein Vater will,
Demetrius zu deinem Mann zu nehmen.
Wenn nicht, so schwöre am Altar Dianas
In strenger Keuschheit und allein zu leben.
DEMETRIUS. Komm Hermia, gib auf; du spinnst, Lysander,
Ich bin im Recht, das weißt du ganz genau.
LYSANDER. Demetrius, da dich ihr Vater liebt,
Nimm du doch ihn und uberlass’ sie mir.
EGEUS. Sehr witzig, du. Hermia ist mein und all mein Recht an ihr
Ich uberlasse es Demetrius.
LYSANDER. Mein Herr, ich bin von gleichem Stand wie er,
So reich wie er; das Ausmaß meiner Liebe
Ist größer. Was Besitz und Geld betrifft:
Er hat mir nichts voraus, im Gegenteil.
Doch lassen wir die Wichtigtuerei:
Ich bin es, den sie liebt, die schöne Hermia.
Und sollte nicht auf meinem Recht bestehn?
Demetrius, ich sags ihm ins Gesicht,
Verfuhrte Nedars Tochter Helena.
Erfolgreich. Und das arme Kind, es schwärmt,
Schwärmt abgöttisch hingegeben,
Fur diesen flatterhaften, falschen Mann.
THESEUS. Ich muss gestehn, das hab ich auch gehört
Und wollte schon mit ihm daruber sprechen.
Da ich beschäftigt war mit eignen Dingen,
Entfiel es mir. Doch komm, Demetrius;
Und komm, Egeus; ich hab mit euch zu reden;
Du, Hermia, sieh zu, dass deine Launen
Sich schleunigst deines Vaters Willen beugen.
Komm mit, Hippolyta; wie fuhlst du dich?
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Demetrius und Egeus, was ist los?
EGEUS. Wir kommen schon.
Alle ab bis auf (die Elfen, Puck,) Lysander und Hermia.
LYSANDER. Was ist mit dir? Warum bist du so blass?
HERMIA. –
LYSANDER. Weh mir! Nach allem, was ich lesen konnte,
Und was erzählt wird, was dir jeder sagt,
Der Fluss der wahren Liebe floss nie sanft;
Mal war es die Verschiedenheit des Bluts…
HERMIA. LYSANDER. Mal wars ein Fehler hinsichtlich der Jahre.
Mal war es fremder Einfluss, der entschied.
HERMIA. –
LYSANDER. Und war es eine Wahl in Harmonie,
Dann griffen Krieg, Tod oder Krankheit ein,
Und es verging die Liebe wie ein Ruf,
Rasch wie ein Schatten, wie ein kurzer Traum.
HERMIA. Dass wahre Liebe immer Leiden ist,
Steht also fest wie ein Erlass des Schicksals...
LYSANDER. Sehr gut gesagt. Hör zu Hermia:
Ich habe eine Tante, sie ist Witwe,
Steinreich, mit großem Erbe, ohne Kind –
Ihr Haus liegt sieben Meilen von Athen –
Und sie betrachtet mich wie ihren Sohn.
Dort, Hermia, soll unsre Hochzeit sein;
An diesen Ort kann das Gesetz Athens
Uns nicht verfolgen. Komm, wenn du mich liebst,
Schleich morgen Nacht aus deines Vaters Haus,
Und eine Meile vor der Stadt, im Wald ,
Dort will ich auf dich warten.
HERMIA. Mein Lysander!
Ich schwöre dir bei Amors stärkstem Bogen,
Bei seinem besten Pfeil mit goldner Spitze,
An jener Stelle, die wir ausgemacht,
Treff ich dich morgen gegen Mitternacht.
Helena tritt auf.
HERMIA. He, schöne Helena. Wo gehst du hin?
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HELENA. Du nennst mich schön, ich weiß, dass ichs nicht bin.
Demetrius liebt dich, gluckliche Schöne.
Dein Auge ist sein Leitstern und die Töne
Aus deinem Mund sind süsser als der Chor
Der Himmelslerchen in des Hirten Ohr.
Wär Schönheit Krankheit, sucht ich deine Nähe,
Und steckt mich bei dir an, bevor ich gehe.
Mein Auge wär wie deins, die Zunge lieh
Von deiner sich die susse Melodie.
Wär mein die Welt, Demetrius nur nicht,
Ich gäb sie her, hätt ich nur dein Gesicht.
Zeig mir die Kunst, durch die es dir gelang,
Dass es ihm so Verstand und Herz bezwang.
HERMIA. Mein Blick ist bös, er liebt mich trotzdem noch.
HELENA. Ach hätt mein Lächeln diese Wirkung doch.
HERMIA. Und meine Fluche ernten Leidenschaft.
HELENA. Ach hätten meine Seufzer solche Kraft.
HERMIA. Trotz allergrößtem Hass verfolgt er mich.
HELENA. Trotz allergrößter Liebe hasst er mich.
HERMIA. Sein Wahnsinn ist doch keine Schuld von mir.
HELENA. Doch deine Schönheit; ach, läg die Schuld bei mir.
HERMIA. Nur Mut, denn mein Gesicht ist bald hier fort,
Ich fliehe mit Lysander diesen Ort.
Bevor ich damals auf Lysander stieß,
Erschien Athen mir wie ein Paradies.
O welche Glut hat dieser Mann entfacht,
Dass er den Himmel mir zur Hölle macht.
LYSANDER. Dir, Helena, enthulln wir unsern Plan.
Wenn morgen Nacht der Mond auf seiner Bahn
Sein silbernes Gesicht im See beschaut,
Mit feuchten Perlen dann das Gras betaut,
Wenn Dunkelheit und Schlaf die Flucht verhehlen,
Dann werden wir aus dieser Stadt uns stehlen.
HERMIA. Und in dem Wald, wo du und ich oft lagen,
Und jede hört das Herz der andern schlagen,
Wir wussten bald schon alles voneinander,
Da treffen wir uns, ich und mein Lysander.
Leb wohl, Gefährtin, bete fur uns beide,
Und Gluck verwandle deinen Schmerz in Freude.
Halt Wort Lysander; bald ist damit Schluss,
Dass unser Blick nach Liebe hungern muss.
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LYSANDER. Versprochen, Hermia. Hermia ab
Helena, ich muss fliehn. Vernarrt sei er in dich, wie du in ihn.
Lysander ab
HELENA. Die einen haben Gluck, die andern nie!
Fur ganz Athen bin ich so schön wie sie.
Was hilfts, solange er nicht glaubt ich seis.
Er will nicht wissen, was sonst jeder weiß.
Er ist verblendet, wenn er Hermia sieht,
so blind wie ich, seit ich an ihn geriet.
Was hässlich ist, was niemand je begehrt,
die Liebe gibt ihm plötzlich einen Wert.
Die Liebe sieht nur das, was ihr gefällt,
Weshalb man Amor immer blind darstellt.
Ganz ohne Urteil, achtlos und in Hast,
Verschießt er seine Pfeile, wie’s ihm passt.
Deswegen sagt man auch, er sei ein Kind
Weil seine Schusse selten Treffer sind.
Und wie auf Kinder, die im Spiel falsch schwören,
Darf man auch nicht auf Amors Schwure hören.
Denn eh Demetrius auf Hermia blickte,
Bin ichs gewesen, der er Schwure schickte.
Doch als er sich von ihr erhitzen ließ,
War ich es, die er gnadenlos verstieß. –
Jetzt geh ich zu ihm, steck ihm Hermias Flucht.
Ich weiß, dass er sie dann im Walde sucht.
Fur den Verrat wird er mich sicher schätzen
Und dieser Dank wird mich noch mehr verletzen.
Doch seh ich ihn, spur ich ein wenig Gluck
Den ganzen Hinweg und den Weg zuruck.
Helena ab.
3. Szene: TITANIA UND OBERON STREITEN
Im Wald, östlich von Athen.
Puck, Elfe
PUCK. He Geist! Wo geht die Reise hin?
ELFE. Über Täler und Höh’n
Und durch Eis und durch Glut,
Über Steppen und Seen
Und durch Feuer und Flut,
Wandere ich uberall,
Schneller als des Mondes Ball;
Ich dien’ der Elfenkönigin,
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Und muss im Gras ihr Kreise ziehn.
Ich muss jetzt Tau vom Grase pflucken,
Und jeder Primel Ohr mit Perlen schmucken.
Leb wohl, du Klops von Geist, denn ich muss gehn,
Gleich kommt die Königin mit ihren Feen.
PUCK. Was? Wer?
ELFE. Die Königin –
PUCK: Der König will sein Wesen heut hier treiben!
ELFE. Was?
PUCK. Beschwör die Königin, entfernt zu bleiben.
Denn Oberon ist außer sich vor Wut:
Ein schöner Knabe ist in ihrer Obhut,
In Indien dem Könige gestohlen.
ELFE. ... „Gestohlen“!
PUCK. Ja, gestohlen! Sie konnt sich keinen sussren Bastard holen.
Voll Eifersucht will Oberon den Knaben
Fur seinen Streifzug durch die Wälder haben;
Doch mit Gewalt hält sie das Kind zuruck,
Krönt es mit Blumen, nennt es all ihr Gluck.
Und treffen sie sich jetzt in grunem Hain,
An klarer Quelle und im Sternenschein,
Dann zanken sie, dass jeder Elf erschreckt
In eine Eichel kriecht und sich versteckt.
ELFE. Wenn ich nicht ganz mich irr', bist du der Geist,
Der bös’ und zänkisch, ‚Puck’ bei allen heißt.
Bist du nicht der, der Mädchen grausam neckt,
Und von der Milch den fetten Rahm abschleckt,
Dem Brauer seine Hefe oft vergällt,
So dass ihm dann das Bier zusammenfällt,
Der nachts den Wandrer in die Irre fuhrt,
Und sich daruber auch noch amusiert?
Doch nennt dich einer unverschämt und Puck,
Dann wunschst du ihm viel Gluck und lässt den Spuk.
Bist du nicht der?
PUCK. Du hast’s erraten.
Ich schwärm’ nachts aus zu solchen lustigen Taten.
Ich machs fur Oberon, damit er lacht,
Hält sich den Bauch vor Lachen, niest und schwört,
Der Spaß hier, der sei wirklich unerhört.
Mach Platz, du Elfchen. Hier kommt Oberon.
ELFE. Und meine Herrin auch. Wär’n wir davon!
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Oberon und Titania treten auf.
OBERON. Ein ubles Treffen unterm Mond, Titania.
TITANIA. Ach Oberon! Vor Eifersucht ganz gelb;
Ihr Elfen, weg! Wie ist er mir zuwider!
OBERON. So schnell, du Flittchen? Bin ich nicht dein Mann?
TITANIA. Dann muss ich wohl dein Weib sein, Oberon!
Was bist du ausgerechnet heute hier,
Doch nur, weil deine pralle Amazone,
die Kriegsbraut Hippolyta, die gestiefelte Geliebte,
Mit Theseus sich vermählt. Bist du jetzt da,
Um ihrem Bett Erfolg und Gluck zu geben?
OBERON. Wie kannst du ohne Scham, Titania,
Hippolytas und meinen Ruf beschmutzen,
Wohl wissend, dass ich weiß, du liebst den Theseus
TITANIA. Das sind die Lugen deiner Eifersucht;
Wie immer, seit es heißer Sommer ist,
Und wir im Wald, auf Wiesen uns begegnen,
Wenn Wind Musik fur unsre Reigen pfeift,
Verdirbt uns dein Gezänk den ganzen Spaß.
Kein Wunder, dass der Wind, des Pfeifens mude,
Aus Rache Nebel aus den Meeren saugt,
Verseuchten Nebel; der fällt ein ins Land,
Und machte jeden kleinen Fluss so stolz,
Dass er sein Festland uberwältigt.
Jung fault grunes Korn, noch ohne Bart;
Der Pferch steht leer in dem ertränkten Feld.
Und Krähen werden fett an siechen Herden.
Nur darum hat der Mond, der Herr der Fluten,
Vor Ärger bleich, die ganze Luft gewaschen.
Und fieberhaftes Leiden quält das Land.
In diesem Sturz des Wetters wandeln sich
Die Jahreszeiten;
Und auf des Winters eisig-kahlem Schädel
Sitzt, wie zum Spott, ein duftendes Geflecht
Von sussen Sommerbluten. Fruhling, Sommer,
Der reiche Herbst, der strenge Winter tauschen
Ihr Kleid und die verwirrte Welt erkennt
An ihren Fruchten nicht mehr, wer wer ist.
Und diese ganze Brut von Übeln kommt
Von unserm Streit, von unserer Entzweiung.
OBERON. Dann hilf dem ab; es liegt doch nur an dir.
Was trotzt Titania ihrem Oberon
Ich will doch nur den reizenden Knaben
Fur mein Gefolge.
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TITANIA. Hör endlich auf damit.
Furs Feenland tausch ich dies Kind nicht ein.
Die Mutter war mir Freundin und Gefährtin;
Doch sterblich, ließ sie fur ihr Kind das Leben.
Und ihretwegen ist dies Kind bei mir.
Und ihretwegen wird es bei mir bleiben.
OBERON. Wie lange willst du hier im Wald sein, sag?
TITANIA. Vielleicht bis nach des Theseus’ Hochzeitstag.
Willst du geduldig unsern Reigen tanzen,
Und unser Mondfest sehen, komm mit;
Sonst meide mich, und ich verschone dich.
OBERON. Gib mir den Knaben und ich komme mit.
TITANIA. Nicht fur dein Feenreich. Komm Elfe, fort.
Es gibt nur Streit, bleib ich an diesem Ort.
Titania mit Elfe ab.
OBERON. Ja, geh; du kommst nicht raus aus diesem Wald
Eh' ich dich fur die Kränkung quälen konnte.
Mein lieber Puck, komm her.
PUCK. Nein.
OBERON. Doch!
PUCK. Oh!
OBERON. Erinnre dich,
Einst saß ich hoch auf einer Felsenklippe,
Und ganz plötzlich flog, du sahst es nicht,
Mit Pfeil und Bogen, zwischen Mond und Erde
Amor –
PUCK. Nein!
OBERON. Doch!
PUCK. Oh!
OBERON: ... und er zielte sehr genau
Auf eine keusche Priesterin im Westen.
Er ließ den Liebespfeil so kraftvoll schnellen,
Als sollt’ er hunderttausend Herzen treffen.
Doch sah ich auch das feurige Geschoss
Im keuschen Strahl des feuchten Monds erlöschen.
PUCK. Nein!
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OBERON. Doch!
PUCK. Oh!
OBERON: Die jungfräuliche Priesterin ging weiter,
In sich versunken, frei von Leidenschaft.
Ich weiß, wo Amors Bolzen niederfiel.
PUCK. Nein!
OBERON. Doch!
OBERON. Er fiel auf eine kleine, weiße Blume.
PUCK. Oh!
OBERON. Ihr Saft, im Schlaf aufs Augenlid geträufelt,
Lässt Mann und Frau verruckt vor Liebe werden
Auf’s nächste Lebewesen, das sie sehn.
Hol mir das Kraut.
PUCK. Ich?
OBERON. Ja
PUCK. Nein!
OBERON. Doch!
PUCK. Oh!
OBERON. Und sei zuruck, noch eh
Die Meeresschlange zweimal taucht.
PUCK. Fur einen Gurtel um die Erde brauch ich – warte, warte, warte –
vierzig Minuten.
OBERON. Du?
PUCK. Ja
OBERON. Nein!
PUCK. Doch!
OBERON. Oh!
Puck ab.
OBERON. Hab ich erst den Saft,
Dann werd’ ich warten, bis Titania schläft,
Und ihr das Mittel in die Augen träufeln.
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4
Das Ding, worauf sie sieht, wenn sie erwacht,
Sei es ein Löwe, Bär, Wolf oder Stier,
Gemeiner Affe, frecher Pavian,
Sie soll ihm folgen im Gefuhl der Liebe.
Und eh ich sie von diesem Wahn erlöse,
Was ich mit einem andern Kraut vermag,
Muss sie mir ihren Knaben uberlassen.
Auftritt Demetrius und Helena.
DEMETRIUS. Wo ist Lysander und die schöne Hermia?
Du hast gesagt, sie sei’n in diesem Wald,
Und hier bin ich, und wild in dieser Wildnis,
Denn ich kann meine Hermia nicht finden.
Los, scher dich weg und folge mir nicht mehr.
HELENA. Du ziehst mich an, hartherziger Magnet,
Hör auf, mich anzuziehn.
Dann höre ich auch auf, dich zu verfolgen.
DEMETRIUS. Ich zieh dich an? Bin ich denn nett zu dir?
Sag ich dir nicht die Wahrheit ins Gesicht:
Ich lieb dich nicht und kann dich auch nicht lieben.
HELENA. Und eben darum lieb ich dich noch mehr.
Ich bin dein Hundchen; und, Demetrius,
Wenn du mich schlägst, kriech ich nur mehr vor dir.
Sei wie zu deinem Hund, verjag mich, schlag mich,
Vergiss mich, tritt mich, nur erlaube mir,
erbärmlich, wie ich bin, dir nachzulaufen.
DEMETRIUS. Reiz nicht zu sehr den Ekel meiner Seele.
Mir wird schon ubel, wenn ich dich nur sehe.
HELENA. Und mir wird ubel, sehe ich dich nicht.
DEMETRIUS. Du bringst dich zu sehr in Verruf als Frau,
Wenn du die Stadt verlässt und in die Hände
Von einem dich begibst, der dich nicht liebt;
Wenn du den Lockungen der dunklen Nacht
Und der Versuchung eines wusten Orts
Das Schmuckstück deiner Unschuld anvertraust.
HELENA. Mein Schutz ist deine Tugend, außerdem:
Es ist nicht Nacht, seh ich nur dein Gesicht,
Deswegen ist es hier fur mich nicht dunkel;
Auch fehlt’s in diesem Wald nicht an Gesellschaft,
Denn du bist ja fur mich die ganze Welt.
Wie kann man sagen, ich sei hier allein,
Ist’s doch die ganze Welt, die mich hier sieht.
DEMETRIUS. Ich renne weg, versteck mich im Gestrupp,
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Und uberlasse dich den wilden Tieren.
HELENA. Das Wildeste hat nicht ein Herz wie du.
DEMETRIUS. Ich kann das nicht mehr hören; lass mich gehn;
Und wenn Du weiterhin mir folgst, glaub bloß nicht,
Dass ich dir hier im Wald nichts antun werde.
Demetrius ab.
HELENA. Du tust mir überall was an. Verflucht!
Ich folge dir voll Lust in mein Verderben.
Der Himmel ist's, von deiner Hand zu sterben.
Helena ab.
OBERON. Lauf, Mädchen. Eh er diesem Wald entgeht,
Wirst du es sein, die flieht und er, der fleht.
Auftritt Puck
Hast du das Kraut?
PUCK. Hab ich das Kraut?
OBERON. Ach, bist du müde Puck?
PUCK. Ob ich müde bin! Ja!
OBERON. Gib es mir, ich bitte dich.
Oberon nimmt das Kraut.
Das ist das falsche.
PUCK. Was?
OBERON. Das war’n Witz.
PUCK. Ha-ha.
OBERON. lacht, wird dann schnell wieder ernst An
jenem Hang, wo wilder Thymian bluht. Wo
man die Primeln und das Veilchen sieht. Ganz
uberdacht von sussen Heckenrosen, Von
Rosmarin und zarten Herbstzeitlosen, Dort
schläft Titania manchmal in der Nacht –
PUCK. Weiss ich doch!
OBERON. ... von Tanz und schweren Duften mud gemacht
Der Saft hiervon soll ihr die Augen netzen,
Und sie in einen wusten Wahn versetzen.
Nimm auch davon, durchsuche das Revier,
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PUCK. Nein!
OBERON. Doch!
PUCK. Oh!
OBERON. Ein Mädchen aus Athen verfolgte hier
Den Jungen Demetrius, der sie schmäht. Beträufle ihn,
Doch tu es, wenn er die Athenerin
Als nächstes sieht. Du findest diesen Mann,
Er hat athenische Gewänder an. Tu es mit Sorgfalt, PUCK. Ja!
OBERON. ... So dass seine Liebe
Sich heißer noch erweist als ihre Triebe.
Und –
PUCK. Und was?
OBERON. Und triff mich vor dem ersten Hahnenschrei.
PUCK. Jaa!
Hab keine Angst, das mach ich eins zwei drei.
Ab.
4. Szene: DIE ZAUBERBLUME
Im Wald nordwestlich von Athen.
TITANIA. Komm Elfe, singst du mich in den Schlaf?
Mendelssohn Sommernachtstraum Ye spotted Snakes
https://www.youtube.com/watch?v=0HUbfuLOex8
ELFE. singt
You spotted snakes with double tongue,
Thorny hedgehogs, be not seen;
Newst and blind-worms, do no wrong,
Come not near our fairy Queen.
Philomel with melody
Sing in our sweet lullaby.
Lulla, lulla, lullaby; lulla, lulla, lullaby.
Never harm
Nor spell nor charm
Come our lovely lady nigh.
So good night with lullaby.
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Weaving spiders, come not here;
Hence you long-legg’d spinners, hence.
Beetles black, approach not near;
Worm nor snail do no offence.
Philomel with melody
Sing in our sweet lullaOBERON. – Bye!
Titania schläft.
OBERON. Drückt Blume über ihren Augenlidern aus.
Was du siehst nach dem Erwachen,
Soll dich wild vor Liebe machen,
Deine ganze Lust entfachen.
Sei es Bär, Luchs, Jaguar,
Wildes Schwein mit Borstenhaar,
Wird dein Auge es gewahr,
Seid ihr gleich ein Liebespaar.
Komme dir ein Scheusal nah.
OBERON. singt (Elfe und Puck aus dem Off singen mit)
Oberonlied mit Amedee und Elfe John Dowland
https://www.youtube.com/watch?v=JB9LXUtW2FM
https://www.youtube.com/watch?v=Bg30Gf_6izc
Come again! Sweet love doth now invite
Thy graces that refrain
To do me due delight,
To see, to hear, to touch, to kiss, to die,
With thee again in sweetest sympathy.
Oberon ab.
Sudöstlich im Wald:
Auftritt Lysander und Hermia..
LYSANDER. Schöne, dich schwächt das Wandern durch den Wald;
Und, Hand aufs Herz, ich hab den Weg verpasst.
Wenn du es willst, dann machen wir hier halt,
Und bleiben, bis der helle Mond verblasst.
HERMIA. Genau, Lysander. Schlaf du einfach dort,
Ich bleibe hier, ich schlafe auch sofort.
LYSANDER. Ein Rasen sei das Kissen fur uns zwei;
Ein Herz, ein Bett, zwei Seelen – beide treu.
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HERMIA. Lysander, nein; um meinetwillen, Lieber,
Lieg weiter weg; leg dich doch dort hinuber.
LYSANDER. O Susse, kannst du mich denn nicht begreifen?
Aus Liebe muss doch auch Vertrauen reifen.
Ich meine, wenn zwei Herzen sich verbinden,
So kann man beide doch als eins empfinden.
Zwei Seelen, die ein Schwur zu einer macht,
Sind bis zum Tod einander zugedacht.
Drum lass mich ruhig auf deinem Lager liegen,
Ich würde nie in solcher Lage lügen.
HERMIA. Doch teurer Lysander, aus Liebe und Respekt,
Ruck weiter weg, mir ist das zu direkt
Das reicht. Die Nacht soll Schlaf dir spenden.
Erst mit dem Tod soll deine Liebe enden.
LYSANDER. Amen, amen, ich weiß um mein Verderben.
Am Ende meiner Treue will ich sterben.
Hier ist mein Bett. Ich wunsch dir gute Nacht.
HERMIA. Wunsch ich dir auch. Und sei von Gott bewacht.
Auftritt Puck.
PUCK. Bin die Suche langsam leid,
Kein Athener weit und breit,
Um am Auge zu probieren
Wie die Tropfen stimulieren.
Nacht und Schweigen – was ist der?
Ein Athener liegt im Gras.
Und zwar der, um den es geht.
Der sein Mädchen so verschmäht.
Ja, hier liegt sie, schläft ganz fest
In dem feuchten dunklen Nest.
Hübsches Ding! Sie traut sich nicht
Näher ran an diesen Wicht.
Kerl in deine Augen spritzt (indem er den Saft uber Lysanders Augen auspresst)
Was dir Herz und Blut erhitzt:
Kannst auf Schlaf bald nicht mehr hoffen,
Lust hält dir die Augen offen.
Singt:
Come again! Sweet love doth now invite
Thy graces that refrain
To do me due delight,
To see, to hear, to touch, to kiss, to die,
With thee again in sweetest sympathy.
Wach bald auf, ich lauf davon,
Denn ich muss zu Oberon.
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Puck ab.
Demetrius und Helena treten auf.
HELENA. Geliebter, schlag mich tot, nur bleib bei mir.
DEMETRIUS. Verfolg mich nicht, geh weg, befehl ich dir.
HELENA. Du lässt mich hier im Dunkeln? Bitte nein.
DEMETRIUS. Du bleibst, ich warne dich. Ich geh allein.
Demetrius ab.
HELENA. O ich bin atemlos vor törichtem Getu.
Ich fleh ihn schamlos an, er hört nicht zu.
Ich schein wohl so hässlich wie ein Stier,
Sogar die Tiere furchten sich vor mir.
Kein Wunder, dass Demetrius mich flieht,
Wenn jeder mich als Ungeheuer sieht.
In trugerische Spiegel blickte ich,
Als ich mit Hermias Schönheit mich verglich.
Doch wer liegt hier? Lysander? Ja, und jetzt?
Iiiih! Gestorben? Mude? Er scheint nicht verletzt.
Lysander, wenn du lebst, steh auf, werd wach.
Lysander erwacht und verliebt sich blitzartig unsterblich in Helena.
LYSANDER. Und renn für dich durch Feuer tausendfach.
O Helena, du durchsichtiges Wesen,
Ich kann dein Herz in deinem Busen lesen.
Wo ist Demetrius? Oh dieses Wort!
Allein sein Name reizt mich schon zu Mord.
HELENA. Sag das nicht, sprich nicht so, Lysander, nein.
Wenn er auch Hermia liebt, was soll denn sein?
Sie liebt dich trotzdem, also sei zufrieden.
LYSANDER. Zufrieden? Nein. Soviel vertane Zeit
An ihrer Seite tut mir bitter leid.
Nicht Hermia, Helena ist jetzt mein Leben.
Den Raben will ich fur die Taube geben.
Der Wille wird von der Vernunft belehrt,
Und die Vernunft sagt mir, du bist mehr wert.
Was wachsen muss, ist reif erst mit der Zeit,
Und ich war jung, und war noch nicht so weit.
Ich hab des Menschen höchsten Punkt beruhrt.
So dass Vernunft nun meinen Willen fuhrt.
HELENA. Bin ich geboren, um verhöhnt zu werden?
Musst du dich auch wie ein Idiot gebärden?
Bei Gott, das ist nun wirklich nicht gerecht,
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Denn dein Verlangen ist doch gar nicht echt!
Lass es dir gut gehen, tschuss, ich sag dir ehrlich,
Die Unverschämtheit ist mir unerklärlich.
Wird man von einem Mann erst abgehängt,
Wird man vom Nächsten umso mehr gekränkt.
Helena ab.
LYSANDER. Sie sieht sie nicht. Bleib liegen, Hermia,
Und komm Lysander niemals wieder nah.
Wie Abscheu, Überdruss an sussen Dingen,
Den Magen endlich zum Erbrechen bringen,
Du bist Täuschung und Überdruss fur mich,
Man muss dich hassen und ich hasse dich.
Lysander ab.
HERMIA. Lysander, Hilfe, hilf mir, sieht du nicht,
Die Schlange, die mir um den Busen kriecht!
Was war das? Nur ein Traum? Jetzt ist sie weg.
Lysander, sieh, ich zittre noch vor Schreck.
Die Schlange schien an meinem Herz zu fressen
Und du hast lächelnd neben mir gesessen.
Lysander! Sprich! Lysander! Bist du fort?
Kannst du mich hören? Nein? Kein Laut, kein Wort.
Wo bist du, sag? Wenn du mich hörst, dann sprich!
Ich fall’ in Ohnmacht. Sprich, ich bitte dich!
Nein? Nichts? Dann bist du weg. Wo bist du hin?
Ich sterbe, wenn ich nicht gleich bei dir bin.
Hermia ab.
5. Szene: SQUENZ VERTEILT DIE ROLLEN
Im Wald, nordwestlich von Athen, dort wo die Elfenkönigin immer noch schlafend
daliegt.
Titania, Squenz, Schnock, Zettel, Flaut, Schnauz, Schlucker.
ZETTEL. Sind wir alle da?
SQUENZ. Klar, klar; und hier ist ein wunderbar geeigneter Platz fur unsere Probe. Hier soll unsre Buhne sein. Und wir wollens gleich richtig spielen wie vor dem Herzog.
ZETTEL. Peter Squenz!
SQUENZ.. Was gibt’s denn, Zettel?
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ZETTEL. Es gibt Dinge in dieser Komödie von Pyramus und Thisbe, die werden
keinen Beifall finden. Erstens, Pyramus muss sein Schwert aus der Hose holen, um sich zu töten.
Und das mögen die Damen nicht. Was hast du darauf zu sagen?
SCHNAUZ. Genau. So was ist heikel.
SCHLUCKER. Ich glaube, wir werden das Töten am Ende streichen.
ZETTEL. Kein Stuck; Ich weiß einen Trick, damit gehts. Schreib mir einen Prolog;
und lass den Prolog hintenrum sagen, dass wir mit unsern Schwertern
niemand was tun werden und dass Pyramus nicht wirklich getötet wird; und damit sie ganz sicher
sind, sag ihnen, dass ich, Pyramus, nicht Pyramus bin,
sondern Klaus Zettel der Weber. Dann können sie ihre Angst vergessen.
SQUENZ. Gut, es wird so einen Prolog geben. Ich werde zwischen Acht- und
Sechsfussern wechseln.
ZETTEL. Mach es lieber acht zu acht, sicher ist sicher.
SCHNAUZ. Werden die Damen sich nicht vor dem Löwen furchten?
SCHLUCKER. Das befurchte ich, das versprech ich dir.
ZETTEL. Also Meisters, das musst ihr euch genau uberlegen; einen Löwen unter Damen zu
bringen, mein Gott, das ist eine ziemlich scheußliche Angelegenheit; es gibt nämlich kein
furchterlicheres Wildtier auf der Welt, als euren Löwen.
SCHNAUZ. Deswegen muss noch ein Prolog sagen, dass er gar kein Löwe ist.
ZETTEL. Ja, ihr musst sogar seinen Namen nennen und sein halbes Gesicht muss
durch den Hals des Löwen zu sehen sein und er selbst muss da durch sprechen,
etwa so, mit folgendem Defekt: „Meine Damen“ oder „Meine verehrten Damen,
ich möchte Sie bitten“ oder „ich möchte Sie ersuchen“ oder „ich möchte Ihnen geraten haben,
sich nicht zu furchten, nicht zu zittern. Mein Leben fur das Ihre. Wenn
Sie glauben, ich komme als Löwe hierher, wäre es schade um mein Leben. Nein,
sowas bin ich nicht, ich bin nur ein Mann, so wie andere Männer.“ Und da, an
der Stelle, soll er seinen Namen nennen, und ihnen einfach sagen, dass er Schnock
ist. Der Schreiner eben.
SQUENZ. Gut, so soll es sein. Aber es gibt noch zwei harte Nusse, nämlich das
Mondlicht in ein Zimmer zu bringen; denn, ihr wisst, Pyramus und Thisbe treffen
sich bei Mondschein.
SCHNAUZ. Scheint der Mond in der Nacht, wenn wir unser Stuck spielen?
ZETTEL. Ein Kalender, ein Kalender! Hat jemand einen Kalender? Wann ist
Vollmond, wann ist Vollmond?
SQUENZ. Ja, er scheint in dieser Nacht.
ZETTEL. Also, dann kann doch der Mond durch das Fenster reinschauen.
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SQUENZ. Ja; oder sonst muss einer mit einer Laterne reinkommen und sagen, er kommt, um
die Person des Mondscheins zu defigurieren oder darzustellen. Dann ist da noch eine Sache: Pyramus und Thisbe, so heißt es, redeten durch einen Spalt in der Wand.
SCHNAUZ. Da bringt ihr nie eine Wand rein.
ZETTEL. Irgendjemand muss Wand darstellen. Und lasst ihn etwas Mörtel oder
etwas Lehm, oder etwas Putz an sich haben, damit er Wand bedeutet.
SQUENZ. Wenn das geht, dann ist alles gut. Kommt, probt eure Rollen. Pyramus, du fängst an;
wenn du deine Rede gehalten hast, geh ins Gebusch. Und so jeder nach seinem Stichwort.
Auftritt Puck
PUCK. Was fur ein Bauernpack macht sich hier breit,
So nah der Wiege unsrer Königin?
Was soll das sein? Theater? Ich schau zu.
SQUENZ. Sprich, Pyramus. Thisbe, tritt vor.
ZETTEL. ’Thisbe, wie Blumen duften von den schönsten Giften.’
SQUENZ. Duften! Duften!
ZETTEL. -- Von den schönsten Gruften;
So tuts dein Atem auch, O Thisbe meine Zier.
Doch hör nur, eine Stimme, bleib du da,
Und nach und nach erschein ich wieder hier.
Zettel ab.
PUCK. Was fur ein Pyramus! Ich sterbe schier.
Puck ab.
FLAUT. Muss ich jetzt reden?
SQUENZ. Ja, wer denn sonst? Verstehst du, er geht doch nur weg, um nach einem Geräusch zu
sehen, das er gehört hat und kommt gleich wieder.
FLAUT. O leuchtend Pyramus, von Färbung lilienweiß,
So rot wie eine Ros’, hoch oben auf dem Strauch;
Du heiß geliebter Jungling, frisch und klar wie Eis.
Treu wie das treuste Pferd und nimmermude auch,
Dich treff ich, Pyramus, an Brunos Grab.
SQUENZ. Brutus Grab, Mann! Und außerdem ist das noch gar nicht dran.
SCHLUCKER. Bin ich dran?!
SQUENZ. Nein! Das antwortest du dem Pyramus. Du sprichst deine ganze Rolle auf einmal,
Stichworte und alles. Pyramus, tritt auf: dein Stichwort war schon. Es ist… ‚nimmermude auch’.
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FLAUT. O... Treu wie das treuste Pferd und nimmermude auch.
Zettel mit einem Eselskopf und Puck treten wieder auf.
ZETTEL. Wär ich der Schönste, Thisbe, wär ich einzig dein.
FLAUT. schreit.
Alle laufen davon, außer Zettel und Puck.
ZETTEL. Warum rennen sie weg? Das ist ein ganz gemeiner Trick. Das machen die extra, um
mir Angst zu machen. Aber ich durchschaue ihren Trick. Das ist nur, weil sie einen Esel aus mir
machen wollen, mir Angst machen wollen, wenn sie könnten. Aber ich ruhr mich hier nicht von
der Stelle, da können sie machen, was sie wollen. Ich gehe ein bisschen auf und ab und singe,
damit sie hören, dass ich mich auf keinen Fall furchte.
singt
„Die Amsel mit dem schwarzen Kleid,
Und mit dem gelben Schnabel.
Der Drossel Lieder, rein und weit,
Die Elster mit der Gabel.“
TITANIA. (erwachend) Weckt mich von meinem Blumenbett ein Engel?
ZETTEL. (singt)
„Der graue Kuckuck setzt sich frech
Hinein ins fremde Nest.
Und wenn er ruft, hat einer Pech,
Weil er sich hörnen lässt.“
Denn was kann man schon machen, wenn der Kuckuck ruft?
Und wer kann sich schon sicher sein, dass er nicht gemeint ist?
TITANIA. Ach bitte, schöner Sterblicher, sing weiter.
Mein Ohr ist ganz berauscht von deinem Ton.
Mein Auge ist betört von deinem Wuchs.
Und mit Gewalt drängt mich dein schönes Wesen,
Dir zu gestehn, zu schwörn, ich liebe dich.
ZETTEL. Ich glaube, meine Dame, dazu haben sie wenig Grund.
Obwohl, Liebe und Verstand gehen heutzutage selten Hand in Hand.
Umso bedauerlicher, dass niemand auf den Gedanken kommt,
Sie zu verkuppeln. Na, ich kann ganz schön witzig sein,
Wenns drauf ankommt.
TITANIA. Du bist genauso weise, wie du schön bist.
ZETTEL. Überhaupt nicht; aber wenn ich genug Verstand hätte, um aus diesem
Wald herauszukommen, wurde es mir helfen.
TITANIA. Nein! Nichts soll aus diesem Wald hinaus dich treiben.
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Gefällts dir, oder nicht, du wirst hier bleiben.
Ich bin ein Geist von nicht geringem Stand;
Ein langer Sommer herrscht in meinem Land;
Ich liebe dich; deswegen geh mit mir.
Ich geb dir Elfen und sie dienen dir.
Sie soll'n dir Perlen aus der Tiefe bringen,
Und dich auf Blumen in den Schlummer singen.
Will dich von irdischem Gewicht befrein,
Du sollst so lustig wie ein Luftgeist sein.
Senfsamen! Motte! Spinnweb! Bohnenblute!
Auftritt Senfsamen, Bohnenblute
TITANIA. Seid lieb und aufmerksam zu diesem Herrn.
SENFSAMEN. Sei gegrüsst, Sterblicher!
ZETTEL. Ich bitte Euer Gnaden herzlichst um Vergebung; darf ich um Euer
Gnaden Namen bitten?
SENFSAMEN. Senfsamen.
ZETTEL. Fur nähere Bekanntschaft wäre ich Ihnen sehr verbunden, liebe Frau
Senfsamen. Sie dürfen mir glauben, Ihre Verwandtschaft hat mir oft Tränen in die Augen getrieben
TITANIA. Ich tanz zu seinen Füssen,
Mit Aprikosen wollen wir ihn begrüssen.
ZETTEL. Ihr Name Madame?
BOHNENBLÜTE. Bohnenblute.
ZETTEL. Bitte empfehlen Sie mich Madame Hulse, Ihrer Mutter, und Monsieur
Schote, ihrem Vater.
TITANIA. Komm mit mir, Liebster, lass uns glücklich sein.
Alle ab.
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6. Szene: OBERON TADELT PUCK UND VIEL STREIT
Oberon, Puck.
OBERON. Was bringt die Nacht dem Wald fur Abenteuer?
PUCK. Die Königin liebt jetzt ein Ungeheuer.
Ganz nah bei ihrer schattigen Rotunde,
Es war gerade ihre Schlafensstunde,
Versammelten sich Tölpel aus Athen,
Die dort sonst ihrem Broterwerb nachgehn.
Sie hatten vor, ein Stuck einzustudieren,
Um es bei Theseus' Hochzeit aufzufuhren.
Der größte Plattkopf unter den Gesellen,
Im Stuck sollt’ er den Pyramus darstellen,
Verließ die Szene, stand im Busch bereit.
Ich nutzte schamlos die Gelegenheit,
Und hab ihn mit ’nem Eselskopf versehn.
OBERON. Nein!
PUCK. Doch!
OBERON. Oh!
PUCK. Da hört er seine Thisbe nach ihm flehn.
Mein Komiker tritt auf, sie sehen ihn,
Und so wie Gänse, die den Jägern fliehn
Zum Himmel flattern ausser sich vor Schreck
So panisch rennen diese Kerle weg.
In ihrer Angst treib ich sie weiter fort,
Der deformierte Pyramus bleibt dort.
In dem Moment erwacht Titania.
Und als ihr Liebster steht ein Esel da. I-ah, i-ah, i-ah
OBERON. Na bitte, mehr war wirklich nicht zu hoffen.
Doch hast du auch den zweiten Mann getroffen,
Und ihn mit unsrem Liebessaft bedacht?
PUCK. Ich fand ihn schlafend, das ist längst vollbracht.
Und bei ihm lag das Mädchen aus Athen.
Die kann er, wird er wach, nicht ubersehen.
OBERON. Halt dich versteckt; da kommt er schon heran.
PUCK. Das Mädchen ist es, aber nicht der Mann.
Auftritt Demetrius und Hermia
DEMETRIUS. Ich liebe dich, und du, du spuckst darauf.
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Heb deinen Hass fur deine Feinde auf.
HERMIA. Ich sollte schlimmre Worte fur dich suchen.
Ich furchte, ich hab Grund, dich zu verfluchen.
Du hast ihn umgebracht, gib es nur zu.
Ein Mörder ist so tot und grau wie du.
DEMETRIUS. Nein, ein Ermordeter, so fuhl ich mich,
Ins Herz gestochen, roh und wissentlich.
Und du, die Mörderin, strahlst klar und rein,
Wie Venus dort in ihrem hellen Schein.
HERMIA. Was redest du? Wo ist Lysander? Sprich!
Gib ihn mir wieder, Freund, ich bitte dich.
DEMETRIUS. Die Leiche? Reserviert fur meine Hunde.
HERMIA. Oh grosser Gott! Ich gehe noch zugrunde.
Sei ehrlich, sag die Wahrheit, hast du den,
Den du am Tag nicht wagtest anzusehn,
Getötet, als er schlief?
DEMETRIUS. Du klammerst dich an einen Wahn vor Wut.
Ich bin nicht schuldig an Lysanders Blut.
Er lebt, nach allem, was ich sagen kann.
HERMIA. Dann sag mir, wo er ist, ich fleh dich an!
DEMETRIUS. Und was bekomme ich, wenn ich das tue?
HERMIA. Dafur lass ich dich lebenslang in Ruhe.
Verhasst ist mir auf immer dein Gesicht.
Leb wohl. Ob er nun tot ist oder nicht.
Ab. Demetrius legt sich nieder und schläft.
OBERON. Was hast du da getan? Hast dich geirrt!
Die falschen Augen mit dem Saft verwirrt!
Dein Missgriff hat den treuen Mann verdreht.
Der Falsche ist’s, der jetzt um Liebe fleht.
PUCK. So ist das Leben, ist mal einer treu,
Betrugen sich Millionen ohne Scheu.
OBERON. Streif durch den Wald –
PUCK. Nein!
OBERON. Doch!
PUCK. Oh!
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OBERON. ... noch schneller als der Wind,
Und suche Helena, das schöne Kind.
PUCK .Ich eil, ich eil, sieh wie ich eil,
Viel schneller noch als des Kriegers Pfeil.
Ab.
OBERON. Blume mit dem Purpurschein.
Amors Pfeil drang in dich ein.
(indem er Demetrius’ Augen beträufelt)
Sink ins Auge tief hinein.
Wird sein Mädchen ihn befrein,
Wird es ihm so herrlich sein,
Wie die Venus, hell und rein.
Wirst du wach, so ist sie dein.
??PAUSE??
OBERON singt (PUCK singt aus dem Off mit)
Come again sweet love doth now invite
Thy graces that refrain
To do me due delight,
to see, to hear, to touch, to kiss, to die,
With thee again in sweetest sympathy.
Auftritt Puck
PUCK. König unsrer Elfenschar,
Du wirst Helena gleich gewahr.
Der von mir verkannte Mann bettelt sie um Liebe an.
Schaun wir zu, was sich entspinnt?
Gott, wie dumm die Menschen sind.
Wenn dann zwei um eine werben,
Ist der Spaß fast schon zum sterben.
Und der größte Spaß entsteht,
Wenn sich alles falschrum dreht.
Lysander und Helena treten auf.
LYSANDER. Weswegen glaubst du, sollt’ ich dich verhöhnen?
Denkst du, die Seufzer sind nur eine List?
Sieh, wenn ich schwöre, weine ich und Tränen
beweisen dir, dass es die Wahrheit ist.
HELENA. Nur zu, dein falsches Spiel wird schlimm und schlimmer.
Dein Schwur galt Hermia, er galt fur immer.
Versprechen, die sich doppeln, wiegen nicht.
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Sie haben wie dein Reden kein Gewicht.
LYSANDER. Ich war verrückt, ihr Liebe zu versprechen.
HELENA. Ich find’s verrückter, jetzt mit ihr zu brechen.
LYSANDER. Demetrius liebt sie, dich liebt er nicht.
.
DEMETRIUS. (erwacht) O Helena, Göttin, Nymphe, schön und reich!
Was kommt, Geliebte, deinen Augen gleich?
Kristall ist trub. Wie deine Lippen beben,
zwei pralle Kirschen, die zu meinen streben.
HELENA. O Gott im Himmel, das ist ein Komplott!
Auf meine Kosten treibt ihr euren Spott!
Ihr seid Rivalen und liebt Hermia;
Und als Rivalen schmäht ihr Helena.
Da habt ihr euch was Tolles vorgenommen:
verspotten, quälen, bis die Tränen kommen!
Gefühllos seid Ihr! Kein normaler Mann
Tut einer armen Seele so was an
Und hat dann auch noch seine Freude dran.
LYSANDER. Demetrius, du bist nicht sachlich, sei’s.
Denn du liebst Hermia, weißt, dass ich es weiß.
So biete ich, als toleranter Mann,
Dir meinen Teil an Hermias Liebe an.
Lass deinen Teil an Helenas Liebe mir.
Ich liebe sie, mein Leben schenk ich ihr.
HELENA. Ihr seid die allerschlimmsten Schwätzer hier.
DEMETRIUS. Nein, Hermia will ich nicht, behalt sie lieber,
Wenn ich sie liebte, ist das längst voruber.
Mein Herz hat sie auch nur als Gast beehrt,
Und ist bereits zu Helena heimgekehrt,
Um dort zu bleiben.
LYSANDER. Helena, hör weg!
Auftritt Hermia.
DEMETRIUS. Und du zieh meinen Schwur nicht durch den Dreck.
HERMIA. Die Nacht, in der der Augen Kraft vergeht,
Macht, dass das Ohr den feinsten Laut versteht.
Warum bist du gegangen, als ich schlief?
LYSANDER. Der sollte bleiben, den die Liebe rief?
HERMIA. Und welche Liebe hätte solche Macht?
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LYSANDER. Lysanders Liebe, die sein Herz entfacht,
Die schöne Helena, die die Nacht erhellt,
Noch strahlender als dieses Himmelszelt.
Weswegen kommst du? Wenn ich dich verlasse,
So ist das der Beweis, dass ich dich hasse.
HERMIA. Du sprichst nicht, wie du denkst! Es kann nicht sein.
HELENA. Schau an, sie stimmt in die Verschwörung ein!
Zu dritt sind sie im Bunde gegen mich,
Und mir zum Hohne amusiern sie sich.
Gemeine Hermia! Undankbares Stuck!
Hast du mit denen dich vereint, verschworen,
Mich mit solch bösem Spott zu quälen?
Ist alles das, was wir uns anvertrauten,
Die Mädchenschwure, die geteilten Stunden,
Als wir die Fluchtigkeit der Zeit verwunschten,
Weil sie uns trennte, ist das schon vergessen?
Die Unschuld, als wir Kinder war’n, die Schulzeit?
Und du willst unsre Liebe nun zerreißen,
Verbundest Dich mit Männern, stellst mich bloß?
Das ist Verrat am eigenen Geschlecht,
Wenn auch nur ich allein den Spott erleide.
HERMIA. Woruber sprichst du, ich versteh kein Wort.
Ich spotte nicht, doch du verspottest mich.
HELENA. Hast du Demetrius nicht dazu gebracht,
Mich schön zu nennen? Warum sagt er das,
Wenn er mich hasst? Und warum schwört Lysander
Nun deiner Liebe ab, die ihn beseelt,
Und fängt tatsächlich an, mir nachzulaufen,
Wenn nicht auf deinen Wunsch und Auftrag hin.
Bin ich schon nicht begunstigt so wie du,
Mit Liebe uberhäuft und so begluckt,
Sondern elend, denn ich liebe ungeliebt:
Dein Mitleid sollt es wecken, nicht Verachtung.
HERMIA. Ich weiß nicht, was du damit sagen willst.
HELENA. Ja, ja, macht weiter.
Schneidet Fratzen hinter meinem Rucken,
Lacht euch ins Fäustchen, amusiert euch, los!
Adieu. Wahrscheinlich bin ich selber schuld.
Ich sterbe besser, oder bleibe weg.
LYSANDER. O Helena, bleib hier und hör mich an;
Mein Herz, mein Leben, meine Helena!
HELENA. Ja, ja, wunderbar.
HERMIA. Lass sie in Ruhe, Mann.
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DEMETRIUS. Hilft ihre Bitte nicht, kann ich dich zwingen.
LYSANDER. Mich zwingen? Und womit? Mit Bettelei?
Dein Drohen ist so kraftlos wie ihr Flehn.
Ich liebe, Helena, dich, bei meinem Leben;
Und setze dieses Leben jetzt aufs Spiel
Im Kampf mit dem, der sagt, ich lieb dich nicht.
DEMETRIUS. Ich weiss, ich lieb sie mehr, als du es kannst.
LYSANDER. Beweis es, oder hast du plötzlich Angst?.
DEMETRIUS. Dann komm!
HERMIA. Lysander, was bedeutet das?
LYSANDER. Weg, Ratte, Klette, Missgeburt, lass los!
DEMETRIUS. Komm, du tust nur so, als wärst du wild
HERMIA. Warum bist du so grob?
LYSANDER. Weg eklige Zecke, verhasstes Gift!
HERMIA. Du machst nur Spaß?
HELENA. Ja, klar; genau wie du.
LYSANDER. Demetrius, ich halte mein Versprechen.
DEMETRIUS. Ich halte nichts von Worten, nur von Händen,
Doch die sind dir gebunden, Maulheld was?
LYSANDER. Was! Soll ich sie verletzen, schlagen, töten?
Ich hasse sie, doch werd’ ich ihr nicht wehtun.
HERMIA. Was könnte mir mehr wehtun als dein Hass?
Mich hassen! Und warum? Weh mir! Geliebter!
Bin ich nicht Hermia?
LYSANDER. Ja.
HERMIA. Bist du nicht Lysander?
LYSANDER. Ja.
HERMIA. Bin ich so „ich“, wie ich es immer war.
LYSANDER. Ja.
HERMIA. Heut Nacht noch warst du bei mir und heut Nacht
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Wars, als du gingst.
LYSANDER. Ja.
HERMIA. Dann hast du mich, o Gott,
Im Ernst verlassen?
LYSANDER. Ja, bei meinem Leben.
Und wollte dich auch niemals wieder sehn.
Drum lass das Hoffen, Fragen und das Zweifeln.
Ich hasse dich und liebe Helena.
HERMIA. Weh mir! – Du falsche Freundin, Ungeziefer,
Du Liebesdiebin! Bist du nachts gekommen,
Um meines Liebsten Herz zu stehlen?
HELENA. Prächtig!
Hast du denn keine Scham und keine Scheu?
Kein bisschen Anstand? Wie? Was hast du vor?
Willst du mich reizen, bis ich mich vergesse?
Pfui, pfui, du Heuchlerin, du Puppchen du!
HERMIA. Wie? Puppchen! Ach, in diese Richtung läufts.
Ich glaub’, sie ließ ihn unsere Statur
Vergleichen, wies auf ihre Größe hin;
Mit ihrem Wuchs, mit ihrem hagren Wuchs.
Mit ihrer Höhe hat sie ihn beeindruckt.
Und stehst du jetzt so hoch in seiner Gunst,
Weil ich so klitzeklein und unten bin?
Wie klein, du angemalter Maibaum, sag,
Wie klein bin ich? Bestimmt noch gross genug,
Um dir die Augen auszukratzen.
HELENA. Ich bin nicht so,
Ich habe kein Talent fur solchen Zank.
Ich kann mich gegen sie nicht wehr’n. Glaubt nicht,
Weil sie ein bisschen kleiner ist als ich,
Ich nähm es mit ihr auf.
HERMIA. Schon wieder kleiner.
HELENA. Ach Hermia, sei doch nicht so bös zu mir.
Ich war doch immer deine beste Freundin.
Ich hab dir nichts getan, dich nie
betrogen. Nur hab ich, dass Demetrius
mich schätzt, Von eurer Flucht in diesen
Wald erzählt.
Er folgte dir, aus Liebe folgt' ich ihm;
Jetzt folg ich euch nicht weiter. Lasst mich gehen.
Ihr seht, wie harmlos und wie dumm ich bin.
HERMIA. Dann geh schon, geh! Wer hindert dich daran?
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HELENA. Mein dummes Herz; ich lass es hier zuruck.
HERMIA. Wo? Bei Lysander?
HELENA. Bei Demetrius.
LYSANDER. Bleib ruhig, Helena; sie tut dir nichts.
DEMETRIUS. Spiel dich nicht auf, mein Freund, sie braucht dich nicht.
HELENA. Naja, in Rage ist sie scharf und tuckisch.
Schon in der Schule war sie eine Hexe.
Auch wenn sie klein ist, neigt sie zur Gewalt.
HERMIA. Ich höre immer ‚klein’, nur immer ‚klein’!
LYSANDER. Geh, weg, du Zwerg;
Du Minimum, du halber Stummel du,
Du Knopf, du Nuss.
DEMETRIUS. Du bist zu ubereifrig,
Zugunsten der, die deinen Dienst nicht will.
LYSANDER. Jetzt hält sie mich nicht mehr.
Jetzt folg, wenn du es wagst, zu prufen, wer,
Du oder ich, mehr Recht an Helena hat.
Demetrius und Lysander ab.
HERMIA. Du, Freundin, bist an diesem Wirrwarr schuld.
Nein, lauf nicht weg.
HELENA. Ich trau Dir nicht, ich nicht!
Ich habe zuviel Angst um mein Gesicht.
Sind deine Nägel spitzer auch als meine,
Hab ich zum Rennen doch die längren Beine.
Helena ab.
HERMIA. Ich bin erstaunt, und Antwort hab ich keine.
Hermia läuft Helena nach.
OBERON. Mann, Mann, Mann, Mannnomannnn! Mann!!
Das ist dein Leichtsinn. Ständig irrst du dich,
Wenn du den Unsinn nicht mit Absicht machst.
PUCK. Nein, glaub mir, ich irrte mich. Denn jener,
Den ich betropfte, war doch ein Athener!
Ganz ehrlich, tut es mir auch gar nicht leid,
Ich habe meinen Spass an ihrem Streit.
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OBERON. Nein!
PUCK. Doch!
OBERON. Oh!
Wutausbruch Puck, Impro
OBERON. Fertig?
PUCK. Ja.
OBERON. Gut. -Du siehst, dass man zum Kampf sich fertig macht.
Drum, Puck, schnell, verdunkele die Nacht.
PUCK. Nein!
OBERON. Doch!
PUCK. Oh!
OBERON. Bedecke das gestirnte Himmelszelt
Mit Nebeln schwarz wie aus der Unterwelt.
Und fuhr die beiden Kämpfer kreuz und quer,
Dass sie sich niemals treffen, hin und her.
Bis dass der todesgleiche Schlaf sie lähmt,
Und bleiern ihre irren Sinne zähmt.
Dies Kraut nimm fur Lysander, denn sein Saft,
Fließt er ins Auge, hat die Eigenschaft,
Den Irrtum, der es blendet, aufzuheben,
Ihm den gewohnten Blick zuruckzugeben.
Erwachen sie, scheint ihnen dieser Hohn
nur wie ein Traum, wie fruchtlose Vision.
Solange du das tust, was ich befohlen,
Will ich zu Titania, den Knaben holen.
Dann will ich ihren Blick vom Rausch befrein,
der Eselskopf kommt weg und es wird Frieden sein.
PUCK. Mein Schattenkönig, wir haben Eile,
Dort scheint bereits der helle Morgenstern,
Sein Glanz treibt jeden Geist von nah und fern
Zum Friedhof heim, all die verdammten Seelen,
Die nachts aus Gräben sich und Fluten stehlen.
OBERON Doch wir sind Geister anderer Natur:
Aurora tanzt mit mir auf Feld und Flur,
PUCK. Nein!
OBERON. Doch!
PUCK. Oh! Aurora tanzt mit ihm! Oha! Impro.
34
Ja, ich lauf
Auf und ab, auf und ab.
Alle führ ich auf und ab.
Fürchtet Euch in Wald und Stadt,
Kobold, führ sie auf und ab.
Da kommt einer.
Auftritt Lysander.
LYSANDER. Los komm, wo hast du dich versteckt, Demetrius?
Lysander ab.
Demetrius tritt auf.
DEMETRIUS. Lysander, bist du hier?
Du Memme! Feigling! Hast du dich verdruckt?
Los, sprich! In welchem Busch! Heraus, gezuckt!
Lysander kommt zuruck.
LYSANDER. Er läuft mir weg und lockt mich weiter fort,
Und wenn ich komme, ist er nicht mehr dort.
Ich will jetzt ausruhn. (Legt sich nieder und schläft ein).
Demetrius tritt auf.
PUCK. Ho, ho, ho! Komm her, du feige Sau!
DEMETRIUS. Dann warte, wenn du’s wagst; wo bist du jetzt?
PUCK. Komm hierher; ich bin hier!
DEMETRIUS. Nein, nein, du täuschst mich nicht.
Geh’ deines Wegs, Erschöpfung zwingt mich nieder.
Legt sich nieder und schläft.
Auftritt Helena.
HELENA. O lange Nacht, willst du denn nie vergehn?
Entziehe mich mir selbst fur kurze Zeit.
Legt sich nieder und schläft ein.
PUCK. Sind’s nur drei? Fehlt eins hier,
Zwei von jeder Art macht vier.
Schau, sie kommt, ganz bedruckt,
Amor wär von ihr entzuckt:
Armes Kind, ist ganz verruckt.
Auftritt Hermia
35
HERMIA. Noch nie so mud, noch nie so voller Weh,
Von tau durchnässt, von Dornen ganz zerrissen,
Ich weiss nicht, ob ich krieche oder geh,
Die Beine wollen nichts mehr von mir wissen
Ich will hier ruhen, bis der Tag anbricht.
Herr, kommt’s zum Kampf, verlass Lysander nicht.
Schläft ein.
PUCK. Auf dem Grund
Schlaf gesund.
Dass die Kraft
Von dem Saft
Dem Geliebten Klarheit schafft.
Puck träufelt Lysander mit der Blume Saft uber die Augen
Wirst du wach,
Werde schwach
Nur bei der,
Die vorher
Dir versprach die Jungfernschaft;
Wie das alte Sprichwort lehrt,
Jeder kriegt was ihm gehört,
Beim Erwachen wird gewährt.
Grete kriegt Hans; Alles bleibt ganz.
Jeder Hengst kriegt seine Stute – Alle gute
7. Szene: OBERON ERLÖST TITANIA
Zettel als Esel, Demetrius, Helena, Hermia (schlafend).
Titania, Zettel, Bohnenblüte und Senfsame treten auf;
Oberon
TITANIA. Komm setz dich auf dies Blumenbett mit mir;
Ich streichle dir die weichen samtnen Wangen,
Den Kopf schmück ich mit Moschusrosen dir,
Die Ohren küss ich, diese schönen, langen.
ZETTEL. Wo ist Bohnenblüte?
BOHENNBLÜTE. Hier.
ZETTEL. Kratz mir den Kopf, Bohnenblüte. Wo ist Frau Senfsamen?
SENFSAMEN. Hier.
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ZETTEL. Sie Senfsamen, liebe Frau, töten Sie mir eine Hummel mit roten Hüften oben auf einer Distel und gute Frau, bringen sie mir den Honigsack. Strengen sie sich an und vor allem,
pas- sen Sie auf, dass der Honigsack nicht platzt. Es tät mir leid, wenn Sie von einem Honigsack
über- flutet würden? Und noch was.
SENFSAMEN. Ja?.
ZETTEL. Reichen Sie mir die Kralle. Muse Senfsamen. Und bitte hören Sie auf zu knicksen.
SENFSAMEN. Was wünschen Sie?
ZETTEL. Gar nichts, aber helfen Sie Frau Bohnenblüte beim Kratzen. Ich muss zum Friseur;
mir scheint, ich bin erstaunlich haarig ums Gesicht herum; und ich bin so ein empfindlicher
Esel, wenn mich nur ein Haar kitzelt muss ich kratzen.
TITANIA. Vielleicht ersehnst du die Musik, mein Liebster?
ZETTEL. Ich hab ein ziemlich gutes Ohr für Musik. (Musik) Es kommt so eine Intervention
von Schlaf über mich.
TITANIA. So schlaf, ich will die Arme um dich schlingen.
Fort ihr Feen, lauf nach allen Seiten fort.
Wie ich dich liebe! Wie ich dich begehre!
Sie schlafen ein.
Oberon tritt hervor und schleicht zu Titania, Puck kommt dazu.
OBERON. Du, lieber Puck, nimm diesen fremden Kopf
Von dem Athener Bauerschädel ab.
PUCK. Nein!
OBERON. Doch!
PUCK. Oh!
OBERON. Erst will ich die Königin erlösen. (Er berührt ihre Augen mit einem Kraut)
Sei nun wie du vorher warst;
Sieh nun, wie du vorher sahst.
Über Amors Blumensaft
Siegt Dianas Knospensaft.
Nun, Königin; wach auf, Titania.
TITANIA. Mein Oberon! Was war es, was ich sah?
Es liess ein Esel mich um Liebe flehen.
OBERON. Da liegt dein Liebster.
TITANIA. Wie ist das geschehen? O wie ich es jetzt hasse, dies Gesicht.
OBERON. Still. Puck, nimm den Kopf von diesem Mann.
37
Komm, Königin, im Tanz wolln wir uns wiegen,
So dass die Erde bebt, auf der sie liegen.
Nun bist du wieder mein , und ich bin dein,
Und morgen Mittenacht bei Mondenschein,
Wolln tanzend wir auf Theseus’ Hochzeit sein.
Lass uns also, Königin,
Schweigend mit den Schatten ziehn.
Schneller drehn wir unsre Kreise,
Als der Mond auf seiner Reise.
TITANIA & OBERON singen
Thomas Morley. M. und A. Deller
https://www.youtube.com/watch?v=02m2M--WEpk
MIRACULOUS LOVE’S WOUNDING
MIRACULOUS
MIRACULOUS
MIRACULOUS LOVE’S WOUNDING
Puck befreit Zettel.
Der folgende Teil ist gestrichen im SHZh (resp. teilamputiert...)
Hippolyta, Egeus und Theseus treten auf.
EGEUS. Das ist doch meine Tochter, die hier schläft.
Und hier Lysander, hier Demetrius.
Und Helena, des alten Nedars Tochter.
Erstaunlich, dass sie hier zusammen liegen.
THESEUS. Sie gingen sicher fruh hinaus
Und kamen her zu Ehren unsrer Feier.
Lysander, Hermia, Demetrius und Helena erwachen und fallen auf die Knie.
LYSANDER. Verzeiht, mein Herr.
THESEUS. Steht bitte alle auf.
Ich weiß, ihr seid erbitterte Rivalen.
Woher kommt diese Eintracht in die Welt.
LYSANDER. Mein Herr, ich will dir antworten, noch halb im Schlaf.
Ich habe selbst nicht die geringste Ahnung,
Was geschah. Doch glaube ich – ja, es war so –
Ich kam mit Hermia hierher, wir wollten Athen verlassen
Und an einem Ort, wo uns Athens Gesetz nicht mehr erreicht…
EGEUS. Genug, genug, mein Furst, es ist genug;
Ich fordre Recht, das Recht auf seinen Kopf.
Sie waren auf der Flucht, Demetrius,
38
Sie wollten weg, und dich und mich betrugen:
Dich um die Frau, und mich um mein Versprechen,
Um mein Versprechen, dass sie dein sein soll.
DEMETRIUS. Mein Herr, die schöne Helena sagte mir,
Dass ihre Flucht in diesen Wald sie fuhrt.
Und ich, ich folgte ihnen voller Wut,
Und Helena, in Liebe, folgte mir.
Jedoch durch irgendeine Macht, nur welche?
Kommt mir die Liebe, die ich Hermia schwor,
Jetzt wie ein abgelegtes Spielzeug vor,
An dem mein Herz in Kindertagen hing.
Und alle Sehnsucht meines Herzens
Und das Vergnugen meiner Augen ist einzig Helena.
Mit ihr, das weißt du, war ich verlobt,
Bevor ich Hermia sah. Doch wie ein Kranker mied ich sie.
Gesund, bin ich zu ihr zuruckgekehrt.
Jetzt lieb ich sie und bin ihr ewig treu.
THESEUS. Zum Gluck, ihr Lieben, habt ihr euch getroffen.
Wir wolln bald mehr von der Geschichte hören.
Ich setz mich, Egeus, uber dich hinweg!
Im Tempel solln auch diese Paare heut zugleich
Mit uns auf ewig sich verbinden.
Fort mit uns nach Athen; dreifach zu zweit,
begehen wir das Fest in Herrlichkeit.
Komm, Hippolyta.
Theseus, Hippolyta und Egeus ab.
DEMETRIUS. Die Dinge scheinen klein und undeutlich
Wie ferne Berge, die zu Wolken werden.
LYSANDER. Seid ihr sicher, dass wir wach sind? Ist es wahr?
Hier stand der Furst und bat uns, ihm zu folgen?
HERMIA. Ja, und mein Vater.
HELENA .Und Hippolyta.
LYSANDER. Und er befahl, dass wir zum Tempel folgen.
DEMETRIUS. Na also. Gehn wir ihm nach und auf dem Weg
Erzählen wir uns unsere Träume.
Ab. Alsbald erwacht Zettel.
ZETTEL. Wenn mein Stichwort kommt, ruft mich, und ich werde antworten. Mein
nächstes ist: „Du schönster Pyramus“. He! Hallo! Peter Squenz! Flaut,
Blasebalgflicker! Schnauz, Kesselflicker! Schlucker! Guter Gott! Schleichen sich
davon, und lassen mich schlafen! Ich hatte eine sehr seltene Erscheinung. Ich hatte
einen Traum, es geht uber Menschenverstand, zu sagen, was fur ein Traum das war.
39
Der Mensch ist nur ein Esel, wenn er sich daran macht, diesen Traum zu deuten.
Mir war, ich war, kein Mensch kann sagen, was. Mir war, ich war und mir war, ich
hatte, aber der Mensch ist nur ein eingebildeter Trottel, wenn er versucht zu sagen,
was ich dachte, was ich hatte. Des Menschen Auge hat’s nicht gehört, des
Menschen Ohr hat’s nicht gesehn, des Menschen Hand kann es nicht schmecken,
seine Zunge kann’s nicht greifen, und sein Herz kann nicht erzählen, was mein
Traum war. Ich muss Peter Squenz dazu kriegen, eine Ballade uber diesen Traum
zu schreiben. Sie soll Zettels Traum heißen weil sie so zettelig, so nicht zu fassen
ist und ich will sie singen gegen Ende eines Stuckes, vor dem Herzog. Oder, um es
noch anmutiger zu machen, sollte ich sie bei aller Tode singen.
Ab.
Bis hierhin gestrichen im SHZh
8. Szene
ZETTEL STAUNT
Squenz, Flaut, Schnauz, Schlucker kommen nach Athen.
SQUENZ. Wart ihr schon bei ihm zu Hause? Vielleicht ist er inzwischen da?
SCHLUCKER. Es hat niemand was von ihm gehört. Ohne Zweifel ist er
wegtransportiert.
FLAUT. Wenn er nicht kommt, dann ist das Stuck gelaufen. Ohne ihn geht’s nicht,
oder?
SQUENZ. Das ist unmöglich. Es gibt keinen Mann in ganz Athen, der den
Pyramus so hinlegen kann, wie er.
FLAUT. Nein, er hat einfach den größten Witz von allen Handwerkern in Athen.
SQUENZ. Ja, und die beste Figur und was eine susse Stimme betrifft, da ist er ein
richtiges Phänomen.
FLAUT. Ein Phönix musst du sagen, ein Phänomen (Gott behute uns!) ist ein
furchterliches Schreckgespenst.
Zettel tritt auf.
ZETTEL. Wo sind diese Burschen? Wo stecken die Herzensjungen?
SQUENZ. Zettel! Wahnsinn! Bist du’s?
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ZETTEL. Meisters, ich kann euch von Wundern erzählen. Aber fragt mich nicht
was. Wenn ich es euch sage, bin ich kein ehrlicher Athener. Ich will euch alles
erzählen, genau wie es passiert ist.
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SQUENZ. Lass hören, mein Zettel.
ZETTEL. Kein Wort von mir. Nur soviel will ich euch sagen: der Herzog hat
gespeist. Packt eure Sachen zusammen; gute Schnure an die Bärte, neue Senkel an
die Schuhe; Treffpunkt: der Palast. Jeder schaut noch mal in seine Rolle, denn, kurz
und breit, unser Stuck ist in der Auswahl. Wie auch immer, Thisbe soll saubere
Wäsche anziehen; und der, der den Löwen spielt, soll sich nicht die Nägel schneiden,
sie sollen rausstehen, wegen der Klauen. Und, allerliebste Akteure, esst bitte keine
Zwiebeln mehr und keinen Knoblauch, damit wir sussen Odem von uns geben und
sie nicht sagen können: Die Komödie stinkt uns. Soweit. Jetzt lauft. Los, lauft!
Handwe r ke r l i e d: Gl üc kauf de r S t e i g e r ko mm t !
Alle ab.
9. Szene: DIE AUFFÜHRUNG
Theseus, Hippolyta und Egeus im Palast
Festliche Hochzeits-Musik.
HIPPOLYTA. Wie seltsam diese Liebenden erzählen.
THESEUS. Ja, seltsam, aber wahr?
Ich glaube nicht an diese Fabeln, diese Elfenmärchen.
Verruckten und Verliebten gluht das Hirn,
Es bluht die Phantasie, und sie erkennen
Mehr als der kuhlere Verstand begreift.
Der Irre, der Verliebte und der Dichter
Bestehen ganz und gar aus Einbildung.
HIPPOLYTA. Doch die Geschichte dieser Nacht,
Und wie ihr aller Geist zugleich verwandelt war,
Das zeugt von mehr als Phantasiegebilden.
Es wird daraus ein Ganzes, voll Bestand,
Doch seltsam immer noch und wundervoll.
THESEUS. Wo ist der Lenker unsrer Festlichkeiten? Ist etwas vorbereitet?
Gibts kein Schauspiel, das die Tortur der leeren Stunden lindert? (Zu Egeus.)
Was hast du anzubieten fur den Abend an Akteuren, an Musik?
Wie täuschen wir die träge Zeit, wenn nicht durch ein Vergnugen?
EGEUS. “Ein quälend kurzes Spiel von Pyramus und Thisbe.
Äußerst spaßige Tragödie.“
THESEUS. Ein Spaß und tragisch? Quälend, und doch kurz?
Das ist ja heißes Eis und schwarzer Schnee.
Wie bringt man diese Zwietracht denn in Eintracht?
42
Die Handwerker werden von Squenz auf die Buhne gedrängt, sie sind sehr scheu.
EGEUS. Das Stuck, mein Furst, ist kaum zehn Worte lang;
das ist so kurz, wie ich kein andres kenne.
Doch um zehn Worte, Furst, ist es zu lang. Das
macht es quälend, denn im ganzen Stuck
Stimmt nicht ein Wort und keiner der Akteure.
(nimmt Theseus auf die Seite und winkt die Handwerker fort)
Und tragisch ist es, weil, der Pyramus
Darin sich selbst ersticht. Als ich die Probe sah,
Ich geb es zu, da heulte ich, doch lustigere Tränen
Vergießt das lauteste Gelächter nicht.
THESEUS. Und was fur Leute spielen?
EGEUS. Athener Arbeiter mit schweren Händen,
Fur die Intellekt bisher ein Fremdwort war,
Und die sich jetzt das Hirn zermartert haben,
Mit diesem Stuck zu deinem Hochzeitsfest.
THESEUS. Ich will es sehen. Denn niemals kann etwas misslungen sein,
Was aus Bescheidenheit und Pflicht erwächst.
Geh, bringe sie hierher. Ihr Damen, nehmet Platz.
Egeus den Handwerkern hinterher.
HIPPOLYTA. Ich seh nicht gern die Schlichtheit uberfordert
Und die Ergebenheit im Dienst erlegen.
THESEUS. So etwas, Liebste, wirst du hier nicht sehen.
HIPPOLYTA. Er sagte, dass sie uberhaupt nichts können.
THESEUS. Wie freundlich dann, fur dieses Nichts zu danken,
Vergnugt die Fehler ihnen nachzusehen.
Was arme Schlichtheit nicht vermag,
Der Edelmut nimmts Wollen fur das Können.
Die Liebe wie die Einfalt kann gern schweigen.
Sie wird im Wenigsten am meisten zeigen.
Egeus tritt auf.
EGEUS. Wenn es Euch recht ist: Der Prolog ist da.
THESEUS. Herein mit ihm.
Squenz tritt als Prolog auf.
PROLOG. Wenn wir missfallen tun, so ist’s mit gutem Willen.
Der Vorsatz bleibt, doch gut, wenn wir ihn nicht erfullen.
43
Zu zeigen unsre Pflicht durch dieses kurze Spiel,
44
Das ist der wahre Zweck von unserm End’ und Ziel.
Erwäget also denn, warum wir kommen sein:
Wir kommen nicht, als soll’t Ihr Euch daran ergetzen die wahre Absicht ist – zu Eurer Lust allein sind wir nicht hier - ,
Dass wir in Reu’ und Leid Euch setzen.
Die Spieler sind bereit, wenn Ihr sie werdet sehen,
Versteht Ihr alles schon, was Ihr nur wollt verstehen.
THESEUS. Diesen Burschen schert weder Punkt noch Komma.
Er hat seinen Prolog geschmissen,
wie ein wildes Fohlen seinen Reiter;
Er konnte sich nicht halten.
HIPPOLYTA. In der Tat, er hat auf seinem Prolog gespielt
Wie ein Kind auf der Blockflöte.
Er brachte wohl einen Ton heraus, aber keine Note.
THESEUS. Seine Rede war wie eine verwickelte Kette;
Nichts zerrissen, aber alles durcheinander.
Wer kommt als Nächster?
Es treten ein, wie in einer Pantomime, Pyramus und Thisbe, Wand, Mondschein
und Löwe – nun alle frisch kostumiert und sich noch fertig kostumierend.
PROLOG. Edle, vielleicht erstaunt euch dieses Spiel.
Am Ende stellt die Wahrheit alles richtig.
Der Mann ist Pyramus, wers wissen will;
Die schöne Frau ist Thisbe, das ist wichtig.
Der Mann mit Lehm und rauem Mörtel heißt Wand,
Böse Wand, die die Verliebten trennt;
Und an Wands Spalte stehn die Armen meist, und flustern.
Staunt nicht, wenn ihr das nicht kennt.
Der Mann mit Dornbusch, Hund, Laternenlicht
Stellt Mondschein dar. Deswegen musst ihr wissen
Bei Mondschein schämten sich die beiden nicht,
An Brutus Grab zu stehn, und sich zu kussen.
Dies grässlich Tier, das Löwe wird genannt, Hat
Thisbe, die zuerst kam in der Nacht, verscheucht,
das heißt, hat furchtsam sie gemacht; Sie floh, der
Mantel rutschte ihr herunter,
Mit blutgem Maul nahm ihn der Löw’ beim Kragen.
Nun kommt schon Pyramus, verliebt und munter,
Und findet Thisbes Mantel totgeschlagen.
Drauf hat er sich das Schwert, das schuld’ge Messer
Voll Mut in seine blut’ge Brust gepresst.
Und Thisbe, im Gebusch schon blass und blässer,
Zog raus sein Schwert und starb. Den ganzen Rest
Lasst Löwe, Mondschein, Wand und Liebespaar
Ausfuhrlich euch berichten, so wie’s war.
Prolog, Pyramus und Thisbe, Löwe und Mondschein gehen ab. Die Wand tritt auf.
45
THESEUS. Ich frag mich, ob der Löwe sprechen wird.
HIPPOLYTA. Keine Frage, mein Herr, wenn es so viele Esel tun.
WAND. In diesem selben Stuck kommt es zustand,
Dass ich, mit Namen Schnauz bin eine Wand.
Und diese alte Wand, das seht ihr noch,
Hat in sich eine Spalte oder Loch,
Durch das die beiden, Pyramus und Thisbern,
Ganz oft und heimlich miteinander wispern.
Lehm, Mörtel, Putz und Steine zeigen klar,
Dass ich die Wand bin; es ist wirklich wahr;
Und dies hier ist von rechts und links die Spalte,
Durch die das scheue Paar sich unterhalte.
THESEUS. Kann man verlangen, dass Lehm und Putz besser sprechen?
HIPPOLYTA. Das ist die witzigste Spalte, die ich je hab reden hören.
Zettel tritt auf.
THESEUS. Pyramus nähert sich der Wand. Ruhe.
ZETTEL. O grimmge Nacht! O Nacht, so schwarz wie je!
O Nacht, die immer ist, wenn Tag nicht ist.
O Nacht, o Nacht, o weh, o weh, o weh!
Ob meine Thisbe ihren Schwur vergisst?
Und du, o Wand, o susse, liebe Wand,
Die zwischen unser Väter Häuser steht;
Du Wand, o Wand, o susse, liebe Wand,
Zeig mir den Spalt, durch den mein Blick durchgeht.
Wand hält seine Finger hoch.
Dank, gute Wand. Jupiter lohn’ es dir.
Was sehe ich? Nicht Thisbe sehe ich.
O böse Wand, nicht Wonne zeigst du mir.
Verfluchte Wand, wie hintergehst du mich.
THESEUS. Die Wand, meine ich, sollte, da sie lebendig ist, zuruckfluchen.
PYRAMUS. Nein wirklich, mein Herr, das sollte sie nicht. ‚Hintergehst du mich’,
ist Thisbes Stichwort. Sie muss jetzt auftreten, und ich muss sie durch die Wand
erspähen. Sie werden sehen, es wird genauso kommen, wie ich gesagt habe. Da
kommt sie.
Thisbe tritt auf.
THISBE. O Wand, wie oft hab ich hier seufzen mussen,
Weil mein schön Pyramus dort druben lebt.
Wie oft schon musst ich deine Steine kussen,
Die Steine, die mit Haar und Lehm verklebt.
46
PYRAMUS. Ich seh ein Stimm. Ich gehe jetzt ans Loch,
Damit ich Thisbes Anblick hören kann. Thisbe!
THISBE. Bist du’s, mein Lieb, ich denke doch.
PYRAMUS. Denk, was du willst. Ich bin’s, dein lieber Mann.
Und treu wie seiner Liebsten der Limander.
THISBE. Und ich wie Helena dem Alexander. PYRAMUS.
Der Morpheus war Eurydike nicht treuer. THISBE. Wie
Morpheus ihr, so bist du mir so teuer. PYRAMUS. O kuss
mich durch der schlimmen Mauer Ritz. THISBE. Ich kuss
nicht deinen Mund, nur diesen Schlitz. PYRAMUS. Willst du
an Brunos Grab mich treffen schnelle? THISBE. Ob lebend
oder tot, ich bin zur Stelle.
Pyramus und Thisbe ab.
WAND. Als Wand hab ich erfullet meinen Zweck.
Und darum geht die Wand jetzt einfach weg.
Wand ab.
THESEUS. Die Wand ist weg und die Moral hinuber.
HIPPOLYTA. Das ist das dummste Zeug, das ich je gehört habe.
THESEUS. Auch wenn es das Beste wäre, wär es nichts als ein Schatten.
Und das Schlechteste ist nicht schlechter, man braucht nur Phantasie.
HIPPOLYTA. In dem Fall muss es deine Phantasie sein, denn sie haben keine.
THESEUS. Wenn wir sie nicht fur schlechter halten, als sie sich selbst, dann sind
sie recht ordentliche Männer. Hier kommen zwei edle Tiere, ein Mann und ein
Löwe.
Löwe und Mondschein mit Hund treten auf.
LÖWE. Ihr Damen, deren Herz die kleinste Maus,
die ubern Boden kriecht, mit Angst
erfullt, Ihr zittert jetzt vielleicht und rennt
hinaus, Wenn hier in wilder Wut ein Löwe
brullt.
Drum wisset, dass ich Schnock, der Schreiner bin,
47
Kein furchterlicher Löw, und nicht Löwin;
Denn wurd’ ich mich als Löwe herbegeben,
48
es wäre doch sehr schade um mein Leben.
THESEUS. Eine Bestie ohne Biss, aber mit Gewissen.
HIPPOLYTA. Das beste an Bestie, was ich bisher gesehen habe.
Dieser Löwe ist ein wahrer Fuchs an Tapferkeit.
THESEUS. Stimmt; und eine Gans an Klugheit. Gut, hören wir nun dem Mond zu.
MOND. Die Lampe hier ist des gehörnten Mondes Schein –
HIPPOLYTA. Er sollte die Hörner am Kopf tragen.
THESEUS. Er ist keine Sichel, seine Hörner sind unsichtbar in der Scheibe.
MOND. Die Lampe hier ist des gehörnten Mondes Schein;
Ich selber schein der Mann im Mond zu sein.
THESEUS. Das ist nun der größte Irrtum; man sollte den Mann in die Laterne
stecken, wie kann er sonst der Mann im Mond sein?
HIPPOLYTA. Er traut sich nicht hinein wegen der Kerze; sehen Sie, die Flamme
flackert ihn schon an.
Ich bin dieses Mondes mude. Wenn er doch wechselte.
THESEUS. Er ist kein großes Licht, das bedeutet, er nimmt ab. Aber aus
Höflichkeit mussen wir, wenn wir es aushalten, die Zeit abwarten.
Mach weiter, Mond.
MOND. Alles, was ich zu sagen habe, ist, euch zu sagen, dass die Laterne der Mond
ist; ich der Mann im Mond; dieser Dornbusch mein Dornbusch; und dieser Hund
mein Hund.
THESEUS. Alle Sachen sollten in der Laterne sein, weil sie alle im Mond sind.
Doch still; Thisbe kommt.
Thisbe tritt auf.
THISBE. Dies hier ist Brunos Grab. Wo ist mein Lieb?
LÖWE. brullt.
THISBE. O–
Thisbe läuft davon.
HIPPOLYTA. Gut gebrullt, Löwe.
THESEUS. Gut gelaufen, Thisbe.
HIPPOLYTA. Gut geschienen, Mond. Wirklich, der Mond scheint mit Anmut.
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Der Löwe zerfetzt den Mantel der Thisbe und geht ab. Pyramus tritt auf.
THESEUS. Gut gemaust, Löwe.
HIPPOLYTA. Und dann kam Pyramus.
THESEUS. Und da verschwand der Löwe.
PYRAMUS. O Mond, hab Dank fur deinen Sonnenstrahl;
Hab Dank, o Mond, dass du jetzt scheinst so schön,
Denn durch dein Licht, so golden und so fahl,
Wird’ ich sogleich die treue Thisbe sehn.
Doch halt, O Graus! Wie siehts hier aus? Wie gehts
Mir armem Ritter? Seht, Augen! – Nein, Es kann nicht sein.
O susser Schatz – wie bitter!
Dein Mantel gut befleckt mit Blut? Naht euch, ihr Furien, jetzt!
Ihr Parzen drei, reißts Garn entzwei und meuchelt, mordet, metzt.
THESEUS. Diese Leidenschaft und der Tod eines lieben Freundes können einen
Mann schon traurig aussehen lassen.
HIPPOLYTA. Ich weiß nicht, aber der Mann tut mir leid.
PYRAMUS. Warum, Natur, hast Löwen du gebaut,
Dass dieser mir die Liebste deflorier?
Sie ist – nein war – die allerschönste Braut,
Die freudig lebte, liebte, lachte mir.
Tränen, hervor! Raus, Schwert, durchbohr die Warz dem Pyramo.
Die linke, ja! Wo’s Herz hupft da.
Erdolcht sich.
So sterb ich, so, so, so. Jetzt bin ich tot.
Aus ist die Not. Mein Seel’ wird nicht verderben.
Zunge, lisch aus. Mond, geh hinaus.
Mond ab.
Nur sterben, sterben, sterben, sterben, sterben.
Er stirbt, Mondschein ab.
THESEUS. Er ist gestorben wie ein Ass.
HIPPOLYTA. Er ist weniger als ein Ass, Mensch; denn er ist tot; er ist eine Null.
THESEUS. Mit Hilfe eines Arztes könnte er sich wieder erholen, und sich doch
noch als Ass erweisen.
HIPPOLYTA. Warum ist der Mond weggegangen, bevor Thisbe zuruckkommt, und
ihren Liebsten findet?
50
Auftritt Thisbe.
THESEUS. Sie wird ihn bei Sternenlicht finden. Da kommt sie, und ihr Jammer
beendet das Stuck.
HIPPOLYTA. Bei so einem Pyramus reicht ein kleiner Jammer. Ich hoffe, sie
macht es kurz.
THESEUS. Sie hat ihn schon erspäht mit ihren sussen Augen.
THISBE. Du schläfst, mein Schatz? Wie, tot, mein Spatz?
Lass, Pyramus, dich wecken!
Sprich, sprich. Ganz stumm? Tot, tot! Warum?
Ein Grab muss dich bedecken.
Dein Lilienmund, die Wangen rund,
Die Kirschennase auch, dahin, dahin;
Nun klagt um ihn; Sein Aug’ war grun wie Lauch.
O Schwestern drei, so kommt herbei,
Mit milchigweißer Hand; taucht sie in Blut,
Zerschnitten gut, habt ihr sein Lebensband.
Zunge, kein Wort. Komm, Schwert, zum Mord,
Befleck des Busens Schnee.
Thisbe erdolcht sich.
Lebt wohl, ihr Herrn, Thisbe stirbt gern. Ade, ade, ade.
Sie stirbt.
THESEUS. Mondschein und Löwe sind ubrig geblieben, um die Toten zu begraben.
HIPPOLYTA. Ja, und Herr Wand auch.
ZETTEL. Nein, ich versichere Ihnen: die Wand, die ihre Väter getrennt hat, ist
gefallen. Beliebt es Ihnen jetzt, den Epilog zu sehen, oder wollt ihr einen
Bergamasker Tanz sehen von zweien aus unserer Truppe?
THESEUS. Keinen Epilog, bitte. Euer Stuck braucht keine Entschuldigung. Nur
keine Entschuldigung; wenn alle Schauspieler tot sind, braucht man keinem
Vorwurfe zu machen. Und wenn der, der es geschrieben hat, den Pyramus gespielt
und sich an Thisbes Strumpfband aufgehängt hätte, wäre es eine schöne Tragödie
gewesen. Und das war es auch, wirklich, und sehr bemerkenswert dargestellt.
SQUENZ. Sehr bemerkenswert dargestellt!
PYRAMUS und THISBE (umarmen sich). Sehr bemerkenswert!
THESEUS. Der zwölfte Schlag der Mitternacht verhallt.
Zu Bett, Verliebte; fast ist Geisterstunde.
Wir feiern dieses Fest noch vierzehn Tage,
Mit neuem Spaß und nächtlichem Gelage.
51
Alle ab.
PUCK.
Hungrig brüllt der Löwe nun,
Und der Wolf beheult den Mond.
Schnarchend kann der Bauer ruhn,
Für sein Tagewerk belohnt.
Wenn im Herd die Glut verglimmt,
Und das Kätzchen klagend schreit,
Denkt der Kranke, ders vernimmt,
Schaudernd an sein Leichenkleid.
Jetzt ist jene Zeit der Nacht,
Wo die Gräber offen stehen,
Wo sich jeder Geist aufmacht,
Um im Friedhof umzugehen.
Wenn wir Schatten Euch gekränkt,
Wär es besser, wenn Ihr denkt,
Dass ein Schlummer Euch umfing,
Als dies alles vor sich ging.
Und dies kleine Spiel, das kaum
Mehr bedeutet als ein Traum,
Liebe Leute, tadelts nicht,
Euer Zuspruch ist uns Pflicht.
Und, so wahr man Puck mich nennt,
Haben wir das Glück am End’
Eurem Zischen zu entgehen,
Sollt Ihr bald was Bessres sehen.
Sonst könnt Ihr mich Lügner nennen.
Gute Nacht. Eh wir uns trennen,
Rührt Eure Hände, habt den Mut,
Und Puck macht Euch den Schaden gut.
Ab
52
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