A Midsummer Night‘s Dream Oper in drei Akten von Benjamin Britten Libretto von Benjamin Britten und Peter Pears nach William Shakespeare Ab 14 Jahren Premiere am Donnerstag, 29. Oktober 2015, 19.30 Uhr Dauer ca. 3 Stunden, Pause nach dem 2. Akt 1 Inhalt Vorwort 3 Kleine Opernfibel 4 Benjamin Britten 6 Peter Pears 7 Das Werk 8 Inhaltsangabe 9 Musikalische Gestaltung 10 Inszenierung 11 Team und Besetzung 12 Vor-und Nachbereitung 13 Text: Geisterhäuser 16 Literatur und Weblinks 18 2 Sehr geehrte Pädagoginnen und Pädagogen, A Midsummer Night’s Dream entführt uns in eine Welt, in der Elfen- und Menschenwesen aufeinandertreffen und wo sich ihre Geschichten kreuzen. Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare wurde 1598 uraufgeführt, 1960 komponierte Benjamin Britten die Oper A Midsummer Night’s Dream und hielt sich dabei im Libretto fast wörtlich an Shakespeares Komödie, abgesehen von den Kürzungen, die nötig waren, um nicht eine Oper von der Länge des Rings der Nibelungen zu erschaffen. Die vorliegende Materialienmappe soll Ihnen eine Hilfe sein, Ihre Klassen auf den Opernbesuch einzustimmen. Wir wünschen Ihnen schönen Theaterabend! Katharina Schmölzer Theaterpädagogik 3 KLEINE OPERNFIBEL Was ist eine Oper? Oper ist die Theaterform, bei der die Emotionen der handelnden Personen durch Musik ausgedrückt werden. Es gibt durchkomponierte Opern, in denen von Anfang bis Ende gesungen wird, aber auch andere Formen des Musiktheaters, in denen sich gesprochene Dialoge mit Musiknummern abwechseln wie beispielsweise in der französischen Opéra comique, im deutschen Singspiel, in der Operette oder im Musical. Was macht ein Komponist? Ein Komponist erschafft musikalische Werke wie Opern, Operetten, Musicals, Sinfonien, Konzerte, Streichquartette, Lieder, Popsongs usw. Entgegen zahlreicher romantischer Vorstellungen ist Komponieren oft harte und überaus intensive Arbeit Was macht ein Librettist? Ein Librettist schreibt den Text („Libretto“ genannt) für eine Oper, ein Singspiel oder ein Musical. Auf diesen Text komponiert der Komponist dann die Musik. Nicht selten nimmt der Komponist dabei großen Einfluss auf die Gestalt des Textes. Was macht ein musikalischer Leiter / Dirigent? Der Dirigent erarbeitet zusammen mit dem Orchester und dem Chor in zahlreichen Proben die musikalische Interpretation eines Werkes. Während einer Opernaufführung oder während eines Konzerts führt er mittels einer Art Zeichensprache Musiker und Sänger durch das Stück. Zur Erhöhung der Deutlichkeit seiner Zeichen dirigiert er mit einem dünnen, langen Dirigentenstab. Eine Opernaufführung leitet er aus dem Orchestergraben, er ist jedoch auf zahlreichen, über die Bühne verteilten, Monitoren zu sehen. Was macht ein Regisseur? Ein Regisseur „erzählt“ ein Musiktheaterwerk aus seiner ganz persönlichen Sichtweise. Dazu probt er mehrere Wochen sehr intensiv mit den Sängern und dem Chor. Zuvor hat er sich ausführlich mit dem jeweiligen Werk auseinandergesetzt und versucht, den Kern des Stückes zu ergründen. Mit seiner Sicht auf das Werk erschafft der Regisseur gemeinsam mit seinem Bühnenbildner und seinem Kostümbildner Bilder, die sich mit der Musik und der Führung der Sänger und des Chors zu einem Theaterabend verbinden. Dabei interpretiert der Regisseur Handlung, Text und Musik eines Werkes ebenso wie es der Dirigent tut, mit dem der Regisseur eng zusammenarbeitet Was macht ein Choreograph? Ein Choreograph ist der Gestalter von Bewegungsabläufen in Verbindung mit Musik. Als Choreograph eines Ballettensembles entwickelt er gemeinsam mit den Tänzern einen ganzen Ballettabend. Als Mitglied des Regieteams innerhalb einer Operninszenierung erarbeitet er gemeinsam mit dem Regisseur Bewegungsabläufe von Tänzern, Solisten oder Chorsolisten in bestimmten Abschnitten einer Oper. 4 Was ist ein Akt? Als Akt bezeichnet man in einem Stück einen Hauptabschnitt der Handlung. Wie ein Roman in Kapitel unterteilt ist, gliedert sich die Geschichte, die in einer Oper erzählt wird, in mehrere Akte. Viele Opern und Operetten sind in drei Akte geteilt. Nur selten enthält eine Oper mehr als fünf Akte. 5 BENJAMIN BRITTEN Komponist und Librettist Edward Benjamin Britten wurde am 22. November 1913 in Lowestoft, Suffolk, England geboren. Er war das jüngste Kind des Zahnarztes Robert Viktor und Edith Rhoda Britten. Als er fünf Jahre alt war, begann ihm seine Mutter Klavierunterricht zu geben, 1921 schrieb er seine ersten Kompositionen. Während der Schulzeit war sein wichtigster Musiklehrer Frank Bridge, er unterrichtete Britten in Klavier und Bratsche. 1930-1933 studierte Benjamin Britten Klavier und Komposition am Royal College of Music in London. Der Tenor Peter Pears war Brittens Lebensgefährte, für ihn komponierte Britten viele Tenorpartien in Opern und Liedern. 1939 verließ Benjamin Britten, der erklärter Pazifist war, Europa und ließ sich in Amerika nieder. Er kehrte noch während des Krieges nach England zurück. In zweiter Instanz wurde ihm die Kriegsverweigerung zugestanden. Im Juni 1945 wurde Brittens Oper Peter Grimes uraufgeführt. Aufführungsort war das Sadler’s Wells Theater in London, das mit Peter Grimes den Spielbetrieb nach dem 2. Weltkrieg wiederaufnahm. 1948 entstand die Kantate Saint Nicolas, welche das Leben und Wirken des Bischofs Nikolaus von Myra beschreibt. Im Dezember 1961 vollendete er anlässlich der Neuerrichtung der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Kathedrale von Coventry das War Requiem, das seitdem zu den wichtigsten Chorwerken gezählt wird (Uraufführung: 30. Mai 1962, Coventry). Verwendet wurden Texte der Liturgie und Gedichte des 1918 gefallenen Lyrikers Wilfred Owen. Brittens Kompositionen umfassen Orchester- und Kammermusik, vor allem aber Vokalmusik (Opern, Lieder, Kompositionen für Chor). Zu seinen bedeutendsten Werken zählen die Serenade für Tenor, Horn und Streicher sowie die Opern Peter Grimes und A Midsummer Night’s Dream. Benjamin Britten trat auch als Dirigent in Erscheinung. 1970 dirigierte er die 14. Sinfonie Schostakowitschs, erstmalig außerhalb der Grenzen Russland. Diese Komposition widmete Schostakowitsch Benjamin Britten. 1948 gründete Britten in seinem Wohnort Aldeburgh ein Musikfestival, das seither jährlich stattfindet. 1967 wurde im Dorf Snape bei Aldeburgh eigens dafür eine Konzerthalle eröffnet. Als gefeierter Komponist, Dirigent und Pianist wurde Benjamin Britten am 2. Juli 1972 in den Adelsstand erhoben und starb als Baron Britten of Aldeburgh in the County of Suffolk am 4. Dezember 1972 in Aldeburgh. 6 PETER PEARS Librettist Der britische Tenor wurde am 22. Juni 1910 in Farnham geboren und starb am 3. April 1986 in Aldeburgh. Peter Pears musikalische Laufbahn begann am Keble College in Oxford. Er studierte Orgel, brach die Ausbildung zum Organisten jedoch ab. Um 1933/34 setzte er sein musikalisches Studium am Royal College of Music fort, wo er Gesang studierte. Prägend war die künstlerische Zusammenarbeit mit seinem langjährigen Lebensgefährten Benjamin Britten. Zusammen verfassten sie auch das Libretto für A Midsummer Night’s Dream. 7 DAS WERK A Midsummer Night’s Dream Die Uraufführung fand am 11. Juni 1960 in der Jubilee Hall in Aldeburgh statt. Das Libretto verfasste Britten zusammen mit Peter Pears, sie hielten sich dabei dicht am Text von William Shakespeares Ein Sommernachtstraum. Jedoch wurde aus dem Schauspiel in fünf Akten eine Oper in drei Akten. WILLIAM SHAKESPERE Das genaue Geburtsdatum von Shakespeare ist nicht bekannt. Getauft wurde er am 26. April 1564 in Stratford upon Avon, das kann im Kirchenregister der Holy Trinity Church nachgelesen werden. Shakespeares Eltern waren angesehene Leute. Die Mutter Mary Arden of Wilmcote stammte aus einem alten Adelsgeschlecht, sein Vater John erfuhr durch die Heirat mit Mary einen sozialen Aufstieg, er wurde zum Stadtrat und später zum Stadtverwalter von Stratford upon Avon gewählt. William Shakespeare besuchte die Lateinschule. Latein, Griechisch, Literatur und Geschichte waren die Hauptpfeiler des Unterrichts. Im Alter von achtzehn Jahren heiratete Shakespeare die acht Jahre ältere Bauerntochter Anne Hathaway. 1683 wurde ihre Tochter Susanna geboren, zwei Jahre später die Zwillinge Hamnet und Judith. Shakespeare verließ Stratford und übersiedelte nach London. Es gibt keine schriftlichen Nachweise über die Zeit zwischen 1585-1592. Im Jahre 1592 verfasste der Dichter Robert Greene ein Pamphlet (Pamphlet = ein Schriftstück, in der sich jemand engagiert, überspitzt und polemisch zu einem Thema äußert), in dem er Shakespeare als literarischen Emporkömmling bezeichnet, der sich mit fremden Federn schmückt. Shakespeare gehörte der Schauspieltruppe Lord Chamberlain’s Men, einer der führenden Schauspieltruppen Londons, an. Nach dem Tod Elisabeths I, wurde ihr Nachfolger James I der Mäzen der Truppe und fortan nannte sie sich The King’s Men. 1594 wurde das Globe Theatre die neue Spielstätte der Schauspieltruppe. William Shakespeare war Teilhaber des Theaters, seine Stücke brachten ihm Ruhm als Dramatiker, er verfasste lyrische und epische Gedichte, die ihn auch als Dichter erfolgreich machten. Im Alter von 46 Jahren kehrte er als reicher, berühmter Mann nach Stratford zurück. Am 23. April 1616 starb William Shakespeare in Stratford upon Avon und wurde in der Holy Trinity Church beigesetzt. William Shakespeares Gesamtwerk umfasst 36 Theaterstücke (laut Folio Ausgabe), 154 Sonette und Versdramen. Ein Sommernachtstraum wurde vermutlich 1595 oder 1596 geschrieben, vor 1598 uraufgeführt und erschien 1600 im Druck. Die Komödie gehört zu den meistgespielten Werken Shakespeares. 8 INHALT Erster Akt Ort der Handlung ist ein Wald vor den Toren Athens. Er ist Schauplatz eines Streites zwischen dem Elfenkönig Oberon und der Elfenkönigin Titania. Die beiden streiten sich um einen Knaben. Sie kommen zu keiner Lösung, werfen sich obendrein Untreue vor. Oberon beauftragt den Elf Puck, auch Robin Goodfellow genannt, ihm eine Zauberblume zu holen, die einst von Cupidos Pfeil getroffen wurde. Den Saft dieser Blume in die Augen geträufelt, verliebt sich die Person in das Wesen, das sie beim Erwachen zuerst sieht. Oberon will Titania auf diese Weise verzaubern und sich so für den Streit rächen. Zur gleichen Zeit flüchten vier junge Leute, Hermia, Demetrius, Helena und Lysander in den Wald. Hermia liebt Lysander, soll aber Demetrius heiraten. Helena liebt Demetrius, der in Hermia verliebt ist. Oberon belauscht die jungen Leute. Die Zauberblume soll auch hier helfen und Demetrius in Helena verliebt machen. Leider verwechselt Puck die jungen Männer und träufelt Lysander den Saft in die Augen, der, als er aufwacht, Helena sieht und sich sofort in sie verliebt. Dann wird auch der schlafende Demetrius verzaubert, auch er erblickt Helena und ist verliebt. Für Hermia interessiert sich niemand mehr. Große Verwirrung herrscht unter den Liebespaaren. Im Wald trifft sich auch eine Truppe von sechs Handwerkern, die für das Hochzeitsfest von Theseus, dem Herrscher von Athen, mit der Amazonenkönigin Hipollyta ein Theaterstück einstudieren, nämlich die tieftragische Komödie von Pyramus und Thisbe. Zweiter Akt Während einer Probe der Handwerker verwandelt Puck den Weber Bottom in einen Esel. Seine Kollegen flüchten in Panik, Titania aber erblickt ihn und entbrennt unter dem Einfluss des Zaubersaftes in ihren Augen in glühender Leidenschaft zum verzauberten Bottom. Währenddessen kommt es unter den jungen Leuten zu Eifersuchtsszenen. Dritter Akt In der Morgendämmerung sorgt Oberon für Ordnung. Zunächst gibt er Bottom seine menschliche Gestalt zurück. Titania wird vom Zauber erlöst. Als die jungen Leute erwachen, halten sie die vorherigen Geschehnisse für Träume und finden zueinander. Oberon und seine Gemahlin Titania versöhnen sich. Auf der Hochzeitsfeier von Theseus und Hippolyta erfreuen sich alle an der schauspielerischen Darbietung der Handwerker, die das komische Trauerspiel von Pyramus und Thisbe aufführen. Theseus erteilt den beiden anwesenden Liebespaaren seinen Segen. 9 DIE MUSIKALISCHE GESTALTUNG VON A Midsummer Night’s Dream Die Wahl der Countertenor-Stimme (als Kontertenor wird ein männlicher Sänger bezeichnet, der mit Hilfe einer durch Brustresonanz verstärkten Kopfstimmen- bzw. Falsett-Technik in Alt- oder sogar Sopranlage singt) für die Rolle des Oberon weist zurück auf den von Britten verehrten Purcell, dessen Musik er seit den frühen 1940er Jahren liebte. Britten entwarf Oberons Arie des 1. Akts I know a bank nach dem Beispiel von Purcells kunstvoller Gesangstechnik; man hört hier Anklänge an Purcells Lied Sweeter than roses, das Britten für Peter Pears arrangierte. Puck spricht seinen Text eher, als dass er ihn singt und dennoch gibt ihm Britten eine besondere „Stimme“ in der Musik, da er immer wieder mit einem lebhaften TrompetenMotiv assoziiert wird. Brittens Handwerker, Bottom und seine Gefährten, liegen am anderen Ende des Stimmspektrums der überirdischen Wohlklänge der Elfenwelt. Sie bringen mit ihren tiefen Männerstimmen – zwei Tenöre, Bariton, Bass-Bariton und zwei Bässe – die stimmliche Hierarchie ins Gleichgewicht und bilden einen starken Kontrast zu Oberons Welt. Britten folgt den Konventionen der Oper in der Besetzung der komischen Figuren genauso wie bei seinem vokal genau ausbalancierten Quartett der Liebenden – Sopran (Helena), MezzoSopran (Hermia), Tenor (Lysander), Bariton (Demetrius) – und Theseus und Hippolyta, die nur im 3. Akt auftreten, ergänzen mit Bass und Alt die fehlenden Stimmfächer. Brittens orchestrale Gestaltung in A Midsummer Night’s Dream ist sehr breit gefächert, um die drei verschiedenen Ebenen der Charaktere zu verstärken und heraufzubeschwören. Dazu gehört Pucks virtuose Trompete (oft unterstützt durch eine Trommel); das Quartett der Liebenden wird normalerweise von einer konventionellen Kombination von Streichern und Bläsern begleitet, während Bottom und seine Gefährten durch tiefe Instrumente charakterisiert werden (bei Bottom selber ist es die Posaune) oder auch durch höhere Instrumente, die in ihren tiefen Registern gespielt werden (zum Beispiel die Klarinetten). Um die hohe Tessitura der übernatürlichen Charaktere zu ergänzen, hat Britten für sie die hohen Instrumente vorgesehen, vor allem die Harfen, das Cembalo, die Celesta und eine kleine Auswahl an Perkussionsinstrumenten wie Vibraphon, Glockenspiel, Xylophon und Gong. Philip Reed 10 INSZENIERUNG Der Vorhang öffnet sich. Geisterstimmung schwebt im Raum. Wir erkennen den Saal eines herrschaftlichen Hauses. Es muss verlassen sein, die Möbel sind mit weißen Tüchern bedeckt. Plötzlich Licht. Kinder steigen mit Taschenlampen durch das Fenster ein, untersuchen den Raum. Es wird zu unheimlich, der Mut verlässt sie und schnell verschwinden sie wieder durch das Fenster aus dem Geisterhaus. Ein Junge bleibt zurück. In diese Geisteratmosphäre holt uns das Regieteam von Midsummer Night‘s Dream. Im geheimnisvollen Bühnenraum, der sich wie von Zauberhand immer wieder verändert und die unterschiedlichsten Stimmungen hervorruft, werden die verschiedenen Lebenswelten der Elfen, der jungen Liebespaare, der Handwerker und im 3. Akt des Herrschers Theseus, der Hochzeit feiert, etabliert. 11 DAS TEAM Musikalische Leitung: Alexander Soddy Regie: Immo Karaman Bühne und Kostüme: Nicola Reichert Choreographie: Fabian Posca Dramaturgie: Rebecca Graitl BESETZUNG Oberon: Yosemeh Adjei Titania: Elsa Benoit Theseus: Kristian Paul Hippolyta: Christiane Döcker Lysander: Robin Tritschler Demetrius: Nikos Kotenidis Hermia: Anna Pennisi Helena: Laura Tatulescu Flute: Alexander Sprague Starveling: Grga Peroš Bottom: Nicholas Crawley Peter Quinze: Sion Goronwy Snug: Michael Schober Snout: Thomas Tischler Cobweb: Lisa Lebitschnig / Christina Tschernitz Peaseblossom: Irina Antesberger / Lena Hablich Mustardseed: Lea Unger / Jasmina Weger Moth Sofie: Kenda / Petra Stieka Singschule Carinthia Kärntner Sinfonieorchester 12 VORSCHLÄGE FÜR EINE VOR- UND/ODER NACHBEREITUNG IN DER KLASSE Zur Vorbereitung 1. Die verschiedenen Welten im Sommernachtstraum Elfen Standbilder bauen 1. Bild: Oberon und Puck Oberon ist der König, Puck sein Diener Wie könnte sich Oberon positionieren, wie stellt sich Puck dazu? Im nächsten Schritt löst sich Oberon aus dem Bild, stellt sich erneut zu Puck, findet eine andere Haltung, wieder als König natürlich, dann löst sich wieder Puck, reagiert mit einer neuen Haltung auf Oberon, sodass sich ein laufendes Bild entwickelt. Genauso wird ein Standbild von Titania und ihren Elfen gefunden, wobei mindestens vier SpielerInnen beteiligt sein sollten. Liebespaare Hermia liebt Lysander Lysander liebt Hermia Helena liebt Demetrius Demetrius liebt Hermia. Die zwei Liebespaare stehen im Kreis. Die vier Personen beginnen einen Dialog miteinander. Die Person, in die man verliebt ist, bekommt ein „Ja“, die anderen bekommen ein „Nein“. Unterhaltsam wird diese Übung, wenn das Tempo zunimmt. Eine Person beginnt indem sie einer anderen Person in die Augen schaut und „Ja“ oder „Nein“ sagt, die Person antwortet ihr, blickt dann zu einer anderen Person, gibt ihr ein „Ja“ oder „Nein“, usw. Nach der Verzauberung mit dem Blumensaft ändert sich das Verhältnis: Lysander liebt Helena Demetrius liebt Helena Helena liebt Demetrius Hermia liebt Lysander Nach der Entzauberung: Lysander liebt Hermia Hermia liebt Lysander Helena liebt Demetrius Demetrius liebt Helena 13 So gibt es drei verschiedene Spielrunden. Danach werden die SpielerInnen befragt, ob, und wenn, welche Emotionen sich mit einem „Ja“ bzw. „Nein“ einstellen. Handwerker Die Gruppe der Handwerker stellt einen starken Kontrast zur Elfenwelt und auch zu den Liebespaaren dar. Im Gespräch werden Ideen gesammelt, welche Eigenschaften die Handwerker auszeichnen könnten. Sie sind weniger gebildet, arbeiten hart, probieren das erste Mal ein Theaterstück… Es folgt der Auftritt der Handwerker: Sechs SpielerInnen betreten als Handwerker die „Bühne“, in den Bewegungen wird versucht, die Handwerker zu etablieren. Theseus und Hippolyta Wie Oberon und Titania sind auch sie ein Herrscherpaar, nur eben Menschen. Auch für diese Konstellation soll wieder ein stimmiges Bild gefunden werden, das ihren Status präsentiert. 2. Wie werden die verschiedenen Welten musikalisch vermittelt? Welche Instrumente repräsentieren das Elfenreich? Welche passen zu den Handwerkern? Welche Stimmlagen könnte der Komponist für die verschiedenen Rollen ausgewählt haben? Zur Nachbereitung Anregung zur Diskussion: Erzählt die Geschichte des Jungen, der zu Beginn des Stückes im Haus zurückbleibt. Warum ist er in das Haus eingestiegen? Was passiert mit ihm? Shakespeares Ein Sommernachtstraum spielt größtenteils in einem Wald bei Athen. In der Klagenfurter Inszenierung ist es ein verlassenes herrschaftliches Haus. Welche Stimmung überträgt sich auf die Zuschauer? Woran erinnert dieser Ort? Versucht zu beschreiben, wie sich die Bühne während des Spiels verändert. Beschreibt die Elfen. Wie sehen sie aus? Sind es lebendige, fröhliche Elfen oder vermitteln sie andere Eigenschaften? Wie bewegen sie sich? Woran erinnert euch diese Art der Bewegung? Ist die Elfenwelt freundlich? Birgt sie Gefahr in sich? Welche Rolle spielt Puck? Wie würdet ihr ihn beschreiben? Welches Instrument hat Puck bei seinen Auftritten begleitet? 14 Welche Instrumente repräsentieren die verschiedenen Welten? Stimmen sie mit denen, die in der Vorbereitung gefunden wurden, überein? Welche Szenen haben den stärksten Eindruck auf euch hinterlassen? Warum? Wenn ihr ein Adjektiv finden solltet, um den Abend zu beschreiben, welches würdet ihr wählen? 15 In der Klagenfurter Inszenierung spielt A Midsummer Night’s Dream in einem verlassenen Haus. Um eine mögliche Erklärung für diesen speziellen Ort zu finden, der folgende Text: GEISTERHÄUSER Ich weiß nicht, wie es kam – aber ich wurde gleich beim ersten Anblick dieser Mauern von einem unerträglich trüben Gefühl befallen. Ich sage unerträglich, denn dieses Gefühl wurde durch keine der poetischen und darum erleichternden Empfindungen gelindert, mit denen die Seele gewöhnlich selbst die finstersten Bilder des Trostlosen oder Schaurigen aufnimmt. (…) Es war ein frostiges Erstarren, ein Erliegen aller Lebenskraft – kurz, eine hilflose Traurigkeit der Gedanken, die kein noch so gewaltsames Anstacheln der Einbildungskraft aufreizen konnte zu Erhabenheit, zu Größe. Edgar Allan Poe: Der Untergang des Hauses Usher Das von Geistern heimgesuchte Haus ist ein allgegenwärtiges Leitmotiv der phantastischen Literatur seit dem frühen 19. Jahrhundert. Seine Schilderung in Märchen, Gruselgeschichten und Schauerromanen führte zur Entstehung eines eigenen Genres, das sich mit dem „Unheimlichen“ beschäftigt. Das Haus stellte einen besonders beliebten Ort für unheimliche Beunruhigungen dar: Die scheinbare Häuslichkeit, die Rückstände von Familiengeschichten und -nostalgie, die Rolle als der letzte und intimste Schutzraum privater Behaglichkeit, all das ließ den Kontrast durch die grauenhafte Heimsuchung fremder Geister noch stärker erscheinen. Bei Poes beispielhaftem Geisterhaus sind alle verräterischen Anzeichen zu finden. Der Schauplatz ist trostlos; die Wände sind leer und dadurch charakterlos, die Fenster „gleichen Augen“ sind aber ohne Leben – „nichtssagend“. Außerdem ist das Haus ein Ort, an dem Jahrhunderte voller Erinnerungen und Traditionen bewahrt werden, die in den Wänden und Objekten zum Ausdruck kommen: Die Wände sind gezeichnet von abbröckelnden Steinen und von der Verfärbung der Zeit; die Einrichtung ist dunkel, die Zimmer düster. (…) Verlassene Häuser, ob real oder fiktiv, übten eine ähnliche Wirkung beim Betrachter aus. Jene auf den Inseln Jersey und Guernsey, wie sie Victor Hugo beschreibt, haben ähnliche Merkmale wie das Haus Usher; sie wurden von Geistern heimgesucht, allerdings nicht von einem fiktiven Familiengeist, sondern Kraft des Aberglaubens der Inselbewohner. Auf Jersey oder Guernsey passiert es manchmal auf dem Land, oder sogar in der Stadt, wenn man durch eine verlassene Gegend oder eine Straße voller Passanten geht, dass man ein Haus mit einem versperrten Eingang sieht; man weiß nicht, wie viele Schichten angenagelter Bretter die Fenster des Erdgeschosses verdecken; die Fenster der oberen Stockwerke sind geschlossen und offen zugleich, alle Fensterläden sind zu, aber die Fensterscheiben sind zerbrochen. Unter diesen „toten Häusern“ fand sich eines, von dem Victor Hugo besonders fasziniert war. Es war ein kleines, zweigeschossiges Steinhaus, das eigentlich zunächst ganz gewöhnlich 16 wirkte. Dennoch hatte es den Ruf, dass es von Geistern bewohnt sei und trotz seiner Schlichtheit „war sein Anblick merkwürdig“. Der Kontrast zwischen den zugemauerten Fenstern im Erdgeschoss und den Fenstern im oberen Stockwerk, die „sich zu den Schatten des Inneren hin öffneten“ gab dem Bau eine fast menschenähnliche Gestalt: „Man könnte sagen, dass die Löcher wie zwei ausgehöhlte Augen aussahen.“ Eine rätselhafte Inschrift über der Tür ließ ein Geheimnis vermuten und erzählte eine Geschichte über die Zeit vor der Revolution: „ELM-PBILG 1780.“ Nicht zuletzt die Stille und die Leere trugen zu der Aura eines Grabes bei; „man meinte, dass man ein Grab vor sich hatte und die Fenster erlaubten es den Geistern hinauszusehen.“ Wer waren die früheren Bewohner? Wieso ist das Haus verlassen worden? Wieso gibt es derzeit keine Bewohner? Wieso kümmert sich niemand um das Anwesen? All diese Fragen, die nicht beantwortet werden konnten, trugen zur Atmosphäre bei: Dieses Haus ist tagsüber unheimlich; was ist es dann zu Mitternacht? Wenn man es ansieht, dann betrachtet man ein Rätsel… ein Mysterium. Heiliges Grauen findet sich in diesen Steinen. Der Schatten, der diese zugemauerten Räume bewohnt, ist mehr als ein Schatten; es ist das Unbekannte. Durch das Grauen vereinnahmt, ist das Haus paradoxerweise ein sicherer Ort für jene, denen das Geisterhafte nichts anhaben kann; es wird zum sicheren Zuhause der Schmuggler und Abtrünnigen, von Verbannten und Flüchtlingen. Nur die am Rande der Gesellschaft stehen fühlen sich in solch einer beunruhigenden Bleibe daheim. Anthony Vidler 17 Literatur und Weblinks Anthony Vidler: „The Architecture of the Uncanny: The Unhomely Houses of the Romantic Sublime“ In: Assemblage 3, MIT Press, Juli 1987. Philip Reed: „A Midsummer Night’s Dream: The Music.“ In: Gary Kahn (Hg): Benjamin Britten A Midsummer Night’s Dream. Overture Opera Guides, London 2011. https://www.komische-oper-berlin.de/oper-entdecken/opernfibel/ 18