THEMA Nr. 6141 zu 6/61/4 von: Thomas Heltschl ([email protected])1 KONTEXT in der Themenauswahl („Themenpool“) des Schigymnasium Stams: THEMA NR. 6 | Raumbegriff und Strukturierung Europas und der europäische Integrationsprozess THEMENBEREICH: Lernplanbezug: 6. Klasse: Vielfalt und Einheit – Das neue Europa 1. Raumbegriff und Strukturierung Europas und der europäische Integrationsprozess Lernzielbezug: unterschiedliche Gliederungskonzepte Europas nach naturräumlichen, kulturellen, politischen und ökonomischen Merkmalen begreifen; Erfassen des Europa-Begriffes die wichtigsten räumlichen und ökonomischen Auswirkungen des Integrationsprozesses der Europäischen Union kennen THEMA: Die wirtschaftliche Gliederung Europas SITUATIONS- UND PROBLEMBESCHREIBUNG: Eine der wichtigsten Aufgaben europäischer Politiker ist das Erreichen hoher Kohärenz. In den Artikeln 158-162 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ist das Ziel verankert, eine harmonische Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes zu fördern und eine Politik zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts zu entwickeln, indem Entwicklungsunterschiede zwischen den Regionen verringert werden. Nicht nur in der letzten Zeit kamen Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer gemeinschaftlichen Währung bei mangelnder Integration der wirtschaftlichen Voraussetzungen, unterschiedlicher Entwicklungshöhe und unterschiedlicher Leistungsfähigkeit und Rechtslage bzw. –sicherheit auf. Der Default Griechenlands im Frühjahr 2012 macht deutlich, dass man den Disparitäten Europas zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet hat. Wie unterschiedlich sind denn die Staaten Europas? AUFGABENSTELLUNG: 1. 2. 3. 4. 1 Geben Sie einen allgemeinen Überblick über wirtschaftliche Merkmalsausprägungen unter Verwendung der beigefügten Abbildungen. Beschreiben Sie die Klassifikation der Städte in Europa und isolieren Sie die wesentlichen Agglomerationen oder Aktivräume und versuchen Sie dann, den europäischen Wirtschaftsraum nach seiner Ausrichtung und Leistungsfähigkeit zu differenzieren. Beurteilen Sie in der Folge, ob Konzepte wie „Die blaue Banane“ nicht die Gefahr in sich tragen, von dieser bildlichen Vereinfachung ausgehend Entwicklung und Investitionen nur in den chancenreichsten Gebieten zu wagen, und diskutieren Sie, ob es so etwas wie „Self-fulfilling Prophecies“ gibt. Beurteilen Sie, ob eine gemeinsame Währung im Euroraum verantwortbar ist. Quellen dazu: GWK-Unterricht und http://www.heltschl.org/5/61/ MATERIALIEN: Wandkarte: Europa physisch Atlas Beilagen: Abbildungen aus Wikipedia: Abb.1 Abb.2, Klett (siehe unten) Abb. 3 Der blaue Stern, die blaue Banane, die goldene und gelbe, Madrid, die Ille de France und Marseille KOMMENTAR (nur für Lehrkräfte): 1. 2. 3. 4. Geben Sie einen allgemeinen Überblick über wirtschaftliche Merkmalsausprägungen unter Verwendung der beigefügten Abbildungen. Beschreiben Sie die Klassifikation der Städte in Europa und isolieren Sie die wesentlichen Agglomerationen oder Aktivräume und versuchen Sie dann, den europäischen Wirtschaftsraum nach seiner Ausrichtung und Leistungsfähigkeit zu differenzieren. Beurteilen Sie in der Folge, ob Konzepte wie „Die blaue Banane“ nicht die Gefahr in sich tragen, von dieser bildlichen Vereinfachung ausgehend Entwicklung und Investitionen nur in den chancenreichsten Gebieten zu wagen, und diskutieren Sie, ob es so etwas wie „Self-fulfilling Prophecies“ gibt. Beurteilen Sie, ob eine gemeinsame Währung im Euroraum verantwortbar ist. Erwartungshorizont: Teilaufgabe l: (Anforderungsbereich I) Teilaufgabe 2: (Anforderungsbereich I) Teilaufgabe 3: (Anforderungsbereich III) Teilaufgabe 4: (Anforderungsbereich III) UNTERLAGEN Die „Blauen Banane“ wurde von dem Franzosen Roger Brunet, als geographische Metapher für den europäischen Raum mit dem größten Wirtschaftpotential erstellt, der als gekrümmtes Agglomerationsband (Verdichtungsraum) von London über die holländische Randstad sowie das Rhein-Ruhr- und Rhein-Main-Gebiet bis nach Mailand reicht. Bei Brunets Studien zu einer Klassifizierung europäischer Städte, die mehr als 200 000 Einwohner hatten um Boom- und Bustkonzepte anzuwenden, erstellte er thematische Karten, von denen die “Tissus de Villes” bekannt wurde. Dabei basierte ein erster Ansatz zur Gruppierung der größeren Städte Europas auf drei Kriterien: auf der internationalen Aufgabe einer Stadt, der Stellung einer Stadt beim Vergleich neuer Technologien und auf der Einordnung nach demographischen Gesichtspunkten. Die Präsentation der Ergebnisse war zwar schon sehr aufschlussreich, veranlasste aber den Auftraggeber DATAR zu der Bitte, die statistische Datenbasis zu erweitern und den Versuch zu unternehmen, auf einer solchen breiteren Grundlage räumliche Strukturen zu ermitteln. Bei dieser Präsentation der Karte im Jahre 1989 verwendete Brunet lediglich eine blaue Farbe zur Verdeutlichung des Verdichtungsraumes in Europa. So hätte sie auch grüne oder rosa Banane heißen können. Aussagen der “Blauen Banane” Das Modell wird nun bei Aussagen über den Entwicklungsstand und Entwicklungsmöglichkeiten der EU-Wirtschaftzentren und Kernregionen verwendet. Die Lage in der Bauen Banane ist ein von vielen Unternehmen genutzter Standortvorteil, mit dem auch international geworben wird. Zudem hat dieser Wirtschaftskorridor die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Entstehung der sogenannten Euregios (siehe Kleine und Große Europas) begünstigt, wobei auch andere Faktoren darauf Einfluss genommen haben. ∑ Mit der Blauen Banane bezeichnet man einen Großraum im zentralen Europa, der eine enorme wirtschaftliche Bedeutung besitzt, die die Bedeutung US-amerikanischer (Boswash, Chipitts, Sansan) oder asiatischer Großräume (Chinesische Küstenprovinzen kombiniert, Japanische Pazifikküste) noch übertrifft. Dennoch ist die Blaue Banane nicht durch eine zentrale Institution geschaffen oder wird durch eine solche gefördert, sie entwickelt sich vielmehr nach den Gesetzen der Marktwirtschaft und der Raumgestaltung. Der Ausdruck Boswash (BosWash; Abk. f. "from Boston to Washington") bezeichnet eine Megalopolis in den Vereinigten Staaten. Die Bezeichnung Bosnywash (Boston, New York und Washington) ist ebenfalls zu finden. Chipitts (englisch auch Great Lakes Megalopolis) ist als Kofferwort aus den Namen der Städte Chicago und Pittsburgh, die in etwa die westliche und östliche Begrenzung der Megalopolis bilden, zusammengesetzt. Die Megalopolis Sansan ist eine Bezeichnung für ein wissenschaftliches Konstrukt einer Kette von Metropolregionen im westlichen Kalifornien entlang der Küste von San Francisco bis San Diego. Schwächen der “Blauen Banane” Brunet ließ bei seiner Dartstellung bewusst die dynamischen Wirtschaftszentren Ile de France (Paris) und Lyon/Marseille heraus, um Frankreich auf seine Defizite bezüglich seiner Raumordnung- und Regionalpolitik aufmerksam zu machen und diese zu warnen, den Anschluss an die europäische Integration nicht zu verlieren. Außerdem die Übernahme als Raumentwicklungsmodell. So ist eine Konzentration auf die Region der Blauen Banane zu erkennen, wodurch strukturschwache und der Blauen Banane fernen Gebiete, im internationalen Wettbewerb weiter zurückfallen. Dies ist am Beispiel von Hochgeschwindigkeitsstrecken und Kommunikationsnetzen zu erkennen, welche lediglich innerhalb der Blauen Banane ausgebaut werden. Dies führt zu einer Verstärkung der räumlichen Disparitäten (z.B.: Entleerung der peripheren Gebiet in Frankreich und Süditalien (Mezzogiorno)) in Europa, eine nahezu sichtbare Ausrichtung der Wirtschaftsentwicklung in der Mitte Europas von Nord nach Süd ist die Folge. Weitere “Bananen”: Die „Goldene Banane“, „europäische sunbelt“ oder die „Mittelmeer-Banane“: Diese erstreckt sich an der Mittelmeerküste entlang der Schwerpunktregionen Katalonien, Provence / Cote d’Azur bis nach Genua in Italien. Dessen Standortvorteil ergibt sich aus der Lage in Europa (günstiges Klima). Dort siedeln sich derzeit vor allem Hightech Industrie, Luftfahrtindustrie und Elektronische Industrie an. Die „gelbe Banane“: Dieser Verdichtungsraum schließt nun auch Paris mit ein. Sie wird, nach Wienen 1994, als ein zu erwartendes, wachstumsstarkes und hochverstädtertes Gebiet definiert. Sie erstreckt sich von Paris über einen Bogen über Brüssel und Amsterdam nach Hanover, Hamburg und Berlin. Den Beneluxstaaten wird in diesem Modell, kombiniert mit der Blauen Banane, eine Sonderstellung als „Gebiet hoher Logengunst“ eingeräumt. Der „Blaue Stern“: Dieses Modell bezieht alle „Bananen“ und dazu noch die Osterweiterung der EU mit ein. Er deckt nahezu alle großen Wirtschaftsräume Europas ab und zeigt somit wieder einmal das Problem dieser bildhaften Modelle auf: Alle Städte, die nicht in einem solchen Korridor liegen bzw. angeschlossen sind, haben im Wettbewerb schlechtere Chancen. http://ec.europa.eu/regional_policy/how/index_de.cfm#3Geografische Eingrenzung Mit der Blauen Banane bezeichnet man einen Großraum im zentralen Europa, der eine enorme wirtschaftliche Bedeutung besitzt, die die Bedeutung US-amerikanischer (Boswash, Chipitts, Sansan) oder asiatischer Großräume (Chinesische Küstenprovinzen kombiniert, Japanische Pazifikküste) noch übertrifft. Dennoch ist die Blaue Banane nicht durch eine zentrale Institution geschaffen oder wird durch eine solche gefördert, sie entwickelt sich vielmehr nach den Gesetzen der Marktwirtschaft und der Raumgestaltung. Die Blaue Banane hat ihr nördliches Ende bei den alten Stahl- und Kohleindustriezentren um Manchester und Birmingham, verläuft dann südwärts durch Großbritannien über den Großraum London. Auf dem europäischen Festland schließlich krümmt sie sich, dabei schließt sie Flandern, den nördlichen Raum Belgiens, den südlichen Teil der Niederlande, die Randstad, und das deutsche Ruhrgebiet sowie Düsseldorf und Köln/Bonn ein. Von der Metropolregion Rhein-Ruhr aus verläuft sie weiter entlang des Rheins und schließt dabei Frankfurt am Main und das Rhein-Main-Gebiet ein. Über die Metropolregion Rhein-Neckar führt sie weiter zur Metropolregion Stuttgart, dann über die Ballungsräume der Schweiz und endet schließlich im Norden Italiens bei den oberitalienischen Städten Turin, Mailand, Genua, Verona und Bologna. Die zentrale Entwicklungsachse der Blauen Banane bildet der Rhein aufgrund seiner historischen Funktion als wichtiger Verkehrs- und Handelsweg Europas. Das Modell der Blauen Banane kann zum Modell der Goldenen Banane erweitert werden, indem der ebenfalls verdichtete Großraum entlang der Mittelmeerküste (unter anderem mit den Städten Nizza, Marseille, Montpellier und Barcelona) bis Valencia in Spanien in die Betrachtung einbezogen wird. Das Modell der Blauen Banane besitzt eine Nordsüdausdehnung von etwa 1.300 km (Westostausdehnung: zirka 900 km) und geht dabei durch acht Länder, die alle – bis auf die Schweiz – zur EU gehören und dort den Kern derselben darstellen. Entstehung des Konzepts und des Begriffs Der Franzose Roger Brunet, der Europa in Aktiv- und Passivräume untergliedern wollte, entwickelte 1989 mit seiner Gruppe RECLUS den Begriff „Blaue Banane“ (eigentlich Boom Banana, durch eine Fehlübertragung von „boom“ zu „blue“ verändert). Damit meinte er einen europäischen Industrieund Dienstleistungsgroßraum, der sich vom nördlichen England entlang des Rheins bis nach Oberitalien erstreckt. Brunet sah jedoch seine These als keine wirklich neue Entdeckung an, da sie mit „ein wenig Verstand und räumlichem Einfühlungsvermögen“ vorherzusehen gewesen sei. Er sah die Blaue Banane als Entwicklung historischer Gegebenheiten, wie z. B. bedeutende Handelswege, oder als Folge der Akkumulation industriellen Kapitals. Frankreich jedoch habe hauptsächlich durch die Verfolgung von Minderheiten, er nennt die Protestanten, und durch die Zentralisierung auf Paris den Anschluss an diesen Großraum verloren. Brunet ließ somit gewollt den französischen Raum weg, der sich insbesondere auf den Großraum Paris konzentriert beziehungsweise beschränkt, um der französischen Regierung die Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Integration in diesen gesamteuropäischen Raum zu zeigen. Die Banane wurde als blau bezeichnet, da es sich um das europäische Kerngebiet handelt und die Flagge Europas überwiegend blau (mit gelben Sternen) ist, es wurde somit die Fahnenfarbe übernommen. Andere Quellen hingegen nennen die Arbeitskleidung – im Englischen existiert nach wie vor der Begriff des blue-collar-worker, der vor allem für Fabrikarbeiter steht – der größtenteils industriellen Arbeitskräfte als Begründung für den Zusatz. Gründe für die Form der Blauen Banane sind zum einen die Teilung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg, was zu einem Ausbau der NordSüd-Achse führte, dies kann man z. B. an dem gut ausgebauten und infrastrukturell genutzten Rheintal sehen, während die Ost-West-Verbindungen fast ganz verkümmerten. Andererseits bestanden schon weit vorher große Zentren, wie z. B. Randstad, das Ruhrgebiet oder der Großraum um Manchester, die zu der Zeit der Industrialisierung an Bedeutung gewannen, so dass es entlang der Verbindungen zwischen den einzelnen Zentren zu weiterer Ansiedlung durch Industrie und Bevölkerung kam. Infoblatt Wirtschaftsräume in Europa - Die Blaue Banane2 Hintergrund, Zweck und Folgen dieses Wirtschaftskorridors Wirtschaftsräume in Europa (Klett) Hintergrund Für die Verdeutlichung der verdichteten Räume in Europa wurde eine einprägsame Darstellungsform gewählt: die "Blaue Banane". Das Grundmodell der Blauen Banane erstreckt sich von London über Randstad Holland, Brüssel, Rhein-Ruhr, Rhein-Main, Rhein-Neckar, Oberrhein, Basel / Zürich bis nach Oberitalien (Mailand, Turin, Genua). Entwickelt wurde dieses Modell 1989 vom Franzosen Roger Brunet, der bewusst die dynamischen Wirtschaftszentren Ile de France (Paris) und Lyon/Marseille aussparte. Sein Anliegen war nämlich eine Warnung an die französische Regierung, den Anschluss an die europäische Integration nicht zu verpassen. Entstanden ist das Modell aus einer Untersuchung über das europäische Städtesystem. Innerhalb dieses Gürtels befinden sich die wichtigsten Produktionsstätten Europas. Damit werden die altindustriellen Räume von Mittelengland und Ruhrgebiet genauso eingeschlossen, wie das prosperierende Industriedreieck in Oberitalien. Die wirtschaftliche Stärke der Blauen Banane liegt jedoch nicht nur im produzierenden Sektor, sondern auch im tertiären Bereich. Ein Großteil der institutionellen Zentren der EU sowie fünf Hauptstädte, die als Verwaltungszentren fungieren, Siehe: http://www.bing.com/images/search?q=blaue+Banane+Agglomerationen&view=detail&i d=FA989DAEBA486F765EA3A8138FF5F1B54060C61F&first=0&FORM=IDFRIR [02.07.2011] 2 befinden sich im Bereich der Euro-Banane. Neben der wirtschaftlichen Stärke gilt auch die hohe Bevölkerungskonzentration als weiteres Abgrenzungskriterium. So leben ca. 40 % der EUBevölkerung innerhalb des Gürtels. Im Kontext Ruhrgebiet Regionalpolitik Europa Zweck und Folgen Ursprünglich sollte das Modell auf die Defizite in der französischen Raumordnungs- und Regionalpolitik hinweisen. Relativ schnell wurde die Blaue Banane jedoch von wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Publikationen aufgegriffen, um die räumlichen Folgen der europäischen Integration zu verdeutlichen. Nahezu inflatorisch wird das Modell nun bei Aussagen über den Entwicklungsstand und Entwicklungsmöglichkeiten der EU-Wirtschaftszentren und Kernregionen verwendet. Häufig werben beispielsweise Städte mit ihrer Lage innerhalb der Blauen Banane als Standortvorteil für Unternehmensansiedlungen. Ebenso hat dieser Wirtschaftskorridor die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Entstehung der sog. Euregios begünstigt. Die Voraussetzung dafür wurde allerdings von anderen Ebenen ermöglicht, z. B. durch die Schaffung eines europäischen Binnenmarktes. Dadurch wurde die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsräumen möglich, die sich vorher durch die Nähe zur Landesgrenze in einer räumlichen Randlage befanden. Bemängelt wird am Modell der Blauen Banane die kritiklose Übernahme als Raumentwicklungsmodell, das längst eine gewisse Eigendynamik entwickelt hat. Die Konzentration auf die wirtschaftlich stärksten Zentren führt zu einer weiteren Polarisierung innerhalb des europäischen Städtesystems. Die strukturschwachen und der Blauen Banane fernen Regionen, so die Kritiker, fallen dann im zunehmenden Wettbewerb der Schwerpunktregionen weiter zurück. Beispielsweise werden die Kommunikationsnetze und Hochgeschwindigkeitsstrecken eben dort zuerst ausgebaut, wo die entsprechende Nachfrage herrscht. Die künftige Alpentransversale, eine neue Hochgeschwindigkeitsverbindung der Bahn, wird die europäische Nord-Süd-Ausrichtung der wirtschaftlichen Entwicklung verstärken. Nicht zuletzt ergeben sich auch Nachteile aus der konzentrierten Verdichtung. Unmittelbare Folgen sind steigende Bodenpreise, erhöhte Umweltbelastungen, enorme Verkehrsprobleme und eine weitere Zersiedlung des Umlandes der Kernstädte. Dagegen verstärken sich die Entleerungstendenzen in peripheren Regionen wie z. B. Zentralfrankreich und den Neuen Bundesländern. Weitere Modelle Das Modell der Blauen Banane wurde später noch durch andere Achsen ergänzt. Eine weitere "Banane" wurde um den nordwestlichen Mittelmeerraum konstruiert. Diese sog. "Goldene Banane" erstreckt sich an der Mittelmeerküste entlang der Schwerpunktregionen Katalonien, Provence / Cote d´Azur bis nach Genua in Italien. In diesem Raum wird – analog zum amerikanischen sunbelt – die Bildung eines europäischen sunbelts erwartet. Als Standortvorteil wird das günstige Klima propagiert. In einem hohen Maße sind gegenwärtig bereits zahlreiche Unternehmen der Hightech Industrie, der Luftfahrtindustrie und der Elektronischen Industrie in der "Mittelmeer-Banane" konzentriert. Manchmal wird dieses Gebiet auch als Silikongürtel Europas bezeichnet. Als weitere Metapher für die Darstellung des europäischen Städtesystems und der wirtschaftlichen Schwerpunkträume wird der "Blaue Stern" verwendet. Dieses Modell beinhaltet zwar auch die Wirtschaftszentren der Blauen und Goldenen Banane, ist aber um einige Entwicklungsachsen nach Osten ergänzt. Vor allem hinsichtlich der EU-Osterweiterung verlaufen die Entwicklungsachsen und ausgewiesenen Verdichtungsräume beispielsweise über Hamburg-Kopenhagen, Berlin-Warschau und MünchenWien. Ein Korridor verläuft von Paris bis nach Madrid. Diese bildhaften Modelle haben eine gemeinsame Aussage: Alle Städte, die nicht in einem solchen Korridor liegen bzw. angeschlossen sind, haben im Wettbewerb der Wirtschaftsräume schlechtere Chancen. Literatur DREY, F. (1992): Europäische Raumordnungspolitik. Kompetenzen, Konzepte, Konferenzen.- Geographische Rundschau 44 (12), S. 682-685. IAURIF (Institut d' ile de France) (1991): La charte de l'ile de France.- Paris. OTT, Th. (1993): GIS in der Anthropogeographie. Regionale Disparitäten und Städtesystem in Europa.- Materialien zur Geographie 22, Mannheim. SINZ, M. (1992): Europäische Integration und Raumentwicklung in Deutschland.- Geographische Rundschau 44 (12), S. 686-690. Quelle: Geographie Infothek Autor: Mirko Ellrich Verlag: Klett Ort: Leipzig Quellendatum: 2004 Seite: www.klett.de Bearbeitungsdatum: 22.12.2005 politische und wirtschaftliche Gliederung horizontale und vertikale Zergliederung mannigfaltigster Kontinent dichtbesiedelten, deutlich durch den Menschen geprägten Landschaften, auf relativen kleinen Raum 43 Staaten trotz kulturhistorischer Parallelen gravierende Unterschiede in der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Struktur, aufgrund ihrer geografischen Lage, ihrer Größe, den natürlichen Gegebenheiten und der historischen und kulturellen Entwicklung Disparitäten äußern sich in wirtschaftlich starken, dynamischen und strukturschwachen Räumen, Ausgleich des Gefälles für weitere Entwicklung Europas von entscheidender Bedeutung Zergliederung Europas in kleine administrative Einheiten aufgrund unterschiedlicher Gesetze und vorhandener Gegebenheiten ein Hindernis zur Verbesserung der Raumstruktur zur Überwindung von Differenzen und Betonung gemeinsamer Interessen Bildung von politischen und wirtschaftlichen Zusammenschlüsse Abriss der politischen und wirtschaftlichen Zusammenschlüsse europäischer bzw. weltweiter Staaten, nach dem 2. WK: 1945 Bildung zweier politisch- ideologischen Machtbereiche 1947 Marshallplan 1948 OEEC - 17 Staaten, später OECD unter der Führung der USA, Kanada und Japan 1948 Brüssler Pakt (F, GB, Be-Ne-Lux- Länder,1954 Beitritt BRD.), später Westeuropäische Union 1949 Europa Rat, Ziel: Vereinigung Europas, Mitglieder F, GB, Be-Ne-Lux, Ir, Norwegen, Dänemark, 1950 D 1949 Nato, Beitritt BRD: 1950 1950 Montan-Union zur Regelung der Kohl- und Stahlindustrie 1957 Römische Verträge --->Europ. Wirtschaftsgemeinde EGW 1967Gemeinsame Organe der EG, Gerichtsrat, Ministerrat, Europ. Parlament, Rechnungshof, Sozialausschuss 1960 EFTA- kleine Freihandelszone mit CH, D, N, Au, P, Es, S, F, Is 1958 europ. Investitionsbank 1968 Zollunion 1975 europ. Weltraumorganisation 1984 Vertragsentwurf zur Gründung der EU, Ziel Vereinigte Staaten Europas 1990-1993 Zusammenbruch des sozialistischen Machtblocks 1990 Wiedervereinigung Deutschlands 2002 Einführung einer einheitlichen Währung für die meisten Mitglieder der EU, den Euro Innerhalb der EU- Staaten wird versucht grenzübergreifende Raumstrukturen aufzubauen, wie beispielsweise die Sar-Lor-Lux- Region, die Region Oberrhein und das dtsch.niederländische Grenzgebiet. In den Grenzengebieten der EU wie in Polen, Tschechien werden zahlreiche Maßnahmen im Bildungs-, Wirtschafts- und Tourismusbereich finanziell gefördert. Nicht- EU-Staaten stehen den mittel- und westeuropäischen Ländern mittellos gegenüber, hier fallen mangelhafte Infra- und eine marode Wirtschaftsstruktur als hemmende Standortfaktoren ins Gewicht. Dies, und die teilweise schwierigen bürokratischen Umstände erklären die zögerlichen Investitionen. Auch innerhalb der EU gibt es ein starkes wirtschaftliches Gefälle. In einigen Ländern Nordund Westeuropas, vor allem aber der Süden zählt zu den strukturschwachen und unzureichend entwickelten Gebieten. Innerhalb der EU wurden 117 Regionen gebildet, einige seien hier beispielhaft erwähnt. Rhein- Main -Gebiet als europäisches Dienstleistung- und Finanzzentrum Ruhrgebiet eine Region strukturellen Wandels und dem Aufbau moderner Technologiefelder Halle- Leipzig- Dessau Chemie- und Energieindustrie, hinzu kommt Leipzig als Handels-, Dienstleistungs- und Verwaltungszentrum Norditalien Mailand: als Finanz- und Wirtschaftsschwerpunkt mit Industrie, Handel, Mode, Verkehr und Tourismus Turin: Industrie (LANCIA, FIAT) Kunst, Handel und Verkehr Genua: Hafen, Handel Industrie (Schiffsbau) Paris und die Region Ile de France. Probleme des Zentralismus, Ballung bis zur Erstickung, daher Dezentralisierung und Auslagerung von Verwaltungs- und Dienstleistungseinheiten, Bau neuer Wohn- und Büroanlagen Oberschlesisches Industriegebiet: hohe Industrieverdichtung, nahtlos gehen Industrie-, Siedlungs- und Verkehrsanlagen in einander über; einstige Bergbau- und Schwerindustrie, sehr einseitige Wirtschaftsausrichtung, daher sehr gefährdet durch Marktumorientierung, große ökologische Probleme, daher Strukturveränderungen (Flächenumwidmung, Städtesanierung, Verbesserung von Umwelt- und Lebensqualität) eingeleitet Nord- Westböhmen :Nordböhmen- Bergbau, Grundstoff- und Leichtindustrie, hochspezialisierter Standort mit begrenzt positiven Entwicklungschancen Westböhmen (Pilsen und Kalovy Vary) ausgewogene Wirtschaftsstruktur mit Schwermaschinenbau, Bierproduktion, Bäderwesen, Tourismus, Landwirtschaft; Zusammenarbeit mit Bayern auf den gebieten des Tourismus, der Landwirtschaft, der Infrastruktur und der Ökologie. Landwirtschaftliche Räume dienen der Erzeugung land- und forstwirtschaftlicher Produkte, Freizeit und Erholung, Rohstoffgewinnung und dem ökologischen Ausgleich. Deutlich von der Landwirtschaft geprägte Regionen finden wir innerhalb der EU vorwiegend im südeuropäischen Raum. Hier liegen aufgrund günstiger klimatischer Verhältnisse, die Gunsträume der Agrarwirtschaf. An der Spitze der Exporteure landwirtschaftlicher Erzeugnisse steht Frankreich, dem ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche innerhalb der EU zufällt. Länder mit deutlich landwirtschaftlicher Struktur sind Spanien, Italien und Griechenland. Verdichtungsräume Historische Ursachen für die Entstehung von Verdichtungsräumen in Europa Wurzeln der abendländischen Kultur im hellenistischen Griechenland, mildes Klima und guter Boden boten günstige Voraussetzungen für Ansiedlungen und positive Wachstumsraten, Entstehung der Polis, erste Verwaltungs-, Regierungs-, und Schutzeinheiten; Gliederung der Gesellschaft Römische Republik, Römisches Reich, komplexes Gesellschaftssystem mit ausgeprägten Rechts- und Verwaltungssystem; Städte wie Rom, Byzanz und Marseille Bevölkerungswanderung germanischer Stämme, Bevölkerungswachstum Etablierung von Königreichen in Mitteleuropa, aus den sich später Staaten entwickeln, die größere Wirtschafts- und Regierungseinheiten bilden, mit ausgedehnten Handelsbeziehung Dreifelderwirtschaft und Fruchtwechsel bedingen Ertragssteigerung in den kühlgemäßigten Breiten Europas, wirtschaftliche Beschäftigung greift über primären Sektor hinaus Kreuzzüge, Raubbeute, aber auch Handelsbeziehungen, wissenschaftliche Erkenntnisse und handwerkliche Erfahrungen führen zu wirtschaftlichen Aufschwung (Venedig, Genua) eine Klimaerwärmung zwischen 11. und 12. Jhd. (erhöhte Ernteerträge) ist ausschlaggebend für Bevölkerungswachstum Entstehung vieler Städte, Agrarreform, Zunftwesen, Wehrhaftigkeit bietet Schutz und positive Entwicklungschancen (Trier, Köln, London, Paris) Absolutismus und Merkantilismus führen zur Etablierung von Regierungssitzen mit ausgeprägter Verwaltungsstruktur, wie Paris, Berlin, London, Petersburg Entdeckung der "Neuen Welt", Ausbeute füllt Spaniens, Portugals und England Kassen, Schiffsbau und Handel boomt, Handelsbeziehungen werden verstärkt, Städte wie Amsterdam und Rotterdam nehmen an Bedeutung zu Renaissance- Emanzipation des Mittelstandes, dessen wirtschaftliche Macht nimmt stetig zu, Wirtschaftswachstum in den Städten zwischen dem 16. und 18. Jhd. zahlreiche Manufakturen, um die sich Städte bilden 1789 französische Revolution, Liberalismus, Kapitalismus; Staat mit Schutzfunktion, einheitliche Rechtsordnung, Gewerbefreiheit, freier Wettbewerb, Handels-, Erwerbsund Vertragsfreiheit, Kapitalinvestitionen in Produktion - Begünstigung marktwirtschaftlicher Entwicklung industrielle Revolution, arbeitsteilige Massenproduktion, Fabriken entstehen, der Zulauf auf die Städte nimmt zu, Ballungsräume entstehen, (Manchester, Black Country mit Liverpool, Ruhrgebiet, Oberschlesien), England , Frankreich und Deutschland werden zu führenden Wirtschaftsnationen Kolonialisierung, Ausbeutung von Bodenschätzen, Produktion tropischer Nahrungsund Genussmittel führen zur raschen Entfaltung der Industriegesellschaften der europäischen Kolonialmächte Voraussetzung für die Entstehung von Siedlungsräumen: - geeignetes Land für Landwirtschaft (hierzu sind Klima, Vegetation, Reliefausprägung und Bodenarten von Bedeutung) - Handelswege, Flüsse - Rohstoffe für Industrieräume - gute Verkehrsanbindung - Bodenschätze, energet. Ressourcen - strategische Lage moderne Standortvoraussetzungen: - landwirtschaftliche Voraussetzung - Ressourcen - qualifizierte Arbeitskräfte - diversifizierte Wirtschaftstruktur - hohes Einkommensniveau der Nachfrager - Infrastruktur - Absatzmöglichkeiten - hochwertige Industrie- und Dienstleistungsbetriebe, die neue Produkte herstellen Verdichtungsräume Ausbildung von Städten und Ballungsgebieten verknüpft mit indust. Entwicklungsstand, daher Verdichtungsräume in industriell geprägten Regionen aufgrund besserer Arbeitsmarktsituation ein höheres Pro-Kopf-Einkommen, bessere soziale und medizinische Versorgung und ein höherer Bildungstand besonders hohe Bevölkerungsdichte in den Kernregionen der EU (GB, BeNeLux, Westdeutschland, Österreich, Nordfrankreich und Norditalien) und in hochindustrialisierten Gebiete Osteuropas (Südpolen, der Westukraine, sowie die Ballungsregionen um Budapest, Belgrad, Moskau und Donezk) strukturschwache und agrarwirtschaftlich geprägte Räume Süd-, Südwestund Osteuropa mit niedriger Bevölkerungsdichte raumstrukturellen Disparitäten jüngsten Vergangenheit relativ konstant, einzelne überdurchschnittliche Wachstumsraten in Kernzentren der EUPeripheriegebiete (Madrid, Barcelona, Dublin und Lissabon) Auswirkungen der freien Güter- und Faktormobilität des EU- Binnenmarktes umstritten, können zu verstärkten Konzentration oder räumlicher Ausbreitung der Wirtschaft führen günstige Prognosen für die von Südengland über die Rheinschiene bis nach Norditalien reichende europäische Zentralregion, der sogenannten "blauen Banane" ANDERE MÖGLICHKEITEN DER GLIEDERUNG Vgl. Durchblick 6, S 18 Zentren der EU Global bedeutende Zentren? Kontinental bedeutende Zentren Finanzzentren: Innovationszentren: Politisch-kulturelle Zentren: Überregional bedeutende Zentren Finanzzentren: Innovationszentren: Politisch-kulturelle Zentren: 1. Die Karte zeigt, dass es in Europa nur zwei global bedeutende Zentren gibt: London und Paris. Bedeutung: o ökonomische und finanzielle Zentren von weltweiter Bedeutung o mit vielfältigen globalen Verflechtungen [„Global Cities"] o Standorte für die Forschung und high-tech-Industrie o internationale politische und kulturelle Zentren. 2. Kontinental bedeutende Zentren: o die „EU-Hauptstadt" Brüssel o politisch-kulturelle Zentren (Moskau, Berlin, Wien und Rom) o Finanzzentren (Frankfurt am Main und Zürich) o Hightechindustrie und Forschung (München, Hamburg und Mailand bzw. die Regionen Rhein-Ruhr (mit dem Städten Köln, Düsseldorf und Dortmund) und Randstad Holland (der dicht besiedelte und hoch industrialisierte Städtebogen in den Niederlanden von Rotterdam über Den Haag und Amsterdam bis Utrecht)). 3. überregional und überstaatlich bedeutende Zentren mit dynamischer Entwicklung (Barcelona, Lyon, Dublin oder Stuttgart | Prag, Budapest, Warschau oder Istanbul. 4. Verstädterte Regionen und dicht bevölkerte Siedlungsbänder (rosa) 5. Ländlich geprägte Regionen :intensiv genutzte Agrargebiete mit teilweise intensiver Masttierhaltung oder industrialisierter viehloser Landwirtschaft ebenso wie Gebiete mit wenig ertragreicher Landwirtschaft, die zu den klassischen Abwanderungsgebieten in Europa gehören. 6. Wirtschaftsräume mit naturnaher Landwirtschaft, die wirtschaftlich wenig oder nicht genutzt werden (extensiv, im Norden Europas anzutreffen) 7. Bedeutendste Fremdenverkehrsregionen (Küsten und Alpenraum).