Landesbildungsserver Baden-Württemberg, Fachredaktion Gemeinschaftskunde, www.gemeinschaftskunde-bw.de Parteiverbote in Deutschland – die NPD Vorab können die Schülerinnen und Schüler sich über die NPD informieren, zum Beispiel über die Homepage der Partei. Dabei sollte es vor allem um die eigene Darstellung der Partei und das Partei-Programm gehen, das online abrufbar ist. Als Einstieg bietet sich eine Karikatur an, die zum Thema führt. Karikaturen für den Einstieg Karikatur „NPD-Verbot“, Kostas Koufogiorgos (in der Liste bitte erst das Datum 8.12.2015 auswählen) Karikatur aus der „Cicero“, „Sesam öffne dich“ Karikatur, Haitzinger „Kein Problem, wir sägen ihn um“; Material zur Karikatur Karikatur von Tomicek, unter dem Datum 8.12.2015 schauen, „Die Rechte im Griff“ Anschließend sollen die Schülerinnen und Schüler erarbeiten, unter welchen Voraussetzungen eine Partei verboten werden kann und wie der Verbotsantrag durchgeführt wird. Der NPD-Verbotsantrag, über den erneut verhandelt wird, soll dann im Mittelpunkt stehen. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler Forderungen der NPD erarbeiten, sich die Wahlplakate ansehen und abschließend am Beispiel der NPD erörtern, ob ihrer Meinung nach ein Parteiverbot in jedem Fall, auch wenn eine Verfassungswidrigkeit vorläge, sinnvoll ist und wie groß die Tragweite eines Verbotes ist. Dabei ist auch interessant, wo die Grenzen liegen. Karikatur zur Problematisierung Karikatur von der NPD zur AfD – Welche Folgen ein Verbot haben könnte. Wahlplakate der NPD „Guten Heimflug“, Bayerische Landtagswahl 2008 „Ali-Plakat“, Frankfurter NPD, 2011 „Oma / Sinti-Roma“, Bad Hersfeld, 2013 „Das Boot ist voll“, Europawahl 2014 „Wahlprogramm der NPD“, online abrufbar (letzter Aufruf 30.12.2015) Weitere Links und Literatur: Die Urkunde des Bundesverfassungsgerichts der Verhandlungseröffnung Bernhard Güntner: Parteienverbote in der Bundesrepublik Deutschland, München 2013. Grumke, Thomas: Rechtsextremismus in Deutschland, Begriff – IdeologieStruktur, in: Glaser, Stefan/ Pfeiffer, Thomas (Hrsg.): Erlebniswelt Rechtsextremismus, Menschenverachtung mit Unterhaltungswert, Hintergründe – Methoden – Praxis der Prävention, Wochenschau Verlag, 3. Überarbeitete Auflage, Schwalbach/Ts., 2013. Übersicht des Bundestages zum Parteienverbot (PDF) Hinweis: Das angebotene Material dient der Erarbeitung und gibt nicht die Meinung des Landesbildungsservers Baden-Württemberg oder deren Mitarbeiter wieder. 1 Landesbildungsserver Baden-Württemberg, Fachredaktion Gemeinschaftskunde, www.gemeinschaftskunde-bw.de Lösungsansatz Parteienverbot in der BRD Antrag: Nur das BverG kann auf Antrag Partei verbieten Verbotsantrag nur durch Brat, Btag und Breg Bisher nur zwei Mal erfolgreich: 1952 und 1956 Voraussetzungen für Verbot: o 2/3 Mehrheit der BverG-Richter müssen zustimmen (bei 8 Richtern 6) o Partei muss verfassungswidrig sein, will durch Ziele oder Anhänger ihre verfassungsfeindliche Haltung auch aktiv-kämpferisch und aggressiv umsetzen Die Partei muss planvoll das Funktionieren der freiheitlich demokratischen Grundordnung beseitigen wollen. Folgen: o Es kann keine Nachfolgeorganisation gegründet werden, das Parteivermögen wird eingezogen, Mandate gehen verloren PRO o Menschenrechte sind Teil des GG, GG ist Teil der Verfassung → verfassungswidrig? o Art. 43 als Schutz, dass nicht unliebsame, sondern nur wirklich für die Demokratie gefährliche Parteien verboten werden o Parteiprogramm enthält menschenrechtsfeindliche Inhalte (gegen Verfassung), die NPD beklagt eine Überfremdung des Landes und will Ausländer in ihre Heimat zurückschicken Sollte eine Partei Geld vom Staat bekommen, die gegen Ausländer hetzt? CONTRA o Satzung der NPD entspricht den Grundsätzen des Art. 21 → es liegt keine Verfassungsfeindlichkeit vor o Parteiverbote reduzieren die Parteienvielfalt und schränken die Demokratie ein o 2003 scheiterte der Verbotsantrag, weil der Verfassungsschutz bis in die Führungsebene der Partei Informanten hatte. o Was kann man der NPD wirklich nachweisen und vorwerfen? o Im Falle eines Verbots könnte sich die NPD noch an den Europ. Gerichtshof für Menschenrechte wenden. Die Straßburger Richter haben relativ strenge Anforderungen an Parteiverbote. o Ideologien verschwinden nicht durch ein Verbot. Die Anhänger könnten sich neu organisieren und für die Sicherheitsbehörden sogar schwieriger zu beobachten sein. 2 Landesbildungsserver Baden-Württemberg, Fachredaktion Gemeinschaftskunde, www.gemeinschaftskunde-bw.de Verbotsantrag gegen politische Parteien M1 Verbotsantrag 1 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Wird eine politische Partei verboten, sind gleichzeitig deren politische Tätigkeit und ihre deren Unter- und Nachfolgeorganisationen betroffen. Zudem wird das Parteivermögen eingezogen und Mandate gehen verloren. In Deutschland gilt das Parteiverbot als eine Präventivmaßnahme und ist ein Element der streitbaren Demokratie. Verfassungsrechtlich wird die besondere Bedeutung der politischen Parteien in Art. 21 GG festgehalten, sie stellen das tragende Element parlamentarischer Arbeit dar und sind maßgeblich an der politischen Willensbildung des Volkes beteiligt. Ein Parteienverbot wird in Deutschland zwiespältig gesehen, zum einen wegen der historischen Gründe, zum anderen, weil es teilweise als widersprüchlich zur Demokratie angesehen wird. 1 5 10 15 20 „Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.“ (Art. 21, 2 GG) Soll ein Verbotsantrag gestellt werden, gibt das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht (Art. 43) die Richtlinien vor: „(1) Der Antrag auf Entscheidung, ob eine Partei verfassungswidrig ist (Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes), kann von dem Bundestag, dem Bundesrat oder von der Bundesregierung gestellt werden. (2) Eine Landesregierung kann den Antrag nur gegen eine Partei stellen, deren Organisation sich auf das Gebiet ihres Landes beschränkt.“ Bisher gab es in Deutschland erst zwei Parteiverbote. 1952 wurde die SRP, eine Nachfolgeorganisation der NSDAP verboten, 1956 die KPD. 2001 wurde gemeinschaftlich vom Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung ein Verbotsverfahren gegen die NPD eingeleitet. Zwei Jahre später wurde dieses vom Bundesverfassungsgericht eingestellt, weil V-Leute (Verbindungspersonen, die als Informant dienen) des Verfassungsschutzes auch in der Führungsebene der Partei tätig waren. Bei dem Antrag wurde nicht geprüft, ob es sich bei der NPD um eine verfassungswidrige Partei handelt. 2013 stellte der Bundesrat erneut beim Bundesverfassungsgericht einen Verbotsantrag gegen die NPD, allerdings ohne Beteiligung der Bundesregierung und des Bundestags. Der Bundesrat möchte die NPD als verfassungswidrige Partei verbieten lassen. Das Bundesverfassungsgericht beschloss am 7.12.2015, im März 2016 eine mündliche Verhandlung über die Anträge des Bundesrates durchzuführen. Nach Art. 21 GG „sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig und können durch das Bundesverfassungsgericht verboten werden. Dies ist der Fall, wenn eine Partei nicht nur eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt, sondern diese Haltung auch in aktiv-kämpferischer, aggressiver Weise umsetzen will. Es genügt für ein Parteiverbot also nicht, dass oberste Verfassungswerte in der politischen Meinungsäußerung in Zweifel gezogen, nicht anerkannt, abgelehnt oder ihnen andere entgegengesetzt werden. Die Partei muss vielmehr planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen wollen.“1 Arbeiten Sie aus dem Material heraus, aus welchen Gründen Verbotsantrag gestellt werden kann und wie dies von Statten geht. 1 http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Gesellschaft-Verfassung/Staatliche-Ordnung/Parteienrecht/Parteienverbot/parteienverbot_node.html ein 3 Landesbildungsserver Baden-Württemberg, Fachredaktion Gemeinschaftskunde, www.gemeinschaftskunde-bw.de 4 Die NPD 1 5 10 15 Die rechtsextreme Partei NPD wurde 1964 in der Bundesrepublik Deutschland gegründet. Ideologisch steht sie der NSDAP nahe, der führenden Partei des Nationalsozialismus bis 1945. Die NPD vertritt rassistische, nationalistische und revanchistische Ideen. Sie fordert zum Beispiel die Herstellung einer Volksgemeinschaft durch einen autoritären Staat, die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl und die Kastration von Sexualstraftätern. Im Januar 2011 erklärte die NPD, sich mit einer anderen rechten Partei, der Deutschen Volksunion (DVU) zusammenschließen zu wollen. Die Fusion wurde aber am Ende nicht rechtskräftig, stattdessen wurde die DVU 2012 aufgelöst. Einige ihrer Mitglieder schlossen sich der NPD an, andere sind in der neu gegründeten rechtsextremen Partei „Die Rechte“ zu finden. […] Im Jahr 2013 zählte die NPD bundesweit 5.400 Mitglieder und ist in zwei Landesparlamenten – in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern - vertreten. [...] Die NPD hat als einzige rechte Partei in Deutschland eine Jugend- und eine Frauenorganisation, die Jungen Nationaldemokraten und den Ring Nationaler Frauen. Bundesweit hat die Partei in den letzten Jahren erheblich an Einfluss und Mitgliedern verloren. Gestiegen ist hingegen die Anziehungskraft gewaltorientierte Gruppen wie etwa der Autonomen Nationalisten. 2012 stieg die gewaltbereite rechte Szene auf über 10.000 Personen (2011: 9.800).“ 2 Auszug aus dem Wahlprogramm der NPD, Bundestagswahl 2013, Seiten 44-45 Herausgegebenen von NPD-Parteivorstand, Berlin 2013. 2 Arbeiten Sie die Forderungen der NPD heraus. Erörtern Sie, ob Ihrer Meinung nach die NPD nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf abzielt, „die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“. Brandenburgische Landeszentrale für pol. Bildung, online abrufbar: http://www.politische-bildung-brandenburg.de/node/9447 Landesbildungsserver Baden-Württemberg, Fachredaktion Gemeinschaftskunde, www.gemeinschaftskunde-bw.de NPD-Bundestags-Wahlergebnisse3 Deutsche Parteiverbote und der EMRK 4 1 „Ein deutsches Parteiverbot muss darüber hinaus auch an der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) gemessen werden. Deutschland hat sich völkerrechtlich verpflichtet, die in der EMRK normierten Rechte zu achten und zu schützen. Eine durch das BVerfG verbotene Partei und deren Mitglieder könnten gegen das Verbot Individualbeschwerde gem. Art. 34 EMRK beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit der Behauptung einlegen, das Parteiverbot verletze insbesondere Art. 11 EMRK, der Gründung, Bestand und Betätigungen von Parteien schützt. Der in dem Parteiverbot liegende Grundrechtseingriff ist nach der EMRK nur gerechtfertigt, wenn er gesetzlich vorgesehen, zum Schutz der demokratischen Ordnung notwendig und nach Abwägung der Belange insgesamt verhältnismäßig ist. Die Voraussetzungen der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit gehen in der Beurteilung des EGMR ineinander über. Ein Verbot von Parteien ist wegen ihrer grundlegenden Bedeutung in einer und für eine Demokratie nur bei überzeugenden und zwingenden Gründen sowie einem dringenden gesellschaftlichen Bedürfnis rechtmäßig. Für die Notwendigkeit eines Verbots spricht, wenn die Partei ausweislich ihrer Ziele rechtsstaatliche und demokratische Strukturprinzipien bekämpft. Ein Parteiverbot ist jedenfalls dann notwendig im Sinne der Rechtsprechung des EGMR, wenn Frieden und Demokratie durch konkrete, nachweisbare Handlungen bereits hinreichend bedroht sind. Der EGMR bejaht die Notwendigkeit insbesondere bei der konkreten Gefahr, dass die Partei ihre konventionswidrigen Ziele mit realen Chancen politisch auch durchsetzen wird. Die Gefahr für die Demokratie sinkt jedoch mit der Bedeutung und dem gesellschaftlichen Einfluss einer Partei. Hat sie keine realen Chancen zur Umsetzung ihres Programms, sind umso höhere Anforderungen an die Gründe zu stellen, die ein Parteiverbot rechtfertigen. Ein Verbot kleinerer, unbedeutender Parteien ist jedoch nicht per se mangels Notwendigkeit unverhältnismäßig und damit konventionsrechtswidrig.“ 5 10 15 20 25 3 4 Arbeiten Sie unter Zuhilfenahme der Wahlergebnisse heraus, ob ein Verbot der NPD Sinn macht oder ob es eine Einschränkung der Meinungsfreiheit darstellt. Gehen Sie von der Annahme aus, die NPD wird verboten. Wäre ein Verbot Ihrer Meinung nach endgültig, wenn die Partei sich an den EMRK wendet? Online abrufbar: https://de.wikipedia.org/wiki/Nationaldemokratische_Partei_Deutschlands#Bundestagswahlergebnisse https://www.bundestag.de/blob/193480/e1c02208cc129970754653b8053ac1fc/parteiverbote-data.pdf 5