Feel free

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23.Aug.2015 „Feel free“
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Pfr. Bernhard Botschen
Feel free
1. Grosse innere Freiheit erwünscht
Man spürt in der Bibel: Gott wünscht sich innerlich freie Menschen. Aber es gibt Dinge, die
uns unfrei machen. Paulus schreibt einmal: „Mir ist alles erlaubt, es soll mich aber nichts
gefangen nehmen.“ (1.Kor.6,12).
Mir ist alles erlaubt – das zeigt, dass Gott unser Leben nicht mit Geboten zupflastern
möchte. Es gibt wenige ausdrückliche Gebote. In vielen Dingen lässt uns Gott viel Spielraum
– er möchte ja Söhne und Töchter und nicht Sklaven. Dazu gehören Hobbys, bei mir ist es
joggen und bergsteigen. Beides tiptop. Aber es soll mich nicht gefangen nehmen. Dazu
gehört der Wunsch, im Beruf weiterzukommen. Dazu gehört der Internetkonsum. Dazu
gehört das Geld. Alles ist mir erlaubt. Aber wenn diese Dinge zu viel Raum erhalten, dann
nehmen sie mich gefangen. Sie verhindern, dass Gott bei mir im Zentrum stehen kann.
Beruf, Hobby, Geld – all das kann zum Götzen werden und mich unfrei machen.
Es ist einige Jahre her, aber ich kann mich noch daran erinnern, wie wir ein paar Aktien
gekauft haben und ich plötzlich gemerkt habe: Ich schaue jeden Tag, wie der Aktienkurs
steht. Dann war es an manchen Tagen schon mehr als einmal und ich habe gemerkt: Ich
habe meine innere Freiheit verloren. Ich bin abhängig vom Geld geworden. Davor warnt
Paulus: „Mir ist alles erlaubt, es soll mich aber nichts gefangen nehmen.“
Andere Dinge sind schon an sich schlecht und machen deshalb unfrei. Jesus sagt einmal:
„Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht. Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr
richtig frei.“ (Joh.8). Sünde nimmt uns unsere innere Freiheit. Wer Sünde tut, der ist der
Sünde Knecht.
Wer zum Beispiel grollt, der weigert sich, anderen zu vergeben. Groll macht unfrei. So
jemand will nicht vergeben. Er kann nicht aufhören. Er kann nicht loslassen. Er ist unfrei in
seinem Groll. Andere sind unfrei, weil sie sich immer überlegen, was andere wohl von ihnen
denken. Andere geben ihren Sorgen zu viel Raum und sind von ihnen gefesselt.
Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht. Der erste Schritt zur Freiheit besteht darin, zu
realisieren, wo man seine innere Freiheit verloren hat. Dann kann man sich das Ziel Jesu vor
Augen halten: Er will aus uns innerlich freie Menschen machen. Er will Abhängigkeiten und
Gefangenschaften durchbrechen. Er will, dass seine Kinder diese Fesseln abgeworfen
haben und frei leben.
2. Freiheit und Gebote Gottes
Innerlich ganz frei zu werden ist für uns meistens eine Lebensaufgabe. Interessanterweise
fühlen wir uns nur selten von Gott eingeschränkt. Warum eigentlich nicht? Die Gebote, die er
uns gab, schränken unsere Freiheit eigentlich ziemlich ein. Aber ich bin mir nicht sicher, wie
ernst wir sie noch nehmen.
Von der Bibel her ist es z.B. ganz klar, dass man seine Steuer ordentlich bezahlen soll. Aber
Griechenland hat so Probleme, weil so viele Leute die Steuer hinterziehen und sich dabei
sagen: „Das machen doch alle.“ Gott nimmt man doch sowieso nicht ernst. Man geht fremd
und sagt danach: „Unsere Ehe war sowieso am Ende.“ Man schlägt seine Kinder und sagt:
„Mir ist die Hand ausgerutscht.“ Man lebt als vollkommener Egoist und sagt: „Ich bin halt
auch kein Heiliger.“ Fühlen wir uns deshalb so frei, weil wir die Gebote Gottes sowieso nicht
mehr ernst nehmen?
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Pfr. Bernhard Botschen
Vor kurzem bin ich beim Bibel lesen auf die Stelle gestossen, als Abraham von Gott den
Befehl erhält: „Opfere deinen Sohn Isaak!“ Ungeheuerlich! Drei Tage ist Abraham mit seinem
kleinen Sohn unterwegs, ehe er beim Opferort ankommt. Es müssen Horrortage gewesen
sein. Als Abraham bereit ist, dem Befehl Gottes zu gehorchen und das Messer schon in der
Hand hat, verhindert das Gott natürlich. Und dann sagt er zu Abraham: „Nun weiss ich, dass
du Gott fürchtest.“ (1.Mose 22,12).
Auch für Luther war dieser Respekt vor Gott zentral. In seiner Erklärung der 10 Gebote fängt
er jede Erklärung so an: „Wir sollen Gott fürchten und lieben …“. Wir reden viel davon, Gott
zu lieben. Aber fürchten wir ihn auch? Natürlich meint „fürchten“ dann nicht „Angst haben“,
sondern „Ehrfurcht“. Sind die Gebote Gottes für uns so ernst, dass wir zulassen, dass sie
unser Leben begrenzen?
Als junger Christ ging es mir in erster Linie um das „Du sollst nicht ehebrechen“ und die
ganze Vorstellung der Bibel, dass Sex in eine feste Beziehung gehört. Ich habe mit einem
Schulkollegen darüber gestritten, ob es sich lohnt, diesem Gebot zu gehorchen. Er lebte und
lebt beim Sex nach dem Motto: „Je mehr, desto besser.“ Wenn er eine feste Freundin hat,
aber es ist etwas anderes möglich, sagt er nicht „Nein“. Ich wollte den Sex in eine Ehe
einbetten. Die grosse Frage war: Lohnt sich so ein Verzicht? Fährt man damit auf lange Sicht
besser?
Kann man solche Gebote ernst nehmen und sich trotzdem frei fühlen? Ich glaube, es geht –
ja, es soll so sein! Wie? Ich vertraue auf Gott, dass alle seine Gebote Sinn machen. Sie
dienen zum Leben. Sie sind nicht für Gott da, weil er Freude an sinnlosen Vorschriften hätte.
Sondern sie sollen mir helfen, auf lange Sicht ein gutes Leben zu führen. Gott und ich, wir
wollen deshalb das Gleiche.
Im Frühjahr war ich mit dem Auto in Mittelitalien. In fremden Ländern finde ich die Frage
immer spannend: Was ist typisch für dieses Land? In Mittelitalien ist mir aufgefallen: Bei
Baustellen gibt es Phantasie-Geschwindigkeiten. Da gibt es eine leichte Einschränkung auf
der Autobahn. Bei uns würde man 80 fahren, dort steht ein Schild mit Tempo 30 – und
natürlich fahren trotzdem alle 80! Kein Mensch hält sich gerne an Gesetze, bei denen man
den Sinn nicht einsieht.
Ganz anders ist es bei Gott: Je mehr ich Gott vertraue, dass er es gut mit mir meint, desto
leichter und lieber befolge ich seine Gebote. Deshalb schwärmt der Psalmschreiber so von
den Geboten: „Wie habe ich dein Gesetz so lieb.“ (Ps.119,97) Ich fühle mich nicht
bevormundet oder eingeschränkt. Ich liebe die Gebote Gottes. Sie machen Sinn. Kein
Wunder fühle ich mich frei, auch wenn ich die Gebote ernst nehme.
3. Freiheit, um Gott zu dienen
Manchmal fühlen wir uns aber auch überhaupt nicht eingeengt von Gott, weil wir so Fragen
wie die vom Theaterstück kaum mehr stellen. Wie haben Menschen in der Bibel und in all
den Jahrhunderten danach damit gerungen, Gott ihr ganzes Leben hinzulegen! Sie standen
wie der reiche Jüngling vor Jesus und dieser hat gesagt: „Verschenke alles, was du hast.“
Sie hörten die Stimme von Jesus, der sagt: „Wer sein Leben verliert um meinetwillen, der
wird’s finden.“ (Matth.16,24-25). Sie haben damit gerungen, Gott ihr ganzes Leben
hinzulegen.
Heute geht es vielen Menschen vor allem darum, ein bisschen Spiritualität in ihrem Leben zu
suchen. Ob sie einen Baum umarmen oder Gott, spielt für sie keine Rolle. Sie wünschen sich
etwas Halt und Geborgenheit und dafür passt Gott ganz gut. Aber eigentlich hat Jesus das
anders gemeint. Er hat gesagt: „Es macht nur dann Sinn, wenn du dein Leben Gott hinlegst.“
Gott muss ins Zentrum kommen. Gott ist nicht nur Kollege, sondern der, der das Leben bis in
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Pfr. Bernhard Botschen
alle Bereiche prägt. Die Nachfolge von Gott bedeutet, dass man zuerst sein eigenes Leben
in einem gewissen Sinne aufgeben muss.
Wenn wir das ernst nehmen, taucht sehr wohl die Frage auf: Wie können wir den Anspruch
Gottes auf unser Leben ernst nehmen – und uns trotzdem glücklich und frei fühlen?
Viele Jugendliche, die ich kenne, reden von der BMS. Während man eine anspruchsvolle
Lehre macht, geht man zwei Tage pro Woche in die Schule und macht während der Lehrzeit
eine Berufsmatura. Stellt euch vor, man redet mit so einem jungen Menschen: „Was
erwartest du von dieser Zeit?“ „Na ja, es wird schon sehr streng. Am Abend und am
Wochenende muss man schon viel lernen, und das neben der Arbeit. Viel Freizeit bleibt da
nicht mehr.“ Innerlich denkt man sich: ‚Warum tut er sich das an?‘ Man fragt: „Warum haben
dich deine Eltern dazu gezwungen?“ „Warum gezwungen? Ich mache das freiwillig!“
Paulus beschreibt einmal sein Leben als Christ. Er sagt: „Natürlich hätte ich heiraten dürfen,
das haben andere Apostel ja auch gemacht. Natürlich hätte ich Geld annehmen können für
meine Predigten. Das wäre angemessen gewesen.“ Aber am Schluss sagt er: „Ich habe
freiwillig darauf verzichtet, damit ich Gott so viel Raum wie nur irgendwie möglich geben
kann.“ (1.Kor.9).
Paulus opfert viel von seiner Freiheit. Aber er fühlt sich vollkommen frei dabei. Er macht es
aus Liebe zu seinem Gott. So dienen wir Gott, weil wir ihm vertrauen und lieben. Viele
Menschen helfen aus ganzem Herzen in dieser Gemeinde mit, weil sie möchten, dass Gott
in diese Welt hineinwirken kann. Viele opfern gerne etwas von ihrer Zeit im Alltag. Sie
schlagen die Bibel auf, sie falten die Hände, weil sie Sehnsucht danach haben, Gott nahe zu
sein. Viele legen ihm ihr Geld hin, weil sie wollen, dass Gott es gebrauchen kann um
anderen Menschen zu helfen. Oft ringt man zuerst mit der Frage, ob man Gott sein Leben
wirklich anvertrauen soll. Aber wenn alles gut geht, kommt der Moment, in dem man in
vollkommener Freiheit Gott sein ganzes Leben hinlegt.
Paulus ruft den Galatern zu: „Ihr seid zur Freiheit berufen!“ (Gal.5,13a). Um das geht es:
Innerlich frei zu sein von Fesseln. Aus Freiheit Gottes Gebote ernst nehmen und ihm dienen.
AMEN.
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