Predigt zu Josua 1, 1-9 am Neujahrstag 2016, Pastor Marcus Antonioli, Heiligen-Geist-Kirche Rostock Die Gnade und die Güte Gottes sei mit uns allen. Amen Bricht der erste Morgen des neuen Jahres an, so erscheint der Himmel nicht anders als am Tag zuvor, aber doch ist einem seltsam frisch zu Mute. (Yoshida Kenko) Als ich heute in den ersten Morgen dieses Jahres hinausblickte, war es nebelig und man konnte nicht ahnen, was das für ein Tag werden würde. Vielleicht stimmt das ja auch für das neue Jahr im Allgemeinen. Und so fragte schon Erich Kästner augenzwinkernd: Ein neues Jahr beginnt: Wird’s besser? Wird’s schlimmer? Fragt man alljährlich. Seien wir ehrlich: Leben ist immer gefährlich! Liebe Gemeinde am Neujahrstag, wir dürfen dieses noch junge Jahr mit einer Zusage und Ermutigung beginnen! Gott spricht: ich lasse dich nicht f allen und verlasse dich nicht. Man könnte es auch übersetzen: ich lasse dich nicht hängen und lass dich nicht im Stich. Das ist eine Zusage, die wir bei unserem Drahtseilakt durchs neue Jahr gut gebrauchen können. Es ist abzusehen, dass mit dem Beginn des neuen Jahres nicht automatisch die großen Probleme unserer Zeit gelöst sein werden. Und ich befürchte, wir werden uns im Jahreslauf auf manche Überraschungen gefasst machen müssen, so war es jedes Jahr. Und so kommt es am Beginn dieses neuen Jahres besonders darauf an, was wir hinter dem Nebel der Zeit erwarten. Mancher fragt sich sorgenvoll, wie wird sich die Weltlage entwickeln? Ganz persönlich, fragt sicher mancher wie wird es mit meiner Schule, mit meinem Studium, mit meiner Arbeit oder auch mit meinem Ruhestand werden? Wie wird es mit mir und meinen Lieben weitergehen? Ein neues Jahr ist wie ein unbekanntes Gebiet, welches wir erschließen müssen. Und es bleibt dabei – das Leben ist einfach mal nicht ohne! Doch so wenig wie wir das Wetter beeinflussen können, so wenig können wir bestimmen, was uns in diesem Jahr widerfährt. Aber es ist eben etwas dran an der alten Hausfrauenweisheit, dass es kein schlechtes Wetter, aber die falsche Kleidung gibt. Es ist ratsam, dass wir uns in diesem Jahr nicht allzu sehr von den Wettern abhängig machen, sondern uns um die richtige mentale Kleidung kümmern! Darum ist die Zusage Gottes in diesem neuen Jahr so kostbar und ermutigend. Allerdings nur, wenn wir ihr denn ein wenig vertrauen können. Diese Zusage gefüllt mit unserem Vertrauen, eröffnet uns einen Erwartungsraum, den wir gestalten, den wir mit unserem Leben füllen können. Gottes Zuspruch spannt ein Zeltwand gegen die Stürme und Unwetter des Lebens: Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht! Diese Zusage hat Gott zuallererst dem Josua gemacht, dem als Moses Nachfolger die schwere Aufgabe zufiel, das immer noch heimatlose Gottesvolk in das gelobte Land zu bringen. Die entlaufenden Sklaven und Fronarbeiter hatten nach vierzigjährigen Irrungen und Wirrungen endlich verstanden, dass es für sie keine Freiheit ohne die Bindung an ihren lebendigen Gott und seine Spielregeln gibt. Vielleicht sind es genau diese Wüstenerfahrungen gewesen, die die Israeliten reif fürs gelobte Land gemacht haben, wo Milch und Honig fließen! - Für uns ist es heute eine problematische Vorstellung, dass hier ein Volk andere verdrängen soll, um das begehrte Kulturland als Heimstatt zu bekommen. Allerdings haben Forschungen ergeben, dass die Stämme Israels wohl mehrheitlich friedlich eingewandert sind und sich mit den Altbewohnern zusammen getan haben. Dazu brauchte es wahrscheinlich mehr Mut und vielleicht mehr Ausdauer, als die Mauern Jerichos einfach mit dem Schall der Posaunen umzublasen. Dieses neue Land war nur zu haben, indem sich die Einwanderer dem Neuen öffnen und sich auf die Sprache und Kultur des Neuen einließen! So war es bei den Hebräern – die übrigens die Sprache ihrer neuer Heimat Kanaan annahmen. Und es war dabei nicht einfach, die Eigenheit des eigenen Glaubens, die besondere Beziehung Israels zu seinem Gott zu bewahren. Liebe Gemeinde, wenn wir in dieses neue Jahr gehen, dann dürfen wir gespannt sein, was diese Zeit uns bringen wird. Wir leben in einer Zeit des Übergangs und großer Veränderungen. Die Stürme des Lebens, aber auch wunderbare Sonnentage liegen vor uns. Beides gilt es zu meistern und zu gestalten! Lassen wir uns nicht entmutigen und vertrauen wir darauf, dass Gott ein großer Freund auch deines und meines Lebens ist. Auch in diesem Jahr will er uns sein gelobtes Land sehen lassen! Damit das gelingt, brauchen wir aber eine klare Orientierung, wie wir sie mit den Geboten Gottes, aber noch klarer in den Worten und im Leben Jesu mitbekommen haben. Dies ist umso nötiger als uns ein Nebel umgibt, der uns oft die klare Sicht nimmt. Angst und Verblendung trüben immer wieder unseren Blick! – Doch wir dürfen darauf vertrauen, dass diese Welt verheißungsvoller Ort für alle Menschen ist. Es liegt an uns, sie aus dem Geist der Freiheit und der Liebe mit zu gestalten. Dieser Geist Jesu Christi kleidet uns mit der Stärke und der Zuversicht, die wir in diesem Jahr gut brauchen können. Zugleich sollten wir der Versuchung wiederstehen, unsere Herzen wegen all der Unwetter in einen Neoprenanzug zwängen. Denn wer sich völlig abkapselt, der ist vielleicht gegen Nässe und Kälte geschützt, aber es spürt auch nicht mehr, was um ihn her geschieht. Eine Welt ohne Mitgefühl wäre wahrhaft frostig und tot. Liebe Schwestern und Brüder, Wir wissen zwar nicht, welches Wetter uns der neblige Morgen dieses neuen Jahres ankündigt, aber wir dürfen geistig gut und zweckmäßig gekleidet, in dieses neue Jahr gehen! Geschützt und doch atmungsaktiv! Eine mentale Bekleidung, wo unsere Seele atmen kann, wo Wünsche und Träume, Tanz und Glück, Nähe und Zärtlichkeit ihren Platz haben. Wo die Liebe und das Vertrauen uns die nötige Luft und Weite eröffnen. – So sind wir gut gerüstet für all die Wetter dieses neuen Jahres. In diesem Sinne wünsche ich uns ein glückliches und mutiges 2016! Amen