1/8 Wasser aus der Sicht der Chemie Die pH-Skala Factsheet 1 Einführung Ein Verkaufsargument, welches oft in der Werbung für Kosmetika, aber auch immer häufiger in anderen Bereichen wie bei Lebensmitteln gebraucht wird, ist der „richtige“ pH-Wert des Produktes. Doch was bedeutet dieser Begriff genau? Spielt der pH-Wert eine wichtige Rolle in unserer Gesundheit? Wie kann der pH-Wert eines Milieus gemessen werden? Zu solchen Fragen werden in diesem Abschnitt Erklärungen gegeben. 2 Die spontane Dissoziation von Wasser (Autoprotolyse) Ein Wassermolekül übt starke Anziehungskräfte auf benachbarte Wassermoleküle aus und umgekehrt.1 Diese besonders grossen Kräfte erklären sich durch die Anwesenheit von Wasserstoffbrücken.2 Ein Wasserstoffatom H (Molekül A), welches eine Wasserstoffbrücke mit einem freien Elektronenpaar (▬) des Sauerstoffatoms O im benachbarten Wassermolekül (Molekül B) bildet, ist also teilweise mit diesem zweiten Molekül verbunden. Von dieser speziellen Bindung ist es nur noch ein kleiner Schritt zur vollständigen Übertragung des H-Atoms: In diesem Prozess werden die zwei Elektronen des freien Elektronenpaars (▬) vom O-Atom (Molekül B) gebraucht, um die neue kovalente Bindung mit dem H-Atom zu bilden: Diese Bindung ersetzt die Wasserstoffbrücke. Gleichzeitig werden die zwei Elektronen der kovalenten Bindung (▬) des H-Atoms mit dem O-Atom des Moleküls A diesem in Form eines dritten freien Elektronenpaars übertragen. Am Ende des Prozesses sind somit zwei neue geladene Teilchen entstanden: ein Hydroxid-Anion OH(aus dem Molekül A) und ein Hydronium-Kation H3O+ (aus dem Molekül B). Im Ganzen betrachtet, entspricht der Gesamtprozess einfach einem Transfer eines H +-Ions von einem Wassermolekül zu einem zweiten. Ein H+-Ion ist nicht anders als ein Proton: Wenn ein Elektron aus einem Wasserstoffatom entfernt wird, bleibt nur noch der Atomkern übrig, welcher aus einem einzigen Proton besteht. Man kann also von einer Protonenübertragung zwischen zwei H 2O-Molekülen sprechen. Die Rückreaktion findet auch statt, d.h. ein H3O+-Kation gibt ein Proton einem OH--Anion zurück. Dies führt zur erneuten Bildung von zwei Wassermolekülen: H2O + H 2O ⇄ OH- + H3O+ oder 2 H2O ⇄ OH- + H3O+ Wenn die Hin- und Rückreaktion mit gleicher Geschwindigkeit verlaufen, befindet sich das System in einem dynamischen Gleichgewicht. Diese spontane Dissoziation von Wasser wird als Autoprotolyse bezeichnet. Die Frage ist nun welcher Anteil aller Wassermoleküle sich als OH--Anionen oder H3O+-Kationen in einer Probe Wasser befindet. Untersucht man reines Wasser bei 25°C stellt man fest, dass weniger als jedes 500-millionste Wassermolekül in dissoziierter Form vorliegt! In einem Liter Wasser, was 55,5 1 2 Siehe 2.2 „Zwischenmolekulare Kräfte“ Siehe 2.3 „Schmelz- und Siedepunkt von Wasser“ E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 2/8 mol Wassermolekülen entspricht, beträgt die Menge an H3O+-Ionen 1,00∙10-7 mol. Nach der Stöchiometrie der Gleichgewichtsreaktion entsteht mit jedem H3O+-Ion ein OH--Ion, sodass die Menge an OH-Ionen in einem Liter Wasser auch 1,00∙10-7 mol beträgt. Es gibt eine einfache Beziehung, welche die Stoffmengenkonzentrationen (Formelzeichen: c, Einheit: Mol pro Liter) der beiden Ionen (H 3O+ und OH-) im Wasser verbindet: c(H3O+) ∙ c(OH-) = Konstante Fügen wir die entsprechenden Konzentrationen in diese Gleichung ein, erhalten wir bei 25°C eine Konstante von: c(H3O+) ∙ c(OH-) = 1,00∙10-7 mol/l ∙ 1,00∙10-7 mol/l = 1,00∙10-14 mol2/l2 Diese Konstante wird als das Ionenprodukt von Wasser KW bezeichnet. Der Wert KW = 1,00∙10-14 gilt, unabhängig von den individuellen Konzentrationen von H3O+ und OH- für jede wässrige Lösung im Gleichgewicht bei 25°C. Dank dieser Beziehung kann, sobald die Konzentration eines der beiden Ionen bekannt ist, die Konzentration des anderen berechnet werden. Bretzel zum Beispiel werden vor dem Backen für wenige Sekunden in dreiprozentige Natronlauge (also 30 g NaOH in einem Liter Wasser) getaucht: Somit erhalten sie ihre typische braune Kruste. Die molare Konzentration von OH--Ionen in der Lauge beträgt 0,75 mol/l. Die entsprechende Konzentration an H 3O+-Ionen dieser Lösung lautet: c(H3O+) ∙ c(OH-) = 1,00∙10-14 c(H3O+) = 1,00 10 14 c(OH ) = 1,00 1014 = 1,33∙10-14 mol/l 0,75 Die Konzentration von H3O+-Ionen ist also fast zehnmillionenfach niedriger als in reinem Wasser! 3 Sauer oder basisch? Der Begriff „sauer“ ist im Alltag meist mit dem Geschmack von Lebensmitteln verknüpft. In Zitronen oder Essig ist der Säuregrad besonders hoch, was für ihren typischen Geschmack verantwortlich ist. Wir alle wissen, dass Orangen weniger und Bananen noch weniger sauer schmecken als Zitronen. Gibt es aber eine Möglichkeit, diesen Säuregrad genau, also mit einem messbaren Wert anzugeben? Der dänische Chemiker Sören Sörensen (Abb. 4-13), der an der Qualitätskontrolle beim Bierbrauen arbeitete, hat 1909 eine Skala mit einfachen Zahlen entwickelt, um den Säuregrad der Biere zu charakterisieren. Das H3O+-Teilchen ist für den sauren Geschmack verantwortlich. Je grösser seine Konzentration in Lebensmitteln, desto saurer schmecken sie. Im vorherigen Abschnitt wurde aufgezeigt, dass sich die Konzentrationen von H3O+-Ionen über mehrere Grössenordnungen ausbreiten können. Um den Säuregrad mit einfachen Zahlen angeben zu können, hat Sörensen deswegen eine logarithmische Skala – die pH-Skala - entwickelt: Anstelle der Konzentration von H 3O+-Ionen wird der negative Logarithmus dieser Konzentration angegeben. Der pH-Wert einer Lösung ist wie folgt definiert: Abb. 4-1. Sören Sörensen.3 pH = - log c(H3O+)K Die Abkürzung „pH“ (lat. potentia Hydrogenii) kann als Stärke des Wasserstoffs verstanden werden. 3 Bild: http://protomag.com/assets/soren-sorensen-pioneer-ph (besucht am 12.01.2012) E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 3/8 Mit dieser Beziehung können wir den pH-Wert von reinem Wasser oder der Bretzellauge (dreiprozentige Natronlauge) leicht berechnen: pH (reines Wasser) = - log c(H3O+) = - log (1,00∙10-7) = 7,00 pH (Bretzellauge) = - log c(H3O+) = - log (1,33∙10-14) = 13,88 Aus der Definition des pH-Wertes geht hervor, dass… 7,00 der pH-Wert einer neutralen Lösung bei 25°C ist, also wenn c(H3O+) und c(OH-) identisch sind. der pH-Wert sinkt, wenn die Konzentration der H3O+-Ionen steigt: Je saurer die Lösung, desto niedriger der pH-Wert. der pH-Wert mit fallender H3O+-Konzentration steigt, also bei hohen OH--Konzentrationen: Je basischer (oder alkalischer) die Lösung, desto höher der pH-Wert. Abb. 4-2. Die pH-Skala. Die logarithmische pH-Skala (Abb. 4-2) ist trügerisch: Eine Veränderung um eine Einheit des pHWertes bedeutet, dass sich die Konzentration der H 3O+-Ionen um das Zehnfache verändert. Zum Beispiel zeigt Apfelsaft einen pH-Wert von ~ 3,5, was man als „nur“ 3,5 Einheiten niedriger als eine neutrale Lösung auffassen könnte. Die Konzentration der H 3O+-Ionen im Apfelsaft ist jedoch über 3000 Mal höher als in reinem Wasser (Abb. 4-3)! Mit der Oberfläche der Kreise wird die H3O+-Konzentration widerspiegelt 3 4 5 6 pH 7 Abb. 4-3. Verbildlichung der H 3O+-Konzentrationsänderungen mit zunehmendem pH-Wert. Heute benutzt man die pH-Skala in allen Bereichen der Chemie, der Biochemie, der Ökochemie, der Geologie, der Medizin und der Agrarwissenschaften. In den zwei folgenden Tabellen sind einige typische pH-Werte im menschlichen Körper und in ausgewählten Lebensmitteln dargestellt. E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 4/8 Tabelle 4-1. Typische pH-Werte im menschlichen Körper Milieu pH-Wert Milieu pH-Wert Magensäure 1,0 – 1,5 Speichel 6,4 – 6,9 Urin 4,8 – 7,5 Tränenflüssigkeit 7,4 Hautoberfläche ~ 5,5 Blut 7,35 – 7,45 Je nach betrachtetem Organ zeigt der pH-Wert in unserem Körper grosse Unterschiede. Bemerkenswert sind die Werte für Magensäure, die Hautoberfläche und Blut: Magensäure: Ein niedriger pH-Wert im Magen ist entscheidend für die Zerlegung der Nahrung. Hautoberfläche: Die Haut ist mit einem pH-Wert von ca. 5,5 am besten gegen eindringende Mikroorganismen geschützt. Gewöhnliche alkalische Seifen sind also schlecht geeignet und trocknen darüber hinaus die Haut aus. Der pH-Wert eines pH-hautneutralen Waschmittels ist also nicht 7,0 sondern 5,5. Blut: Winzige Abweichungen des pH-Wertes im Blut führen zu grossen Störungen (z.B. des Stoffwechsels). Er muss deswegen im engen Bereich von 7,35 – 7,45 gehalten werden. pHWerte unter 7,0 und über 7,8 können tödlich sein. Tabelle 4-2. pH-Werte in ausgewählten Lebensmitteln Lebensmittel pH-Wert Lebensmittel pH-Wert Zitronensaft 2,2 – 2,4 Orangensaft 3,6 – 4,3 Pepsi-Cola classic ~ 2,5 Wein ~4 Coca-Cola classic ~ 2,6 Bier 4-5 Essig 2,0 – 3,4 Kaffee (schwarz) 5,0 Erdbeeren 3,0 – 3,5 Mineralwasser 5-6 Aprikose 3,3 – 5,2 Milch 6,3 – 8,5 Ananas 3,3 – 5,2 Eigelb 6,4 Coca-Cola light ~ 3,4 Reines Wasser 7 Sprite ~ 3,4 Eiklar 7,0 - 9,0 Aus der Tabelle kann man feststellen, dass fast alle Lebensmittel sauer sind. Der Grund bei Früchten, Fruchtsäften, Wein usw. liegt in der natürlichen Anwesenheit einer oder mehrerer Säuren wie Ascorbinsäure (Vitamin C) oder Zitronensäure, welche nicht nur in Zitronen, sondern auch in den meisten anderen Früchten in grossen Mengen enthalten ist. Einige Früchte wie Erdbeeren oder Aprikosen zeigen einen für uns unerwarteten niedrigen pH-Wert im Vergleich mit Ananas oder Orangen. Hier spielt der Zucker eine wichtige Rolle; je mehr Zucker, desto milder der saure Geschmack. Die tatsächliche Menge der Säure, also der pH-Wert, wird jedoch von Zucker kaum verändert. Gleichermassen wird der süsse Geschmack von der Anwesenheit einer Säure gemildert, was die Hersteller von Brausen gut verstanden haben. Getränke wie Cola enthalten so viel Zucker, dass man sehr schnell angeekelt und wenig davon trinken würde, wenn sie nicht die vom Hersteller hinzugefügten grossen zusätzlichen Mengen Säuren (Zitronensäure, Phosphorsäure usw.) enthalten würden! 4 Die Bestimmung des pH-Wertes Wie kann der pH-Wert einer Lösung bestimmt werden? Zwei Methoden stehen zur Verfügung: pHMessgeräte (so genannte pH-Meter) oder die Benutzung chemischer pH-Indikatoren. E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 5/8 4.1 pH-Messgeräte Diese Messinstrumente sind in den 1930er-Jahren entwickelt worden. Ohne in di Details zu gehen, kann das Prinzip der Messung wie folgt erklärt werden: pH-Meter messen eigentlich einen elektrischen Potentialunterschied. Eine Elektrode, welche im inneren eine Lösung bekannter H3O+-Konzentration enthält, wird in die Lösung mit dem unbekannten pH-Wert getaucht. Auf beiden Seiten der Membrane, welche die zwei Lösungen trennt, entsteht wegen der unterschiedlichen H3O+-Konzentrationen ein Potentialunterschied, welcher gemessen wird. Damit der Potentialunterschied in einen pH-Wert umgewandelt wird, wurde der pH-Meter im Voraus mit mehreren Standardlösungen, d.h. Lösungen mit bekannten, genauen pH-Werten, kalibriert. Die heutigen pH-Messgeräte können Werte bis zu drei signifikanten Stellen nach dem Komma genau bestimmen (Abb. 4-4). Es gibt auch kleine, tragbare pH-Geräte, die für Messungen auf dem Feld (Boden, Seen, Flüsse usw.) sehr nützlich sind. Abb. 4-4. Präzisions-pH-Meter (links) und tragbares pH-Gerät (rechts). 4.2 pH-Indikatoren Gewöhnliche Farbstoffe besitzen „nur“ eine bestimmte Farbe. Es gibt eine kleine Gruppe von Farbstoffen, so genannte pH-Indikatoren, die eine wertvolle zusätzliche Eigenschaft besitzen. Das besondere an einem pH-Indikator ist seine Fähigkeit, verschiedene Farben (meist zwei) in Abhängigkeit des pHWertes der Lösung zu erzeugen. Zum Beispiel der künstliche pH-Indikator namens Bromthymolblau (die genaue Struktur wird später präsentiert) verfärbt saure Lösungen gelb aber basische Lösungen blau (Abb. 4-5). Abb. 4-5. pH-Indikator Bromthymolblau in einer sauren (links) und basischen (rechts) Lösung. Es gibt aber auch natürliche pH-Indikatoren. Das bekannteste Beispiel ist sicher Rotkohlsaft, welcher im letzten Abschnitt im Detail diskutiert wird.4 Ein weiteres Beispiel eines natürlichen pH-Indikators ist wohl aber meist unbewusst bekannt. Das Phänomen wird von Zitronenteeliebhabern bei jeder Tasse beobachtet: Tropft man Zitronensaft in Schwarztee, wird er sofort heller (Abb. 4-6). 4 Siehe 4.5 „Experimente zur pH-Skala“ E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 6/8 Abb. 4-6. Schwarztee ohne (links) und mit Zitronensaft (rechts). Wie kann dieses Verhalten erklärt werden? Fast alle bekannten pH-Indikatoren sind organische schwache Säuren, die in ihrer so genannten protonierten (Abk. Hind) oder ihrer dissoziierten Form (Abk. Ind-) im Wasser vorliegen. Diese zwei möglichen Formen haben für einen angegebenen pHIndikator unterschiedliche Farben (z.B. HInd und Ind-). Die allgemeine chemische Gleichung der Dissoziation eines Indikators lautet: HInd + H2O ⇄ Ind- + H3O+ Die Lewis-Strukturen der beiden Bromthymolblauformen sind: H3C CH3 H3C CH3 O O S O H3C O O Br S O CH3 O H3C + H2O CH3 Br OH Br O CH3 CH3 Br CH3 O gelb + H3O+ CH3 blau Die Abbildung zeigt, dass die gelbe Form dieser Verbindung eine negative Ladung (Hind-), die blaue Form aber deren zwei (Ind2-) trägt. Sobald die Konzentration einer der beiden Formen mindestens zehnmal grösser als die andere ist, sieht man nur noch die Farbe der überwiegenden Form: Wenn c(HInd) ≥ 10∙c(Ind-) zeigt die Lösung eine gelbe Farbe. Wenn c(Ind-) ≥ 10∙c(HInd) zeigt die Lösung eine blaue Farbe. Zwischen diesen Grenzsituationen befindet sich der Farbumschlagbereich des Indikators, in dem alle möglichen Farbtöne von gelb zu blau beobachtet werden: Eine Lösung gleicher Konzentration der beiden Formen (c(HInd) = 10∙c(Ind-)) wird beispielweise grün aussehen. Nun stellt sich die Frage warum sich die Ind-- und HInd-Konzentrationen in Abhängigkeit des pHWertes ändern. Nehmen wir zunächst an, dass eine Lösung dieses Indikators einen pH-Wert von 5,0 und eine gelbe Farbe besitzt, d.h. c(HInd) ≥ 10∙c(Ind-). Nun wird eine basische Lösung wie Natronlauge (NaOH) portionenweise zugefügt. Zwischen den OH--Ionen und H3O+-Ionen findet sofort eine Neutralisation statt. OH- + H3O+ ⇄ 2 H2O E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 7/8 Grund für die umgehende Neutralisation ist das Ionenprodukt KW von Wasser c(H3O+)∙c(OH-), welches nie grösser als 1,00∙10-14 sein darf.5 Die Neutralisation verläuft, bis c(H3O+)∙c(OH-) = 1,00∙10-14 lautet. Die H3O+-Konzentration nimmt also ab, was Konsequenzen auf die Dissoziation des pH -Indikators hat: HInd + H2O ⇄ Ind- + H3O+ Vor der Zugabe von Natronlauge war diese Reaktion im Gleichgewicht. Bei Gleichgewichtsreaktionen stehen die Konzentrationen der Produkte in einem konstanten Quotient (als Gleichgewichtskonstante bezeichnet) mit den Konzentrationen der Edukte. Mathematisch ausgedrückt bedeutet dies, dass: c(Ind ) c(H3 O ) = Gleichgewichtskonstante K c(HInd) c(H2O) Für jede Gleichgewichtsreaktion gibt es eine spezifische Gleichgewichtskonstante K, welche ausser von den Konzentrationen von allen weiteren Bedingungen (Temperatur, Druck, Lösungsmittel usw.) abhängig ist. Nach Zugabe von Natronlauge und wie oben gesehen nimmt die H3O+-Konzentration c(H3O+) ab. Die Gleichgewichtskonstante K muss aber eingehalten werden, was nur möglich ist, wenn ein Teil der protonierten HInd-Moleküle mit Wasser reagiert (folglich nimmt ihre Konzentration ab) und somit eine neue Menge von H3O+- und Ind--Molekülen bildet (folglich nimmt ihre Konzentration zu). Dieser Vorgang verläuft so lange, bis die Gleichgewichtskonstante K wieder eingehalten ist, was in Wirklichkeit weniger als eine Sekunde dauert. So betrachtet bewirkt die Zugabe einer Base: eine Abnahme der H3O+-Konzentration und folglich eine Zunahme des pH-Wertes eine Abnahme der HInd-Konzentration und folglich eine Zunahme der Ind--Konzentration Sobald eine vernünftige Menge der Base zugegeben wurde, überwiegt die Ind--Konzentration, und die Lösung wird blau. Weil alle Reaktionen reversibel sind, verläuft der Rückprozess einfach umgekehrt. Anstelle der Base wird nun eine saure Lösung wie Salzsäure (HCl) zu der blauen, basischen Lösung portionenweise addiert. Die Zugabe der Säure bewirkt: Eine Abnahme der OH--Konzentration und folglich eine Abnahme des pH-Wertes Eine Abnahme der Ind--Konzentration und folglich eine Zunahme der HInd-Konzentration Sobald eine vernünftige Menge der Säure zugegeben wurde, überwiegt die HInd-Konzentration, und die Lösung wird wieder gelb. Interessanterweise besitzt jeder pH-Indikator einen bestimmen Farbumschlagbereich. Zur Erinnerung: Indikatoren sind schwache Säuren: HInd + H2O 5 ⇄ Ind- + H3O+ Sehr schwache Säuren dissoziieren so gut wie nicht in reinem Wasser und sind deswegen fast nur in der HInd-Form zu finden. Nur mit Zugabe einer Base ist es möglich, die Ind--Form zu bilden. Aus diesem Grund besitzen solche pH-Indikatoren einen Farbumschlag im basischen Bereich der pH-Skala. Beispiel: Phenolphthalein ist farblos bis 8,2 und völlig pink ab 10,0. Mittelschwache Säuren dissoziieren etwa zur Hälfte. pH-Indikatoren dieser Klasse zeigen einen Farbumschlag im neutralen Bereich der pH-Skala. Beispiel: Bromthymolblau ist gelb bis 6,0 und blau ab 7,6. In reinem Wasser (pH = 7,0) erscheint Bromthymolblau grün. Mässig schwache Säuren dissoziieren fast vollständig in reinem Wasser und erscheinen nahezu ausschliesslich in ihrer Ind--Form. Nur mit Zugabe einer Säure ist es möglich die HIndForm zu bilden, d.h. der Farbumschlag ist im sauren Bereich der pH-Skala. Beispiel: Bromphenolblau ist gelb über 4,6 und blau erst unter 3,2. Siehe 4.2 „Die spontane Dissoziation von Wasser“ E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch 8/8 In der folgenden Tabelle sind einige pH-Indikatoren mit ihrem Umschlagbereich angegeben. Tabelle 4-3. Umschlagbereiche einiger pH-Indikatoren Farbe der sauren Form rot gelb farblos gelb gelb gelb rot gelb gelb rot rot Indikator Alizarin Alizaringelb R Phenolphthalein Thymolblau Phenolrot Bromthymolblau Methylrot Bromkresolgrün Bromphenolblau Methylorange Thymolblau pH-Werte des Umschlagbereiches 11,0 – 12,4 10,1 – 12,0 8,2 – 10,0 8,0 – 9,6 6,6 – 8,0 6,0 – 7,6 4,8 – 6,0 3,8 – 5,4 3,2 – 4,6 3,1 – 4,4 1,2 – 2,8 Farbe der basischen Form violett rot pink blau rot blau gelb blau blau gelb gelb Man sieht, dass manche Indikatoren wie Thymolblau zwei Umschlagbereiche besitzen. Das bedeutet, dass sie in drei unterschiedlichen Farben erscheinen können: H2Ind ⇄ HInd- + H+ ⇄ Ind2- + 2 H+ Die Anwendung von Indikatoren wird vereinfacht, wenn diese in sogenannte pH-Papiere (oder pH-Streifen) integriert werden. Auf dem Markt gibt es ein breites Angebot von pH-Papieren, die entweder die gesamte (Abb. 4-7 oben) oder einen mehr oder weniger engen (Abb. 4-7 unten) Bereich der pH-Skala abdecken. Dafür werden meist mehrere pH-Indikatoren zusammengemischt. Einige Papiere erlauben eine ziemlich genaue Bestimmung von ± 0,2 pH-Einheiten. Die Messung erfolgt durch Eintauschen eines kleinen pH-Papieres in die zu untersuchende Lösung und dem darauf folgenden Vergleich mit der Farbskala auf der Packung. Abb. 4-7. pH-Papier mit einem breiten (oben) oder engen Messbereich (unten). Eine nützliche Variante sind auch Plastikstreifen (Abb. 4-8), auf welche mehrere kleine pH-Papiere geklebt sind, die je einen unterschiedlichen pH-Indikator (oder eine Mischung) enthält. Abb. 4-8. pH-Streifen mit je vier unterschiedlichen Indikatoren. E-Dossier Wasser: Wasser aus der Sicht der Chemie PHBern 2012, www.phbern.ch