8. Sonntag nach Trinitatis_Leben im Licht

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Predigt zum 8. Sonntag nach Trinitatis (10.08.2014)
„Leben im Licht“ (Eph. 5, 8-15)
„Leben im Licht“ - so heißt das Thema dieses heutigen Sonntags, und darum geht es auch in
unserem heutigen Predigttext
Ich lese den Predigttext aus dem Epheserbrief, Kap. 5, die Verse 8-15...
8 Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Lebt als Kinder des Lichts; 9 die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.
10 Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, 11 und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. 12 Denn was von ihnen
heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. 13 Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; 14 denn alles, was offenbar wird, das ist
Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird
dich Christus erleuchten.
Liebe Schwestern und Brüder –
aufwachen! aufstehen! Ein neuer Tag, die Sonne scheint!
Ist es nicht schön, mit einem solchen Ruf geweckt zu werden? Besonders jetzt im Sommer,
wenn morgens tatsächlich die Sonne durchs Fenster scheint. Selbst als Langschläfer lässt man
sich so gerne mal aus dem Bett locken. Man geht wacher und besser gestimmt in den Tag
hinein, als wenn man sich selber mühsam aus dem Bett quälen muss.
Ein solcher Weckruf kommt uns auch aus dem Predigttext heute entgegen. Wach auf, der du
schläfst, steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten. Man nimmt an, dass er aus
einer frühen Taufliturgie stammt. Die frisch Getauften wurden damit in ihrem neuen Leben
begrüßt, ja in ihr neues Leben hineingerufen, wie am Morgen eines neuen Tages. Die Nacht
ist vorbei, erheb dich vom Schlaf und tritt heraus ans Licht. Da ist jetzt dein Platz, da gehörst
du hin: ans Licht, nicht in die Finsternis der Nacht.
Licht und Finsternis – um diese beiden Begriffe kreist unser heutiger Text, Das Leben wird
angesehen als ein Kampf, als ein Ringen zwischen diesen beiden Machtbereichen des Lichts
und der Finsternis. Es sind zwei Welten, die hier gegeneinander stehen, und man kann nur
einer von ihnen angehören: entweder, ich lebe auf der Seite des Lichts, oder auf der Seite der
Finsternis.
Die Finsternis steht für die Welt des Bösen: was unter ihrem Deckmantel geschieht, scheut
das Licht wie eine Kellerassel, und bringt nichts Fruchtbares hervor. Das Licht dagegen ist
das Symbol des guten, fruchtbringenden Lebens. Wer im Licht lebt, hat nichts zu verbergen.
Und alles, was ans Licht kommt, wird der Macht des Bösen entrissen...
Von den Empfängern des Epheserbriefes heißt es, dass sie früher, in vergangenen Zeiten, der
Finsternis angehörten. Durch ihren Glauben an Christus gehören sie aber nun auf die Seite des
Lichts. Ihr Leben steht seither unter diesem neuen Vorzeichen. Das sollen sie sich jeden Tag
nue bewusst machen. Darum der Aufruf, die Mahnung an sie – und das ist natürlich auch die
Botschaft heute an uns: „Lebt als Kinder des Lichts!“ Es scheint, als müssten wir ab und zu
wieder daran erinnert werden…
Leben im Licht – wer möchte das nicht? – so könnte man fragen.
Fast alles Leben strebt nach dem Licht: die Pflanzen sowieso, viele Tiere und auch die meisten Menschen. Aber wir wissen: auch die Finsternis ist eine Realität. Eine Realität in dieser
Welt, in der es so viel abgrundtief Böses gibt, das uns fassungslos macht. Ich denke nur an die
Grausamkeiten, die derzeit im Nahen Osten, aber auch in der Ukraine von den verschiedensten Kriegsparteien begangen werden. Ab das Dunkle ist auch eine Realität in uns: auch da ist
nicht alles nur hell und licht, wenn wir ehrlich sind. Auch in uns ringen Licht und Finsternis
miteinander.
Deshalb: Kann man der Finsternis so leicht entrinnen, wie es unser Text glauben macht? Sind
Licht und Finsternis wirklich immer so klar und sauber zu trennen? Oder hat nicht das
Sprichwort recht, das sagt: „Wo Licht ist, da ist auch Schatten“? Liegt beides nicht oft ganz
nah beieinander, eben weil wir beides in uns haben?
Ich weiß nicht, wie es Ihnen damit geht, mit dieser Aufteilung der Welt in Licht und Finsternis. Ich sehe in ihr eine Faszination und eine Gefahr. Die Faszination einer Gegenüberstellung
von Licht und Finsternis liegt sicher darin, dass sie vorgibt, man könne eine klare Linie zieht
zwischen dem Guten und dem Bösen – eine Linie, die wir heute oft vermissen. Diese Grenze
wird hier klar definiert: hier ist die Seite des Bösen, und dort ist die Seite des Guten. Und deshalb muss ich mich nur entscheiden: wohin will ich gehören: auf die Seite des Lichts oder auf
die Seite der Finsternis?
Daran, dass es diese beiden Mächte gibt, dürfte ja wohl kein Zweifel bestehen, wenn man sich
die Welt anschaut. Und trotzdem gibt es auch viele Bereiche, in denen die Zuordnung von gut
und böse nicht so eindeutig ist. Wir erleben es im Moment wieder bei der Diskussion über den
Krieg zwischen Israel und der Hamas. Wer differenziert urteilen kann, wird es sich hier nicht
so einfach machen können. Auch wenn das Böse, das auf beiden Seiten geschieht und so viel
Hass und Unheil anrichtet, offensichtlich ist…
Die Gefahr liegt darin, dass man die Welt zu schnell und zu vereinfachend aufteilt in diese
zwei Bereiche: Licht und Finsternis, Gut und Böse, Richtig und Falsch. Dann tun wir so, als
wüssten wir immer genau, wer oder was wo hingehört und wo die Grenze verläuft, obwohl
die Wirklichkeit oft viel komplexer und komplizierter ist, als wir meinen. Dann sehen wir das
Licht ganz schnell nur noch bei den einen und die Finsternis nur bei den Anderen. Und von da
aus ist es dann nur noch ein kleiner Schritt bis zu einem so gefährlichen Weltbild wie dem der
religiösen Fanatiker, die derzeit überall im Aufwind sind.
Wie man dieser Gefahr entgehen kann, das zeigt allerdings nun unser Text selber auf. Da steht
nämlich mitten drin das kleine, wichtige Wörtchen: „Prüft!“ – „Prüft, was Gott wohlgefällig
ist!“ Was heißt das? Das heißt, dass eben keineswegs immer schon feststeht, was gut und böse, richtig und falsch ist. Die Annahme, dass es eine Macht des Bösen, der Finsternis auf der
einen, und eine Macht des Guten und des Lichts auf der anderen Seite gibt, darf nicht wie eine
vorgefertigte Brille benutzt werden. Die Gegenüberstellung entbindet uns nicht von der eigenen Anstrengung, sie zwingt uns vielmehr, genau hinzuschauen und zu prüfen, was im Einzelfall dem Leben im Licht entspricht oder eben auch widerspricht.
Deshalb die Frage: wie sieht das aus, als Kinder des Lichts zu leben.? Woran erkennt man die
Kinder des Lichts?
Unser Text nennt drei Merkmale, nämlich: Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Sie werden mit
Früchten verglichen. An ihnen kann man ablesen, ob jemand im Licht lebt (wie schon das
Sprichwort sagt: An ihren Früchten soll man sie erkennen) Aber erst einmal sind es nur schöne und große Worte. Sie im Alltag mit Leben zu füllen, ist gar nicht so einfach.
Für mich haben alle drei Worte etwas mit einer Haltung zu tun, die Jesus uns vorgelebt hat:
Es geht darum, das Leben zu achten, die Würde eines jeden Menschen zu achten, sich nicht
über andere zu stellen. Sich berühren zu lassen von der Not und vom Leid der Menschen. Bereit zu sein, zu teilen von dem, was ich habe. Meinen Mund aufzumachen wenn verächtlich
über andere Menschen geredet wird, zu widersprechen, wenn die Wahrheit vertuscht oder
unter den Teppich gekehrt wird…
Wer so zu leben versucht, muss heute interessanter Weise damit rechnen, als „Gutmensch“
belächelt oder sogar beschimpft zu werden. Gutmensch, das ist tatsächlich in manchen Kreisen ein Schimpfwort: Ein Schimpfwort für Menschen, die immer noch daran glauben, dass
Frieden nicht mit Waffengewalt zu erreichen ist. Oder die sich hier im Land um eine Willkommenskultur für Flüchtlinge bemühen. Christen, die die Bergpredigt Jesu immer noch ernst
nehmen und versuchen ihr Leben daran auszurichten. Naive Gutmenschen sind wir. Aber ok,
ich lasse mich gerne so bezeichnen, solange ich nicht zu denen gehöre, die sich für die einzig
Guten und alle anderen für böse halten.
Denn darum geht es nicht, wenn die Bibel uns aufruft, als Kinder des Lichts zu leben. Wir
sollen keine Lichtgestalten sein. Im Gegenteil: wir sollten ein Bewusstsein davon haben, dass
es auch in uns noch Finsternis gibt. Und dass wir jederzeit wieder von der Macht der Finsternis überwältigt werden können.
Deshalb ist es ja notwendig, uns immer wieder daran erinnern zu lassen: Ihr seid Kinder des
Lichts. Ihr seid es nicht aus euch selbst, sondern weil ihr dem Kraftfeld von Jesus Christus
angehört. Wenn ihr mit diesem Kraftfeld verbunden bleibt, dann kann euch die Finsternis
nichts anhaben. Darum ist es so wichtig, dass wir uns jeden Tag neu wieder auf sein Licht
auszurichten. Und dass man uns an nicht an schönen Worten, sondern an unseren Früchten
messen kann: an dem, was durch unseren Glauben Gutes entsteht.
Und genau dazu dient der Ruf am Ende unseres Predigttextes: „Wach auf, der du schläfst,
und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten!“ Aufwachen, lebendig werden
und uns vom Licht Jesu Christi erleuchten lassen – das haben wir heute auch nötig, um den
Schrecken, der Finsternis unserer Zeit standzuhalten und etwas entgegenzusetzen. Darum ist
es gut, wenn wir von Zeit zu Zeit einen Weckruf wie heute bekommen, der uns daran erinnert:
Wir sind Kinder des Lichts.
Pfarrer Ulrich Schaffert
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