Predigt am 02.10.11 in Oslo Sexuelle Unmoral, Schamlosigkeit, 8 Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Lebt als Kinder des Lichts; 9 die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit. 10 Prüft, was dem Herrn wohlgefällig ist, 11 und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. 12 Denn was von ihnen heimlich getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. 13 Das alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird; 14 denn alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten. Eph 5, 8b-14 Das entspricht nicht der Liebe, das hilft weder euch noch anderen weiter. 1. Ermahnungen Es gibt Dunkles und Zerstörerisches in unserer Welt. Und es ist gut, wenn man das merkt und sich davon fernhält. Damit man nicht hineingezogen wird, sich selber infiziert, am Ende bereut, was man getan hat. Das war schon damals in der Gemeinde so, an die der Epheserbrief gerichtet ist. Prüft, was Gott gefällt, heißt es da in unserem Predigttext. Urteilt. Differenziert. Und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. D.h.: beteiligt euch nicht an irgendeinem Tun oder vielleicht auch Denken, das der Finsternis entstammt und zu nichts Gutem führt. Wenn ich anfange, das Kapitel in Eph 5 zu lesen, die Verse vor unserem Text, dann begegnen mir sehr konkrete Beispiele für Verhaltensweisen, die nicht recht zu Gott und zur Liebe passen. Das ist nämlich gleich die Überschrift: Alles, was ihr tut, soll von der Liebe bestimmt sein. Brecht eure Ehen nicht, steht zu dem Partner, für den ihr euch entschieden habt... Genauso nachdrücklich wird auch der Bereich des Besitzens angesprochen: Die Habgier hält euch fest, macht euch unfrei. Gebt eure Habsucht auf... Und das Reden: Obzsönitäten, gottloses Geschwätz und anzügliche Witze. Lästert nicht über andere, macht andere nicht fertig mit Worten... Und: Lasst euch nicht mit leeren Behauptungen täuschen. Lasst euch nicht verführen und bequatschen von Leuten, die nicht das im Sinn haben, was Gott will... Das alles klingt wie eine „moralische Aufrüstung“, wie das Insistieren auf ein christliches Weltbild, auf alte christliche Werte. Gegen Pornographie, Obszönitäten, die Macht des Kapitals, Habgier und Geschwätz. Das gibt es auch im Raum des Glaubens, natürlich, das kann auch sehr wichtig sein. Aber das ist nicht das Grundkonzept des christlichen Glaubens – obwohl es sich vielleicht manchmal so anhört. Worauf wir mit dem heutigen Predigttext hingewiesen werden, ist die Chance eines neuen Selbstverständnisses. Nicht Belehrung und Verhaltenstraining, sondern Erleuchtung, die Begegnung mit Gott, neue Bilder für mein Leben stehen im Vordergrund. Ihr seid Licht. Kinder des Lichts. Euer Leben kann Früchte des Lichts hervorbringen. Es geht um Felder, aus denen man heraustreten kann, Atmosphären, zwischen denen wir uns bewegen können. Wirklichkeiten, die wir aufsuchen können. Es geht um Aufwachen, Sich-erleuchtenLassen. Wenn ich die Bibel und auch den Epheserbrief lese, dann merke ich wie das, was mir da an Imperativen und Aufforderungen, wie ich leben soll, begegnet eingebettet ist in etwas viel Größeres. Aber Maßstab ist ganz ausdrücklich nicht, was man als Christ eben macht, sondern: die Liebe und was der Liebe entspricht. Genau in unserem ersten Vers des Predigttextes wird es deutlich, da ist der Übergang: - Trotzdem muss man doch fragen: Ist das wirklich alles, was der christliche Glaube sagen kann: Bessere dich? Halte dich raus? 8 Denn – und jetzt kommt die Begründung für die Ermahnungen, die wir gerade angeschaut haben - ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Lebt als Kinder des Lichts; Ist das die Antwort gegen den „Schmutz“ und die Finstermänner? Gegen Pornographie und Geldsucht? Gegen verborgene Machenschaften? Christliche Werte bekanntmachen, einschärfen, trainieren? Also erst kommt: ihr seid. Und dann erst: lebt danach. Ihr seid Licht in dem Herrn. Durch Gott. Gott macht etwas. Etwas, das unser Sein verändert. Wenn es etwas Neues in unserem Leben geben kann, dann kommt das von Gott. Und wenn wir neu werden, dann ist das etwas, was Gott allein tun kann. So ist es gedacht. Ihr seid Licht in dem Herrn. Kinder des Lichts. Wie ich dann mein Leben gestalten kann, was dann gut ist und nicht gut für mein Leben und wie ich damit umgehen kann, das kommt erst viel später. Das wächst heraus wie Früchte an einer Pflanze. 2. Wer bin ich? Es geht also zuerst einmal nicht um die Frage: „Was soll ich tun?“, sondern: „Wer bin ich?“. _______________________________Manche von Ihnen/ Euch haben schon ein Theatergruppen mitgespielt. Ich liebe es, Theater zu spielen. Das ist faszinierend: Eine neue Rolle spielen, in der ich etwas ausprobieren kann. Ein spannender Moment ist am Anfang, wenn die Rollen für ein neues Stück verteilt werden. Da fragt der Leiter, der Regisseur z.B.: „Wie wäre es, wenn du die Rolle von Hans im Glück übernimmst!?“ Oder: ,,Ich glaube, du würdest einen guten König abgeben!“ Ich bin gespannt, ob ich das hinkriege. Ob ich hineinfinde in die Rolle. „Du bist jetzt Hans im Glück oder der König“ wird mir da von außen zugesagt. Darin steckt: Ich traue dir diese Rolle zu. Und in dieser neuen Rolle mache ich tatsächlich auch neue Erfahrungen mit mir und anderen. Ich versuche, so zu handeln wie Hans im Glück oder wie ein König. Und ich merke, wie ich ein anderer werde. Saiten an mir, die ich schon lange nicht mehr angeschaut habe, kommen jetzt zum Klingen. Und das nicht nur beim Theaterspielen. Wer bin ich? Ich bin Hans im Glück, ich bin der König. Ich spüre: Nicht nur ich, sondern auch die anderen verhalten sich anders. Die lassen sich von meiner Sorglosigkeit als Hans im Glück anstecken. Die gehorchen mir als König. Wenn es dann ans Proben geht, dann hilft es mir, dass ich nicht nur die Worte eines Königs oder eines Hans im Glück nachspreche, sondern auch in anderen Kleidern und Schuhen gehe, dass ich ein ganz Anderer werde, äußerlich und innerlich. Wir brauchen einen Raum, in dem wir das immer wieder erfahren und einen „Regisseur“, der uns erinnert: Sei, was du schon bist. Erst recht, wo es wie im Glauben nicht nur darum geht etwas zu spielen, sondern eine wirkliche Veränderung aufzufangen. Ihr seid Licht in dem Herrn – heißt es heute. Und ihr seid geliebt. Wie werde ich dafür bereit? Bei den Proben holpert es zwischendurch immer wieder mal, dann sagt der Regisseur zu mir: Halt, so nicht! Versuch mal so würdig wie ein König zu schreiten. Fühl dich wie Hans im Glück, wie jemand, der nichts zu verlieren hat! 2. Wach auf, der du schläfst Es ist gar nicht immer so leicht, die Wesenszüge einer anderen Person anzunehmen und ein anderer zu werden. Deshalb brauche ich Unterstützung. Und ein guter Regisseur fordert nicht nur, sondern hilft mir auch, in meine Rolle besser hineinzufinden. Wer aufwacht fragt: Wo bin ich, wer bin ich, was ist heute dran, was will ich jetzt eigentlich? Aber immer wieder mit derselben Erinnerung: Sei derjenige, der du bist! Es ist anstrengende Arbeit, aber auch befreiend, weil ich in diesem Prozess merke: Ich kann auch anders, ich bin nicht festgelegt auf meine Verhaltensmuster. Liebende, aber auch Eltern oder gute Lehrer bringen diese Zusagen: ,,Ich trau dir das zu. Du bist auf einem guten Weg. Überlege, was du an Fähigkeiten in dir hast. Du hast noch mehr Möglichkeiten und Seiten in dir, als du ahnst.“ Solche Worte brauchen wir so nötig wie Brot. Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich Christus erleuchten. Am Ende des Textes wird ein Zitat eingeführt, wahrscheinlich aus einem urchristlichen Hymnus. Und wer schläft, fragt das eben nicht. Wachheit – die fehlt oft mitten im laufenden Betrieb des Alltags. Es gibt dieses gefährliche Dösen. Man kann auf voller Drehzahl laufen und dabei innerlich verschlafen und verschlossen sein. Wenn Wachsein bedeutet, zu wissen, wer man ist, zu tun, was in einem ist – dann müssen wir wahrscheinlich manchmal feststellen, dass wir allzu oft — schlafen. Wir schlafen, wenn wir immer von „man“ reden, vom ,,Es“ oder vom ,,Lauf der Welt“, von ungeprüften Gewohnheiten, vom Zwang des Üblichen, wenn wir uns nach dem Gesetz vom geringsten Widerstand treiben lassen. Wer schläft, ist ein Objekt, mit dem andere etwas machen können; in der Narkose kann man „tief einschneidende“ Dinge mit einem Menschen anstellen, ohne dass er es merkt. Wer bin ich, und wie kann ich das sein, was ich bin? Ich komme auf die Welt als ein Bündel von Potenzialen. Was wird daraus? Oft wird ein „Schlaf der Gewohnheit“ daraus. Mir wird ja alles gesagt, was ich zu tun habe. Was „normal“ ist. Alle wissen es besser – von klein auf - und ich frage gar nicht mehr. So werden aus wachen Kindern oft schlafende Erwachsene. Wer bin ich? Jeder sieht etwas anderes in mir. Den manipulierbaren Konsumenten. Den gehorsamen Staatsbürger. Den guten Kumpel, der alles mitmacht. Die fleißige Helferin, die innerlich verbittert ist. Den Nachbarn ohne Ecken und Kanten. Manchmal merken wir es dass wir gar nicht leben, sondern gelebt werden; aber wie solche, die — zwischen Schlafen und Wachen — nicht aus dem Bett finden, lassen wir längst fällige Entscheidungen anstehen. Wir dämmern dahin. Wir sind träge: sollen doch andere für uns denken! Wir sind entschlusslos: vielleicht löst sich das Problem von allein. Wach auf! Kriege mit, wer du bist. Und das bedeutet hier: Greif zu! Verpasse Gott nicht. Verschlafe nicht, was Gott mit dir machen will. Verpasse die Möglichkeit nicht, die Gott dir gibt. Er spricht dich an. Er sagt dir, wer du bist. Er ist dein Regisseur. Und er sagt: Ihr seid Licht in dem Herrn. Aber was heißt das? Licht? Was will er aus uns machen? 3. Was er aus mir machen will Jetzt aber seid ihr Licht in dem Herrn. Denn einst wart ihr Finsternis. Einst und jetzt – steht hier. Das heißt: Die, an die Paulus schreibt, sind geworden, was sie zuvor nicht waren. Etwas hat stattgefunden. Eine Erleuchtung, eine Lichterfahrung. Sie haben Jesus Christus kennen gelernt als den Retter und das Licht. Das hat sie verändert, eine Transformation durch Jesus Christus hat statt gefunden, eine Konversion, eine Bekehrung, so etwas wie eine neue Geburt. Über Paulus sagten sie (Gal 1,23): der uns einst verfolgte, verkündigt jetzt den Glauben. Er selbst sagt: Was mir einst Gewinn war, ich achte es jetzt alles für Schaden (Phil 3,7) Im Vergleich zu dem großen Licht. So reden viele Christen. Ich bin neu geworden. Das Dunkel hat er hell gemacht. Prominente wie Augustin. Oder der Mönch Martinus. - Unser Predigttext bringt diese Bekehrung in den Zusammenhang mit der Taufe. Da erlebten die Christen aus Ephesus eine Richtungsänderung, als sie zum Glauben kamen und sich taufen ließen. Uns geht es etwas anders mit unserer Taufe. Die meisten Getauften hier sind als Säuglinge getauft worden. Diesen Akt haben wir nicht bewusst gewollt, haben es meist nicht bewusst miterlebt. Aber, wenn es wirklich nicht nur um Besserung geht, um hineinwachsen, ler- nen, dann muss eine Veränderung passieren, die von Gott kommt. Wenn der Glaube mehr sein soll als neue Regeln, neue Angewohnheiten..... Wenn es nicht nur um ein Mehr an christlichem Leben geht. Paulus redet zu den Ephesern: haltet die Erinnerung daran wach, dass es einst anders war. Diese Verse sind an Menschen gerichtet, die sich an so eine Umkehrerfahrung in ihrem Leben erinnern können. Ihr habt es ja erlebt. Wie Jesus Christus für euch ein lebendiges Gegenüber wurde, wie er das Wichtigste wurde, von allem, was ihr je erlebt habt. Darum reden Christen von den Veränderungen, die Gott in ihnen bewirkt hat. Darum sprechen Menschen von einer Konversion, wie Gott aus ihnen etwas anderes gemacht hat. - Es ist wichtig, dass wir uns daran erinnern, dass am Anfang unserer Biographie die Tat Gottes in der Taufe stand. „Dieses Kind soll zu Gott gehören. Jesus Christus soll sein Leben bestimmen“. Aber zum Licht wird man durch Gottes Eingreifen. Immer wieder. Wie ist das bei ihnen? Viele, die sich wirklich als Christen verstehen, haben das „neue Sein“ noch gar nicht kennen gelernt. Oder klammheimlich wieder aus dem Auge verloren. Oder aufgrund von Enttäuschungen nicht mehr recht ernst genommen. Die Aufforderung, „christlich zu leben“ hören und spüren sie vielleicht schon. Aber sie merken, dass es noch um mehr gehen muss, als um ein deutlicheres christliches Weltbild oder stärker ausgeprägte christliche Werte. Vielleicht haben Sie eine Sehnsucht, dass Gott sie ergreift. Sie erleuchtet. Dass er Sie füllt, etwas Neues macht. Glaube heißt: sich dem Licht aussetzen – bekennen, was in meinem Leben finster, Schlaf, Schuld ist. Und das Licht herein zu lassen in mein Leben. Da gibt es einen Raum, in dem ich der werde, der ich bin. Den Gott gemacht hat. Im Licht erkenne ich mich. Eine helle Macht ist da, die Macht des Lichts, die Macht von Jesus Christus, die in mir Glauben möglich macht. Wenn ich ihm sage: du sollst bestimmen. Du sollst mir sagen, wie ich leben kann. Es gibt Menschen, die einen bei diesem Schritt begleiten können. Im Gebet kann ich das erleben, mit einem anderen Menschen, mit dem ich einen Neuanfang wagen kann. Der mir sagt, wie ich das Geschenk annehmen kann, das Gott mir geben will. Darum möchte ich denen sagen, die so eine Umkehr durch Gottes Wirken erlebt haben: Erinnert euch. Lasst es wirken. Lebt darin. Werde, der du bist. Und denen, die das nicht erlebt haben: Lasst euch erleuchten. Öffnet euch für seine Wirklichkeit. Werdet durch Vertrauen ein Kind Gottes, ein Kind des Lichts. Amen. Kulturchristentum. Als Christ fällt einem manches auf… Was sollen wir tun, was ist unsere Aufgabe? Christliche Werte! Was ist dann der Unterschied zu Kulturchristentum? Der Terrorist vom 22. Juli hatte auch ein christliches Weltbild, allerdings eines ohne Christus.