MOZART IN PARIS Freitag, 13. Mai 2016 19.30 Uhr, Kultur Casino Bern, grosser Saal Mirijam Contzen Violine Reinhard Goebel Dirigent Johann Christian Bach (1735 - 1782) Sinfonia Concertante in Es-Dur, W C41 für Flöte, zwei Klarinetten, zwei Hörner, Fagott und Streicher - Allegro assai - Larghetto - Minuetto Wolfgang Amadeus Mozart (1756 - 1791) Violinkonzert Nr. 6 in D-Dur, KV 271a - Allegro maestoso - Andante - Rondo. Allegro Christoph Willibald Gluck (1714 - 1787) Ouvertüre und Suite aus "Orphée" Wolfgang Amadeus Mozart Sinfonie Nr. 31 in D-Dur, „Pariser“, KV 297 (KV 300a) - Allegro assai - Andante - Allegro Dass auch Wolfgang Amadeus Mozart Vorbilder und Lehrer hatte, mag auf der Hand liegen. Und doch ist man ob dem scheinbar überirdischen Genius Mozarts versucht die Existenz von Lehrmeistern zu vergessen. Das Programm beleuchtet die Bedeutung des Schaffens von Johann Christian Bach und Christoph Willibald Gluck für den jungen Mozart und bringt Werke aus seiner Pariser Zeit zu Gehör. „ich liebe ihn (wie sie wohl wissen) von ganzem herzen – und habe hochachtung vor ihm.“ Diese Zeilen schrieb Wolfgang Amadeus Mozart (1756 - 1791) 1778 aus Paris an seine Familie. Die liebevollen Worte gelten Johann Christian Bach (1735 - 1782), dem Jüngsten der Bach-Söhne. Dieser war Mozart schon einige Jahre zuvor in London begegnet und wurde zum wichtigsten Vorbild für den jungen Komponisten. In der Musik Johann Christian Bachs vollzieht sich der Wandel von der barocken Klangsprache hin zum klassischen Idiom. So prägte er etwa die Gattung der Sinfonia concertante mit jener Weiterentwicklung des barocken Concerto grosso, die Elemente von Sinfonik und Solo/Ensemble-Konzert vereint. Mehr als vierzehn solcher Werke komponierte Bach und veröffentlichte diese in Paris. Eine Sinfonia concertante hätte auch Mozart für das Concert spirituel, jene zentrale französische Konzertgesellschaft schreiben sollen. Aufgrund von Intrigen kam es nie zu der Komposition. Stattdessen schuf er für das Orchester eine Sinfonie, die heute den Beinamen „Pariser“ trägt. In der Hoffnung auf eine Karriere in Frankreich komponierte Mozart seine Sinfonie ganz nach dem Geschmack der Pariser. Sie beschränkt sich auf drei Sätze – das Menuett entfällt hier – und ist relativ kurz gehalten. Der Kopfsatz ist geprägt von prägnanten Dreiklangs-Motiven und virtuosen Läufen und einem lieblich-naiven Seitensatz. Der zweite Satz im 6/8-Takt, den Mozart nach der ersten Aufführung grosszügig umarbeitete, gehört zu jenen mozart’schen Kleinoden in deren weitschweifenden Kantilenen man ewig verweilen könnte. Das finale Allegro hebt dann zum flotten Rausschmeisser an. In die Pariser Zeit fällt auch die Entstehung des D-Dur-Violinkonzerts, das je nach Zählung das sechste oder siebte ist. Da es nur in zwei teils stark variierenden Abschriften aus dem 19. Jahrhundert überliefert ist, wird gar an seiner Authentizität gezweifelt. Nichts destotrotz verzaubert das Konzert durch seinen ebenso lyrischen wie virtuosen Tonfall und dem effektvollen Einsatz von Doppelgriffen. Der deutsche Komponist Christoph Willibald Gluck (1714 - 1787) brachte die 1770er Jahre ebenfalls in Paris zu. Nachdem er sich in Wien mit seiner Opernreform erfolgreich über die erstarrten Konventionen der Gattung hinweggesetzt hatte, wollte er dieses neue, ganz auf den dramatischen Hergang ausgerichtete Musiktheater in Frankreich verbreiten. Dass er hierfür seine Oper Orfeo ed Euridice ins Französische übertrug und mit Ballettmusiken versah, kann durchaus programmatisch verstanden werden, ging doch der Siegeszug der Gattung Oper von Claudio Monteverdis Orfeo aus. Bereits in der Ouvertüre des Orphée offenbart sich das grosse dramatische Potential dieser Musik, während die Ballett-Suite elegant den Bogen zum Pariser Publikumsgeschmack spannt. Mirijam Contzen, Violine Als eine der vielseitigsten und interessantesten Musikerpersönlichkeiten ihrer Generation kann man Mirijam Contzen als Solistin, Kammermusikerin und Festivalleiterin erleben. Der legendäre ungarische Violinist Tibor Varga entdeckte das Talent der deutsch-japanischen Künstlerin, als sie im Alter von sieben Jahren bei Ihrem Orchesterdebüt mit einem Violinkonzert von Mozart auftrat. Daraufhin nahm sie ihr Studium bei ihm an den Musikhochschulen von Detmold und Sion auf. Im jungen Alter von sechzehn Jahren gewann sie den Internationalen Violinwettbewerb Tibor Varga, der ihr die Tore zur internationalen Musikwelt öffnete. Heute arbeitet Mirijam Contzen weltweit mit bedeutenden Orchestern und Dirigenten zusammen. 2004 debütierte Mirijam Contzen bei den Salzburger Festspielen. Claudio Abbado lud sie zu den «Berliner Begegnungen» ein. Seit 2005 leitet Mirijam Contzen ihr eigenes Kammermusikfestival auf Schloss Cappenberg. Mit grossem Erfolg war sie mit dem Zyklus aller sechs Violinkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart mit dem Folkwang Kammerorchester und der Bayerischen Kammerphilharmonie unter Leitung von Reinhard Goebel zu hören. Mirijam Contzen, die auf einer Violine von Carlo Bergonzi aus dem Jahr 1733 spielt, nahm bei ARTE NOVA/BMG mehrere CDs auf, darunter ein Recital mit dem Titel «Favourite Violin Pieces», für das sie 2001 den ECHO-Klassikpreis als beste Nachwuchskünstlerin erhielt. Kürzlich erschien eine Gesamtaufnahme aller Violinkonzerte Mozarts mit der Bayerischen Kammerphilharmonie unter Leitung von Reinhard Goebel bei Oehms Classics. www.mirijamcontzen.com Reinhard Goebel, Dirigent Reinhard Goebel, Gründer und 33 Jahre lang Leiter des Ensembles Musica Antiqua Köln, ist heute ein gefragter Dirigent und Vermittler seines enormen Wissens um die sogenannte Historische Aufführungspraxis. 1952 in Siegen geboren, studierte Reinhard Goebel Violine bei Franzjosef Maier, Eduard Melkus, Marie Leonhardt und Saschko Gawriloff. Seine musikhistorischen und philologischen Interessen vertiefte er durch ein Studium der Musikwissenschaften an der Universität Köln. Seit Januar 2009 ist Reinhard Goebel Erster Gastdirigent der Bayerischen Kammerphilharmonie Augsburg. Repertoire des 17. und 18. Jahrhunderts bringt er auch mit «modernen» Orchestern wie dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, dem Gewandhausorchester Leipzig und dem Royal Philharmonic Orchestra London zur Aufführung. Im Oktober 2013 gab er sein Debüt am Pult der Berliner Philharmoniker mit drei Konzerten in der Berliner Philharmonie. Jüngst war Reinhard Goebel für vier Konzerte mit Les Violons du Roy in Québec City und Montréal zu Gast und gab sein erfolgreiches Debüt als Dirigent in Kanada. Reinhard Goebel leitete am Nationaltheater Mannheim Neuproduktionen von Amadis de Gaule sowie Temistoclé von Johann Christian Bach und einen kompletten Monteverdi-Zyklus an der Niedersächsischen Staatsoper Hannover. Mit Stipendiaten der Orchester-Akademie der Berliner Philharmoniker studierte er 2008, 2010 und 2012 Werke von Johann Sebastian Bach, Georg Philipp Telemann und Antonio Vivaldi ein, die er mit den jungen Musikern im Kammermusiksaal der Philharmonie präsentierte. Seit Herbst 2010 ist Reinhard Goebel ausserdem Professor am «Mozarteum» in Salzburg. Seine Aufnahmen mit dem Ensemble Musica Antiqua Köln setzten Massstäbe in der Interpretationsgeschichte der Alten Musik. Reinhard Goebels facettenreiches Wirken wurde vielfach prämiert: 1984 würdigte ihn die Stadt Lübeck beispielsweise mit dem Buxtehude-Preis. 1997 erhielt er für seine exemplarischen Interpretationen und seine Tätigkeit als Musikforscher den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen und 2002 verlieh ihm die Stadt Magdeburg den Telemann-Preis. www.reinhardgoebel.com