4.1.2. Jugendpastoral als Teil der Pfarreipastoral Innerhalb einer Pfarrei sind viele pastorale Schwerpunkte zu finden. Einer davon ist die Jugendpastoral. Von Pfarrei zu Pfarrei wird diese sehr verschieden gewichtet und dementsprechend angegangen. Auch die Jugendpastoral baut auf die vier Grundvollzüge der katholischen Kirche. Hierzu ist zu sagen, dass der diakonische (Diakonia) und der gemeinschaftliche (Koinonia) Ansatz hier eine sehr grosse Rolle spielt. Hans Hobelsberger definiert Jugendpastoral als den Ort, wo Jugendliche anhand der Ansätze und Vorgaben, die wir aus unserem christlichen Glauben kennen, in ihrer individuellen und strukturellen Situation abgeholt werden. Die Jugendpastoral kann sich somit anhand der Bedürfnisse jugendlicher Menschen entwickeln und verändern.1 Oft tendiert man, den Begriff Jugendpastoral mit dem der kirchlichen Jugendarbeit gleichzusetzen. Jedoch werden wir gleich sehen, dass dies so nicht möglich ist. Aus diesem Grund ist eine kurze, aber genaue Auseinandersetzung mit dieser Frage notwendig. Ein Konzept für eine strukturierte, gemeinschaftsfördernde und jugendgerechte Ministrantengruppe Kirchliche Jugendarbeit zu definieren ist ein sehr heikles Thema. Grund dafür ist ein sehr differenziertes Verständnis von „Kirchlicher Jugendarbeit“ unter den Jugendarbeiter/innen bzw. Jugendseelsorger/innen, Pfarrer, Gemeindeleiter/innen, Pastoralassistenten/innen, Pfarreiräten usw. Für manche ist das, was einige als kirchliche Jugendarbeit definieren, eher offene Jugendarbeit. Für manch andere sind z.B. Anlässe wie Weltjugendtage eher keine kirchliche Jugendarbeit sondern Anlässe, die sehr stark katechetisch geprägt sind und somit anders zu definieren sind z.B. als Gemeindekatechese. So muss man sich ernsthaft die Frage stellen, was ist nun tatsächlich kirchliche Jugendarbeit? Der Verein Deutschschweizer Jugendseelsorger/Innen (Juseso-Verein) ist ein Zusammenschluss der regionalen und kantonalen Stellen für kirchliche Jugendarbeit, der sich ebenfalls mit dieser Frage beschäftigt. 2 Als Grundlage für ihre Arbeit verwenden sie die Magna Charta. Dies ist ein Dokument, welches sie entwickelt 1 2 Vgl. Hobelsberger, Zwischen Liturgie und Jugendpastoral, 70f. Vgl. Verein Deutschschweizer Jugendseelsorger/innen, Was ist der Verein? (Internet). haben und das als Hilfe bzw. als Grundlage für die kirchliche Jugendarbeit der Deutschschweiz dienen soll. Darin werden Themen behandelt wie: Was ist das Ziel der kirchlichen Jugendarbeit, Grundsätze und Rahmenbedingungen der kirchlichen Jugendarbeit in der Deutschschweiz. Bereits mit der Überschrift weist das Dokument darauf hin, dass es Grundlagen bietet, die eine gelingende kirchliche Jugendarbeit in der Deutschschweiz ermöglicht. Das Ziel der kirchlichen Jugendarbeit definiert die Magna Charta wie folgt: „Kirchliche Jugendarbeit ist Dienst der Kirche an der Jugend. Sie hat das Ziel ‘jungen Menschen den Zugang zu jener Lebensweise freizumachen und freizuhalten, wie sie Jesus von Nazareth gelebt hat.’ Es geht dabei ‘um die individuelle, soziale, gesellschaftliche und religiöse Entfaltung und Selbstverwirklichung des Jugendlichen: der freie, kontaktfähige, engagierte, kritische, selbst- und verantwortungsbewusste Mensch.’ (Zitate Synode 72 - St. Gallen). Leitend ist immer das Interesse an der Subjektwerdung aller Menschen vor Gott.“3 Das Bistum Basel gibt auf die am Anfang gestellte Frage eine ziemlich präzise Antwort.4 Im Dokument „Arbeitshilfe für die Jugendarbeit im Bistum Basel“ wird klar definiert was kirchliche Jugendarbeit ist. Zum einen wird festgestellt, dass kirchliche Jugendarbeit nicht als Oberbegriff benutzt werden kann, sondern als Unterbegriff bzw. als Teil der Jugendpastoral, die sich eben in kirchlicher Jugendarbeit und Katechese unterscheidet. Das Dokument zählt auf, was zu welchem Teil der Jugendpastoral gehört. Kurz gefasst gehören die offene kirchliche Jugendarbeit (Jugendliturgie, pfarreilich/kirchlich orientierte Jugendarbeit, informelle/religiöse/ spirituelle Bildung, Lebensgestaltung und Lebenshilfe), die verbandliche kirchliche Jugendarbeit (Jubla, Pfadi usw.) und die verbandsähnliche kirchliche Jugendarbeit (Ministrantenpastoral, Jugendchöre, Jugendarbeit kirchlicher Bewegungen) zur kirchlichen Jugendarbeit. Zum Bereich der Katechese gehören die Firmung 17+ und Firmung Sek1, welche gleichzeitig in den Bereich der Gemeindekatechese einfliessen. Der Oberstufenunterricht an sich kann auch in den Bereich der Katechese und somit der Jugendpastoral hineingenommen werden. In vielen Pfarreien stellt die Oberstufe nämlich die Brücke zwischen Religionsunterricht und Jugendpastoral dar. 3 4 Verein Deutschschweizer Jugendseelsorger/innen, Magna Charta (Internet). Vgl. Bistum Basel, Arbeitshilfe für die Jugendarbeit im Bistum Basel (Internet). 2 4.1.3. Ministrantenpastoral als wichtiger Bestandteil der Jugendpastoral Die Ministrantengruppen bilden heutzutage im Normalfall eine wichtige Jugendgruppe innerhalb einer Pfarrei. Viele Pfarreien behaupten oft, dass sie keine aktiven Jugendlichen oder Jugendgruppen hätten und aus diesem Grund keine kirchliche Jugendarbeit anbieten könnten. Schaut man aber genauer hin, verfügen diese Pfarreien oft über eine Ministrantengruppe. Gibt es Ministranten/innen, so hat man Kinder und Jugendliche mit denen man kirchliche Jugendarbeit machen kann. Das ist die positive Folgerung die man daraus ziehen kann. Andreas Büsch vergleicht, in seinem „Handbuch der Ministrantenpastoral“ die Ministrantenpastoral sogar mit der der Jugendverbände.5 Auf schweizerischer Ebene würde der Vergleich mit Jungwacht und Blauring, Pfadfindern usw. passend sein. Dadurch, dass das Bistum Basel die Ministrantenpastoral als Bestandteil der kirchlichen Jugendarbeit zählt, stärkt und rechtfertigt, muss dies in den Pfarreien wahrgenommen und umgesetzt werden. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass es innerhalb einer Pfarrei Personen (hauptamtlich oder auch ehrenamtlich) gibt, welche die Ministrantengruppen betreuen. Möchte man die Grundvollzüge der Katholischen Kirche in der Ministrantenpastoral einordnen, so muss man ganz klar sagen, dass die Leiturgia den wichtigsten Platz einnimmt. Zählt man die Ministrantengruppe als Jugendgruppe so können durchaus Parallelen zur gesamten Jugendpastoral gezogen werden und den Bereich der Diakonie (Diakonia) und Gemeinschaft(Koinonia) als ebenfalls wichtige Grundvollzüge genannt werden. Die Martyria muss ebenfalls beinhaltet sein, jedoch spielt sie hier keine primäre Rolle. 4.2. Die Ministranten/innen Um ein besseres Verständnis zu erhalten müssen die zwei Schwerpunkte der Ministrantenpastoral näher betrachtet werden. Bisher wurde nämlich mehrheitlich über die Ministranten/innen als wichtige Jugendgruppe gesprochen, jedoch muss man ganz klar sagen, dass sie ihren eigentlichen Schwerpunkt in der Liturgie haben, welcher auch als Ministrantendienst bekannt ist. Aufgrund dieser Vorüberlegung gilt es nun, sich dem Wesen der Ministrantenpastoral anzunähern. 5 Vgl. Büsch, Handbuch der Ministrantenpastoral, 295f. 3 Im Bereich der Liturgie (Ministrantendienst) hat sich dazu erstmals das Zweite Vatikanische Konzil geäussert, in dem es den Ministrantendienst als „wahrhaft liturgischen Dienst“ 6 bezeichnete. Diese Aussage des Konzils gewichtet den Ministrantendienst in besonderer Weise. Somit kann es nicht mehr als reine Hilfskraft gesehen werden. Zusätzlich wird hiermit die Teilnahme und Mitwirkung von Laien an der Liturgie aufgewertet. Zum Bereich der Liturgie gehört natürlich auch die Vorbereitung von neuen Ministranten/innen, Kurse, Leiterausbildung, Proben und vieles mehr. Jedoch lassen sich diese Bereiche auch mit dem jugendpastoralen Aspekt der Ministrantenpastoral vereinbaren oder überschneiden sich sogar. In einem nächsten Schritt soll aber der Ministrantendienst näher betrachtet werden. Verwendet man das Wort Dienst, muss man jedoch genau definieren, was damit gemeint ist.7 Eine Annäherung an die Definition des Ministrantendienstes geschieht aus Perspektive der vier Grundvollzüge der Katholischen Kirche, der Diakonie. Hierbei geht es um den Dienst am Nächsten. Somit wird mit dem Wort Dienst etwas komplett anderes gemeint als das, was man mit dem heutigen gesellschaftlichen Verständnisses dieses Wortes bezeichnet. Bei diesem Dienst handelt es sich um ein Handeln im Dienste der Gemeinde. Das heisst aber nicht, dass man als Stellvertreter für die Gemeinde handelt, sondern es ist ein Handeln, welches wie es Büsch nennt „exemplarisch für alle“8 steht. Die Katholische Kirche definiert im römischen Messbuch von 1975 ganz genau was der Ministrantendienst ist.9 Dort ist eine Aufgliederung der liturgischen Dienste in drei Teilen bzw. Gruppen in der allgemeinen Einführung in die Feier der heiligen Messe (AEM) aufgeführt: - Aufgaben und Dienste aufgrund des Weihesakraments - Aufgabe und Würde des Volkes - Besondere Dienste Der Ministrantendienst wird zu den besonderen Diensten gezählt, darunter fallen die Träger von Messbuch, Kreuz, Kerzen, Brot, Wein, Wasser und Rauchfass. Es geht also nicht darum, einen Dienst zu halten, wie dies vom Militär oder den früheren Dienst an einem Hof her bekannt, in welchem der Diener eingeschränkt und abhängig ist. 6 Zweites Vatikanisches Konzil, Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilum 29, vgl. Rahner, Kleines Konzilskompendium, 62. 7 Vgl. Büsch, Handbuch der Ministrantenpastoral, 116f. 8 Büsch, Handbuch der Ministrantenpastoral, 116. 9 Vgl. Hobelsberger, Zwischen Liturgie und Jugendpastoral, 62. 4 Gehen wir aber nun dem Begriff der Ministrantenpastoral nach. Jedoch ist es davor noch wichtig zu erwähnen, dass der Ministrantendienst ein Teil der Ministrantenpastoral ist. Beim Wort Pastoral handelt es sich „um das ganze Heilshandeln der Kirche“ 10. Daher geht es bei der Ministrantenpastoral darum, als Gruppe mit der eigenen Identität in einer grösseren Gemeinschaft, welche die Pfarrei ist, sich einzubetten und als Ministranten/innen den eigenen Beitrag für das ganze Heilshandeln der Kirche zu leisten11. Möchte man dies konkret und in heutigem Sprachgebrauch ausdrücken, so muss man sagen, dass die Ministrantenpastoral dafür sorgen soll, dass die engagierten Kinder und Jugendliche, welche sich für den Ministrantendienst entscheiden, sich darin wohl fühlen und dabei auch Spass haben sollen. Hier zeigt sich der jugendpastorale Aspekt. D.h., die Ministrantengruppe muss als Jugendgruppe wahrgenommen und behandelt werden. Hans Hobelsberger bringt dies meiner Meinung nach mit der Bezeichnung „integrativer Ministrantendienst“ zum Ausdruck. 12 Damit meint er, dass die Ministranten/innen als Subjekt angesehen werden müssen, die Schwächen und Stärken haben und mit beiden Charakteren der Gemeinde zur Verfügung stehen. Zum einen mit dem liturgischen Dienst und zum anderen als Kinder und Jugendliche, die von den Pfarreien wahrgenommen und begleitet werden müssen. 4.2.1. Geschichte der Ministranten/innen in der Katholischen Kirche Die Bezeichnung „Ministrant“ wird im Jahr 1955 zum ersten Mal verwendet. 13 Anlass dazu war ein Dokument, welches die Neuordnung der Heiligen Woche in der Liturgiereform darstellte. Allerdings geht man fest davon aus, dass der Ministrantendienst als solcher schon in der frühen Kirche bestand. Die frühe Kirche kannte viele Dienste und Ämter die von verschiedenen Personen ausgeübt wurden. Eine genaue Definition der Aufgaben gab es vermutlich nicht. Mit der Zeit ca. ab dem dritten Jahrhundert, fingen die ersten Aufgabenteilungen an und man definierte auch klare Ämter. Es wurde üblich, dass z.B. Priesteramtskandidaten zuerst die niedrigeren Ämter durchlaufen mussten wie Lektor, Akolythen, Ostiarier und sehr wahrscheinlich auch den Ministrantendienst. Im vierten Jahrhundert kam dann die 10 Büsch, Handbuch der Ministrantenpastoral, 119. Vgl. Büsch, Handbuch der Ministrantenpastoral, 119. 12 Vgl. Hobelsberger, Zwischen Liturgie und Jugendpastoral, 65-67. 13 Vgl. Büsch, Handbuch der Ministrantenpastoral, 27-31. 11 5 konstantinische Wende, die das bisher verfolgte Christentum zur Staatsreligion umwandelte. Dies hatte zur Folge, dass viele Menschen automatisch Christen wurden und somit auch mehr Ämter und Dienste geschaffen wurden. In vielen Familien wurde es schnell eine Sache der Ehre, den Sohn für einen kirchlichen Dienst zur Verfügung zu stellen. Der Kirche kam es gut gelegen, denn die Knaben hatten eine schöne Knabenstimme, welche für den Vortrag der Lesungen sehr geeignet war. Zudem galten die Knaben als keusch und rein und waren somit, aus der Sicht der Kirche besonders gut für den liturgischen Dienst geeignet. Etwa zu Beginn des sechsten Jahrhunderts begann man mit der Durchführung von Privatmessen, welche es vorher in dieser Form noch nicht gab. Grund dafür war die Zunahme der Priesterzahlen. Die Privatmessen wurden oft auch an Nebenaltären gefeiert, an welchen Gläubige ebenfalls dabei waren. Nun wurden auch „Altardiener“ notwendig. Es ging sogar soweit, dass beim Trienter Konzil beschlossen wurde, künftig keine Messen ohne Altardiener feiern zu dürfen. Feierte man die Messe trotzdem, war sie zwar nicht ungültig, aber unerlaubt. Zusätzlich klerikalisierte man auch den Ministrantendienst, in dem man die niedrigeren Ämter nun definitiv als Durchgangsstufen für die Priesterweihe festlegte. In ländlichen Gemeinden, in welchen nicht sehr viele Priesteramtskandidaten vorhanden waren, kann man wohl vermuten, dass die Messen trotzdem mit Laien-Ministranten/innen gefeiert wurden. Erstaunlicherweise dauerte es bis 1947 bis die Kirche auch Laienministranten offiziell anerkannte. Jedoch gab es immer noch den Unterschied zwischen LaienMinistranten/innen und Priesteramtskandidaten, die dieses Amt nur als Durchgangsstufe benötigten. Zu erwähnen ist auch, dass bis zu diesem Zeitpunkt immer nur Männer für diesen Dienst zugelassen waren. Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde definitiv entschieden, dass die drei Weiheämter Bischof, Priester und Diakon sind. Somit wurden alle übrigen niedrigeren Ämter aus den Weiheämtern gestrichen. So wurde auch der Ministrantendienst ein Laiendienst. Dies war aber nur möglich, weil das Zweite Vatikanische Konzil die Wichtigkeit der Laien auch während der Liturgie verstärkte und sie somit wieder ernst nahm. Erst 1992 kam es aber dann soweit, dass Papst Johannes Paul II auch Mädchen zu diesem Dienst zuliess. Die definitive Ausführung erfolgte aber erst 1994. 4.2.2. Heutige Ministrantenarbeit/pastoral in der Deutschschweiz 6 Heute sind in der Schweiz ca. 30`000 Ministranten/innen aktiv. Dies ist eine Schätzung der Deutschschweizerischen Arbeitsstelle für Ministrantenpastoral (DAMP). 14 Die deutschschweizer Ministranten/innen sind nicht als Jugendverband, wie die Jungwacht und Blauring oder z.B. auch die Pfadi, organisiert. Vielmehr zählen die meisten Ministrantengruppen in den Pfarreien, wie jede andere Gruppe bzw. Jugendgruppe. Es gibt keine vorgegebene Organisationsstruktur für Ministrantengruppen. In jeder Pfarrei ist oft eine andere Organisationsstruktur vorzufinden. Es gibt z.B. Ministrantengruppen, die als Präses, einen Hauptamtlichen der Pfarrei, i.d.R. eines/er Religionspädagogen/in od. Pastoralassistenten/in haben, der/die gemeinsam mit den Leitern die Gruppe führt. In einigen Fällen gibt es dazwischen eine/n Scharleiter/in, der/die die Leitung der Gruppe hat. In diesem Fall steht der Präses als Bezugsperson, Begleiter und Berater zur Verfügung. Was in vielen ländlichen Pfarreien vorzufinden ist, sind ehrenamtliche Frauen (meistens) oder Männer, die für die Ministrantengruppe verantwortlich sind. In den meisten dieser Fälle gibt es keinen Präses, da oft die personellen Ressourcen fehlen. Hier wird, alles direkt mit dem Pfarrer oder Gemeindeleiter abgesprochen. In anderen Pfarreien wiederum gibt es Ministrantengruppen, die zwar einen Verantwortlichen haben, aber keine junge Leiter/innen. So wie in der Ministrantengruppe die diese Arbeit behandelt. Als alleinige Arbeitsgruppe in der Deutschschweiz bietet die DAMP jährlich Kurse für Leiter/innen sowie auch Tagungen für Präsides an. Somit müssen alle Pfarreien, die ihre Leiter oder auch Präsides aus- bzw. weiterbilden möchten, die Angebote der DAMP nutzen. Gleichzeitig bietet die DAMP auch Kurshefte wie z.B. das MinipowerHeft an, das als Hilfsmittel für die Ministrantenpastoral sehr tauglich ist, Spiele wie Ministranten-Tabu usw., die auf die Arbeit mit Ministranten abgestimmt sind, sie organisiert Minifeste oder Minireisen für alle Deutschschweizer Ministranten/innen und vieles mehr. Für die Ministrantenpastoral ist die Arbeitsgruppe DAMP sowie auch die Arbeitsstelle DAMP, die als Unterstützung wirkt, eine sehr grosse Hilfe und Anlaufstelle für Fragen. Die Arbeitsgruppe arbeitet ehrenamtlich im Auftrag der Deutschschweizerischen Ordinarienkonferenz15. Dagegen wird die Arbeitsstelle von der Römisch-katholischen Zentralkonferenz und das Fastenopfer finanziell unterstützt. 14 Vgl. DAMP, Die DAMP (Internet). Vgl. Deutschschweizer Ordinarienkonferenz (Internet). Diese beschäftigt sich unter anderem mit kirchlichen Fragen, welche die deutschsprachige Schweiz betreffen. 15 7 4.3. Gemeindetheologische- bzw. pastorale Ansätze Wie in jeder kirchlichen Gruppierung ist die Gemeinschaft ein Zentraler Schwerpunkt. Die Kirche lebt von der Gemeinschaft seiner Gläubigen. Aus diesem Grund soll auch in der Ministrantenpastoral dieser Aspekt als „tragende Wand“ betrachtet werden. 4.3.1. Ministranten als Gemeinschaft in einer Gemeinschaft Die Ministrantengruppe ist keine auf sich allein gestellte Gruppe, die sich selbst beschäftigen will, kann oder muss. Das Ministrieren vollzieht sich im Gottesdienst bzw. während der Liturgie und ist somit Teil einer Feier, die nicht nur von den Ministranten/innen, sondern von der ganzen Gemeinde gefeiert wird. Es ist z.B. keine Fussballmannschaft, bei welcher es primär um den Fussball geht. Das Fussballspiel selber bezweckt nichts als den blossen Spass und die Freude beim Spielen oder Zuschauen. In den meisten Fällen stehen sich zwei Mannschaften gegenüber, die allein nur Fussball spielen möchten und nichts anderes dabei bezwecken. Beim Ministrieren geht es um einen Dienst für die Gemeinde, der nicht symbolisch für die Gemeinde vollzogen wird, sondern für die Förderung der Teilnahme seitens der ganzen Gemeinde geschieht. 16 Daher spielt der Aspekt der Gemeinde eine sehr wichtige Rolle. Wenn hier von Gemeinde gesprochen wird, dann wird damit die Kirche als Gemeinde gemeint, welche ihren Glauben in Jesus Christus fundiert. Wenn man von Kirche spricht, meint man Menschen, die ihren Glauben in Gemeinschaft leben. Der Heilige Paulus verwendet in seinem ersten Brief an die Korinther eine sehr eindeutige Beschreibung von Kirche, wenn es darum geht, zu erklären, was Kirche sein heisst. Er sagt: „Denn wie der Leib eine Einheit ist, doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich es viele sind, einen einzigen Leib bilden“(1Kor 12, 12). Dieser Beschreibung nach könnte man durchaus behaupten, dass die Ministranten/innen das Recht haben, der Gemeinschaft (Pfarrei) anzugehören und sich einzubringen. Ebenfalls sollen sie sich aber bemühen, ein Teil der Gemeinschaft zu sein und nicht als abgekapselte Gruppe zu wirken, die nur dann mit der Gemeinschaft etwas zu tun hat, wenn man Ministrantendienst hat. Nur in diesem Fall 16 Vgl. Büsch, Handbuch der Ministrantenpastoral, 98ff. 8 kann man von Gemeinschaft in der Gemeinschaft reden. Somit wird es wichtig, dass die Ministrantengruppen als Teil der Gemeinschaft wahrgenommen und geschätzt werden. 4.3.2. Ansatzpunkte für eine Gemeinschaftsförderung Um eine Gemeinschaft zu leben, sei diese gross oder klein, sind verschiedene Aspekte zu beachten, die für die Gemeinschaftsförderung unvermeidbar sind. Mit Sicherheit gibt es viele Ansichten, die es diesbezüglich zu erwähnen und zu erläutern gilt, jedoch werden nun zwei Aspekte angeschaut, welche meines Erachtens wichtige Säulen in der Gemeinschaftswerdung einer Ministrantengruppe darstellen. 4.3.2.1. Verbindlichkeit / Verbundenheit Geht man der Frage nach, wie Gemeinschaft entsteht, wird einem schnell bewusst, dass man sich gegenüber etwas verbunden fühlen muss, damit man sich auch als Teil davon nennen kann. Nimmt man die Pfarrei als Gemeinschaft und versucht die Verbundenheit der Pfarreimitglieder an ihr zu analysieren, muss man sich als erstes die Frage stellen, an was sie gebunden sind. Die Pfarrei ist im Idealfall, bzw. in den Wunschvorstellungen vieler, eine Gemeinschaft von Gläubigen, die sich aus Glaubensüberzeugung engagieren, gemeinsam Gottesdienst feiern und ihr Alltagsleben in das Leben der Pfarrei, so gut es geht, einbinden.17 Daher geht es hier nicht (nur) um eine Gemeinschaft die existiert, weil die Leute, die ein Teil davon sind es gut untereinander haben, sondern weil ihr christlicher Glaube sie verbindet und sie aus diesem Glauben, der auch ein Gemeinschaftsideal vorgibt, ihr Alltagsleben und dementsprechend das Leben der Pfarrei gestaltet. Geschieht dies, entsteht eine bewusste Verbundenheit zur Pfarrei bzw. zur Gemeinschaft. Damit ist jedoch nicht eine Kontrastgesellschaft gemeint, die sich von der „äusseren Welt“ abgrenzt, sondern vielmehr eine Gemeinschaft, die sich mit Themen der „äusseren Welt“ konfrontiert und aus Sicht des christlichen Glaubens zu deuten versucht.18 Auch bei den Ministranten/innen ist es nicht anders, obwohl die Realität heute vielerorts definitiv entgegengesetzt aussieht. Kinder und Jugendliche, die sich als Ministrant/in 17 18 engagieren, brauchen auch eine gewisse Verbundenheit zur Vgl. Zulehner, Gemeindepastoral, 98ff. Ders., 102f. 9 Ministrantengruppe bzw. zur Pfarrei. Hat die Ministrantengruppe selbst keinen Bezug zur Pfarrei, ausser, den angebotenen Ministrantendienst, wird sie schwer eine Verbindlichkeit zur Pfarrei schaffen. 19 Die Ministrantengruppe ist ein Teil der Gemeinschaft und muss sich als solche auch in der Gemeinschaft einbringen. Geschieht dies freiwillig, ohne Zwang, entsteht Verbindlichkeit. Geschieht es aber unfreiwillig, vor allem auf Abruf, verliert sich mit der Zeit die Verbindlichkeit zur Pfarrei. Aus diesem Grund ist es Auftrag jeder verantwortlichen Person in der Ministrantenpastoral, die Beziehung mit der Pfarrei zu pflegen, die sie Verbindlichkeit schafft. Auf der anderen Seite ist es wichtig, dass sich die Ministranten/innen der Ministrantengruppe verbunden fühlen. Ist die Gemeinschaft der Ministranten/innen lebendig, d.h., spannende Aktivitäten, altersgerechter Umgang mit dem Glauben, abwechslungsreiche Proben, motivierte Leiter usw. ist es für eine/n Ministranten/in einfacher sich in die Gruppe zu integrieren. Auf dieser Weise, fühlt sich der Ministrant gebraucht und ernstgenommen. Hier entsteht die Verbundenheit zur Pfarrei durch eine Kettenreaktion. Fühlt sich der/die Ministrant/in der Ministrantengruppe verbunden, die selber sehr gut im Pfarreileben integriert ist, wird sich der/die Ministrant/in ebenfalls der Pfarrei verbunden fühlen. 4.3.2.2. Identifikation Identifiziert sich ein Vertreter einer Kaffefirme nicht mit dem Produkt, wird dieser seinen Job wahrscheinlich nicht mit Leidenschaft ausüben. Jeden Morgen wird es eine Überwindung brauchen um zur Arbeit zu gehen und irgendwann wird eine neue Arbeitsstelle gesucht. Dieses Beispiel gilt auch für die Identifikation mit einer Gemeinschaft. Um sich in einer Gemeinschaft wohl zu fühlen und sich mit ihr zu identifizieren, muss man deren Werte und Regeln akzeptieren und verstehen. Handelt es sich um eine christliche Gemeinschaft, in diesem Fall eine katholische Pfarrei, dient die Heilige Schrift bzw. das Evangelium, als Fundament und Wegweiser. Spricht man von einer Minisitrantengruppe so ist es notwendig, Ministranten/innen über die Wichtigkeit ihres Dienstes aufzuklären. 19 20 20 die Jede Vgl. Büsch, Handbuch der Ministrantenpastoral, 98ff. Ders., 98ff. 10 Pfarreileitung und auch die Verantwortlichen der Ministrantengruppen sind aufgefordert, ihre Ministranten/innen gut auszubilden und den Sinn und Zweck ihres Handelns zu erklären. Dies ist vor allem wichtig, damit sie wissen, wofür sie sich entschieden haben. Diese Zustimmung soll mit den Jahren die Verantwortung für die Ministrantengruppe, aber auch für die Gemeinschaft, wachsen lassen und somit eine Identifikation fördern. Natürlich spielen auch andere Faktoren dabei eine Rolle, jedoch bringt es zum Beispiel wenig, wenn man sich zwar in der Ministrantengruppe wohl fühlt, jedoch nicht so richtig weiss, was das Ministrieren für eine Bedeutung und Wichtigkeit hat. Somit kann Identifikation nur entstehen, wenn man weiss, was man tut und dies gerne, motiviert und mit Spass tut. 4.4. Ansätze für eine strukturierte Ministrantenpastoral Die Ministrantengruppe ist Teil der kirchlichen Jugendarbeit. Hier siedelt sie sich in der verbandsähnlichen Jugendarbeit an. Daraus resultiert, dass die Ministrantenpastoral keine bestimmten Strukturvorgaben hat, sondern eher auf sich alleine gestellt ist. 21 Dies erzwingt eine individuelle Strukturierung der Ministrantengruppe, um eine funktionierende Organisation bzw. Pastoral zu gewährleisten. Wie für jede andere Gruppe ist es auch für die Ministrantengruppe von Vorteil, organisiert bzw. strukturiert zu sein. Eine gut funktionierende Struktur vereinfacht die Arbeit mit jeder Gruppe. In vielen Pfarreien arbeitet man in der Ministrantenpastoral mit gewissen vorhandenen Konzepten oder Strukturen.22 Jedoch ist es sinnvoll, dass man diese ab und zu verbessert oder sogar überarbeitet. Nicht selten basiert die Ministrantenpastoral auf einer alt eingesessenen Tradition, die seit vielen Jahren in der jeweiligen Pfarrei vorhanden ist, von welcher man sich nicht so leicht trennen kann, obwohl man weiss, dass man längst für neues aktiv werden müsste. Vor allem im kirchlichen Umfeld ist es aber schwierig, neue Strukturen zu schaffen, „da das alte ja immer funktioniert hat“. 4.4.1. Vorhandene Strukturen in der Pfarrei Wie bereits am Anfang dieser Arbeit erwähnt, wurde die Ministranten/innengruppe in den letzten zehn Jahren von einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin geleitet. In den vielen 21 22 Vgl. Patrick C. Höring, Jugendpastoral heute, 81f. Vgl. Büsch, Handbuch der Ministrantenpastoral, 269ff. 11 Jahren erstellte sie die Ministrantenpläne, organisierte Reisen und Weekends, Spielabende, und sorgte sich um Geschenke z.B. an Weihnachten usw. Während dieser Zeit gab es keine Ministrantenleiter/innen. Daher lag die ganze Organisation bei ihr. Bei grösseren Anlässen wie Reisen, wurde sie von Eltern unterstützt. Vor allem die älteren Ministranten/innen wurden in diesem Sinne vor dieser Arbeit „geschützt“. Im Kapitel 4.5.1 wird der Begriff der Partizipation genauer angeschaut. Hier wurde leider nicht nach diesem Prinzip gearbeitet. Dies wird vor allem sichtbar, wenn man die geringe Verbindlichkeit der Ministranten/innen gegenüber der Ministrantengruppe selber, aber vor allem gegenüber der Pfarrei feststellt. Zulehner würde diese Tatsache wahrscheinlich als logische Konsequenz bezeichnen.23 Eine Bestandsaufnahme über die Struktur der Ministrantenpastoral der Pfarrei St. Peter zeichnet ein klares Bild. Sie ist in eine familiäre Struktur geordnet, die Vorteile bringt, jedoch Jugendliche zu wenig fördert, da sie kaum Verantwortung übernehmen müssen. Aus diesem Grund ist eine Neustrukturierung- bzw. Neuorientierung in Absprache mit dem Seelsorgeteam notwendig. 4.4.2. Vorhandene Strukturen auf Dekanats- und Bistumsebene sowie auf Regional- und Deutschschweizer Ebene Die einzige Institution die das Ministrantenleben in der Deutschschweiz begleitet und Unterstützung bietet, ist wie bereits mehrfach erwähnt die DUMP. Ihre Leistungen und Angebote wurden bereits unter Punkt 4.1.1. erwähnt. Weitere Strukturen oder Stellen, die die Ministrantenpastoral begleiten oder unterstützen gibt es in der Deutschschweiz nicht. Daher sind die Pfarreien oft sehr „frei“ in der Gestaltung ihrer Ministrantenpastoral. 4.5. Religionspädagogische Überlegungen für die Arbeit mit Jugendlichen Es ist wichtig die Welt der Jugendlichen zu verstehen und diese mit Empathie zu betrachten. Nur wenn man die Gedankengänge jugendlicher Menschen nachvollziehen kann, kann man sie in Prozesse mit einbeziehen, in welchen sie sogar Verantwortung übernehmen können. Es ist dabei wichtig, keinen Druck auf sie aufzusetzen. 23 Vgl. Zulehner, Gemeindepastoral, 98ff. 12 4.5.1. Magna Charta des Bistum Basel als religionspädagogischer Auftrag Das Dokument „Magna Charta“ des Bistums Basel wurde schon mehrfach erwähnt. Jedoch bedingt es nun einer tieferen Auseinandersetzung aus religionspädagogischer Sicht. Es soll klar werden, was dieses Dokument konkret für die Jugendpastoral in Bezug auf die Ministrantenpastoral bedeutet. Es wird primär ausgesagt, dass Jugendliche als Subjekte gesehen werden sollen und dass ihre Lebenswelt bei der Begegnung mit ihnen eine sehr wichtige Rolle spielt.24 Dies ist meiner Meinung nach ein sehr wichtiger Aspekt für den Zugang zu ihnen. Denn nur wenn sie, so wie sie sind, ernstgenommen werden, ermöglichen sie eine Kontaktaufnahme, welche eine Jugendarbeit ermöglicht. Es wird ebenso verlangt, dass sich die Jugendlichen in der Jugendarbeit beteiligen und diese mitgestalten. Kurz gefasst spricht man hier ganz klar von Partizipation und legitimiert diese methodische Herangehensweise mit Jugendlichen. Im Kapitel 4.5.1 wird dieser Aspekt ausführlicher erarbeitet. Weiter hält das Dokument fest, dass Jugendarbeit Beziehungsarbeit ist und daher viel zeitlichen Aufwand bedarf. Natürlich muss an dieser Stelle gesagt werden, dass in jeder Pastoral die Beziehungsarbeit von grosser Bedeutung ist. Jedoch scheint mir die Akzentsetzung der Magna Charta sehr wichtig zu sein und muss seitens der Pfarreien als Auftrag des Bistums ernstgenommen werden. Was bedeutet dies nun für die Ministrantenpastoral? Die Ministrantenpastoral muss den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen, die sich für den Ministrantendienst entscheiden, angepasst sein. Weiter ist es wichtig, dass Ministrantenleiter/innen/Oberministranten aber auch alle anderen Ministranten/innen sich am Leben der Ministrantengruppe mit ihren Ideen beteiligen und diese aktiv mitgestalten. Nur so nimmt man sie ernst. Ihre Lebenswelt wird somit automatisch ins Spiel gebracht, weil sie ja selber mitbestimmen können. Abschliessend scheint mir wichtig zu erwähnen, dass Jugendarbeit nicht von alleine entsteht. Sie bedarf einer professionellen Begleitung und Unterstützung. Die Verantwortlichen für die Jugendarbeit/Jugendpastoral müssen die Mitgestaltung und Mitwirkung der Jugendlichen auch ermöglichen. Zudem müssen seitens der Vgl. Verein Deutschschweizer Jugendseelsorger/innen, Magna Charta – Grundlage für eine gelingende kirchliche Jugendarbeit in der deutschsprachigen Schweiz (Internet). 24 13 Kirchgemeinden auch die räumlichen und finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. 4.5.2. Einblick in die altersbedingte, körperliche sowie psychologische Entwicklung von Jugendlichen Würde man das Jugendalter definieren wollen wäre man gezwungen, alle Jugendlichen in einen Topf zu nehmen.25 D.h. man würde davon ausgehen, dass alle Jugendlichen gleich handeln und gleiche Hobbies, Werte, Umgebung usw. hätten. Die Realität zeigt, dass dies definitiv nicht so ist. In der Vergangenheit wurde oft versucht, das Jugendalter zu generalisieren, jedoch wurde eine solche Generalisierung mehrheitlich abgelehnt, weil es schlicht eine Utopie darstellt. Betrachtet man es aus der Sicht der anthropologischen Theologie, muss dies klar abgelehnt werden. Die Jugendlichen leben heute in einer vielfältigen Welt, die ihnen unzählige Möglichkeiten und Lebenswelten bietet und jeder sich das holen kann, was er möchte. Altersbedingte Entwicklung Hinzu kommt, dass das Alter (während der Jugendzeit) eine bedeutende Rolle spielt. Höring fängt bei der Altersgliederung bei 11-12 Jahre an. Hier beginnen sich vor allem die sekundären Geschlechtermerkmale zu bilden und die Pubertät , und endet bei 27 Jahren. Innerhalb dieses Zeitraums erlebt der Jugendliche im Normalfall zwei Phasen. Zum einen die Phase der Adoleszenz, die mit 11-12 Jahren beginnt und mit 18 Jahren endet, und zum anderen die Phase der Postadoleszenz, welche vom 18. – 27. Lebensjahr dauert. Dabei spielt das Geschlecht ebenfalls eine wichtige Rolle. Oft wird das Jugendalter von den Erwachsenen als kritisch oder sogar heikel angeschaut. Jedoch empfinden das die Jugendlichen überhaupt nicht so. Die meisten fühlen sich in ihrem Alter sehr wohl. Daher ist die Interpretation erwachsener Menschen oft anders als das eigentliche Empfinden von Jugendlichen. Körperbedingte Entwicklung Neben dem Alter spricht auch die körperliche Entwicklung bei den Jugendlichen eine wichtige Rolle. Sie merken nämlich, dass ihr Körper im Gegensatz zum Kindesalter anders geworden ist. Dies spielt bei der psychologischen Entwicklung auch eine entscheidende Rolle. 25 Vgl. Höring, Jugendlichen Begegnen, 25-36. 14 Psychologische Entwicklung Zuletzt soll der Begriff der Identität erläutert werden. Wie kaum in einer anderen Lebensphase ist der Mensch im Jugendalter damit beschäftigt seine Identität zu bilden. Das wird oft von der Aussenwelt- bzw. von den Menschen im eigenen Umfeld angetrieben, ohne dass man es aber bewusst wahrnimmt. Je nach Handeln der anderen wird der Jugendliche beeinflusst und ist gezwungen demensprechend zu reagieren. Bei den meisten Jugendlichen stellt dieser Prozess eine Herausforderung dar. Jedoch hilft diese Herausforderung der Entwicklung der Identität. Anbei ein Beispiel, um es besser zu verdeutlichen. Verlangt die Mutter von ihrer Tochter, dass sie sich nicht mehr in einer gewissen Art und Weise benehmen soll, muss sich die Tochter damit auseinandersetzen. Wahrscheinlich ist sich die Tochter dessen nicht bewusst, jedoch passiert der vorher beschriebene Prozess. Von ihr wird verlangt, dass sie sich anders benehmen soll und dies kann für sie eine Herausforderung sein, weil sie evtl. nicht einmal versteht, warum. Trifft mit der Zeit das Verständnis dafür ein, so hat sie eine Entwicklung erlebt. Natürlich darf auch hier nicht generalisiert werden. Jeder Jugendliche entwickelt sich verschieden schnell- bzw. langsam. 4.5.3. Jugendliche ernst- bzw. wahrnehmen Oft hört man in kirchlichen Milieus den Spruch: „Die Jugendlichen sind die Zukunft unserer Kirche“. So muss man sich fragen, welche Rolle sie in der Gegenwart spielen. Papst Franziskus widersprach diesem Spruch radikal bei seinem Impuls bei der Vigil am Samstagabend in der Weltjugendtagswoche in Rio de Janeiro (Brasilien). 26 Er flehte die katholischen Jugendlichen aller Welt an, sich als Gegenwart der Katholischen Kirche zu fühlen. Erstaunlich und besonders war aber, dass er nur kurz erwähnt hat, dass die Kirche die Jugendlichen braucht. Seine ganze Rede handelte darüber, dass Jesus die Jugendlichen braucht, so wie sie sind, mit ihren Bedürfnissen, Sorgen, Ängsten, Nöten usw. Um den Jugendlichen ihre Wichtigkeit aufzuzeigen verwendete er den Vergleich mit dem Fussball. Und zum Schluss sagte er: „Liebe junge Freunde, seid wahre ‘Athleten Christi’“. An diesem Abend holte der Papst die Jugendlichen dort ab wo sie waren. Er verlangte nichts, munterte sie jedoch auf mit auf den Weg zu gehen! 26 Vgl. Heiliger Stuhl, Apostolische Reise nach Rio de Janeiro aus Anlass des XXVII. Weltjugendtags. Vigilfeier mit den Jugendlichen, Ansprache von Papast Franziskus (Internet). 15 In seinen Worten kann man die Wichtigkeit der Menschen, in diesem konkreten Fall der Jugendlichen, erkennen, so wie sie sind und nicht so wie man sie gerne haben möchte. Was heisst das, für die Arbeit mit Jugendlichen in den schweizer Bistümern und folglich in den Pfarreien? Vor Papst Franziskus gab es viele Theologen, welche wahrscheinlich mit einer anderen Sprache, jedoch ähnliches oder zumindest annähernde Ansätze zum Ausdruck brachten. Ottmar Fuchs ist einer von diesen.27 Er hat sich mit dem Ansatz: „Der Dienst der Jugend an der Kirche“ auseinandergesetzt. Er hat ein positives Bild der Jugend. Aus diesem Grund ist es seiner Meinung nach wichtig, dass die Jugendlichen so wie sie sind, sich in der Kirche einbringen sollen. Vor allem ihre kritische und innovative Kraft sind für Fuchs von grossem Nutzen für die Kirche. Daher muss der Jugendliche nicht als Objekt, sondern als Subjekt angesehen werden, welcher mitwirkt. Er warnt aber gleichzeitig vor diesem Vorgehen, da die Jugendlichen seiner Meinung nach von der Erwachsenenwelt nicht verstanden würden und daher wieder als Objekt gesehen würden, die es zu erziehen gilt. Die Jugendlichen helfen seiner Meinung nach der Kirche, um die Jugendlichen selber anzusprechen. Da aber viele Personen, die in der Kirche Verantwortung tragen dies als gefährlich sehen und demensprechend die Bedürfnisse und Stärken der Jugendlichen nicht berücksichtigen, würde dies die Jugendlichen von der Kirche fern halten. So verwendet er eben den Begriff der „Erwachsenenkirche“. Um eine jugendgerechte Kirche zu gestalten verlangt Fuchs, dass man anfängt ihnen zuzuhören. Wie man bei Papst Franziskus, aber vor allem bei Fuchs entnehmen konnte, darf man heute nicht einfach nur das Kirchenrecht und die Bedürfnisse der Kirche dem Jugendlichen und generell dem Menschen vorlegen. Diese Vorgehensweise greift nicht mehr! Heute muss vom Menschen her gedacht werden. 4.6. Relevante Methoden und Prinzipien Nach einer gründlichen Hinführung zum Thema der Ministrantenpastoral ist es nun wichtig, dass man handfeste Methoden anschaut, die die Arbeit mit Jugendlichen vereinfachen. Zum Teil wurde in dieser Arbeit oft der Begriff „Partizipation“ erwähnt. Genau aus diesem Grund wird nun diese Methode als erste vertieft, um dann in 27 Vgl. Höring, Jugendlichen begegnen, 138-144. 16 einem weiteren Schritt die konkrete Grosspruppenmethode zu analysieren, mit welcher ich das Praxisprojekt angehen werde. 4.6.1. Partizipation Bevor man über Strukturen spricht, muss man sich damit auseinandersetzten, vor allem wenn die betroffene Struktur eine Jugendgruppe ist, wie man vorrangeht und welchem Prinzip man dabei folgen will. Im diesem Fall, werden die älteren Ministranten/innen der Pfarrei St. Peter, mit Hilfe des Religionspädagogen i.A., diese neue Struktur, bzw. Konzept, für die Ministrantenpastoral erarbeiten. Sie bilden die Projektgruppe. Der Begleiter der Projektgruppe (Verfasser dieser Arbeit) wird mit dem Prinzip der Partizipation aller Beteiligten arbeiten. In Anlehnung auf P. Zulehner wird versucht dieses Prinzip zu verdeutlichen.28 Im gleichen Moment, in welchem die Menschen an der Kirche mit ihren Gedanken und Bedürfnissen bei Entscheidungen aktiv teilnehmen dürfen, wird auch ihre Würde als Menschen bzw. als Gläubige ernstgenommen. Zulehner geht sogar soweit, dass er die Partizipation als „Grundaufforderung der Katholischen Soziallehre“ bezeichnet. Mit diesem Prinzip fordert man die Menschen auf, Verantwortung zu übernehmen und das Leben der Kirche mitzugestalten. Bei der Neustrukturierung der Ministrantenpastoral heisst das, dass die Jugendlichen, der Projektgruppe, Verantwortung übernehmen und sich mit ihren Ideen einbringen und bei den definitiven Entscheidungen mitentscheiden. Bei der konkreten Erarbeitung des Konzeptes stellt der Begleiter ihnen die Ziele des Seelsorgeteams vor, welche er im Voraus mit ihnen besprochen hat. Nun ist es Aufgabe der Projektgruppe, mit ihren Vorstellungen, Wünschen und Bedürfnissen ein Konzept daraus zu erarbeiten, welches von jedem einzelnen Mitglied der Projektgruppe akzeptiert und mitgetragen wird. Haben die Jugendlichen die Möglichkeit selbst mitzuentscheiden, ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass sie später bereit sind, am Geschehen der Ministrantentengruppe bzw. Ministrantenpastoral mitzuarbeiten. Würde man über ihre Köpfe Entscheidungen treffen, könnte man sie nicht mehr ansprechen, weil sie sich nicht mehr angesprochen fühlen würden. Dabei muss der Grundgedanke der ständigen Partizipation leittragend sein. Beginnt man mit diesem Prinzip, muss man dieses auch ohne Unterbruch verfolgen. Würde das Seelsorgeteam z.B. eines Tages 28 Vgl. Zulehner, Gemeindepastoral, 95ff. 17 eigenhändig das Konzept verändern, wäre dies für die weitere partizipative Arbeit fatal. Dies würde ein Vertrauensbruch bedeuten. 4.5.2. Real Time Strategic Change RTSC-Methode/Konferenz Die RTSC-Methode wurde als Grossgruppenmethode konzipiert. 29 Zielgruppe sind dabei Unternehmen. Bei dieser Methode geht es konkret um die Veränderung von Arbeitsweisen oder Konzepten, die je nach dem schneller, präziser und nachhaltig werden sollen. Dabei werden alle Betroffenen miteinbezogen. Wann verwendet man die RTSC-Methode? Oft verwendet man diese Methode, wenn eine generelle Unzufriedenheit bei allen Beteiligten herrscht und die aktuelle Situation z.B. in einem Unternehmen nicht mehr tragbar ist. So muss sich die Leitung der jeweiligen Gruppe, oder eben des Unternehmens, sich Gedanken über neue Ziele, Arbeitsprozesse usw. machen. Wie geschieht das? Die Leitung bringt meist selber ihre Ziele und Wünsche vor und versucht evtl. bereits selber ein Konzept zu erarbeiten, welches bei einer RTSC-Konferenz allen Beteiligten vorgestellt und zur Diskussion gestellt wird. Häufig beauftragt die Leitung eine Arbeitsgruppe mit den von ihr gesetzten Zielen, ein Konzept zu erarbeiten. Dieses wird bei der Konferenz vorgestellt. Bei Grossunternehmen werden sogar Nebengruppen gebildet, die der Arbeitsgruppe als Hilfe dienen. Es können z.B. Gruppen gebildet werden, die sich nur mit der Beschaffung von Informationen beschäftigen oder sich nur damit beschäftigen Interviews/Befragungen innerhalb des Unternehmens durchzuführen, um das aktuelle Befinden der Beteiligten zu erfassen. Nebst diesen Gruppen können verschiedenste andere Gruppen ins Leben gerufen werden. Bei kleinen Unternehmen oder Gruppen reicht mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Arbeitsgruppe aus. Ziel Ziel der Arbeitsgruppe ist es, ein Konzept zu erarbeiten, welches bei der RTSCKonferenz präsentiert und diskutiert wird. Wie ausführlich das Konzept ist, entscheidet die Leitung. Evtl. soll das Konzept für die RTSC-Konferenz noch gar nicht fertig sein, damit es dort ausgearbeitet werden kann. 29 Vgl. Seliger, Einführung in Grosspruppen-Methoden, 62-82. 18 Es kann aber durchaus möglich sein, dass die Leitung ein ausgearbeitetes Konzept möchte, welches nur noch vorgestellt werden muss und allen Beteiligten schmackhaft gemacht wird und damit einen Konsens findet. Das Hauptziel der RTSC-Konferenz ist die Neuorientierung. Diese kann ganz anders aussehen. Es kann sich nämlich um Strategieentwicklung, Strategieumsetzung, Leitbildentwicklung, Meetings, Kulturwandel, Integration und Fusion, Umstrukturierung oder auch um interkulturelle Kooperation handeln. Weitere Ansätze sind nicht auszuschliessen. Wo? Vor allem für die Konferenz wird empfohlen genügend Raum zu haben, um vor allem eine angenehme und produktive Gruppenarbeitsphase zu ermöglichen. Man sollte mit ca. 4m2 pro Person rechnen. Wenn man eine Konferenz mit ca. 40 Beteiligten plant sollte der Raum/Saal mind. 160m2 haben. Was braucht man für die Vorbereitungsphase? - Motivierte Beteiligte - Bildung der Arbeitsgruppen - Genügend Zeitressourcen für die Arbeitsgruppe müssen von der Leitung zur Verfügung gestellt werden. - Budget für allfällige Anschaffungen. - Evtl. muss das Pensum der Beteiligten aufgestockt werden. Was braucht man für die RTSC-Konferenz? - Beamer für Präsentationen - Mikroanalge bei mehr als 30-40 Personen - Bei mehr als 100 Personen mehrere Mikrophone - Gute Stühle - Flipchart - Filzstifte - Pinnkärtchen - Klebebänder - Pins - Klebepunkte 19 - evtl. Teilnehmer Handouts - evtl. Namenskärtchen us Zeitraum Es ist nicht genau definiert wie lange die Vorbereitung für eine RTSC-Konferenz dauern soll. Je nach Grösse und Anspruch des zu erarbeitenden Konzeptes kann dies sehr variieren. Dagegen wir für die RTSC-Konferenz eine Dauer von ein bis drei Tagen vorgeschlagen. Vorteile Der grösste Vorteil dieser Methode ist, dass es nicht massgeschneidert für einen bestimmten Prozess ist, sondern auf viele Neuorientierungsformen angewendet werden kann, wie bereits schon unter den Zielen ausführlich geschildert wurde. Aus diesem Grund können nicht nur Unternehmen davon profitieren, sondern alle möglichen Gruppen wie z.B. in dieser Arbeit die Ministrantengruppe. Nachteile / Gefahren Man darf nicht von Anfang an davon ausgehen, dass durch die Anwendung dieser Methode und die entsprechende Durchführung der Konferenz, die gewünschten Ergebnisse erreicht werden oder zumindest eine sofortige Verbesserung zu sehen ist. Ein solcher Prozess kann nämlich auch scheitern. Gründe dafür können die fehlende Kompetenz der Arbeitsgruppe, fehlende Motivation, vernichtende Tendenz der Beteiligten bei den Vorschlägen der Leitung oder der Arbeitsgruppe, fehlende Einschätzung der Grösse des Projekts usw. sein. Die RTSC-Methode sollte nicht als Mittel in einem Krisenmoment des Unternehmens verwendet werden. Denn in einem solchen Fall werden z.B. oft Mitarbeiter entlassen und die die bleiben, sind oft verunsichert und können nicht klar in die Zukunft denken. Weiter darf nicht missverstanden werden, dass mit der RTSC-Methode nun ein Modell angewendet wird, in dem alle Beteiligten mitentscheiden. Die Entscheidungen bleiben ganz klar bei der Leitung, jedoch bekommen die Beteiligten die Gelegenheit mitzureden und mitzuwirken. 20