Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft VORSCHLÄGE FÜR SCHWERPUNKTBEREICHE DER FACHGRUPPE SOC 2015-2017 Die Wirtschaftskrise hat Jahre wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts zunichte gemacht und die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vertieft. Die Versuche der Regierungen, die öffentlichen Haushalte durch Ausgabenkürzungen zu sanieren, ohne vorausschauend in Wachstum, Beschäftigung und Humankapital zu investieren, gelten inzwischen weithin als gescheitert, und die Umsetzung der Strategie Europa 2020 für ein intelligenteres, nachhaltigeres und stärker inklusives Wachstum kommt nur langsam voran. Wir laufen Gefahr, die sozialen und beschäftigungspolitischen Ziele zu verfehlen. Entscheidend für das Erreichen dieser Ziele ist das Hinwirken auf politische Kohärenz zwischen den wirtschaftlichen und sozialen Zielen der EU. Die Notwendigkeit von Veränderungen liegt auf der Hand – gebraucht werden innovative Lösungen im weitesten Sinne –, und diese Veränderungen sollten von den Bürgern selbst ausgehen und angetrieben werden. Europas aktuelle Probleme ziehen sich durch viele Bereiche und sind eng miteinander verknüpft, und sie verlangen entsprechende Lösungen. Zunehmende Ungleichheiten und das Wechselspiel zwischen Ungleichheit, Wachstum und Stabilität müssen unter verschiedenen Blickwinkeln und mit unterschiedlichen Strategien untersucht werden. Dies muss seinen Niederschlag in einer umfassenden Zusammenarbeit zwischen den Fachgruppen und Beobachtungsstellen des EWSA sowie der CCMI bei übergreifenden Themen finden. Für die erste Hälfte der kommenden Mandatsperiode könnte die Fachgruppe SOC drei Schwerpunktbereiche ins Auge fassen: Investitionen – einschließlich Sozialinvestitionen – in inklusives Wachstum, Arbeitsplätze und Humankapital Das europäische Sozialmodell ist eng mit dem Konzept der sozialen Marktwirtschaft verknüpft. Dies bedeutet einerseits, dass die Unternehmen geeignete Bedingungen vorfinden müssen, um innerhalb eines gut funktionierenden Binnenmarkts sowie darüber hinaus wachsen zu können. Andererseits muss der Schwerpunkt auf den Erhalt und die Schaffung mehr und besserer Arbeitsplätze, europaweite soziale Rechte und Sozialinvestitionen als Produktionsfaktor gelegt werden. Aufbauend auf dem Sozialinvestitionspaket könnte die Fachgruppe Möglichkeiten suchen, um gute Arbeitsplätze zu schaffen, die Jugend- und die Langzeitarbeitslosigkeit durch aktive und inklusive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zu bekämpfen; um unternehmerische Kompetenz zu fördern, die Beschäftigung und die grenzüberschreitende Mobilität zu EESC-2015-02422-00-00-TCD-TRA (EN) 1/3 DE steigern und die gegenseitige Anerkennung von Diplomen und sonstigen Befähigungsnachweisen zu stärken; um Investitionen in das Humankapital, die allgemeine und berufliche Bildung und das lebenslange Lernen anzuregen und so beschäftigungsfördernde Fertigkeiten zu entwickeln, effizientere Produktionsverfahren einzusetzen, die Anpassung an den technischen Fortschritt und die mit dem Übergang zu einer Wirtschaft mit niedrigem CO2-Ausstoß verbundenen Herausforderungen zu meistern und seine Chancen zu nutzen – für all dies ist eine langfristige Strategie erforderlich, in die alle einschlägigen Akteure eingebunden werden; wir brauchen Bildungsformen, die neben der Verbesserung der Fertigkeiten und Kompetenzen den Menschen auch das Wissen und die Einstellung vermitteln, die sie benötigen, um Forschung und Entwicklung voranzutreiben und neue Ideen in Innovationen zu verwandeln. Die Fachgruppe ist überzeugt, dass die gesammelte Wirkung dieser Faktoren – höhere Beschäftigung, gesteigerte Produktivität und Anpassungsfähigkeit – Europa in die Lage versetzen werden, in der globalen, wissensbasierten Wirtschaft zu bestehen. Achtung der Grundrechte und der sozialen Rechte Die wichtigste Voraussetzung für die Wahrung von Frieden und Demokratie in Europa sowie für das Wohlergehen aller Bürger ist die Achtung ihrer Grundrechte und sozialen Rechte. Es muss mehr dafür getan werden, dass sowohl die Charta der Grundrechte der EU als auch die Sozialcharta des Europarates aktiver genutzt werden. So wird sichergestellt, dass sowohl die Erwerbs- als auch die Nichterwerbsbevölkerung soziale Sicherheit und sozialen Schutz erhält, unabhängig vom Wohn- und Arbeitsort. Diese Aspekte sind eng mit der Bekämpfung aller Formen von Armut verbunden. Die Fachgruppe könnte die Möglichkeit der Einführung eines angemessenen Mindesteinkommens für Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, sowie des weiteren Ausbaus der sozialen Säule der WWU prüfen, einschließlich einer Überprüfung der Fortschritte und Überwachung der Leistungsfähigkeit der Sozialpolitik durch die Einbeziehung von Sozialindikatoren und Sozialverträglichkeitsprüfungen in das Europäische Semester. Ferner könnte die Fachgruppe Initiativen für eine stärkere Gleichbehandlung und Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung prüfen und überlegen, wie diese durch positive Maßnahmen in Bezug auf die allgemeine und berufliche Bildung und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt ergänzt werden können. Diesbezüglich könnte die Fachgruppe insbesondere Vorschläge für die Stärkung der Gleichstellung und die Einbeziehung der geschlechterspezifischen Dimension in alle Lebensbereiche vorbringen; die aktive gesellschaftliche Einbindung und umfassende Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, wie im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNCRPD) gefordert wird; und die Bekämpfung der Diskriminierung von Roma sowie ihre verbesserte Teilhabe – auch wenn die Roma aktuell die größte ethnische Minderheit in der EU sind, sind sie immer noch auf allen Ebenen der Beschlussfassung Vorurteilen und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt. EESC-2015-02422-00-00-TCD-TRA (EN) 2/3 Migration, Asyl und Integration Europa benötigt dringend einen neuen Rahmen für die Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Massenzustrom an Asylbewerbern, Flüchtlingen und irregulären Migranten. Die Tragödien, die sich auf dem Mittelmeer abspielen, erfordern ein umfassendes, kohärentes und konsequentes Handeln der EU, um zu gewährleisten, dass die Menschenrechte geachtet und weitere Verluste von Menschenleben verhindert werden. Gleichzeitig sollte anerkannt werden, dass Einwanderer einen positiven Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und Vielfalt in Europa leisten. Die Arbeitsmärkte in Europa sind schon heute von Einwanderern abhängig, was in Zukunft sogar noch stärker der Fall sein wird aufgrund der großen demografischen Herausforderungen angesichts einer alternden Bevölkerung, sinkender Geburtenraten und des Fachkräftemangels in zahlreichen Bereichen. Die Fachgruppe könnte alle Aspekte der neuen europäischen Agenda für Migration prüfen. Insbesondere könnte sie sich mit den Initiativen zur Verbesserung der EU-Politik für eine legale Zuwanderung beschäftigen, wie zum Beispiel der Überarbeitung des Systems der Blauen Karte der EU. Im Bereich der irregulären Einwanderung könnte die Fachgruppe einen auf Rechten basierenden Ansatz fördern, bei dem Ausgewogenheit zwischen Sicherheit und humanitären Anliegen zentral steht. In Bezug auf die Bemühungen der EU um die Umsetzung eines gemeinsamen Asylsystems könnte die Fachgruppe die Bedeutung verstärkter Solidarität und die Notwendigkeit einer Überarbeitung der DublinVerordnung, die Bedeutung von Umsiedlungs- und Neuansiedlungsprogrammen sowie die Notwendigkeit unterstreichen, die ordnungsgemäße Umsetzung der geltenden Rechtsvorschriften zu überwachen. Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie dem UNHCR und mit Drittländern sollte die Fachgruppe bei der Verfolgung ihrer politischen Prioritäten wo immer möglich mit der Fachgruppe REX zusammenarbeiten. _____________ EESC-2015-02422-00-00-TCD-TRA (EN) 3/3