Welches Verfahren ist das? A) Mitentscheidungsverfahren B) Zustimmungsverfahren C) Anhörungsverfahren D) Verfahren der Zusammenarbeit 1. Nach diesem durch den Vertrag von Maastricht eingeführten Verfahren (Artikel 251 des EG-Vertrags) werden bestimmte Rechtsakte vom Rat der Europäischen Union und vom Europäischen Parlament gemeinsam erlassen. Das Mitentscheidungsverfahren umfasst eine, zwei oder drei Lesungen und erfordert zahlreiche Kontakte zwischen Parlament und Rat, den beiden gesetzgebenden Organen, sowie mit der Europäischen Kommission. Mit der Einführung des Mitentscheidungsverfahrens wurden die Gesetzgebungskompetenzen des Europäischen Parlaments in folgenden Bereichen ausgeweitet: Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsrecht, Dienstleistungsfreiheit, Binnenmarktgesetzgebung, Bildungs-, Gesundheits- und Kulturpolitik (Fördermaßnahmen), Verbraucherpolitik, transeuropäische Netze (Leitlinien), Umweltpolitik (allgemeines Aktionsprogramm) sowie Forschung (Rahmenprogramm). Mit dem Amsterdamer Vertrag wurde das Mitentscheidungsverfahren vereinfacht, um es effizienter und zügiger abwickeln zu können und die Rolle des Parlaments zu stärken. Zudem wurde es auf neue Bereiche ausgedehnt, insbesondere die soziale Ausgrenzung, das Gesundheitswesen und die Bekämpfung von Betrug zu Lasten der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaft. Die Mitwirkung des Europäischen Parlaments an der Ausübung der Gesetzgebungsbefugnis stärkt den demokratischen Charakter der Gemeinschaftsmaßnahmen. Alle mit qualifizierter Mehrheit gefassten legislativen Beschlüsse sind geeignet, im Mitentscheidungsverfahren verabschiedet zu werden. So geht denn auch in den meisten Fällen die Mitentscheidung des Parlaments mit der Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit im Rat einher. Für einige Vertragsbestimmungen bestehen jedoch nach wie vor Mitentscheidung und Einstimmigkeit nebeneinander. Die im Februar 2000 eröffnete Regierungskonferenz hat sich für die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Mitentscheidungsverfahrens - parallel und als Ergänzung zur Ausweitung der qualifizierten Mehrheit im Rat - ausgesprochen. So ist nach dem Vertrag von Nizza bei sieben Vertragsbestimmungen, für die die Regierungskonferenz die qualifizierte Mehrheit vorgesehen hatte, auch das Mitentscheidungsverfahren vorgesehen. Dabei handelt es sich um Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen, die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen, spezifische Maßnahmen zur Unterstützung der Industrie, Aktionen zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts (außerhalb der Strukturfonds), Regelungen für die europäischen politischen Parteien und schließlich Maßnahmen im Zusammenhang mit Visa, Asyl und Einwanderung. 2. Dieses Verfahren wurde durch die Einheitliche Europäische Akte (1986) eingeführt (Artikel 252 des EGVertrags). Das Parlament erhielt damit die Möglichkeit, über eine zweite Lesung der Legislativvorschläge der Kommission den Gesetzgebungsprozess stärker zu beeinflussen. Zunächst wurde der Anwendungsbereich dieses Verfahrens mit dem Vertrag von Maastricht beträchtlich ausgedehnt; mit dem Vertrag von Amsterdam hat sich der Trend wieder zu Gunsten des Mitentscheidungsverfahrens (Artikel 251 des EG-Vertrags) umgekehrt. So wird das Verfahren der Zusammenarbeit nunmehr ausschließlich im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion angewendet. Das Verfahren der Zusammenarbeit wird stets durch einen Vorschlag der Kommission in Gang gesetzt, der an den Rat und das Europäische Parlament weitergeleitet wird. Im Rahmen einer ersten Lesung gibt das Parlament eine Stellungnahme zu dem Vorschlag der Kommission ab. Der Rat legt daraufhin mit qualifizierter Mehrheit einen gemeinsamen Standpunkt fest, der dem Parlament mit allen notwendigen Informationen und unter Angabe der Gründe, aus denen der Rat diesen gemeinsamen Standpunkt festgelegt hat, zugeleitet wird. Das Parlament prüft den gemeinsamen Standpunkt in zweiter Lesung und kann ihn binnen drei Monaten billigen, abändern oder ablehnen. In den beiden letzten Fällen ist dazu die absolute Mehrheit seiner Mitglieder erforderlich. Lehnt es den Standpunkt ab, so kann der Rat in zweiter Lesung nur einstimmig beschließen. Die Kommission überprüft innerhalb einer Frist von einem Monat den Vorschlag, aufgrund dessen der Rat seinen gemeinsamen Standpunkt festgelegt hat. Anschließend übermittelt sie dem Rat den überprüften Vorschlag. Dabei liegt es in ihrem Ermessen, die vom Parlament vorgeschlagenen Abänderungen zu übernehmen oder nicht. Binnen drei Monaten kann der Rat den überprüften Vorschlag mit qualifizierter Mehrheit verabschieden, ihn einstimmig ändern oder die von der Kommission nicht berücksichtigten Abänderungen ebenfalls einstimmig annehmen. Beim Verfahren der Zusammenarbeit kann der Rat stets ein Veto ausüben, indem er sich nicht zu den Abänderungsvorschlägen des Europäischen Parlaments oder zu dem geänderten Vorschlag der Kommission äußert, und so das Rechtsetzungsverfahren blockieren. 3. Das Anhörungsverfahren (Artikel 192 EG-Vertrag) ermöglicht es dem Europäischen Parlament, eine Stellungnahme zu einem Vorschlag der Kommission abzugeben. In den im Vertrag vorgesehenen Fällen konsultiert der Rat das Parlament, bevor er über den Vorschlag der Kommission beschließt, und berücksichtigt dessen Standpunkt. Er ist allerdings nicht an die Stellungnahme des Parlaments gebunden, sondern nur zu dessen Anhörung verpflichtet. Das Parlament muss erneut angehört werden, wenn der Rat von dem ursprünglichen Vorschlag zu weit abweicht. Die Befugnisse des Parlaments sind bei diesem Verfahren insofern relativ eingeschränkt, als es keinerlei Einfluss darauf nehmen kann, ob die Kommission seine Abänderungen in einem geänderten Vorschlag berücksichtigt. Außer den in den Verträgen vorgesehenen Fällen hat sich der Rat ferner zu einer fakultativen Anhörung des Parlaments bei den meisten wichtigen Fragen bereit erklärt. Dieses Anhörungsverfahren wird auch bei nicht verbindlichen Rechtsakten angewendet, insbesondere bei Empfehlungen und Stellungnahmen des Rates und der Kommission. 4. Das Zustimmungsverfahren (Artikel 192 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft) wurde mit der Einheitlichen Europäischen Akte (1986) eingeführt. Nach diesem Verfahren muss der Rat bei besonders wichtigen Beschlüssen die Zustimmung des Europäischen Parlaments einholen. Der Grundsatz des Zustimmungsverfahrens beruht auf einer einzigen Lesung. Das Europäische Parlament kann einen Vorschlag annehmen oder ablehnen, jedoch nicht abändern. Ohne seine Zustimmung kann der Rechtsakt nicht angenommen werden. Die Bereiche, in denen das Zustimmungsverfahren erforderlich ist, sind im Wesentlichen der Beitritt neuer Mitgliedstaaten (Artikel 49 EG-Vertrag) sowie Assoziierungsabkommen und andere Grundsatzabkommen mit Drittländern. Es ist zudem erforderlich in den Bereichen Unionsbürgerschaft, Aufgaben der Europäischen Zentralbank (EZB), Änderungen der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der EZB, Strukturund Kohäsionsfonds sowie einheitliches Wahlverfahren für die Europawahlen (Artikel 190 EG-Vertrag). Die Zustimmung des Europäischen Parlaments ist schließlich erforderlich für Sanktionen gegen einen Mitgliedstaat, der Grundrechte auf schwerwiegende und anhaltende Weise verletzt (Artikel 7 EU-Vertrag) sowie für jede verstärkte Zusammenarbeit in Bereichen, für die das Mitentscheidungsverfahren gilt. Das Parlament erteilt seine Zustimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. In zwei Fällen jedoch, nämlich beim Beitritt eines neuen Mitgliedstaates und beim Wahlverfahren, ist die Mehrheit der dem Parlament angehörenden Mitglieder erforderlich.