Die Akteure in der EU

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Zusammenfassung: Akteure in der EU
Der Willensbildungsprozess in der EU hat sich in vielen Jahrzehnten unter teils schwierigen
Umständen mit manchen Rückschlägen bis zum heutigen Stand entwickelt. Entsprechend der in
der westlichen Welt üblichen Staatsrechtslehre gibt es legislative, exekutive und judikative
Organe. Zum ersten Bereich zählen das Europäische Parlament und der Ministerrat.
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Das Parlament hat im Lauf der Jahrzehnte zunehmend Rechte erhalten. Es kann mittlerweile
in zentralen Fragen mitentscheiden und durch ein Misstrauensvotum die Exekutive stürzen.
Die Wahlen zum Europäischen Parlament entsprechen den in Deutschland gültigen Grundsätzen und spiegeln die EU-Parteienlandschaft wider. Die Abgeordneten gehören übernationalen Fraktionen an und überwinden damit teilweise ihre nationale Zugehörigkeit.
Verfahrensweisen und Kompetenzen des Parlaments sichern diesem eine wichtige, unter
demokratischen Aspekten aber noch auszubauende Position.
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Der Ministerrat verkörpert die Interessen der EU-Staaten und spielt bei der Ernennung der
EU-Kommission und bei der Gesetzgebung gegenüber dem Parlament eine sehr wichtige Rolle.
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Insbesondere über den Europäischen Rat, in dem die Staats- und Regierungschefs zusammenkommen und zentrale Grundsatzfragen diskutieren und entscheiden, üben die einzelnen
Nationalstaaten noch relativ großen Einfluss auf die europäische Entscheidungsfindung aus.
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Der Europäische Gerichtshof und der Europäische Rechnungshof wachen darüber, dass
Rechtsvorschriften eingehalten und Haushaltsgebaren den EU-Bestimmungen entsprechen. Sie
haben bisher viel dazu beigetragen, in ihren Aufgabengebieten die europäische Integration
voranzubringen. Die Frage, ob es eine europäische Verfassung geben sollte, wird
unterschiedlich betrachtet. Schon jetzt existieren viele Rechtsakte und Vorschriften, die quasi
Verfassungsrang haben, aber insgesamt kompliziert und kaum transparent erscheinen.
Neben den institutionellen Akteuren der EU gibt es weitere Faktoren, die europäische Politik
beeinflussen. Dazu gehören die EU-Völker, die politischen Parteien, die Interessenverbände und
die Massenmedien.
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Die Völker beeinflussen über die Wahlen zum Europäischen Parlament hinaus die europäische
Politik nur wenig, da die Wahlen und Wahlkämpfe bisher kaum personalisiert und nicht auf
grundsätzliche politische Alternativen ausgelegt sind, weshalb der Bezug zu einer möglichen
europäischen Regierung fehlt.
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Der Einfluss der Parteien bleibt im Vergleich zu deren Möglichkeiten im nationalen Bereich
begrenzt, was an den zu geringen Entscheidungsmöglichkeiten des Parlaments liegt. Trotzdem
zeigen sich Entwicklungstendenzen in Richtung eines europäischen Parteiensystems, das die
ideologischen Grundmuster der europäischen Nationalstaaten widerspiegelt.
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Relativ einflussreich sind Interessenverbände. Sie verfügen über vielfältige Möglichkeiten,
die EU-Politik in allen Stadien des Entscheidungsprozesses zu beeinflussen.
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Bei den Massenmedien fehlt bisher noch die europäische Orientierung, sie bleiben
überwiegend dem nationalen Rahmen verhaftet. So gibt es bisher kaum eine europäische
Öffentlichkeit. Eine zentrale Ursache dafür ist die Vielsprachigkeit, die die Entwicklung eines
EU-Bewusstseins behindert; trotzdem fühlen sich viele EU-Bürger dem Europa-Gedanken heute mehr verbunden als vor einigen Jahrzehnten.
Aus: M. Bormann: Die Europäische Einigung. Freising 2002, S. 78-80
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