Helmut-Schmidt-Universität Wintertrimester 2010 (5.Fachtrimester) Studiengang: Bildungs- und Erziehungswissenschaften (Bachelor) Fach: Erwachsenenbildung Modul: Forschungsansätze, Gegenstände, Konzepte und Bedingungen der Erwachsenenbildung/ Weiterbildung unter theoretischen, historischen, interdisziplinären und internationalen Perspektiven Modulnummer: GS 05002 Seminar: Organisationsberatung Dozent: Prof. Dr. Harald Geißler Verfasser: Christoph Göcks, Steven Sperling______________________________________ Zusammenfassung Der Zustand eines sozialen Systems ist von Personen, ihren subjektiven Deutungen, aber auch von sozialen Regeln, Regelkreisen, materieller und sozialer Systemumwelt und der bisherigen Entwicklung bestimmt. Dabei ist das Verhalten eines sozialen Systems wesentlich von Personen bestimmt, die u.a. das Klima in einem Team beeinflussen oder einen komplexen Veränderungsprozess vorantreiben oder behindern. In den 1960er-Jahren wird der Begriff „Stakeholder“ von Edward R. Freeman auf die Organisationstheorie übertragen, welcher diese als diejenigen Individuen oder Gruppen definiert, die die Ziele einer Organisation beeinflussen können oder die von der Zielerreichung betroffen sind. Stakeholder-Analysen sind notwendig zur Klärung, wer die Stakeholder, also die für die Problemlösung relevanten Personen im Personensystem sind. Dies kann auch durch eine Visualisierung sozialer Systeme erfolgen, bei der die Beziehungen zwischen verschiedenen Personen im sozialen System mithilfe von Karten oder anderen Materialien dargestellt werden. Ähnlich dem ist auch die Systemaufstellung, die allerdings eine zusätzliche Dimension beinhaltet und die Fähigkeiten der beteiligten Personen nutzt, sich in eine Situation oder andere Person einzufühlen (vgl. König u.a. 2008, S. 124-139). Menschen machen sich ein Bild von ihrer Wirklichkeit und handeln aufgrund dieses Bildes. Probleme können daraus resultieren, dass sie sich ein ‚falsches‘ oder ‚unangemessenes‘ Bild von der Wirklichkeit machen. Neue Lösungen können sich ergeben, wenn Menschen ihr ‚Bild von der Wirklichkeit‘ ändern. Dies bedeutet, dass Menschen auf der Basis ihrer subjektiven Konstrukte, die sie ihrer Deutung der Wirklichkeit zugrunde legen, handeln. Die relevanten Deutungen im sozialen System sind zu einem großen Teil unter der Oberfläche verdeckt und so ergibt sich für die systemische Organisationsberatung die Aufgabe, Klienten bei der Klärung dieser subjektiven Deutungen zu unterstützen. Die für die Deutung zugrunde 1 gelegten Kostrukte bilden anschließend einen Referenzrahmen, den Rahmen für mögliche Lösungen also, welcher sich durch eine Referenztransformation noch verändern kann (vgl. König u.a. 2008, S. 139-165). Neben dem bisher Beschriebenen zum sozialen System, zu Stakeholdern und zu subjektiven Deutungen erfolgt nun eine knappe Zusammenfassung von Regeln, Werten und Ritualen innerhalb eines Systems. Regeln, Werte und Rituale beeinflussen das soziale System in einem Unternehmen. Deshalb ist es unabdingbar diese zu kennen, festzustellen und positiv zu beeinflussen. Die ersten Ansätze zur wissenschaftlichen Erklärung von Regeln gehen auf den Sprachphilosophen Ludwig Wittgenstein Mitte des 20. Jahrhunderts zurück. Der Sprachphilosoph Searle setzte daran an und führte die Unterscheidung zwischen konstitutiven und regulativen Regeln ein. Konstitutive Regeln erzeugen hierbei Formen des Verhaltens, während regulative Regeln bestehende Verhaltensformen regeln. Besondere Merkmale von Regeln sind, dass sie festlegen was man in einer Situation soll, darf und nicht darf. Weiterhin sind diese durch Sanktionen gestützt und gelten innerhalb eines festgelegten Wirkungsbereiches. Zusätzlich schaffen Regeln Verhaltenssicherheit innerhalb des sozialen Systems, sind explizit festgelegt oder sind schon impliziert. Abschließend bleibt zu den Regeln im sozialen System zu erwähnen, dass diese im Zusammenhang mit anderen Faktoren des besagten sozialen Systems stehen (vgl. König u.a. 2008, S. 165-170). Um sich diese Regeln zu Nutze zu machen müssen solche soziale Regeln erfasst, beurteilt und verändert werden. Erfassen lassen sich diese Regeln durch beispielsweise teilnehmende Beobachtungen, systematische Beobachtungen, durch Befragungen, Dokumentenanalyse, Kontrastierung und Typisierung sowie durch analoge Verfahren (vgl. König u.a. 2008, S. 171-174). Anschließend müssen diese festgestellten Regeln beurteilt werden. Die Beurteilung erfolgt hierbei im Hinblick auf vorausgesetzte Ziele innerhalb des Systems, im Hinblick auf verschiedene Faktoren des sozialen Systems und im Hinblick auf Nebenwirkungen (vgl. König u.a. 2008, S. 174-176). Abschließend müssen diese sozialen Regeln unter Umständen verändert werden. Dies kann durch soziale Macht, durch eine Vereinbarung sozialer Regeln mithilfe von Kontrakten, durch Veränderung anderer Faktoren des sozialen Systems oder durch die Veränderung persönlicher Regeln erfolgen (vgl. König u.a. 2008, S. 177-181). Neben den auf das soziale System des Unternehmens wirkenden Regeln können unter Umständen auch Werte wirken. Talcott Parsons und Clyde Kluckhohn liefern hier klassische Definitionen vom Begriff “Werte“. Zentrale Merkmale sind hier unter anderem, dass Werte Formen der normativen Orientierung für das Handeln in einem sozialen System sind, dass 2 Werte individuell oder gemeinsam gelten, dass Werte den Zusammenhalt eines sozialen Systems sichern und dass Werte nicht Vorschriften für spezifische Situationen sind. Trotz des Nicht-Vorschriftstypus sind Werte wichtig für die systemische Organisationsberatung, da Werte einen Einfluss auf das soziale System haben können. Hierbei läuft der Werteprozess in drei Stufen ab. In der ersten Stufe werden die Ist-Werte analysiert, im zweiten Schritt werden die Soll-Werte festgelegt und im letzten Schritt werden bedeutende Soll-Werte implementiert. (vgl. König u.a. 2008, S. 181-189). Abschließend müssen noch Rituale berücksichtigt werden, welche gemeinsame Handlungen gewisser Personen des sozialen Systems sind. Diese Rituale geben den Personen zum einen Handlungssicherheit und zum anderen haben sie eine soziale Funktion. Wichtig bei Ritualen sind für die Organisationsberatung vor allem die sozialen Regeln und Werte, die hinter dem Ritual stehen. Ein Berater kann im Beratungsprozess auch Rituale vorschlagen, jedoch entscheidet das soziale System im alltäglichen Prozess welche Rituale sich durchsetzen (vgl. König u.a. 2008, S. 189-193). Diese Zeilen dienten der Zusammenfassung der Kapitel 3.1 bis einschließlich Kapitel 3.3 des dem Seminar vorliegenden Buches „Handbuch Systemische Organisationsberatung“ von König und Volmer aus dem Jahr 2008. 3