- Schneider & Beer

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Schneider, Beer, Veller & Weber
Rechtsanwälte und Notar
Im Herrengarten 7
57319 Bad Berleburg
Tel.: 02751/3989
www.sub-recht.de
Mandantenbrief für unsere sehr geehrten Mandantinnen und Mandanten
Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 10/2014:
Arbeitsrecht
Urlaubsrecht: Schadenersatzanspruch für verfallenen Urlaub
Kündigungsrecht: Arbeitszeitbetrug kann zur fristlosen Kündigung führen
Kündigungsrecht: Beschimpfung des gegnerischen Anwalts kann Kündigungsgrund sein
Betriebsrat: Kein Anspruch auf Unterlassung von Maßnahmen, die Verhandlungsanspruch nicht
gefährden
Baurecht
HOAI: Beratung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens
Haftungsrecht: Keine Arglisthaftung des Architekten trotz gravierender Ausführungsmängel!
Insolvenz: Auftraggeber darf Bauvertrag kündigen
Baubeseitigungsanordnung: Werbeschild muss nicht sofort entfernt werden
Familien- und Erbrecht
Patchwork-Familie: Umgangsrecht des Stiefelternteils
Kindesumgang: Vollstreckung eines Umgangstitels
Ehescheidung: Schenkung oder Darlehen der Ex-Schwiegereltern?
Namensrecht: „Waldmeister“ ist kein zulässiger Name für ein Kind
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)
Gewerbliche Miete: Kündigungsrecht wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage
Vermietungsanzeige: Mieter muss Anfertigung von Lichtbildern seiner Wohnung nicht dulden
Hartz IV: Unwirksames Gutachten zur Ermittlung der Unterkunftskosten
WEG: Haftung des Mieters für nicht zurückgegebenen Schlüssel
Verbraucherrecht
Haftungsrecht: 50.000 EUR Schmerzensgeld nach Funktionsverlust der linken Schulter
Gebrauchtwagen: Vorsicht vor „TÜV neu“ bei einem eBay-Angebot
Private Rentenversicherung: Bezugsberechtigung des Erben
Wirtschaftsweg: Gemeinde muss Beseitigungskosten für hinterlassenes Fräsgut erstatten
Verkehrsrecht
Überholverbot: Keine Erkundigungspflicht nach Fahrerwechsel
Autokauf: Keine Vollkaskoversicherung für Gebrauchtwagenvermittlung aus Gefälligkeit
Unfallschaden: Erstattung der Kosten für farbangleichende Einlackierung
Ausfallschaden: Werkstatt bestellt Ersatzteile erst nach Gutachteneingang
Sachverständigenhonorar: Schadengutachten plus zwei Kopien sind zu erstatten
Steuerrecht
Künstlersozialabgabe: Neue Prüfmechanismen ab 2015
Familienwohnung: Alleiniges Wohnrecht löst keine Befreiung von der Erbschaftsteuer aus
Werbungskosten: Keine beruflich veranlassten Umzugskosten bei Beseitigung von Mietschäden
Arbeitnehmer: Keine Werbungskosten für Business-Kleidung
Wirtschaftsrecht
Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz: Geplante Änderungen bei der Rechnungslegung
GmbHG: Bewilligung einer Gehaltserhöhung als Insichgeschäft
Gesellschafter: Nachhaftung bei Auflösung der Gesellschaft und bei Betriebsübergang
Arbeitsvertragsrecht: Gehaltskürzung bei Widerruf der Prokura nicht zulässig
Abschließende Hinweise
Verzugszinsen
Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 10/2014
Arbeitsrecht
Urlaubsrecht: Schadenersatzanspruch für verfallenen Urlaub
Verfällt der Urlaub des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber ihn nicht gewährt hat, kann der
Arbeitnehmer einen Schadenersatzanspruch haben, auch ohne dass sich der Arbeitgeber mit der
Urlaubsgewährung in Verzug befunden hat.
So entschied es aktuell das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall eines
Arbeitnehmers. Nachdem dessen Arbeitsverhältnis beendet war, forderte er u.a. die Abgeltung seines
Urlaubs für das Jahr 2012. Diesen hatte der Arbeitgeber nicht gewährt, der Arbeitnehmer aber auch
zuvor nicht geltend gemacht.
Das LAG hat den Arbeitgeber zur geforderten Urlaubsabgeltung verurteilt. Der Arbeitgeber habe seine
Verpflichtung, den Urlaub zu erteilen, schuldhaft verletzt und müsse daher Schadenersatz leisten. Der
Arbeitgeber sei verpflichtet, den Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz ebenso wie den
Anspruch auf Ruhepausen und Ruhezeiten nach dem Arbeitszeitgesetz von sich aus zu erfüllen.
Komme er dieser Verpflichtung nicht nach und verfalle der Urlaubsanspruch deshalb nach Ablauf des
Übertragungszeitraums, habe der Arbeitgeber ggf. Schadenersatz in Form eines Ersatzurlaubs zu
leisten bzw. diesen Ersatzurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten. Es komme nicht
darauf an, ob der Arbeitnehmer vor dem Verfall des ursprünglichen Urlaubsanspruchs rechtzeitig Urlaub
beantragt und dadurch den Arbeitgeber in Verzug gesetzt habe. Nach Ansicht der Richter hänge der
Anspruch - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - nicht davon ab, dass
sich der Arbeitgeber mit der Urlaubsgewährung in Verzug befunden habe (LAG Berlin-Brandenburg, 21
Sa 221/14; BAG, 8 AZR 846/09).
Kündigungsrecht: Arbeitszeitbetrug kann zur fristlosen Kündigung führen
Täuscht ein Arbeitnehmer das An- und Abmelden für Pausen in der Zeiterfassung vor, kann ihm deshalb
fristlos gekündigt werden.
Dass musste sich ein Arbeitnehmer vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen sagen lassen. Der
Mann war seit mehr als 25 Jahren in einer Großmetzgerei beschäftigt. Beim Verlassen des
Produktionsbereichs wegen privater Arbeitsunterbrechungen müssen die Mitarbeiter eine Zeiterfassung
über einen Chip bedienen. Ebenso müssen sie sich rückmelden, wenn sie den Produktionsbereich
wieder betreten. Der Arbeitnehmer wurde dabei beobachtet, dass er den Chip in seiner Geldbörse ließ
und zusätzlich mit seiner Hand abschirmte, wenn er diesen vor das Zeiterfassungsgerät zum An- und
Abmelden hielt. Eine Kontrolle durch den Arbeitgeber ergab, dass der Arbeitnehmer in 1,5 Monaten so
Pausen von insgesamt mehr als 3,5 Stunden gemacht hatte, ohne sich an- und abzumelden. Die Zeiten
waren bezahlt worden.
Arbeitsgericht und LAG haben die fristlose Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs für gerechtfertigt
gehalten. Die Zeiterfassung piepe, wenn ein Mitarbeiter sich an- oder abmelde. Ein Versehen des
Arbeitnehmers sei ausgeschlossen. Dieser habe bewusst nur so getan, als würde er die Anlage
bedienen. Wegen des fehlenden akustischen Signals habe dieser gewusst, dass er den Chip erfolgreich
abgedeckt hatte. Dem Arbeitgeber sei es wegen des vorsätzlichen Betrugs nicht zumutbar, nur mit einer
Abmahnung zu reagieren. Der Vertrauensbruch wiege schwerer als die lange Betriebszugehörigkeit
(LAG Hessen, 16 Sa 1299/13).
Kündigungsrecht: Beschimpfung des gegnerischen Anwalts kann
Kündigungsgrund sein
Ruft der Arbeitnehmer, ein hochqualifizierter Akademiker, während eines laufenden
Arbeitsgerichtsprozesses um eine leistungsabhängige Vergütung unter Umgehung seines eigenen
Anwalts den Anwalt des Arbeitgebers an und beschimpft diesen, dass er sich durch Verbreitung der
Lügen und Verleumdungen des Arbeitgebers im Prozess lächerlich mache und seine Anwaltszulassung
riskiere, so liegt darin ein Vorgang, der grundsätzlich als wichtiger Kündigungsgrund geeignet ist.
Diese Entscheidung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln. Zugunsten des Arbeitnehmers werteten
die Richter zwar, dass sich der Anwalt des Arbeitgebers entgegen dem Sinn und Zweck der
Rechtsanwalts-Berufsordnung (Verbot des Umgehens des Gegenanwalts) auf ein ca. 20-minütiges
Telefonat eingelassen habe. Das lasse eine auf den Anruf gestützte Kündigung unverhältnismäßig
erscheinen. Im vorliegenden Fall bestätigten die Richter die Kündigung aber gleichwohl. Der Arbeitgeber
könne sich nämlich auch auf Auflösungsgründe stützen, die für sich allein eine einseitige Kündigung des
Arbeitsverhältnisses zwar nicht rechtfertigen, zusammen mit ergänzenden Tatsachen aber auch aus
objektiver Sicht die Befürchtung begründen, dass eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit im
Arbeitsverhältnis auf Dauer nicht möglich sein wird. Dies könne z.B. der Fall sein, wenn die
Kündigungsgründe und weitere Umstände eine innere Einstellung des Arbeitnehmers gegenüber dem
Arbeitgeber sowie Vorgesetzten und Kollegen offenbaren, die unter Würdigung der
Persönlichkeitsstruktur des Arbeitnehmers weitere Konflikte vorprogrammiert erscheinen lassen (LAG
Köln, 7 Sa 97/13).
Betriebsrat: Kein Anspruch auf Unterlassung von Maßnahmen, die
Verhandlungsanspruch nicht gefährden
Ein Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung einer Betriebsänderung dient nur der Sicherung seines
Verhandlungsanspruchs für den Interessenausgleich, nicht der Untersagung der Betriebsänderung
selbst. Durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung können deshalb nur solche Maßnahmen des
Arbeitgebers untersagt werden, die den Verhandlungsanspruch des Betriebsrats rechtlich oder faktisch
in Frage stellen.
Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschieden und damit einen Beschluss
des Arbeitsgerichts Berlin bestätigt. Dieses hatte den gegen ein Unternehmen der IT-Branche
gerichteten Antrag des dortigen Betriebsrats auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Es sollte dem Unternehmen untersagt werden, 20 der insgesamt 323 Arbeitnehmer an einem neuen
Standort einzusetzen. Das Unternehmen wollte den Einsatz der betroffenen Arbeitnehmer im Rahmen
einer Zusammenlegung von zwei bisherigen Standorten durchführen.
Das LAG hat darauf hingewiesen, dass dem Betriebsrat im Falle einer Betriebsänderung nach dem
Betriebsverfassungsgesetz ein Anspruch auf Verhandlung über einen Interessenausgleich zustehe. Ob
dem Betriebsrat zur Sicherung dieses Verhandlungsanspruchs auch ein Anspruch auf Unterlassung von
auf die Durchführung der Betriebsänderung gerichteten Maßnahmen zukomme, ließen die Richter offen.
Ein solcher Anspruch könne gegebenenfalls nur auf die Unterlassung von Maßnahmen gerichtet sein,
die rechtlich oder faktisch nicht mehr umkehrbar seien und damit den Verhandlungsanspruch des
Betriebsrats gefährdeten. Dies sei bei der vorliegend geplanten Umsetzung von 20 Arbeitnehmern an
einen neuen Standort nicht der Fall (LAG Berlin-Brandenburg, 7 TaBVGa 1219/14).
Baurecht
HOAI: Beratung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens
Der mit der Grundlagenermittlung (Leistungsphase 1) beauftragte Architekt hat den Besteller
hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens vollständig und richtig zu beraten.
Das stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in einer aktuellen Entscheidung noch einmal klar.
Verletze der Architekt diese Pflicht und erkläre sich der Besteller aus diesem Grund damit
einverstanden, dass der Architekt ein anderes Gebäude als das ursprünglich gewollte plant, ist
der Architekt dem Besteller zum Schadenersatz verpflichtet. Der Schaden besteht in diesem Fall
darin, dass der Besteller Aufwendungen für ein Gebäude tätigt, das er ohne die mangelhafte
Planungsleistung des Architekten nicht hätte errichten lassen (BGH, VII ZR 55/13).
Haftungsrecht: Keine Arglisthaftung des Architekten trotz gravierender
Ausführungsmängel!
Den Architekten trifft im Rahmen der ihm übertragenen Bauüberwachung eine erhöhte
Überwachungspflicht, wenn es sich um Bauabschnitte bzw. Bauleistungen handelt, die
besondere Gefahrenquellen mit sich bringen, wie dies etwa bei Abdichtungs-, Dämmungs- und
Dachdeckerarbeiten der Fall ist.
Das gilt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt a.M. auch, wenn
bestimmte Bauarbeiten in Eigenleistung ausgeführt werden. Erkenne der Architekt gravierende
Ausführungsmängel trotz zahlreicher Baustellenbesuche nicht, deute dies zwar darauf, dass er
seinen Überwachungspflichten nicht nachgekommen ist. Diesen Beweis des ersten Anscheins
könne der Architekt allerdings ausräumen, indem er darlege und beweise, was er an
Überwachungsmaßnahmen geleistet habe. Die gegen diese Entscheidung eingereichte
Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof (BGH) zwischenzeitlich zurückgewiesen
(OLG Frankfurt a.M., 6 U 181/11; BGH, VII ZR 327/12).
Insolvenz: Auftraggeber darf Bauvertrag kündigen
Der Auftraggeber darf den Bauvertrag kündigen, wenn der Bauunternehmer das
Insolvenzverfahren beantragt hat.
So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in einem entsprechenden Fall. Die
Richter machten dabei deutlich, dass sich der Auftraggeber auf § 8 Abs. 2 VOB/B berufen könne.
Diese Regelung verstoße nicht gegen die Vorschriften der Insolvenzordnung und sei daher
wirksam. Gemäß § 8 Abs. 2 VOB/B könne der Auftraggeber den Vertrag unter anderem dann
kündigen, wenn der Auftragnehmer, der Auftraggeber oder ein anderer Gläubiger das
Insolvenzverfahren bzw. ein vergleichbares gesetzliches Verfahren beantragt hat oder ein
solches Verfahren eröffnet wird oder dessen Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird (OLG
Koblenz, 12 U 231/13).
Baubeseitigungsanordnung: Werbeschild muss nicht sofort entfernt werden
Es besteht kein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Entfernung eines seit
mehr als zehn Jahren vorhandenen und in der Zeit auch unbeanstandeten Werbeschilds in einer
Innenstadt.
Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Trier im Fall einer Antragstellerin, die seitens der
Stadt Trier eine bauaufsichtliche Verfügung erhalten hatte. Darin war ihr aufgegeben worden, ein
am Nachbarhaus befestigtes Werbeschild für eine Apotheke am Hauptmarkt innerhalb von zwei
Wochen zu beseitigen. Sie legte gegen die Verfügung Widerspruch ein. Zudem stellte sie beim
VG den Antrag, im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes das Schild nicht sofort entfernen zu
müssen.
Dem gaben die Richter statt. Sie führten in der Entscheidung aus, das Schild sei offenkundig seit
mehr als zehn Jahren ohne Beanstandungen vor Ort vorhanden gewesen. Eine seitens der Stadt
befürchtete Vorbildwirkung könne angesichts des langen Zeitraums der Existenz des Schilds
nicht eingewandt werden. Das Schild stelle keine Gefahr für Fußgänger und Zulieferer dar. Auch
die inzwischen in Kraft getretene Werbesatzung der Stadt könne hieran nichts ändern. Daher
könne das Schild bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, in dem zu klären sei, ob das
Schild genehmigt werden könne oder nicht, dort verbleiben (VG Trier, 5 L 1239/14).
Familien- und Erbrecht
Patchwork-Familie: Umgangsrecht des Stiefelternteils
Die „Patchwork-Familie“ ist der dritthäufigste Familientyp nach der „Kernfamilie“ und den
Alleinerziehenden. „Patchwork“ bedeutet „Flick-“ oder „Stückwerk“ und ist ein passender Begriff,
wenn man sich den Familientyp genauer ansieht: Zwei Erwachsene leben mit Kindern aus einer
früheren Beziehung zusammen: Ein Mann und eine Frau, zwei Männer, zwei Frauen, Kinder aus
einer vorangegangenen Ehe, Kinder aus verschiedenen vorangegangen Beziehungen. Dies kann
rechtliche Probleme mit sich bringen.
Gestritten wird dabei oft um ein Umgangsrecht des Stiefelternteils mit dem Kind. Nach dem
Bürgerlichen Gesetzbuch gilt Folgendes: Enge Bezugspersonen des Kindes, die für das Kind
tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung) haben ein
Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Eine Übernahme
tatsächlicher Verantwortung ist i.d.R. anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in
häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat. Allerdings besteht gerade bei in die Brüche
gegangenen Patchwork-Familien die Gefahr, dass die einzelnen Umgangsrechtsansprüche das
Kind überfordern (sog. „Umgangstourismus“. Deshalb gilt grundsätzlich folgende Reihenfolge:

An erster Stelle stehen die Elternteile,

an zweiter Stelle stehen die Großeltern und Geschwister,

an dritter Stelle kommen die engen Bezugspersonen des Kindes, wenn diese für das Kind
tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung).
Hinweis: Stiefeltern haben zwar das Recht auf Umgang mit dem Kind, jedoch keine
entsprechende Pflicht. Daher hat auch das Stiefkind kein Recht auf Umgang mit dem
Stiefelternteil.
Kindesumgang: Vollstreckung eines Umgangstitels
Im Vollstreckungsverfahren wird die Rechtmäßigkeit der gerichtlichen Entscheidung nicht
überprüft.
Neue Umstände können der Vollstreckung eines Umgangstitels nach einer Entscheidung des
Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe jedoch zur Wahrung des Kindeswohls entgegenstehen.
Voraussetzung dafür ist, dass darauf ein zulässiger Antrag auf Abänderung des Ausgangstitels
und auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gestützt ist. Zudem müssen gewichtige
Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die zu vollstreckende gerichtliche Entscheidung keine dem
Wohl des Kindes dienliche Umgangsregelung mehr enthält (OLG Karlsruhe, 18 WF 11/14).
Ehescheidung: Schenkung oder Darlehen der Ex-Schwiegereltern?
Gerade im familiären Bereich wird oft auf klare Absprachen und deren schriftliche Fixierung
verzichtet. Dies führt dazu, dass Gerichte oft Jahrzehnte später mittels Zeugen versuchen
müssen, mögliche Vereinbarungen aufzuklären. Wenn dabei Zweifel verbleiben, geht dies zu
Lasten derjenigen, die eine Vereinbarung nachweisen müssen.
Hierauf machte das Landgericht (LG) Coburg im Fall eines geschiedenen Ehepaars aufmerksam.
Sieben Jahre nach der Trennung und fünf Jahre nach der Scheidung reichten die ExSchwiegereltern gegen ihre vormalige Schwiegertochter Klage ein. Sie hatten 1995 ihrem Sohn
und seiner damaligen Ehefrau 51.000 DM für den Kauf einer Wohnung zukommen lassen. Die
Eheleute erwarben die Wohnung jeweils zur Hälfte. Nach der Trennung wohnte zunächst die
Frau in der Wohnung. 2013 entschied man sich zum Verkauf. Mit der Klage verlangen die ExSchwiegereltern 12.500 EUR von ihrer ehemaligen Schwiegertochter. Sie behaupten, der Betrag
sei 1995 als Darlehen je zur Hälfte an die Eheleute ausgezahlt worden. Dieses zinslose Darlehen
hätte unter der Bedingung gestanden, dass im Falle des Verkaufs der Wohnung die Rückzahlung
zu erfolgen habe. Die beklagte Frau verteidigte sich damit, dass es kein Darlehen gegeben hätte.
Über irgendwelche Bedingungen sei nicht gesprochen worden. Es hätte sich um eine Schenkung
gehandelt. Wenn ein Darlehen vorhanden gewesen wäre, wären ihre Ex-Schwiegereltern schon
viel früher an sie herangetreten.
Das LG wies die Klage ab. Es konnte sich nicht davon überzeugen, dass im Jahr 1995 ein
Darlehensvertrag geschlossen wurde. Die Kläger und ihr Sohn berichteten zwar über Gespräche
untereinander im Jahr 1995. Sie konnten aber nicht angeben, inwieweit damals die
Schwiegertochter eingebunden oder überhaupt anwesend war. Über die Bedingungen der
Rückzahlung des behaupteten zinslosen Darlehens wurden unterschiedliche Angaben gemacht.
Der Ex-Schwiegervater sprach von einer Rückforderungsmöglichkeit, falls die Geldgeber in eine
Notlage kämen. Eine solche Rückforderungsmöglichkeit von Zuwendungen kennt aber auch das
Schenkungsrecht. Da keine schriftlichen Unterlagen aus dem Jahr 1995 vorlagen, vermochte sich
das Gericht nicht von einem Darlehen und den behaupteten Rückzahlungsbedingungen zu
überzeugen. Das Gericht erkannte zwar an, dass innerhalb von Familien häufig auf schriftliche
Aufzeichnungen verzichtet wird, konnte sich vom Vorliegen eines Darlehens und dessen
Rückzahlungsbedingungen trotzdem nicht überzeugen. Selbst der Ex-Mann sprach in seiner
Vernehmung davon, dass es möglicherweise gar nicht zu einer Rückzahlung des Geldes
kommen sollte.
Das Gericht berücksichtigte auch, dass es im Rahmen des Scheidungsverfahrens zum Entwurf
einer Scheidungsvereinbarung gekommen war. Dort hatten die Eheleute ihre gesamten
Verbindlichkeiten aufgeführt. Ein Darlehen der Kläger fand sich in dieser Aufstellung nicht. Zwar
scheiterte der Abschluss der Scheidungsvereinbarung, jedoch nahm das Gericht diesen Entwurf
und weitere Unterlagen aus dem Scheidungsverfahren, die ebenfalls keinen Hinweis auf ein
Darlehen der Kläger enthielten, als Indiz dafür, dass ein solches Darlehen nicht bestand.
Das Gericht führte des Weiteren aus, dass bei Zuwendungen an Schwiegerkinder im Falle der
Trennung der Eheleute unter bestimmten Umständen die Möglichkeit einer Rückforderung nach
den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bestünde. Ein solcher Anspruch wurde
aber spätestens mit der Scheidung der Eheleute im Jahr 2008 fällig. Die Verjährung für einen
solchen Anspruch beträgt drei Jahre, sodass sie spätestens mit Ablauf des Jahres 2011
eingetreten ist. Somit wäre ein möglicher Rückforderungsanspruch nach den Grundsätzen nach
dem Wegfall der Geschäftsgrundlage verjährt (LG Coburg, 22 O 396/13).
Namensrecht: „Waldmeister“ ist kein zulässiger Name für ein Kind
Der Name „Waldmeister“ ist für ein Kind im Personenstandsregister nicht eintragbar.
Mit dieser Entscheidung wies das Oberlandesgericht (OLG) Bremen ein Elternpaar in die
Grenzen. Die Richter machten deutlich, dass das Wort „Waldmeister“ im deutschen Sprachraum
u.a. mit einer Bezeichnung für Speiseeis, einer Geschmacksrichtung in Erfrischungsgetränken,
einem Beruf und vor allem mit einer Pflanze assoziiert werde. Ein männlicher Vorname
„Waldmeister“ sei nicht nachgewiesen. Dieser Kontrast der Verwendung des Wortes
„Waldmeister“ als bekannte und gewöhnliche Bezeichnung von Sachen einerseits und der
überraschenden Verwendung als Vorname andererseits sei der Grund dafür, dass ein solcher
Vorname als lächerlich empfunden werde und seinen mit ihm verbundenen Träger lächerlich
machen könne. Es komme deshalb nicht darauf an, ob „Waldmeister“ oder sein englisches
Äquivalent in den Vereinigten Staaten von Amerika als Vorname bereits Verwendung gefunden
habe (OLG Bremen, 1 W 19/14).
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)
Gewerbliche Miete: Kündigungsrecht wegen Fehlens der
Geschäftsgrundlage
Können Mieträume nicht wie vertraglich vorgesehen als Spielhalle genutzt werden und ist die
vertragliche Übertragung des Konzessionsrisikos auf den Mieter unwirksam, kann eine
Kündigung des Vermieters wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage berechtigt sein.
Diese Entscheidung traf das Kammergericht (KG) im Fall eines gewerblichen Vermieters. Die
Richter entschieden, dass es krass unbillig wäre, wenn der Vermieter dem Mieter die Mieträume
weiterhin ohne Gegenleistung belassen müsse, weil die Miete auf null gemindert ist, ohne dass
es irgendeinen Anhalt dafür gebe, dass die vertragsgemäße Nutzung als Spielhalle noch möglich
werde. Er könne den Vertrag daher kündigen (KG, 8 U 140/13).
Vermietungsanzeige: Mieter muss Anfertigung von Lichtbildern seiner
Wohnung nicht dulden
Vermietungsanzeige: Der Mieter einer Wohnung muss nicht dulden, dass der Vermieter Fotos
von seiner Wohnung macht, um diese dann in eine Internetanzeige einzustellen.
Diese Entscheidung traf das Amtsgericht Steinfurt in einem entsprechenden Fall. Das Gericht
begründete seine Entscheidung damit, dass es im Gesetz nur in den Fällen der Modernisierung
eine Pflicht des Mieters gebe, bestimmte Handlungen des Vermieters zu dulden. Bestehe aber
keine gesetzliche Pflicht des Mieters, müsse eine Abwägung zwischen den Rechten und
Interssen der Mietvertragsparteien erfolgen. Zu berücksichtigen seien dabei insbesondere die
Grundrechte. Im Ergebnis ergebe sich daraus ein Vorrang der Interessen des Mieters. Dieser
werde durch das Anfertigen und insbesondere das Veröffentlichen der Bilder in seiner
Privatsphäre nicht unerheblich betroffen. Demgegenüber sei der Vermieter lediglich geringfügig in
seinem Eigentum eingeschränkt (AG Steinfurt, 21 C 987/13).
Hartz IV: Unwirksames Gutachten zur Ermittlung der Unterkunftskosten
Das vom Landkreis Göttingen für die Stadt Göttingen angewendete Gutachten zur Ermittlung von
angemessenen Unterkunftskosten für Bezieher von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II
(„Hartz IV“) hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die dort festgelegten Mietobergrenzen
sind zu niedrig. Das Gutachten kann daher nicht als Grundlage für die Leistungsgewährung
dienen.
Diese Entscheidung traf das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) im Fall einer
dreiköpfigen Familie. Diese musste für eine 68 qm große Wohnung in Göttingen monatlich 520
EUR Miete einschließlich Nebenkosten zahlen. Hiervon hat die Stadt Göttingen nur 470 EUR
monatlich übernommen. Grundlage dieser Kürzung war ein vom Landkreis Göttingen in Auftrag
gegebenes Gutachten. In dem Gutachten waren durch Befragung ermittelte Bestandsmieten
zusammengerechnet worden. Der jeweilige Wohnungsstandard wurde nicht ermittelt.
Das LSG hat den Grundsicherungsträger zur Nachzahlung der Differenz zu den tatsächlichen
Mietkosten in Höhe von 50 EUR verurteilt. Mangels valider Mietdatensätze seien als Obergrenze
die Tabellenwerte des Wohngeldgesetzes zuzüglich eines Aufschlags von 10 Prozent zu
berücksichtigen, die im vorliegenden Fall noch höher liegen (568,70 EUR). Nach Auffassung des
Gerichts könne das vorgelegte Gutachten über angemessene Unterkunftskosten nicht zur
Ermittlung der vom Grundsicherungsträger zu gewährenden Kosten der Unterkunft
herangezogen werden. Es enthalte keine nachvollziehbare Definition des
Untersuchungsgegenstands, z.B. welche Art von Wohnungen je nach deren Ausstattung,
Beschaffenheit und Lage berücksichtigt worden seien. Die Erfassung des gesamten
Wohnungsmarkts setze voraus, dass u.a. nach Wohnungsstandards differenziert werden müsse.
Nur darüber werde zuverlässig nachvollziehbar, ob auf einer repräsentativen Basis Wohnungen
des einfachen, mittleren und gehobenen Standards einbezogen worden seien. Dies habe der
Landkreis Göttingen nicht umgesetzt. Es sei nicht ausreichend, den einfachen
Wohnungsstandard allein anhand des Quadratmeterpreises zu definieren, weil der
Quadratmeterpreis je nach Wohnlage einen unterschiedlichen Standard der Wohnung abdecken
könne.
Im Übrigen würden die strukturellen Schwächen des Gutachtens keine Nachbesserung
ermöglichen. Es fehle die vom Gericht für erforderlich gehaltene Datenbasis. Diese könne für
rückwirkende Zeiträume auch nicht mehr erhoben werden. Eine belastbare Mietobergrenze
könne nur durch eine Neuerhebung auf der Grundlage eines völlig neuen Konzepts erfolgen. Der
Landkreis Göttingen sei verpflichtet, die tatsächlichen Mietkosten bis zu den Werten aus der
Tabelle des Wohngeldgesetzes plus 10 Prozent Sicherungszuschlag zu übernehmen (LSG
Niedersachsen-Bremen, L 7 AS 330/13).
WEG: Haftung des Mieters für nicht zurückgegebenen Schlüssel
Gibt der Mieter einer Eigentumswohnung bei seinem Auszug nur einen von zwei überlassenen
Wohnungsschlüsseln zurück, hat der Vermieter einen Anspruch auf Schadenersatz. Als
Schadenersatz kann der vermietende Wohnungseigentümer Freistellung von den Ansprüchen
der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangen, sofern er seinerseits wegen des abhanden
gekommenen Schlüssels Schadenersatzansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft
ausgesetzt ist.
So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Fall. Die Richter
machten deutlich, dass der Vermieter gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft in
gleicher Weise zur Obhut über die ihm ausgehändigten Schlüssel der Schließanlage verpflichtet
sei wie der Mieter im Rahmen des Mietverhältnisses. Ihm sei daher das Verschulden seines
Mieters zuzurechnen. Allerdings bestehe ein Schadenersatzanspruch der
Wohnungseigentümergemeinschaft nur, wenn die Schließanlage tatsächlich ausgetauscht
worden ist. Ein Anspruch auf Zahlung des für den Austausch erforderlichen Geldbetrags bestehe
dagegen nicht, weil der Verlust eines nachlieferbaren Schlüssels keine Beschädigung der
Schließanlage als Sachgesamtheit darstelle (BGH, VIII ZR 205/13).
Verbraucherrecht
Haftungsrecht: 50.000 EUR Schmerzensgeld nach Funktionsverlust der
linken Schulter
Einer Patientin, die ihre linke Schulter nach einer fehlerhaft gewählten und fehlerhaft
durchgeführten Schulteroperation nicht mehr einsetzen kann, steht ein Schmerzensgeld in Höhe
von 50.000 EUR zu.
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall einer Frau entschieden, die an
Schulterbeschwerden litt. Sie ließ sich deshalb in einem Krankenhaus an der linken Schulter
operieren. Seit diesem Eingriff kann sie ihren linken Arm nicht mehr richtig heben. Nach weiteren
operativen Eingriffen musste die linke Schulter versteift werden. Mit der Begründung, sie sei unter
Entfernung ihres Schulterdachs fehlerhaft operiert worden, hat die Frau Schadenersatz verlangt,
u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 EUR.
Mit ihrer Klage hatte sie Erfolg. Nachdem die Richter ein medizinisches
Sachverständigengutachten eingeholt hatten, waren sie der Ansicht, dass die Frau grob
fehlerhaft behandelt wurde. Sowohl die Wahl einer offenen Schultergelenksoperation als auch die
Durchführung dieser Operation verstießen gegen den ärztlichen Standard. Nach dem vor der
Operation erhobenen MRT-Befund sei allein ein arthroskopischer Eingriff zur Entfernung des
Schleimbeutels und zur Dekompression der Enge im Schultergelenk der Frau angezeigt
gewesen. Der tatsächlich vorgenommene Eingriff sei zudem fehlerhaft durchgeführt worden. Es
seien intraoperativ wesentliche Teile des Schulterdachs entfernt worden. Dadurch sei das
Schulterdach zerstört worden. Dies habe die Versteifung der linken Schulter der Frau erfordert,
sodass der linke Arm funktionsunfähig geworden sei (OLG Hamm, 26 U 4/13).
Gebrauchtwagen: Vorsicht vor „TÜV neu“ bei einem eBay-Angebot
Wer mit „TÜV neu“ ein Fahrzeug bewirbt, muss in der HU festgestellte Mängel entweder beheben
oder zumindest die Nichtbeseitigung vor Vertragsabschluss beweiskräftig gegenüber dem Käufer
kommunizieren. Sonst schafft er einen Grund für den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Diese käuferfreundliche Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe im Fall eines
Mannes, der seinen Pickup Chevrolet Avalanche, Baujahr 2002, im August 2011 bei eBay
angeboten hatte. „TÜV & AU neu (April)“, so stand es in der Beschreibung. Als er mit dem Käufer
einig war, beendete er die Auktion. Abgeschlossen wurde der Kfz-Kaufvertrag auf der Basis eines
ADAC-Formulars mit Ausschluss der Mängelhaftung. Während in der Rubrik
„Zusatzausstattung/Zubehör“ ausdrücklich auf die Angaben in der eBay-Beschreibung Bezug
genommen wurde, blieb die TÜV-Angabe unerwähnt. Mit dem Fahrzeug erhielt der Käufer einen
TÜV-Bericht über eine HU aus Mai 2011. Trotz „geringer Mängel“ war die Plakette erteilt worden.
Zu den festgestellten Mängeln hieß es „Korrosion sonst. tragende Teile - schwächt bei
Nichtbehandlung die tragende Struktur“.
Bei Übergabe des Fahrzeugs war der Korrosionsschaden nicht behoben. Zu welchem Zeitpunkt
der Käufer vom Inhalt des TÜV-Berichts Kenntnis genommen hat, ob vor Unterzeichnung des
Kaufvertrags oder erst später, ließ sich nicht mehr klären. Das OLG hat den Rücktritt - im
Gegensatz zur ersten Instanz - zugelassen. Es sieht den Bruch einer
Beschaffenheitsvereinbarung, die es in die Klausel „TÜV & AU neu (April)“ hineinliest. Der Käufer
habe erwarten dürfen, dass die vom TÜV festgestellten Korrosionsschäden behoben worden sind
(OLG Karlsruhe, 9 U 233/12).
Private Rentenversicherung: Bezugsberechtigung des Erben
Der Versicherungsschein ist die maßgebliche Urkunde bei einem Versicherungsvertrag. Er
beweist grundsätzlich den gesamten Inhalt des Versicherungsvertrags. Das gilt auch für die
Bezugsberechtigung nach dem Tode des Versicherungsnehmers.
Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Coburg im Fall eines Erben, der den Versicherer auf
Auszahlung von Ansprüchen aus privaten Rentenversicherungen verklagt hatte. In den Verträgen
war vereinbart, dass im Falle des Todes der Versicherungsnehmerin die eingezahlten Beträge
abzüglich ausgezahlter Altersrenten zurückerstattet werden. Der Kläger meinte, dass er als
Alleinerbe die Restbeträge aus den Lebensversicherungen erhalten müsse. Der Versicherer
berief sich darauf, dass in den Begleitschreiben zu den Versicherungsurkunden vereinbart sei,
dass nach dem Tod der Versicherungsnehmerin die gesetzlichen Erben die Restbeträge erhalten
würden. Der Kläger sei aber nicht der gesetzliche Erbe.
Das LG gab der Klage statt und verurteilte den Versicherer zur Zahlung. Es stützte sich dabei auf
zwei Argumentationsstränge:

Zum einen konnte nicht geklärt werden, ob die Regelung in den Begleitschreiben
tatsächlich zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Versicherer vereinbart worden
war. Da der Versicherer den Nachweis nicht führen konnte, konnte der Kläger als
Alleinerbe die Beiträge fordern.

Zum anderen müsste die Regelung ausgelegt werden. Das gelte selbst für den Fall, dass
sie in den Begleitschreiben vereinbart worden wäre. Ergebnis der Auslegung sei, dass in
jedem Fall der Erbe Bezugsberechtigter werden muss. Es ergebe aus Sicht eines
Versicherungsnehmers wenig Sinn, wenn abweichend von der von ihm beabsichtigten
Erbfolge Dritte wesentliche Vermögensbestandteile erhalten würden.
(LG Coburg, 22 O 598/13).
Wirtschaftsweg: Gemeinde muss Beseitigungskosten für hinterlassenes
Fräsgut erstatten
Beauftragt eine Gemeinde ein Unternehmen mit der Instandsetzung von Wirtschaftswegen und
verbringt dieses das bei der Säuberung anfallende Fräsgut auf angrenzende frisch zur Aussaat
vorbereitete Felder, so muss die Gemeinde dem Grundstückseigentümer die zur Beseitigung des
Fräsguts aufgewandten Kosten erstatten, wenn sie sich weigert, das Material selbst zu entfernen.
Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt a.d. Weinstraße entschieden. In dem Fall hatte
eine Privatfirma im Auftrag der Ortsgemeinde deren Wirtschaftswege instand gesetzt. Dabei hatte
sie auch Bankette und Entwässerungsgräben ausgefräst. Das anfallende Material verbrachte sie
auf die angrenzenden Felder, so auch auf zwei frisch zur Aussaat vorbereitete Äcker des
Klägers. Auf dessen Aufforderung hin weigerte sich die Ortsgemeinde, das Material zu
beseitigen. Der Kläger beseitigte darauf das Fräsgut selbst und verlangte für seine Arbeiten einen
Betrag von 238 EUR.
Zu Recht, entschied das VG. Das Ausbringen des Fräsguts sei ein nicht unerheblicher Eingriff in
das Eigentum des Klägers, den dieser nicht hinnehmen müsse. Nur weil er den öffentlichen Weg
als Anlieger nutze, berechtige dies die Ortsgemeinde nicht zur Inanspruchnahme seines
Eigentums. Auch habe keine Vereinbarung zwischen den Grundstückseigentümern und der
Gemeinde bzw. dem Bauunternehmer bestanden, das Fräsgut auf den Feldern abzulagern. Das
Vorgehen mag zwar für abgeerntete Felder akzeptiert werden, die noch nicht zur Neuaussaat
vorbereitet sind. Denn bei diesen Feldern sei mit dem Aufbringen von Fräsgut in aller Regel kein
erheblicher Mehraufwand verbunden. Etwas anderes müsse aber bei Feldern gelten, die - wie
hier - zwar bereits abgeerntet, aber schon wieder aussaatbereit hergerichtet worden seien. Dann
mache das Aufbringen von Fräsgut den Aufwand an Arbeit und Material zunichte, den die
Eigentümer zuvor in diese Äcker investiert hätten.
Da die Ortsgemeinde der Aufforderung des Klägers, das Fräsgut zu beseitigen, nicht
nachgekommen sei, sei dieser zu eigenem Handeln gezwungen gewesen. Anderenfalls hätte er
seine Felder nicht zeitnah bestellen können. Er habe daher das störende Fräsgut selbst auf
Kosten der Ortsgemeinde beseitigen können. Sein Erstattungsanspruch ergebe sich aus
öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch die Höhe des Aufwendungsersatzes
sei nicht zu beanstanden (VG Neustadt, 4 K 1055/13.NW).
Verkehrsrecht
Überholverbot: Keine Erkundigungspflicht nach Fahrerwechsel
Der Bei- oder Mitfahrer eines Kraftfahrzeugs ist grundsätzlich nicht verpflichtet, auf
Verkehrsschilder zu achten. Nach einem Fahrerwechsel muss er sich regelmäßig nicht nach
einem durch eine vorherige Beschilderung angeordnetem Überholverbot erkundigen.
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Fall eines Mannes entschieden, der in dem von
seiner Ehefrau gesteuerten Pkw mitfuhr. Auf dem Rücksitz befand sich das Kind. Als dieses
unruhig wurde, übernahm der Mann das Steuer, damit seine Frau das Kind beruhigen konnte.
Ungeachtet eines zuvor angeordneten Überholverbots überholte er sodann einen weiteren Pkw.
Deswegen verurteilte ihn das Amtsgericht wegen der fahrlässigen Nichtbeachtung des
Überholverbots zu einer Geldbuße von 87,50 EUR. Zur Begründung wies das Amtsgericht darauf
hin, dass sich der Mann vor Fahrtantritt bei seiner Ehefrau nach den geltenden
Verkehrsregelungen hätte erkundigen müssen.
Das sahen die Richter am OLG jedoch anders. Sie hoben das Urteil auf und verwiesen den Fall
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Als Bei- oder Mitfahrer in dem von seiner
Ehefrau gesteuerten Fahrzeug sei der Mann nicht verpflichtet gewesen, auf die Verkehrszeichen
zu achten. Zu diesem Zeitpunkt sei er kein Verkehrsteilnehmer gewesen. Ein besonders
gelagerter Fall, bei dem etwa ein Fahrzeughalter als Beifahrer sein Fahrzeug einer
fahruntüchtigen Person überlassen habe und deswegen auch für dessen Fahrweise
mitverantwortlich sei, liege nicht vor. Zum Zeitpunkt des Fahrerwechsels sei das
Überholverbotsschild für den Mann als Fahrer nicht mehr sichtbar gewesen. Zu diesem Zeitpunkt
habe er sich auch nicht bei seiner Ehefrau nach etwaig bestehenden besonderen
Verkehrsregelungen erkundigen müssen. Für eine solche Verpflichtung gebe es keine
Rechtsgrundlage. Würde man eine solche verlangen, gebe es zudem keine Gewähr für die
Richtigkeit einer erhaltenen Auskunft. Wenn diese falsch sei und den Fahrzeugführer entlasten
könne, bestehe die Gefahr, dass er im Vertrauen auf die Auskunft die im Verkehr gewünschte
gesteigerte Aufmerksamkeit vermissen lasse.
Hinweis: Anders sehe es jedoch aus, wenn der Betroffene die das Überholverbot anordnende
Beschilderung hätte kennen müssen. Das sei z.B. der Fall, weil er die Straße zuvor schon
häufiger oder gar regelmäßig befahren habe. Das muss das Amtsgericht nun klären (OLG
Hamm, 1 RBs 89/14).
Autokauf: Keine Vollkaskoversicherung für Gebrauchtwagenvermittlung
aus Gefälligkeit
Übernimmt ein Autohaus aus bloßer Gefälligkeit die Vermittlung eines Gebrauchtfahrzeugs, kann
der Auftraggeber nicht den Abschluss einer Vollkaskoversicherung auf Kosten des Vermittlers
erwarten.
So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem aktuellen Fall. Allerdings könne
nach Ansicht der Richter eine Pflicht zum Abschluss einer Vollkaskoversicherung gegebenenfalls
bestehen, wenn ein Fahrzeugeigentümer einen gewerblichen Autohändler gegen Entgelt
(Provision) damit beauftragt, sein Fahrzeug auf dessen Firmengelände anzubieten und im
Namen und für Rechnung des Auftraggebers zu verkaufen. Bei einer aus bloßer Gefälligkeit
übernommenen Vermittlung eines Gebrauchtfahrzeugs durch ein Autohaus gelte jedoch, dass
der Auftraggeber den Abschluss einer Vollkaskoversicherung auf Kosten des Vermittlers gerade
nicht erwarte. Die Überwälzung der Versicherungspflicht auf den unentgeltlich tätigen Vermittler
wäre unbillig und widerspräche dem Grundgedanken des Auftragsrechts (OLG Hamm, 7 U
77/13).
Unfallschaden: Erstattung der Kosten für farbangleichende Einlackierung
Sind im Gutachten zur Vermeidung von Farbabweichungen in Übereinstimmung mit den
Herstellervorgaben Kosten für eine Einlackierung angrenzender Teile vorgesehen, muss der
eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer diese Kosten erstatten
Diese Entscheidung traf das Amtsgericht Dortmund. Die Kosten der Beilackierung von
Karosserieteilen seien nach Ansicht des Gerichts dann ersatzfähig, wenn diese technisch
notwendig ist. In diesem Falle handele es sich bei diesen Kosten um einen Teil des
Reparaturaufwands, der für die Behebung des Fahrzeugschadens erforderlich ist. Im
vorliegenden Fall war von der technischen Notwendigkeit auszugehen. Der Sachverständige
hatte die Beilackierung in seinem Gutachten explizit ausgewiesen. Er hatte hierzu vermerkt, dass
davon auszugehen sei, dass ohne Durchführung einer Lackangleichung deutliche und
augenscheinlich leicht erkennbare Farbunterschiede zu den angrenzenden Bauteilen erkennbar
bleiben (AG Dortmund, 436 C 1027/13).
Ausfallschaden: Werkstatt bestellt Ersatzteile erst nach Gutachteneingang
Wartet die Werkstatt ohne Absprache mit dem Geschädigten den Eingang des Gutachtens ab,
bevor sie die Ersatzteile bestellt, obwohl der Reparaturauftrag längst vorliegt, geht diese
Verzögerung nicht zulasten des Geschädigten. Denn das Werkstattrisiko trägt auch in diesem
Fall der Schädiger.
Diese Klarstellung traf das Amtsgericht Landshut. An dem unfallbeschädigten Fahrzeug lag ein
klarer Reparaturschaden vor. Der Geschädigte hatte den Reparaturauftrag sofort erteilt. Die
Werkstatt hat aber erst den Eingang des Schadengutachtens abgewartet, bevor sie die
Ersatzteile bestellt hat. Und das Gutachten hatte fünf Tage auf sich warten lassen. Der
Versicherer meinte, die Teile hätten auch ohne das Gutachten bestellt werden können, also seien
einige Tage Mietwagen nicht zu erstatten. Damit konnte er sich aber nicht durchsetzen (AG
Landshut, 10 C 1632/13).
Sachverständigenhonorar: Schadengutachten plus zwei Kopien sind zu
erstatten
Der Geschädigte hat Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Schadengutachten zuzüglich
zweier Kopien.
So entschied es das Amtsgericht München. Es machte deutlich, dass der Geschädigte alle drei
Exemplare benötigt. Eins für sich, ein Exemplar für seinen Rechtsanwalt und ein Exemplar, dass
er an den Versicherer sendet. Der Versuch der Versicherung, die Kosten für die vom
Schadengutachter mitgelieferten Zweitfertigungen nicht zu erstatten, hat damit nicht gefruchtet
(AG München, 335 C 2231/14).
Steuerrecht
Künstlersozialabgabe: Neue Prüfmechanismen ab 2015
Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung wird auch in 2015 bei 5,2 Prozent liegen. Dass
keine erneute Erhöhung notwendig wird, liegt vor allem an dem kürzlich im Bundesgesetzblatt
verkündeten Gesetz zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes, wodurch die Deutsche
Rentenversicherung ihre Prüftätigkeit massiv ausweiten wird.
Zum Hintergrund: Grundsätzlich gehören alle Unternehmen, die durch ihre Organisation,
besondere Branchenkenntnisse oder spezielles Know-how den Absatz künstlerischer Leistungen
am Markt fördern oder ermöglichen, zum Kreis der künstlersozialabgabepflichtigen Personen.
Hinweis: Weitere Informationen zur Abgabepflicht erhalten Sie unter
www.kuenstlersozialkasse.de.
Neue Prüfroutine
Ab 2015 werden alle Arbeitgeber aus dem Verwerterbestand der Künstlersozialkasse sowie alle
Arbeitgeber mit mindestens 20 Beschäftigten regelmäßig im Rahmen der turnusmäßig
stattfindenden Arbeitgeberprüfungen (mindestens alle vier Jahre) auf etwaige Melde- und
Zahlungspflichten geprüft.
Bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten wird ein jährliches Prüfkontingent gebildet. Der
Umfang des Kontingentes soll gewährleisten, dass der durchschnittliche Prüfturnus in dieser
Gruppe zehn Jahre beträgt.
Geringfügigkeitsgrenze
Unternehmen, die nur unregelmäßig und in geringem Umfang zum Zwecke der Eigenwerbung,
Öffentlichkeitsarbeit oder im Rahmen der sogenannten Generalklausel Aufträge an
selbstständige Künstler und Publizisten erteilen, profitieren ab 2015 von einer
Geringfügigkeitsgrenze. Diese beträgt 450 EUR und bezieht sich auf die Summe der Entgelte
(nach § 25 des Künstlersozialversicherungsgesetzes) aus den in einem Kalenderjahr erteilten
Aufträgen (Gesetz zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes; KünstlersozialabgabeVerordnung 2015).
Familienwohnung: Alleiniges Wohnrecht löst keine Befreiung von der
Erbschaftsteuer aus
Unter gewissen Voraussetzungen können Familienheime vererbt werden, ohne dass
Erbschaftsteuer anfällt. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) kann eine
Steuerbefreiung aber nur gewährt werden, wenn der länger lebende Ehegatte von Todes wegen
zivilrechtlich Eigentum oder Miteigentum an einer als Familienheim begünstigten Immobilie des
verstorbenen Ehegatten erwirbt. Die von Todes wegen erfolgte Zuwendung eines dinglichen
Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts an dem Familienheim erfüllt nicht die Voraussetzungen für
die Steuerbefreiung.
Ob eine Steuerbefreiung zu gewähren wäre, wenn der überlebende Ehegatte das ihm
zugewendete Eigentum an dem Familienheim unter Vorbehalt eines Wohnungsrechts auf einen
Dritten überträgt, ohne hierzu verpflichtet zu sein, hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich
offengelassen.
Zum Hintergrund: Die vom Erblasser vorher selbst genutzte Wohnimmobilie kann steuerfrei
vererbt werden, wenn das Familienheim vom Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner
weitere 10 Jahre lang bewohnt wird.
Erben Kinder oder Enkel (verstorbener Kinder), ist darüber hinaus zu beachten, dass die
Steuerbefreiung auf eine Wohnfläche von 200 qm begrenzt ist. Wird die Grenze überschritten,
unterliegt der übersteigende Teil der Erbschaftsteuer.
Eine wichtige Voraussetzung für die Erbschaftsteuerbefreiung ist insbesondere, dass die Erben
das Familienheim unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmen
müssen.
Praxishinweis: Nach einer Verfügung der Oberfinanzdirektion Rheinland reicht es nicht aus,
wenn sich der Erwerber nur beim Einwohnermeldeamt ummeldet. Es soll aber grundsätzlich nicht
beanstandet werden, wenn der Wohnungswechsel innerhalb eines Jahres erfolgt. Dies gilt jedoch
nicht, wenn nach Aktenlage konkrete Anhaltspunkte erkennbar sind, dass der Wohnungswechsel
problemlos schneller möglich gewesen wäre (BFH, II R 45/12; OFD Rheinland, Kurzinformation
Sonstige Besitz- und Verkehrssteuern Nr. 1/2012).
Werbungskosten: Keine beruflich veranlassten Umzugskosten bei
Beseitigung von Mietschäden
Auch bei einem beruflich veranlassten Umzug können Aufwendungen für die Beseitigung von
Mietschäden in der bisherigen Wohnung nicht als umzugsbedingte Werbungskosten abgezogen
werden, wenn diese Kosten unabhängig vom berufsbedingten Umzug vom Steuerpflichtigen
ohnehin hätten getragen werden müssen und nicht durch die vorzeitige Auflösung des
Mietvertrages entstanden sind. So lautet eine Entscheidung des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt.
Beachten Sie: Zwar ist in diesen Fällen ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen. Für die
Aufwendungen zur Beseitigung von Mietschäden kommt aber unter Umständen eine
Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen in Betracht. Diese beträgt 20 % der Arbeitskosten,
maximal aber 1.200 EUR im Jahr (FG Sachsen-Anhalt, 5 K 231/11; BMF-Schreiben, IV C 4 - S
2296-b/07/0003:004).
Arbeitnehmer: Keine Werbungskosten für Business-Kleidung
Die Aufwendungen für einen Business-Anzug sind nicht als Werbungskosten abziehbar.
Damit hat das Finanzgericht (FG) Hamburg die Klage eines Rechtsanwaltes abgewiesen. Zwar
ist „typische Berufskleidung“ als Werbungskosten abziehbar. Darunter fallen aber nur solche
Kleidungsstücke, deren Verwendung für Zwecke der privaten Lebensführung aufgrund
berufsspezifischer Eigenschaften so gut wie ausgeschlossen ist. Diese Voraussetzung ist z.B. für
den weißen Arztkittel erfüllt (FG Hamburg, 6 K 231/12).
Wirtschaftsrecht
Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz: Geplante Änderungen bei der
Rechnungslegung
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat jüngst einen Referentenentwurf
für ein Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz veröffentlicht. Das auf EU-Vorgaben basierende
Gesetzesvorhaben ist bis zum 20.7.2015 umzusetzen. Betrachtet man die Änderungen für
Kapitalgesellschaften, so wird ersichtlich, dass sich die Neuregelungen im Rahmen halten. Einige
Aspekte werden nachfolgend vorgestellt.
Größenklassen
Die Größenklasse einer Gesellschaft (Kleinstkapitalgesellschaft sowie kleine, mittelgroße und
große Kapitalgesellschaft) hängt von drei Schwellenwerten ab:

Bilanzsumme,

Umsatzerlöse und

durchschnittliche Anzahl der Arbeitnehmer.
Nach dem Entwurf sollen die monetären Werte deutlich erhöht werden. Nur die Größenkriterien
für Kleinstkapitalgesellschaften sollen nicht angepasst werden.
Beispiel: Als kleine Kapitalgesellschaften gelten Unternehmen, die an zwei
aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen mindestens zwei der drei folgenden Merkmale nicht
überschreiten:
Schwellenwerte für kleine KapG
Größenkriterien
Derzeitige Werte in Klammern
Bilanzsumme
6.000.000 EUR
(4.840.000 EUR)
Umsatzerlöse
12.000.000 EUR
(9.680.000 EUR)
Ø Arbeitnehmerzahl
50 (50)
Die Tabelle zeigt, dass die monetären Werte um ca. 24 Prozent erhöht werden sollen. Somit
dürften mehr Unternehmen von dem verkürzten Umfang des Anhangs und anderen
Erleichterungen (z.B. kein Lagebericht erforderlich) profitieren.
Praxishinweis: Nach dem Entwurf sollen die neuen Schwellenwerte bereits erstmals auf
Jahresabschlüsse für nach dem 31.12.2013 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden sein.
Besondere Bewertungs- und Ausweisregeln
Kann die voraussichtliche zeitliche Nutzung eines (aktivierten) selbst geschaffenen immateriellen
Vermögensgegenstands des Anlagevermögens in Ausnahmefällen nicht bestimmt werden, sind
Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von mindestens fünf und
höchstens zehn Jahren vorzunehmen.
Beachten Sie: Diese Regelung gilt analog für einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder
Firmenwert.
In der Gewinn- und Verlustrechnung sollen keine „außerordentlichen Posten“ mehr ausgewiesen
werden dürfen. Allerdings sollen jeweils der Betrag und die Art außerordentlicher Erträge und
Aufwendungen im Anhang dargestellt werden.
Der Gesetzgeber plant in der Gewinn- und Verlustrechnung die Zwischensumme „Ergebnis nach
Steuern“ nach Abzug der Steuern vom Einkommen und vom Ertrag einzufügen. Erst
anschließend sollen die sonstigen Steuern in der Überleitung zum Jahresüberschuss bzw. zum
Jahresfehlbetrag abgezogen werden.
Anhangangaben
Große und mittelgroße Kapitalgesellschaften müssen mit einer Ausweitung von Anhangangaben
rechnen. Demgegenüber sind für kleine Kapitalgesellschaften weitere Erleichterungen
vorgesehen (Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz, Referentenentwurf des BMJV).
GmbHG: Bewilligung einer Gehaltserhöhung als Insichgeschäft
Vereinbart der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, der einen Anstellungsvertrag mit der
Kommanditgesellschaft abgeschlossen hat und nur im Verhältnis zur GmbH von den
Beschränkungen nach § 181 BGB befreit ist, mit sich selbst eine Gehaltserhöhung ohne
vorheriges Einverständnis der Gesellschafterversammlung der GmbH, ist die Vertragsänderung
schwebend unwirksam.
So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH). Werde die Änderung nicht genehmigt, habe der
Geschäftsführer nach den Grundsätzen des Anstellungsverhältnisses auf fehlerhafter
Vertragsgrundlage gleichwohl einen Anspruch auf die erhöhte Vergütung. Voraussetzung dafür
sei, dass er seine Tätigkeit mit Kenntnis des für den Vertragsschluss zuständigen Organs oder
zumindest eines Organmitglieds von der Erhöhungsvereinbarung fortgesetzt hat (BGH, II ZR
44/13).
Gesellschafter: Nachhaftung bei Auflösung der Gesellschaft und bei
Betriebsübergang
Eine begrenzte Nachhaftung des Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kommt
jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Gesellschaft nicht, auch nicht im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge, durch einen Gesellschafter fortgeführt wird, sondern ersatzlos aufgelöst
wurde.
Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG). Zugleich wiesen die Richter drauf hin,
dass der ehemalige Gesellschafter in seiner Eigenschaft als Gesellschafter einer früheren
Betriebsinhaberin nur nach § 613a Abs. 2 BGB hafte. Diese Haftung betrifft also nur
Verpflichtungen, die schon vor dem Zeitpunkt eines Betriebsübergangs entstanden sind (BAG, 8
AZR 144/13).
Arbeitsvertragsrecht: Gehaltskürzung bei Widerruf der Prokura nicht
zulässig
Eine vom Arbeitgeber vorformulierte Vertragsbestimmung, nach der dem Mitarbeiter eine Zulage
nur für die Dauer der Prokura gewährt wird, ist unwirksam.
Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg entschieden. Eine solche Bestimmung weicht
vom Grundgedanken der Regelung in § 52 des Handelsgesetzbuchs ab. Hiernach erfolgt der
Widerruf der Prokura „unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung“. Durch die
Verknüpfung des Widerrufs der Prokura mit dem Wegfall der Funktionszulage wird hiervon
abgewichen, ohne dass dies durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers
gerechtfertigt ist (LAG Hamburg, 6 Sa 29/13).
Abschließende Hinweise
Verzugszinsen
Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247
BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt.
Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG)
getreten.
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2014 bis zum 31. Dezember 2014 beträgt - 0,73
Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,27 Prozent

für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1
BGB): 1,27 Prozent

für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 7,27 Prozent
Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der
Vergangenheit:

vom 01.01.2014 bis 30.06.2014: -0,63 Prozent

vom 01.07.2013 bis 31.12.2013: -0,38 Prozent

vom 01.01.2013 bis 30.06.2013: -0,13 Prozent

vom 01.07.2012 bis 31.12.2012: 0,12 Prozent

vom 01.01.2012 bis 30.06.2012: 0,12 Prozent

vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 0,37 Prozent

vom 01.01.2011 bis 30.06.2011: 0,12 Prozent

vom 01.07 2010 bis 31.12.2010: 0,12 Prozent

vom 01.01.2010 bis 30.06.2010: 0,12 Prozent

vom 01.07 2009 bis 31.12.2009: 0,12 Prozent

vom 01.01.2009 bis 30.06.2009: 1,62 Prozent

vom 01.07.2008 bis 31.12.2008: 3,19 Prozent

vom 01.01.2008 bis 30.06.2008: 3,32 Prozent

vom 01.07.2007 bis 31.12.2007: 3,19 Prozent

vom 01.01.2007 bis 30.06.2007: 2,70 Prozent

vom 01.07.2006 bis 31.12.2006: 1,95 Prozent

vom 01.01.2006 bis 30.06.2006: 1,37 Prozent

vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent

vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent

vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent

vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent

vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent

vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent

vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent

vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent

vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent

vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent

vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent
Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 10/2014
Im Monat Oktober 2014 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten:
Steuertermine (Fälligkeit)
Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): 10.10.2014
Lohnsteuerzahler (Monatszahler): 10.10.2014
Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem
Fälligkeitstermin vorliegen.
Beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten
Zahlung durch Überweisung endet am 13.10.2014. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf
hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per
Scheck gilt!
Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit)
Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden
Monats fällig, für den Beitragsmonat Oktober 2014 am 29.10.2014.*
* für Bundesländer, in denen der 31.10.2014 ein Feiertag ist, gilt der 28.10.2014.
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