AUS VORFÄLLEN LERNENBEISPIELE FÜR SCHWACHE SIGNALE UND DENKFALLEN Chronisches Unbehagen = Beachtung schwacher Signale und Denkfallen Was sind die Signale? Schwache Signale sind Anzeichen dafür, dass etwas in unserer Umgebung möglicherweise nicht in Ordnung ist und dass einige der Schutzvorrichtungen, die einen Zwischenfall verhindern sollen, ihre Funktion nicht erfüllen oder nicht vorhanden sind. Hier einige Beispiele: Korrosion an Stellen, an denen wir sie nicht erwartet hätten ... Ein ungewöhnlicher Geruch, den wir beim Besuch einer Produktionsanlage wahrnehmen ... Eine Pumpe, die ungewöhnliche Vibrationen aufweist ... Ein neuer Mitarbeiter, der ein wichtiges Bauteil überrascht betrachtet ... Ein Messinstrument, das einen unerwarteten Wert anzeigt ... Dokumentation zu kritischen Vorgängen, die nicht vollständig ausgefüllt ist … Verfahrensbeschreibungen, die Fehler enthalten oder überholt sind … Entscheidungen, Standards oder übliche Verfahren nicht einzuhalten … Aufsichtsführende, die wiederholt Bedenken von weniger erfahrenen Mitarbeitern in den Wind schlagen. Was ist eine Denkfalle bzw. kognitive Verzerrung? Der Begriff Denkfalle beschreibt die Tendenz eines Menschen, sich in seinen Gedanken trotz gegenteiliger Fakten übermäßig durch vorhandene Denkmuster (Dinge, deren Eintreten man sich wünscht oder erwartet) oder durch Emotionen leiten zu lassen. Auch der Unwille, Dinge selbst zu beurteilen, führt oft zu fehlgeleiteten und voreiligen Schlüssen. Durch diese Denkfallen kann unser Denken in allen Bereichen von der Wahrnehmung und Deutung von Informationen bis zur Beurteilung und Entscheidungsfindung beeinflusst werden. Beispiele für Denkfallen: Die Tendenz, ein Risiko zu unterschätzen, da es mit Aufgaben verbunden ist, die wir regelmäßig ohne Zwischenfall durchführen, und das uns daher vertraut geworden ist (Risikonormalisierung). Die Tendenz, nach Informationen zu suchen, die unsere Erwartungen erfüllen, bzw. Informationen so zu interpretieren, dass dies der Fall ist. Die Tendenz, Informationen, die in einer bestimmten Situation nicht in unser Denkmuster passen, auszublenden oder andere Erklärungen zu finden, die diese Informationen aufheben (Bestätigungsfehler). Die Tendenz, übermäßig optimistisch zu sein und die Erfolgswahrscheinlichkeit zu überschätzen (Wunschdenken, unrealistischer Optimismus). Die Tendenz, eine begonnene Strategie auch dann weiterzuverfolgen, wenn sich die Umstände ändern und Risiken steigen. Die Tendenz, der Meinung einer Peergroup zustimmen zu wollen. Die Tendenz, Risiken entsprechend der Darstellung eines Problems wahrzunehmen (Framing). Beispielsweise wird die Feststellung „Die Erfolgswahrscheinlichkeit beträgt 90 %“ als positiver und mit geringerem Risiko behaftet wahrgenommen als die Feststellung „Die Gefahr eines Misserfolgs beträgt 10 %“. Schnell und langsam denken Im Allgemeinen wendet unser Gehirn das schnelle Denken an – das ist in alltäglichen und Routinesituationen durchaus angebracht. Allerdings müssen wir uns bewusst sein, dass wir dabei leicht in Denkfallen stolpern können. Wir schließen voreilige Schlüsse und betrachten erst danach die Tatsachen. Wenn wir HSSE-relevante Entscheidungen treffen, müssen wir Denkfallen vermeiden, indem wir langsame, rationale Denkprozesse anwenden. Schnelles Denken: intuitiv, mühelos, emotional, voreilige Schlüsse ziehend, automatisch, immer aktiv Langsames Denken: bewusst, anstrengend, rational, auf Beweisen basierend, selten aktiv, muss aktiviert werden „Chronisches Unbehagen wird erreicht, wenn wir eine Kultur geschaffen haben, in der wir auf schwache Signale achten und bei Risikobewertung und Entscheidungsfindung effektive sowie frühzeitige Maßnahmen ergreifen.“