Luxemburg, den 3. August 2015 JO.16 : Quo vadis Jugendpolitik

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Luxemburg, den 3. August 2015
JO.16 : Quo vadis Jugendpolitik?
Das Referendum war in seinem Resultat bei allen
drei Fragestellungen so eindeutig, dass man ohne
jeden Zweifel von einer Zeit vor bzw. nach dem 7.
Juni sprechen kann. Während die Politik bei der
Frage nach mehr politischer Partizipation der nichtluxemburgischen Mitbürger bereits alternative Wege
vorbereitet, in erster Linie durch eine grundlegende
Reform des Nationalitätengesetzes, so scheint die
Frage einer tieferen, politischen Partizipation der
Jugendlichen sträflich vernachlässigt zu werden. In
der Tat ist es doch äuβerst erstaunlich, wie schnell
sich die politischen Entscheidungsträger - durch ein
klares Ergebnis bei der Frage des fakultativen Wahlrechts ab 16 peinlich berührt - dem Thema abgewandt haben. Bereits anlässlich der Debatte im Parlament bezüglich des Ausgangs des Referendums am 9. Juni 2015 rat beispielsweise Alex Bodry seiner eigenen Partei, das Thema in den
nächsten Jahren nicht mehr aufzugreifen. Auch Vertreter anderer Parteien pflichteten ihm in
der Substanz bei.
Dieser Rückzieher der gesamten politischen Bandbreite im Parlament stellt unserer Ansicht nach
jedoch einen fatalen Fehler dar: dieses Verhalten sendet ein destruktives Signal an alle engagierten Jugendliche in Luxemburg. Da die Frage des fakultativen Referendums bereits während
der Kampagne meist leider nur oberflächlich gestreift worden ist, besteht nun das Risiko, dass
viele Jugendliche das beklemmende Gefühl nicht los werden, die Frage sei von Anfang an eher
eine Scheinfrage gewesen, welche die Politik im Referendum lediglich gestellt hat, um ihr Scheininteresse an den Belangen der Jugend zu demonstrieren.
Das Recht der Jugend auf politische Mitbestimmung bleibt für uns ein demokratisches Menschenrecht. In einer Demokratie muss gelten, dass alle Bürger, die von Entscheidungen betroffen sind,
sich am Zustandekommen dieser Entscheidungen beteiligen können, und dies durch das elementare Recht des Wählens. Ist es denn nicht legitim, dass die künftigen Generationen, welche die
Konsequenzen aktueller, politischer Maβnahmen schultern werden müssen, nach einem Weg suchen, ihre Meinung zur Geltung zu bringen? Warum sollte eine politische Partei nicht weiter ein
fakultatives Wahlrecht ab 16 anstreben dürfen?
Sicherlich muss der Ausgang des Referendums respektiert werden und darf nicht Gegenstand verschiedenster, politischer Interpretationen werden. Beim Residenzwahlrecht hat sich bereits ein
überparteilicher Konsens herauskristallisiert, wie man die politische Mitbestimmung der Nichtluxemburger verbessern kann, ohne das Residenzwahlrecht einführen zu müssen. Warum sollten
beim Wahlrecht ab 16 nicht ebenfalls andere Wege geebnet werden können, um dasselbe Ziel
erreichen zu können? In diesem Sinne sollten die politischen Entscheidungsträger in Parlament
und Regierung ernsthaft alternative Wege aufzeichnen, wie man die politische Integration der
Jugendlichen konkret in Luxemburg verbessern und ihre persönliche Identifikation mit politi-
schen Prozessen fördern kann, ohne zwangsläufig das Wahlrecht ab 16 einführen zu müssen, das
ja mit breiter Mehrheit von den Wählern und Wählerinnen abgelehnt worden ist.
Wir würden uns wünschen, wenn die politische Bildung in den Schulen, die zu Recht seit längerer
Zeit als unzureichend bemängelt wird, grundlegend reformiert werden würde. Dabei sollte die
politische Bildung einerseits deutlich früher Eingang in den Schulunterricht finden, andererseits
sollten politische und gesellschaftliche Themenfelder fächerübergreifend im Unterricht behandelt werden, anstatt nur isoliert in einem Fach abgearbeitet zu werden.
Eine Reform der politischen Bildung in den Schulen allein wäre aber auch nicht der Weisheit
letzter Schluss. In der Tat verhält es sich im aktuellen Schulsystem so, dass ein politisches Engagement eines Jugendlichen sich eher negativ auf seine schulische Leistung auswirken kann, da
er/sie aufgrund dieses Engagements unter Umständen weniger Zeit zum Lernen aufbringen kann.
Politisches, gemeinnütziges und soziales Engagement in Vereinigungen, gemeinnützigen Organisationen, dem Jugendparlament oder Jugendparteien stellen ohne jeden Zweifel ein wichtiges
Standbein der non-formalen Bildung und der Entwicklung eines jeden Jugendlichen dar. Aus diesem Grund wäre es entscheidend, dass diese non-formale Bildung endlich bei der Benotung im
Sekundarunterricht gewürdigt wird und einen positiven Niederschlag hat, anstatt engagierte
Schülerinnen und Schüler abzustrafen.
Letztendlich wäre es dringend erforderlich, dass wir uns als Gesellschaft der Frage stellen würden, was genau am 7. Juni eine so breite Mehrheit der Wählerschaft dazu veranlasst hat, dem
fakultativen Wahlrecht ab 16 eine Absage zu erteilen. Kann man sagen, dass unsere Gesellschaft
ihrer eigenen Jugend misstraut? Nur wenn wir uns ehrlich und ohne Umschweife mit dieser Problemstellung befassen, können wir herausfinden, ob es einen Graben zwischen Generationen in
unserer Gesellschaft gibt, und ihn gegebenenfalls langfristig zu schlieβen versuchen.
Mitgeteilt von Alexander Frisch und Patrick Weymerskirch
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