Best Practice Organisatorische Rahmenbedingungen der

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Best Practice
Organisatorische Rahmenbedingungen der elektronischen
Pflegedokumentation in einem amerikanischen Krankenhaus
Anne-Maria Vollmer, Lehrstuhl für Medizinische Informatik, Universität Erlangen-Nürnberg
Hans-Ulrich Prokosch, Lehrstuhl für Medizinische Informatik, Universität Erlangen-Nürnberg
Kontakt: [email protected]
Hintergrund und Motivation
Die Evaluation der Einführung der elektronischen Pflegeprozessdokumentation am
Universitätsklinikum Erlangen zeigte eine fehlende Passung zwischen dem eingesetzten
Softwareprodukt und dem Arbeitsumfeld. Der erhöhte Dokumentationsaufwand, die unzureichende
softwareergonomische Ausgestaltung und fehlenden mobilen Dokumentationswerkzeuge
behinderten die Integration der Pflegedokumentation in die bestehenden Abläufe. Zur Definition von
Empfehlungen für die Gestaltung der IT-Applikationen und der Arbeitsprozesse wurde eine
Vergleichsstudie der Rahmenbedingungen in einem amerikanischen Haus der Maximalversorgung
durchgeführt.
Beschreibung des Projekts
Die elektronische Pflegedokumentation am Intermountain Healthcare in Salt Lake City ist seit über 15
Jahren erfolgreich als integraler Bestandteil des EHR HELP1 implementiert. Die Pflegekräfte
dokumentieren einen Pflegeplan (Pflegeplanung) für jeden Patienten pro Schicht und ihre
durchgeführten Pflegemaßnahmen in den medizinischen Kategorien nach Durchführung (Nursing
Assessment - Pflegedokumentation). Es stehen 90 verschiedene Pflegepläne zur Verfügung. Analog
zum Pflegeprozessmodell werden für jeden Plan Pflegeziele, -diagnosen, -interventionen und –
instruktionen dokumentiert. Diese werden freitextlich ohne standardisierte Kataloge angelegt.
Erfolgsfaktoren
Spezialisierte Arbeitsteilung
Es ist eine deutlich spezialisierte Arbeitsteilung zu erkennen. Neben der Rolle der examinierten
Pflegekraft (Registered Nurse - RN), sind verschiedene Behandlungsteams (Wund-, Ernährunsgs-,
Rehabilitationsteam…) für den Patienten anforderbar. Case Manager und Sozialarbeiter werden für
jeden Patienten hinzugezogen und sind Teil des Stationsteams. Die administrativen Aufgaben werden
von Health Unit Coordinators übernommen. Neben der Stationsleitung (Nurse Manager) ist eine
Charge Nurse permanent als zentraler Ansprechpartner am Stationsstützpunkt anwesend,
koordiniert die Kommunikation und plant das Personal und die Bettenbelegung. Jede RN arbeitet in
einem Tandemteam mit einer Certified Nursing Assistant (CNA). Die CNA übernimmt den Großteil der
Grundpflege und hauswirtschaftliche Tätigkeiten. Die RN ist für die Behandlungspflege und die
Koordination der Pflege und Therapie zuständig. Der Dokumentationsaufwand ist durch die
Arbeitsteilung geringer, da jede Berufsgruppe die spezialisierte Dokumentation für den eigenen
Aufgabenbereich übernimmt. Die Arbeitsteilung in administrative, hauswirtschaftliche und
pflegerische Verantwortungsbereiche schafft zudem Entlastung von pflegefremden Tätigkeiten.
Kontinuierliche Personalbesetzung
Zur Personalplanung werden mündliche Besprechungen genutzt. Im Charge Nurse Meeting gibt jede
Charge Nurse der elf Stationen eine Zusammenfassung über Belegdaten, geplante Entlassungen
sowie freie bzw. benötigte Personalressourcen der nächsten Schicht. Der Pool Manager entscheidet
anhand der Berichte zu welchen Stationen Springer entsendet werden. Mit diesem System ist
gewährleistet, dass der Personalstand nie unter dem für die Station festgelegten Personalschlüssel
fällt. Personalengpässe und Zeitmangel fallen als Gründe für unzureichende pflegerische
Dokumentation weg. Die Erfassung von Leistungsdaten zur Personalplanung wird mit diesem
Vorgehen vermieden.
Schnelle Dokumentation und gute Verfügbarkeit
Die Auswahl von Dokumentationskategorien, Textbausteinen und Items erfolgt über nummerische
Eingaben. Durch die Vorbelegung der Nummern werden zeitaufwendige Freitexteingaben
vermieden. Die Vorblendung von Dokumentationszeiten und vorhergehenden Dokumentationen und
das Log-In mit dem Mitarbeiterausweis beschleunigen zusätzlich die Dokumentation. Jedes
Patientenzimmer hat einen Rechner am Bett, beim Anmelden im Patientenzimmer gelangt der User
direkt in die Akte des Patienten. Die Verfügbarkeit von PC-Arbeitsplätzen ist hoch, so stehen auf
einer Station mit 32 Betten zusätzlich zu den 32 Rechnern in den Patientenzimmern 20 weitere
Desktop-Rechner zur Verfügung. Diese Faktoren ermöglichen eine Integration der Dokumentation in
den Arbeitsablauf: es wird direkt am Point-of-Care und im Anschluss an die durchgeführte
Pflegemaßnahme dokumentiert. Durch die Dokumentationsregelung „Charting by exception“ und
eine qualitative Dokumentation, ohne die Erfassung von Leistungen zum reinen Leistungsnachweis
wird der Dokumentationsaufwand verringert.
Effektive Kommunikation statt Dokumentation
Die Pflegenden arbeiten in Zwölf-Stunden-Schichten, sodass im Vergleich zur Acht-Stunden-Schicht
eine Schichtübergabe am Tag entfällt. Die Pflegeübergabe erfolgt nicht im Rahmen einer
Teambesprechung, sondern am Bett des Patienten zwischen der betreuenden Pflegekraft der
aktuellen Schicht und der folgenden Schicht. Die Kommunikation auf der Station wird maßgeblich
von der Charge Nurse gesteuert. Als Kommunikationsdrehscheibe laufen alle Informationen über die
Belegung, Entlassungen und Aufnahmen zusammen. Weiterhin wird zusammen mit den Ärzten, Case
Managern und Sozialarbeitern pro Schicht ein Quick Discharge Meeting durchgeführt. Hier wird jeder
Patient kurz besprochen und seine Entlassung geplant. Die strukturierte mündliche Kommunikation
führt dazu, dass weniger Informationen verschriftlich werden müssen um andere Berufsgruppen zu
informieren.
Ausblick
Mit einem detaillierten Vergleich der Aufgaben, Prozesse und Strukturen sollen die Unterschiede in
beiden Ländern quantifizierbar gemacht werden. Zudem soll die Erhebung der Anwenderakzeptanz
zeigen, inwieweit die erfassten arbeitsorganisatorischen Unterschiede sich in der Zufriedenheit der
Mitarbeiter mit der elektronischen Pflegedokumentation wiederspiegeln. Aufbauend auf diesen
Ergebnissen soll die Prüfung der Übertragbarkeit am UK Erlangen erfolgen.
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