Germanistische Sprachwissenschaft_Rössler Claudia Max WS 2009

Werbung
Germanistische Sprachwissenschaft_Rössler
Claudia Max
1
WS 2009/ 2010
[email protected] / Sprechstunde Fr. 13:30-14:30
1. Einheit 09.10.2009
Grundsätzliche Überlegungen zum Wesen der Sprache und zur Methodik ihrer
Erforschung stehen im Vordergrund. Reflexion über Sprache: Was ist Sprache? Was ist
der gemeinsame Nenner von Einzelsprachen?
Besteht eine Struktur der Sprache objektiv in der Natur oder wird sie von den Sprechern
in die Sprache hineininterpretiert. Struktur ist wichtig. Sprache weist Regelmäßigkeiten
oder wiederkehrende Muster auf. Es gibt wiederkehrende Strukturen/ Merkmale in den
meisten Sprachen Europas. Heute ist man der Meinung, dass die sprachlichen
Strukturen nicht in der Natur vorgegeben sind. Die Vorhersage sprachlicher Strukturen
ist durch ihre Dynamik nicht möglich.
Franz Bopp beweist 1816 zum ersten Mal die Verwandtschaft verschiedener
indogermanischer Sprachen. 1819 erschien der erste Band der Deutschen Grammatik
von Jacob Grimm.
Alle natürlichen Sprachen der Welt weisen Gemeinsamkeiten auf, die man Sprachliche
Universalien/ Sprachuniversalien nennt. – Welche Merkmale kommen in allen
Sprachen der Welt vor. Gibt es überhaupt solche bestimmte Merkmale.
In der Geschichte wurde Sprache personalisiert. Sprache wurde metaphorisch mit
einem Menschen gleichgesetzt. Diese Denkweise war im 19. Jhdt. ein wesentlicher
Fokus. Man muss Sprache unabhängig vom Sprachverwender betrachten. Sprache
nicht als isoliertes Objekt betrachten. Sprache wird von uns Sprechern gesprochen in
unterschiedlichen Generationen/ Epochen. Wie wirkt sich die Person auf den
Sprachgebrauch aus und umgekehrt. Welche Auswirkungen hat Sprache auf die
Identität des Menschen. Welche Art von Kommunikation passiert jeden Tag. Welche
methodischen Schulen in der Linguistik hat es gegeben in den verschiedenen Epochen.
Frage des Systemcharakters von Sprache und ihre Subsysteme (Lautebene,
Wortebene, Satzebene)
Germanistische Sprachwissenschaft_Rössler
Claudia Max
2
WS 2009/ 2010
Morphologie = Lehre von der Gestalt, sprachliche Formen werden untersucht
Morphem = kleinste tragende Bedeutungseinheit
Derivation = Wortbildungsfindung
Syntax = Satzbau
Semantik = Zeichen und Bedeutung; Erscheinungsformen die über die Textebene
hinausgehen.
Was versteht man unter „deutscher“ Sprache
Historisch gesehen (diachron) versteht man unter Deutsch eine Gruppe verschiedener,
ihrer Herkunft nach westgermanischer Sprachen. Nach der räumlichen Ausdehnung
(diatopisch)
ist
das
Deutsche
eine
Gruppe
von
heutigen
Mundarten
des
Hochdeutschen und des Niederdeutschen. Strukturell ist das Niederdeutsch eine
vollkommene andere Sprache als das Hochdeutsche. Nationale Amtssprache ist
Deutsch nur in Deutschland, Österreich, Luxemburg, Liechtenstein und der Schweiz,
eine regionale Amtssprache ist es in Südtirol und Ostbelgien. Deutsch ist so wenig wie
jede andere natürliche Sprache eine homogene Sprache. Es ist nicht nur räumlichgeographisch in Dialekte, sondern gleichzeitig auch gesellschaftlich-soziologisch in
Varietäten differenziert. Wir können uns die gesellschaftliche (diastratische) Schichtung
etwas so vorstellen:
Standardsprachen
Umgangssprachen
historisch
Verkehrsdialekte
verwandt
Basisdialekte
räumliche Ausdehnung
Germanistische Sprachwissenschaft_Rössler
Claudia Max
3
WS 2009/ 2010
2. Einheit 16.10.2009
Deutsch wird hauptsächlich von Leuten mit Deutsch als Muttersprache gesprochen,
seltener von Leuten die Deutsch als Zweitsprache haben. Terminologische Probleme
der Linguistik:
Deutsch als Muttersprache = Deutsch wird von einem Kind als erstes erworben,
erfolgt im Privaten Kontext. Lernt das Kleinkind die Sprache durch Nachahmung oder ist
ihm die Sprachfindung angeboren? Das Sprache durch Lernprozesse beim Menschen
erworben wird kann auch als Interaktionismus bezeichnet werden. Nativisten, sind der
Meinung, dass die Sprachfähigkeit apriori angeboren ist (die physiologische Möglichkeit
Laute zu produzieren gab es erst am Übergang zum Hominiden). Kognitivismus wird
als Spielart des Nativismus angesehen. Gehirnwindungen machen sprachliche
Kommunikation auch kognitiv möglich. Empiristen sind der Meinung, dass Menschen
ohne Umwelt, ohne Sozialisation in einer adäquaten Umgebung, nicht in der Lage sind
Sprache zu entwickeln, da der Spracheerwerb im sozialen Kontext eine große Rolle
spielt, dies zeigen auch einige grausame Experimente mit Kindern.
Fremdsprache = steht häufig für die erste Fremdsprache, jene Sprache die man nach
der Muttersprache erlernt. Ist nicht immer eine gesteuert, erlernte Sprache. Einige
Publikationen sprechen von erworbenen Sprachen. Fremdsprache und Zweitsprache
werden oft als Synonyme verwendet.
Eine Sprache wird dann als erworbene Sprache bezeichnet wenn sie nicht gezielt,
gesteuert, institutionalisiert verankert vermittelt wird. Ich lerne eine Muttersprache indem
ich in dem sozialen Milieu der Muttersprache aufwachse. Es ergibt sich im alltäglichen
Umgang. Migranten eignen sich die für sie zu anfangs fremde Sprache durch ihr
soziales Umfeld an. Lernen wird oft als bewusstes Erfassen gesehen. Erlernt wird eine
Sprache in Institutionen, nach einem gezielten Curriculum gesteuert.
Tierkommunikation
Tiere können Sprache nicht bewusst und gezielt ändern. Ihre Äußerungen können nicht
segmentiert werden. Eine Syntax (Anordnung, Syntax der Einzelsprachen die von
Germanistische Sprachwissenschaft_Rössler
Claudia Max
4
WS 2009/ 2010
Menschen gesprochen werden) kann bei Tiersprachen nicht nachgewiesen werden. In
der Sprache kann schon allein die Anordnung in einem Satz unterschiedliche
Bedeutung hervorrufen. Wir verstärken die syntaktische Anordnung durch die Intonation,
bei sprachlichen Äußerungen. Beim Tier ist die Kommunikationsfähigkeit angeboren.
Während beim Menschen auch durch Nachahmung Sprache erworben wird. Die
menschliche Sprache lässt Reaktionsfreiheiten zu, während Reiz/ Stimulus bei Tieren
Reaktionen
hervorrufen.
Menschen
stehen
Deutungsmöglichkeiten
und
Handlungsmöglichkeiten bei sprachlichen Äußerungen völlig frei zur Verfügung. Der
Unterschied zwischen Einzahl und Mehrzahl wird in den Einzelsprachen der Menschen
versprachlicht. In Tiersprachen wird das nicht differenziert. Es besteht auch kein
Unterschied
zwischen
Konkreta
und
Abstrakta.
Versprachlichung
abstrahierter
Gedanken spielte eine wesentliche Rolle bei menschlicher Sprache. Menschliche
Sprachen sind in der Lage Räumlichkeit und Zeitlichkeit zu benennen. Sprache ist auch
über
Raum
und
Zeit
überlieferbar.
Wir
können
zukünftiges/
vergangenes
versprachlichen. In der Tierkommunikation ist diese Konzept von Zeit nicht nachweisbar.
Fiktives kann auch nicht versprachlicht werden. Vorstellungswelten nur vorhanden weil
sie versprachlicht werden. Fiktion wird in unseren Köpfen Realität, kann aber nicht
eintreten. Das ist Leistung von Sprache. Metasprache ist eine weitere besondere
Leistung der Sprache. Wir können in unserer Sprache über Sprache sprechen. Wir
reflektieren über Sprache. Wir kommen nie von dieser Sprache los durch die Reflexion.
Sprachliche Relativitätstheorie = die Wahrnehmung der Welt erfolgt über den Filter
der Einzelsprache. Wie wir die Welt wahrnehmen hängt von der Einzelsprache ab. Wie
weit geht das? Ist sie nur deutlich erkennbar wenn wir verschiedene Sprachen von
unterschiedlichen Kulturen vergleichen oder gibt es schon innerdeutsche Unterschiede
in der Alltagskultur.
Kommunikationsmodelle
Modellbildungen vereinfachen und idealisieren, sie abstrahieren, aber mit diesen
Abstraktionen dieser Modellbildung können wir menschliche Komplexität von Sprache
darstellen und Schlussfolgerungen daraus ziehen.
Germanistische Sprachwissenschaft_Rössler
Claudia Max
5
WS 2009/ 2010
Idealfall einer Modellbildung wäre der, dass wir sagen, wir haben eine Aufgabe die wir
nur lösen können wenn wir alle Fälle dieser Aufgabe betrachten.
B
A
Ferdinand de Saussure: Der Lautkörper gelangt zum Ohr, das Gehirn
erzeugt eine Vorstellung, der Empfänger seinerseits wird zum Sender und sendet einen
Lautkörper aus.
M
S
N
H
Roman Jakobson: Erfolgreiche Kommunikation = Sender schickt eine
Nachricht in einem Medium an einen Empfänger.
Eine Erweiterung dieses klassischen Kommunikationsmodells wäre die, dass der
Sprecher seine gedankliche Vorstellung in einen dem Hörer verständlichen Kode
umsetzt, er muss sie kodieren und der Empfänger muss sie dekodieren. Unter Kode
kann eine Einzelsprache verstanden werden. Der Kode bzw. die Sprache muss
übereinstimmen.
Das Medium ist das Mittel der sprachform, das heißt, entweder ist sie mündlich oder
schriftlich. Der Kanal hingegen ist der Übertragungsweg. Beim Medium Mündlichkeit
kann er Kanal z.B. die Luft (die die Schallwellen überträgt) oder der elektronische Weg,
Germanistische Sprachwissenschaft_Rössler
Claudia Max
6
WS 2009/ 2010
z.B. über den Telefondraht (bei einem Telefongespräch), sein, beim Medium
Schriftlichkeit ist der Kanal vielleicht der Postweg oder die Übergabe einer CD mit
elektronisch gespeicherter schriftlicher Sprache.
Kommunikation muss störungsfrei verlaufen, darf also nicht durch Beeinträchtigung des
Kanals (etwa Lärm bei mündlicher Kommunikation) unterbrochen werden. Weitere
Voraussetzungen für erfolgreiche Kommunikation
 Beide
Kommunikationspartner
müssen
über
einen
vergleichbaren
Erfahrungshorizont verfügen
 Sie sollten der geleichen sozialen Sprachschicht angehören oder ihre Sprache
der Situation anpassen
 Sprachliche Mitteilungen können mit einer bestimmten Emotion mitgeliefert
werden. Diese spezielle, meist emotional gefärbte Nebenbedeutung ist nicht
kodifiziert (Konnotat). Sprachliche Mitteilungen können aber auch über eine
allgemeine Bedeutung (Denotat), die im Lexikon kodifiziert ist verfügen. Das
Konnotat kann räumlich-geographisch, gruppensprachlich oder individuell bedingt
sein.
 Auch
die
Redekonstellation
also
die
Begleitumstände
beeinflussen
die
Kommunikation. Die Mimik, Gestik der Gesprächspartner, der Tonfall, die
Situation, die soziale Stellung der Gesprächspartner sind entscheidend für das
Gelingen von Kommunikation.
 Es gibt Rahmenbedingungen die gekoppelt sind an soziale Normen.
Funktion von Sprache
Welche Funktionen haben sprachliche Äußerungen. Was tun wir mit Sprache. Wozu
verwenden wir Sprache. Zweck/ Funktion von Sprache. Drei grundsätzliche Funktionen
sind zu unterscheiden, die aus den Beziehungen des sprachlichen Zeichens
(sprachliche Äußerung) zu Sender, Empfänger und Welt bestehen:
Germanistische Sprachwissenschaft_Rössler
Claudia Max
7
WS 2009/ 2010
(1) Manifestierende Funktion (Ausdrucksfunktion) = Mit dem sprachlichen Zeichen
kann der Sender seine persönlichen Gedanken und Empfindungen ausdrücken
und dem Empfänger mitteilen. Es sind Aussagen, die niemand außer dem
Sprecher machen kann.
(2) Informierende Funktion (Darstellungsfunktion) = Sie wird durch das Verhältnis
des sprachlichen Zeichens zur realen Welt konstituiert. Sie meint Äußerungen,
die auf Gegenstände und Sachverhalte referieren. Bezogen auf den Sprecher
kann das sprachliche Zeichen als Symptom bezeichnet werden, bezogen auf den
Hörer ist es Signal, bezogen auf Gegenstände ist es Symbol.
(3) Appellierende Funktion = Die Beziehung des sprachlichen Zeichens zum
Empfänger kann man sich als Aufforderung, Bitte, Befehl, Wunsch etc. an den
Adressaten vorstellen.
Herunterladen