Sicherungsverwahrung - Organisationsbüro § RECHT

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Die Sache wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung
folgender Rechtsfrage vorgelegt:
Ist in den Fällen, in denen die erstmalige Unterbringung eines
Angeklagten in der Sicherungsverwahrung wegen Taten
angeordnet worden ist, die vor dem 31. Januar 1998 begangen
wurden, die Maßregel nach zehnjährigem Vollzug wegen
Erreichens der Höchstfrist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB in der
bis zum 31. Januar 1998 gültigen Fassung für erledigt zu erklären
oder ist auch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 (Individualbeschwerde
Nr. 19359/04) in diesen Fällen weiterhin § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB
anzuwenden?
Vorinstanz 7 StVK 301/10 LG Koblenz (Diez)
OLG Koblenz vom 01.09.2010 2 Ws 370/10
Beschluss
In der Maßregelvollzugssache
gegen
zurzeit in Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Diez,
wegen Überprüfung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung in
der Sicherungsverwahrung
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Völpel und die Richter am
Oberlandesgericht Pott und Dr. Leitges
am 1. September 2010 beschlossen:
Die Sache wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender
Rechtsfrage vorgelegt:
Ist in den Fällen, in denen die erstmalige Unterbringung eines
Angeklagten in der Sicherungsverwahrung wegen Taten angeordnet
worden ist, die vor dem 31. Januar 1998 begangen wurden, die
Maßregel nach zehnjährigem Vollzug wegen Erreichens der
Höchstfrist des § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB in der bis zum 31. Januar
1998 gültigen Fassung für erledigt zu erklären oder ist auch nach dem
Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.
Dezember 2009 (Individualbeschwerde Nr. 19359/04) in diesen Fällen
weiterhin § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB anzuwenden?
GRÜNDE
I.
Das Landgericht Mainz verurteilte den vielfach, überwiegend wegen
Diebstahls, durch Urteil des Amtsgerichts Frankenthal vom 5. Oktober
1972 auch schon wegen versuchter Notzucht in Tateinheit mit
vorsätzlicher Körperverletzung vorbestraften Untergebrachten am 22.
Februar 1988 und 13. Juni 1996 wegen Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung.
1.
Mit Urteil vom 22. Februar 1988 sprach es ihn der Vergewaltigung in
zwei Fällen sowie der versuchten Vergewaltigung in Tateinheit mit
vorsätzlicher Körperverletzung schuldig und verhängte gegen ihn eine
Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren. Darüber hinaus ordnete es
seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an.
2.
Am 13. Juni 1996 verurteilte das Landgericht den Untergebrachten
wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und sexuellen Missbrauchs
eines Kindes in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf
Jahren und sechs Monaten. Darin wurden die Einzelstrafen des
vorgenannten Urteils vom 22. Februar 1988 mit einbezogen. Die dort
angeordnete Sicherungsverwahrung blieb aufrecht erhalten.
Wegen der Einzelheiten wird auf die jeweiligen Gründe der Urteile
Bezug genommen.
II.
Die Freiheitsstrafe wurde in der Zeit vom 29. Juni 1988 bis 18. Januar
1999 vollstreckt. Seit dem 19. Januar 1999 wird die
Sicherungsverwahrung vollzogen.
Mit
Beschluss
vom
19.
Januar
2000
hat
die
Strafvollstreckungskammer es abgelehnt, den Vollzug der
Unterbringung zur Bewährung auszusetzen. Sie hat sich dabei auf ein
weiteres Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. ...[A] vom 20.
August 1999 gestützt. Er ist bei seiner Einschätzung des
Untergebrachten als dissoziale Persönlichkeit geblieben. Da dieser in
den Jahren des Vollzugs alle Angebote einer therapeutischen Hilfe
zurückgewiesen hat, bestehe die in den Straftaten deutlich gewordene
spezifische Deliktsbereitschaft unverändert fort.
In der Zeit vom 27. Januar 2000 bis 19. Januar 2004 befand sich der
Untergebrachte in der Sicherungsverwahrung der nordrheinwestfälischen Justizvollzugsanstalt ...[W]. Mit Beschluss vom 13.
Dezember
2000
beauftragte
die
zuständige
Strafvollstreckungskammer
des
Landgerichts
Arnsberg
den
Sachverständigen Prof. Dr. ...[B] in ...[Z] mit der Erstellung eines
Prognosegutachtens, das dieser unter dem 30. Januar 2001
erstattete. Auf Grundlage des Gutachtenergebnisses lehnte die
Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 18. April 2001 eine
bedingte Entlassung des Untergebrachten ab. Danach wolle und
könne er seinen Anteil an dem Fehlverhalten nicht sehen und
bestreite
eine
persönliche
Schuld
gänzlich.
Viele
der
hochproblematischen
Einstellungen,
Neigungen
und
Verhaltensweisen seien weiter vorhanden, auch wenn bestimmte
triebhafte Verhaltensweisen durch den Alterungsprozess eine
Abflachung erfahren hätten. Im Kern bestehe seine Gefährlichkeit
weiter fort, weil er sich mit seinen Straftaten kaum auseinandergesetzt
habe. Dem Ratschlag des Sachverständigen folgend sprach sich die
Kammer für eine behutsame Erprobung von Absprache- und
Abstinenzfähigkeit des Untergebrachten aus. Zwei Jahre später stellte
die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 9. April 2003 fest,
dass sich nichts geändert habe und die Gründe der Entscheidung
vom 18. April 2001 weiter fortbestehen. Es sei dringend erforderlich,
dass
der
Untergebrachte
seine
Alkoholund
Persönlichkeitsproblematik mit fachlicher Hilfe aufarbeite. Nach seiner
Rückverlegung in die Justizvollzugsanstalt Diez beschloss die
nunmehr wieder zuständige Strafvollstreckungskammer des
Landgerichts Koblenz am 24. März 2005, die weitere Vollstreckung
der Unterbringung nicht zur Bewährung auszusetzen. Der
Untergebrachte habe zwischenzeitlich keine ernsthafte Aufarbeitung
der Taten und seiner Persönlichkeitsproblematik geleistet. Das
Behandlungsprogramm für Sexualstraftäter besuchte er lediglich
siebenmal, danach brach er die Therapie aus eigenem Entschluss ab.
Auch eine ihm angebotene Einzeltherapie nutzte er nicht. Die
Kammer kam
zu dem
Ergebnis, dass sich an der
Persönlichkeitsproblematik des Untergebrachten seit Erstellung des
Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. ...[B] in ...[Z] vom 30.
Januar 2001 keine Änderung zum Positiven ergeben habe. Dieser
Ansicht schloss sich der Senat auf Rechtsmittel des Untergebrachten
mit Beschluss vom 7. Juni 2005 an.
Zu dem gleichen Ergebnis gelangte die Strafvollstreckungskammer
bei der Überprüfung der Vollzugsfortdauer zwei Jahre später. Mit
Beschluss vom 20. April 2007 stellte sie fest, dass sich der
Untergebrachte trotz entsprechender Therapieangebote weiterhin
nicht um eine Aufarbeitung seines delinquenten Verhaltens und seiner
Persönlichkeitsdefizite bemüht habe. Eine Beeindruckung durch den
bis dahin erfolgten Freiheitsentzug, eine selbstkritische Reflektion und
Auseinandersetzung mit seiner Delinquenz sowie ein Aufkommen von
Schuld- oder Reuegefühlen seien bei ihm noch nicht einmal in
Ansätzen erkennbar. Diese Einschätzung teilte der Senat in seinem
auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten ergangenen
Beschluss vom 18. Juli 2007.
III.
Zuletzt ordnete die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 16.
September 2009 die Fortdauer der Unterbringung an. Trotz Ablauf der
Regeldauer einer Sicherungsverwahrung von zehn Jahren bestünden
konkrete Anhaltspunkte für eine fortdauernde Gefährlichkeit des
Untergebrachten.
Die
Gründe,
die
zur
vorangegangenen
Entscheidung vom 20. April 2007 geführt haben, bestünden
unverändert fort. Positiv sei lediglich zu vermerken, dass das
Vollzugsverhalten des Untergebrachten einwandfrei sei. Auch die zur
Erhaltung seiner Lebenstüchtigkeit durchgeführten Ausführungen, die
er wunschgemäß zum Angeln nutzen durfte, seien beanstandungsfrei
verlaufen. Angebote der Justizvollzugsanstalt zur Aufarbeitung seiner
Persönlichkeitsproblematik habe er jedoch weiterhin nicht
angenommen. Darüber hinaus stützte die Strafvollstreckungskammer
ihre Prognose auf ein zur Vorbereitung der Entscheidung eingeholtes
Gutachten eines medizinischen Sachverständigen. Dieser schätze
das Rückfallrisiko im mittleren Bereich ein. Die Tatmotive des
Untergebrachten, der die Taten leugne, seien dem Sachverständigen
unklar. Ob sich etwas bei ihm verändert habe, könne er nicht
feststellen. Die unter Haftbedingungen für ihn nicht belegbare
Persönlichkeitsstörung könne außerhalb des Vollzugs unter
ungünstigen Bedingungen erneut zu Tage treten. Die Prognose hänge
daher davon ab, in welchen Empfangsraum der Untergebrachte
entlassen werde. Auf Grundlage der gutachterlichen Ausführungen
hielt es die Kammer daher für erforderlich, vor einer Entlassung des
Untergebrachten dessen Lebenstauglichkeit durch Vollzugslockerungen zu verbessern und einen günstigen sozialen
Empfangsraum zu schaffen.
Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten beschloss der
Senat,
zunächst
ein
neues
psychiatrisches
Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob und
gegebenenfalls
welche
rechtswidrigen
Taten
von
dem
Untergebrachten aufgrund seines Hanges weiterhin zu erwarten sind
(§§ 463 Abs. 3 Satz 4 StPO, 67d Abs. 3 Satz 1 StGB). Der von der
Strafvollstreckungskammer herangezogene Sachverständige hatte
nach Auffassung des Senats die an ein Prognosegutachten zu
stellenden Anforderungen nicht ausreichend beachtet.
Das am 6. April 2010 schriftlich erstellte Gutachten des vom Senat
beauftragten Sachverständigen Dr. ...[C] gelangte zu einer
außerordentlich ungünstigen Kriminalprognose. Er sieht ein sehr
hohes Rückfallrisiko für Gewaltdelikte, insbesondere im sexuellen
Bereich.
Der
Untergebrachte
weise
eine
dissoziale
Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F 60.2) auf, der zeitüberdauernde
innere Erfahrens- und Verhaltensmuster zugrunde liegen, die bis in
die Adoleszentenzeit zurückreichten und bei dem Probanden
kontinuierlich zu einer Beeinträchtigung der Impulskontrolle und zur
rigorosen Bedürfnisbefriedigung gegenüber anderen Menschen,
insbesondere im Sexualbereich, aber auch in anderen Bereichen
kriminellen Handelns geführt hätten. Die Persönlichkeitsstörung sei in
der Vergangenheit durch dauernde Missachtung von sozialen
Normen, Regeln und Verpflichtungen zum Ausdruck gekommen.
Unabhängig von den Sexualstraftaten zeige sich dies in der
Begehung von Delikten wie Diebstahl, Unterschlagung, Hehlerei und
Verletzung der Unterhaltspflicht. Diese Verhaltensauffälligkeiten
hätten sich während des Vollzugs der Freiheitsentziehung, erkennbar
in der Bedrohung von Justizvollzugsbeamten und in der rigiden
Ablehnung von therapeutischen Maßnahmen, fortgesetzt. Zu dem
zeitüberdauernden inneren Erfahrens- und Verhaltensmuster gehöre
das gesamte gestörte Sexualverhalten des Untergebrachten, das er
über Jahre hinweg gezeigt habe. Dieses habe bei ihm zu rigorosen
Vorgehensweisen und zur Durchsetzung der eigenen sexuellen
Impulse gegenüber seinen Opfern geführt. Die Tathandlungen
zeigten, dass er vollkommen herzlos gegenüber den Gefühlen
anderer Menschen ist. Er lasse keinerlei Schuldeinsicht erkennen,
vielmehr leugne er die Anlasstaten und neige dazu, andere zu
beschuldigen. Aus dieser Persönlichkeitsstörung ergebe sich ein
Höchstrisikofaktor, zumal der Untergebrachte auch eine sogenannte
Psychopathy-Persönlichkeit darstelle, bei der sich bestimmte
Persönlichkeitsmerkmale so verdichtet haben, dass sich daraus
zusätzlich ein hohes Rückfallrisiko für kriminelle Handlungen ergebe.
Nach Erhalt des Gutachtens nahm der Untergebrachte noch vor
Durchführung des anberaumten Anhörungstermins sein Rechtsmittel
zurück.
IV.
Auf Anregung der Staatsanwaltschaft vom 9. Juni 2010 ist die große
Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez erneut
in die Überprüfung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung
eingetreten. Anlass dafür hat ihr das seit dem 10. Mai 2010 endgültige
Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)
vom 17. Dezember 2009 (Individualbeschwerde Nr. 19359/04)
gegeben.
Nach Anhörung des Untergebrachten hat sie mit Beschluss vom 20.
Juli
2010
die
Unterbringung
des
Verurteilten
in
der
Sicherungsverwahrung für erledigt erklärt. Sie hat – unter
Bezugnahme auf ihre Entscheidung vom 16. September 2009 und
das Gutachten des Sachverständigen Dr. ...[C] vom 6. April 2010 –
zwar weiterhin das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des §
67d Abs. 3 StGB und damit ein Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit
zum Schutz vor erheblichen Straftaten durch den Verurteilten bejaht.
Aufgrund der genannten Entscheidung des EGMR ist die Kammer
jedoch zu der Auffassung gelangt, dass die nach dem Tatzeitrecht
gültig gewesene Höchstfrist von zehn Jahren für eine erstmals
angeordnete Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zu gelten
habe und diese im Sinne des § 67d Abs. 4 StGB als abgelaufen
anzusehen sei. Dies sei geboten, um dem nach Ansicht des EGMR
fehlenden Kausalzusammenhang nach Art. 5 Abs.
1a EMRK
zwischen dem der Unterbringung zugrunde liegenden Urteil und der
Fortdauer der Freiheitsentziehung über zehn Jahre hinaus Rechnung
zu tragen. Soweit der EGMR in der Fortdauer der Unterbringung auch
einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot gem. Art. 7 EMRK
gesehen hat, müsse dies bei Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB
berücksichtigt werden. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK in der Auslegung
durch den EGMR sei als einfachgesetzliche Ausnahmeregelung im
Sinne des § 2 Abs. 6 StGB aufzufassen, die für die Fortdauer der
Sicherungsverwahrung die Maßgeblichkeit des Tatzeitrechts vorsehe.
Die Vorschrift des § 67d Abs. 3 StGB finde bei der
Fortdauerentscheidung keine Anwendung mehr. Wörtlich lauten die
Rechtsausführungen der Strafvollstreckungskammer wie folgt:
„Im Zeitpunkt der der Verurteilung zugrunde liegenden Taten galt für
die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung eine Höchstfrist von
zehn Jahren. Aufgrund der Neuregelung des § 67d Abs. 3 StGB und
des Art. la Abs. 3 EGStGB durch das Gesetz zur Bekämpfung von
Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26.01.1998
(BGB1. 1 1998, 5. 160) ist diese Höchstfrist auch für diejenigen
Straftäter entfallen, die ihre Tat vor Verkündung und Inkrafttreten der
Novelle begangen haben und vor diesem Zeitpunkt, wie vorliegend,
verurteilt worden sind.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am
17.12.2009 in der Rechtssache M. gegen Deutschland (Nr. 19359/04)
für Recht erkannt, dass die Vollstreckung der vor dem 31.01.1998
erstmals angeordneten Sicherungsverwahrung über die zum
Zeitpunkt der Verurteilung zulässigen Höchstdauer von zehn Jahren
hinaus eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 EMRK (Recht auf Freiheit)
und Art. 7 Abs. 1 EMRK (keine Strafe ohne Gesetz) darstelle. Unter
den Bedingungen der Vollzugswirklichkeit sei die Maßregel der
Sicherungsverwahrung eine Strafe im Sinne von Art. 7 Abs. 1 EMRK.
Diese Entscheidung ist seit dem 10.05.2010 endgültig.
II.
Die Strafvollstreckungskammer hat gemäß den § 463, 462a StPO als
zuständiges Gericht zu prüfen, ob im vorliegenden Fall gemäß § 67e
Abs. 1 StGB neue Anhaltspunkte oder Tatsachen vorliegen, die eine
Erledigung der Vollstreckung der Sicherungsverwahrung im Sinne des
§ 67d Abs. 3 StGB rechtfertigen.
Eine derartige Prüfung ist aufgrund der zuvor zitierten Entscheidung
des EGMR veranlasst, da dieser die weitere Vollstreckung der
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung über zehn Jahre hinaus
für menschenrechtswidrig hält.
Die Strafvollstreckungskammer ist zwar nicht unmittelbar an die
Entscheidung der 5. Kammer des EGMR gebunden. Sie hat keine
unmittelbare “erga omnes“ - Wirkung, sondern nur unmittelbare
Bindungswirkung im Fall des dortigen Beschwerdeführers “inter
partes“ (vgl. hierzu Kinzig, NStZ 2010, 5. 233, 238 m.w.N.).
Dennoch ist die Strafvollstreckungskammer als staatliches Organ der
Rechtspflege verpflichtet, im Rahmen der Prüfung des § 67d Abs. 3
StGB zu beachten, dass es in gleichgelagerten Fällen nicht zu einer
entsprechenden Verletzung der EMRK kommt. Dies ergibt sich aus
Art. 46 Abs. 1 EMRK, wonach die Hohen Vertragsparteien sich
verpflichten, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das
endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen. Die Gerichte sind
somit verpflichtet, die Entscheidung des EGMR im Rahmen der
Gesetzesauslegung zur Wirksamkeit zu verhelfen und das geltende
Recht konventionskonform auszulegen und anzuwenden. Hierbei sind
folgende Grundsätze nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG
zu beachten:
“Die Bindungswirkung einer Entscheidung des Gerichtshofs erstreckt
sich auf alle staatlichen Organe und verpflichtet diese grundsätzlich,
im Rahmen ihrer Zuständigkeit und ohne Verstoß gegen Art. 20 Abs.
3 GG einen fortdauernden Konventionsverstoß zu beenden und einen
konventionsgemäßen Zustand herzustellen. …Gerichte sind zur
Berücksichtigung eines Urteils, das einen von ihnen bereits
entschiedenen Fall betrifft, jedenfalls dann verpflichtet, wenn sie in
verfahrensrechtlich zulässiger Weise erneut über den Gegenstand
entscheiden und dem Urteil ohne materiellen Verfassungsverstoß
Rechnung tragen können.
…Die Gerichte haben die Konventionsbestimmung in der Auslegung
des Gerichtshofs zur Kenntnis zu nehmen und auf den Fall
anzuwenden, soweit die Anwendung nicht gegen höherrangiges
Recht, insbesondere gegen Verfassungsrecht verstößt“ (BVerfG,
Beschluss v. 05.04.2005 - 1 BvR 1664/04).
Diese Entscheidung einer Kammer des 1. Senates des BVerfG
entspricht der ständigen Rechtsprechung der Senate des BVerfG in
der Frage des Schutzes der Grundrechte durch internationale
Gerichte, wie den für Fragen des EU-Rechts zuständigen
Europäischen Gerichtshof (EuGH) und auch den über die EU hinaus
zuständigen EGMR (vgl. BVerfG, Beschluss v. 22.10.1986 - 2 BvR
197/93 und vom 21.12.1997 - 1 BvR 1/75).
Die Staatsanwaltschaft Mainz hat indes in ihrer Verfügung vom
09.06.2010 beantragt, die Unterbringung des Verurteilten in der
Sicherungsverwahrung nicht für erledigt zu erklären und nicht zur
Bewährung auszusetzen.
Der Verurteilte wurde am heutigen Tage im Beisein seiner
Verteidigerin durch die Kammer mündlich angehört. Auf die
Niederschrift wird verwiesen.
III.
Nach der Vorschrift des § 67d Abs. 3 StGB erklärt das Gericht nach
Ablauf
von
zehn
Jahren
die
Unterbringung
in
der
Sicherungsverwahrung für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht,
dass die untergebrachte Person infolge ihres Hanges erhebliche
Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch und
körperlich schwer geschädigt werden. Diese Norm trägt somit der
verstärkten Geltung des Freiheitsanspruches nach zehnjähriger
Verwahrdauer Rechnung, in dem sie erhöhte Anforderungen an das
bedrohte Rechtsgut und den Nachweis der Gefährlichkeit der
untergebrachten Person stellt und nur ausnahmsweise die
Fortsetzung der Vollstreckung gestattet (vgl. BVerfG, NJW 2004, 739
ff.)
Die Freiheit der Person darf nur aus besonders gewichtigen Gründen
und unter strengen formellen Gewährleistungen eingeschränkt
werden (Art. 2 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 GG). Zu diesen wichtigen
Gründen gehören in erster Linie solche des Straf- und
Strafverfahrensrechts. Eingriffe in die persönliche Freiheit auf diesem
Gebiet dienen in erster Linie dem Schutz der Allgemeinheit; zugleich
haben die gesetzlichen Eingriffstatbestände freiheitsgewährleistende
Funktion, da sie die Grenzen zulässiger Einschränkungen bestimmen
(BVerfG-Entscheidungen 70, 297, 307). Das Spannungsverhältnis
zwischen dem Freiheitsanspruch des betroffenen Einzelnen und dem
Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden
erheblichen Rechtsgutverletzungen verlangt nach gerechtem und
vertretbarem Ausgleich.
Vorliegend können die materiellen Voraussetzungen des § 67d Abs. 3
StGB und damit ein Sicherungsinteresse der Allgemeinheit vor
erheblichen Straftaten durch den Verurteilten bejaht werden. Insoweit
wird Bezug genommen auf die letzte ablehnende Entscheidung vom
16.09.2009 und das Sachverständigengutachten vom 06.04.2010, das
zu einer außerordentlich ungünstigen Kriminalprognose gelangt.
Unter Beachtung des rechtskräftigen Urteils des EGMR vom
17.12.2009 und einer nunmehr konventionskonformen Interpretation
des § 67d Abs. 3 StGB stellt die Strafvollstreckungskammer im
vorliegenden Falle allerdings fest, dass die Höchstfrist für die
Sicherungsverwahrung als abgelaufen im Sinne des § 67d Abs. 4
StGB anzusehen ist.
Zu diesem Zeitpunkt ist keiner der Gründe des Art. 5 Abs. 1 EMRK
gegeben. Die Strafvollstreckungskammer schließt sich insoweit den
Ausführungen des EGMR an, dass weder ein Eingriffsgrund nach Art.
5 Abs. la EMRK noch nach Art. 5 Abs. lc EMRK vorliegt, der die
weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
über zehn Jahre hinaus rechtfertigen würde.
Gemäß Art. 5 Abs. la EMRK ist ein Eingriffsgrund in die persönliche
Freiheit des Verurteilten dann gerechtfertigt, wenn ein hinreichender
Kausalzusammenhang zwischen der ursprünglichen Verurteilung und
der in Rede stehenden Freiheitsentziehung besteht (s. oben
genanntes Urteil des EGMR § 87 ff.). Des Weiteren muss der
Verurteilte voraussehen können, welche Folgen eine bestimmte
Handlung nach sich ziehen kann, um jegliche Gefahr der Willkür zu
vermeiden (s. oben genanntes Urteil des EGMR § 90). Zum Zeitpunkt
der Entscheidung des Landgerichts Mainz vom 13.06.1996 galt der §
67d Abs. 1 StGB a.F. Der Verurteilte hätte nach den damals
geltenden Bestimmungen nach zehn Jahren der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung entlassen werden müssen. Die darüber
hinausgehende Verwahrung ist nur durch die Gesetzesänderung aus
dem Jahre 1998 möglich geworden. Eine solche Änderung der
Gesetzeslage zu seinen Lasten konnte der Verurteilte zum
Tatzeitpunkt in keiner Weise vorhersehen. Diese Dauer der
Unterbringung war auch nicht von dem erkennenden Gericht
angeordnet
worden.
Damit
fehlt
der
erforderliche
Kausalzusammenhang auch nach Auffassung des EGMR zwischen
der Verurteilung und der über zehn Jahre dauernden
Sicherungsverwahrung. Die Vorschrift des Art. 5 Abs. la EMRK greift
somit nicht.
Daneben ist bei konventions- und damit menschenrechtskonformer
Anwendung des § 67d Abs. 3 StGB zu beachten, dass dieser
ebenfalls gegen das in Art. 7 Abs. 1 EMRK verankerte
Rückwirkungsverbot verstößt. Insoweit wird auf die Begründung des
Urteils des EGMR vom 17.12.2009 (s. oben genanntes Urteil des
EGMR § 117 ff.) verwiesen. Das Tatzeitrecht drohte für die
Anlasstaten nicht die Anordnung von Sicherungsverwahrung über die
Dauer von mehr als zehn Jahren an.
Da die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte - ungeachtet ihrer auf den Einzelfall beschränkten
Bindungswirkung - bei der Auslegung innerdeutschen Rechtes zu
berücksichtigen ist, muss die Vorschrift des § 2 Abs. 6 StGB mit Blick
auf die Entscheidung des EGMR vom 17.12.2009 dahingehend
ausgelegt werden, dass § 67d Abs. 3 StGB nicht rückwirkend auf vor
seinem Inkrafttreten begangene Taten angewendet werden darf.
Zwar handelt es sich bei der Sicherungsverwahrung nach
innerdeutschem Recht um eine Maßregel der Besserung und
Sicherung, für die nach § 2 Abs. 6 StGB grundsätzlich das Recht zum
Zeitpunkt der Entscheidung gilt. § 2 Abs. 6 StGB schreibt die
Maßgeblichkeit des zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechts
jedoch nur vor, “wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist“. Eine
derartige andere Bestimmung stellt hier Art. 7 Abs. 1 S 2 EMRK in
seiner Auslegung durch den EGMR dar.
Bei der EMRK handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, der
durch den Bundesgesetzgeber in das deutsche Recht transformiert
worden ist. Innerhalb der deutschen Rechtsordnung steht die EMRK
im Range einfachen Bundesrechts. Deutsche Gerichte haben daher
die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen
methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden
(vgl. BVerfG-Entscheidung 111, 307, 316 ff.) Dabei sind auch die
Entscheidungen des EGMR zu berücksichtigen, weil sich in ihnen der
aktuelle Entwicklungsstand der Konvention wiederspiegelt. Das
nationale
Recht
ist
wegen
des
Grundsatzes
der
Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes unabhängig vom
Zeitpunkt seines Inkrafttretens nach Möglichkeit im Einklang mit den
Bestimmungen des EMRK auszulegen.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist bei konventionsgemäßer
Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB die Regelung des Art. 7 Abs. 1 5. 2
EMRK als (einfach-) gesetzliche Ausnahmeregelung zu bewerten, die
für die Anordnung der Sicherungsverwahrung die Maßgeblichkeit des
Tatzeitrechts vorsieht. Nach dem zur Tatzeit geltenden Recht war
jedoch – wie bereits ausgeführt – die Dauer der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung auf zehn Jahre begrenzt.
Nach alledem kann die Vorschrift des § 67d Abs. 3 StGB keine
Anwendung mehr finden.“
Gegen den ihr am 27. Juli 2010 zugestellten Beschluss der
Strafvollstreckungskammer hat die Staatsanwaltschaft am 29. Juli
2010 sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Generalstaatsanwaltschaft weist auf die in der Rechtsprechung
der Oberlandesgerichte bestehende Divergenz zur Frage der
rechtlichen Auswirkungen des genannten Urteils des EGMR auf die
Fortdauer der Sicherungsverwahrung in den Fällen der vorliegenden
Art und die diesbezüglich seit dem 30. Juli 2010 bestehende
Vorlagepflicht gem. § 121 Abs. 2 Nr. 3 GVG hin.
Die Verteidigerin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie beantragt,
die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.
V.
Die Sache ist gemäß der
Bundesgerichtshof vorzulegen.
genannten
Vorschrift
dem
1.
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist gem. §§ 463
Abs. 3 Satz 1, 454 Abs. 3 Satz 1 StPO statthaft und in zulässiger
Weise eingelegt worden. Der Senat möchte ihr stattgeben und den
angefochtenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer aufheben.
Beschwerdegegenstand ist allein die Entscheidung über die
Unterbringungsfortdauer auf Grundlage der Entscheidung des EGMR
vom
17.
Dezember
2009.
Auf
die
materiellen
Fortdauervoraussetzungen gem. § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB ist nicht
einzugehen. Damit hat sich die Strafvollstreckungskammer in dem
angefochtenen Beschluss nicht auseinander gesetzt, sondern
insoweit auf ihre letzte, rechtskräftige Fortdauerentscheidung vom 16.
September 2009 verwiesen. Der Senat sieht keinen Anlass,
seinerseits im Beschwerdeverfahren in eine materielle Prüfung
einzutreten. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte, dass sich die
nach der genannten Vorschrift zu treffende Prognose seit der letzten
Fortdauerentscheidung zu Gunsten des Untergebrachten verbessert
haben und der Beschluss der Strafvollstreckungskammer deswegen
im Ergebnis zutreffen könnte. Dagegen spricht das schriftliche
Gutachten des Sachverständigen Dr. ...[C] vom 6. April 2010, das
nach derzeitiger Bewertung des Senats dem Gebot der
Vollständigkeit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit (vgl. BVerfG 2
BvR 2029/01 vom 5.2.2004 Absatz-Nr. 121, 122; OLG Karlsruhe
NStZ-RR 2006, 90, 91/92; Senat StV 1999, 496, 497; KG NStZ 1999,
319, 320) entspricht. Die materiellen Fortdauervoraussetzungen
werden daher voraussichtlich erst wieder nach Ablauf des
zweijährigen Regelüberprüfungszeitraums (§ 67e Abs. 2 StGB) zu
untersuchen sein.
Die zu der entscheidungserheblichen Frage vertretene Auffassung der
Strafvollstreckungskammer teilt der Senat nicht. Insoweit haben sich
beide Strafsenate des Oberlandesgerichts Koblenz übereinstimmend
bereits wie folgt geäußert (1. Strafsenat Beschluss 1 Ws 108/10 vom
7.6.2010; 2. Strafsenat Beschluss 2 Ws 253/10 vom 16.7.2010):
„Der Senat sieht sich nicht daran gehindert, die Fortdauer der
Unterbringung nach Maßgabe des § 67d Abs. 3 StGB über zehn
Jahre hinaus fortdauern zu lassen, auch wenn diese Vorschrift erst
durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen
gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 160) mit
Wirkung zum 31. Januar 1998, mithin nach den Anlasstaten und
Erlass des dem Maßregelvollzug zugrunde liegenden Urteils […], in
das Strafgesetzbuch aufgenommen worden ist und in der zur Zeit der
Taten und des Urteilserlasses geltenden Fassung des § 67d StGB die
Dauer der erstmalig angeordneten Sicherungsverwahrung selbst bei
fortbestehender Gefährlichkeit des Untergebrachten auf zehn Jahre
begrenzt war (§ 67d Abs.1 StGB a.F.). Art. 1a EGStGB sah nach
Inkrafttreten des bezeichneten Gesetzes vom 26. Januar 1998 bis
zum Jahr 2004 ausdrücklich vor, dass die Neufassung des § 67d Abs.
3 StGB uneingeschränkt Anwendung findet. Demzufolge betraf der
Wegfall der Zehnjahresgrenze auch Straftäter, die ihre Tat vor
Verkündung und Inkrafttreten der Neufassung begangen hatten und
vor diesem Zeitpunkt verurteilt worden waren.
Diese Regelung nach Art. 1a EGStGB findet ihre Fortsetzung in § 2
Abs. 6 StGB. Danach ist über Maßregeln der Besserung und
Sicherung, zu denen gem. § 61 Nr. 3 StGB die Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung zählt, nach dem Gesetz zu entscheiden, das
zur Zeit der Entscheidung gilt, wenn gesetzlich nichts anderes
bestimmt ist. Diese Vorschrift bezieht sich sowohl auf die Anordnung
als auch auf die Vollstreckung der Maßregeln (vgl. BVerfG, Urteil vom
5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 - Absatz-Nr. 182 m.w.N., BVerfGE
109, 133 ff. = NJW 2004, 739 ff.), so dass sie, da anders lautende
Gesetzesbestimmungen fehlen, auch für die Entscheidung über die
Fortdauer der Sicherungsverwahrung die Anwendung des zu diesem
Zeitpunkt geltenden Rechts bestimmt.
Der Senat hat zur Kenntnis genommen, dass der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit inzwischen endgültigem
Kammerurteil vom 17. Dezember 2009 - Individualbeschwerde Nr.
19359/04 - (NStZ 2010, 263 ff. mit Bespr. Kinzig a.a.O. S. 233 ff.) in
einem gleich gelagerten Fall, in dem Anordnung der
Sicherungsverwahrung und Anlasstat ebenfalls zeitlich vor
Inkrafttreten der Neufassung des § 67d Abs. 3 StGB lagen, die
Fortdauer der Unterbringung über zehn Jahre hinaus als unvereinbar
mit Artikel 5 Abs. 1 und 7 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) angesehen hat. Der
Gerichtshof verneint einen Kausalzusammenhang zwischen dem die
Sicherungsverwahrung anordnenden Urteil des Tatgerichts und der
Fortdauer der Maßregel über zehn Jahre hinaus, weil die Fortdauer
nur durch die nachfolgende Gesetzesänderung im Jahr 1998
ermöglicht wurde. Damit fehlt dem Freiheitsentzug der in Betracht zu
ziehende Rechtfertigungsgrund gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 lit.a. EMRK
(EGMR a.a.O. Ziff. 100, 105). Darüber hinaus bewertet der
Gerichtshof die Sicherungsverwahrung als Strafe im Sinne von Art. 7
Abs. 1 der Konvention, die Verlängerung der Unterbringung nach §
67d Abs. 3 StGB nicht als bloße Vollstreckungsmaßnahme, sondern
als zusätzliche Strafe, die gegen den Beschwerdeführer nachträglich
nach einem Gesetz verhängt wurde, das erst nach Begehung der
Anlasstat in Kraft trat. Darin sieht er konventionswidrige Rückwirkung,
da die zur Tatzeit geltenden Strafbestimmungen klar und
unmissverständlich eine Höchstfrist von zehn Jahren für eine
erstmalig angeordnete Sicherungsverwahrung festlegten (EGMR
a.a.O. Ziff. 133 - 136).
Das Urteil des EGMR gibt jedoch keine Veranlassung, anders als auf
Grundlage des geltenden § 67d Abs. 3 StGB über die Fortdauer der
Unterbringung zu entscheiden (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 25.
Mai 2010 - 2 Ws 169 und 170/10 -; s. auch OLG Stuttgart, Beschluss
vom 1. Juni 2010 - 1 Ws 57/10 -, wonach das Urteil des EGMR
jedenfalls nicht die sofortige Freilassung in Parallelfällen zur Folge
hat; a.A. - obiter dictum - OLG Hamm, Beschluss vom 12. Mai 2010 III-4 Ws 114/10 -):
1.
Das Urteil entfaltet Rechtskraft- und unmittelbare
Bindungswirkung nur innerhalb des Beschwerdegegenstands (§ 46
Abs. 1 EMRK). Sie geht über den konkret entschiedenen Fall nicht
hinaus, so dass Dritten, auch wenn sie sich auf einen gleich
gelagerten Sachverhalt berufen können, daraus keine Rechte
entstehen.
Zwar folgt aus Art. 1 EMRK eine Verpflichtung des verurteilten
Mitgliedstaats,
eine
durch
den
Gerichtshof
festgestellte
Konventionsverletzung auch in Parallelfällen zu beenden. Urteile des
EGMR haben jedoch keine Gesetzeskraft. Sie wirken nicht
unmittelbar in die nationale Rechtsordnung hinein und können damit
eine konventionskonforme innerstaatliche Rechtslage nicht erzeugen.
Eine innerstaatliche Bindungswirkung geht von ihnen insoweit aus, als
sie von allen staatlichen Organen innerhalb ihres jeweiligen
Zuständigkeitsbereichs und der rechtsstaatlichen Kompetenzordnung
zu beachten sind (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR
1481/04 - Absatz-Nr. 45, 46, 47, BVerfGE 111, 307 ff. = NJW 2004,
3407 ff.). Gerichte als Träger der rechtsprechenden Gewalt haben die
Europäische Menschenrechtskonvention, die - in der Auslegung durch
den EGMR - innerstaatlich im Range eines förmlichen
Bundesgesetzes gilt, im Rahmen ihrer Bindung an Recht und Gesetz
nach Art. 20 Abs. 3 GG zu berücksichtigen. Das bedeutet aber nicht,
dass die Rechtsprechung Urteile des EGMR ungeachtet der
staatlichen Kompetenzverteilung und der Rechtsordnung im Übrigen
schematisch umzusetzen hätte. Entscheidungen des EGMR können
die Gerichte nur insoweit beachten, als dies innerhalb der
bestehenden Rechtsordnung im Wege einer methodisch vertretbaren
Gesetzesauslegung möglich ist (BVerfG a.a.O. Absatz-Nr. 47, 50, 53;
vgl. auch OLG Celle a.a.O. mit Ausführungen zur abweichenden
Auffassung Kinzig a.a.O. S. 238).
2.
Eine Umsetzung der festgestellten Konventionsverstöße
dahingehend, dass in den Fällen einer erstmalig angeordneten
Sicherungsverwahrung, in denen Anlasstat und Urteil zeitlich vor dem
31. Januar 1998 liegen („Altfälle“), eine Höchstdauer der
Unterbringung von zehn Jahren gilt und nach deren Ablauf die
Maßnahme für erledigt zu erklären ist, kann durch Auslegung der
gegebenen Gesetzeslage jedoch nicht erreicht werden.
a) Einer Auslegung der §§ 67d Abs. 3, 2 Abs. 6 StGB in diesem Sinn
steht schon der Wortlaut dieser Vorschriften entgegen. Er schließt alle
Fälle der Sicherungsverwahrung in die Gesetzesregelung mit ein und
lässt eine Ausnahme für die Altfälle nicht zu. Eine abweichende
Interpretation dieser Vorschriften, die mit dem Gesetzeswortlaut nicht
vereinbar wäre, scheidet damit von vornherein aus. Der Wortlaut
bildet die Grenze jeder Auslegung (vgl. nur Fischer, StGB, 57. Aufl., §
1 Rn. 10; Dannecker in LK, StGB, 12. Aufl., § 1 Rn. 307, jeweils
m.w.N.).
Dem Wortlaut der Vorschriften kann nicht dadurch entsprochen
werden, dass dem Urteil des EGMR die Wirkung einer „anderen
gesetzlichen Bestimmung“ beigemessen wird, die eine Ausnahme von
dem in § 2 Abs. 6 StGB enthaltenen Grundsatz anordnet, bei
Entscheidungen über Maßregeln der Besserung und Sicherung das
zur Zeit der Entscheidung geltende Recht anzuwenden (so
Grabenwarter, Rechtsgutachten vom 15. Januar 2010 zu den
Rechtsfolgen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte im Fall M. ./. Deutschland vom 17. Dezember 2009,
S. 39 - 45). Abgesehen davon, dass die EMRK in Ausgestaltung
durch den EGMR zwar im Rang eines förmlichen Bundesgesetzes zu
beachten ist, jedoch nicht rechtsgestaltend in die innerstaatliche
Rechtsordnung hineinwirken kann, trifft das Urteil des EGMR keine
Aussage zum Regelungsinhalt des § 2 Abs. 6 StGB. Es sieht die
Sicherungsverwahrung vielmehr als Strafe, die Verlängerung der
Unterbringung über zehn Jahre hinaus als zusätzliche Bestrafung an
und betrifft damit den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 StGB, so
dass es schon inhaltlich nicht als ausdrückliche Gesetzesbestimmung
im Sinne des für die Maßregeln der Besserung und Sicherung
geltenden Absatzes 6 angesehen werden kann.
b) § 67d Abs. 4 StGB kann gleichfalls nicht im dargestellten Sinn
ausgelegt werden (so aber Grabenwarter a.a.O. S. 46 - 48). Der
Wortlaut der Vorschrift, wonach der Untergebrachte nach Ablauf der
Höchstfrist zu entlassen und die Maßregel damit erledigt ist, ließe sich
zwar für sich betrachtet auch, da er keine Einschränkung auf
bestimmte
Unterbringungsmaßregeln
enthält,
auf
die
Sicherungsverwahrung beziehen. Einer solchen Auslegung stünde
jedoch der Grundsatz der Gesetzeseinheit entgegen. Eine Einzelnorm
ist nicht isoliert, sondern im Gesetzeskontext auszulegen. Nach der
Gesetzessystematik regelt § 67d Abs. 4 StGB allein die Unterbringung
in der Entziehungsanstalt (§ 64 StGB). Denn nur für diese sieht § 67d
Abs. 1 Satz 1 StGB eine Höchstfrist vor. Darüber hinaus widerspräche
eine solche Auslegung der Regelungsabsicht des Gesetzgebers, die
der Neuregelung des § 67d StGB durch das Gesetz zur Bekämpfung
von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26.
Januar 1998 zugrunde liegt. Es war sein erklärter Wille, dass der
Wegfall der Zehnjahresdauer gem. § 67d Abs. 1 StGB a.F. nicht nur
für künftige Anordnungen der Sicherungsverwahrung, sondern auch
für „Altfälle“ gilt. Im Gegensatz zur Neuregelung in § 66 Abs. 3 StGB
sollten die Änderungen in § 67d StGB durch Art. 1a Abs. 3 EGStGB
uneingeschränkt rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Da diese
Änderungen im Gegensatz zur Regelung in § 66 Abs. 3 StGB nicht
die
Anordnung,
sondern
lediglich
die
Dauer
der
Sicherungsverwahrung betreffen, sah der Gesetzgeber darin keinen
Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot (BT-Drucksache 13/9062 S.
12). Zugleich stehen Sinn und Zweck des Gesetzes einer die „Altfälle“
der Sicherungsverwahrung in die Regelung des § 67d Abs. 4 StGB
mit
einbeziehenden
Auslegung
entgegen.
Es
war
das
gesetzgeberische Ziel, mit der Neuregelung einen möglichst
umfassenden Schutz der Allgemeinheit vor drohenden schwersten
Rückfalltaten
bereits
als
gefährlich
bekannter,
in
der
Sicherungsverwahrung untergebrachter Gewalt- und Sexualstraftäter
zu gewährleisten (BT-Drucksache 13/9062 S. 10; BVerfG, Urteil vom
5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 - Absatz-Nr. 189 a.a.O.). Eine
Gesetzesauslegung, die dazu führte, die vom Gesetzgeber
aufgegebene Zehnjahreshöchstdauer für die erstmalig angeordnete
Sicherungsverwahrung wieder zur Geltung zu bringen und die vor der
Gesetzesänderung untergebrachten Straftäter zu entlassen, wäre mit
diesem Schutzzweck des Gesetzes nicht vereinbar.
Über den erklärten Willen des Gesetzgebers und die von ihm
verfolgten Zwecke kann sich eine Gesetzesauslegung nicht
hinwegsetzen. Aus der gesetzgeberischen Entscheidung, die
Änderungen in § 67d StGB uneingeschränkt rückwirkend in Kraft zu
setzen, ergibt sich zugleich, dass hinsichtlich der „Altfälle“ keine
planwidrige Regelungslücke im Gesetz besteht, die durch eine
analoge Anwendung des § 67d Abs. 4 StGB zu füllen wäre.
c)
Der Weg, den Konventionsverstößen durch eine
verfassungskonforme Auslegung der Gesetzeslage Geltung zu
verschaffen und bei der Entscheidung über die Fortdauer der
Unterbringung
über
das
grundgesetzlich
verankerte
Rückwirkungsverbot und Rechtsstaatsprinzip zur Anwendung des
Tatzeitrechts gem. § 2 Abs. 1 StGB zu gelangen, ist dem Senat von
Gesetzes
wegen
verschlossen.
Zwar
beeinflussen
die
Gewährleistungen der EMRK die Auslegung der Grundrechte und
rechtsstaatlichen
Grundsätze
des
Grundgesetzes.
Der
Konventionstext und die Rechtsprechung des EGMR dienen auf der
Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen für die
Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und
rechtsstaatlichen Grundsätzen, sofern dies nicht zu einer - von der
Konvention selbst nicht gewollten - Einschränkung oder Minderung
des Grundrechtsschutzes führt (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober
2004 - 2 BvR 1481/04 - Absatz-Nr. 32 a.a.O.).
Die Rückwirkung des § 67d Abs. 3 StGB auf die bereits abgeurteilten
„Altfälle“ ist jedoch durch das Bundesverfassungsgericht gerade in
dem vom EGMR entschiedenen Fall für verfassungsgemäß erklärt
worden (Urteil vom 5. Februar 2004 - 2 BvR 2029/01 -, BVerfGE 109,
133 ff. = NJW 2004, 739 ff.). Es hat die Regelung sowohl am
absoluten Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG (BVerfG a.a.O.
Absatz-Nr. 123 - 165) als auch unter dem Gesichtspunkt einer
„echten“ und „unechten“ Rückwirkung am rechtsstaatlichen
Vertrauensschutzgebot nach Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art.
20 Abs. 3 GG gemessen (BVerfG a.a.O. Absatz-Nr. 166 - 189). Es hat
die Sicherungsverwahrung nicht als staatliche Eingriffsmaßnahme im
Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG angesehen und in der ab 31. Januar
1998 auch für „Altfälle“ gültigen Neuregelung des § 67d Abs. 3 StGB
und Art. 1a Abs. 3 EGStGB lediglich eine tatbestandliche
Rückanknüpfung („unechte“ Rückwirkung) erkannt, die weder die
Rechtsfolge aus der Anlasstat nachträglich ändert noch die im
Strafurteil rechtskräftig festgesetzten Rechtsfolgen revidiert (BVerfG
a.a.O.
Absatz-Nr.
176,
177).
Diese
Entscheidung
des
Bundesverfassungsgerichts (veröffentlicht in BGBl. I 2004, 1069) hat
Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 BVerfGG). Sie lässt daher nicht zu,
entsprechend der Vorgabe des EGMR die Sicherungsverwahrung als
Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG und die Anordnung der
Maßregelfortdauer über zehn Jahre hinaus als weitere, nicht mehr auf
das Strafurteil zurückzuführende Bestrafung zu bewerten. Abgesehen
davon könnte auch eine verfassungskonforme Gesetzesauslegung zu
keinem Normverständnis führen, das im Widerspruch zu dem klar und
eindeutig geäußerten Willen des Gesetzgebers steht. Ebenso wenig
wie die übrigen Auslegungsmethoden darf sie den normativen Gehalt
der auszulegenden Vorschriften grundlegend neu bestimmen und das
gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder
verfälschen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 1 BvR
2269/07 - Absatz-Nr. 4, BauR 2009, 1424 f.; Dannecker in LK, a.a.O.
§ 1 Rn. 329, jeweils m.w.N.).
3.
Nach alledem besteht keine Möglichkeit, die EMRK in der
Ausgestaltung durch das Urteil des EGMR vom 17. Dezember 2009
im Wege der Gesetzesauslegung mit den Bestimmungen des
Strafgesetzbuchs in Einklang zu bringen. Der Hinweis Grabenwarters
(a.a.O. S. 29), dass die vom zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgehende Bindungswirkung sich nicht auf die gegebene
Gesetzeslage bezieht, sondern auch andere Gesetzesregelungen
oder die Rückkehr zur früheren Lösung des Gesetzgebers zulässt,
vermag daran nichts zu ändern. Die Suche nach neuen
Gesetzeslösungen oder die Entscheidung, bezüglich der „Altfälle“ zur
früheren Rechtslage zurückzukehren, fällt, da sie die Grenzen der
Gesetzesauslegung überschreitet, nicht mehr in den Aufgabenbereich
der Gerichte. Eine Umsetzung des Urteils des EGMR in das
innerstaatliche Recht muss daher dem Gesetzgeber vorbehalten
bleiben.
4. Die Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
über zehn Jahre hinaus verstößt nicht gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit (§ 62 StGB). Zwar wird der Gesetzgeber
aufgrund der von dem Urteil des EGMR ausgehenden
Bindungswirkung die vor dem 31. Januar 1998 gültig gewesene
Zehnjahresdauer bei Regelung der „Altfälle“ wieder beachten müssen.
Das führt jedoch nicht dazu, dass die Maßregel schon vor einer
gesetzlichen Neuregelung für unverhältnismäßig zu erklären und der
Untergebrachte zu entlassen ist. Denn die sofortige Beendigung der
Freiheitsentziehung würde dem Schutz überragender Güter des
Gemeinwohls zuwiderlaufen und ihm in Bezug auf die „Altfälle“ die
vom Gesetzgeber durch rückwirkenden Wegfall der Zehnjahresdauer
geschaffene Grundlage entziehen. Dieses Gemeinwohlinteresse, das
darin besteht, die Allgemeinheit vor drohenden schwersten
Rückfalltaten gefährlicher Gewalt- und Sexualstraftäter zu schützen,
ist dem Freiheitsanspruch des Untergebrachten gegenüberzustellen.
Ebenso wie der Staat die Grundrechte des Einzelnen zu wahren hat,
ist er nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG
verpflichtet, sich schützend und fördernd vor das Leben potentieller
Opfer zu stellen und deren Leben insbesondere vor rechtswidrigen
Angriffen von Seiten anderer zu bewahren (BVerfG, Beschluss vom 4.
Februar 2010 - 2 BvR 2307/06 - Absatz-Nr. 19, EuGRZ 2010, 145 ff.;
Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834/02 u. 1588/02 - Absatz-Nr.
163, 164 jeweils m.w.N., BVerfGE 109, 190 ff. = NJW 2004, 750 ff.;
BGH, Beschluss vom 9. März 2010 - 1 StR 554/09 - Absatz-Nr. 68,
NJW 2010, 1539 <1544>).
Der Schutz vor Verurteilten, von denen auch nach Verbüßung ihrer
Freiheitsstrafen und zehnjähriger Sicherungsverwahrung die Gefahr
erheblicher Straftaten ausgeht, durch welche die Opfer seelisch und
körperlich schwer geschädigt werden, stellt ein überragendes
Gemeinwohlinteresse dar.Die Abwägung der Rechtsgüter ergibt
daher, dass der Eingriff in das Freiheitsgrundrecht des
Untergebrachten bis zu einer gesetzlichen Neuregelung (vgl. BVerfG,
Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834/02 u. 1588/02 - Absatz-Nr.
164
a.a.O.)
bzw.
bis
zur
Entscheidung
des
Bundesverfassungsgerichts
in
den
bereits
anhängigen
Hauptsacheverfahren 2 BvR 769/10 und 2 BvR 2365/09 (vgl. BVerfG,
Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Dezember
2009 - 2 BvR 2365/09 - und vom 19. Mai 2010 - 2 BvR 769/10 -, beide
in juris) hinzunehmen ist. Nach dem angefochtenen Beschluss der
Strafvollstreckungskammer vom [..] und deren vorangegangenem
rechtskräftigen Beschluss vom [..] geht von dem Verurteilten nach wie
vor die hohe Gefahr gravierender Sexualstraftaten aus, durch die
Opfer seelisch und körperlich schwer geschädigt werden. Eine
sofortige Entlassung, auf die weder der Untergebrachte selbst noch
die Allgemeinheit vorbereitet ist, würde die von ihm ohnehin
ausgehende Gefährlichkeit nochmals erheblich erhöhen. Es kann
erwartet werden, dass der Gesetzgeber die Entlassung der Straftäter
aus der Unterbringung in den „Altfällen“ so regeln wird, dass der
Schutz der Allgemeinheit so weit als möglich gewährleistet wird. Bis
dahin muss der Freiheitsanspruch hinter dem Gemeinwohlinteresse
zurücktreten.“
Daran
hat
das
Oberlandesgericht
Koblenz
in
Kenntnis
zwischenzeitlich ergangener, anderslautender Entscheidungen
verschiedener Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs (4.
Strafsenat) festgehalten. Der 1. Strafsenat (Beschluss 1 Ws 249/10
vom 1. Juli 2010) hat ergänzend ausgeführt:
„1.
Die zwischenzeitlich veröffentliche Entscheidung des 4.
Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Mai 2010 (Az.: 4 StR
577/09) gibt dazu keine Veranlassung.
In seiner Entscheidung, die keine Bindungswirkung entfaltet, vertritt
der Bundesgerichtshof die Auffassung, § 2 Abs. 6 StGB sei mit Blick
auf die Entscheidung des EGMR vom 17. Dezember 2009 dahin
auszulegen, dass § 66b Abs. 3 StGB nicht rückwirkend auf vor
seinem Inkrafttreten begangene Taten angewendet werden dürfe. Das
nationale
Recht
sei
wegen
des
Grundsatzes
der
Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes unabhängig vom
Zeitpunkt seines Inkrafttretens nach Möglichkeit im Einklang mit den
Bestimmungen der EMRK auszulegen. Nach Maßgabe dieser
Grundsätze sei bei konventionsgemäßer Auslegung des § 2 Abs. 6
StGB die Regelung des Art. 7 Abs. 1 S. 2 EMRK als (einfach-)
gesetzliche Ausnahmeregelung zu bewerten, die für die Anordnung
der Sicherungsverwahrung die Maßgeblichkeit des Tatzeitrechts
vorsehe (BGH a.a.O.). Die Anwendung des Tatzeitrechts würde im
vorliegenden Fall die Dauer der Sicherungsverwahrung auf zehn
Jahre begrenzen.
Der Senat vermag diese Rechtsansicht nicht zu teilen. Das
Bundesverfassungsgericht hat sich in einer Entscheidung vom 14.
Oktober 2004 (BVerfGE 111, 307 ff. = NJW 2004, 3407 ff.) mit der
Frage auseinander gesetzt, in welcher Weise deutsche Gerichte
Entscheidungen des EGMR berücksichtigen müssen. Es hat hierzu
ausgeführt, dass die Europäische Menschenrechtskonvention und
ihre Zusatzprotokolle innerhalb der deutschen Rechtsordnung im
Range eines Bundesgesetzes stünden. Diese Rangzuweisung führe
dazu, dass deutsche Gerichte die Konvention wie anderes
Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer
Auslegung zu beachten und anzuwenden hätten. Die Konvention
verhalte sich aber grundsätzlich indifferent zur innerstaatlichen
Rechtsordnung und solle anders als das Recht einer supranationalen
Organisation nicht in die staatliche Rechtsordnung unmittelbar
eingreifen.
Innerstaatlich
würden
durch
entsprechende
Konventionsbestimmungen
in
Verbindung
mit
dem
Zustimmungsgesetz sowie durch rechtsstaatliche Anforderungen (Art.
20 Abs. 3, 59 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG) alle Träger der
deutschen öffentlichen Gewalt grundsätzlich an die Entscheidungen
des Gerichtshofs gebunden. Danach unterlägen auch die deutschen
Gerichte einer Pflicht zur Berücksichtigung der Entscheidungen des
Gerichtshofs. Sowohl die fehlende Auseinandersetzung mit einer
Entscheidung des Gerichtshofs als auch deren gegen vorrangiges
Recht verstoßende schematische „Vollstreckung” könne aber gegen
Grundrechte in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen.
Wenn der Gerichtshof in einem konkreten Beschwerdeverfahren unter
Beteiligung
der
Bundesrepublik
Deutschland
einen
Konventionsverstoß festgestellt habe und dieser Verstoß andauere,
sei die Entscheidung des Gerichtshofs im innerstaatlichen Bereich zu
berücksichtigen. Das bedeute, die zuständigen Behörden oder
Gerichte müssten sich mit der Entscheidung erkennbar auseinander
setzen und gegebenenfalls nachvollziehbar begründen, warum sie der
völkerrechtlichen Rechtsauffassung gleichwohl nicht folgen (vgl.
BVerfG a.a.O.).
Eben dies hat der Senat in seiner Entscheidung vom 7. Juni 2010
getan und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die schematische
Umsetzung der Entscheidung des EGMR mit der bestehenden
Gesetzeslage nicht vereinbar ist. Daher vermag sich der Senat auch
der Rechtsauffassung des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs
nicht anzuschließen.
Hinzu kommt, dass offenbar auch der 2. Strafsenat des
Bundesgerichtshofs die Rechtsauffassung des 4. Strafsenats nicht
teilt. In einer ebenfalls am 12. Mai 2010 erlassenen Entscheidung
(Az.: 2 StR 171/10) hat der 2. Strafsenat keine Bedenken gegen die
Anwendbarkeit des § 66b StGB geäußert, obwohl diese Norm auch in
dem von ihm entschiedenen Fall zum Zeitpunkt des Anlassurteils, das
am 14. September 1995 erging, noch nicht in Kraft getreten war. Wäre
nach Auffassung des 2. Strafsenats das Tatzeitrecht für die
Anordnung der Sicherungsverwahrung maßgeblich, so hätte die von
dem Senat getroffene Entscheidung, die auf die rechtsfehlerhafte
Anwendung des § 66b Abs. 2 StGB gestützt wird und eine
Zurückverweisung zur neuen Sachverhaltsfeststellung beinhaltet,
nicht ergehen dürfen, da die Möglichkeit der nachträglichen
Anordnung der Sicherungsverwahrung erst mit dem Gesetz zur
Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung vom 23. Juli
2004 (BGBl. I 2004, S. 1838 ff.) geschaffen wurde.
2. Der zwischenzeitlich ergangene Beschluss des 3. Strafsenats des
Oberlandesgerichts Frankfurt vom 24. Juni 2010 (Az.: 3 Ws 485/10)
vermag den Senat ebenfalls nicht zu einer Änderung seiner
bisherigen Rechtsprechung zu bewegen.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hält in seiner Entscheidung eine
Berücksichtigung der Entscheidung des EGMR im Zuge der
Auslegung von § 2 Abs. 6 StGB dergestalt für möglich, dass für
„Altfälle“ die zur Tatzeit geltende Vorschrift des § 67d Abs. 1 S. 1
StGB a.F. zur Anwendung zu bringen sei, die die Dauer der ersten
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung auf zehn Jahre begrenzt
habe. Dieser Auslegung stehe weder der Wille des Gesetzgebers
noch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entgegen.
Dem vermag der Senat nicht beizutreten. Es war bei der gesetzlichen
Neureglung des Jahres 1998 gerade der erklärte Wille des
Gesetzgebers, die neue Rechtslage auch auf Fälle zur Anwendung zu
bringen, in denen die Anordnung der Sicherungsverwahrung bereits in
zuvor ergangenen Urteilen getroffen worden war.
Davon gehen nun auch der 1. und der 2. Strafsenat des
Oberlandesgerichts Nürnberg in zwei ebenfalls am 24. Juni 2010
getroffenen Entscheidungen (Az.: 1 Ws 315/10 und 2 Ws 78/10) aus.
Die Senate haben jeweils ausgeführt, dass es im Wege der
Auslegung nicht möglich sei, die Regelungen von Art. 5 Abs. 1 und 7
Abs. 1 EMRK nach Maßgabe der Rechtsprechung des EGMR mit der
derzeit
gültigen
deutschen
Rechtslage,
wie
sie
vom
Bundesverfassungsgericht interpretiert werde, in Einklang zu bringen.
Daher verbleibe es bei der Anwendbarkeit der vom Gesetzgeber in §
67d StGB angeordneten Anwendung der Neuregelung auch auf
„Altfälle“. Aus Art. 1 a Abs. 3 EGStGB in der Fassung vom 26. Januar
1998 und aus § 2 Abs. 6 StGB n.F. werde der Wille des Gesetzgebers
erkennbar, die Verlängerung der Sicherungsverwahrung auch auf
„Altfälle“ anzuwenden. Außerdem müsse der gegenüber den Art. 5
Abs. 1 und 7 Abs. 1 EMRG höherrangige Art. 2 Abs. 2 GG mit der dort
vorzunehmenden Berücksichtigung der Grundrechte Dritter – und der
sich daraus ergebenden Pflicht des Staates, sich schützend und
fördernd vor das Leben potentieller Opfer zu stellen und deren Leben
vor rechtswidrigen Angriffen Dritter zu bewahren – angewendet und
zur Geltung gebracht werden, was ebenfalls einer Umsetzung der
Entscheidung des EGMR durch Auslegung entgegen stehe.
3.
Schließlich verstößt auch in diesem Fall die Fortdauer der
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nicht gegen den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 62 StGB). In der am [..]
ergangenen Entscheidung hat die Strafvollstreckungskammer zuletzt
das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die Fortdauer der
Sicherungsverwahrung bejaht. Daher gelten die den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit betreffenden Ausführungen des Senats in seiner
Entscheidung vom 7. Juni 2010 auch für den vorliegenden Fall
sinngemäß.“
Dem hat sich der 2. Strafsenat (a.a.O.) angeschlossen und auch nach
erneuter Überprüfung der Rechtslage unter Berücksichtigung weiterer,
eine
andere
Meinung
vertretender
Entscheidungen
der
Oberlandesgerichte Frankfurt, Schleswig und Karlsruhe (OLG
Frankfurt, Beschluss 3 Ws 619-620/10 vom 15.7.2010; OLG
Schleswig, Beschlüsse 1 OJs 2/10 (1 Ws 267/10) und 1 OJs 3/10 (1
Ws 268/10) vom 15.7.2010; OLG Karlsruhe, Beschlüsse 2 Ws 458/09
und 2 Ws 44/10 vom 15.7.2010) zu einer abweichenden Beurteilung
keinen Anlass gesehen.
Er hält an der dargestellten Auffassung weiter fest. Er sieht die
Regelung der „Altfälle“ weiterhin als Aufgabe des Gesetzgebers an.
Ohne eine gesetzliche Regelung ist es auch fraglich, ob im Fall einer
Erledigung der Unterbringung wegen Erreichens der Höchstfrist gem.
§ 67d Abs. 1 Satz 1 StGB a.F. dem Schutz der Allgemeinheit
zumindest durch Anordnung der Führungsaufsicht Rechnung
getragen werden könnte. Das setzte nach § 68 Abs. 2 StGB eine
entsprechende Gesetzesvorschrift voraus. Das gem. § 2 Abs. 6 StGB
insoweit anzuwendende geltende Recht kennt keine Höchstfrist für die
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung und dementsprechend
auch keine Regelung der Führungsaufsicht für eine Erledigung wegen
Fristablaufs mehr, so dass in den „Altfällen“ weder § 67d Abs. 3 Satz
2 noch § 67d Abs. 4 Satz 3 StGB unmittelbar einschlägig wären. §
67d Abs. 4 StGB in der vor dem 31. Januar 1998 gültig gewesenen
Fassung, der den Eintritt der Führungsaufsicht nach Ablauf der
zehnjährigen Höchstfrist für die erste Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung vorschrieb, ist durch Art. 1 Nr. 4 Buchst. e)
des Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen
gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 aufgehoben worden. Ob
das Urteil des EGMR vom 17. Dezember 2009, selbst wenn es als
„andere gesetzliche Bestimmung“ im Sinne des § 2 Abs. 6 StGB
aufzufassen wäre, die alte Rechtslage nicht nur zur Höchstfrist der
Sicherungsverwahrung, sondern auch zur Führungsaufsicht, zu der es
sich nicht verhält,
wieder aufleben ließe, erscheint zumindest
zweifelhaft.
Nach Ansicht des Senats kann die Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung daher nicht allein aufgrund der Entscheidung
des EGMR vom 17. Dezember 2009 für erledigt erklärt werden. Der
angefochtene Beschluss der Strafvollstreckungskammer wäre
aufzuheben.
2.
Der Senat sieht sich an der beabsichtigten Entscheidung gehindert
durch die Beschlüsse der Oberlandesgerichte Frankfurt (Beschlüsse 3
Ws 485/10 vom 24.6.2010, 3 Ws 598/10 vom 13.7.2010, 3 Ws 608/10
vom 13.7.2010, 3 Ws 619-620/10 vom 15.7.2010, 3 Ws 638-639/10
vom 20.7.2010), Hamm (Beschluss III-4 Ws 157/10 vom 6.7.2010),
Karlsruhe (Beschlüsse 2 Ws 458/09 und 2 Ws 44/10 vom 15.7.2010)
und Schleswig (Beschlüsse 1 OJs 2/10 [1 Ws 267/10] und 1 OJs 3/10
[1 Ws 268/10] vom 15.7.2010).
a) Diese Gerichte haben in den „Altfällen“ der in den zitierten
Entscheidungen des Oberlandesgerichts Koblenz beschriebenen Art
die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach zehnjährigem
Vollzug aufgrund des Urteils des EGMR vom 17. Dezember 2009 für
erledigt erklärt. Sie verschaffen, wie im vorliegenden Fall die
Strafvollstreckungskammer, der Entscheidung des EGMR durch
Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB eine unmittelbare Wirkung auf die
innerstaatliche Rechtsordnung. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 MRK in der
Auslegung durch den EGMR sei eine „andere gesetzliche
Bestimmung“ im Sinne der genannten Vorschrift, so dass bei der
Fortdauerentscheidung nicht der geltende § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB
anzuwenden, sondern die Höchstfrist des bis zum 31. Januar 1998
gültig gewesenen § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB maßgebend sei.
Teilweisewird der weitere Vollzug der Unterbringung auch als nicht
mehr verhältnismäßig angesehen, da er menschenrechtswidrig sei
(OLG Hamm a.a.O.).
b) Im Einzelnen werden die abweichenden Meinungen wie folgt
begründet:
aa) OLG Frankfurt Beschluss 3 Ws 485/10 vom 24. Juni 2010:
„1. Gem. § 2 Abs. 6 StGB i. V. m. Art. 7 Abs. 1 S. 2 MRK ist für die
gegen den Untergebrachten angeordnete Sicherungsverwahrung
nicht § 67 d Abs. 3 S. 1 StGB n. F., sondern die zur Tatzeit geltende
Regelung des § 67 d Abs. 1 S. 1 StGB a. F. anzuwenden.
Der EGMR hat in seiner Entscheidung vom 17.12.2009 die
Sicherungsverwahrung – ungeachtet ihrer Bezeichnung im deutschen
Recht als Maßregel der Sicherung und Besserung - als Strafe i. S. v.
Art. 7 Abs. 1 MRK qualifiziert. Im Wegfall der Höchstfrist sieht er eine
konventionswidrige Rückwirkung, da der zur Tatzeit geltende § 67 d
Abs. 1 StGB eine Höchstfrist von 10 Jahren für die erstmalig
angeordnete Sicherungsverwahrung vorsah (EGMR, NStZ 2010, 263
ff).
Strafvollstreckungskammer und Senat sind zur Berücksichtigung
dieses Urteils des EGMR, das einen von ihnen bereits entschiedenen
Fall betrifft, verpflichtet, wenn sie in verfahrensrechtlich zulässiger
Weise erneut über den Gegenstand zu befinden haben (vgl. BVerfG,
NJW 2004, 3407 ff.) Dies ist hier auf Grund des gestellten Antrags
nach § 458 Abs. 1 StPO der Fall. Bei der erneuten Befassung besteht
die Pflicht, der konventionsgemäßen Auslegung der anzuwendenden
innerstaatlichen Vorschriften den Vorrang zu gewähren, wenn diese
nicht eindeutig dem – ranggleichen – Gesetzesrecht des Bundes oder
Verfassungsrecht - namentlich den Grundrechten Dritter - widerspricht
(BVerfG, NJW 2004, 3407, 3411).
§ 2 Abs. 6 StGB ermöglicht eine derartige Berücksichtigung des
Urteils des EGMR.
Nach § 2 Abs. 6 StGB ist zwar über Maßregeln der Sicherung und
Besserung grundsätzlich nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur
Zeit der Entscheidung gilt, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt
ist. Art. 7 Abs. 1 MRK in der nunmehrigen Auslegung durch den
EGMR ist aber eine andere gesetzliche Bestimmung i. S. von § 2 Abs.
6 StGB (vgl. BGH, Beschl. v. 12.05.2010 – 4 StR 577/09, Rn 14 ff. –
Juris; Grabenwarter, Rechtsgutachten zu den Rechtsfolgen des
Urteils des EGMR vom 17.12.2009 [Nr. 19359/04] v. 15.01.2010
[unv.], S. 45).Die Konvention gilt innerstaatlich als Bundesrecht.
Entscheidungen des EGMR haben zwar keine Gesetzeswirkung,
Inhalt und aktueller Entwicklungsstand seiner Rechtsprechung
bestimmen aber den Gehalt der (einfach-gesetzlichen) Bestimmung
des Art. 7 Abs. 1 MRK (BGH, a. a. O. Rn 16; Grabenwarter, S. 27).
Das
Bundesverfassungsgericht
formuliert
demzufolge
auch
ausdrücklich, dass die „MRK – in der Auslegung durch den EGMR –
im Range des Bundesgesetzes gilt“ und deshalb „in den Vorrang des
Gesetzes einbezogen“ ist und insoweit von der rechtsprechenden
Gewalt beachtet werden“ muss (NJW 2004, 3407 [3410]).
Da der EGMR aber im vorliegenden Fall ausgesprochen hat, dass §
67 d Abs. 3 S. 1 StGB nicht rückwirkend angewandt werden darf, weil
die Sicherungsverwahrung gegen den Untergebrachten faktisch wie
eine Strafe vollzogen wird, ist § 2 Abs. 6 StGB dahin auszulegen,
dass statt dessen die zur Tatzeit geltende Vorschrift des § 67 d Abs. 1
S. 1 a. F. StGB gilt, der gemäß die erste Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung auf 10 Jahre begrenzt ist.
Methodische Bedenken stehen dieser Auslegung nicht entgegen.
Insbesondere ist der Senat an ihr – entgegen der Ansicht der
Oberlandesgerichte Celle (Beschl. v. 25.05.2010 – 2 Ws 169 170/10), Stuttgart (Beschl. v. 01.06.2010 – 1 Ws 57/10) und Koblenz
(Beschl. v. 07.06.2010 – 1 Ws 108/10) durch Art. 1 a EGStGB i. d. F.
des Gesetzes vom 26.01.1998 nicht gehindert. Zwar ist in Abs. 3
dieser Vorschrift ausdrücklich festgelegt, dass § 67 d i. d. F. dieses
Gesetzes uneingeschränkt Anwendung finden soll. Der Gesetzgeber
hat damit diese Vorschrift bewusst uneingeschränkt mit Rückwirkung
in Kraft gesetzt (BT 13/9062 S. 12). Der Gesetzgeber hat sich von der
Vorstellung leiten lassen, dass die Neuregelung nicht die Anordnung
der Sicherungsverwahrung, sondern lediglich deren Dauer betreffe,
weshalb von Verfassungs wegen an den Rückwirkungsschutz
geringere Anforderungen zu stellen seien.
Dies bedeutet indes nicht, dass der Gesetzgeber auch ausschließen
wollte, dass eine den Anforderungen der MRK in der Ausprägung
durch die Rechtsprechung des EMRG entsprechende Auslegung der
Vorbehalts in § 2 Abs. 6 StGB durch die Gerichte praktiziert wird (vgl.
Grabenwarter, S. 45). Zudem wurde Art. 1 a EGStGB mit der darin
enthaltenen Differenzierung durch das Gesetz vom 23.07.2004
ersatzlos gestrichen. Die Vorschriften erschienen dem Gesetzgeber
im Lichte der Entscheidungen des BVerfG vom 05.02.2004 (also in
vorliegender Sache) und vom 10.02.2004 (zu den landesrechtlich
geregelten Straftäterunterbringungsgesetzen) verzichtbar. Zwar hat
der Gesetzgeber damit an seinem Willen zur Rückwirkung des § 67 d
Abs. 3 S. 1 StGB n. F. festgehalten, aber gleichzeitig deutlich
gemacht,
dass
er
diesen
einer
anders
lautenden
verfassungsgerichtlichen Entscheidung angepasst hätte. Es erscheint
vor diesem Hintergrund ausgeschlossen, dass er sich demgegenüber
einer Klärung durch den EGMR verschließen und damit dauerhaft
konventionswidrig verhalten wollte.
Der vorgenommene Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB steht auch die
Bindungswirkung des Urteils des BVerfG vom 05.02.2004 in
vorliegender Sache nicht entgegen. Bei der Frage, ob entsprechend
dem Gesetzesvorbehalt in § 2 Abs. 6 StGB für eine Maßregel der
Besserung und Sicherung in Abweichung vom Grundsatz der Geltung
des Rechts des Entscheidungszeitpunktes das günstigere Tatzeitrecht
gilt, handelt es sich um eine Frage des einfachen Rechts. Der
Rechtssatz des Bundesverfassungsgerichts, dass nach deutschem
Verfassungsrecht
die
Sicherungsverwahrung
nicht
dem
Rückwirkungsverbot unterfällt, wird dadurch nicht in Frage gestellt.
Einfaches Recht hat zwar die Vorgaben des Grundgesetzes zu
wahren, es kann aber im Einzelfall über die dort festgelegten
Mindestanforderungen hinausgehen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.05.2010
a. a. O. Rn 18).
Die vorgenommen Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB ist schließlich
auch mit der Rechtsprechung des BVerfG vereinbar. Das BVerfG hat
zwar in seiner Entscheidung in vorliegender Sache ausdrücklich
festgehalten, dass der Staat die Aufgabe hat, die Grundrechte
potentieller Opfer vor der Verletzung durch potentielle Straftäter zu
schützen und dass sich seine Schutzpflicht umso intensiver
ausgestaltet, je mehr sich die Gefährlichkeit der potentiellen Täter
konkretisiert und individualisiert und je stärker die Gefährdung
elementare Lebensbereiche betrifft (Beschl. v. 05.05.2004 – 2 BVR
2029/01 –Juris Rn 185). Dieser Schutzpflicht kommt auch
Verfassungsrang zu.
Hieraus ist aber entgegen der Auffassung der Oberlandesgerichte
Celle (Beschl. v. 25.05.2010 – 2 Ws 169 - 170/10), Stuttgart ( Beschl.
v. 01.06.2010 – 1 Ws 57/10) und Koblenz (Beschl. v. 07.06.2010 – 1
Ws 108/10) nicht der Schluss zu ziehen, diese Schutzpflicht müsse in
eine „Abwägung“ mit dem gegenläufigen Freiheitsgrundrecht des
Untergebrachten und dem grundrechtsgleichen Rückwirkungsverbot
mit einbezogen werden und erst Recht nicht, dass dieser Schutzpflicht
der Vorrang zukommen müsse.
Das vom BVerfG in Sachen X aufgeworfene Problem, dass ein
Grundrechtsträger am Verfahren vor dem EGMR nicht beteiligt ist
(NJW 2004, 3407 [3410]) und deshalb als Verfahrenssubjekt nicht in
Erscheinung treten und seine Rechte geltend machen konnte, stellt
sich hier nicht. Denn Träger der staatlichen Schutzpflicht ist die
Bundesrepublik und diese war Verfahrensgegner im Verfahren vor
dem EGMR.
Die Rückwirkung des § 67 d Abs. 3 S. 1 n. F. StGB war zur Erfüllung
der staatlichen Schutzpflicht verfassungsrechtlich nicht geboten, d.h.
die darin erfolgte Aufhebung der Zehnjahreshöchstfrist zum Schutz
der potentiellen Opfer nicht unabdingbar.
Ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der früheren
gesetzlichen Regelung des § 67 Abs. 1 S. 1 StGB a. F., welche die
erste Sicherungsverwahrung auf 10 Jahre begrenzte, bestehen in der
Tat nicht. Bei ihrer Fortgeltung mit der flankierenden Maßnahme der
Führungsaufsicht wird der gesetzgeberische Beurteilungsspielraum
vielmehr ebenfalls eingehalten.
Im Übrigen kommt eine Abwägung verschiedener Grundrechte hier
nicht in Betracht. Denn das Rückwirkungsverbot aus Art. 7 MRK ist –
ebenso wie das absolute Rückwirkungsverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG
(BVerfG a. a. O. Rn 137) einer Abwägung gerade nicht zugänglich
(vgl. auch Kadelbach in: EMRK/GG Konkordanzkommentar Kap 15
Rn 46 zu Art. 15 Abs. 2 MRK).
2. Weil die Höchstfrist abgelaufen ist, ist die Maßregel voll verbüßt.
Sie darf daher nicht weiter vollstreckt werden (vgl. Meyer-Goßner,
StPO, 52. Auflage, Rn 10 zu § 458). Daher war sie für unzulässig zu
erklären. Der Untergebrachte ist zu entlassen“.
Auf diese Begründung hat das Oberlandesgericht Frankfurt in seinen
nachfolgenden Beschlüssen 3 Ws 598/10 vom 13.7.2010, 3 Ws
608/10 vom 13.7.2010, 3 Ws 619-620/10 vom 15.7.2010 und 3 Ws
638-639/10 vom 20.7.2010 Bezug genommen und sie weiter
aufrechterhalten.
bb) OLG Hamm Beschluss III-4 Ws 157/10 vom 6. Juli 2010:
„Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung war gemäß § 67 d
Abs. 1 StGB in der seit 1975 bis 1998 geltenden Fassung für erledigt
zu erklären. Diese Norm findet trotz der durch das Gesetz vom
26.01.1998 zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen
gefährlichen Straftaten, in Kraft getreten am 31.01.1998, erfolgten
Änderung der Gesetzeslage Anwendung. Dies ergibt sich aus der
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
vom 17.12.2009 (Az.: 19359/04) nach der der im Jahre 1998
angeordnete rückwirkende Wegfall der 10-Jahres-Frist für die erste
Sicherungsverwahrung
menschenrechtswidrig
ist.
Diese
Entscheidung ist seit dem 10. Mai 2010 endgültig. Danach verstößt
die Vollstreckung über den 10-Jahres-Zeitpunkt, der bei dem
Untergebrachten bereits seit fünf Jahren verstrichen ist, hinaus
sowohl gegen Art. 5 EMRK als auch gegen Art. 7 EMRK. Denn zu
dem Zeitpunkt, als der Untergebrachte zur Sicherungsverwahrung
verurteilt wurde, galt noch die 10-Jahres-Frist. Durch den im Jahre
1998 angeordneten Wegfall wurde gegen das Rückwirkungsverbot
verstoßen, da nach der nachvollziehbaren Wertung des EGMR die
Sicherungsverwahrung keine Maßregel, sondern eine "Strafe" im
Sinne des Art. 7 EMRK darstellt (vgl. EGMR, Entscheidung vom
17.12.2009, beckRS 2010, 01692 Rn.122 ff). Ferner beruht die
weitere Vollziehung nicht mehr auf dem ursprünglichen Urteil des
Landgerichts Duisburg, da dieses nur eine Sicherungsverwahrung für
die Dauer von 10 Jahren angeordnet hatte, auch wenn dies sich nicht
unmittelbar dem Tenor entnehmen lässt. Somit lässt sich die weitere
Freiheitsentziehung nicht mehr auf eine Verurteilung "durch ein
zuständiges Gericht" stützen, so dass sie nicht durch Art. 5 Abs. 1 S.
2 a EMRK gerechtfertigt sein kann (EGMR aaO Rn 87 und 96).
Zwar wirkt die Entscheidung des EGMR unmittelbar nur zwischen
dem Beschwerdeführer und der Bundesrepublik Deutschland; sie hat
keine "erga omnes"-Wirkung für alle Untergebrachten, die sich nach
Ablauf der 10-Jahres-Frist noch in der Unterbringung befinden.
Dennoch müssen die Bundesrepublik und ihre staatlichen Organe somit auch die Vollstreckungsgerichte - als verpflichtet angesehen
werden, zu verhindern, dass es in gleichgelagerten Fällen zu einer
entsprechenden Verletzung des EMRK kommt (vgl. Kinzig, NStZ
2010, 233, 238; LR-Gollwitzer, StPO, 25. Aufl., Verfahren MRK RN 77
d). Der Gesetzgeber ist allerdings bislang nicht tätig geworden. Soweit
es den Äußerungen der Bundesjustizministerin zu entnehmen ist, soll
die Verantwortung auf die Gerichte abgeschoben werden.
Der Senat sieht daher keinen Anlass, eine Entscheidung des
Gesetzgebers zur Umsetzung der Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte abzuwarten, da solche offensichtlich
nicht vorgesehen sind. Er legt daher die Vorschrift des § 2 Abs. 6
StGB mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte dahin aus, dass der Wegfall der 10-Jahres-Frist
in § 67 d Abs. 1 a.F. keine Rückwirkung haben darf, so dass auf
Straftaten, die vor dem 31.01.1998 begangen wurden, die alte Norm
Anwendung finden muss (so auch BGH, Beschluss vom 12. Mai 2010,
4 StR 577/09 für den parallel gelagerten Fall der nachträglichen
Sicherungsverwahrung; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. 06. 2010,
3 Ws 485/10; LG Koblenz, Beschluss vom 19. Mai 2010, 7 StVK
139/10; LG Marburg, Beschluss vom 17. Mai 2010, 7 StVK 220/10,
LG Kassel, Beschluss vom 15. 06. 2010, 34 StVK 162/10; sowie
Grabenwarter in seinem Rechtsgutachten für die Bundesregierung zu
den Rechtsfolgen der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte S. 42 ff.).
Zwar handelt es sich bei der Sicherungsverwahrung nach
innerdeutschem Recht um eine Maßregel der Besserung und
Sicherung, für die nach § 2 Abs. 6 StGB grundsätzlich das Recht zum
Zeitpunkt der Entscheidung gilt. Doch steht dies unter dem Vorbehalt:
"wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist". Eine derartige andere
Bestimmung stellt hier Art. 7 Abs. 1 S. 2 MRK in seiner Auslegung
durch den Europäischen Gerichtshof dar (so BGH 4 StR 577/09 Rn.
15 bei juris).
Bei der Menschenrechtskonvention handelt es sich um einen
völkerrechtlichen Vertrag, der durch den Bundesgesetzgeber in das
deutsche Recht transformiert worden ist. Innerhalb der deutschen
Rechtsordnung steht die MRK im Range einfachen Bundesrechts.
Deutsche Gerichte haben daher die Konvention wie anderes
Bundesrecht im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegungen zu
beachten und anzuwenden (vgl. BGH a.a.O. Rn. 16, BVerfGE 111,
307, 316; Gollwitzer a.a.O. Einführung Rdnr. 39, 43 jeweils m.w.N.).
Dabei ist nicht nur die Menschenrechtskonvention selbst, sondern
auch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte zu berücksichtigen, weil sich in ihnen der aktuelle
Entwicklungsstand der Konvention widerspiegelt. Somit können als
"abweichende" gesetzliche Regelungen nicht allein ausdrückliche
Regelungen des Gesetzgebers, die eine Ausnahme vom Grundsatz
der Anwendbarkeit des zum Entscheidungszeitpunkt geltenden
Gesetzes anordnen, angesehen werden. Vielmehr sind auch
anderweitige
Regelungen
im
Gesetzesrang,
insbesondere
konventionsrechtliche Auslegungen durch den EGMR, erfasst.
Die gegen eine solche Gesetzesauslegung geäußerten Bedenken der
Oberlandesgerichte Celle (Beschluss vom 25.05.2010, 2 Ws 169 u.
170/2010) und Stuttgart (Beschluss vom 1. Juni 2010, 1 Ws 57/10)
vermögen nicht zu überzeugen. Sie verneinen die Möglichkeit einer
solchen Auslegung, da sie gegen den ausdrücklichen Willen des
Gesetzgebers bei der Änderung der Höchstfrist im Jahre 1998
verstoße. Dieser habe bewusst in § 1 a Abs. 3 EGStGB die
uneingeschränkte und damit rückwirkende Änderung des § 67 d StGB
angeordnet. Allerdings ist diese ausdrückliche Regelung - wie die
Oberlandesgerichte in ihren Beschlüssen selbst sehen - mit dem
Gesetz
über
die
Einführung
der
nachträglichen
Sicherungsverwahrung 2004 wieder gestrichen worden, so dass eine
Gesetzesauslegung, wie sie durch den Senat erfolgt, nicht dem
derzeitigen Gesetzeswortlaut widerspricht. Zuzugeben ist allerdings,
dass sie dem Willen des Gesetzgebers bei Erlass des Gesetzes nicht
entspricht. Allerdings darf auf den damaligen Willen des
Gesetzgebers nicht abgestellt werden. Denn dieser ging ersichtlich
davon aus, dass ein Verstoß gegen Art. 7 EMRK durch seine
getroffene Regelung nicht vorliege. Zwischenzeitlich ist ein solcher
Verstoß jedoch bindend festgestellt. Damit haben sich die
wesentlichen Grundlagen seit Erlass des Gesetzes geändert. Es kann
nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber in Kenntnis dieses
Umstandes gleichwohl unter bewusstem Verstoß gegen die
Konvention eine solche Regelung hätte treffen wollen. Daher kann der
damalige Wille des Gesetzgebers bei der heutigen Auslegung der
Norm keine Rolle mehr spielen.
Der hier vorgenommenen Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB steht auch
nicht die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts
vom 5. Februar 2004 (BVerfGE 109, 133 ff.) zur Frage der
Verfassungsmäßigkeit des Wegfalls der Höchstdauer der erstmaligen
Sicherungsverwahrung
entgegen.
Zwar
hat
das
Bundesverfassungsgericht
ausgesprochen,
dass
die
Sicherungsverwahrung keine Strafe darstelle und eine nachträgliche
Änderung ihrer Höchstdauer nicht gegen das absolute
Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG verstoße (BVerfGE
a.a.O., 167 ff.). Bei der Frage, ob entsprechend dem
Gesetzesvorbehalt in § 2 Abs. 6 StGB eine Maßregel der Besserung
und Sicherung von der Maßgeblichkeit des Rechts zum Zeitpunkt der
Entscheidung auszunehmen ist, handelt es sich indes um eine solche
einfachen Rechts. Im Rahmen des einfachen Rechts steht es dem
Gesetzgeber frei, abweichend von dem Grundsatz des § 2 Abs. 6
StGB die Geltung des Tatzeitrechts anzuordnen (vgl. BGH a.a.O. Rn.
18). Eine andere Auslegung unter dem Gesichtspunkt der
Schutzpflicht des Staates hinsichtlich der Grundrechte potentieller
Opfer vor Verletzungen durch gefährliche Straftäter ist nicht geboten.
Der Staat hat insoweit einen weiten Ermessensspielraum. Dass die
vor Änderung der Gesetzeslage im Jahre 1998 bestehende
Begrenzung der ersten Sicherungsverwahrung gegen Vorgaben des
Grundgesetzes verstoßen hat, ist bislang nie ernstlich vertreten
worden (vgl. OLG Frankfurt Beschluss vom 24. 06. 2010 S. 6)
Selbst wenn man der vom Senat vorgenommenen Auslegung des § 2
Abs. 6 StGB nicht folgen wollte, ist die Entscheidung des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen der
Verhältnismäßigkeitsprüfung, welche bei lang andauerndem
Freiheitsentzug immer anzustellen ist (BVerfGE 109, 133, 159;
Beschluss des Senats vom 12. Mai 2010, 4 Ws 114/10), zu
berücksichtigen. Dies führt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden
Fall die weitere Vollstreckung, da menschenrechtswidrig, nicht mehr
als verhältnismäßig angesehen werden kann. Sie ist daher auch aus
diesem Grunde für erledigt zu erklären“.
cc) Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss 2 Ws 458/09 vom 15. Juli
2010:
„Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
vom 17.12.2009 (Az 19359/04, StV 2010, 181) ist die mit Gesetz vom
26.1.1998 zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen
gefährlichen Straftaten vorgenommene Änderung des § 67d, mit der
die Befristung der ersten angeordneten Sicherungsverwahrung nach §
67d Abs. 1 StGB a.F. auf zehn Jahre entfallen ist und die in
Verbindung
mit § 2
Abs.
6
StGB auch diejenigen
Sicherungsverwahrten erfasst, für die die Befristung zum Zeitpunkt
ihrer Verurteilung noch bestand, mit dem Freiheitsrecht des Art. 5
EMRK und dem Rückwirkungsverbot des Art. 7 EMRK nicht vereinbar.
Die Anordnung der Fortdauer der zum Tat- und Verurteilungszeitpunkt
auf 10 Jahre begrenzten Sicherungsverwahrung über diesen Zeitraum
hinaus stelle keine Freiheitsentziehung nach einer Verurteilung durch
ein zuständiges Gericht (Art. 5 Abs. 1 S. 2 Buchst. a EMRK) dar, da
kein hinreichender Kausalzusammenhang zwischen dem Urteil des
erkennenden Gerichts und der Fortdauer der Freiheitsentziehung
nach Ablauf von 10 Jahren in der Sicherungsverwahrung mehr
bestehe. Darüber hinaus sei die Maßregel der Sicherungsverwahrung
in ihrer konkreten Ausgestaltung in der autonomen Auslegung durch
den Gerichtshof als Strafe zu werten, so dass das
Rückwirkungsverbot des Art. 7 EMRK eingreife. Nachdem eine mit
fünf Richtern besetzte Kammer am 10.5.2010 entschieden hat, den
Antrag der Bundesregierung auf Entscheidung der Großen Kammer
des EGMR nicht anzunehmen, ist die Entscheidung des EGMR vom
17.12.2009 rechtskräftig geworden.
Diese Rechtsprechung gilt auch für die gegen den Untergebrachten
verhängte Sicherungsverwahrung, da bei Tatbegehung und
Aburteilung die zehnjährige Befristung des § 67d Abs. 1 StGB a.F.
galt.
Die Entscheidungen des EGMR binden nach Art. 46 EMRK zwar
zunächst nur die Parteien in der konkret entschiedenen Sache. Doch
kommt den Urteilen des EGMR bei der Auslegung der EMRK, die im
innerstaatlichen Recht zwar keinen Verfassungsrang, in der Folge des
Ratifikationsgesetzes des Bundestages aber der Rang eines
einfachen Gesetzes besitzt und damit am Vorrang des Gesetzes
teilnimmt (Art. 20 Abs. 3 GG), eine sog. Orientierungsfunktion zu (SKPaeffgen, EMRK, Einleitung Rn 383; vgl. auch LR-Gollwitzer, MRK
Verfahren, Rn 77b; Meyer-Ladewig/Petzold NJW 2005, 15, 18f.; Esser
StV 2005, 348, 349, 354), da sie den aktuellen Entwicklungsstand der
Konvention widerspiegeln (BVerfG NJW 2004, 3407, 3408; BGH, 4
StR 577/09, Beschluss vom 12.5.2010, bei JURIS). Gleichzeitig
verpflichtet die Völkerrechtsfreundlichkeit der grundgesetzlichen
Ordnung die Gerichte, das nationale Recht möglichst in Einklang mit
dem Völkerrecht, zu dem auch die EMRK in ihrer Auslegung durch
den EGMR zählt, auszulegen (vgl. BVerfG NJW 2004, 3407, 3410).
Die EMRK ist mithin in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof im
Range eines förmlichen Bundesgesetzes in den Vorrang des
Gesetzes nach Art. 20 Abs. 3 GG einbezogen und muss von der
Rechtsprechung
sowohl
bei
der
Auslegung
der
Konventionsvorschriften als auch des innerstaatlichen Rechts
beachtet werden (BVerfG NJW 2004, 3407, 3410; im Ergebnis auch
OLG Stuttgart, 1 Ws 57/10, Beschluss vom 1.6.2010, bei JURIS; OLG
Frankfurt, 3 Ws 539/10, Beschluss vom 1.7.2010, bei JURIS; OLG
Hamm, 4 Ws 157/10, Beschluss vom 6.7.2010, S. 5). Allerdings setzt
die Gesetzesbindung der Umsetzung der Entscheidungen des
Gerichtshofs auch Grenzen, weil die Gerichte sich nicht unter
Berufung auf eine Entscheidung des EGMR von der rechtsstaatlichen
Kompetenzordnung und der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20
Abs. 3 GG) lösen können. Deshalb kann sowohl die fehlende
Auseinandersetzung mit einer Entscheidung des EGMR als auch
deren gegen vorrangiges Recht verstoßende schematische
Umsetzung verfassungsrechtliche Vorgaben verletzen (BVerfG NJW
2004, 3407, 3410). Die Entscheidungen des EGMR können deshalb
nur im Rahmen einer methodisch vertretbaren Auslegung Beachtung
finden. Wenn eine solche völkerrechtskonforme Auslegung eines
Gesetzes nicht möglich ist, muss der Gesetzgeber tätig werden (NJW
2004,
3407,
3410).
Damit
scheidet
vorliegend
eine
konventionskonforme Auslegung der eindeutigen Regelung des § 67d
Abs. 3 StGB, wonach die Sicherungsverwahrung bis zur ihrer
Erledigung dauert, die nach dieser Vorschrift erst ausgesprochen
werden darf, wenn die in der Tat zum Ausdruck gekommene
Gefährlichkeit nicht mehr besteht, aus. Dagegen ist die Vorschrift des
§ 2 Abs. 6 StGB, wonach - soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt
ist - über Maßregeln der Sicherung und Besserung nach dem Gesetz
zu entscheiden ist, das zum Zeitpunkt der Entscheidung gilt, einer
Auslegung zugänglich. Denn Art. 7 EMRK ist als andere gesetzliche
Regelung im Sinne dieser Vorschrift zu werten, die in ihrer Auslegung
durch den Gerichtshof als Ausnahme vom Grundsatz des § 2 Abs. 6
StGB, bei Entscheidungen über Maßregeln das Gesetz anzuwenden,
das
zum
Zeitpunkt
der
Entscheidung
gilt,
für
die
Sicherungsverwahrung ein Rückwirkungsverbot begründet (BGH, 4
StR 577/09, Beschluss vom 12.5.2010, bei JURIS; OLG Frankfurt, 3
Ws 485/10, Beschluss vom 24.6.2010, bei JURIS; OLG Hamm, 4 Ws
157/10, Beschluss vom 6.7.2010, S. 6 ff.; Rechtsgutachten Prof.
Grabenwarter, S. 40 ff.). Diese Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB ist mit
dem Wortlaut der Vorschrift ohne weiteres zu vereinbaren. Soweit das
Oberlandesgericht Koblenz (1 Ws 108/10; Beschluss vom 7.6.2010,
bei
JURIS)
argumentiert,
der
EGMR
sehe
in
der
Sicherungsverwahrung eine Strafe und keine Maßregel, so dass unter
Berücksichtigung dieser Auffassung § 2 Abs. 6 StGB nicht einschlägig
und folglich auch nicht auszulegen sei, übersieht es - abgesehen
davon, dass dann ohne weiteres das Rückwirkungsverbot des § 2
Abs. 1 StGB eingriffe -, dass der Gerichtshof den Begriff der Strafe in
Art. 7 EMRK autonom, d.h. unabhängig von seiner Bedeutung im
nationalen Recht, auslegt (vgl. Nr. 120 der Entscheidung), so dass die
Definition der Sicherungsverwahrung als Maßregel in § 61 Nr. 3 StGB
davon unberührt bleibt. Ebenso steht der Zweck der Vorschrift einer
solchen Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB nicht entgegen, der
Sonderregelungen für bestimmte Maßregeln ermöglichen will, von
denen auch die Sicherungsverwahrung nicht ausgenommen werden
kann (vgl. Rechtsgutachten Prof. Grabenwarter, S. 43). Allerdings
wollte der historische Gesetzgeber § 67d Abs. 3 StGB dezidiert
uneingeschränkt rückwirkend in Kraft zu setzen (BT-Drs 13/9062, S.
12; OLG Celle, 2 Ws 169-170/10, Beschluss vom 25.5.2010 bei
JURIS; OLG Stuttgart, 1 Ws 57/10, Beschluss vom 1.6.2010, bei
JURIS; vgl. auch OLG Koblenz, 1 Ws 108/10, Beschluss vom
7.6.2010, bei JURIS). Die mit dem Gesetz vom 26.1.1998 zur
Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten
eingeführte Vorschrift des Art. 1 a EGStGB sah in Abs. 3 gerade für
die Vorschrift des § 67d Abs. 3 StGB eine uneingeschränkte
Rückwirkung vor. Doch muss die historische Auslegung vorliegend
hinter einer völkerrechtskonformen Auslegung zurückstehen, da die
Gerichte in Fällen wie dem vorliegenden verpflichtet sind, das
nationale Recht möglichst im Einklang mit dem Völkerrecht
auszulegen (BVerfG NJW 2004, 3407, 3410). Dies gilt umso mehr, als
der historische Gesetzgeber, der sich im Zusammenhang mit dem
nachträglichen Entfallen der 10-Jahresfrist ausdrücklich mit dem
Rückwirkungsverbot bzw. - weil er dieses bei Maßregeln nicht für
anwendbar hielt - dem Vertrauensgrundsatz befasst hat, sich dem
Rückwirkungsschutz im Bereich des § 67d Abs. 3 StGB
verfassungsrechtlich nicht allzu hoch verpflichtet glaubte, weil es nicht
um die Anordnung, sondern nur um die Dauer der
Sicherungsverwahrung gehe. Dass der der EMRK in der Auslegung
durch den EGMR ebenfalls verpflichtete Gesetzgeber eine
menschenrechtswidrige Rückwirkung auch unter Missachtung
völkerrechtlichen Vorgaben anordnen wollte, kann dem gerade nicht
entnommen werden (so auch OLG Frankfurt, 3 Ws 485/10, Beschluss
vom 24.6.2010, bei JURIS). Auch die eindeutige Vorschrift des Art. 1
a EGStGB steht nach ihrer Streichung einer konventionskonformen
Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB nicht mehr entgegen.
Ebenso verbietet die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 5.2.2004 (NJW 2004, 739ff.), dass der rückwirkende Wegfall der
Befristung der ersten Sicherungsverwahrung verfassungsrechtlich
unbedenklich ist, eine solche Auslegung nicht, da diese Entscheidung
nach
§
31
BVerfGG
nur
insoweit
bindet,
als
das
Bundesverfassungsgericht die Regelung als verfassungsmäßig
angesehen
hat.
Eine
über
die
grundgesetzlichen
Mindestanforderungen hinausgehende einfachgesetzliche Regelung -
keine Ausnahme vom Rückwirkungsverbot bei der Maßregel der
Sicherungsverwahrung - schließt die verfassungsgerichtliche
Entscheidung nicht aus (vgl. auch BGH, 4 StR 577/09, Beschluss vom
12.5.2010, bei JURIS; OLG Frankfurt, 3 Ws 485/10, Beschluss vom
24.6.2010, bei JURIS).
Da das Rückwirkungsverbot des Art. 7 EMRK absolut gilt, bleibt für
eine Abwägung mit dem Schutz der Allgemeinheit im vorliegenden
Zusammenhang kein Raum (OLG Frankfurt, 3 Ws 485/10, Beschluss
vom
24.6.2010,
bei
JURIS).
Ein
sog.
mehrpoliges
Grundrechtsverhältnis, das einer konventionskonformen Auslegung
Grenzen setzen könnte, ist vorliegend nicht gegeben (a.A. OLG Celle,
Beschluss vom 25.5.2010, 2 Ws 169 - 170/10 bei JURIS). Hiervon
wäre nämlich nur dann auszugehen, wenn bei der vorliegenden
Entscheidung
die
subjektiven
Rechtspositionen
mehrerer
Grundrechtsinhaber in Einklang gebracht werden müssten, von denen
nur einer einen günstigen Urteilsspruch des EGMR ins Feld führen
könnte, so dass der andere, der vom EGMR nicht gehört wurde,
möglicherweise als Verfahrenssubjekt nicht mehr in Erscheinung träte
(BVerfG NJW 2004, 3407, 3410). Davon kann hier nicht die Rede
sein. Der Schutz der Allgemeinheit ist Aufgabe des Staates, der am
Verfahren vor dem EGMR beteiligt war und dort seine Position
einbringen konnte (OLG Frankfurt, 3 Ws 485/10, Beschluss vom
24.6.2010, bei JURIS). Ebenso wenig verbietet die Verpflichtung, bei
der Umsetzung der Entscheidungen des EGMR die Auswirkungen auf
ausbalancierte Teilsysteme der nationalen Rechtsordnung, die
verschiedene Grundrechtspositionen miteinander zum Ausgleich
bringen, zu berücksichtigen (BVerfG NJW 2004, 4407, 3410), die
Annahme eines Rückwirkungsverbotes. Denn wenn auch der
staatliche Schutzauftrag für die Rechtsgüter des Einzelnen und der
Allgemeinheit eine Einschränkung des Freiheitsgrundrechtes erlaubt,
so ist doch nicht ersichtlich, dass die Aufhebung der Zehnjahresfrist
zum Schutze der Grundrechte potentieller Opfer (vgl. BGH NJW 2010,
1539 f.; OLG Celle, Beschluss vom 25.5.2010, 2 Ws 169 - 170/10 bei
JURIS) verfassungsrechtlich geboten war (BVerfG, Entscheidung vom
5.2.2004 - NJW 2004, 739ff. -, Rn 189, zitiert nach JURIS; vgl. OLG
Stuttgart, Beschluss vom 1.6.2010, 1 Ws 57/10, bei JURIS).
Da die konventionskonforme Auslegung des § 2 Abs. 6 StGB damit zu
dem Ergebnis führt, dass bei der Vollstreckung der Maßregel der
Sicherungsverwahrung das Rückwirkungsverbot des Art. 7 EMRK
eingreift, gilt insoweit die bei Tatbegehung gültige Fassung des § 67d
StGB, wonach nach Abs. 1 die erste Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung zehn Jahre nicht übersteigen darf. Damit ist
die Maßregel erledigt. Eine Entscheidung nach § 67 d Abs. 3 StGB in
der aktuellen Fassung kommt deshalb nicht mehr in Betracht. Das aus
der von Gesetzes wegen eingetretenen Erledigung (OLG Frankfurt, 3
Ws 539/10, Entscheidung vom 1.7.2010, bei JURIS) folgende
Vollstreckungshindernis (SK-Paeffgen zu § 458 Rn 8) ist von der
Vollstreckungsbehörde zu beachten, die deshalb die Freilassung
veranlassen muss“.
Diese Auffassung vertritt das Oberlandesgericht Karlsruhe auch in
seiner Entscheidung 2 Ws 44/10 vom selben Tag.
dd) Das Oberlandesgericht Schleswig (Beschlüsse 1 OJs 2/10 [1 Ws
267/10] und 1 OJs 3/10 [1 Ws 268/10] vom 15.7.2010) hat sich
ausdrücklich der dargestellten Ansicht und Argumentation der
Oberlandesgerichte Frankfurt und Hamm angeschlossen. Ergänzend
hat es die Gründe der Entscheidung des 4. Strafsenats des
Bundesgerichtshofs 4 StR 577/09 vom 12. Mai 2010 herangezogen.
IV.
Diese von der Auffassung des Senats abweichenden Meinungen
stehen der beabsichtigten Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses entgegen. Gem. § 121 Abs. 2 Nr. 3 GVG ist daher der
Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die streitige Rechtsfrage
berufen.
Mit seiner Vorlage folgt der Senat den Oberlandesgerichten Nürnberg
und Stuttgart, die bereits eine gegenstandsgleiche Frage vorgelegt
haben (OLG Nürnberg Beschlüsse 1 Ws 404/10 vom 4.8.2010 und mit unkenntlichem Aktenzeichen - vom 12.8.2010; OLG Stuttgart
Beschluss 1 Ws 57/10 vom 19.8.2010). Er sieht sich jedoch (anders
als OLG Frankfurt Beschluss 3 Ws 688-689/10 vom 19.8.2010) zu
einer eigenen Vorlage veranlasst.
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