Festrede Frau Huber-Hotz

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SGF – Gemeinnütziger Frauenverein Zentralschweiz – 125-Jahr-Jubiläum, Donnerstag, 19.9.2013
Miteinander – füreinander
Begrüssung
Für die schöne Einladung zum 125-Jahr-Jubiläumsfest der SGF-Zentralschweiz danke ich
herzlich. Ich habe sie gerne angenommen, denn unter Gemeinnützigen zu sein, bedeutet mir
immer noch viel. Und natürlich freue mich, Ihnen zum Jubiläum und zum langen,
erfolgreichen Wirken die herzlichsten Glückwünsche zu überreichen.
Die gemeinnützige Bewegung der Schweiz hat eine lange, vielfältige und eindrückliche
Geschichte. Sie war nicht nur als Vordenkerin in Staat und Gesellschaft tätig, die
gesellschaftliche Missstände aufdeckte und soziale Fragen aufgriff, sondern hat auch immer
wieder ganz konkrete Alltagsarbeit zugunsten der Gesellschaft geleistet. Für diese praktisch
ausgerichteten Aktionen waren die Herren der gemeinnützigen Vereine, besonders SGG, die
sich vor allem durch wortgewaltige Diskussionen hervortaten, auf die Frauen angewiesen. Sie
wollten allerdings den Frauen nicht in ihrer Organisation den angemessenen Platz einräumen,
sondern unterstützen die Schaffung gemeinnütziger Frauenvereine.
Typisch dafür war die sogenannte „Sockenaktion“ im Gründungsjahr des SGF! Die SGG liess
sich vom eidgenössischen Militärdepartement den Auftrag erteilen, Militärsocken stricken zu
lassen und damit Frauen aus wenig bemittelten Haushalten einen Zusatzverdienst zu sichern.
Die SGG konnte diese Aktion nur dank der tatkräftigen Unterstützung durch den neu
gegründeten SGF erfolgreich durchführen, denn sie verfügte weder über eine praktische
Organisation noch über das fachliche Know-How.
Diese Sockenaktion zeigte der SGG eindrücklich auf, zu welchem praktischen und effizienten
Handeln die Frauen in der Lage waren – und sie empfand denn auch den SGF als Konkurrentin
und ging zu ihm auf Distanz. Ich habe den Eindruck, dass eine gewisse Distanz auch heute
noch besteht?
Liebe gemeinnützige Frauen, sie haben für Ihre Tätigkeit den schönen Leitgedanken
„Miteinander – füreinander“ gewählt.
Füreinander da sein steht im Zentrum der Gemeinnützigkeit. Die Gemeinnützigkeit, die so alt
ist wie die Menschheit, nährt sich auch heute noch aus der Erfahrung, dass nicht alle
Menschen gleich und in gleichem Mass in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen. Hilfe und
Unterstützung zu bieten ist sowohl eine Pflicht des Staates als auch eine Pflicht für die
Bürgerinnen und Bürger. Die Pflicht des Staates ergibt sich aus dem Artikel 12 der
Bundesverfassung. Dort heisst es. „Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich selbst zu
sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein
menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind“. – Im Artikel 41, den Sozialzielen, sind diese
Verpflichtungen für Bund und Kantone ausführlich dargelegt.
Ein wichtiger Pfeiler der privaten Gemeinnützigkeit ist die Freiwilligkeit. Der erste Präsident
der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft hat schon 1810 bei der
Gründungsversammlung dazu ausgeführt: „….Dem bisher Gesagten zufolge nehmen wir also
einmütig den Grundsatz an, dass die Sorge für die Armen und Unglücklichen eine
unnachlässliche Menschenpflicht sei;...und er fügte die Frage bei: „…und ist es dann aber nicht
auch ebenso richtig anzunehmen, dass die Pflicht des Christen diese Menschenpflicht dahin
veredeln möchte, dass man auch überdies freiwillig mehr sorge und arbeite und beitrage, als
was gesetzlich auferlegt werden kann?“
Sie alle, liebe Gemeinnützige, setzen sich freiwillig ein in den verschiedenen Tätigkeitsfeldern
Ihrer Vereine. Sie tragen damit nicht nur bei, den Staat in seiner gemeinnützigen Aufgabe zu
ergänzen, sondern auch - und vor allem – den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu
stärken und sie dadurch menschlicher und wärmer zu machen. Denn die Freiwilligkeit ist der
eigentliche „Kitt“, der die Gesellschaft zusammenhält.
Während in den Gründungsjahren das gemeinnützige Engagement vor allem als eine
christliche Pflicht – einen Akt der Barmherzigkeit – angesehen wurde, hat sich das Bild in den
letzten Jahren wesentlich geändert. Die Freiwilligkeit ist nicht mehr nur eine altruistische
Veranstaltung, sondern eine win-win-Situation für alle Beteiligten, für diejenigen, die Hilfe
und Unterstützung erhalten wie für diejenigen, die sie leisten.
Gemeinnütziges Engagement und Freiwilligenarbeit bringen einen persönlichen Profit: sie
bringen Menschen zusammen, die dieselben Werte teilen. Und sie machen Sinn und Spass,
wie der Freiwilligen-Monitor zeigt, eine Erhebung zur Motivation für einen Freiwilligeneinsatz,
welche die SGG, das Migros-Kulturprozent und das Bundesamt für Statistik nun schon
zweimal herausgegeben haben.
Die Message, die wir deshalb in die Gesellschaft weitertragen müssen, lautet: die Zeit, die wir
aus freien Stücken für die Familie, für Freunde und für die Gesellschaft einsetzen, ist sinnvoll
verbrachte Zeit! Den Profit, den wir daraus ziehen, erhalten wir in der Währung Glück und
Befriedigung.
Damit ist auch der erste Teil Ihres Leitgedankens angesprochen, das Miteinander: Das
gemeinnützige Engagement bringt Menschen zusammen, die miteinander etwas bewirken
wollen. Das machen Sie, liebe Kolleginnen, nicht nur in ihren Sektionen, sondern auch
miteinander in der Zentralschweiz. Aus ihren Webseiten sind Ihre breit gefächerten
Tätigkeiten und Ihre gemeinsamen Anlässe eindrücklich dokumentiert. Ich muss gestehen,
dass ich mir vor dem Besuch Ihrer Homepages nicht bewusst war, welch grosse Arbeit Sie
leisten. Umso herzlicher danke ich Ihnen dafür. Das ist toll!
In der Vielfalt der Tätigkeiten der verschiedenen, rechtlich eigenständigen Organisationen
und Vereine auf lokaler, kantonaler und nationaler Ebene liegt das Faszinierende der
Gemeinnützigen Bewegung. Trotz dieser Vielfalt und der Eigenständigkeit der einzelnen
Komponenten der gemeinnützigen Bewegung scheint es mir wichtig zu sein, dass die
Zusammenarbeit über die einzelnen Vereine hinaus Programm ist. Der SGF Zentralschweiz ist
ein leuchtendes Beispiel.
Schon in den Gründerjahren war man von der Notwendigkeit der Zusammenarbeit und des
„Von-einander-Lernens“ überzeugt. Man sah eine wichtige Aufgabe darin: „..sich gegenseitig
zur Beförderung des Menschenwohls nach Lage und Umständen zu ermuntern und zu belehren
… und Nachahmungswürdiges aufzunehmen…“. Heute würde man von Wissenstransfer
sprechen! Nicht nur das „Von-einander-Lernen“ ist heute wichtiger denn je, sondern auch die
Vernetzung und die Bündelung der Kräfte über die Grenzen der eigenen Organisation hinaus.
Ich denke z.B. an eine Zusammenarbeit mit der Spitex, des Roten Kreuzes – und natürlich an
eine engere Zusammenarbeit zwischen dem SGF und der SGG! Ich würde mich riesig freuen,
wenn dies gelänge!
Liebe gemeinnützige Frauen: Ihr Leitgedanke „Miteinander – füreinander“ ist Sinnbild für Ihre
erfolgreiche gemeinnützige Tätigkeit in den vergangenen 125 Jahren. Er soll Ihnen aber auch
Vision und Mission für die Zukunft sein. Für weitere erfolgreiche 125 Jahre wünsche ich dem
SGF Zentralschweiz weiterhin viel Glück und Erfolg und Ihnen allen persönliche Befriedigung
und Anerkennung für Ihren gemeinnützigen Einsatz.
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