Abschlussaufgabe2014

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Abschlussaufgabe 2014: Simulation der Ausbreitung
eingeschleppter Tigermücken.
MOTIVATION:
Vor einigen Jahren haben sich im Mittelmeerraum an mehreren
Stellen asiatische Tigermücken angesiedelt, die aus Asien
eingeschleppt wurden. Tigermücken können verschiedene virale
Krankheiten übertragen, unter anderem Gelbfieber. Da Tigermücken
in Südeuropa für sie günstige klimatische Bedingungen gefunden
haben, sind sie jetzt auch dort heimisch geworden und breiten sich
dort weiter aus. In den letzten Jahren wurden zunehmend häufiger
auch in Deutschland Tigermücken gesichtet - auffallend oft in der
Nähe von Autobahn-Rastplätzen.
Die Frage ist nun: Unter welchen Bedingungen ist davon
auszugehen, dass die Tigermücken auch in Deutschland heimisch
werden? Um dieser Frage nachzugehen, sollen Sie ein (natürlich nur
sehr oberflächliches, nicht alle möglichen Parameter einbeziehendes)
Simulationsprogramm schreiben, das verschiedene AusbreitungsSzenarien simuliert und graphisch darstellt.
AUSGANGSPUNKT:
Wir betrachten als unser Untersuchungsgebiet einen quadratischen
Landschaftsbereich, den wir in 100x100 quadratische Flächenstücke
aufgeteilt haben, die jeweils 200m Kantenlänge haben.
Genau in der Mitte dieses Beobachtungsbereichs befindet sich ein
Autobahnrastplatz, bei dem hin und wieder aus einem aus dem
Süden kommenden Auto oder Lastwagen die eine oder andere
Tigermücke ihren Weg ins Freie findet.
Simuliert wird die zeitliche Entwicklung und Ausbreitung der
Population in Zeitschritten von jeweils einem Tag.
Schreiben Sie dafür die folgenden (aufeinander aufbauenden)
Programme (bzw Programmteile):
SZENARIO 1: SIMULATION ZUFÄLLIGER BEWEGUNG UND
AUSBREITUNG EINER FESTEN POPULATION
Nehmen Sie zunächst an, dass einmalig 100 Mücken eingeschleppt
und freigelassen werden. In diesem Szenario sind die Mücken
unsterblich und vermehren sich nicht.
Schreiben Sie eine Simulation zufälliger Bewegung und Ausbreitung
der Tiere im Raum.
Stellen Sie das Beobachtungsgelände mit den Tieranzahlen in jedem
Teilstück für jeden Zeitschritt (jeweils 1 Tag) grafisch dar, so dass
man der Ausbreitung der Tiere auf dem Bildschirm zusehen kann.
Lassen Sie die Simulation für 200 Zeitschritte laufen. (Danach ist der
Sommer zu Ende und es wird so kalt, dass die Tiere trotz ihrer
Unsterblichkeit alle erfrieren...)
Regel:
• Wir gehen also davon aus, dass ein Mücke sich zufällig bewegt
und aus eigener Kraft an einem Tag keine weitere Strecke in
eine bestimmte Richtung zurücklegen kann als 200m. In jedem
Zeitschritt hat jedes Tier also 9 Möglichkeiten, wo es sich
aufhalten kann: Es kann entweder auf der gleichen Position
bleiben wie am vorherigen Zeitschritt, oder es fliegt in eins der
acht direkt benachbarten Beobachtungsquadrate.
HINWEISE
• In diesem Programmteil sollten Sie sich bereits dafür entscheiden,
wie Sie Ihre Daten organisieren wollen. Es gibt (mindestens)
zwei mögliche Ansätze zur Lösung dieser Aufgabe, die beide
ans Ziel führen können: Entweder Sie modellieren die
einzelnen Mücken, die sich auf den verschiedenen Feldern
aufhalten, oder Sie modellieren die Felder mit ihrer jeweiligen
Mücken-Populationsgröße. Überlegen Sie sich, welcher Ansatz
Ihnen sinnvoller erscheint und kommentieren Sie ihn in Ihrem
Programm. (Wenn Sie einen ganz anderen Ansatz wählen, ist
das natürlich auch in Ordnung, wenn es gut kommentiert ist.)
• Denken Sie daran, dass die Tiere nicht in einem Gehege sondern in
freier Natur unterwegs sind. Es kann passieren, dass einzelne
Tiere den Rand des Untersuchungsgebiets erreichen. Überlegen
Sie sich, was in diesem Fall passieren soll und kommentieren
Sie es in Ihrem Programm.
SZENARIO 2: SIMULATION ZUFÄLLIGER BEWEGUNG UND
AUSBREITUNG EINER AN EINEM PUNKT EINGESETZTEN
POPULATION
Auch in diesem Szenario sind die Mücken bis zum 200. simulierten
Tag unsterblich und vermehren sich nicht. Allerdings werden am
Parkplatz täglich eine zufällige Anzahl von 0 bis 10 Mücken
freigesetzt.
Die Bewegungsregel und alle anderen Angaben entsprechen
Szenario 1.
SZENARIO 3: SIMULATION ZUFÄLLIGER BEWEGUNG EINER
POPULATION MIT MORTALITÄT UND VERMEHRUNG
Aufbauend auf wahlweise Szenario 1 oder Szenario 2 wird der
Lebenszyklus der Mücken etwas realistischer simuliert:
Regeln:
• Jede Mücke hat jeden Tag eine Wahrscheinlichkeit von 20%, dass
sie den Tag nicht überlebt.
• Wenn sie den Tag überlebt, gilt für sie die gleiche Bewegungsregel
wie in Szenario 1 und 2.
• Jede Mücke vermehrt sich täglich mit einer Wahrscheinlichkeit von
25%, indem sie auf dem Feld, in dem sie sich gerade befindet,
20 Nachkommen generiert. (Realistischere Annahmen siehe
E3...)
SZENARIO 4: SIMULATION IN ABHÄNGIGKEIT VON
UMWELTPARAMETERN
Aufbauend auf Szenario 3 wird mindestens ein Umweltparameter in
Betracht gezogen, der Bewegung, Vermehrung oder Sterblichkeit
der Mücken im gesamten Untersuchungsgebiet beeinflusst. Hier gibt
es eine ganze Menge Möglichkeiten, aus denen Sie einen oder
mehrere auswählen können, z.B.:
• Wind: Wind könnte dazu führen, dass die Bewegung nicht mehr
gleichmäßig in alle Richtungen gleich wahrscheinlich
stattfindet, sondern, dass es eine "Vorzugsrichtung" gibt. Wenn
man außer Windrichtung auch Windstärke simuliert, können
die Mücken sich in der bevorzugten Richtung eventuell auch
mehr als ein Feld pro Tag bewegen.
• Temperatur: Bei niedrigerer Temperatur werden die Mücken
langsamer, bewegen sich also mit geringerer
Wahrscheinlichkeit von ihrem Feld fort. Höhere Temperatur
beeinflusst auch die Fortpflanzungsrate positiv.
• Feuchtigkeit der Flächenstücke: Mücken brauchen für die Eiablage
stehende Gewässer - das können aber z.B. auch Pfützen sein.
Entsprechend wirkt sich das Vorhandensein von Wasser als
positiver Faktor auf die Wahrscheinlichkeit der Vermehrung
aus. (Der Wert sollte bei einer GrundVermehrungswahrscheinlichkeit von 25% zwischen 1 und
maximal 4 liegen). Das Fehlen von Feuchtigkeit bewirkt eine
Verkleinerung der Wahrscheinlichkeit (durch einen Faktor
zwischen 0 und 1).
• Blutverfügbarkeit: Ohne eine Blutmahlzeit können Mücken keine
Eier ablegen. Die Verfügbarkeit von Blut könnte sich also
ebenso wie die Feuchtigkeit der Flächenstücke als Faktor auf
die Vermehrungswahrscheinlichkeit auswirken.
• Nahrungsverfügbarkeit: Die Mücken selber ernähren sich von
Pflanzensaft. Wenn es wenig Pflanzen gibt, erhöht sich die
Wahrscheinlichkeit, dass die Mücke stirbt.
• Fressfeinde: Viele Fressfeinde schlagen sich ebenfalls in einer
Erhöhung der Mortalitätsrate nieder.
• Eigene Ideen für weitere Einflussfaktoren ???
HINWEISE
• Überlegen Sie sich Regeln, wie ein Umweltparameter die
Bewegung / Mortalität / Vermehrung der Mücken beeinflusst.
Formulieren Sie diese Regeln sowohl natürlichsprachlich (im
Hilfetext und / oder Kommentaren) als auch in ihrer
Umsetzung in Matlab-Code. (Über biologischen Realismus freue
ich mich natürlich, aber Sie können sich auch ohne
biologisches Hintergrundwissen Regeln ausdenken.)
• Fangen Sie zunächst nur mit einem Faktor an - die Interaktion von
Faktoren wird sehr schnell sehr unübersichtlich.
• Bedenken Sie beim Rechnen mit Wahrscheinlichkeit, dass die
Summe aller Möglichkeiten immer eine Wahrscheinlichkeit von
1 ergeben muss.
SZENARIO 5: SIMULATION IN ABHÄNGIGKEIT VON LOKAL
UNTERSCHIEDLICHEN UMWELTPARAMETERN
Die in Szenario 4 aufgelisteten Umweltparameter müssen nicht
unbedingt homogen für den gesamten Beobachtungsbereich gleich
sein, sondern können sich von einem Flächenstück zum anderen
unterscheiden.
• Überlegen Sie sich eine Möglichkeit, mit Ihrer Art der
Datenorganisation räumlich unterschiedliche
Parameterausstattung zu simulieren.
• Benutzen Sie die in Szenario 4 entwickelten Regeln.
• Überlegen Sie sich eine Möglichkeit der graphischen Darstellung
der räumlich verschiedenen simulierten Umweltparameter
zusammen mit den Populationsgrößen.
• Hier ist ein schrittweises Hinzunehmen von Parametern besonders
wichtig, um nicht den Überblick zu verlieren.
BENUTZERINTERAKTION
Geben Sie dem Benutzer die Möglichkeit, die verschiedenen
Simulationsparameter zu beeinflussen:
• Wahl zwischen einmaliger und mehrmaliger Freisetzung
• Menge der freigesetzten Mücken
• Überlebensrate
• Vermehrungswahrscheinlichkeit
• Nachkommen pro Vermehrung
• Einfluss der gewählten Umweltparameter
• Größe des Beobachtungsbereichs
• Anzahl der simulierten Zeitschritte (Tage)
HINWEISE
• Gestalten Sie die Interaktion mit dem Benutzer so, dass auch
Personen ohne jegliche Programmiererfahrung und ohne
Vorwissen über Ihr Programm es benutzen können.
• Geben Sie dem Nutzer Hilfestellungen, um Ihre
Simulationsergebnisse und deren Darstellung zu verstehen.
• Denken Sie daran, dass Benutzer nicht unbedingt Eingaben
machen, die Ihren Spezifikationen entsprechen.
• Denken Sie an Hilfetexte und ausführliche Kommentare.
Freiwillige Erweiterungsmöglichkeiten:
Hier sind Ihrer Phantasie keine Grenzen gesetzt,
Zusatzaufwand führt zur Notenverbesserung, wir freuen uns
auf viele kreative Lösungen...
Hier ein Paar Vorschläge für mögliche Denkrichtungen:
E1) Realistische Landschaft:
Je nach Umweltbedingungen haben die Mücken größere oder
kleinere Überlebens- und Vermehrungs-Chancen.
• Generieren Sie verschiedene "realistische" Landschaften z.B. eine
Seenlandschaft, eine Stadt, eine Weizen-Monokultur...
• Überlegen Sie sich Möglichkeiten, wie der Benutzer Einfluss auf
Ihre Landschaften nehmen kann.
• Achten Sie darauf, dass der Landschaftstyp und die von ihm
beheimatete Mückenmengen auch grafisch für den Benutzer
dargestellt werden.
E2) Zeitabhängige Veränderung von Umweltparametern:
Viele der in Szenario 4 genannten Umweltparameter ändern sich im
Laufe der Zeit bzw. von Tag zu Tag.
• Generieren Sie für jeden Tag zufällige Wetterdaten (z.B.
Temperatur, Wind, Niederschlag, der die Feuchtigkeit der
Flächenstücke ändert)
• Überlegen Sie sich Möglichkeiten für die Simulation einer
realistischeren Modellierung von Wettereinflüssen als konstante
oder komplett zufällige Bedingungen.
• Besonders interessant ist es in diesem Zusammenhang, sich
Regeln für den Winter auszudenken und die Simulation über
mehrere Jahre laufen zu lassen.
• Auch Fressfeinde, Nahrung und Blut sind nicht jeden Tag an der
gleichen Stelle in der gleichen Menge vorhanden. (Denken Sie
nur an das plötzliche Eintreffen der Schwalben im Frühjahr,
oder den Kindergarten, der am 22. Mai einen Ausflug auf die
Wiese auf Parzelle (57,42) macht und dort viel appetitliche
Kinderhaut zur Schau stellt...)
E3) Biologisch realistische Vermehrung:
Die oben vorgeschlagene Vermehrungsregel ist sehr stark
vereinfacht und unrealistisch. Informieren Sie sich z.B. bei
http://de.wikipedia.org/wiki/Asiatische_Tigermücke oder einer
beliebigen anderen Quelle über die Fortpflanzungsbiologie. Für Ihre
Simulation wichtige Fakten könnten z.B. sein
• Ei- / und Larvenstadium: Nach der Eiablage dauert es zwischen 8
und 15 Tagen, bis die Nachkommen flugfähige, adulte Mücken
sind.
• Tatsächlich legen die Mücken mehr Eier als 20 (wikipedia gibt 40
bis 90 an), aber viele davon werden gefressen oder sterben
aufgrund anderer Faktoren, bevor sie flugfähige Mücken
werden.
• Temperatureinfluss: Die Zeit der Larvenentwicklung ist
Temperaturabhängig - vielleicht auch die Anzahl der
abgelegten Eier.
• Geschlechter: Natürlich können nur Weibchen, also nur die Hälfte
der Mücken Eier ablegen.
• Weibchen müssen eine Blutmahlzeit haben, bevor sie Eier legen
können. Nahrungsquellen haben also einen Einfluss auf die
Vermehrungsrate.
• Geschlechter-Interaktion - Für Leute mit Hang zum komplizierten:
Weibchen brauchen zur Eiablage kein Männchen auf dem
gleichen Beobachtungsfeld, wenn sie vorher befruchtet worden
sind. Zur Befruchtung reicht allerdings nicht ein Männchen auf
dem gleichen Feld - das Weibchen muss in einen ganzen
Schwarm von Männchen hineinfliegen. Danach ist es befruchtet
und kann für den Rest seines Lebens Eier legen - wenn sie
genügend Blut finden.
E4) Statistische Auswertung der räumlichen Verteilung:
Werten Sie für Szenario 5 statistisch aus und stellen Sie (abhängig
von der Benutzerinteraktion eventuell optional) grafisch dar:
• Wie viele Tiere sind auf einer bestimmten Beobachtungsfläche
durchschnittlich vorhanden?
• Gibt es bestimmte Gegenden, die häufiger besucht werden als
andere? Ist das statistisch signifikant?
• Wie lässt sich die Abhängigkeit der Anzahl Mücken auf einem Feld
von dem dortigen Wert des von Ihnen variierten
Umweltparameter durch eine Funktion beschreiben?
E5) Systematische Analyse der Szenarien:
Um das Thema wissenschaftlich anzugehen, sollte man in den
verschiedenen Szenarien die Parameter systematisch variieren und
deren Auswirkung auf die die Gesamtpopulation erfassen. Durch
wiederholte Simulation kann man so z.B. erkennen:
• Grenzwert, wie viele Mücken anfangs oder im Durchschnitt täglich
eingeschleppt werden müssen, um in einem festen
Lebensraum eine stabile (nicht aussterbende bzw. sich
vergrößernde) Population zu erzeugen
• Grenzwerte bestimmter Einflussfaktoren für stabile Populationen
bei ansonsten gleichen Annahmen und Regeln.
E6) Grafische Benutzeroberfläche
Wenn Sie möchten, können Sie eine grafische Benutzeroberfläche
(GUI) gestalten, um den Umgang mit dem Benutzer zu steuern.
(Das ist aber nicht ganz einfach und braucht viel Zeit. Lösen Sie erst
die eigentliche Aufgabe, bevor Sie mit einer GUI beginnen. Falls Sie
uns eine GUI abgeben wollen, senden Sie uns auf jeden Fall auch
eine GUI-freie Version Ihres Programms mit.)
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