Darstellung der realen Situation

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Andreas Lindner
Extremwertaufgaben medial aufbereitet
Extremwertaufgaben haben als Anwendungen der Differentialrechnung ihren fixen
Platz im Lehrplan vieler höherer Schulen. Mithilfe der Mathematiksoftware
GeoGebra ist es möglich, Extremwertaufgaben so aufzubereiten, dass neben der
dreidimensionalen Darstellung der realen Situation ein experimenteller Lösungsweg
und ein Lösungsweg auf Grundlage der Differentialrechnung ermöglicht wird. Dies
wird am Beispiel eines Kegels, dem ein Zylinder mit möglichst großem Volumen
eingeschrieben werden soll, ausgeführt.
1. Extremwertaufgaben
Traditionellerweise
werden
Extremwertaufgaben
als
eine
Form
von
Optimierungsaufgaben als Anwendungen der Differentialrechnung behandelt und
nach dem Aufstellen einer entsprechenden Zielfunktion mithilfe der Untersuchung
der Ableitungsfunktionen auf Extremwerte hin untersucht. Dabei wird ein einmal
eingeübter Lösungsweg von Schülerinnen und Schülern oft sehr stark schematisiert
abgearbeitet: Zielfunktion aufstellen, 1. Ableitung bilden und gleich null setzen,
Gleichung lösen und mit den Werten der 2. Ableitung auf Maxima bzw. Minima
überprüfen.
Bei genauerem Nachfragen, warum die 1. Ableitung eigentlich gleich null gesetzt
werden muss, zeigen sich allerdings gelegentlich auch einige argumentative
Schwächen von Schülerinnen und Schülern. Diese Schwächen treten vor allem auf,
wenn
im
Unterricht
sehr
stark
das
Reproduzieren
von
mathematischen
Lösungswegen im Mittelpunkt steht.
Prinzipiell ist es auch möglich, eine Extremwertaufgabe durch systematisches
Suchen nach einem Extremwert zu lösen, beispielsweise durch Verwenden einer
Tabelle mit den Funktionswerten der zu optimierenden Funktion. Dies wird aber in
den meisten Fällen im Zusammenhang mit klassischen Extremwertaufgaben nicht
als zulässiger Lösungsweg akzeptiert.
Ziel der vorgestellten Aufgabe ist es nun, ein besseres Verständnis des
eingeschlagenen
Lösungswegs
für
eine
Extremwertaufgabe
und
seine
argumentative Begründung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Visualisierung zu
erzielen.
2. Aufgabenstellung und Bearbeitung
Aufgabenstellung: Einem Kegel mit Radius R und Höhe H soll ein Zylinder mit
möglichst großem Volumen eingeschrieben werden. Gesucht sind die Abmessungen
dieses Zylinders.
Kegel mit eingeschriebenem Zylinder
Aufgaben dieser Art können als rein mathematisch-geometrische Probleme gestellt
werden. Mitunter werden sie aber auch als eingekleidete Aufgabenstellung mit
einem Bezug zu einer realen Situation formuliert, zum Beispiel als zylinderförmiger
Wasserbehälter, der in einem kegelförmigen Dach Platz finden soll (vgl.
HAFTENDORN 2010, S. 181f).
2.1. Vorbereitung einer technologiegestützten Lösung
Die in der Abbildung 2 gezeigte Lösung ist die fertig ausgearbeitete Version, die für
den Unterricht von der Lehrkraft entsprechend adaptiert werden muss.
Kombination von „Grafik 3D“-Ansicht, „Grafik 2“-Ansicht und CAS-Ansicht
So ist zum Beispiel denkbar, dass die Darstellung der realen Situation in der „Grafik
3D“-Ansicht und die vorbereiteten Werkzeuge in der „Grafik 2“-Ansicht den
Lernenden in der hier präsentierten Weise zur Verfügung gestellt werden, während
die Lösungsschritte im CAS-Modul aber von den Schülerinnen und Schülern selbst
durchgeführt werden müssen. Auch eine Kombination von Computereinsatz und
Arbeiten mit Papier und Bleistift ist denkbar.
2.2. Darstellung der realen Situation
Das 3D-Modul von GeoGebra ermöglicht eine Darstellung von Kegel und Zylinder,
wobei der Radius R und die Höhe H mit Schiebereglern, die im zweidimensionalen
Grafikfenster positioniert sind, verändert werden können. Der Punkt P auf einer
Erzeugenden des Kegels ist beweglich und legt den eingeschriebenen Zylinder fest.
Beim Verschieben von P ändert der Zylinder seine Form von kleinem Radius und
großer Höhe zu einem Zylinder mit großem Radius und geringer Höhe.
Lernende haben nun die Möglichkeit, durch Bewegen des dreidimensionalen
Koordinatensystems
mit
der
rechten
Maustaste
die
reale
Situation
aus
verschiedenen Blickrichtungen zu betrachten und sich die Lage von Kegel und
Zylinder zu vergegenwärtigen.
Lage von Kegel und eingeschriebenem Zylinder aus verschiedenen
Blickwinkeln
2.3. Experimentelle Lösung durch Probieren
Ein großer Vorteil beim Einsatz von Computern liegt gerade bei Extremwertaufgaben
in der dynamischen Visualisierung (vgl. DANCKWERTS & VOGEL 2006, S. 202).
Durch Bewegen des Punktes P in der „Grafik 3D“-Ansicht wird im darunterliegenden
Fenster das Volumen des Zylinders in Abhängigkeit vom Radius r des Zylinders als
Spur eines Punktes angezeigt. Diese Spur definiert gleichsam den Graphen der
Zielfunktion für das Volumen, der mit einem Kontrollkästchen eingeblendet werden
kann.
Spur zur Festlegung des Volumens
Auf diese Art und Weise kann das Maximum für das Volumen des Zylinders auf
experimentellem Weg, das heißt durch Probieren, gefunden werden. Wahlweise
kann auch der Graph der Zielfunktion einschließlich der Tangente im jeweiligen
Punkt eingeblendet werden. Wird der Punkt P so verschoben, dass das Maximum
des Volumens erreicht ist, verläuft die Tangente an die Zielfunktion waagrecht.
HEUGL u.a. beschreiben, wie durch geschicktes Zoomen im Grafikfenster das
Maximum immer genauer bestimmt werden kann (vgl. HEUGL u.a. 1996, S. 92f).
Ein Vorteil dieser Vorgangsweise ist, dass das Auffinden des Maximums gleichsam
erlebbar gemacht wird und nicht durch einen abstrakten Formalismus erfolgt.
2.4. Interpretation der Ergebnisse
Wird die Höhe H des gegebenen Kegels mit dem Schieberegler verändert, so
verändert sich auch der Graph der Funktion, die das Volumen des Zylinders
beschreibt. Allerdings zeigt sich, dass die Lage des lokalen Maximums der Funktion
2
unverändert an der Stelle 𝑟 = 3 𝑅 bleibt. Das bedeutet, dass die Höhe H des Kegels
auf die Lage des Extremwerts keinen Einfluss hat und somit in der Lösung der
Extremwertaufgabe, das heißt im Radius r des Zylinders, nicht vorkommt.
2
3
Extremwert mit waagrechter Tangente an der Stelle 𝑟 = 𝑅
Ebenso zeigt eine Veränderung des Radius R des Kegels, dass auch bei geänderter
2
Form des Graphen das Maximum immer bei 𝑟 = 3 𝑅 liegt. Aufgrund dieser
Beobachtungen kann man bereits durch Experimentieren mit verschiedenen
Einstellungen für Radius R und Höhe H das Ergebnis der Extremwertaufgabe
2
vermuten: Der Radius r des Zylinders mit maximalem Volumen liegt bei 3 𝑅. Einen
Beweis stellt diese Vermutung natürlich nicht dar, dazu bedarf es weiterer
Überlegungen.
2.5. Lösung mithilfe des CAS
Das Verwenden eines CAS nimmt den Schülerinnen und Schülern rechentechnische
Arbeit und kalkülhafte Operationen wie das Berechnen von Ableitungen ab. Es
übernimmt aber nicht das Aufstellen einer geeigneten (Ziel)funktion für das Volumen
des Zylinders und die Vereinfachung mithilfe einer zusätzlichen Nebenbedingung.
Diese „kreativen“ Tätigkeiten bleiben auch weiterhin zentrale Aufgabe der
Lernenden. Dabei müssen die Schülerinnen und Schüler aber nicht nur Funktionen
aufstellen und ableiten, sondern auch Termumformungen durchführen können. Wie
viele dieser Tätigkeiten dem Computer übertragen werden sollen, ist zentraler
Diskussionspunkt bei der Verwendung von Technologie (vgl. WEIGAND & WETH
2002, S. 72f).
Die Abbildung 6 zeigt das Vorgehen beim Lösen der Extremwertaufgabe im
GeoGebraCAS mithilfe der Differentialrechnung.
Zeile1: Definition der Zielfunktion V in
Abhängigkeit von den zwei Variablen r
und h
Zeile
2:
Formulierung
der
Nebenbedingung
Zeile 3: Umformen der Nebenbedingung
nach h
Zeile
4:
Ersetzen
von
h
in
der
Zielfunktion V
Zeile
5:
Definition
der
neuen
Zielfunktion Vol in Abhängigkeit von der
Variablen r
Zeile 6: Lösen der Gleichung Vol‘(r) = 0
nach r
Zeile 7: Benennen der Lösung mit r1
Zeile 8: Berechnen der 2. Ableitung an
der Stelle r1
Zeile 9: Vereinfachung von Zeile 8
Lösung der Extremwertaufgabe mit dem GeoGebraCAS
Eine kleine Ergänzung zum Auffinden der Nebenbedingung sei an dieser Stelle noch
erwähnt.
Die Zielfunktion V ist eine Funktion in zwei Variablen, von denen eine durch eine
weitere Bedingung eliminiert werden muss, da Extremwertaufgaben üblicherweise
als Anwendung der Differentialrechnung in einer Variable betrachtet werden. Zum
Auffinden der Nebenbedingung bietet sich an, die Konstruktion von Kegel und
Zylinder in den Aufriss zu drehen. Dies geschieht mit dem Symbol
in der
Gestaltungsleiste der „Grafik 3D“-Ansicht.
Kegel und Zylinder im Aufriss
Dabei zeigen sich unmittelbar jene ähnlichen Dreiecke, aus denen das Verhältnis
𝐻
𝑅
=
ℎ
𝑅−𝑟
aufgestellt werden kann, das als Nebenbedingung dient.
3. Zusammenfassung
Didaktisch orientierte Mathematiksoftware wie GeoGebra ermöglichen neue
Zugänge zu altbekannten Aufgabenstellungen wie Extremwertaufgaben. Bei
geeigneter Aufbereitung stellen Visualisierungen eine große Hilfe im Lernprozess für
Schülerinnen und Schüler dar.
Literatur
DANCKWERTS Rainer & VOGEL Dankwart (2006), Analysis verständlich
unterrichten, Springer-Verlag: Berlin Heidelberg, 202-203
HAFTENDORN Dörte (2010), Mathematik sehen und verstehen. Schlüssel zur Welt,
Spektrum Akademischer Verlag: Heidelberg, 181-182
HEUGL Helmut & KLINGER Walter & LECHNER Josef (1996), Mathematikunterricht
mit Computeralgebra-Systemen. Ein didaktisches Lehrbuch mit Erfahrungen
aus dem österreichischen DERIVE-Projekt, Addison-Wesley: Bonn, 92-93
LINDNER Andreas (2013), Kegel mit eingeschriebenem Zylinder; in:
http://www.geogebratube.org/student/m33895 (Stand: 13.5.2014)
WEIGAND Hans-Georg & WETH Thomas (2002), Computer im
Mathematikunterricht. Neue Wege zu alten Zielen, Spektrum Akademischer
Verlag: Heidelberg Berlin, 72-73
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