Vorübergehender Humanitärer Schutz (VHS) Q&A zum Antrag der Freien Demokraten im Landtag Niedersachsen (Drs. 17/4521) Warum brauchen wir dieses Gesetz? Unser Asylsystem ist momentan mit der Fülle an Asylanträgen überfordert. Es ist nicht auf eine solche Vielzahl von Menschen ausgelegt. Wir brauchen also eine Regelung, wie dem aktuellen Zustrom begegnet werden kann. Unser Gesetz soll dabei helfen, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu entlasten und jeden, der aus den betroffenen Bürgerkriegsgebieten kommt, zum zumindest vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik berechtigen. Eine vergleichbare Regelung für den Fall eines Massenzustroms (Vorübergehender Humanitärer Schutz) existiert bereits auf europäischer Ebene; sie wird dort jedoch nicht angewandt, weil dann alle Mitgliedstaaten Flüchtlinge aufnehmen müssten, einige hierzu aber nicht bereit sind. Deshalb brauchen wir eine Möglichkeit, den Vorübergehenden Humanitären Schutz (VHS) national, nach unserem Vorschlag durch das Bundesinnenministerium, auslösen zu können. Wer wird entlastet? Bis zum 15. Oktober kamen etwa 45 % aller Flüchtlinge in diesem Jahr aus Syrien und dem Irak. Durch den Vorübergehenden Humanitären Schutz kann also etwa die Hälfte der Asylanträge schneller bearbeitet werden. Das entlastet die Entscheider beim BAMF und die Richter an den Verwaltungsgerichten. Die Verfahren der übrigen Asylbewerber können dadurch deutlich beschleunigt werden. Die frühere Ausreise von Menschen, die nicht in Deutschland bleiben können, entlastet die Kommunen bei der Bereitstellung von Unterbringungsmöglichkeiten, Betreuungs- und Integrationsmaßnahmen. Der besondere Aufenthaltsstatus der Bürgerkriegsflüchtlinge macht eine schnellere Integration in Arbeit möglich, was ebenfalls zu einer Entlastung bei der Flüchtlingsversorgung führt. Was verbessert sich für die Bürgerkriegsflüchtlinge? Durch den Vorübergehenden Humanitären Schutz erhalten die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien und dem Irak einen sofortigen gesicherten Aufenthaltsstatus, sofortigen Zugang zu Integrationskursen, sowie die sofortige Arbeitserlaubnis ohne Vorrangprüfung. Wird das Grundrecht auf Asyl eingeschränkt? Nein. Der Grundrechtsanspruch auf Asyl bleibt erhalten. Begonnene Asylverfahren werden aber für die Zeit des Vorübergehenden Humanitären Schutzes nicht weitergeführt, sondern ruhend gestellt. Wie lange gilt der Vorübergehende Humanitäre Schutz? Sobald durch das Bundesministerium des Innern ein Massenzustrom festgestellt wird, stehen in den folgenden 12 Monaten alle Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem betroffenen Land unter Vorübergehendem Humanitärem Schutz. Dies betrifft alle Personen, die neu einreisen oder deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen sind. Endet der Massenzustrom vor Ablauf der 12 Monate, können die Regelungen zum Vorübergehenden Humanitären Schutz vom Bundesinnenministerium vorzeitig beendet werden. Dauert der Massenzustrom weiter an, wird er automatisch um sechs Monate verlängert, bis die Höchstdauer von zwei Jahren erreicht ist. Im Anschluss an diesen Zeitraum kann – bei weiterem Massenzustrom – der Schutz durch Beschluss des Bundesinnenministeriums um ein weiteres Jahr verlängert werden. Dies ergibt einen Schutzzeitraum von drei Jahren. Besteht der Massenzustrom weiterhin, kann die Maßnahme neu beginnen. Führt das Gesetz zu einer Kettenduldung von Flüchtlingen? Nein. Wir haben aus den Fehlern, die im Rahmen der Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Balkan in den 90er Jahren gemacht wurden, gelernt. Der Vorübergehende Humanitäre Schutz erfordert keine immer wiederkehrende neue Einzelfallprüfung oder Antragstellung auf Verlängerung durch den einzelnen Flüchtling. Die (verlängerte) Gewährung des Schutzes gilt nicht für die Einzelperson, sondern generell für die gesamte im betreffenden Zeitraum einreisende Personengruppe der (Bürger)Kriegsflüchtlinge. Darüber hinaus bietet unser Vorschlag im Zusammenspiel mit dem Einwanderungsgesetz, für das wir uns ebenfalls einsetzen, eine umfassende Bleibeperspektive. Alternativ wird das bis dahin ruhende Asylverfahren wieder fortgeführt. Wie wird der Familiennachzug geregelt? Der Familiennachzug ist nach wie vor möglich. Die Familie rutscht ebenfalls unter den Schirm des Vorübergehenden Humanitären Schutzes und hat nach unserem Wunsch die Möglichkeit zur Einwanderung mittels eines Einwanderungsgesetzes. Warum brauchen wir zusätzlich ein Einwanderungsgesetz? Ohne Einwanderungsgesetz müssen alle Flüchtlinge mit ihrer Familie Deutschland wieder verlassen, wenn die Konflikte in ihren Heimatländern enden und ihr wiederaufgenommenes Asylverfahren negativ beschieden wird. Die FDP möchte mit einem Einwanderungsgesetz denen, die sich in Arbeitsmarkt und Gesellschaft integriert haben und selber für ihren Lebensunterhalt sorgen, ein Bleiben ermöglichen. Dies soll im besten Fall bereits vor Ablauf des Vorübergehenden Humanitären Schutzes geschehen. Was geschieht mit den Flüchtlingen, die bereits anerkannt sind? Wer bereits anerkannt wurde, ist von dem Gesetz nicht betroffen. Es entfaltet keine Rückwirkung, gilt aber für diejenigen, die sich noch im Asylverfahren befinden. Schreibt der Gesetzentwurf eine Residenzpflicht für Flüchtlinge vor? Nein. Diese Regelung obliegt einzig den Ländern. Für die Verteilung der Flüchtlinge im Bundesgebiet gilt auch im Fall des Vorübergehenden Humanitären Schutzes der bereits festgelegte Schlüssel zur Verteilung von Asylbewerbern. Da es sich um ein Bundesgesetz handelt, werden keine Vorgaben zu einer Residenzpflicht gemacht. Die Bundesländer können sich untereinander auf einen neuen Verteilungsschlüssel für die Flüchtlingsunterbringung einigen und die Residenzpflicht selber regeln und ggf. aussetzen. Können Flüchtlinge frei zwischen Vorübergehendem Humanitärem Schutz und Asyl wählen? Nein. Für Bürgerkriegsflüchtlinge aus einem Land, aus dem laut Bundesinnenministerium ein Massenzustrom besteht, gilt vorerst nur der Vorübergehende Humanitäre Schutz. Asylverfahren ruhen, um das BAMF zu entlasten. Für Personen, die unter Vorübergehendem Humanitärem Schutz stehen, besteht keine Möglichkeit, die Fortführung des Verfahrens einzuklagen, weil das Asylverfahren in der Zeit, in der Flüchtlinge ohnehin durch unseren Vorschlag geschützt sind, kraft Gesetz ruht. Es wird jedoch nach Ablauf des Schutzstatus fortgeführt. Worin liegt der Unterschied zum subsidiären Schutz? Der subsidiäre Schutz stellt im Falle eines Massenzustroms keinen lösungsorientierten Ansatz dar. Er ist im Gegensatz zum Vorübergehenden Humanitären Schutz lediglich eine weitere Form des Flüchtlingsschutzes, der vom BAMF per Einzelfallprüfung festgestellt werden muss – häufig mit einer daran anschließenden Klage der Betroffenen. Gerichte und Behörden, insbesondere das BAMF, würden also noch stärker belastet. Löst der Gesetzentwurf die Flüchtlingskrise? Der Vorübergehende Humanitäre Schutz ist nur ein Baustein zur Lösung der Flüchtlingskrise. Zusammen mit anderen Maßnahmen, insbesondere fester Verteilungsquoten für Flüchtlinge in der EU, kann er aber einen wichtigen Beitrag hierzu leisten.