Predigt zur Jahreslosung 2015, Heiligen-Geist-Kirche Rostock, Pastor Marcus Antonioli Die Gnade und die Güte Gottes sei mit uns allen. Amen Nehmt einander an wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob! - Diese Jahreslosung könnte nicht passender für dieses noch junge 2015 sein! Denn nach den erschütternden Ereignissen in Paris und den aufwühlenden Demonstrationen in unserem Land, tun sich viele Fragen auf. Dabei zeigen Menschen überall wie sehr sie sich eine Welt wünschen, in der alle "richtig" sind! Eine Gesellschaft, wo alle ihren guten Platz haben, ganz gleich wie sie aussehen, was sie sind und was sie darstellen, Männer und Frauen, Alte und Junge, Christen, Juden, Muslime und Religionslose! Wenn wir einander in unserer Unterschiedlichkeit besser annehmen könnten, gäbe es kaum noch ernsthafte Probleme in unseren Familien und in unserer Kirchengemeinde, ja in unserem Zusammenleben überhaupt. Es würde bei uns immer friedlich und fröhlich zugehen. Aber leider scheitert es allzu oft an uns selbst. Denn da gibt es immer welche, die uns nerven! Die anderen sind uns allzu oft zu blöd, zu negativ, zu unzuverlässig, zu selbstbezogen. Die anderen eben! - Und genau die sollen wir annehmen!? Liebe Freunde, darum ist Jesus Christus auch 2015 die größte Inspiration und Herausforderung, die ich mir vorstellen kann! - Er war sich nicht zu schade, mit den Außenseitern, den Gescheiterten, den Armen und Kranken und sogar mit den Verrätern und Betrügern zusammen zu sein. Er wollte, dass alle die bedingungslose Liebe Gottes erleben. Ich erinnere nur an Zachäus, der als kurz gewachsener Mann auf einen Baum kletterte, um Jesus überhaupt zu sehen als er in seine Heimatstadt Jerichow kam. Ausgerechnet bei ihm war Jesus zu Gast, bei ihm der Zöllner war und seine Mitmenschen ausnahm. Dieser Besuch sollte aber Zachäus Leben auf den Kopf stellen! Oder auf die Füße, wie man es nimmt. Oder wie Jesus selbst mit Judas am letzten Abend noch das Brot und den Wein teilte, ja er wusch ihm sogar die Füße, obwohl er längst wusste, dass der ihn verraten würde! Oder denken wir an den blinden Bartimäus, der immer bettelnd am Straßenrand saß. Jesus holte ihn wieder in die Gemeinschaft herein, er gab ihm das Augenlicht zurück. Eine riesen Umstellung, so verwechselte er zunächst Menschen und Bäume, weil er das Sehen erst lernen musste. Doch dann tat sich ihm eine neue Welt auf. Die Bibel berichtet immer wieder, wie dieser Wanderprediger aus Nazareth Menschen das Gefühl gab, tatsächlich akzeptiert zu sein. Manchmal tat das auch ein bisschen weh, als z.B. den Anklägern der Ehebrecherin der erste Stein, den sie auf die Sünderin werfen wollten, auf den eigenen Fuß fiel! Denn wer ist schon ohne Fehler? Nehmt einander an wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob! Liebe Gemeinde, für unser Zusammenleben ist es wichtig, dass wir die gemeinsamen Grundlagen dafür immer wieder besprechen. Das gilt im Kleinen wie im Großen, denn selbstverständlich ist in Wahrheit nichts! - Zugleich sollten wir uns immer wieder selbstkritisch fragen, ob wir selbst genug dafür tun, dass wir gut zusammen leben. Ich meine, auch die Politik wäre gut beraten, genau hinzuhören, was zur Verunsicherung so vieler Menschen geführt hat. Die rasanten Veränderungen in unserer Gesellschaft überfordern viele und hinterlassen ein Gefühl von Ohnmacht. Zugleich bin ich gewiss, dass wir nicht nur Gott, sondern uns selbst sehr viel Freude machen würden, wenn wir uns von Jesus genau an dieser Stelle etwas abgucken könnten! - Da würde sich keiner mehr fremd bei uns fühlen müssen, weil er vielleicht als Flüchtling zu uns gekommen ist, oder, weil er vielleicht mehr als einen Versuch im Leben benötigt hat, um auf den rechten Weg zu gelangen. Ja, es gibt Menschen die brauchen besondere Unterstützung, die sollten wir ihnen nicht vorenthalten. In einem Fernsehbericht wurde die Geschichte vom kleinen Ben erzählt, der in eine integrative Schule geht. Ben ist ein fröhlicher Junge mit Down-Syndrom. Für den Fernsehzuschauer war er kaum zu verstehen, er musste mit Untertiteln unterlegt werden. Seine Mitschüler jedoch verstanden ihn sehr gut und man konnte sehen, wie wohl sich Ben in seiner Klasse fühlte. Sie hatten ihn angenommen so wie er war und hatten gelernt seine Sprache zu sprechen. Ich fand es faszinierend, dass diese Schulkinder etwas vermochten, dass uns oft so schwer fällt! Ich befürchte, dass wir oft Mühe mit anderen haben, weil wir uns selbst nicht annehmen können. Unsere Unzufriedenheit macht uns mürrisch. Mit Jesus können wir genau das lernen. Die bedingungslose Annahme, die Jesus bis heute ausstrahlt, könnte auch für uns und unsere heutige Welt heilsam sein. Die Taufe des kleinen Theodor heute erinnert uns daran, dass Gott uns ohne Vorbehalte annimmt und auch keine Vorleistung erwartet! Und weil wir so vergesslich sind, können sie die Jahreslosung als Karte mitnehmen, die Schwester Christa wieder liebevoll gestaltet hat, oder aber in Form eines kleinen Aufklebers, den man sich auf den Kalender machen kann. So hat man die Ermutigung immer dabei: Nehmt einander an wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob! Damals bei Paulus, der diesen Satz an die zerstrittene Gemeinde in Rom schrieb, als auch bei uns heute, erscheint dies unerreichbar. Vielleicht können wir es heute gleich mal mit den Menschen probieren, mit denen wir tagtäglich zu tun haben! Denn unsere eigenen Partner und Kinder, Kollegen sind oft auch die größte Aufgabe für uns. - Aber bei Gott ist bekanntlich nichts unmöglich! Und es lohnt sich, wenn wir Vorurteile überwinden, wenn wir das Gute auch in denen suchen, die uns fremd und fern sind. Es lohnt, sich auf die anderen zu zubewegen. Manchmal entdecken wir dabei dann überraschendes an uns selbst, das sollten wir uns nicht entgehen lassen! Liebe Gemeinde, die Jahreslosung ermuntert uns, uns in den Dienst eines friedlichen Zusammenlebens zu stellen, das Gespräch mit allen zu suchen. Allerdings bedeutet Beziehung immer auch harte Arbeit, das stimmt für Ehepaare genauso wie für die unterschiedlichen Gruppen in einer Gesellschaft. Im Namen Jesu Christi wollen wir uns daran beteiligen - Gott zum Lob und allen Menschen zum Segen! Amen