Schon Ignaz Paul Vital Troxler, der "Zofingervater“, hatte von

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Zofinger "Manifest zur Hochschulreform“ 1969
Schon Ignaz Paul Vital Troxler, der "Zofingervater“, hatte von Hochschulreform
gesprochen, als er sich 1846 in einer Broschüre1 zur Situation in Bern äusserte.
"Wozu denn eine Universität“, fragte er, "wenn alle Wissenschaften nur
nebeneinander bestehen?“ Der Fakultätsgeist sei das "Gebrechen, ja der wahre Tod
der Universität“.
Und es gab Vorzeichen, ehe es losging. Der Zofinger Max Imboden kritisierte in
seiner Rektoratsrede 19642 die "überkommenen, noch immer stark am Gedanken
der Gelehrten-Korporation orientierten Formen“, die jetzt überspielt würden. Die
Hochschuldiskussion kochte hoch, schon weil das Ausland recht heftig stritt. 1967
berichtete der Basler Zofinger Conrad Stocker über die "Politisierung der Berliner
Studentenschaft“3 und liess die Frage offen, wieweit Demonstrationen gerechtfertigt
seien. Schon die Kurzform "Demo“ liess den Schluss zu, dass viele möglichst rasch
losdonnern wollten. Sprecher des linksradikalen Sozialistischen Deutschen
Studentenbundes, die Zofinger hautnah erleben konnten4, trugen mit plärrendem
Mikrofon extreme Forderungen in die Universität Zürich: die Anerkennung des
Studiums als Arbeit, das Aneignen von Lehrstoff ausserhalb der Universität, um
"Fehler der Professoren kompensieren“ zu können, die "politische Universität“.
Gastspiele der Rolling Stones und von Jimi Hendrix wurden für Krawalle genutzt und
am 29. Juni 1968 schwappten am Globuskrawall die Unruhen vollends über. Das
harte Durchgreifen der Polizei wiederum führte zum "Zürcher Manifest“5, das ausser
von Max Frisch auch vom Altzofinger Hans-Rudolf Hilty unterzeichnet wurde und
nicht nur ein Demonstrationsrecht verlangte, sondern auch Verzicht auf Sanktionen.
Der Begriff der "68er“ meinte, so erkennt man nachträglich, ein Kunterbunt zwischen
ungestümer Krawalljugend, Hörsäle besetzenden und ewig debattierenden
Studenten, dann aber auch unbekümmerten Blumenkindern der Hippie-Bewegung.
Im August 1969 folgte "Woodstock“ als vielbeachteter Höhepunkt dieser
Zeiterscheinung.
Wie die studentenpolitische Diskussion in den Sechzigern vor sich ging, konnte im
Centralblatt6 sehr gut nachvollzogen werden. Aber die Zofinger hörten auch den
Vorwurf, die Verbindungen hätten die Initiative verloren. Nur täuscht der Eindruck
einer Resignation, denn die aktiven Zofinger waren längst regsam geworden, wenn
auch anders als die "Wilden“ unter den Studierenden. Am Centralfest 1968 hiess die
Festversammlung den Antrag des Genfer Ausschusses unter Jacques Werner gut,
ein Manifest zu erarbeiten. Was der Waadtländer CP Michel Renaud am
Centralseminar 1966 gefordert hatte – sich vermehrt mit der Alma Mater zu befassen
– wurde jetzt kräftig angepackt. Es wurden intensive Centraldiskussionen geführt ,
ein Centralseminar in Gang gesetzt und eine ZUK installiert, eine Zofinger
Universitätskommission. Ganz vorne legten sich die Zofinger Laurent Extermann und
1
Auch ein Wort zur Hochschulreform in Bern.
Die Neugestaltung der schweizerischen Universitäten.
3 Cbl. 1967/68. 53.
4 Bericht Ronald Roggen im Cbl. 1967/68. 263.
5 Volksrecht vom 5. Juli 1968.
6 Paul Ehinger: Ein Beitrag zur studentenpolitischen Situation an der Universität Zürich. Cbl. 1967/68.
104.
2
Christoph Leuenberger ins Zeug, so dass im April 1969 das "Manifest zur
Hochschulreform“ als Sonderheft 5 des Centralblattes7 erscheinen konnte.
Das Manifest klärte zuerst die Begriffe, ehe es die Autonomie der Hochschule
untersuchte. Hier setzten sich die Zofinger für die Freiheit der Meinungsäusserung
und auch der Professorenwahlen ein. Lehre und Forschung müsse die Hochschule
selber organisieren können, aber in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen der
Gesellschaft. Naturgemäss erhielt jetzt die "Demokratie in der Universität“ einen
hohen Stellenwert und das Kapitel "Strukturreform“ äusserte sich auch über Glieder
der Gemeinschaft und über die Leitung. "Der Spontaneismus oder die Flucht in die
Aktion um der Aktion willen ist keine gültige Lösung“, schrieben die Zofinger jenen
Wilden ins Stammbuch, und die "Massenversammlung“ sei eine Illusion.
Am Centralfest 19698, dem Jubiläumsanlass unter der Regie des abtretenden Berner
Centralausschusses, wurde erklärt, dass das Manifest "erst der Anfang“ sei. Deshalb
wurden weiterführende Austausche zu Hochschulfragen ins Auge gefasst.
Gleichzeitig schuf die Aktivitas eine Zofinger Mittelschulkommission.
"Hochschulprobleme in der Mittelschule?“ So war eine Auseinandersetzung innerhalb
der Zofingia Luzern überschrieben, die letztlich an der Kantonsschule zur Schaffung
eines Schülerrates führte9, der zur festen Einrichtung wurde.
Auch die Centraldiskussion und das Centralseminar im Sommer 1970 galten der
Hochschule10. Der St. Galler Centralblatt-Jahrgang 1970/71 präsentierte sich als
wahre Fundgrube, mit Standortbestimmungen zur Alma Mater. 1970 zog die
Festversammlung Schlüsse für die eigenen Strukturen, indem sie eine
Delegiertenversammlung einführte11.
7
Cbl. 1968/69. Aprilheft 1969. Deutsch und französisch.
Protokoll im Cbl. 1968/69. Septemberheft 1969. 451.
9 Bericht Martin Pfisterer im Cbl. 1968/69. 79.
10 Cbl. 1969/70. 231.
11 Protokoll im Cbl. 1969/70. Septemberheft 1970. 378.
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