Reha-Psych2-Einfuehr

Werbung
Einführung
„Klinische Sozialarbeit“
Vorlesung „Rehabilitationspsychologie“
Prof. Dr. Ralph Viehhauser
Kurzcharakteristik „Klinische Sozialarbeit“
Klinische Sozialarbeit (KlinSA) bedeutet:

direkte Interaktion mit Klienten („direct practice“)

konkretes fallbezogenes Handeln und Behandeln,

Expertise für die soziale Dimension von
Gesundheit und Krankheit.
„Clinical Social Work“ in den USA

In den USA ist die KlinSA sehr viel stärker
vertreten als dies in Deutschland der Fall ist.

Die „clinical social worker“ sind heute die größte
Gruppe der Sozialarbeiter in den USA.

Beachtlich ist, dass in den USA „Psychotherapie“
ganz selbstverständlich als Teilgebiet der clinical
social work angesehen wird und hier integral zum
eigenen Interventionsrepertoire gehört (in Deutschland ist ein solcher Standpunkt umstritten).
Zitat von Hey (2000, S. 166)

Nach jahrzehntelanger Ausgrenzung von Psychotherapie
aus der Sozialen Arbeit einerseits und der Ausgrenzung
der Profession Soziale Arbeit aus der Psychotherapie
steht für eine Klinische Sozialarbeit in Deutschland die
Integration psychotherapeutischer Konzepte auf dem
Programm – einschließlich der fachlichen und berufspolitischen Aneignung der Psychotherapie als offizielles
Tätigkeitsmerkmal.

Dann steht vielleicht eines Tages neben der „ärztlichen“
und der „psychologischen“ die „sozialarbeiterische
Psychotherapie“.
Zitat 1 von Pauls (2004, S. 11, 12)
Die grundsätzliche Gesundheitsperspektive aller
Sozialarbeit darf nicht den Blick dafür verstellen,
dass in der beruflichen Praxis zunehmend
seelisch stark gefährdete, chronisch kranke und
mehrfach belastete Menschen den Schwerpunkt
des Klientels bilden und spezialisierte psychosoziale Behandlung benötigen.
Definition von KlinSA (Pauls, 2004, S. 22)
KlinSA ist eine Teildisziplin der SA:


die sich mit psycho-sozialen Störungen und
den sozialen Aspekten psychischer und somatischer
Störungen/ Krankheiten und Behinderungen unter
Berücksichtigung der Lebenslage der Betroffenen befasst.
Gegenstand sind u.a. die Themen:






psycho-soziale Diagnostik/Assesment,
psychosoziale Beratung, Sozialtherapie,
aufsuchende soziale Intervention,
Betreuung, Case-Management,
Prävention und Rehabilitation,
gemeindenahe Versorgung.
Theoretische Grundlagen KlinSA

bio-psycho-soziales (und salutogenetisches)
Verständnis von Gesundheit und Krankheit

psychopathologische und somatopathologische
Grundkenntnisse

Klinisch-psychologische Grundlagen und
Handlungskompetenzen
KlinSA als dritte Säule der Behandlung

neben Medizin und Psychologie;

mit einem besonderen Schwerpunkt auf dem
„Sozialen“ (bzw. „Psychosozialen“);

arbeitet zwischen den Expertensystemen und
wird vor oder nach der Medizin/Psychologie
tätig bzw. gleichzeitg im Rahmen einer engen
multiprofessionellen Zusammenarbeit.
Zielgruppen KlinSA sind insbesondere

psychisch kranke Menschen,

drogen- und alkoholabhängige Menschen,

schwer beeinträchtigte Kinder und Jugendliche sowie deren
Familien,

Menschen mit familiären Problemen und in entwicklungs- und
situationsbedingten Krisen

chronisch körperlich Kranke und behinderte Menschen,

traumatisierte Personen,

dissoziale, gewalttätige und straffällige Menschen.
Aufgabenfelder KlinSA (1)
Soziale Arbeit übernimmt klinische Aufgaben, wenn und wo immer die
methodische soziale bzw. psychosoziale Mitwirkung an der Fallarbeit bzw.
Behandlung erforderlich ist, so etwa:

an ambulanten Beratungseinrichtungen (z.B. Suchtberatung; SPDI,
Erziehungsberatung, Partner-, Familien- und Lebensberatung,
Schwangerschaftskonfliktberatung, Sexualberatung)

in der Kinder- und Jugendhilfe mit ihren Aufgaben an Schnittstellen
zur Kinder- und Jugendpsychiatrie wie auch zu Schulen und
Einrichtungen des Kinderschutzes

im Bereich stationärer, teilstationärer und ambulanter psychiatrischer
Versorgung; in Kern- und Vorfeldern der Psychiatrie

in Kriseninterventionseinrichtungen und Einrichtungen zum
Schutz gegen physische und sexuelle Gewalt
Aufgabenfelder KlinSA (2)

in der ambulanten und stationären Suchtbehandlung

in stationären Soziotherapie

in Fach-, Reha- und Akutkrankenhäusern mit jeweils
unterschiedlicher Ausgestaltung der sozialen Dienste

in komplementären Rehabilitationseinrichtungen

in forensischen Einrichtungen des Maßregelvollzuges und der
Resozialisierung

in der gerontologischen Arbeit einschließlich Geriatrie und
Gerontopsychiatrie

in erziehungs- und schulischen Institutionen
Die 3 wichtigsten Aufgabenfelder KlinSA
 KlinSA
in der Sucht(kranken)hilfe
 KlinSA
in der (Sozial-)psychiatrie
 KlinSA
in der Kinder- und
Jugendhilfe (-psychiatrie)
Weitere Aufgabenfelder, in denen die SA einen
deutlichen Gesundheitsbezug hat:

SA in der (Krankheits-)Prävention

SA in der Gesundheitsförderung

SA in der Rehabilitation

Ambulante Soziotherapie

SA in der Behindertenarbeit

Betriebliche Sozialarbeit

Kliniksozialarbeit (SA in Krankenhäusern)

SA im Öffentlichen Gesundheitswesen

SA in Sozialen Diensten der Gesetzlichen Krankenversicherung

Sozial(medizinische) Dienste der Sozialhilfeverwaltung

Selbständige gesetzliche Betreuer
Aufgabenfelder gesundheitsbezogener
Sozialarbeit im Sozialwesen

Gesundheitsarbeit in Kindergärten

Gesundheitsarbeit in der Jugendhilfe

Gesundheitliche Hilfen im Allgemeinen Sozialdienst

Gesundheitsarbeit in Schulen

Gesundheitsarbeit im Stadtteil

Gesundheitsarbeit in der Wohnungslosenhilfe
Plädoyer für KlinSA von der DGS

Der Arbeitskreis für Soziale Gesundheit der DGS (Deutschen
Gesellschaft für SA) sprach sich bereits vor einigen Jahren für die
Etablierung einer KlinSA als Fachsozialarbeit aus.

Die Vertreter des Arbeitskreises haben dazu ein Positionspapier
veröffentlicht mit dem Titel „Plädoyer für die Klinische
Sozialarbeit als Fachgebiet der Sozialen Arbeit“.

Plädiert wird v.a. für eine Neupositionierung der SA. Als
Expertin für das Soziale solle sich die SA in Anbetracht der
neueren Entwicklungen (v.a. bezogen auf neue biopsychosoziale
und salutogenetische Vorstellungen von Krankheit und
Gesundheit) selbstbewusst und nachhaltig für eine KlinSA
engagieren.
Zitat 1 aus dem Positionspapier der DGS:

Während die Profession die psychosoziale Beratung zu Recht als
ihre Kernkompetenz begreift, steht sie psychosozialen Interventionen oder der psychosozialen Behandlung gestörter oder
kranker Menschen skeptisch gegenüber.

Behandlung wird ausgegliedert und der medizinisch-klinischen
Behandlung und den ihr nahe stehenden Professionen – insbesondere Klinischer Psychologie und Psychotherapie – zugeordnet.

Eine die eigenen Interventions- und psychosozialen Behandlungsmöglichkeiten nicht ausschöpfende defensive Haltung ist für die
Schwierigkeiten der sozialen Profession im Gesundheitswesen
somit zumindest mitverantwortlich.
Zitat 2 aus dem Positionspapier der DGS:

KlinSA als „mindere Psychotherapie“ oder Psychotherapeutisierung
zu denunzieren, hieße, die Bedeutung der sozialen Dimension in der
Gesundheitsarbeit weiterhin zu verkennen und auf einen substanziellen Beitrag der SA zu verzichten.

Die Ambivalenz der Auftraggeber zeigt sich darin, dass der SA
einerseits schwierigste Klienten anvertraut werden – demoralisiert,
therapieresistent, schwer erreichbar, am Rande der Gesellschaft
lebend – mit denen keine andere Disziplin zurecht kommt, ihr aber
andererseits die Mittel und Methoden vorenthalten werden, um auf
die bestmögliche Weise mit diesen Menschen zu arbeiten. Das
könnte auch zynisch genannt werden.

Da im Wesentlichen der Sozialarbeit der Zugang zu den Deklassierten und ihre Befähigung und Motivierung aufgetragen ist, können
Sozialarbeiter ihre Zuständigkeit und Mitverantwortung für das Wohl
dieser Klienten auch nicht einfach an andere abgeben, sondern
müssen die eigene Fachlichkeit ausbauen.
Herunterladen