Geistig immer rege: Erfolgreiches Altern aus neuropsychologischer Perspektive Irene Daum Institut für Kognitive Neurowissenschaft Ruhr-Universität Bochum Entwicklungen der nächsten 10 Jahre massive Zunahme bei den über 50jährigen Erwerbspersonen Maßnahmen zur Förderung der individuellen Arbeitsfähigkeit (“Arbeitsbewältigungsfähigkeit”) Faktor Mentale Ressourcen und Befindlichkeiten (12. Workshop Psychologie der Arbeitssicherheit und Gesundheit, 2003) All the world`s a stage And all the men and women are mere players. And one man in his time plays many parts, His acts being seven ages. Last scene of all, What ends this strange eventful history, Is second childishness and mere oblivion, sans teeth, sans eyes, sans taste, sans every thing. As you like it Normales Altern – Neurobiologische Veränderungen - Reparaturmechanismen nehmen ab - Differentielle Veränderungen in unterschiedlichen Hirnregionen (PFC, Striatum, Hippokampus) - Hippokampus: <35 % zwischen 30-90 Jahren - PFC: 5 % Verlust pro Dekade ab 20 Jahre Normales Altern – Neurobiologische Veränderungen Volumenminderung durch Schrumpfung, Verlust dendritischer Verzweigungen, Reduktion der synaptischen Dichte Reduktion der weißen Substanz Funktionelle Bildgebung Aktivierung im hippokampalen Bereich für richtig erinnerte Informationen Merkfähigkeit 18 17 16 15 LG 1 14 LG 2 13 12 11 10 20-35 36-50 51-65 >65 Normales Altern Gespeichertes semantisches/implizites Wissen bleibt erhalten – “Bauch”-Entscheidungen?? Altersweisheit, kristalline Intelligenz Komplexe Wissens-Netzwerke erlauben die effiziente assoziative Verknüpfung neuer Information Altern - Das adulte Gehirn ist plastisch Abschied vom Defizit-Modell Gebrauchsabhängige Hirnorganisation Use it or lose it? Welche Anreize braucht das Gehirn? Prinzipien der Hirnentwicklung “Our brain is continuously changing and it is important what we do and what we think” Johansson, 2004 Belohnung beeinflusst Lernen und Leistung Endogene Belohnungssysteme im Gehirn Aktivierung durch Essen, Drogen, Musik, Zuwendung, (echtes) Lächeln… Aktivierung induziert Motivation Exekutive Funktionen strategische Organisation und Koordination der Informationsverarbeitung Planen und Problemlösen, Trouble shooting, Multi-tasking, Umgang mit schwierigen oder gefährlichen Situationen, Hemmung habitueller Verhaltenstendenzen Hohe Relevanz für selbstständige Lebensführung ! Koordination von Mehrfachtätigkeiten 130 110 90 TMTA 70 TMTB 50 30 10 20-35 36-50 51-65 >65 Age Age Multi-tasking Kreativität PFC als Sitz kreativer Denkprozesse Kreativität als Begriffserweiterung bei der Entwicklung neuer Ideen Kreative Prozesse als Vorteil/Hindernis bei normalen Abläufen Kreativität - Altern als Problem/Chance für Künstler Georg Baselitz (68) “Ich bin zwar alt, aber auch ein Maler der Gegenwart” “… diese Sehnsucht, neue Bilder zu machen… das ist ja geblieben… Ich will keine Ruhe geben.” Normales Altern – Neurobiologische Veränderungen Differentielle Veränderungen in unterschiedlichen Hirnregionen Veränderungen der Hormonausschüttung sehr große interindividuelle Unterschiede !!! Durchschnittswerte sinnvolles Kriterium ??? Ziel: Gesund und kompetent altern Chronologisches Alter ist nur eins von vielen Merkmalen, die die Leistungsfähigkeit bestimmen ! Normales Altern – kognitive Veränderungen Beeinträchtigung der Merkfähigkeit und exekutiver Kontrollprozesse weniger Risikoverhalten, weniger Aggressivität geringere Bereitschaft zum innovativen Denken höhere Selbstreflektion, mehr “controlling” Altersassoziierte Veränderungen der Hirnaktivierung aufgabenspezifische Verringerung oder Vergrößerung lokaler Hirnaktivität Aktivierung zusätzlicher Hirnregionen und –ressourcen Defizit in der Unterdrückung inadäquater Regionen? Zuhilfenahme kompensatorischer neuronaler Substrate vs. nicht selektive Rekrutierung Erfolgreiches kognitives Altern - Prädiktoren Bildung - frühe reich vernetzte Verschaltungen? - Partizipation an stimulierenden Aktivitäten? Gesundheit und Ernährung - kardiovaskuläre Erkrankungen, Hypertonie - Antioxidantien, Vitamin E - Rauchen? Erfolgreiches kognitives Altern - Prädiktoren Psychosoziale Faktoren und physische Aktivität - Bewegung/Steigerung des zerebralen Blutflusses - soziale Bindungen/Stimulation - Selbstwirksamkeit Genetische Faktoren - Apolipoprotein E – Gen (Epsilon 4 Allel) Sozialkontakte Quelle von Verstärkern, Aktivierung des Belohnungssystems Quelle der Stimulation Realistische Einschätzung eigener Fähigkeiten Training von “Theory of Mind” Fähigkeiten Empfehlungen für einen “neuroprotektiven Lebensstil” Geistig aktiv bleiben; kognitives Training? “Kardiovaskuläre” Körperliche Aktivität “Hirngesunde” Ernährung Reduktion chronischer Stressoren Intellektuelles Selbst-Management im Alter B.F. Skinner (1904-1990) Skinner-Stiftung “Better behavioral science For a more humane world” Ziel: Gesund und kompetent altern Mit Einschränkungen umgehen können Bildung/Weiterbildung während des gesamten Lebens, Lernerfahrungen machen Offenheit für Neues, für neue Anforderungen Fähigkeit zum Problemlösen in Belastungssituationen Intellektuelles Selbst-Management im Alter Strategien zur Kompensation physiologischer Begrenzungen Gestaltung eines Lebensraums, in dem das Verhalten älterer Menschen weiterhin vielfältig verstärkt wird Bedarf eines veränderten Verhaltensrepertoires, aber auch zusätzlicher Stimulationsquellen Intellektuelles Selbst-Management im Alter Problem, einen Namen im richtigen Augenblick ins Gedächtnis zu rufen - gelassene Akzeptanz der eigenen Schwächen - Einfluß vorangegangener Versagenserlebnisse Beabsichtigtes Verhalten sofort ausführen, Einsatz von Gedächtnishilfen, Vermeidung von Abschweifen Psychologische Mechanismen (Rosenmayr, 2006) Hinzulernen – Überprüfen des bisher Gelernten Wofür und wozu – Ideale und Ziele Veränderungsbereitschaft, Überzeugung der eigenen Steuerungsund Gestaltungsfähigkeit Freude am Tun als Antrieb, intrinsische Belohnung, Anerkennung des Ist-Zustands “… I consider that a man`s brain originally is like a little empty attic, and you have to stock it with such furniture as you choose… the skilled workman … will have nothing but the tools which may help him in doing his work, but of these he has a large assortment, and all in the most perfect order … There comes a time when for every addition of knowledge you forget something that you knew before. It is of the highest importance, therefore, not to have useless facts elbowing out the useful ones.” Sherlock Holmes (Arthur Conan Doyle)