Keine_Angst_vor_der_Angst

Werbung
Keine Angst vor der Angst – Kinderängste
verstehen und bearbeiten
Angst, Trauer, Wut, Verzweiflung und andere
negative Gefühle sind die dunklen Wegbegleiter
unserer Kinder und gehören zu ihrem Alltag
genauso, wie Spaß und Freude, Begeisterung,
Faszination und andere positive Gefühle. In
meinem Vortrag werden die
entwicklungspsychologischen, pädagogischen
und biologischen Entstehungsbedingungen von
Kinderängsten und anderen negativen Gefühlen
beschrieben. Thematisiert wird auch, wie ein
angemessener und kindgemäßer Umgang mit
diesen dunklen Wegbegleitern aussehen kann.
Ängste im Alltag und Lebenslauf
– begriffliche Klärungen
• Angst ist konkret und Furcht ist diffus
• Angst ist situationsgebunden - Ängstlichkeit ist
überdauernd
• Phobie und Panik sind besondere Angstformen, die als krankhaft eingestuft werden, wenn
sie ein bestimmtes Ausmaß überschreiten
• In der Schrecksekunde entscheiden wir, ob
wir einen Reiz als bedrohlich oder ungefährlich
erleben
• Wenn wir ihn als bedrohlich empfinden,
bleiben uns zwei Reaktionsmuster: Angst und
Flucht oder Angriff ist die beste Verteidigung
Ängste im Alltag und Lebenslauf (2)
• Ängste sind allgegenwärtig
• Sie haben archaische Wurzeln
• Seit 1996 wissen wir: 30 Prozent der Menschen besitzen
das Ängstlichkeitsgen (SLC6A4) mit zwei Allelen
• Ängste verändern sich - so wir wir uns verändern - ein
Leben lang
• Es gibt normale Alltagsängste und es gibt krankhafte
Ängste
• Der Übergang zwischen diesen ist oft schleichend und
fließend
• Es macht Sinn, Ängste nach Altersstufen aufzugliedern
• So lässt sich auch die Entstehungsgeschichte von Ängsten
rekonstruieren
• Verantwortungsvoller Umgang mit Angst: Was ist damit
gemeint?
Das Ängstlichkeitsgen SLC6A4 Begriffsbestimmung „Allele“
• Das sichtbare Erscheinungsbild eines
Lebewesens ist sein Phänotyp. Die
Gesamtheit der Erbanlagen eines Lebewesens
ist sein Genotyp.
• Die einzelne Erbanlage für ein bestimmtes
Merkmal wird Gen genannt.
• Die Funktionsform eines einzelnen Gens,
also die Art und Weise, wie ein Gen ein
Merkmal (z.B. Ängstlichkeit) ausprägt, nennt
man Allel.
Epigenetische Fundierung von Angst
• Die Epigenetik befasst sich mit Erfahrungen, die
vererbt werden!!!
• Die Epigenetik trägt entscheidend zum
Verständnis der Wechselwirkungen zwischen
Anlage und Umwelt bei.
• Die Epigenetik befasst sich mit vererbbaren
Veränderungen in der Wirkungsweise von Genen,
die zustande kommen, ohne dass sich die Gene in
ihrer Feinstruktur, der DNA-Sequenz, verändern.
• Solche Veränderungen bilden sich durch
Erfahrungen aus und können experimentell
besonders gut nachgewiesen werden, wenn es
sich um extreme Erfahrungen (Traumata,
permanente Bedrohungen, Deprivationen) handelt.
Epigenetische Fundierung von Angst (2)
• Solche Erfahrungen bringen in den Zellen (nicht
im Zellkern!) biochemische Prozesse in Gang,
welche die Wirksamkeit bestimmter Gen-Orte in
der DNA-Sequenz (im Zellkern!) blockieren
(methylieren) oder freisetzen (demethylieren).
• Die Neigung der Deutschen sich zu ängstigen,
ist möglicherweise epigenetisch begründet,
meint Peter Gruss, ehemaliger Präsident der
MPG.
• In den populären Medien besonders ausführlich
behandelt wurde der „Amsterdamer
Hungerwinter“ (Vererbung von StoffwechselAnomalien und Gefäßerkrankungen durch den
Fötus).
Entstehung von Angst - Positionen
• Evolutionsbiologen gehen davon aus, dass es
eine Reihe von angeborenen reflexartig
auslösbaren Ängsten gibt
• Für Psychoanalytiker ist die Urangst die
Erstickungsangst, die das Baby empfindet,
während es den engen Geburtskanal passiert
• Die Lerntheorie geht davon aus, dass Ängste
gelernt werden durch Konfrontation mit
Bedrohung
• Kognitionstheorie: Situationen, die für die
eigene Person als bedrohlich erlebt werden,
werden mit dem Gefühl Angst verbunden
Evolutionsbiologen
• Es gibt vererbte Reaktionsbereitschaften
(angeborene Schreck- und Angstreaktionen)
• z. B. vor Abgründen, Dunkelheit, Gewitter
• These: Vererbt werden die Reaktionsbereitschaften, die sich für das Überleben
des Einzelnen und seiner Gruppe als
nützlich erwiesen hatten
Die Rolle der Amygdala
• Sie wird als Mandelkern bezeichnet und ist Teil
des limbischen Systems (eines sehr alten Teil
des Stammhirns). Die Amygdala besteht aus
zwei mandelförmigen Ansammlungen von
Kernen, die im Zentrum des menschlichen
Gehirns sitzen, und zwar einer im linken und
einer im rechten Schläfenlappen jeweils direkt
vor dem Hippocampus.
• Sie dient uns als Alarmanlage. Innerhalb von
wenigen Tausendstel Sekunden bewertet sie
Situationen und schätzt Gefahren ein.
• Einige Reize, Geräusche (plötzliches Knacken
unter den Füßen) oder Gerüche (Angstschweiß)
lösen schon von Geburt an Angst aus.
.
Die Rolle der Amygdala (2)
• Dabei spielt die Vernetzung im Gehirn eine
wesentliche Rolle. Das rationale Denken
spielt sich im Großhirn (Cortex) ab. Die
Meldungen von der Amygdala zum
Großhirnlaufen laufen um ein Vielfaches
schneller ab als umgekehrt.
• Erst wenn es dem rationalem Denken gelingt,
die Situation auch gedanklich zu
"entschärfen", erreicht dieses auch wiederum
die Amygdala, die mit der Beendigung der
Hormonausschüttung reagiert. Die Folge ist
die Abnahme der emotionalen und
körperlichen Reaktionen.
• Wenn uns Furcht beschleicht, aktiviert das
Großhirn die Amygdala.
Lerntheorie: Konditionierung
von Angst
• Das oft zitierte Beispiel: J. B. Watson und die AngstKonditionierung seines Sohnes, des kleinen Albert.
• Dieser hatte keine Angst vor Ratten - er spielte des Öfteren
sogar mit einer zahmen Ratte.
• Diese Ausgangssituation nutzte Watson, um bei dem
Jungen eine Angst vor Ratten zu konditionieren.
• Immer wenn Albert die Ratte (den nichtkonditionierten
Reiz) zu sehen bekam, wurde hinter dem Jungen mit einem
Hammer auf ein Stahlrohr geschlagen.
• Dieses laute und unangenehme Geräusch (der
konditionierte Reiz) brachte Albert zum Weinen.
• Nach sehr wenigen Wiederholungen begann das Kind beim
Anblick der Ratte sofort zu weinen, schon bevor der Lärm
ertönte. Watson hatte dem Kind eine "experimentelle
Neurose" konditioniert.
Kognitionstheorie
• Die kognitiven Theorien der Angstentstehung betonen, dass die emotionalen
Konsequenzen, die aus der Verarbeitung
eines Reizes gezogen werden, zu Angst
führen können.
• Angst entsteht, wenn wir das Gefühl haben,
eine Situation nicht mehr unter Kontrolle zu
haben („interner Kontrollverlust“).
• Das daraus resultierende Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit kann dauerhaft fixiert
werden („gelernte Hilflosigkeit“ mit beständiger, habituierter Ängstlichkeit).
Ängste nach Altersphasen geordnet
1. Lebensjahr
• Individuell variierende angeborene Ängstlichkeit (nicht
nur vom Angst-Gen abhängig)
• Reflexartig wendet sich das Kind ab, wenn eine
Reizkonfigurationen ein bestimmtes Ausmaß an
Intensität überschreitet (Startle-Reflex oder
Schreckreaktion)
• Behutsamer Ausbau der Orientierungsreaktion und
Tragen am Körper wirken beruhigend und sind
präventive Maßnahmen
• Trennungsangst – sichere Bindung: weniger Angst
(Bonding!)
• Angst vor Abgründen (visuelle Klippe-Experiment) –
Höhen- und Tiefenangst angeboren?
Ängste nach Altersphasen geordnet (2)
Weitere frühe Kindheit (2. und 3. Lebensjahr)
•
•
•
•
•
Häufiger Wechsel der Bezugsperson
Gewaltförmige Übergriffe
Physische Schmerzen
Katastrophen (Krieg, Erdbeben)
Alltagsstressoren (Lärm, visuelle Reizüberflutung, permanent
wechselnde soziale Settings, Diskontinuität der Betreuung)
• Harsche Forderung bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben:
Abstillen, Sauberkeitserziehung, Abnabelung der Symbiose
• Trotzphase: Wut kann sich in Angst umwandeln, wenn die
Erwachsenen die Wut zu brechen versuchen
• Eintritt in die Krippe oder/und die Kindertagesstätte (kritisches
Lebensereignis?)
Ängste nach Altersphasen geordnet (3)
Weitere frühe Kindheit (4.-6. Lebensjahr)
• Angst vor Dunkelheit
• Angst vor unrealistischen Gefahren
(Gespenstern, Einbrecher, Monster
• Angst einflößende Erziehung?
• Leistungsängste
• Insgesamt betrachtet ist diese Phase ein relativ
angstfreier Entwicklungsabschnitt
Ängste nach Altersphasen geordnet (4)
Grundschuljahre
• Schuleintritt als kritisches Lebensereignis
• Schulängste und ihre Gründe (bis zu Mobbing)
• Wechsel und Diskontinuitäten (Wohnortwechsel und
neue Klasse, neue Lehrerin
• Lernstoffbezogene Probleme: Prüfungsangst (Angst
blockiert das Denken und Gedächtnis)
• Mutige Mädchen – ängstliche Jungen
• Ängste bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben
(Selbstkonzept, Geschlechtsidentität, Gewissensbildung,
soziale Integration in Gruppen und Cliquen)
Ängste nach Altersphasen geordnet (5)
Pubertät und Adoleszenz (10-19 Jahre)
• Ängste bei den sich vollziehenden körperlichen
Veränderungen
• Ängste bei der Aneignung der Geschlechtsrolle
• Ängste beim Aufbau von Freundschaften - Angst vor
Akzeptanzverlust im Kreis der Gleichaltrigen
• Ängste bei der Ablösung von Eltern
• Ängste bei der Aufnahme von intimeren Partnerbeziehungen
• Ängste bei der Entwicklung von Vorstellungen über
Zusammenleben
• Berufslaufbahnbezogene Ängste
• Ängste beim Aufbau eines realistischen Selbstbildes
Ängste nach Altersphasen geordnet (6)
Junges Erwachsenenalter (20-39 Jahre)
• Berufsbezogene Ängste (Arbeitslosigkeit)
• Auf die Partnerwahl bezogene Ängste
(Bindungsangst der Männer?)
• Partnerschaftsgestaltung und darauf
resultierende Ängste (Angst vor Selbstöffnung
und Intimität der Männer)
• Ängste von Frauen über 30 (Torschlusspanik)
• Auf die Elternschaft bezogene Ängste
• Angst, im Zentrum der Aufmerksamkeit vieler
Personen zu stehen (Lampenfieber)
Ängste nach Altersphasen geordnet (7)
Mittleres Erwachsenenalter (40-59 Jahre)
• Karrierebezogene Ängste
• Ängste des Klimakteriums
• Ängste in der Midlife-Krise (Gesundheit und
Leistungsfähigkeit)
• Ängste in Partnerschaftskrisen (vorm
Verlassenwerden)
• Ängste in der empty nest-Phase
• Ängste in Verbindung mit der Versorgung der
eigenen Eltern und Schwiegereltern
Ängste nach Altersphasen geordnet (8)
Höheres Erwachsenenalter (ab 60 Jahre)
• Ängste vor dem Renteneintritt/Beginn des
Ruhestands/Übernahme der Seniorenrolle
• Angst vor Statusverlust
• Angst vor Kompetenzverlust
• Angst vor Verlust der ökonomischen Selbständigkeit
(Altersarmut)
• Angst vor Verlust von körperlicher Selbständigkeit
(Abhängigkeit, Pflegebedürftigkeit)
• Angst vor Krankheit
• Angst vor Sinnreduzierung (Sinnentleerung)
• Angst vor der Endlichkeit des Lebens, vor dem Sterben und
dem Tod
Ängste über die Lebensspanne betrachtet
• Mechanismen des Angsterwerbs ändern sich (alte Ängste
erscheinen in neuen Gewändern)
• Kontinuität und Diskontinuität von Angst (Transitionen,
nichtnormative kritische Lebensereignisse)
• Individuelle Angstbiografie (Angstschicksal): Umstände und
Vorkommnisse bestimmen dieses Schicksal
• Zeitabhängigkeit und Kulturspezifität von Ängste
(Zivilisationsängste)
• Angst als Lust (Thrill-Süchtige und Adrenalinjunkies)
• Wege aus der Angst (Religion, Reduzierung der persönlichen
Betroffenheit)
• Medien als Verstärker vieler neuen Ängste (Berichte über
Seuchen, Krisen, Unwetter: Katastrophenjournalismus)
• Unsere Gegenwart: Zeitalter der Angst? Angst-Epochen der
Vergangenheit (Revolutionen, Kriege, Vulkanausbrüche)
Angst und Stress
• Angst und Stress sind körperlich dasselbe!
• Die Angstreaktionskette läuft schneller ab: Über den
Sympathikus-Nerv wird das Nebennierenmark aktiviert,
welches innerhalb von Sekunden eine Mischung von 80
Prozent Adrenalin und 20 Prozent Noradrenalin ausschüttet.
• Die Stressreaktionskette läuft langsamer ab: Der
Hypothalamus reagiert auf Stress mit der Ausschüttung von
CRH (Corticotropin freisetzendes Hormon). Das Hormon CRH
stimuliert die Hypophyse zur Ausschüttung von ACTH
(Adrenocorticotropes Hormon). ACTH wiederum regt die
Nebennierenrinde zur Ausschüttung von Glukokortikoiden
(Kortisol und Kortison) an. Diese wirken regulierend auf den
Fett-, Kohlenhydrat- und Eiweißstoffwechsel (Stress hält
schlank).
• Positiver Stress (Eustress) und negativer Stress (Distress)
sind eine Sache der subjektiven Attribuierung!
Angst und Stress (2)
• Wenn die sekundenschnell aufgebauten Adrenalinund Noradrenalin-Niveaus nicht hinreichend schnell
wieder abgebaut werden,
• kann sich langfristig eine Erhöhung des allgemeinen
Erregungsniveaus aufbauen, die das Gleichgewicht
des Körpers zerstört:
• Dadurch können schon mittlere und leichte Reize
eine neue Angstreaktion auslösen, die die
Angstschwelle immer deutlicher überschreitet.
• Ein Teufelskreis, der die Angstbereitschaft ständig
weiter erhöht!
Messung von Angst
• Physiologische Symptome (Herzrasen,
Zittern, Pupillenerweiterung, Schwitzen,
Starre, eingeschnürter Brustkorb u.v.m.)
• Hormonelle Veränderungen
• Verhaltensbeobachtung (Gestik, Mimik,
Stimme)
• Befragung (Beschreibung aufgrund von
Selbstbeobachtung)
Normale Angst – krankhafte Angst
• fließende Grenzen
• wenn Vermeidungsverhalten beginnt
• wenn physiologische und psychologische
Begleiterscheinungen massiver werden
• Krankhafte Ängste oder Angststörungen:
-Angst vor der Angst (Erwartungsangst)
- Phobien
- generalisierte Angststörungen
- Zwangsstörung
- akute Belastungsstörung
- posttraumatische Belastungsstörung
Verantwortungsvoller Umgang mit
den Ängsten unserer Kinder
• Liebe, Nähe, Sicherheit - wenn Ihr Kind dies bei Ihnen
spürt, haben Sie ihm schon sehr geholfen.
• Stärken Sie sein Selbstbewusstsein, dann ist für viele
Ängste kein Platz mehr. Nehmen Sie die Ängste Ihres
Kindes ernst und suchen Sie gemeinsam nach
Lösungen.
• Bei der Frage nach Krieg und Tod möchten Kinder
einfache und klare Antworten und vor allem das Gefühl,
dass es in Krisenzeiten nicht allein sein wird.
• Sie werden überrascht sein, wie kreativ Kinder sind,
wenn es darum geht, Lösungen und Rituale gegen die
Angst zu finden.
Verantwortungsvoller Umgang mit
den Ängsten unserer Kinder (2)
• In der frühen Kindheit lassen sich die meisten Monster und
Kobolde spielerisch verjagen: beispielsweise durch Talismane,
Glückssteine und andere Kraftspender, indem man sie malt oder
im Puppen-/Rollenspiel darstellt und erlegt.
• Die gemeinen Ungeheuer zu malen, zu spielen und danach über
sie zu reden, hilft fast immer, ihnen etwas von ihrer
Bedrohlichkeit zu nehmen.
• Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie mit Ihrem Latein am Ende
sind und die Angst stärker ist und Ihr Kind nachhaltig
beeinträchtigt, dann suchen Sie Hilfe.
• Möglicherweise können Ihnen Erzieher/innen bzw. Lehrer/innen
wichtige Hinweise geben, und Ihnen gegebenenfalls den Kontakt
zu Erziehungsberatungsstellen oder Kinderpsychologen
vermitteln.
Ein hohes Erregungsniveau kann Angst
auslösen – Deshalb gilt: Reize dosieren!
• Angst und Erregung scheinen eng miteinander verbunden zu sein.
Zuviel (äußerliche oder innerliche) Erregung kann Angst auslösen.
• Säuglinge bis zur zehnten Lebenswoche scheinen über eine Art
„passiven Reizschutz“ zu verfügen.
• Anschließend müssen sie lernen, das für sie gesunde Maß an
Reizen selbst mit herzustellen („aktiver Reizschutz“).
• Möglicherweise drücken die sogenannten „Dreimonatskoliken“
nichts anderes aus als die Schwierigkeit des Säuglings, mit Reizen
aus seinem Körperinneren (und von außen) zurecht zu kommen.
• Überreizungen spielen sich häufig auch abends ab, wenn
berufstätige Eltern ihrem Kind noch einmal ihre ganze Liebe zeigen
wollen. Sie brauchen sich dann nicht zu wundern, wenn das Kind
nicht zu Bett gehen will und kaum einschlafen kann.
• Unterstützen Sie alle deshalb Bemühungen Ihres Kindes,
Reizangebote auf ein ihm angenehmes Maß zu regulieren.
Hinter auffälligem Verhalten kann sich
Angst verbergen
• Uns Erwachsenen fällt es oft schwer, unsere eigenen Ängste
als solche zu erkennen.
• Manchmal lassen wir uns wegen Herzrasen, Schweißausbrüchen oder Muskelverspannungen behandeln, obwohl
die eigentliche Ursache „Angst“ ist.
• Ängste von Kindern zu erkennen, ist zuweilen auch nicht
leichter.
• Hinter folgenden Verhaltensweisen kann sich Angst
verstecken: Ausweichen und Vermeiden von Situationen;
ablehnendes, aggressives und forderndes Verhalten;
Zwangshandlungen und Zwangsgedanken, Ein- und
Durchschlafstörungen, Anklammern und Protest bei
Trennungen, körperliche Beschwerden (wie Bauchweh,
Herzstiche, Atemnot); regressives Verhalten, wie Bettnässen
oder Stottern.
Es gibt keine Patentrezepte: Jedes Kind
ist anders! Trotzdem einige Tipps
• Eigene Ängste nicht weitergeben, sondern selbst
bewältigen
• Durch „Lust an Neuem“ der „Fremdenangst“
vorbeugen
• Gelassen mit „Dreimonatskoliken“ umgehen
• Trennungsängsten durch Betreuernetz vorbeugen
• Den Umgang mit Aggression erleichtern
• Besonders mit nächtlichen Ängsten einfühlsam
umgehen
• Auf Schulangst differenziert reagieren
• Krankheitsängste verringern
Verantwortungsvoller Umgang mit
unseren eigenen Ängsten
• Beachten der Angst (nicht unterdrücken und verdrängen,
sondern gefühlsmäßig zulassen!)
• Verstandesmäßiges Ausloten der Angst:
-
In welcher Situation tritt sie auf?
Warum habe ich mich geängstigt?
Was habe ich als bedrohlich erlebt?
Wie (oder wo) fing die Angst an?
War es zunächst eine körperliche Empfindung oder von Anfang an ein Gefühl?
Welche Gedanken und Vorstellungen gingen mir dabei durch den Kopf?
Gibt es Verbindungen zu ähnlichen früheren Situationen?
In Welcher körperlichen Verfassung befand ich mich?
Wer war dabei? Wie wirkte ich auf die Anwesenden?
Wie habe ich mich verhalten? Wie haben sich die Anwesenden verhalten?
Wie habe ich meine Fassung wiedergewonnen?
Was kann ich mich daraus lernen? Welche Konsequenzen ziehe ich für die
Zukunft?
Wie werde ich mich verhalten, wenn ich so etwas Ähnlices noch einmal
erleben?
Verantwortungsvoller Umgang mit
unseren eigenen Ängsten
Externe und interne Schutz- und
Risikofaktoren
1. Externe Schutzfaktoren
- Gute tragfähige Beziehungen
- Partnerschaftliche Interaktionen
- Positive Bindung zu Bezugspersonen
- Offene, vertrauensvolle Kommunikationsmuster
- Qualitativ hochwertige soziale Netzwerke
- Niedriges privates und berufliches Stressniveau
- Wohnsituation
- Ökonomische Situation
Verantwortungsvoller Umgang mit
unseren eigenen Ängsten
Externe und interne Schutz- und
Risikofaktoren
1. Externe Risikofaktoren
- unzuverlässige, unberechenbare Bezugspersonen
- Aktuelle Konflikte, Belastungen, Probleme
- Unsichere Bindungen
- minderwertiges soziales Netzwerk
- Trennungen und andere kritische Lebensereignisse
- andauernde stressreiche, angespannte private und
berufliche Situationen
Verantwortungsvoller Umgang mit
unseren eigenen Ängsten
Externe und interne Schutz- und
Risikofaktoren
1. Interne Schutzfaktoren
- gerínge Ängstlichkeit
- ausgeglichenes Temperament
- Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Resilienz
- gesunder Schlaf
- gesunde körperliche Verfassung
- optimistische Grundhaltung
- positives Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen
Verantwortungsvoller Umgang mit
unseren eigenen Ängsten
Externe und interne Schutz- und Risikofaktoren
1. Interne Risikofaktoren
- hohe angeborene Angstbereitschaft
- unterdurchschnittliche Belastbarkeit
- aktuelle Instabilität (ungelöste Entwicklungsaufgabe)
- pessimistische Grundhaltung
- schlechte körperliche Verfassung
- niedriges Selbstwertgefühl, geringes Selbstvertrauen
- unterdurchschnittliche Flexibilität, Rigidität
Angst und Geschlecht
• Aktive oder soziale Bewältigungsmuster
bei Mädchen und Frauen (Fleiß und
Anstrengung, Sich austauschen)
• Autonome Bewältigungsmuster bei
Jungen und Männern (Verweigerung und
Aggression)
• Größere weibliche Angstbereitschaft und
Ängstlichkeit (Geschlechtsrolle)
Frauenängste - Männerängste
Angst zu selbstbewusst zu
sein, zu gut zu verdienen
Angst zu versagen (Beruf, im
Bett)
Angst in schlechten Ruf zu
geraten
Angst nicht attraktiv genug
zu sein
Angst körperlich zu altern
(Attraktivitätsverlust)
Angst vor Einsamkeit
Angst vor dem Fremdgehen
der Partnerin
Angst sich vor Freunden zu
blamieren
Angst sich zu öffnen
Angst sich falsch zu
entscheiden
Angst vor körperlicher und
psychischer Schwäche
Angst vorm Älterwerden
Download und Literaturhinweis
• Die Powerpoint-Präsentation „Keine Angst vor
der Angst - Kinderängste verstehen und
bearbeiten“ steht zum Download auf meiner
Webseite bereit:
www.hartmut-kasten.de
• Buchtipp: Mein Buch „Keine Angst vor der
Angst – Ängste im Laufe unserer Lebens“ ist
im Primus-Verlag und in der Wissenschaftlichen
Buchgesellschaft erschienen
Herunterladen