Augenbewegungen Dozent: Dr. Schütz Seminar: Visuelle Wahrnehmung & Sinnesphysiologie Referent: Torsten Marquardt Gliederung I. Zielgerichtete Augenbewegungen 1) 2) Einführung Eigenbewegungskompensierende Augenbewegungen Warum zielgerichtet? 3) 1) 2) 4) 5) 6) Sakkaden Langsame Augenfolgebewegungen Augenbewegungen & Wahrnehmung Klausurfragen Quellenangaben Einführung • Augenbewegungen dienen dem Sehen durch – Stabilisierung des Bildes der visuellen Umwelt (eigenbewegungskompensierend) – Platzierung eines interessierenden Objektes auf der Fovea (zielgerichtet)* Einführung • 3 Freiheitsgrade der Bewegung, Rotationen um – Gier-* (Z) – Hoch- (X) – Rollachse (Y) 2) Eigenbewegungskompensierende Augenbewegungen • Aufgabe: Ausgleichen der Bildverschmierung bei Eigenbewegung • Benötigte Info: – Meldungen aus dem Gleichgewichtsorgan (vestibulär) – Visuelle Meldungen über retinale Bildverschiebungen • Optokinetischen Reflexe (OKR) kompensieren langsame & anhaltende Eigenbewegungen, auf die vestibuläre Sensoren unzureichend reagieren 2) Eigenbewegungskompensierende Augenbewegungen • Bedeutung erst bei Ausfall des Gleichgewichtsorgans sichtbar: – Betroffene können während des Gehens keine Verkehrsschilder lesen – Vestibulär vermittelte bildstabilisierende Reflexe fehlen -> ständige Bildverschmierung beim Gehen – Latenz (Verzögerung) von 50ms bei visueller Meldung verhindert klares Erkennen in der Bewegung – Erst Stehenbleiben führt zur Bildstabilisierung 2.1) Eigenbewegungsillusion • Eigenbewegungen führen zu Bildbewegung im ganzen Sichtfeld => langsame Folgebewegungen der Augen • An mechanischer Grenze: schnelle Rückstellbewegung (Sakkade, s.u.) => sägezahnartiges Augenbewegungsmuster • nach einigen Sekunden Gefühl der Eigenbewegung „Vektion“ • Kommt optokinetischer Reiz nicht von Eigenbewegung, sondern von Bewegung i.d. Außenwelt Eigenbewegungsillusion • Bsp.: Bahnhof, Nachbarzug fährt los, eigener steht noch 3) Warum zielgerichtete Augenbewegungen? • Räumliches Auflösevermögen nur im fovealen Gesichtsfeld sehr hoch • Daher genaue Ausrichtung erforderlich – Stationär: • Ausrichtung auf stationäres Objekt =Fixation • schnelle kurze Augenbewegungen, bei Wechsel des Ziels =Sakkaden – Bewegung: • Zunächst durch Sakkaden fovealisiert • Anschließend langsame, glatte Augenfolgebewegungen zur Haltung in der Fovea (s.u.) • Ist dies unzureichend (zu hohe Geschwindigkeit) =>Aufholsakkaden um Bild in der Fovea zu halten bzw. dorthin zurückschieben • Beide durch Kopf- & Körperbewegungen ergänzbar Sakkaden 3.1) Sakkaden • Augenbewegungen mit hoher Geschwindigkeit & kurzer Dauer • „ballistische Bewegung“ 3.1) Sakkaden „ballistisch“ nur oberflächlich korrekt, tatsächlich erfolgt interner Abgleich zwischen Ist- & Soll-Augenposition – solange bis Zielposition erreicht ist – nicht visuell, sondern per internem Kreislauf generiert R=Position des Zielbildes auf der Retina P=momentane Augenposition G= gewünschte Amplitude der Sakkade 3.1.1) Sakkadisches Lernen • Visuelle Info -durch hohe Verzögerungirrelevant bei Ausführung der Sakkade • aber wichtig für Bewertung ihres Erfolgs ->Feinjustierung der Zielgenauigkeit • Sakkadisches Lernen in der posterioren Vermis, Teil der Kleinhirnrinde, verankert • bei Schädigung: Verlust dieser Lernfähigkeit, unwiderruflich 3.1.1) Sakkadisches Lernen • Während Sakkade auf Blickziel ausgeführt wird, wird Blickziel in Richtung der Sakkade verschoben • Verschiebung des Blickzieles während der Sakkade wird nicht wahrgenommen =>sakk. Suppression • Sakkade greift zu kurz >Korrektursakkade nötig • nach einem Dutzend solcher Versuche schießt Sakkade voreilig über die initiale Lage hinaus ->sakkadisches Lernen erfolgt 3.1.1) Sakkadisches Lernen • • • • • A: vor Verschiebung B: nach Verschiebung C: Anpassung D: Extinktion E: Normalzustand 3.1.2) Express-Sakkaden • Initialsakkade nicht ausreichend Korrektursakkade nötig • Latenz geringer als bei 1. Sakkade, da – Entschluss zum Blickwechsel schon gefasst – Fixation des alten Ziels schon unterbrochen • Beleg: Express-Sakkade: – Fixationsziel wird 200ms vor Erscheinen des Sakkadenziels entfernt =>verringerte Latenz der Sakkaden (80130ms) 3.1.3) „Main-sequence“ • Je größer die Amplitude der Sakkade, desto höher ihre Geschwindigkeit & Dauer =>keine willkürliche Veränderung möglich 3.1.4) Gedächtnisgeführte Sakkaden • Sakkade erfolgt normal von Fixationsziel zu sichtbarem Ziel • Wird kurz peripheres Blickziel gezeigt, Sakkade aber erst ms / Sek. später erlaubt, wird auf räumlichen Kurzzeitspeicher zurückgegriffen • Ähnliche Main-sequence-Charakteristik wie visuell, aber 10-20% langsamer 3.1.5) Antisakkaden Augen werden in spiegelbildliche Position zu peripherem Ziel bewegt 3.1.6) Sakkadenformen Langsame Augenbewegungen 3.2) Langsame Augenbewegungen • Bewegt sich das durch Sakkade fovealisierte Objekt ->Notwendigkeit, das Auge mitzubewegen • Geschwindigkeit muss angepasst werden ->Leistung eines Regelkreises zur Minimierung der Geschwindigkeit der retinalen Bildverschiebung 3.2) Ablauf • „Open-loop“-Phase: zu Beginn der Zielbewegung bleibt das Auge stationär, retinale Bildverschiebung bleibt unkompensiert • Augenbewegung setzt nach ~100ms verzögert ein, wesentlich durch visuelle Verarbeitung bedingt =>Initialphase (Dauer identisch): Augen bewegen sich aufgrund visueller Info aus der Open-loop-Phase • Danach Closed-Loop-Phase: Minimierung der retinalen Bildverschiebung ->Eingangssignal des Regelkreises 3.2) Langsame Augenbewegungen • bei 2 Objekten beeinflussen beide die Augenbewegungen – folgen dem vektoriellen Mittel der Bewegungstrajektoren – Selektion von 1 Objekt folgt verzögert – Augen folgen dann nur diesem 3.2) Langsame Augenbewegungen • Langsame Augenbewegungen sind an Präsenz eines bewegten Bildes auf der Retina gebunden – Bei Dunkelheit keine langsame gleitende Augenbew. möglich • Allerdings auch mit Schall oder taktilen Reizen durchführbar • Multimodal definierte Objekte können besser verfolgt werden (Loop-Regelkreis also unzureichende Erklärung) • Bsp.: Hand streicht über anderen Arm: optisch+taktil+Efferenzkopie d. motor. Kommandos 3.2) Langsame Augenbewegungen • Verschiedene Arten von Folgebewegungen 3.2.1) Augenfolgebewegungen ohne nennenswerte retinale Bildbewegung periodisch bewegtes Ziel – Blickziel kann ohne Verzögerung verfolgt werden – Periodischer Charakter wird zur Prädiktion genutzt um Verzögerungen zu vermeiden • Wurzelt in sensorischer Analyse visueller Bewegung • Beinhaltet – Ablage ermittelter Bewegungstrajektorie in Gedächtnisspeicher – Extrapolation d. Trajektorie i.d. Zukunft – Ständigen Erfolgsabgleich mit Speicherinhalt -> Wohl Leistung des präfrontalen Kortex 3.2.1) Augenfolgebewegungen ohne nennenswerte retinale Bildbewegung • Prädiktion 4) Augenbewegungen & Wahrnehmung • • • Durch Bevorzugung ausgewählter Objekte tritt restliche Szenerie in den Hintergrund Sakkaden & langs. Augbew. führen zur Verschiebung von diesem Um die Verschiebung nicht als Bewegung der Welt zu interpretieren – 2 Lösungen: – Sakkaden (vereinfacht) • Sensitivität d. Teile d. visuellen Systems, die Bewegunsinfo vermitteln, wird reduziert –sakk. Suppression – Langsame Augenbewegungen • Differenzvergleich von retinaler Bildverschiebung & internem Referenzsignal ->Grundlage der Wahrnehmung (Refsig.=Schätzung des Maßes an retinaler Bildverschiebung, die Folge der Augenbewegung ist) • Vergleich zeigt wie viel die Augenbewegung zur Bildverschiebung beigetragen hat • Insuffizientes Referenzsignal ->illusionäre Bewegung der Welt „Filehne-Illusion“ während der Augenfolgebewegung 4.1) Ortskonstanz von Gesehenem: • Trotz ständiger Änderung der Lage einzelner Ziele durch Augenbewegungen besteht stabiles Weltbild • Möglich durch Übertragung auf kopfzentriertes Koordinatensystem, das – retinale Vektoren (Lage der Bildpunkte auf der Retina) – Augenpositionsvektoren (Stellung Augen – Kopf) addiert 5) Klausurfragen • Wie dienen Augenbewegungen dem Sehen? • Was für Formen zielgerichteter Augenbewegungen gibt es? Quellenangaben • Karnath, H.O., Thier, P.: Neuropsychologie. Springer Verlag • www.wikipedia.de ; Stand: 10.07.2009 • http://www.augeonline.de/Wissenswertes/Aufbau/aufbau.html ;Stand: 09.07.2009 • http://www.glaukom.de/index.php ;Stand 09.07.2009 • http://www.springerlink.com/content/qu80806012 73g60m/ ;Stand: 11.07.2009 • http://www.youtube.com/watch?v=6GliSCGkpZ4 ;Stand 09.07.2009