Verhaltenstherapie im Alter

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Verhaltenstherapie im Alter
G. Gatterer
Psychologisch-psychotherapeurische Ambulanz
Geriatriezentrum am Wienerwald
[email protected]
www.drgatterer.at.tt
Aspekte des Alterns
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Kalendarisches Alter
Biologisches Alter
Psychologisches Alter
Soziales Alter
Ökologischer Aspekt
Systemischer Aspekt
Theorien zum Altern
• Biologische Theorien (Molekular, Zelle,
Genetik, Zellstoffwechsel, Organe,
Organismus)
• Psychologische Theorien (Aktivitätstheorie,
Austauschtheorie, kognitives Modell,
Kompetenzmodell, Kontinuitätstheorie)
• Ökologisches Modell
Definition Verhaltenstherapie
Alle Therapieformen, die sich in der Methodik an
den Ergebnissen der empirischen Lernforschung,
der allgemeinen experimentellen Psychologie,
Sozialpsychologie, Psychophysiologie
(Verhaltensmedizin) und anderen
wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren.
„Pathologische“ Verhaltensweisen entstehen nach
den selben Gesetzesmässigkeiten wie „normale“;
Lernprozesse
Grundüberlegungen zu
Psychotherapie im Alter
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Beobachtung des Verhaltens
Aufbauend auf Diagnostik
kognitives Niveau (Ressourcen)
Individuell (Biografie)
Kontinuierlich
Integration in Gesamtbehandlungskonzept
Integration der Angehörigen
Flexibilität des Therapeuten
Gesundheit und Krankheit im
Alter
Was ist pathologisch und was stört
uns nur?
Definition Gesundheit/ Krankheit
(Normalität)
Medizinisches Sichtweise;
Statistisches Sichtweise;
Subjektive Sichtweise
Medizinische Sichtweise
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Fehlen von Krankheiten
Angabe von Normwerten
Kriterium der „Funktionsfähigkeit“
Definition von Kht. durch Symptome
Probleme durch „Alternsveränderungen“
Fehlen von Normwerten für normales Alter
Problem soziale Normen/Psychische Krankheiten
Statistische Norm
• Vergleichsgruppe als Maß
• Statistische Abweichung
• Problem der „Normalität von Krankheit“ im
Alter
• Sind alterskorrelierte Veränderungen und
Beeinträchtigungen normal?
• Problem der „Abweichung von Norm“
• Unterschiedliche Normen
Subjektive Sichtweise
• Subjektiv empfundene Einschränkungen
und deren Wertigkeit
• Abweichung von subjektiver Norm
• Problem der Vergleichbarkeit
• Wertigkeit durch Betroffenen definiert oft
ohne Krankheitswert
• Subjektives Altern/Bewertung
Allgemeine Problembereich
• Wann ist man „normal“ und „gesund“ im Alter?
• Wann Therapie notwendig?
• Unterschiedliche Sichtweisen der Wertigkeit für
Altern
• Nicht „krankheitswertige“ Veränderungen z.B.
Schlafdauer
• „Normale“ Leistungsfähigkeit (Verlangsamung,
Gedächtnis,...)
• Biologische Parameter (RR, Diabetes,....)
Psychische Normalität
• Definition über:
–
–
–
–
–
–
Verhalten
Häufigkeit und Intensität
Kontext
Soziale Normen
Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit
Leiden des Betroffenen (oder der Umwelt)
• Veränderungen unterworfen
• Systematische Beschreibungen (ICD; DSM)
Normalität
Verhalten
Stimmung
Antrieb
Denken
Schlaf,.....
Über normal
normal
Nicht „normale“
oder nicht erklärbare
„Symptome“
z.B. Halluzinationen
individuell
auffällig
pathologisch
grenzwertig
Die Bewertung der Bereiche erfolgt nach „zu viel“ oder „zu wenig“
Behandlungsbedürftigkeit
• Auf Wunsch des Patienten (Leidensdruck)
• Im Auftrag der Gesellschaft
(Zwangsbehandlung bei Selbst- und/oder
Fremdgefährdung)
• Auf Wunsch der Gesellschaft, da Mensch
stört?
Problembereiche
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Grundbedürfnisse (Essen, Schlafen,....)
Wünsche
Einstellungen
Verhaltensweisen (Rauchen, Alkohol, Drogen,...)
Institutionelle Normen
Gesetzliche Vorschriften
Individuelle Sichtweisen
Beispiel
• Demenzkranker Bewohner geht viel herum
und öffnet alle Türen
• Ist das Krankheitswertung und muss
behandelt werden?
• Kann es gegen seinen Willen erfolgen?
• Wo liegen die Grenzen?
Bespiel alkoholkranker Mensch
• Trinkt zu viel Alkohol und randaliert
• Kriterium der Selbst- und
Fremdgefährdung?
• Situativer Kontext (Polizei vs. Psychiatrie)
Abschließende Bemerkungen
• Rahmen für „Pathologie“nicht immer klar
definierbar
• Psychiatrie kann nur bei Selbst-bzw.
Fremdgefährdung gegen Willen behandeln (nur
akut)
• Individualitäten sind auch bei Demenzkranken,
wenn keine eindeutige Pathologie,
(Halluzinationen, Wahn, ...) kein Kriterium für
Behandlung gegen den Willen
• Sicherheitsbeschränkende Maßnahmen müssen
dokumentiert und begründet werden
Aspekte der Behandlung
• Biografischer Aspekt (Lebensgeschichte/
Konflikte)
• Situativer Aspekt (aktuelle Situation)
• Personaler Aspekt (subj. Verarbeitung)
• Sozialer Aspekt
• Kontextueller Aspekt (Umweltfaktoren)
Ziele psychotherap. Maßnahmen
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Stabilisierung des Krankheitsbildes
Verbesserung in Teilbereichen
Ausnützen der Ressourcen
Erhöhung der Kompetenz/Autonomie
Erhöhung der Lebenszufriedenheit
Bessere Integration
Unterstützung anderer Maßnahmen
Bereiche
• Prävention (Gerontoprophylaxe):
Informationen, Training, Vorbereitung „use
it or loose it“
• Rehabilitation: Behandlung und Wiederherstellung
• Management funktionaler Restzustände:
Cooping und Management bei irreversi-blen
Störungen
Probleme bei Psychotherapie im
Alter
• Von Seiten des Therapeuten
–
–
–
–
–
„Defizitmodell“
Eigene Einstellung zum älter werden
Angst, der Patient könnte sterben
Umkehrung der Übertragungskonstellation
Reaktivierung eigener Konflikte mit Elterngeneration
– Abwertende Vorurteile von Fachkollegen
Probleme (Therapeut II)
– Multimorbidität
– primär organische Sichtweise
– Notwendigkeit der Modifikation des
therapeutischen Ansatzes entsprechend der
Bedürfnisse und Ressourcen des älteren
Menschen
– Änderung der Zieldefinition
Probleme
• Vom Patienten
–
–
–
–
Angst vor Neuem und Unbekanntem
Primär organisch/medizinische Ausrichtung
erschwerter Zugang zur Psychotherapie
Einstellung der Betroffenen zum Alter als
Schicksal (Unveränderbarkeit)
– Störungsbilder oft nicht eindeutig
klassifizierbar
Probleme
• Von der Therapiemethode
– Änderung der therapeutischen Zielsetzung
(Wiedererlangung/Stabilisierung der
psychosozialen Autonomie)
– Modifikation der Methode
– Interdisziplinäre Sichtweise (Kooperation)
– Fehlende Effizienznachweise
– Fehlende Ausbildung der Therapeuten im
Bereich Gerontologie
Psychische Störungen im höheren
Lebensalter
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Demenzen
Depressionen
Suicid
Neurotische-, Belastungs- und somatoforme
Störungen
• Psychische und Verhaltensstörungen durch
psychotrope Substanzen
• Persönlichkeitsstörungen
(Lern)Theorien
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Klassisches Konditionieren (Reflexe)
Operantes Konditionieren (Verstärker)
Kognitives Lernen (Wiederholung)
Modelllernen (Beobachtung)
Emotionales Lernen
Sozialpsychologische Aspekte (Attributionen)
Systemische Ansätze
Schemata
Ursachen der Depression im
Alter
• Endogene Ursachen (Neurotransmitter)
• Somatogene Ursachen (Krankheiten,
Medikamente)
• Psychogene Ursachen (reakt. Depression)
Im Alter oft Kombination verschiedener
Faktoren, unspezifischer, von körperlichen
Krankheiten überlagert. Symptome oft
verwaschen und mit „alt“ assoziert.
Psychologische Theorien zur
Depression
• Verstärkertheorie
• Gelernte Hilflosigkeit
• Kognitive Modelle
– Auslöser-Kognition-Bewertung-GefühlVerhalten
– Attributionen
– Schemata
Verhalten ist Resultat von
Biologischem Substrat
Psychischen
Faktoren
Verhalten
sozialen
Faktoren
Ökologisch/kontextuellen Faktoren
Globales Modell
Intern
Auslöser
Wahrnehmung
Verarbeitung
Erfahrung
en,
Normen,...
Bewertung
extern
Situation
Reaktion Konsequenz
Verhaltenstherapeutisches
Vorgehen
Diagnostik
Gespräch
Verh. Analyse
Funkt. Bed. Modell
Psych. Störung
Psychometr.
Untersuchung
Motivation
Therapie
Kogn. Störung
Evaluation
Verhaltensanalyse
• Analyse der aktullen Problemsituation auf
– Makroebene: Systemebene (Genese und
Aufrechterhaltung unter Berücksichtigung der
Familiengeschichte, Lerngeschichte, Persönlichkeit,
etc.)
– Mikroebene: Symptomebene
Stimulus - Organismusvariable - Reaktion - Konsequenz
• Erhebung von Regeln, Normen und kognitiven
Schemata
Problemanalyse
Psychologische Theorien
Behandlung
• Aktivitätstheorie
Aktivierung
• Kognitive Alternstheorie
kognitive
Umstrukturierung
• Kompetenzmodell
Ressourcenorientierung
• Kontinuitätstheorie
Lebensstile/ Biografie
• Ökologisches Modell
Umweltgestaltung
Verhaltenstherapie bei
Depressionen
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Mehrdimensional
Aktivitätsstraining/-aufbau
kogn. Umstrukturieren automat. Gedanken
Förderung sozialer Kompetenz
Genußtraining/Resensibilisieren
Wahrnehmungstraining
Milieutherapie
Analyse der Schemata
• Grundlage für Verhalten sind oft kognitive
Schemata (z.B. geliebt werden)
• Diese zeigen sich in Regeln und Normen
(z.B. angepasst sein)
• In Kognitionen (ich darf nichts sagen)
• Im Verhalten (sozial angepasster Mensch)
Praktisches Beispiel
• Frau M., 81 a, depressive Symptomatik mit
diversen Schmerzen seit Tod des Partners vor 8 a.
• Symptome: Schlafstörungen, verminderte Akt.,
Antriebsmangel, Appetitlosigkeit, Stimmung
depressiv, keine Lebensfreude
• Verhaltensanalyse: D. verstärkt bei Einsamkeit.
Zuwendung durch Kinder. Überfordert sich leicht.
Bespiel Fortsetzung
• Kognitionen: Ich kann nichts mehr, bin
schon zu alt. Warte auf Sterben.
• Verhalten: inaktiv, sucht Hilfe
• Emotionen: ängstlich, depressiv
• Physiologisch: Schmerzen, geringe
Belastbarkeit
• Schemata: Nur wer etwas leistet ist
wertvoll.
Therapie
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Analyse des Tagesablaufes
Strukturierung des Tagesablaufes
Wahrnehmungstraining
Umbewertung von „Erfolg“
Selbstverstärkung
Genuss ohne Leistung
Kombination mit SSRI
Ergebnis
• Verminderung der Depression (GDS)
• Vermehrt Aktivitäten ohne sich zu
überfordern
• Vermehrte soziale Kontakte
• Neue „Genüsse“ (Reisen, Heurigenbesuche,
….)
• Dauer 34 Sitzungen
VT-bei Demenzen
• Demenz: Multiple kogn. Defizite,
Verminderung zu früherer Leistung,
organische Ursache.
• Gruppen: Alzheimer,degenerat. Prozesse,
vask. Demenzen, Alkohol, sonstiges
• Veränderungen im Verhalten und Erleben
• Therapie: Medikamente, kogn. Training,
Milieu, Angehörigenbetreuung
VT bei Demenzen
Technik
Indikation
Verhaltensanalyse
Psychoedukation
Aktivitätenaufbau
Mod. Dysfunkt. Gedanken
emot. Bewältigung
Gedächtnishilfen/kogn.Train.
Problemlösen
Verh. Aufbau: Rollenspiele
alle Stadien
leicht/mittel
leicht/mittel
leicht
leicht
leicht/mittel
leicht/(schwer)
leicht
VT bei Demenzen
Technik
Indikation
Verh. Aufbau: Modellernen
Verh. Abbau: Shaping, Prompting,
Fading, Chaining
Token-Economie;
Time-Out
Kontingenzmanagement bei
Inkontinenz
Verh. Abbau: Stimuluskontrolle
Arbeit Angeh., Betreuer
leicht/mittel
leicht/mittel
schwer
mittel/schwer
mittel/schwer
alle Stadien
VT bei Demenzen Unterstützungen
Technik
Indikation
Neuropsychol. Training
Realitäts-Orientierungs-Training
Kompetenz-Training
Selbsterhaltungstherapie
Erinnerungstherapie
Biografiearbeit
Validation
Resensibilisierung, Remotivation,
Resozialisierung
leicht/(mittel)
leicht/mittel
leicht/mittel
leicht/mittel
leicht/mittel
leicht/(schwer)
alle Stadien
alle Stadien
VT bei Demenzen Unterstützungen
Technik
Indikation
Milieutherapie
Kunsttherapie
Musiktherapie
Bewegungstherapie/Tanz
alle Stadien
alle Stadien
alle Stadien
alle Stadien
RealitätsorientierungsTraining
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Verwendung einer ROT-Tafel
Anrede mit Namen
Realitätsnahe Aufgaben/alle Bereiche
dem kogn. Niveau angepaßt/aufbauend
spielerisches Erarbeiten
Verstärkung und Korrektur (Zusatzinfo.)
Verst. von Kommunikation
Integration Familie
Nicht-medikamentöse. Maßnahmen
bei kogn. Störungen
• Leben, lieben, laufen, lernen, lachen
• Training von Basisleistungen wie Flexibilität,
Koordination, Speed,…
• Neuropsychologische Therapien,
Gedächtnistrainings etc.
• Psychosoziale Maßnahmen
• Psychomotorik; Entspannung
• Psychotherapie
• Computertrainings
Logisches Denken
Umstellbarkeit
Fall: F.G. weiblich, 53a
• Dg.: Spast. Tetraplegie, 10 a im PH
• Ziel: Entlassungsvorbereitung
• Probleme: Selbständigkeit, Angst,
Hospitalismus, leichte kogn. Defizite
• Therapie
– Motivation für selbständiges Wohnen
– Funktionstraining (Koop. Ph.Therap.)
– Selbständigkeitstraining
Fall-Fortsetzung
– Entspannungstraining
– Aufbau von Selbstvertrauen und Selbstsicherheit/ Verstärkung
– Wohnungssuche und Adaptierung (DSA)
– schrittweise Ausgliederung in Whng.
– Problemlösetraing (Stürze, Krankheit,..)
– Entlassung und Nachbetreuung
Vorteile VT
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Gegenwartsorientiertheit
Anwendbarkeit durch Paraprofessionelle
Zerlegung komplexer Verhaltensweisen
Direkte, kontin. Beobachtung der Effekte
Effizienzbeurteilung
Breites Methodenrepertoire
Kombination mit anderen Therapieformen
Mögliche Probleme VT
• Zieldefinition
• Ethisch moralische Überlegungen bei
operanten Methoden bei Demenzen
• „Patentrezepte“
• Vernachlässigung individueller Situation
• Anpassung des Patienten an „schlechte“
Grundstrukturen anstelle deren Änderung
Grundlegende Philosophie
Jeder Patient, auch der ältere Mensch mit
schwerer Demenz ist „Kunde“ im Gesundheitswesen. Insofern sollten sich alle
getroffenen Maßnahmen an seinen
Grundbedürfnissen orientieren.
Ziel ist die bio-psychosoziale
Stabilisierung.
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