Nobelpreis 2007 Entdeckung des Riesenmagnetowiderstandes Prof. Dr. H. Bärwolff: Physik am Mittwoch 24.10.2007 1315 Raum 0.405 Der 23. Nobelpreis für Physik, 2007 geht an deutschen Forscher 2007 an P. Grünberg und A. Fert 1988 am Forschungszentrum in Jülich von Peter Andreas Grünberg entdeckt Agenda Einführung Physikalische Grundlagen Erläuterung des GMR-Effektes Anwendungen des GMR-Effektes Java-Applet zur Anwendung Ausblick (Spintransistor) Lebenslauf des Nobelpreisträgers Zusammenfassung Grundlagen Quantentheorie Maxwellsche Gleichungen Bändermodell (Fermi-Verteilungsfunktion) Mottsches Zweikomponentenmodell Bohr-Sommerfeld-Atommodell Festkörperphysik und Magnetismus Spintronic Spintronic = Spin + Elektronik Definition: Die Spintronic nutzt das magnetische Moment des Elektrons zur Informationsdarstellung und –verarbeitung aus. Spin Spin 1920 durch Otto Stern und Walter Gerlach entdeckt spin engl.: Drehung, Drall Quantenmechanische Eigenschaft von Elementarteilchen Beschreibt Eigendrehimpuls eines Teilchens Messbar durch das von ihm assoziierte magnetische Moment Die Quantentheorie wurde 1899 von Max Planck entwickelt: Der lineare harmonische Oszillator hat diskrete Energiestufen Spin up + 1/2 Spin down - 1/2 Die Theorie hat unübersehbare Konsequenzen: Es gibt eine kleinste meßbare Wirkung, das Plancksche Wirkungsquantum h E = h ƒ, Spin als quantenmechanischer Drehimpuls, HUR, etc. Der Stern Gerlach Versuch Maxwellsche Gleichungen D rotH J t B rotE t divD divB 0 Materialgleichungen: J j E B 0 r H D 0 r E Bohrsches Magneton Im Bohr-Sommerfeldschen-Atommodell bewegen sich Elektronen auf Kreis- bzw. Ellipsenbahnen um den Atomkern. (4 Quantenzahlen: n, l, m, s) Pauli-Prinzip M r e– Ein Ringstrom I, der eine geschlossene Fläche F umläuft erzeugt gemäß Maxwell ein magnetisches Moment: 1 M IF c J LS Bohrsches Magneton Das führt zum magnetischen Bahnmoment eines einzelnen Elektrons B eh 9,273 10 21 Gauß cm 3 4 m c (Bohrsches Magneton) Der Betrag des magnetischen Spinmoments nimmt mit S 1 h 2 2 ebenfalls genau den Wert des Bohrschen Magnetons an. Magnetismus Diamagnetismus Paramagnetismus Ferromagnetismus Antiferromagnetismus Ferrimagnetismus Dia- und Paramagnetismus B = μ0⋅H = μ0 ⋅ (H + M) : = M / H B: magnetische Flußdichte H: magnetische Feldstärke μ: Permeabilität (Durchlässigkeit) des Vakuums M: Magnetisierung : magnetische Suszeptibilität <0 >0 Ferro-, Ferri-, und Antiferromagnetismus Ferromagnetismus Ferrimagnetismus Antiferromagnetismus Fe, Co, Ni, Gd, Tb Fe3O4 Speichermedium MnO, FeO, CoO, NiO Spins richten sich von selber aus, allerdings nur in den Weißschen Bezirken Hysterese-Kurve Remanenz Koerzitivfeldstärke Nicht magnetisierte Probe Domänen willkürlich verteilt Große Koerzitivfeldstärke, große Remanenz Dauermagneten Bändermodell und Fermi-DiracVerteilungsfunktion Fermi-Dirac-Verteilung Bändermodell Elektrischer Widerstand in Metallen Drude-Lorentz-Modell Komplexe Sreuphänomenologie Elektron-Elektron-Streuung Elektron-Phonon-Streung Elektron-Gitterdefekte-Streuung Spinabhängige Streuung (GMR) Schrödingergleichung Die Schrödingergleichung ist eine, bzw. die, zentrale Grundgleichung der Quantenmechanik. Die Lösungen dieser Gleichung werden auch Wellenfunktionen genannt. Diese Wellenfunktionen beschreiben die räumliche und zeitliche Entwicklung des Zustands eines Quantensystems. Die Gleichung wurde 1926 von Erwin Schrödinger (1887-1961) zuerst als Wellengleichung aufgestellt. Als „Bewegungsgleichung der Quantenmechanik“ bildet sie noch heute das Fundament für fast alle praktischen Anwendungen der Quantenmechanik und Festkörperphysik. Komplexwertige Wellenfunktion Die komplexwertige Wellenfunktion ψ (r, t) eines Punktteilchens in einem Potential V ist eine Lösung der Schrödingergleichung 2 i r ,t V r ,t r ,t t 2m wobei m die Masse des Teilchens, r sein Ort, Δ der LaplaceOperator und t die Zeit sind. Sie ist eine lineare partielle Differentialgleichung 2. Ordnung, parabolischer Typ, ähnlich der Wärmeleitungsgleichung Kronig-Penney-Modell Potentialschwelle Der Festkörper als eindimensionale Näherung. In den Potentialtöpfen wird die Schrödingergleichung gelöst. Orbitale als Betragsquadrat einer Elektron-Wellenfunktion (Aufenthaltswahrscheinlichkeit). Riesenmagnetowiderstandseffekt oder GMR-Effekt 1988 durch P. Grünberg und A. Fert am Forschungszentrum Jülich entdeckt 1997 erste industrielle Anwendung durch die Fa. IBM in Festplatten, Stuart Parkin Magnetowiderstände Definition relative Änderung des Widerstands eines Leiters in einem äußeren Magnetfeld MR R R MR-Effekte OMR: ordinary magnetoresistance Lorentzkraft, tritt in allen Metallen auf AMR: anisotropic magnetoresistance Richtungsabhängiger Streuquerschnitt, verursacht durch Spin-Bahn-Kopplung. Der Effekt ist abhängig vom Winkel zwischen Stromfluss und äußerem Feld. Riesen-Magnetowiderstand in ultradünnen Schichten (Giant Magneto-resistance, GMR-Effekt) GMR R Ranti Ranti Rparallel Ranti Widerstandsänderungen von 80% (300K) bzw. 220% (4.2K) Unabhänig von Orientierung zwischen Magnetfeld und Strom Mottsches Zweistrommodell (MZM) Durch inelastische Elektron-Streuprozesse kommt der Widerstand zustande. Er ist der ursächlichen Driftbewegung entgegengerichtet. Gesamtstrom M Nach dem MZM (Sterne markieren inelastische Streuprozesse) teilt sich der Gesamtstrom in zwei Teilströme auf(Spinflip 0). Parallele Ausrichtung Antiparallele Ausrichtung nicht magnetische Schicht Ferromagnetische Schicht Kanal für Spin up/down Ersatzschaltbild nach Kirchhoffschen Gesetzen kleinen Widerstand großen Widerstand Ferromagnetismus Spinpolarisiertes Bändermodell Nettospinpolarisation P J P J J g g 0 J g g Ji: Partiellen Ströme im Spin-Unterband gi: Leitfähigkeit des Spin-Unterbandes Für Ferromagneten gilt: g g P ca. 10 – 45% für Fe, Co, Ni Ladungs-/Spintransport Strom besteht aus Elektronen mit gleichen Anteilen beider Spinrichtungen Transversales Magnetfeld Ladungsträgerinjektion aus (F) in (N) Überschuss einer Spinsorte Zusätzlich Axiales Magnetfeld Der GMR-Effekt ist abhängig von: Dicke der Schichten Temperatur Verwendete Materialien Weitere Einflußgrößen Zwischenschichtkopplung Keilförmige Schichtstruktur Magnetische Schichten Wechselwirken durch Zwischenschicht Quantenmechanischer Effekt Räumliche Ausrichtung der Magnetisierung „oszillierende Zwischenschichtkopplung“ Antiparallele Spinausrichtung automatisch durch Schichtdicke einstellbar Temperaturabhängigkeit TEM-Aufnahmen von Co/Cu-Lagen 600°C Defekte im Schichtsystem 740°C granularer Zustand Materialabhängigkeit Material GMR % (bei 300K) {Fe(4,5)/Cr(12)}50 42 {Co(7,5)/Cu(9)}30 48 {Co(8)/Cu(8,3)}60 65 {Co(10)/Cu(10)}100 80 Co90Fe10(40)/Cu(25)/Co90Fe10(8)… 7 NiFe(100)/Cu(25)/Co(22) 4,6 Spin-Ventile „free“ Ferromagnetische Schicht (NiFe) nicht magnetische Schicht (Cu) „pinned“ Ferromagnetische Schicht (NiFe) Antiferromagnetische Schicht (FeMn) AFM legt Magnetisierungsrichtung der angrenzenden FM-Schicht fest (pinning) Erhöhung von H: - nahe H = 0 schaltet free-FM - Magnetisierung von pinned-FM bleibt unverändert steiler Anstieg des Widerstands, da beide FM-Schichten nun antiparallel sind weitere Erhöhung von H: - R bleibt solange hoch, bis äußeres Feld so groß ist, dass die Austauschkopplung (FM/AFM) überwunden wird - Magnetisierung der zweiten, gepinnten Schicht klappt um Widerstand fällt Nanotechnologie in Computer-Festplatten Leseköpfe von Festplatten 1997 von IBM entwickelt und auf den Markt gebracht Heute Standardmäßig in jeder Festplatte Schnellere Lesezeiten Leseköpfe sind kleiner geworden mehr Daten auf Speichermedium MRAM (Magnetische Speicher) Information bleibt bei Stromunterbrechung erhalten Lese/ Schreibzeit einige Nanosekunden 1000mal schneller als herkömmliche Speicher Verbrauchen weniger Energie als herkömmliche Speicher Werden durch Radioaktive Strahlung nicht zerstört Höhere Speicherdichten (>30Gb/inch2) als herkömmliche Medien (Auf CD-Größe ca. 500Gb) Beschreiben eines Bit‘s: -Elektrischer Puls Magnetfeld -Schreiben auf Schreib- und Lesebahn Adressierung einzelner Bits möglich Lesen eines Bit: - Widerstandsmessung Bit 1 Strompuls der eine Drehung der Magnetisierung um 180° bewirkt (200 – 500ps) Problem: Andere Zellen erfahren magnetische Anregung durch Puls langsames Abklingen Totzeit 10ns Bit 0 Pulse so wählen, dass Drehung um 360° stattfindet GMR-Sensoren Vorteile hohe Empfindlichkeit bei kleinsten Abmessungen hohe Linearität und Temperaturstabilität gutes Preis-Leistungsverhältnis Anwendungen von GMR-Sensoren lineare Positionsmessung (z.B. Druckkopfpositionierung) Drehwinkelmessung Drehzahlmessung (z.B. ABS) Zukunftsaussichten Quantenelektronik Spin-Transistoren Bauelemente mit einzelnen Elektronen/Atomen Optoelektronik Optische Datenverarbeitung Holografische Speicher Molekularelektronik Moleküle und Atome als Schalter Nanoelektronik Als systemübergreifende Technologie Zukunftsaussichten, GMR-Effekt Magneto- und Spin-Elektronik Spin-Transistoren Konfigurierbare Logikbausteine denkbar TMR: tunneling magnetoresistance Wie GMR, jedoch Isolator als Zwischenschicht MR durch spinabhängige Tunnelströme R/R bis 50% in low-field Umgebungen CMR: colossal magnetoresistance Widerstandsänderungen um mehr als Faktor 1000! Jedoch starke Magnetfelder und tiefe Temperaturen notwendig Auf dem Weg zum Spin-Transistor Der Rashba-Effekt Ist eine bestimmte Kopplung des Elektronenspins in Spin-Feldeffekttransistoren an die orbitale Bewegung des Elektrons (asymmetrische hochreine HalbleiterHeterostrukturen bei tiefen Temperaturen) Die Manipulation des Spins erfolgt durch eine Spannung, die durch eine Gate-Elektrode gesteuert wird. Das elektrische Feld steht senkrecht auf der Bewegungsrichtung des Elektrons und bewirkt eine „Präzessionsbewegung“, die die Spinausrichtung verändert (Spin-Orbit-Kopplung). Lebenslauf des Nobelpreisträgers Peter Andreas Grünberg wurde am 18. Mai 1939 in Pilsen (jetzt Tschechien) geboren. Eltern Dipl.-Ing. Feodor A. Grünberg und Anna Grünberg 1946: Aussiedlung nach Lauterbach in Hessen, Einschulung 1950-1959: Besuch des Realgymnasiums Lauterbach 1959-1963: Physikstudium an der Johann-Wolfgang-GoetheUniversität in Frankfurt (Main), Vordiplom 1962 1963-1969: Fortsetzung des Physikstudiums an der Technischen Hochschule Darmstadt, Diplom 1966, Promotion 1969 1966: Heirat mit Helma Prausa. Drei Kinder: Andreas (1973), Sylvia (1974) und Katharina (1981) 1969-1972: Postdoctoral Fellow des National Research Council of Canada an der Carleton Universität in Ottawa, Canada seit 1972: Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Festkörperforschung im Forschungszentrum Jülich Lebenslauf des Nobelpreisträgers 1984: Habilitation an der Universität zu Köln, Privatdozent 1984-1985: Forschungsaufenthalt am Argonne National Laboratory, Illinois, USA 1986: Arbeiten zur Antiferromagnetischen Kopplung in Fe-CrFe-Schichten 1988: Arbeiten zum GMR-Effekt im Forschungszentrum Jülich 1992: Ernennung zum Außerplanmäßigen Professor an der Universität zu Köln 1998: Halbjähriger Forschungsaufenthalt an der Universität von Sendai und im Forschungszentrum Tsukuba, Japan 2004: Nach 32 Jahren im Forschungszentrum Jülich tritt Peter Andreas Grünberg in den "Unruhestand" Literaturangaben Mark Johnson, J. Phys. Chem. B 2005, 109, 14278 – 14291 Gary A. Prinz, Science, Vol. 282, 1998 H. W. Schumacher, Phys. Unserer Zeit, 6/2005 (36), 261 Jürgen Fassbender, Phys. Unserer Zeit, 3/2003 (34), 102 Heinz Krenn, Phys. Unserer Zeit, 5/2002 (33), 218 – 225 Wecker, Kinder, Richter, Phys. Unserer Zeit, 5/2002 (33), 210 – 217 Daniel Bürgler, Magnetoelectronics Dennis Engberding, Giant Magnetic Resistance P. Grünberg: Riesenmagnetowiderstand in magnetischen Schichtstrukturen, Physikalische Blätter 51 (1995) Nr. 11 Gary A. Prinz: Spin-Polarized Transport, Physics Today, Special Issue\Magnetoelectronics", April 1995 Rudolf Gross, Achim Marx: Spinelektronik, Skript zur Vorlesung, WaltherMeissner-Institut Garching, 2004 GMR-Animation, Forschungszentrum Jülich http://www.fz-juelich.de/portal/gruenberg/hintergrund Drittmittel- oder Applikationsforschung ist wichtig, aber nicht alles. Grundlagenforschung bringt nicht das schnelle Geld, sondern kostet zunächst Geld und erfordert einen langen Atem. Das zahlt sich letztlich aus. Der Forscher Grünberg ist dafür ein gutes Beispiel: bescheiden, hartnäckig und geduldig. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit (H. Bärwolff, A. Wagen)